BERICHT über eine neue Strategie für Afghanistan

19.11.2010 - (2009/2217(INI))

Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
Berichterstatter: Pino Arlacchi

Verfahren : 2009/2217(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0333/2010

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu einer neuen Strategie für Afghanistan

(2009/2217(INI))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Afghanistan, insbesondere seine Entschließung vom 8. Juli 2008 zur Stabilisierung Afghanistans[1], vom 15. Januar 2009 zu der Kontrolle der Ausführung von EU-Mitteln in Afghanistan[2] und vom 24. April 2009 zu Frauenrechten in Afghanistan[3],

–       unter Hinweis auf die gemeinsame politische Erklärung EU-Afghanistan vom 16. November 2005, die auf gemeinsamen Prioritätensetzungen für Afghanistan beruht, zu denen beispielsweise die Schaffung starker und rechenschaftspflichtiger Institutionen, die Reform in den Bereichen Sicherheit und Justiz, die Drogenbekämpfung sowie die Entwicklung und der Wiederaufbau zählen,

–       unter Hinweis auf den Afghanistan-Pakt von 2006, durch den die drei wichtigsten Handlungsfelder festgelegt wurden, denen sich die afghanische Regierung in den kommenden fünf Jahren zuwenden muss: Sicherheit, Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie Bemühungen zur Ausschaltung der Drogenindustrie,

–       unter Hinweis auf die Afghanistan-Konferenz vom Januar 2010 in London, auf der die internationale Gemeinschaft erneut ihr Engagement für Afghanistan bekräftigte, auf der die Grundlagen für einen internationalen Konsens über eine „nichtmilitärische“ Lösungsstrategie für die Afghanistan-Krise gelegt wurden und auf der festgelegt wurde, dass die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an afghanische Kräfte 2011 beginnen und bis 2014 größtenteils abgeschlossen sein soll,

–       in Kenntnis der Resolution 1890 (2009) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, durch die die in den Resolutionen 1386 (2001) und 1510 (2003) festgelegte Genehmigung der Internationalen Sicherheitsbeistandstruppe (ISAF) nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen um einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem 13. Oktober 2009 verlängert wird und in der die an der ISAF teilnehmenden VN-Mitgliedstaaten ermächtigt werden, „alle zur Erfüllung ihres Mandats notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“,

–       unter Hinweis auf den vorgeschlagenen „Treuhandfonds für Frieden und Wiedereingliederung“, für den die Teilnehmer der Londoner Konferenz eine anfängliche Summe von 140 Mio. USD zusagten und dessen Ziel die Integration der Taliban und anderer Aufständischer ist,

–       unter Hinweis auf die afghanische Große Ratsversammlung – die „Friedens-Jirga“ – in Kabul Anfang Juni 2010, deren Ziel es war, einen nationalen Konsens in der Frage der Versöhnung mit Gegnern herbeizuführen,

–       unter Hinweis auf die „Kabul-Konferenz“ vom 20. Juli 2010, auf der die Fortschritte bei der Umsetzung der Beschlüsse der Londoner Konferenz beurteilt wurden und die der afghanischen Regierung eine neue Gelegenheit bot, in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft Führungskompetenz zu zeigen und Zuständigkeit für den Prozess zu übernehmen, indem die Sicherheit gestärkt und die Fähigkeiten der afghanischen Sicherheitskräfte gefördert sowie die gute Regierungsführung und die Rechtsstaatlichkeit verbessert werden, und den künftigen Weg abzustecken, einschließlich zur Bekämpfung von Drogenerzeugung und Drogenhandel sowie Korruption, zu Frieden und Sicherheit, zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, zu den Menschenrechten und zur Gleichstellung der Geschlechter; unter Hinweis auf den Abschluss der Kabul-Konferenz, auf der beschlossen wurde, die Leitung der Militäreinsätze in allen Provinzen bis Ende 2014 auf die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte zu übertragen,

–       in Kenntnis des Erlasses des Präsidenten vom 17. August 2010, der in Afghanistan operierenden privaten Sicherheitsunternehmen eine Frist von vier Monaten vorgegeben hat, binnen derer sie sich auflösen müssen, mit Ausnahme von privaten Sicherheitsfirmen, die innerhalb von Grundstücken tätig sind, die von ausländischen Botschaften, Unternehmen und NRO genutzt werden,

–       unter Hinweis auf die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan vom August 2009, auf den im Dezember 2009 veröffentlichten kritischen Abschlussbericht der EU-Wahlbeobachtungsmission und auf die Parlamentswahlen, die am 18. September 2010 stattfanden,

–       in Kenntnis aller entsprechenden Schlussfolgerungen des Rates, insbesondere der des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 27. Oktober 2009, und des Aktionsplans des Rates für ein verstärktes Engagement der EU in Afghanistan und Pakistan sowie der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 22. März 2010,

–       unter Hinweis auf die Ernennung eines EU-Sonderbeauftragten/Leiters der EU-Delegation in Afghanistan, der diese Doppelfunktion seit dem 1. April 2010 ausübt, und in Kenntnis des Beschlusses des Rates vom 11. August 2010, durch den das Mandat des Sonderbeauftragten Vygaudas Usackas bis 31. August 2011 verlängert wird,

–       in Kenntnis der Erklärung des Rates vom 18. Mai 2010 über die dreijährige Verlängerung der Polizeimission der Europäischen Union in Afghanistan (EUPOL Afghanistan) vom 31. Mai 2010 bis 31. Mai 2013,

–       unter Hinweis auf das Länderstrategiepapier 2007-2013, in dem das Engagement der Kommission in Afghanistan bis zum Jahr 2013 dargelegt wird,

–       unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2010,

–       in Kenntnis des Berichts über die menschliche Entwicklung 2009 der Vereinten Nationen, in dem Afghanistan unter 182 Ländern an 181. Stelle eingestuft wird,

–       unter Hinweis auf die von Afghanistan selbst vorgenommene Risiko- und Vulnerabilitätsabschätzung (National Risk and Vulnerability Assessment) 2007/2008, der zufolge es rund 570 Mio. USD kosten würde, die Armut in Afghanistan zu beseitigen und alle Betroffenen über die Armutsschwelle zu heben,

–       unter Hinweis auf den 2008 veröffentlichten Bericht der Agentur für die Koordinierung der Afghanistan-Hilfe (ACBAR), „Falling Short – Aid Effectiveness in Afghanistan“, der aufzeigt, dass enorme Summen an Hilfsgeldern als Unternehmensgewinn an Auftragnehmer fließen (bis zu 50 % je Vertrag), und der ein Schlaglicht auf die kaum vorhandene Transparenz der Beschaffungs- und Ausschreibungsverfahren und auf die hohen Kosten der Gehälter und Zulagen ausländischer Helfer wirft,

–       unter Hinweis auf die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) vom August 2010 betreffend den Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten,

–       unter Hinweis auf die Empfehlungen des Peace Dividend Trust, der für eine Strategie unter dem Motto „Afghanistan first“ eintritt, d. h. dafür, dass anstelle von Importen eine lokale Beschaffung von Waren und Dienstleistungen in Afghanistan gefördert wird, die in erster Linie den Afghanen zugute kommt,

–       unter Hinweis auf die Strategie der NATO/ISAF für Afghanistan zur Bekämpfung von Aufständischen und ihre Umsetzung unter dem Kommando von General David Petraeus sowie unter Hinweis auf die von Präsident Obama für Dezember 2010 angekündigte Überprüfung der Strategie,

–       unter Hinweis auf den Bericht von Mitarbeitern der Mehrheitsfraktion des US-Kongresses „Warlord Inc: Extortion and Corruption Along the US Supply Chain in Afghanistan“ (Committee on Oversight and Government Reform, US House of Representatives, Juni 2010),

–       unter Hinweis auf die Arbeit des Büros der Vereinten Nationen für Drogenkontrolle und Verbrechensbekämpfung (UNODC) und insbesondere auf dessen Bericht vom Oktober 2009 „Addiction, Crime and Insurgency – the transnational threat of Afghanistan opium“, sowie auf seinen Weltdrogenbericht von 2010,

–       gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–       in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses (A7-0333/2010),

A.     in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft wiederholt ihre Unterstützung für die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bekräftigt hat, in denen Sicherheit, Wohlstand und die Menschenrechte aller afghanischen Bürger verteidigt werden; in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft jedoch implizit anerkannt hat, dass es nach neun Jahren Krieg und internationalem Einsatz noch immer nicht gelungen ist, dem Taliban-Aufstand ein Ende zu setzen und dem Land Frieden und Stabilität zu bringen, und in der Erwägung, dass seit 2009 eine neue Politik zur Bekämpfung von Aufständischen betrieben wird und dass an die 45 000 Soldaten als Verstärkung aufgeboten wurden,

B.     in der Erwägung, dass angesichts einer Koalition von internationalen Kräften, die die Taliban und die anderen Aufständischen nicht zu schlagen vermögen, und einer Bewegung von Aufständischen und Taliban, die sich gegen diese Streitkräfte nicht durchsetzen kann, kein klares Ende in Sicht ist,

C.     in der Erwägung, dass General Stanley McChrystal 2009 erklärte, er sehe keine Anzeichen für eine starke Präsenz der Al-Quaida in Afghanistan, und hochrangige amerikanische Regierungsbeamte bestätigen, dass die Al-Quaida inzwischen kaum in Afghanistan in Erscheinung tritt,

D.     in der Erwägung, dass sich die Sicherheits- und Lebensbedingungen verschlechtert haben, wodurch die einstige Akzeptanz der Präsenz der Koalition durch die Bevölkerung immer mehr abnimmt, und in der Erwägung, dass die Koalition von der Bevölkerung immer stärker als Besatzung wahrgenommen wird; in der Erwägung, dass eine neue, umfassendere Partnerschaft mit den Menschen Afghanistans erforderlich ist, die nicht repräsentierte Gruppen und die Bürgergesellschaft in die Bemühungen um Frieden und Versöhnung einbezieht,

E.     in der Erwägung, dass die EU einer der wichtigsten Geber von Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe für Afghanistan ist; in der Erwägung, dass sie ein engagierter Partner bei den Bemühungen um Wiederaufbau und Stabilisierung ist,

F.     in der Erwägung, dass sich die Geber mit dem Afghanistan-Pakt von 2006 und auf der Kabul-Konferenz verpflichtet haben, nach Möglichkeit einen zunehmenden Anteil (bis zu 50 %) ihrer Hilfe über den afghanischen zentralen Staatshaushalt abzuwickeln, sei es direkt oder über Treuhandfonds-Mechanismen; in der Erwägung, dass derzeit jedoch nur 20 % der Entwicklungshilfe über den Staatshaushalt fließen,

G.     in der Erwägung, dass die unzureichende Koordinierung die Wirksamkeit der Afghanistan-Hilfe der EU schmälert,

H.     in der Erwägung, dass von 2002 bis 2009 internationale Hilfe im Umfang von mehr als 40 Mrd. USD nach Afghanistan geflossen ist; in der Erwägung, dass die Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen, während dieses Zeitraums gestiegen ist, dass jedoch nach Schätzungen von UNICEF 59 % aller afghanischen Kinder unter fünf Jahren nach wie vor nicht genug zu essen haben und fünf Millionen Kinder nicht zur Schule gehen können,

I.      in der Erwägung, dass die Lage der Frauen auf dem Land nach wie vor Anlass zu großer Besorgnis gibt; in der Erwägung, dass Berichten der Vereinten Nationen zufolge die Müttersterblichkeitsrate in Afghanistan mit 25 000 Todesfällen pro Jahr weltweit die zweithöchste ist, dass nur 12,6 % der Frauen, die älter als 15 Jahre sind, lesen und schreiben können und dass 57 % der Mädchen verheiratet werden, bevor sie das gesetzliche Alter von 16 Jahren erreicht haben; in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen immer noch weit verbreitet ist; in der Erwägung, dass das diskriminierende Schia-Gesetz über den persönlichen Status nach wie vor in Kraft ist und unter anderem Frauen kriminalisiert, wenn sie sich weigern, mit ihrem Ehemann Geschlechtsverkehr zu haben, und Frauen verbietet, ohne Einwilligung ihres Ehemanns das Haus zu verlassen,

J.      in der Erwägung, dass Afghanistan Vertragspartei mehrerer internationaler Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Frauen und Kindern ist, insbesondere des VN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau aus dem Jahr 1979 und des VN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes aus dem Jahr 1989, und in der Erwägung, dass die afghanische Verfassung in Artikel 22 besagt, dass „die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, ... vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten“ haben; in der Erwägung, dass das afghanische Familienrecht derzeit überarbeitet wird, um es an die Verfassung anzupassen,

K.     in der Erwägung, dass der US-Kongress im Juli 2010 eine Überprüfung geleisteter Milliardenhilfen für Afghanistan forderte und dafür stimmte, die Hilfe für die Regierung Afghanistans vorläufig um fast 4 Mrd. USD zu kürzen,

L.     in der Erwägung, dass der Finanzminister Afghanistans, Omar Zakhilwal, erstens die Vertragsvergabeverfahren von NATO/ISAF, die nicht der lokalen afghanischen Wirtschaft zugute kommen, sowie zweitens die einseitige Auslegung der Bestimmungen für Steuerbefreiungen im Abkommen zwischen ISAF und der afghanischen Regierung durch ISAF kritisiert hat, und in der Erwägung, dass der Minister ausländischen Auftragnehmern vorgeworfen hat, den größten Teil der von ISAF finanzierten Verträge in Höhe von bis zu vier Milliarden USD in die eigene Tasche gesteckt zu haben, was Berichten zufolge einen ständigen Abfluss von Geld aus dem Land zur Folge hat; in der Erwägung, dass die afghanische Regierung jetzt eine internationale Untersuchung fordert,

M.    in der Erwägung, dass es inzwischen offensichtlich ist, dass in Afghanistan keine militärische Lösung möglich ist, und in der Erwägung, dass die USA nach eigenen Erklärungen im Sommer 2011 mit dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan beginnen werden, dass sich andere Länder bereits zurückgezogen haben oder dies planen und dass andere noch keine Absicht zum Abzug geäußert haben; allerdings in der Erwägung, dass der Rückzug des Militärs ein allmählicher und koordinierter Prozess im Rahmen eines politischen Projekts sein muss, das einen reibungslosen Übergang der Verantwortung auf die afghanischen Sicherheitskräfte gewährleistet,

N.     in der Erwägung, dass auf der Konferenz von Kabul beschlossen wurde, dass mit der erforderlichen finanziellen und technischen Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft bis Oktober 2011 die afghanische Nationalarmee auf 171 600 Mann und die afghanische nationale Polizei auf 134 000 Mann aufgestockt werden sollen,

O.     in der Erwägung, dass das Hauptziel der EUPOL-Mission in Afghanistan darin besteht, zum Aufbau eines afghanischen Polizeisystems beizutragen, das internationalen Standards entspricht,

P.     in der Erwägung, dass Afghanistan nicht nur der weltgrößte Opiumproduzent und Hauptlieferant der Heroinmärkte in der EU und der Russischen Föderation ist, sondern nach einem kürzlich erschienenen Bericht des UNODC auch einer der weltweit größten Cannabisproduzenten; in der Erwägung, dass die Opiumproduktion in Afghanistan in den letzten beiden Jahren jedoch um 23 % und seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2007 um ein Drittel zurückgegangen ist;   in der Erwägung, dass das UNODC festgestellt hat, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Anbau von Opium und jenen Gebieten besteht, die von Aufständischen beherrscht werden, und dass in jenen Teilen Afghanistans, in denen die Regierung besser in der Lage ist, die Gesetze umzusetzen, nahezu zwei Drittel der Bauern sagen, sie bauen kein Opium an, weil es verboten ist – in der Erwägung, dass im Südosten, wo die offiziellen Stellen weniger Einfluss haben, knapp 40 % der Bauern das Verbot als Grund dafür genannt haben, weshalb sie keinen Mohn anbauen,

Q.     in der Erwägung, dass einem kürzlich vorgelegten Bericht des UNODC zufolge die Zahl der afghanischen Bürger, die drogensüchtig sind, in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen ist, eine Tendenz, die erhebliche soziale Auswirkungen auf die Zukunft des Landes haben wird,

R.     in der Erwägung, dass die EU seit dem Beginn des Wiederaufbauprozesses eine aktive Rolle bei der Drogenbekämpfung gespielt hat, ohne dass nennenswerte Ergebnisse dabei erreicht werden konnten, die Durchdringung der Volkswirtschaft, des politischen Systems, der staatlichen Institutionen und der Gesellschaft durch die Drogenindustrie zu beschränken,

S.     in der Erwägung, dass in Afghanistan einige Mohnplantagen mit chemischen Pflanzenvernichtungsmitteln zerstört wurden, und in der Erwägung, dass Mensch und Umwelt durch die damit verbundene Boden- und Gewässerbelastung schwere Schädigungen erleiden; allerdings in der Erwägung, dass inzwischen Konsens darüber besteht, dass sich repressive Maßnahmen gegen den Drogenhandel und die Labors, in denen Heroin hergestellt wird, richten müssen, und nicht gegen die Bauern; in der Erwägung, dass sich die Bemühungen nun vor allem darauf konzentrieren, den Bauern alternative Möglichkeiten anzubieten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen,

T.     in der Erwägung, dass Afghanistan über beachtliche natürliche Ressourcen verfügt, einschließlich reicher Mineralvorkommen wie Gas und Öl im Wert von geschätzten drei Billionen USD, und in der Erwägung, dass die afghanische Regierung auf diesen Ressourcen aufbaut, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, sobald im Land wieder Frieden und Sicherheit herrschen,

Eine neue EU-Strategie

1.      ist sich der Tatsache bewusst, dass der Fortschritt in Afghanistan durch eine ganze Reihe von Faktoren behindert wird, will sich jedoch in diesem Bericht auf vier Hauptbereiche konzentrieren, in denen weitere Bemühungen seiner Meinung nach zu Verbesserungen führen könnten: internationale Hilfe und Koordinierung, Auswirkungen des Friedensprozesses, Auswirkungen der Polizeiausbildung und Beseitigung des Opiumanbaus durch alternative Entwicklungsmöglichkeiten;

2.      bringt seine Unterstützung für das neue Konzept einer Strategie zur Bekämpfung von Aufständischen, die auf den Schutz der lokalen Bevölkerung und auf den Wiederaufbau von Regionen abzielt, deren Sicherheit gewährleistet ist, sowie für den Aktionsplan der EU für Afghanistan und Pakistan zum Ausdruck;

3.      vertritt daher die Auffassung, dass die EU-Strategie für Afghanistan von zwei Voraussetzungen ausgehen muss: von der Einsicht, dass sich die Sicherheitsindikatoren und die sozioökonomischen Indikatoren trotz des fast zehnjährigen internationalen Engagements und trotz aller Investitionen weiter verschlechtern, und von der Notwendigkeit, ein Umdenken der internationalen Gemeinschaft – deren Pläne und Beschlüsse in der Vergangenheit nur allzu oft, insbesondere vor der Strategie zur Bekämpfung von Aufständischen, über die Köpfe der Afghanen hinweg gefasst wurden – weiter zu fördern, so dass in Zukunft deren Pläne und Beschlüsse in enger Zusammenarbeit mit den Afghanen gefasst werden; stellt fest, dass die Konferenzen von London und Kabul ein wichtiger Schritt in diese Richtung waren;

4.      begrüßt und unterstützt die Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 2009 mit dem Titel „Verstärktes Engagement der EU in Afghanistan und Pakistan“, in denen ein kohärenteres und koordinierteres Vorgehen der EU gegenüber der Region skizziert und auf die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit sowie eines verstärkt auf die Bürger ausgerichteten Ansatzes der Politik gegenüber Afghanistan verwiesen wird;

5.      hebt hervor, dass jegliche langfristige Lösung der Afghanistan-Krise vom Interesse der afghanischen Bürger an ihrer inneren Sicherheit, am Schutz der Bürger und an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ausgehen muss und konkrete Maßnahmen zur Ausmerzung der Armut, Unterentwicklung und Diskriminierung von Frauen, zur verstärkten Wahrung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, Stärkung von Mechanismen der Versöhnung, Beendigung der Opiumproduktion, zum Einsatz für den Aufbau widerstandsfähiger Streitstrukturen und zur vollständigen Integration Afghanistans in die internationale Gemeinschaft sowie zur Verbannung von Al-Qaida aus dem Lande beinhalten sollte;

6.      begrüßt das Fazit der internationalen Afghanistan-Konferenz in Kabul; hebt hervor, dass die Zusagen der afghanischen Regierung, die Sicherheit, die Regierungsführung und die wirtschaftlichen Chancen afghanischer Bürger zu verbessern, wie auch die Zusagen der internationalen Gemeinschaft, den Übergangsprozess und die gemeinsamen Ziele zu unterstützen, geachtet werden müssen;

7.      weist erneut darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten Afghanistan beim Wiederaufbau eines eigenen Staates mit stärkeren demokratischen Institutionen unterstützen sollten, die in der Lage sind, die nationale Souveränität, die Sicherheit auf der Grundlage einer Armee und einer Polizei, die in demokratischer Weise rechenschaftspflichtig sind, eine kompetente und unabhängige Justiz, die Einheit des Staates, die territoriale Integrität, die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, die Medienfreiheit, einen Schwerpunkt auf Bildung und Gesundheit, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sowie den Wohlstand des Volkes von Afghanistan sowie die Achtung der historischen, religiösen, spirituellen und kulturellen Traditionen und Rechte aller auf afghanischem Hoheitsgebiet lebenden ethnischen und religiösen Gemeinschaften zu gewährleisten, die aber gleichzeitig anerkennen, dass es in Bezug auf die Einstellung zu Frauen grundlegender Änderungen bedarf; fordert, dass die Entwicklungsvorhaben der lokalen Gebietskörperschaften der Provinzen, die eine gute Regierungsführung nachweisen können, stärker unterstützt werden;

8.      stellt fest, dass 80 % der Bevölkerung in ländlichen Gebieten leben und sich das Ackerland pro Kopf von 0,55 ha im Jahr 1980 auf 0,25 ha im Jahr 2007 verringerte; betont, dass Afghanistan nach wie vor sehr stark ungünstigen klimatischen Bedingungen und steigenden Nahrungsmittelpreisen auf den Weltmärkten ausgesetzt ist und der weitreichende willkürliche Einsatz von Landminen ein erhebliches Risiko für die erfolgreiche Entwicklung des ländlichen Raums darstellt; vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass es von herausragender Bedeutung ist, die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums und der lokalen Nahrungsmittelherstellung fortzusetzen und zu verstärken, um Ernährungssicherheit zu erzielen;

9.      nimmt die Zusage der afghanischen Regierung zur Kenntnis, im Laufe der kommenden zwölf Monate schrittweise und in steuerlich vertretbarer Weise die Strategie für die subnationale Regierungsführung umzusetzen, die Kommunalbehörden und ihre institutionellen Fähigkeiten zu stärken sowie subnationale Rahmen in den Bereichen Rechtsetzung, Finanzen und Haushalt zu schaffen;

10.    stellt fest, dass eine umfassendere afghanische Beteiligung am Prozess des Wiederaufbaus durch eine schwache öffentliche Verwaltung und eine geringe Kapazität des öffentlichen Dienstes beeinträchtigt werden kann; ist daher überzeugt, dass diesen wichtigen Bereichen mehr Aufmerksamkeit gezollt werden muss; begrüßt den Gedanken, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ein spezielles, langfristiges richtungsweisendes Programm erstellen sollten, um sich mit der Frage der Stärkung der öffentlichen Verwaltung auseinanderzusetzen, indem sie einen Stufenplan erarbeiten, dabei helfen, Räumlichkeiten zu errichten oder bestehende Räumlichkeiten zu nutzen, Kontakte zum Netzwerk der öffentlichen Verwaltungseinrichtungen der EU herstellen sowie in mehreren Großstädten in Afghanistan, etwa Kabul, Herat und Mazar-e-Sharif, Einrichtungen des öffentlichen Dienstes betreuen;

11.    weist darauf hin, dass die Entwicklungsbemühungen sich auf die Verbesserung der Kapazitäten der afghanischen Regierungsstrukturen konzentrieren müssen und dass die Afghanen selbst eng in die Prioritätensetzung sowie in die Phasen der Umsetzung eingebunden werden müssen, um den Prozess der Übernahme von Eigenverantwortung auf nationaler und Gemeinschaftsebene zu stärken; verweist in diesem Zusammenhang auf die unerlässliche Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Gewährleistung der Beteiligung der afghanischen Bevölkerung am Demokratisierungs- und Wiederaufbauprozess, insbesondere als Schutz vor der Korruptionsgefahr;

12.    ist trotz einer gewissen Verbesserung der Situation von Frauen seit dem Ende der Taliban-Herrschaft 2001 weiterhin tief besorgt über die allgemeine Menschenrechtslage in Afghanistan und insbesondere die Verschlechterung der Grundrechte sowie der politischen, bürgerlichen und sozialen Rechte der Frauen in den letzten Jahren und äußert sich besorgt angesichts negativer Entwicklungen, etwa dass die meisten Gefängnisinsassen in Afghanistan Frauen sind, die vor der Unterdrückung durch Familienangehörige geflohen sind, sowie angesichts der jüngsten Änderungen des Wahlgesetzes, durch die sich die Frauenquoten für Parlamentssitze verringern;

13.    ist überzeugt, dass die Frauenrechte ein Teil der Lösung für das Sicherheitsproblem sein müssen und dass keine Stabilität in Afghanistan erzielt werden kann, wenn die Frauen ihre Rechte im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben nicht uneingeschränkt wahrnehmen können; fordert daher die afghanischen Behörden und die Vertreter der internationalen Gemeinschaft auf, Frauen gemäß der Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in jeder Phase der Friedensgespräche und der Versöhnungs- und Eingliederungsbemühungen einzubeziehen; fordert, Frauen, die in der Öffentlichkeit oder politisch aktiv sind und denen somit Gefahr von Fundamentalisten droht, besonders zu schützen; stellt fest, dass die Fortschritte bei den Friedensgesprächen auf keinen Fall den Verlust der Rechte der Frauen zur Folge haben dürfen, die in den letzten Jahren von den Frauen errungen wurden; fordert die afghanische Regierung auf, für einen stärkeren Schutz der Rechte der Frauen zu sorgen, indem die geltenden Rechtsvorschriften wie etwa das Strafgesetzbuch geändert werden, um diskriminierende Praktiken zu vermeiden;

14.    fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten der EU auf, in bilateralen Beziehungen zu Afghanistan im Einklang mit dem langfristigen Engagement der Union, Afghanistan in seinen Bemühungen um Frieden und Wiederaufbau zu unterstützen, auch weiterhin die Problematik der Diskriminierung von Frauen und Kindern sowie die Frage der Menschenrechte allgemein zu thematisieren;

15.    fordert die EU und die internationale Gemeinschaft zu einer verstärkten finanziellen sowie politischen und technischen Unterstützung für Strategien zur Verbesserung der Lage der afghanischen Frauen und für nichtstaatliche Frauenorganisationen, einschließlich Organisationen, die für die Rechte der Frau eintreten, auf;

16.    stellt fest, dass es trotz der nach dem Sturz des Taliban-Regimes eingetretenen Verbesserungen in den letzten Jahren zu Verschlechterungen bezüglich der Freiheit der Meinungsäußerung und der Pressefreiheit gekommen ist; nimmt zur Kenntnis, dass bewaffnete Gruppen und die Taliban Journalisten angreifen und bedrohen, um zu vermeiden, dass über Gebiete berichtet wird, die sich unter ihrer Kontrolle befinden; fordert, dass in diesem Bereich Maßnahmen ergriffen werden, die es Journalisten ermöglichen, ihren Beruf mit den entsprechenden Sicherheitsgarantien auszuüben;

17.    stellt besorgt fest, dass die Parlamentswahlen in Afghanistan, die am 18. September 2010 mit einer Wahlbeteiligung von rund 40 % stattfanden, trotz der Sicherheitsvorkehrungen im Land erneut von Betrug und Gewalt überschattet waren, wobei der NATO zufolge 25 Menschen ums Leben kamen; bedauert, dass viele Afghanen daran gehindert wurden, ihr Wahlrecht, ein grundlegendes Recht, auszuüben;

18.    nimmt zur Kenntnis, dass es bei den Gerichtsverfahren in dem Land zu Unregelmäßigkeiten kommt und dass sie nicht den internationalen Rechtsstandards entsprechen; bedauert, dass im Jahr 2008 16 zum Tode verurteilte Personen hingerichtet wurden; fordert die EU auf, die Annahme eines Moratoriums für die Anwendung der Todesstrafe mit Blick auf ihre spätere Abschaffung gemäß der Resolution 62/149 der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2007 zu unterstützen;

Internationale Hilfe – Gebrauch und Missbrauch

19.    erinnert daran, dass sich das Gesamtbudget der EU (Europäische Gemeinschaft und Mitgliedstaaten) für die Afghanistan-Hilfe im Zeitraum 2002-2010 auf rund 8 Mrd. EUR belief;

20.    betont, wie wichtig es ist, die Medienfreiheit und die Bürgergesellschaft in Afghanistan zu stärken, um die Demokratisierung im Land voranzutreiben; begrüßt auch die Schlussfolgerungen der Wahlbeobachtungsmission der EU aus dem Jahr 2009;

21.    stellt fest, dass ungeachtet der massiven ausländischen Finanzspritzen die Lage in Afghanistan nach wie vor entmutigend ist und humanitäre und medizinische Hilfsgüter die am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen gar nicht erreichen, und dass mehr Afghanen an den Folgen der Armut sterben als in direkter Folge des bewaffneten Konflikts, dass die Säuglingssterblichkeit erschreckenderweise seit 2002 zugenommen hat, während die Lebenserwartung bei der Geburt und der Alphabetisierungsgrad deutlich zurückgegangen sind und dass sich die Zahl der Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, seit 2004 um 130 % erhöht hat;

22.    betont, wie wichtig die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele ist, und bedauert, dass trotz Fortschritten in einigen Bereichen Afghanistan im Index der menschlichen Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) von Platz 173 im Jahr 2003 auf Platz 181 (von 182 Ländern) zurückgefallen ist, und in der Erwägung, dass die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren und die Müttersterblichkeitsrate in Afghanistan weiterhin zu den höchsten in der Welt gehören; ist der Ansicht, dass konkrete Ziele in diesen Bereichen und beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Bildung insbesondere für Frauen nicht vernachlässigt werden dürfen, fordert aber eindringlich, dass der Verbesserung der Einkommensquellen sowie dem Aufbau eines funktionierenden Justizsystems besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird;

23.    betont, dass das UNODC in seiner Studie von Januar 2010 aufzeigt, dass die Korruption in der Bevölkerung die größte Besorgnis hervorruft und dass die durch Bestechung erzielten Einnahmen sich auf fast ein Viertel (23 %) des BIP Afghanistans belaufen;

24.    fordert die Kommission auf, Transparenz und Rechenschaftspflicht im Zusammenhang mit der finanziellen Hilfe an die afghanische Regierung, internationale Organisationen und lokale NRO zu gewährleisten, um die Kohärenz der Hilfe und den Erfolg des Wiederaufbaus und der Entwicklung Afghanistans sicherzustellen;

25.    fordert eine geografisch ausgeglichenere Verteilung humanitärer Hilfe, die auf einer bedarfsorientierten Analyse beruht und dem Erfordernis der Dringlichkeit gehorcht;

26.    nimmt allerdings die begrenzten Fortschritte im Bereich der Infrastruktur, der Telekommunikation und der Grundbildung zur Kenntnis, die von den Gebern und der afghanischen Regierung gerne als Bereiche, in denen Leistungen erreicht wurden, angeführt werden;

27.    weist auf die immensen Kosten des Krieges in Afghanistan zwischen 2001 und 2009 hin, die auf über 300 Mrd. USD geschätzt werden, was mehr als das 20-fache des afghanischen BIP ist, und die in Anbetracht der vorgesehenen Truppenaufstockung auf über 50 Mrd. USD pro Jahr steigen dürften;

28.    nimmt die landläufige Meinung, dass die Korruptheit der afghanischen Regierung alleine am Mangel an grundlegenden Dienstleistungen für die Bevölkerung schuld ist, zur Kenntnis, stellt jedoch auch fest, dass der überwiegende Teil der Hilfe für die sozioökonomische Entwicklung über internationale Organisationen, regionale Entwicklungsbanken, nichtstaatliche Organisationen, internationale Auftragnehmer, Berater usw. und nicht über die Zentralregierung abgewickelt wurde; fordert die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf, eine größere Kontrolle auszuüben, um Korruption zu beseitigen und zu gewährleisten, dass die Hilfen ihr Ziel erreichen;

29.    vertritt die Auffassung, dass die Korruptionsbekämpfung Kernpunkt des Friedenschaffungsprozesses in Afghanistan sein sollte, weil Bestechung zur Fehlallokation von Ressourcen führt, den Zugang zu grundlegenden öffentlichen Diensten, wie etwa Gesundheitsfürsorge und Bildung, erschwert und ein großes Hemmnis für die sozio-ökonomische Entwicklung des Landes ist; betont ferner, dass Korruption das Vertrauen in den öffentlichen Sektor und die Regierung untergräbt und infolgedessen eine große Bedrohung für die nationale Stabilität darstellt; fordert die EU daher dringend auf, der Korruptionsbekämpfung besondere Beachtung zu schenken, wenn sie Afghanistan Hilfe zukommen lässt;

30.    nimmt zur Kenntnis, dass nach Aussage des afghanischen Finanzministers, die von unabhängigen Quellen bestätigt wurde, im Zeitraum 2002-2009 nur 6 Mrd. USD (bzw. 15 %) von den Hilfsgeldern in Höhe von insgesamt 40 Mrd. USD tatsächlich an die afghanische Regierung gingen und dass von den übrigen 34 Mrd., die über internationale Organisationen, regionale Entwicklungsbanken, nichtstaatliche Organisationen, internationale Auftraggeber usw. flossen, 70 % bis 80 % nie bei den vorgesehenen Nutznießern, den Menschen in Afghanistan, ankamen; begrüßt den Beschluss der Kabul-Konferenz, der entsprechend dem Antrag Afghanistans vorsieht, bis zum Jahr 2012 50 % der internationalen Entwicklungshilfe durch den nationalen Haushalt der afghanischen Regierung zu leiten;

31.    stellt fest, dass es zwingend notwendig ist, Koordinierungsmechanismen zwischen den internationalen Geberländern einzurichten und gründliche Beurteilungen der europäischen und internationalen Hilfe vorzusehen, um gegen den Mangel an Transparenz und die dürftigen Mechanismen für die Rechenschaftslegung der Geber vorzugehen;

32.    verurteilt den Umstand, dass ein erheblicher Teil der europäischen und anderen internationalen Hilfsgelder auf dem Weg durch die Verteilungskette verloren geht, was anlässlich des jüngsten Skandals im Zusammenhang mit der Kabul Bank zu Tage getreten ist, und weist darauf hin, dass dies vor allem auf vier Faktoren zurückzuführen ist: Verschwendung, übermäßig hohe Vermittlungs- und Sicherheitskosten, überzogene Rechnungen und Korruption;

33.    stellt jedoch fest, dass die Verluste an Hilfsgeldern im Falle der EU weniger drastisch ausfallen, weil 50 % der Hilfe über multilaterale Treuhandfonds abgewickelt werden (bei den USA sind es 10 %), deren Effektivität sehr hoch ist (rund 80 %);

34.    fordert die EU auf, die Kosten und Auswirkungen der gesamten EU-Hilfe für Afghanistan in einer zentralen Datenbank zu erfassen und sie zu analysieren, da das Fehlen umfassender, aktueller und transparenter Daten die Wirksamkeit der Hilfe untergräbt;

35.    fordert außerdem alle in Afghanistan aktiven großen Geber von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe, einschließlich der EU und ihrer Mitgliedstaten, der Vereinigten Staaten, UNAMA, der Einrichtungen der Vereinten Nationen, der wichtigsten nichtstaatlichen Organisationen und der Weltbank, auf, ihre operativen Kosten drastisch zu senken, indem sie Zuweisungen für konkrete Projekte an afghanische Institutionen vornehmen, die dann in echter und ausgewogener Partnerschaft umgesetzt werden, und zu gewährleisten, dass die Hilfe auch tatsächlich dort ankommt, wo sie ankommen soll; betont in diesem Zusammenhang, dass die afghanischen Institutionen das Recht haben müssen, über die Verwendung der Mittel zu entscheiden, wobei die Transparenz und Rechenschaftspflicht in ordnungsgemäßer Weise sichergestellt sein muss;

36.    betont, wie wichtig es ist, die Anstrengungen für den Wiederaufbau und die Entwicklung mit einer regionalen Perspektive zu koordinieren, damit eine grenzübergreifende Entwicklung in einer Region gewährleistet wird, in der die Verbindungen zwischen den einzelnen Volksgruppen und Stämmen häufig über die Staatsgrenzen hinausreichen;

37.    merkt an, dass eine verstärkte Einbeziehung afghanischer lokaler und regionaler Regierungen gefördert werden sollte, und betont, dass auf dieser Ebene die Grundsätze Loyalität, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie für die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel unabdingbar sind; weist darauf hin, dass die Zuweisung von Mitteln auf lokaler und regionaler Ebene der Billigung durch die Zentralregierung bedarf, damit ihre Rolle und ihre Verantwortung gestärkt werden;

38.    fordert die Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik, den Rat und die Kommission auf, ein gemeinsames Team von Forschern zusammenzustellen, um einmal jährlich alle Maßnahmen und Missionen der EU und der Mitgliedstaaten in Afghanistan zu bewerten, und zwar anhand klar formulierter qualitativer und quantitativer Indikatoren, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklungshilfe (einschließlich Volksgesundheit und Landwirtschaft), die gute Regierungsführung (einschließlich des Justizsektors und der Achtung der Menschenrechte) und die Sicherheit (insbesondere die Ausbildung der afghanischen Polizei); fordert in diesem Zusammenhang auch eine Bewertung der relativen Auswirkungen der EU-Maßnahmen auf die Lage im Land im Allgemeinen sowie der Frage, inwieweit eine Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen EU-Einrichtungen und anderen internationalen Missionen und Maßnahmen stattfindet, sowie die Veröffentlichung der Ergebnisse und der Empfehlungen einer solchen Bewertung;

39.    betont, dass sich die Sicherheitslage und die geografische Verteilung von Hilfsmaßnahmen gegenseitig bedingen, und fordert daher, dass Hilfe auf direktem Weg der unmittelbar betroffenen Bevölkerung in Afghanistan zukommt;

40.    betont, dass die Korruptionsbekämpfung in Afghanistan eine Priorität sein muss; erkennt an, dass es lokale Korruption gibt, hofft aber, dass die Stärkung der Legitimität der afghanischen staatlichen Institutionen dadurch, dass ihnen die Zuständigkeit für die Genehmigung der Zuweisung von Mitteln und die Sicherstellung der Wirksamkeit der Hilfe übertragen wird, dazu ein Gegengewicht sein wird;

41.    tritt dafür ein, dass die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen nach Möglichkeit grundsätzlich in Afghanistan selbst und nicht durch Einfuhren erfolgt;

42.    vertritt die Auffassung, dass unparteiische humanitäre Einrichtungen für die Verteilung von Hilfsgütern im Land sorgen sollten und dass das Militär nur in absoluten Ausnahmefällen eingebunden werden sollte, um die Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Arbeit der humanitären Einrichtungen unter uneingeschränkter Beachtung der einschlägigen internationalen Vorschriften zu wahren, wie sie in den „Leitlinien für den Einsatz von Militär- und Zivilschutzmitteln zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen der Vereinten Nationen in komplexen Notsituationen“ (MCDA) verankert sind und im Europäischen Konsens zur humanitären Hilfe gefordert werden;

43.    gibt zu bedenken, dass jeder mutmaßliche Verstoß gegen die Grundsätze der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit durch solche Einrichtungen sie bei ihrer Tätigkeit vor Ort stärker angreifbar macht, vor allem, da sie auch lange nach dem Abzug der Truppen noch vor Ort präsent sein werden;

44.    betont, dass der Einsatz Regionaler Wiederaufbauteams (PRT) bei Wiederaufbau- und/oder Entwicklungshilfemaßnahmen ungeeignet ist, da dadurch die Abgrenzung zwischen zivilen Entwicklungshelfern und dem Militär erschwert wird und dies die Bemühungen um den Wiederaufbau und die Entwicklung Afghanistans gefährdet;

45.    nimmt zur Kenntnis, dass nach zahlreichen Presseberichten und nach dem Bericht des US-Repräsentantenhauses „Warlord, Inc.“ das US-Militär in Afghanistan den größten Teil seiner Logistik an private Auftragnehmer ausgelagert hat, die ihrerseits mit katastrophalen Folgen Unteraufträge für den Schutz von Militärkonvois an einheimische afghanische Sicherheitsanbieter vergeben;

46.    stellt fest, dass der Beschluss, die militärische Versorgungskette der USA in private Hände zu geben, ohne zuverlässige Kriterien dafür festzulegen, dass Rechenschaftspflicht, Transparenz und Rechtmäßigkeit gegeben sind, einen neuen Nährboden für Erpressung und Korruption geschaffen hat, da Warlords, einheimische Mafiabosse und schließlich auch Taliban-Kommandeure im Endeffekt einen bedeutenden Anteil an dem 2,2-3 Mrd. USD schweren Geschäft mit der Militärlogistik in Afghanistan haben;

47.    ist entsetzt darüber, dass die auf allen Stufen der militärischen Versorgungskette eingenommenen Schutz- und Erpressungsgelder, wie US-Außenministerin Hillary Clinton im Dezember 2009 in ihrer Aussage vor dem Senatsausschuss für auswärtige Angelegenheiten darlegte, eine der wichtigsten Grundlagen für die Finanzierung des Aufstandes darstellen;

48.    ist gleichermaßen entsetzt darüber, dass in Anbetracht der Ähnlichkeiten der Militärlogistik von USA und NATO/ISAF die vollständige Rückverfolgbarkeit der finanziellen Beiträge der EU möglicherweise nicht in allen Fällen gewährleistet ist;

49.    begrüßt uneingeschränkt, dass die militärische Befehlsgewalt der NATO in Afghanistan im September 2010 neue Leitlinien über die Vertragsvergabe, deren Wert derzeit auf etwa 14 Mrd. US-Dollar jährlich geschätzt wird, herausgegeben hat, die darauf abzielen, die Korruption zu reduzieren und die Mittel, die indirekt in die Unterstützung des Aufstands und an die Taliban fließen, zu verringern; hofft, dass diese Umorientierung bei der Vergabepolitik rasch umgesetzt wird;

50.    begrüßt in diesem Zusammenhang den jüngsten Erlass von Präsident Karzai, demzufolge alle lokalen und ausländischen privaten Sicherheitsfirmen in Afghanistan binnen vier Monaten ihre Arbeit beenden müssen;

Der Friedensprozess

51.    weist mit Nachdruck darauf hin, dass gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte das Fundament für ein stabiles und wohlhabendes Afghanistan bilden; unterstreicht daher, dass glaubwürdige Gerichtsverfahren einen grundlegenden Aspekt des Friedensprozesses darstellen und dass die Achtung der Menschenrechte und die Verhütung der weit verbreiteten Straffreiheit in jeder Phase des Friedensprozesses nichtverhandelbare Aspekte sein sollten; fordert die afghanische Regierung in diesem Zusammenhang auf, vorrangig eine Strategie zur Reform der Justiz durchzuführen;

52.    ist der Auffassung, dass der derzeitige Stillstand in Afghanistan zu einem Großteil auf anfängliche Fehlkalkulationen der Koalitionsstreitkräfte vor der neuen Strategie zur Bekämpfung des Aufstands zurückzuführen ist, die von einem schnellen militärischen Sieg über die Taliban und einem reibungslosen Übergang zu einem stabilen Staat ausgingen, der von einer legitimen Regierung mit starkem westlichen Rückhalt regiert würde;

53.    ist daher der Ansicht, dass die Präsenz der Taliban unterschätzt, die Fähigkeit der Regierung Karzai zu verantwortungsvoller Führung überschätzt und infolgedessen die Aufgabe des Wiederaufbaus und der Entwicklung des Landes in den Hintergrund gedrängt wurde;

54.    befürchtet, dass diese Fehler das Wiedererstarken der Taliban in mehr als der Hälfte des Landes begünstigt und damit zur massiven Verschlechterung der Sicherheitslage in der gesamten Region sowie der Achtung der Menschenrechte, insbesondere der Rechte der Frauen, beigetragen haben;

55.    weist darauf hin, dass der vornehmlich militärisch geprägte Ansatz, der in der Vergangenheit verfolgt wurde, nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat, und befürwortet daher entschieden ein ziviles Konzept;

56.    erkennt an, dass es nur eine politische Lösung geben kann und dass diese Lösung Verhandlungen – die letztendlich vor dem Hintergrund eines Waffenstillstands stattfinden sollten – mit den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen sowie den übrigen politischen Akteuren im Land umfassen sollte, die bereit sind, sich an einer Regierung der nationalen Einheit zu beteiligen, die in der Lage ist, dem Bürgerkrieg, der das Land fast drei Jahrzehnte lang heimgesucht hat, ein Ende zu setzen und die uneingeschränkte Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der grundlegenden Menschenrechte zu gewährleisten; ist der Ansicht, dass zur Erreichung der politischen Lösung der neuen Strategie zur Bekämpfung des Aufstands Zeit gegeben werden muss, um gemäß dem von Präsident Obama verkündeten Zeitplan Ergebnisse zu zeitigen;

57.    ist der festen Überzeugung, dass die drei wichtigsten Vorbedingungen der EU für einen solchen Friedensprozess und die Einbeziehung von Taliban-Gruppen eine Zusage aller an den Verhandlungen beteiligten Parteien sein müssen, Al-Quaida und deren Werbung für den internationalen Terrorismus sowie jede andere terroristische Vereinigung aus dem Lande zu verbannen, Maßnahmen zur Abschaffung des Mohnanbaus zu ergreifen und eine Politik für die Förderung und Achtung der grundlegenden Menschenrechte und der afghanischen Verfassung einzurichten;

58.    ist ferner der Ansicht, dass es dem afghanischen Volk selbst überlassen bleiben sollte, alle sonstigen Fragen entsprechend seinem Willen und seinen Möglichkeiten zu lösen;

59.    erkennt an, dass es sich bei den Taliban nicht um eine einzelne homogene Gruppe handelt und dass es mindestens 33 Führer auf der höchsten Ebene gibt, 820 Führer auf der mittleren/unteren Ebene und 25 000 - 36 000 „Fußsoldaten“, die sich auf 220 Gemeinden verteilen und teils aus ideologischen, teils aus finanziellen Gründen in den Kampf ziehen; ist daher der Auffassung, dass ab jetzt zu Verhandlungen auf lokaler Ebene zwischen der demokratisch gewählten Regierung und Angehörigen der bewaffneten Opposition aufgerufen werden sollte, „sofern sie der Gewalt abschwören, keine Verbindung zu internationalen terroristischen Vereinigungen unterhalten, die Verfassung achten und bereit sind, sich am Aufbau eines friedlichen Afghanistans zu beteiligen“, gemäß den Ziffern 13 und 14 des Kommuniqués von Kabul vom 20. Juli 2010;

60.    begrüßt das Friedens- und Wiedereingliederungsprogramm der afghanischen Regierung, das auf der Grundlage der Ziffern 13 und 14 des vorstehend erwähnten Kommuniqués von Kabul allen afghanischen Angehörigen der bewaffneten Opposition und ihren Gemeinschaften offensteht;

61.    weist darauf hin, dass bei jeder Strategie der Entwaffnung und Wiedereingliederung das Problem der Rückkehr ehemaliger Kämpfer und Flüchtlinge in die Dörfer, aus denen sie stammen, gebührend berücksichtigt werden muss;

62.    hält es für außerordentlich wichtig, die Glaubwürdigkeit, die Verantwortung und die Zuständigkeit der afghanischen Regierung und Verwaltung zu erhöhen, damit ihr Ruf bei den eigenen Bürgern verbessert wird;

63.    betont die Schlüsselrolle Pakistans, da es für die Taliban keinen Anreiz für ernsthafte Verhandlungen gibt, solange die pakistanische Grenze für sie geöffnet ist; empfiehlt eine umfassendere internationale Koordinierung und Einbindung in den Prozess, einschließlich derjenigen anderer Nachbarländer und führender regionaler Akteure, wobei insbesondere der Iran, die Türkei, China, Indien und die Russische Föderation zu nennen sind;

64.    fordert die Kommission auf, die strategischen und politischen Auswirkungen für Afghanistan und die Großregion zu bewerten, die die jüngsten verheerenden Überschwemmungen in Pakistan zur Folge haben, und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die betroffene Bevölkerung des Landes und die afghanischen Flüchtlinge, deren Lager überflutet wurden, zu unterstützen;

65.    hält eine gute Wasserbewirtschaftung in Afghanistan und Umgebung für außerordentlich wichtig und hebt die Vorteile der regionalen und grenzübergreifenden Zusammenarbeit in diesem Bereich hervor, u. a. in Bezug auf vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den Nachbarn in Südwestasien;

66.    verurteilt die Beteiligung des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) am Aufstand aufs Schärfste, der die Absicht verfolgt, sicherzustellen, dass eine etwaige Friedensdividende auch für Pakistan ein befriedigendes Resultat bringt;

67.    betont jedoch, dass der Frieden in Afghanistan nur dann Fuß fassen kann, wenn politische Pakte zwischen den wichtigsten Regionalmächten geschlossen werden, wozu auch Indien, Pakistan, Iran und die zentralasiatischen Staaten, Russland, China und die Türkei gehören, und wenn sie sich auf eine gemeinsame Strategie der Nichteinmischung und der Unterstützung eines unabhängigen Afghanistan einigen; fordert auch eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Afghanistan und Pakistan, insbesondere im Rahmen einer endgültigen Lösung der Frage der internationalen Grenze zwischen den beiden Ländern;

68.    fordert die EU auf, den Friedens- und Aussöhnungsprozess in Afghanistan weiterhin zu unterstützen sowie die Bemühungen Afghanistans, diejenigen wiedereinzugliedern, die bereit sind, der Gewalt abzuschwören, wobei der Regierung Karzai genug Spielraum bei der Wahl ihrer Dialogpartner zu lassen ist, weist aber mit Nachdruck darauf hin, dass die afghanische Verfassung und die Achtung der grundlegenden Menschenrechte den rechtlichen und politischen Rahmen für den Friedensprozess bilden;

69.    begrüßt die Programme nationaler Prioritäten, die von der afghanischen Regierung in Übereinstimmung mit der Nationalen Entwicklungsstrategie vorbereitet und von der Kabul-Konferenz unterstützt wurden, und fordert, dass sie vollständig und wirksam umgesetzt werden;

70.    kann nicht stark genug betonen, dass die EU eine weit aktivere Rolle beim Wiederaufbau und bei der Entwicklung Afghanistans übernehmen muss, da ohne eine deutliche Verringerung der Armut und ohne nachhaltige Entwicklung kein dauerhafter Frieden im Land selbst oder in der Region als Ganzes möglich ist; räumt ein, dass es keine Entwicklung ohne Sicherheit gibt, ebenso wenig wie es Sicherheit ohne Entwicklung gibt;

71.    fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, gemeinsam mit den USA internationale Hilfeleistungen stärker über einheimische Behörden und die Regierung in Kabul zu leiten und die USA anzuhalten, von ihrer Strategie der Umgehung einheimischer Institutionen bei der Umsetzung der internationalen Hilfe und der Privatisierung der Sicherheit abzugehen sowie den gleichzeitigen und (in Bezug auf den Friedensprozess) offenbar widersinnigen Versuch aufzugeben, mit Hilfe von Drohnen, US-Spezialeinheiten und örtlichen Milizen die Führung der Aufständischen „enthaupten“ zu wollen, was rechtlich fragwürdig ist, häufig zivile Opfer fordert und das internationale Eingreifen diskreditiert; zollt den Angehörigen der Truppen der Verbündeten, die bei der Verteidigung der Freiheit ihr Leben verloren haben, seine Hochachtung, und bekundet ihren Familien sowie den Familien aller unschuldigen afghanischen Opfer sein Beileid;

72.    weist darauf hin, dass die militärische Präsenz einiger EU-Mitgliedstaaten und ihrer Verbündeten in Afghanistan Teil des Einsatzes der NATO/ISAF und seiner Ziele ist, die Gefahr des internationalen Terrorismus zu bekämpfen und den Kampf gegen den Drogenanbau und den Drogenhandel in Angriff zu nehmen;

73.    unterstreicht, dass diese Präsenz dazu beitragen kann, die entsprechenden Sicherheitsbedingungen zu schaffen, damit die jüngsten Pläne der afghanischen Regierung zum Aufbau der potenziell riesigen Bergbau- und Mineralindustrie des Landes konkret umgesetzt werden können, so dass sie die dringend notwendigen Eigenmittel für den Staatshaushalt erhält;

74.    betont, dass die potenziell riesigen Bergbau- und Mineralvorkommen im afghanischen Hoheitsgebiet allein dem Volk Afghanistans gehören und dass der „Schutz“ dieser Reichtümer niemals als Vorwand für eine dauerhafte Präsenz ausländischer Truppen auf afghanischem Boden dienen darf;

Polizei und Rechtsstaatlichkeit

75.    merkt an, dass es in Afghanistan weder Frieden noch Stabilität geben kann, solange nicht der Staat an erster Stelle die Sicherheit der Bürger des Landes aus eigener Verantwortung gewährleistet;

76.    begrüßt das Ziel von Präsident Karzai, wonach bis Ende 2014 in allen Provinzen nur die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte Militäreinsätze leiten und durchführen sollen, sowie die Zusage der afghanischen Regierung, nach und nach die volle Verantwortung für die eigene Sicherheit zu übernehmen;

77.    hebt hervor, dass in Afghanistan eine effiziente Polizei und eine eigenständige Armee aufgebaut werden müssen, die Sicherheit gewährleisten können, damit ein anschließender Abzug des ausländischen Militärs aus dem Lande möglich ist;

78.    würdigt den Vorschlag von General Petraeus, wonach demokratisch gewählten Lokalbehörden eine lokale Gendarmerie unterstellt werden könnte, die für Recht und Ordnung sorgen und die lokale Bevölkerung schützen soll;

79.    räumt jedoch ein, dass der Aufbau eigenständiger Sicherheitskräfte ein relativ langfristiges Ziel ist, und verweist insbesondere auf die Notwendigkeit einer besser koordinierten und integrierten Vorgehensweise bei der Ausbildung der Polizei sowie, getrennt davon, bei der Ausbildung der Armeeoffiziere und weist auf die Investitionen in die polizeiliche Ausbildung hin, die nur zu geringen Ergebnissen geführt haben; fordert alle Beteiligten auf, ihre Arbeit genau abzustimmen, um unnötige Doppelarbeit zu vermeiden und ergänzende Aufgaben auf strategischer und operationeller Ebene wahrnehmen zu können;

80.    betont die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Innenministeriums, ohne die die Anstrengungen zur Reformierung und zum Neuaufbau der Polizei scheitern könnten, und verweist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Überwachung, Unterstützung, Beratung und Ausbildung auf der Ebene des Innenministeriums sowie der Regionen und Provinzen, was im Einklang mit einem weiteren Ziel von EUPOL steht;

81.    ist der Ansicht, dass EUPOL aufgrund der unbestreitbaren vagen Aufgabenstellung und der begrenzten bisherigen Erfolge noch nicht den ihm gebührenden hohen Stellenwert in der EU erlangt hat; bedauert, dass EUPOL drei Jahre nach seiner Stationierung immer noch nicht drei Viertel seiner bewilligten Stärke erreicht hat, und bekräftigt seine Forderung an den Rat und die EU-Mitgliedstaaten, ihre Zusagen zu dieser Mission in vollem Umfang einzuhalten;

82.    begrüßt, dass die EUPOL-Mission in Afghanistan die Staatsanwaltschaft für die Bekämpfung der Korruption als staatliche Behörde eingesetzt hat, die Ermittlungen gegen hochrangige Beamte und andere Beamte durchführen soll, die der Korruption verdächtigt werden;

83.    ist besorgt über ISAF-Quellen, denen zufolge von den 94 000 Angehörigen der afghanischen Nationalpolizei fast 90 % Analphabeten sind, 20 % Drogen konsumieren und jedes Jahr mehr als 30 % verschwinden, ganz abgesehen davon, dass jährlich etwa 1000 von ihnen im Dienst ums Leben kommen;

84.    ist der Ansicht, dass zu den Hauptgründen für die insgesamt ineffektive Ausbildung gehört, dass die verschiedenen Missionen der Polizeiausbildung unzureichend koordiniert werden und Aufgaben der Ausbildung an private Sicherheits- und Militärdienstleister (PMSC) übertragen werden;

85.    stellt fest, dass die Zusage der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Schaffung einer professionellen afghanischen Polizei durch Praktiken wie die „Schnellkurse“, die einige große Sicherheitsfirmen aus den USA durchführen (nach einer mangelnden Sicherheitsüberprüfung der Anwärter, einer sechswöchige Ausbildung ohne Lehrbücher wegen Analphabetentums der Auszubildenden und einem minimalen Einsatztraining werden die Rekruten mit Marke, Uniform und Waffe ausgestattet und auf Patrouille geschickt), untergraben zu werden drohen; weist mit Nachdruck darauf hin, dass eine kohärentere und nachhaltigere Polizeiausbildung notwendig ist, damit die einzelnen afghanischen Polizeikräfte zusammenarbeiten können; unterstreicht, dass bei polizeilichen Ausbildungsmissionen nicht nur die technischen Aspekte im Mittelpunkt stehen sollten, sondern dass auch den Rekruten Lesen und Schreiben beigebracht werden muss und Grundkenntnisse des nationalen Rechts und des Völkerrechts zu vermitteln sind;

86.    nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass diese privaten Firmen einer mangelhaften Finanzkontrolle unterzogen werden, und verweist auf einen gemeinsamen Bericht des US-Verteidigungsministeriums und des US-Außenministeriums aus dem Jahre 2006, dessen Aussagen noch heute gültig sind, wonach die afghanische Polizei nicht in der Lage war, routinemäßige polizeiliche Vollzugsaufgaben wahrzunehmen, und wonach kein effektives Programm für die Einsatzausbildung vorhanden war; würdigt die Bemühungen des Oberkommandos sowie die Bemühungen im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung des Aufstands, ein gewisses Maß an Kontrolle über die privaten ausländischen Milizen zu erlangen, die unbehelligt in Afghanistan operieren;

87.    empfiehlt, dass die Polizeiausbildung so schnell wie möglich nicht länger privaten Anbietern überlassen wird;

88.    fordert eine verbesserte internationale Kooperation und Koordination, um die polizeilichen Ausbildungskapazitäten erheblich zu erhöhen und die Wirksamkeit der Ausbildungsprogramme weiter zu verbessern; schlägt vor, dass EUPOL und NATO/ISAF ein groß angelegtes polizeiliches Ausbildungsprogramm auflegen und dass auch die nationalen Polizeistellen in dieses Programm aufgenommen werden, wie mit der afghanischen Regierung vereinbart, damit Doppelarbeit, Verschwendung und Flickwerk ein Ende haben;

89.    fordert die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die polizeiliche Ausbildung in Afghanistan zu intensivieren und die Zahl der Ausbilder vor Ort erheblich aufzustocken, damit das Ziel der Londoner Konferenz, bis Ende des Jahres 2011 eine Personalstärke von 134 000 ausgebildeten afghanischen Polizeibeamten zu erreichen, in greifbare Nähe rückt; fordert die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik mit Nachdruck auf, die EUPOL-Mission in Afghanistan abzuändern und auch eine Ausbildung für Personal der untergeordneten Dienstgrade in allen Provinzen anzuordnen, die Zahl der Wochen zu erhöhen, die für die Grundausbildung vorgesehen ist, und dafür zu sorgen, dass Patrouillen und andere polizeiliche Aktivitäten vor Ort gemeinsam durchgeführt werden; fordert die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, nicht nur ihre bilaterale polizeiliche Ausbildungsmission mit EUPOL zusammenzulegen, sondern auch davon abzusehen, Einspruch dagegen zu erheben, dass nationale Polizeibeamte bei EUPOL stationiert werden;

90.    empfiehlt eine Anhebung der Gehälter der afghanischen Polizei und eine Umstellung des gesamten Rekrutierungsverfahrens, so dass Anwärter mit einem Grundstock an Lese- und Schreibkenntnissen, die keine Drogenkonsumenten sind und eine bessere psychische und physische Eignung aufweisen als die jetzigen Polizeiangehörigen, vorgezogen werden;

91.    weist mit Nachdruck darauf hin, dass die polizeiliche Ausbildung ohne eine ordnungsgemäß funktionierende Justiz nicht möglich ist, und fordert die internationale Gemeinschaft daher auf, mehr finanzielle und technische Unterstützung zur Stärkung des Justizsystems bereitzustellen, auch indem die Bezüge der Richter auf allen Ebenen angehoben werden; fordert den Rat ferner auf, in Abstimmung mit den Vereinten Nationen eine Sondermission einzusetzen, um Richter und im Justizministerium sowie im Strafvollzug tätige Beamte in Afghanistan auszubilden;

92.    begrüßt, dass die afghanische Regierung sich auf der Kabul-Konferenz verpflichtet hat, mit Unterstützung internationaler Partner den Zugang zum Rechtswesen im ganzen Land zu verbessern, und zwar indem innerhalb der nächsten zwölf Monate konkrete Maßnahmen durchgeführt werden, sowie die Kapazitäten im Justizsystem zu verbessern, indem u.a. eine umfassende Personalstrategie erarbeitet und durchgeführt wird;

Drogen

93.    weist darauf hin, dass 90 % des illegalen Opiums in der Welt aus Afghanistan stammen, dass jedoch 2001 zum Zeitpunkt des Einmarschs der Koalitionsstreitkräfte in Kabul kein Opiummohn in Afghanistan angebaut wurde, weil die Vereinten Nationen es geschafft hatten, dass sein Anbau verboten wurde;

94.    ist der Meinung, dass es folglich für eine große, gut ausgestattete Streitmacht eigentlich nicht schwierig hätte sein dürfen, diese Flächen durch lokale Projekte zur landwirtschaftlichen Entwicklung weiterhin opiumfrei zu halten und die Projekte durch ihre Truppen vor den Taliban und einheimischen Kriegsherren schützen zu lassen;

95.    nimmt jedoch zur Kenntnis, dass die Opiumproduktion nach wie vor ein wichtiges soziales, wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Thema ist, und fordert die EU auf, diese Frage als strategische Priorität im Rahmen ihrer Afghanistanpolitik zu betrachten;

96.    weist darauf hin, dass über 90 % des Heroins in Europa aus Afghanistan stammen und dass sich die Kosten für das öffentliche Gesundheitswesen in den Ländern Europas auf Milliarden Dollar belaufen; betont, dass die Herausforderungen, die sich aufgrund der Drogenwirtschaft in Afghanistan stellen, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf internationaler Ebene bewältigt werden müssen, indem alle Glieder der Drogenkette angegangen werden, und dass dies insbesondere die Unterstützung der Bauern zur Verringerung des Angebots sowie Drogenprävention und -behandlung zur Einschränkung der Nachfrage und die Strafverfolgung der Mittelsmänner erfordert; schlägt insbesondere vor, massiv in die Entwicklung einer umfassenden Agrarpolitik und Politik der ländlichen Entwicklung zu investieren, um Opiumproduzenten eine glaubwürdige und nachhaltige Alternative zu bieten; weist ferner nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die Umwelt in die Strategie für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zu integrieren, da die Belastung der Umwelt, die beispielsweise durch die schlechte Bewirtschaftung der Wasserressourcen oder die Zerstörung natürlicher Waldgebiete verursacht wird, eines der größten Hindernisse für die Entwicklung der Agrarwirtschaft ist;

97.    stellt fest, dass der Anbau infolge der Straffreiheit für Anbauer und Händler innerhalb von zwei Jahren wieder den Stand von vor 2001 erreicht hat und eine Handvoll einflussreicher Warlords ein riesiges Kartell betreibt;

98.    verleiht seiner großen Besorgnis über den im jüngsten UNODC-Bericht festgestellten sprunghaften Anstieg der Zahl der drogenabhängigen Afghanen Ausdruck; fordert, dass unverzüglich gezielte Maßnahmen getroffen werden, um die Zahl der Drogenabhängigen zu verringern, aber auch um Drogensüchtige medizinisch zu betreuen; betont in diesem Zusammenhang, dass Programme zur Einrichtung von Rehabilitationszentren im Land, insbesondere in den Regionen, in denen kein Zugang zu medizinischer Betreuung besteht, finanziert werden müssen;

99.    weist darauf hin, dass sich die Einnahmen aus dem Drogenhandel 2009 trotz eines vorherigen überproduktionsbedingten Preisrückgangs insgesamt auf 3,4 Mrd. USD beliefen und der potenzielle Bruttoexportwert des Opiums 26 % des afghanischen BIP ausmachte, wobei rund 3,4 Millionen Afghanen (12 % der Bevölkerung) in der Drogenindustrie beschäftigt sein sollen;

100.  weist jedoch auf den aktuellen Bericht des UNODC hin, wonach nur 4 % der Gewinne aus dem jährlichen Drogenhandel an die Taliban gehen, 21 % an die einheimischen Bauern und 75 % an Regierungsbeamte, die Polizei, lokale und regionale Mittelsmänner und Schmuggler; stellt somit fest, dass der Löwenanteil der Einnahmen aus dem Drogenhandel an die afghanischen Verbündeten der NATO geht;

101.  nimmt zur Kenntnis, dass die USA und die internationale Gemeinschaft im Zeitraum 2001-2009 1,61 Mrd. USD für Drogenbekämpfungsmaßnahmen ausgegeben haben, ohne dass dies wesentlichen Einfluss auf die Produktion und den Handel hatte, und erinnert an die Worte des US-Sonderbeauftragten für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, der zur bisherigen Drogenbekämpfungsinitiative der USA in Afghanistan erklärte, dies sei „unter allen staatlichen und nichtstaatlichen Programmen das verschwenderischste und ineffektivste, das ich je gesehen habe“;

102.  weist darauf hin, dass es nur, wenn der Abhängigkeit der Wirtschaft Afghanistans von Drogen ein für alle Mal ein Ende bereitet wird und ein gangbares alternatives Modell für Wirtschaftswachstum gefunden wird, möglich sein wird, Sicherheit und Stabilität in der Region wiederherzustellen;

103.  unterstreicht die Wichtigkeit der bisher noch wenig erfolgreichen Bemühungen, den Opiumanbau in Afghanistan schrittweise einzustellen, und fordert in diesem Zusammenhang, dass 3,4 Millionen Afghanen, die ihren Lebensunterhalt durch Opium bestreiten, alternative Möglichkeiten der Sicherung des Lebensunterhalts geboten werden, und dass die Lage der übrigen ländlichen Bevölkerung Afghanistans verbessert wird;

104.  nimmt die erfolgreichen Anstrengungen in Pakistan, Laos und Thailand zur Kenntnis, den Opiumanbau nach und nach durch den Anbau alternativer Kulturen zurückzudrängen; stellt ferner fest, dass in Afghanistan erfolgversprechende neue Kulturen, wie beispielsweise Safran, zum Einsatz kommen, mit denen sich weit höhere Einnahmen erzielen lassen als mit Opiummohn;

105.  stellt fest, dass eine ähnliche schrittweise Einstellung des Opiumanbaus auch für Afghanistan vorgesehen werden könnte, wofür 100 Mio. EUR pro Jahr bereitgestellt werden könnten, wenn für einen Zeitraum von fünf Jahren jeweils 10 % der jährlichen Afghanistan-Hilfe der EU dafür zweckgebunden würden;

106.  nimmt zur Kenntnis, dass das vor kurzem zwischen Afghanistan und Pakistan abgeschlossene Handels- und Transitabkommen den Markt für Granatäpfel, die wichtigste Frucht in der Region, öffnet, die von ausländischen Entwicklungshelfern wiederholt als wichtigste Möglichkeit genannt wurde, damit Mohnanbauer im Süden Afghanistans eine gangbare Alternative haben, ihren Lebensunterhalt zu verdienen;

107.  würdigt das UNODC für seine aktive Unterstützung der afghanischen Regierung in ihrem Kampf gegen illegale Drogen und fordert, dass das UNODC und seine Programme in Afghanistan gestärkt werden;

108.  fordert einen nationalen Fünfjahresplan für die Vernichtung illegaler Opiumkulturen mit konkreten Terminen und Zielvorgaben, für dessen Durchführung eine eigens eingerichtete Stelle mit eigenem Budget und Mitarbeiterstab verantwortlich ist;

109.  betont, dass zur Förderung dieses Plans eine Zusammenarbeit zwischen der EU und der Russischen Föderation erfolgen sollte, da letztere am stärksten unter dem Heroinschmuggel aus Afghanistan leidet und nach der EU der weltweit zweitgrößte Absatzmarkt für Opioide ist;

110.  fordert die Regierung und das Parlament Afghanistans auf, spezifische Gesetze zum Verbot aller Vernichtungspraktiken zu erlassen, bei denen nichtmanuelle und nichtmechanische Mittel angewendet werden;

111.  fordert den Rat und die Kommission auf, diesen Strategievorschlag vollständig in ihre bestehenden Strategien aufzunehmen, und fordert die EU-Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, den Vorschlag bei ihren eigenen nationalen Plänen uneingeschränkt zu berücksichtigen;

112.  fordert den Rat und die Kommission auf, sämtliche Auswirkungen der in diesem Bericht enthaltenen Vorschläge auf den Haushalt zu berücksichtigen;

º º

º

113.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der NATO sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Islamischen Republik Afghanistan zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 294E vom 3.12.2009, S. 11.
  • [2]  ABl. C 46E vom 24.2.2010, S. 87.
  • [3]  ABl. C 184E vom 8.07.10, S. 57.

BEGRÜNDUNG

Allgemeine Bemerkungen

Der vorliegende Bericht beruht auf umfangreichen Konsultationen zur Lage in Afghanistan und zu dessen Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft, die der Berichterstatter in den letzten sechs Monaten durchführte, um eine Erklärung dafür zu finden, warum in Afghanistan trotz aller Kosten und Mühen der vergangenen neun Jahre so wenig erreicht wurde. In Afghanistan liegen Hoffnung und Realität weiter auseinander als je zuvor, und von dieser Einsicht sollte die neue EU-Strategie für dieses Land ausgehen.

Der Berichterstatter hat beschlossen, sich hier ausschließlich auf vier Bereiche zu konzentrieren, in denen gezielte Maßnahmen seiner Meinung nach echte Veränderungen ermöglichen könnten: internationale Hilfe, Auswirkungen des Friedensprozesses, Auswirkungen der Polizeiausbildung und Beseitigung des Opiumanbaus.

Dies sind die Schlüsselfragen, die sich bei den Nachforschungen des Berichterstatters herauskristallisiert haben, der Treffen mit verschiedenen Ministern der Regierung von Präsident Karzai sowie mit dem Präsidenten selbst, mit den Präsidenten des Ober- und Unterhauses, ISAF-Kommandeuren, Vertretern internationaler Organisationen, Botschaftern benachbarter Länder und ehemaligen Führern der früheren Taliban-Regierung hatte; er besuchte vor Ort Projekte in Herat, die von PRT (Provincial Reconstruction Teams) durchgeführt werden, und Organisationen für internationale Zusammenarbeit. In Europa und den USA führte der Berichterstatter Konsultationen mit Botschaftern von Ländern, die sich in Afghanistan engagieren, bzw. den Vertretern der Botschafter, mit internationalen Nichtstaatlichen Organisationen und mit Mitgliedern des US-Kongresses.

Nach neunjährigem internationalem Engagement liegt in Afghanistan noch vieles im Argen, die Sicherheitslage hat sich verschlechtert, und die sozioökonomischen Schlüsselindikatoren ergeben ein höchst enttäuschendes Bild. Hinzu kommt, dass Entscheidungen allzu oft ohne ausreichende Einbeziehung der Afghanen getroffen wurden und dass die ausländischen Einsatzkräfte, ob militärisch oder zivil, eine Vorgehensweise an den Tag gelegt haben, die von den Afghanen als respektlos und überheblich empfunden wird. Zentrales Thema dieses Berichts ist daher die Notwendigkeit, die Voraussetzungen für eine zügige „Afghanisierung“ der Afghanistan-Krise zu schaffen, damit eine stabile Regierung aufgebaut werden kann, die von der internationalen Gemeinschaft unterstützt wird und ihre gesamten Bemühungen auf die sozioökonomische Entwicklung konzentriert. Daher wird dafür plädiert, dass sich die EU an die Spitze einer internationalen Initiative mit dem Ziel setzen sollte, Afghanistan als einen souveränen Staat und nicht mehr als eine Art „Niemandsland“ zu behandeln.

Internationale Hilfe

Das größte Problem Afghanistans ist die Armut. Die Tatsache, dass weit mehr Afghanen aus Armutsgründen sterben als infolge des bewaffneten Konflikts, ist erschreckend: So fordert die Müttersterblichkeit 25 000 Menschenleben pro Jahr, während zwischen Januar und November 2009 „nur“ 2186 Zivilisten durch Waffen ums Leben kamen. Zudem lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Landes unter der Armutsgrenze, und das trotz der großen Summen an internationaler Hilfe, die nach Afghanistan fließen.

Was läuft also falsch? Zunächst ist festzuhalten, dass es äußerst schwierig war, verlässliche Informationen über die bisherigen Modalitäten und Auswirkungen des internationalen zivilen und militärischen Einsatzes einzuholen, was nach wie vor eine große Hürde für das Verständnis der heutigen Lage in Afghanistan darstellt. Zudem fehlt es ganz offensichtlich an Koordinierung und Kommunikation zwischen den Geberländern, von einer Abstimmung zwischen den Gebern und den vorgesehenen Nutznießern, der afghanischen Bevölkerung, ganz zu schweigen. Bei einem jüngst in Kabul veranstalteten Treffen beklagte der Finanzminister gegenüber dem Berichterstatter, dass die Regierung über etwa ein Drittel der internationalen Hilfsgelder, die seit 2001 in Afghanistan ausgegeben wurde, keinerlei Informationen erhalten habe. Andere Gesprächspartner äußerten ähnliche Kritik.

Zu begrüßen ist, dass die USA, wenn auch mit Verspätung, begonnen haben, durch ihren „Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction“ (SIGAR) relevante Daten zu Hilfszahlungen und zu deren Auswirkungen zu erheben. Die EU ist nun ihrerseits dringend aufgerufen, die Kosten und Auswirkungen der gesamten EU-Hilfe für Afghanistan in einer zentralen Datenbank zu erfassen und zu analysieren, um für mehr Transparenz zu sorgen und Mechanismen für eine umfassende Rechenschaftslegung durch die Geber zu schaffen.

Zahlreiche Studien, darunter ein 2007 erschienener Bericht des Peace Dividend Trust mit dem Titel „Afghanistan Compact Procurement Monitoring Project“, gelangten zu dem Fazit, dass sich die mit Abstand größten Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft (etwa 80 %) dadurch erreichen lassen, dass Mittel direkt an die Regierung gezahlt werden und nicht an (zwischengeschaltete Stellen wie) internationale Unternehmen oder Nichtstaatliche Organisationen (weniger als 20 %). Dennoch ist es nach wie vor gängige Praxis, den größten Teil der Hilfe über eine Vielzahl von internationalen Organisationen, internationalen Finanzinstitutionen, regionalen Entwicklungsbanken, Nichtstaatliche Organisationen und privaten Auftragnehmern und nicht über die Zentralregierung abzuwickeln, wobei ein nicht unerheblicher Teil der Mittel an den verschiedenen Punkten der Lieferkette versickert. Die Kosten für Auftragnehmer und Unterauftragnehmer verschlingen große Summen (die bis zu 50 % pro Vertrag betragen können); hohe Gehälter und großzügige Zulagen für ausländische Mitarbeiter von Beratungsfirmen und Auftragnehmern schlucken weitere Mittel.

Der Berichterstatter spricht sich daher für eine Neuausrichtung der Übermittlung der Hilfe nach Afghanistan aus und schlägt vor, einen größeren Teil der Hilfe direkt über afghanische Institutionen abzuwickeln, anstatt sie über Organisationen für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung zu vermitteln.

Zwar gibt die lokale Korruption zweifellos Anlass zur Sorge, doch neigt die internationale Gemeinschaft dazu, sich vorrangig mit diesem Thema anstatt mit den eigenen Schwächen zu befassen. Korruption bleibt Korruption, wo immer sie auch vorkommen mag, doch sollte berücksichtigt werden, dass nicht mehr als 15 % der internationalen Hilfe durch die Hände der afghanischen Zentralregierung gehen: Die Korruption auf lokaler Ebene betrifft somit höchstens 7,5-9 % der gesamten Zivilhilfe für Afghanistan. Auf jeden Fall sollte dieses Problem mithilfe von Indikatoren für die Wirksamkeit von Unterstützungsmaßnahmen und unter Einsatz verstärkter Überwachungsmechanismen in Angriff genommen werden, auf die sich die Geberländer und die afghanische Regierung einigen. Auch die zusätzliche Legitimität, die die afghanische Regierung dadurch gewinnt, dass ihr die Verantwortung für die Umsetzung der Hilfe übertragen wird und sie diese Verantwortung für alle sichtbar wahrnimmt, könnte zur Eindämmung der Korruption auf lokaler Ebene beitragen.

Der Friedensprozess

Es ist festzustellen, dass die Regierung Karzai in der Vergangenheit zwar grundsätzlich dargelegt hat, wie ein Friedensprozess für Afghanistan aussehen sollte, jedoch erst seit der Londoner Konferenz konkrete Schritte genannt wurden, darunter das Vorhaben, Gespräche mit den Taliban aufzunehmen und mit mehr als 70 Ländern eine Vereinbarung über die Einrichtung eines Treuhandfonds (in Höhe von etwa 1 Mrd. USD über einen Zeitraum von fünf Jahren) zu treffen, um die Integration der Taliban und anderer Aufständischer zu fördern.

Derzeit scheint es zwei parallele Ansätze zu geben: zum einen Gespräche zwischen einem breiten Spektrum von Taliban, vom Mullah Omar bis hin zu den Fußsoldaten, und der Regierung Karzai sowie Pakistan und den Vereinten Nationen, zum anderen Verhandlungen zwischen der ISAF, dem US-Außenministerium und Taliban der mittleren und unteren Ebene (der Hälfte der 820 Führer der mittleren Ebene/Nachwuchsführer sowie dem Großteil der Fußsoldaten, die bereit wären, die Waffen niederzulegen und sich wieder in die lokalen Gemeinschaften einzugliedern). Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Textes ist die US-Regierung noch unentschieden, ob sie dem ersten Ansatz folgen will, doch ist davon auszugehen, dass Präsident Obama nach der militärischen Offensive im Sommer eine eindeutigere Entscheidung in dieser Frage treffen wird.

Der Berichterstatter ist der festen Überzeugung, dass die EU den Friedensprozess mit allen Kräften unterstützen und der Regierung Karzai die Wahl ihrer Gesprächspartner überlassen sollte, wobei jedoch drei grundlegende Bedingungen einzuhalten sind: die Zusage Afghanistans, Al-Qaida aus dem Lande zu verbannen, die Einstellung des Mohnanbaus und die Bereitschaft, für die grundsätzliche Achtung der grundlegenden Menschenrechte zu sorgen. Alle anderen Fragen sollten vom afghanischen Volk selbst gelöst werden.

Polizeiausbildung

Auf der Londoner Konferenz wurde festgelegt, dass die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an afghanische Kräfte im Jahr 2011 beginnen und bis 2014 weitgehend abgeschlossen sein soll. Das wesentliche Instrument zur Stärkung der Fähigkeit des afghanischen Staates, seinen Bürgern Sicherheit zu bieten, ist die Aufstockung der Armee auf 171 000 Soldaten und die Aufstockung der Polizei von derzeit 94 000 auf 134 000 Mann bis Ende 2011, wobei innerhalb von fünf Jahren das endgültige Ziel von 240 000 Soldaten und 160 000 Polizisten erreicht werden soll.

Diese Ziele werden schwer zu erreichen sein und sollten durch realistischere Zielvorgaben qualitativer Art ersetzt werden. Rein zahlenmäßige Erweiterungen (nach der Devise „mehr vom Selben“) ohne grundlegende Änderungen bei der Ausbildung, der Organisation und den Beziehungen der Polizei zu parallelen Rechtsorganen werden kaum zu einer Verbesserung der Sicherheitslage in Afghanistan beitragen.

Fünf Jahre nach dem Sturz der Taliban wurde in einem gemeinsamen Bericht des Verteidigungsministeriums und des Außenministeriums der USA festgestellt, dass die Polizei in Afghanistan nicht in der Lage ist, routinemäßige polizeiliche Vollzugsaufgaben wahrzunehmen. Zudem wurde in dem Bericht festgestellt, dass die Verwalter des mit 1,1 Mrd. USD dotierten Schulungsprogramms (für das jetzt angeblich bereits 6 Mrd. USD aufgebracht wurden) nicht sagen konnten, wie viele Polizeioffiziere gerade im Dienst waren oder wo Tausende Lkw sowie andere Ausrüstungsgegenstände verblieben waren. Außerdem gab es keine effektiven Programme für die Einsatzausbildung, obwohl Ausbildungsexperten bereits seit Jahren gewarnt hatten, dass die Einsatzausbildung das Schlüsselelement einer erfolgreichen Polizeiausbildung ist.

Diese Feststellungen gelten heute ebenso wie im Jahr 2006. Zwar wird die Polizeiausbildung nicht allein von den USA durchgeführt (es gibt vor Ort weitere polizeiliche Schulungsprogramme, darunter das EUPOL-Programm der EU sowie kleinere Programme der Mitgliedstaaten und eine kleine NATO-Mission), doch wurden die anderen Programme bedauerlicherweise durch die weniger fundierte Ausbildungspraxis der USA in den Hintergrund gedrängt. Eines der Hauptprobleme mit Blick auf die Qualität, die Kosten und die Wirksamkeit ist der von den USA praktizierte Ansatz, die Schulung privaten Auftragnehmern zu übertragen.

Ein wesentlicher Beitrag Europas zur Lösung des Problems der Polizeiausbildung in Afghanistan sollte daher darin bestehen, sich auf jede nur erdenkliche Weise dafür einzusetzen, dass solche Fehler wie die mangelhafte Überprüfung der Rekruten, das unzureichende Einsatztraining, die unzulängliche Kontrolle über die Ausrüstung sowie die Beauftragung privater Anbieter mit der eigentlichen Ausbildung nicht wiederholt werden. Die EU sollte ein umfassendes Schulungsprogramm unter dem Kommando der NATO anregen, in das alle bestehenden Ausbildungsmissionen integriert werden.

Drogen

Zwischen 2001 und 2009 gab die internationale Gemeinschaft etwa 1,61 Milliarden USD für die Drogenbekämpfung in Afghanistan aus, ohne dass ein spürbarer Rückgang der Drogenproduktion und des Drogenhandels zu verzeichnen war. Aus Afghanistan stammen weiterhin mehr als 90 % des weltweiten illegalen Opiums. Zahlenangaben von UNODC ist zu entnehmen, dass 242 000 Familien (bzw. 3,4 Millionen Einzelpersonen, d. h. 6,4 % der Bevölkerung) in das Gewerbe involviert sind.

Es steht zweifelsfrei fest, dass der illegale Opiumanbau nur bekämpft werden kann, indem den Landwirten eine realistische wirtschaftliche Alternative geboten wird. In anderen Ländern (z. B. Pakistan, Vietnam, Laos und Thailand) gibt es bereits Erfolgsbeispiele dafür, wie der Opiumanbau Schritt für Schritt durch nachhaltige Alternativen ersetzt werden kann. Dieses Ziel ließe sich auch in Afghanistan erreichen, wobei die entstehenden Kosten in Höhe von 100 Millionen EUR pro Jahr durch eine entsprechende Zweckbindung von 10 % der europäischen Zivilhilfe für das Land gedeckt werden können.

Damit alternative Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts geboten werden können, sind Infrastrukturen erforderlich, die wiederum Sicherheit voraussetzen. Dieses Problem muss angegangen werden. Die Entstehung landwirtschaftlicher Nischenbranchen in den einzelnen Provinzen könnte dazu beitragen, das Land allmählich selbständiger zu machen, es in Zukunft zur Versorgung des regionalen Marktes zu befähigen und einen Wandel in der Lebensführung und den Erwartungen der Afghanen zu bewirken.

Der Berichterstatter ist daher fest davon überzeugt, dass ein Fünfjahresplan für die Abschaffung des illegalen Opiumanbaus mit Hilfe einer alternativen Entwicklung der beste und einzige Weg ist. Dieser Plan sollte spezielle Zielvorgaben und Fristen enthalten und die Schaffung einer vollständig neuen Stelle vorsehen, die für die Umsetzung verantwortlich ist.

STELLUNGNAHME des Entwicklungsausschusses (11.5.2010)

für den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

zu einer neuen Strategie in Afghanistan
(2009/2217(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Charles Goerens

VORSCHLÄGE

Der Entwicklungsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.  weist darauf hin, dass die Entwicklungsbemühungen sich auf die Verbesserung der Kapazitäten der afghanischen Regierungsstrukturen konzentrieren müssen und dass die Afghanen selbst eng in die Prioritätensetzung sowie in die Phasen der Umsetzung eingebunden werden müssen, um den Prozess der Übernahme von Eigenverantwortung auf nationaler und Gemeinschaftsebene zu stärken; verweist in diesem Zusammenhang auf die Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft als unerlässliches Mittel zur Gewährleistung der Beteiligung der afghanischen Bevölkerung am Demokratisierungs- und Wiederaufbauprozess, insbesondere als Schutz vor der Korruptionsgefahr;

2.  fordert eine geografisch ausgeglichene Verteilung humanitärer Hilfe, die auf einer bedarfsorientierten Analyse beruht und dem Erfordernis der Dringlichkeit gehorcht;

3.  gibt zu bedenken, dass jeder Verstoß gegen die Grundsätze der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, den die Akteure bei ihrer Tätigkeit für sich in Anspruch nehmen, diese vor Ort stärker angreifbar macht, vor allem, da sie auch lange nach dem Abzug der Truppen noch vor Ort präsent sein werden; vertritt daher die Auffassung, dass das Militär nur in absoluten Ausnahmefällen humanitäre Hilfe leisten sollte, um die Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Arbeit der humanitären Akteure unter uneingeschränkter Beachtung der einschlägigen internationalen Vorschriften, wie sie in den „Leitlinien für den Einsatz von Militär- und Zivilschutzmitteln zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen der Vereinten Nationen in komplexen Notsituationen“ (MCDA) verankert sind und im Europäischen Konsens zur humanitären Hilfe gefordert werden, zu wahren;

4.  betont, wie wichtig die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele ist, und bedauert, dass Afghanistan trotz Fortschritten in einigen Bereichen im Index der menschlichen Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) von Platz 173 im Jahr 2003 auf Platz 181 (von 182 Ländern) zurückgefallen ist, und weist darauf hin, dass die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter 5 Jahren und die Müttersterblichkeitsrate in Afghanistan weiterhin zu den höchsten in der Welt gehören; ist der Ansicht, dass diese Einzelziele sowie der Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Bildung insbesondere für Frauen nicht vernachlässigt werden dürfen, und fordert eindringlich, dass der Verbesserung der Einkommensquellen sowie dem Aufbau eines funktionierenden Justizsystems besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird;

5.  betont, dass das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) in seiner Studie von Januar 2010 aufzeigt, dass die Korruption in der Bevölkerung die größte Besorgnis hervorruft und dass die durch Bestechung erzielten Einnahmen sich auf fast ein Viertel (23 %) des BIP Afghanistans belaufen;

6.  vertritt die Auffassung, dass die Korruptionsbekämpfung Kernpunkt des Friedenschaffungsprozesses in Afghanistan sein sollte, weil Bestechung zur Fehlallokation von Ressourcen führt, den Zugang zu grundlegenden öffentlichen Diensten wie etwa Gesundheitsfürsorge oder Bildung erschwert und ein großes Hemmnis für die sozioökonomische Entwicklung des Landes ist; betont ferner, dass Korruption das Vertrauen in den öffentlichen Sektor und die Regierung untergräbt und infolgedessen eine große Bedrohung für die Stabilität des Landes darstellt; fordert die EU daher dringend auf, der Korruptionsbekämpfung besondere Beachtung zu schenken, wenn sie dem Land Hilfe zukommen lässt;

7.  stellt fest, dass 80 % der Bevölkerung in ländlichen Gebieten leben und sich das Ackerland pro Kopf von 0,55 ha im Jahr 1980 auf 0,25 ha im Jahr 2007 verringerte; betont, dass Afghanistan nach wie vor sehr stark ungünstigen klimatischen Bedingungen oder steigenden Nahrungsmittelpreisen auf den Weltmärkten ausgesetzt ist und der weitreichende willkürliche Einsatz von Landminen ein erhebliches Risiko für die erfolgreiche Entwicklung des ländlichen Raums darstellt; vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass es von herausragender Bedeutung ist, die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums und der lokalen Nahrungsmittelherstellung fortzusetzen und zu verstärken, um Ernährungssicherheit zu erzielen;

8.  weist darauf hin, dass über 90 % des Heroins in Europa aus Afghanistan stammt und dass sich die Kosten für das öffentliche Gesundheitswesen in den Ländern Europas auf Milliarden Dollar belaufen; weist darauf hin, dass die Herausforderungen, die sich aufgrund der Drogenwirtschaft in Afghanistan stellen, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf internationaler Ebene bewältigt werden müssen, indem alle Glieder der Drogenkette angegangen werden, was insbesondere die Unterstützung der Bauern erfordert, damit das Angebot verringert wird; schlägt insbesondere vor, massiv in die Umsetzung einer umfassenden Agrarpolitik und Politik der ländlichen Entwicklung zu investieren, die für die Opiumproduzenten eine glaubwürdige und nachhaltige Alternative darstellen könnte; weist ferner nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die Umwelt in die Strategie für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zu integrieren, da die Belastung der Umwelt, die beispielsweise durch die schlechte Bewirtschaftung der Wasserressourcen oder die Zerstörung natürlicher Waldgebiete verursacht wird, eines der größten Hindernisse für die Entwicklung der Agrarwirtschaft ist;

9.  nimmt zur Kenntnis, dass die Präsidentschaftswahlen und die Wahlen zu den Provinzräten, die im August 2009 in Afghanistan stattfanden, trotz der Geberhilfe in Höhe von über 350 Millionen Euro von Unregelmäßigkeiten und Betrug überschattet waren, was die Legitimität der Regierung Karsai stark belastet hat; verurteilt in diesem Zusammenhang die Abschaffung des unabhängigen Status der Wahlbeschwerdekommission durch den Präsidenten im Februar 2010, die als letzte Instanz hätte fungieren können, um den Wahlprozess unabhängig zu analysieren und möglichen Betrug aufzudecken;

10. weist darauf hin, dass bei jeder Strategie der Entwaffnung und Wiedereingliederung das Problem der Rückkehr ehemaliger Kämpfer und Flüchtlinge in die Dörfer, aus denen sie stammen, gebührend berücksichtigt werden muss;

11. betont, wie wichtig es ist, die Bemühungen um Wiederaufbau und Entwicklung mit einer regionalen Perspektive zu koordinieren, damit eine grenzübergreifende Entwicklung in einer Region gewährleistet wird, in der die Verbindungen zwischen den einzelnen Volksgruppen und Stämmen häufig über die Staatsgrenzen hinausreichen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

10.5.2010

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

26

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Thijs Berman, Michael Cashman, Nirj Deva, Leonidas Donskis, Charles Goerens, Catherine Grèze, Enrique Guerrero Salom, Eva Joly, Franziska Keller, Gay Mitchell, Norbert Neuser, Maurice Ponga, Michèle Striffler, Ivo Vajgl, Anna Záborská, Iva Zanicchi

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Kriton Arsenis, Krzysztof Lisek, Miguel Angel Martínez Martínez, Emma McClarkin, Cristian Dan Preda, Niccolò Rinaldi

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Sylvie Guillaume, Jolanta Emilia Hibner, Anna Ibrisagic, Derek Vaughan, Marie-Christine Vergiat

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

9.11.2010

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

60

1

5

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Gabriele Albertini, Pino Arlacchi, Bastiaan Belder, Frieda Brepoels, Elmar Brok, Mário David, Marietta Giannakou, Ana Gomes, Andrzej Grzyb, Takis Hadjigeorgiou, Heidi Hautala, Richard Howitt, Anna Ibrisagic, Anneli Jäätteenmäki, Ioannis Kasoulides, Tunne Kelam, Nicole Kiil-Nielsen, Maria Eleni Koppa, Andrey Kovatchev, Paweł Robert Kowal, Wolfgang Kreissl-Dörfler, Eduard Kukan, Alexander Graf Lambsdorff, Vytautas Landsbergis, Ulrike Lunacek, Barry Madlener, Mario Mauro, Kyriakos Mavronikolas, Francisco José Millán Mon, María Muñiz De Urquiza, Annemie Neyts-Uyttebroeck, Norica Nicolai, Raimon Obiols, Pier Antonio Panzeri, Alojz Peterle, Bernd Posselt, Cristian Dan Preda, Libor Rouček, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Jacek Saryusz-Wolski, Werner Schulz, Adrian Severin, Marek Siwiec, Ernst Strasser, Charles Tannock, Zoran Thaler, Inese Vaidere, Geoffrey Van Orden, Kristian Vigenin

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Laima Liucija Andrikienė, Elisabeth Jeggle, Jaromír Kohlíček, Norbert Neuser, Vittorio Prodi, Marietje Schaake, Helmut Scholz, György Schöpflin, Konrad Szymański, Indrek Tarand, László Tőkés, Ivo Vajgl, Dominique Vlasto, Renate Weber

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Leonidas Donskis, Filip Kaczmarek, Eleni Theocharous