BERICHT über den Bericht des Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung

5.11.2015 - (2015/2066(INI))

Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung
Ko-Berichterstatter: Elisa Ferreira und Michael Theurer


Verfahren : 2015/2066(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A8-0317/2015
Eingereichte Texte :
A8-0317/2015
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Bericht des Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung

(2015/2066(INI))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Artikel 4 und 13 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  gestützt auf die Artikel 107, 108, 113, 115, 116, 175 und 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 12. Februar 2015 über die Einsetzung eines Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung, dessen Befugnisse, zahlenmäßige Stärke und Mandatszeit,

–  unter Hinweis auf die Enthüllungen des internationalen Konsortiums investigativer Journalisten (International Consortium of Investigative Journalists – ICIJ) über Steuervorbescheide und andere schädliche Praktiken in Luxemburg, die als „LuxLeaks“ bekannt geworden sind,

–  unter Hinweis auf die Ergebnisse der Gipfeltreffen der G7, G8 und G20 zu internationalen Steuerangelegenheiten, insbesondere das Gipfeltreffen in Elmau vom 7./8. Juni 2015, das Gipfeltreffen in Brisbane vom 15./16. November 2014, das Gipfeltreffen in St. Petersburg vom 5./6. September 2013, das Gipfeltreffen in Lough Erne vom 17./18. Juni 2013 und das Gipfeltreffen in Pittsburgh vom 24./25. September 2009,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über schädlichen Steuerwettbewerb als weltweites Problem („Harmful Tax Competition: An Emerging Global Issue“) aus dem Jahr 1998,

–  unter Hinweis auf den Bericht der OECD über die Bekämpfung der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung („Addressing Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS)) aus dem Jahr 2013, den Aktionsplan der OECD zur Bekämpfung der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung und ihre späteren Veröffentlichungen,

–  unter Hinweis auf die aktuellen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (14. März 2013), zur Besteuerung (22. Mai 2013), zum automatischen Austausch von Informationen (18. Dezember 2014), zur Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und zu Gewinnverlagerung (BEPS), zum automatischen Austausch von Informationen auf globaler Ebene und zu schädlichen Steuerpraktiken (18. Dezember 2014) und zu Steuerhinterziehung (27. Juni 2014),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Wirtschaft und Finanzen – ECOFIN) und dessen Bericht vom 22. Juni 2015 an den Europäischen Rat zu Steuerangelegenheiten,

–  unter Hinweis auf die halbjährlichen Berichte der Gruppe „Verhaltenskodex“ (Unternehmensbesteuerung) an den Rat über den Verhaltenskodex,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden[1], die Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren[2] und die neuesten Legislativvorschläge der Kommission zu deren Änderung,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten[3] (Mutter-Tochter-Richtlinie) in der zuletzt 2015 geänderten Fassung,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2014/56/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen[4],

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union[5],

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Steuern auf Versicherungsprämien[6],

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 26. Februar 2007 an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Streitvermeidungs- und Streitbeilegungsverfahren und über Leitlinien für Verrechnungspreiszusagen in der EU (COM(2007)0071),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. Dezember 1998 über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (98/C 384/03),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 17. Juni 2015 mit dem Titel „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Aktionsschwerpunkte“ (COM(2015)0302),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. März 2015 über Steuertransparenz als Mittel gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (COM(2015)0136),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 6. Dezember 2012 mit dem Titel „Aktionsplan zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung“ (COM(2012)0722),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 6. Dezember 2012 betreffend aggressive Steuerplanung (C(2012)8806),

–  unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 6. Dezember 2012 für Maßnahmen, durch die Drittländer zur Anwendung von Mindeststandards für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich veranlasst werden sollen (C(2012)8805),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 27. Juni 2012 über konkrete Maßnahmen, auch in Bezug auf Drittländer, zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung (COM(2012)0351),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission von 2011 für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) (COM(2011)0121) und auf den diesbezüglichen Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 19. April 2012,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 25. Oktober 2011 mit dem Titel „Eine neue EU-Strategie (2011–14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)“,

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Dezember 1997 über einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung[7] und auf die regelmäßigen Berichte der Gruppe „Verhaltenskodex“ (Unternehmensbesteuerung) an den Rat,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung des Ministerrats des Europarats vom 30. April 2014 zum Schutz von internen Hinweisgebern,

–  unter Hinweis auf den Bericht von 1999 von Simmons & Simmons zu den in Absatz 26 des Berichts der Gruppe „Verhaltenskodex“ von 1999, im Primarolo-Bericht (SN 4901/99) und in der Aktualisierung dieses Berichts von 2009 erwähnten Verwaltungspraktiken,

–  unter Hinweis auf die vom Parlament am 8. Juli 2015 angenommenen Änderungen zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2015 zum Thema „Steuerumgehung und Steuerhinterziehung als Herausforderungen für die Staatsführung, den Sozialschutz und die Entwicklung in Entwicklungsländern“[8],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2015 zu dem jährlichen Steuerbericht[9],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. März 2015 zum Jahresbericht 2013 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union – Betrugsbekämpfung[10],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu organisiertem Verbrechen, Korruption und Geldwäsche[11],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. Mai 2013 zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerflucht und Steueroasen[12],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. April 2012 zur Forderung nach konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung[13],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. März 2011 zu Steuerwesen und Entwicklung – Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern bei der Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich[14],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2010 zur Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich[15],

–  unter Hinweis auf die parlamentarischen Anhörungen und die anschließenden Berichte zu diesem Thema in den nationalen Parlamenten, insbesondere im Unterhaus des Vereinigten Königreichs, im Senat der USA und in der französischen Nationalversammlung,

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (A8-0317/2015),

LuxLeaks: Zahlen und Fakten

A.  in der Erwägung, dass durch den LuxLeaks‑Skandal, der durch die Veröffentlichung von etwa 28 000 Seiten vertraulicher Dokumente, in denen mehr als 500 private Steuervereinbarungen zwischen den luxemburgischen Steuerbehörden und mehr als 300 multinationalen Unternehmen zwischen 2002 und 2010 aufgedeckt wurden, am 5. November 2014 durch das internationale Konsortium investigativer Journalisten ausgelöst wurde, das Ausmaß von geheimen Absprachen deutlich wurde, bei denen komplexe Finanzstrukturen geschaffen wurden, um drastische Steuersenkungen zu erzielen; in der Erwägung, dass in vielen Fällen luxemburgische Tochtergesellschaften, die Geschäfte im Wert von Hunderten von Millionen von Euro abwickeln, nur eine geringe Präsenz und nur wenig Wirtschaftstätigkeit im Land aufweisen können;

B.  in der Erwägung, dass strittige Themen in Verbindung mit der Aushöhlung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und aggressiven Steuerplanungsstrategien auf internationaler Ebene seit Jahrzehnten bekannt sind und analysiert werden; in der Erwägung, dass durch LuxLeaks die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Medien auf diese Themen gelenkt wurde, indem von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in einem bestimmten Mitgliedstaat geförderte fragwürdige Steuerstrategien aufgedeckt wurden; in der Erwägung, dass die Ermittlungen der Kommission und die vom Parlament mittels seines Sonderausschusses geleistete Arbeit gezeigt haben, dass es sich hierbei nicht um den einzigen Fall handelte, sondern dass die Praxis, steuerliche Maßnahmen zur Verringerung der Gesamtsteuerschuld einiger Unternehmen zu ergreifen, um die einzelstaatliche Besteuerungsgrundlage auf Kosten anderer Länder – darunter einige, die Sparmaßnahmen unterliegen – künstlich zu erweitern, in ganz Europa und auch darüber hinaus weit verbreitet ist;

C.  in der Erwägung, dass solche Verhaltensweisen, die oft dazu führen, dass der Ort der Wertschöpfung und der Ort der Besteuerung der Gewinne auseinanderfallen, nicht auf Steuervorbescheide beschränkt sind, sondern eine große Bandbreite an schädlichen Steuerpraktiken umfassen, die von nationalen Steuerbehörden innerhalb und außerhalb der EU umgesetzt werden;

D.  in der Erwägung, dass es Teil der demokratischen Kontrolle ist, diese Praktiken der öffentlichen Kontrolle zu unterwerfen; in der Erwägung, dass sie angesichts ihrer negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt nur fortbestehen können, solange sie nicht aufgedeckt werden oder solange sie toleriert werden; in der Erwägung, dass investigative Journalisten, nichtstaatliche Akteure und die Wissenschaft eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von Steuerumgehung und bei der Information der Öffentlichkeit über entsprechende Fälle gespielt haben; in der Erwägung, dass, solange sie nicht verhindert werden können, ihre Offenlegung nicht von dem Mut und dem Ethikbewusstsein einzelner interner Hinweisgeber abhängen sollte, sondern Teil eines systematischeren Mechanismus für Meldungen und den Informationsaustausch sein sollte;

Strategien der Mitgliedstaaten zur Körperschaftsteuer

E.  in der Erwägung, dass sich die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer für die 28 Mitgliedstaaten im Jahr 2012 auf durchschnittlich 2,6 % des BIP beliefen[16];

F.  in der Erwägung, dass die direkte Besteuerung vertragsgemäß in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt; in der Erwägung, dass in dem Maß, in dem die Besteuerung in die Zuständigkeit der EU fällt, für die Ausübung dieser Zuständigkeit im Rat gewöhnlich Einstimmigkeit erforderlich ist; in der Erwägung, dass dies dazu geführt hat, dass auf EU-Ebene trotz aktueller Entwicklungen bei der EU-Integration in Bezug auf den Binnenmarkt und andere Bereiche, die unter die EU-Verträge fallen, wie internationale Handelsabkommen, die gemeinsame Währung und die wirtschafts- und finanzpolitische Steuerung sowie die Grundsätze und die Rechtsvorschrift zur Bekämpfung von Geldwäsche, noch keine wesentlichen Entscheidungen im Bereich der Körperschaftsteuer getroffen wurden; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten das europäische Wettbewerbsrecht einhalten und sicherstellen müssen, dass ihre Steuergesetzgebung mit den Grundsätzen des Binnenmarkts vereinbar ist und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt; in der Erwägung, dass der Grundsatz der Einstimmigkeit im Rat dadurch, dass jeder Mitgliedstaat ein Vetorecht hat, den Anreiz verringert, vom Status quo zu einer stärker auf Zusammenarbeit basierenden Lösung zu wechseln; in der Erwägung, dass eine Vertragsänderung erforderlich wäre, um das Erfordernis der Einstimmigkeit in Angelegenheiten der direkten Besteuerung zu ändern, wenn nicht auf das in Artikel 116 AEUV niedergelegte Verfahren zurückgegriffen wird;

G.  in der Erwägung, dass es die derzeitige Lage, in der jeder Mitgliedstaat ein Vetorecht hat, erforderlich macht, dass alle Mitgliedstaaten bei der Bewältigung des gesamteuropäischen Problems der Steuerhinterziehung und der Steuerumgehung entschieden handeln und zusammenarbeiten;

H.  in der Erwägung, dass die Vertreter der nationalen Politik bei der Bewältigung des Problems der Steuerumgehung einschließlich der Steuervorbescheide bisher nicht ausreichend hervorgetreten sind, auch wenn es einige lobenswerten Ausnahmen gab;

I.  in der Erwägung, dass auf dem europäischen Binnenmarkt freier Kapitalverkehr herrscht und große Unternehmen ihre Aktivitäten auf konsolidierter Basis melden, aber Steuern national von Steuerbehörden erhoben werden, die untereinander nur sehr wenige Informationen austauschen;

J.  in der Erwägung, dass es in einem vollendeten Binnenmarkt keine künstlichen Verzerrungen geben sollte, die Investitionsentscheidungen und den Standort von Unternehmen beeinflussen; in der Erwägung, dass Globalisierung, Digitalisierung und freier Kapitalverkehr jedoch die Bedingungen für einen intensiveren Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittländern schaffen, um Investitionen und Unternehmen anzuziehen; in der Erwägung, dass erreicht werden muss, dass Unternehmen in Europa bleiben und Anreize dafür bestehen, dass Unternehmen nach Europa kommen, dies allerdings nicht im Rahmen möglicherweise schädlicher Steuerregeln erfolgen sollte, die in erster Linie darauf abzielen, Investitionen zu fördern und zusätzliche Wirtschaftstätigkeit anzuregen, auf in den Nachbarstaaten eingeführte ähnliche Maßnahmen zu reagieren oder mit denen korrigiert werden soll, was als von vornherein bestehende Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf relativen Wohlstand, Größe oder Standort angesehen wird; in der Erwägung, dass es in einigen Hoheitsgebieten im Übrigen eine Korrelation zwischen attraktiven Körperschaftsteuersystemen und einem hohen Maß nationalen Wohlstands zu geben scheint; in der Erwägung, dass die optimale Struktur eines Steuersystems von zahlreichen Faktoren abhängt und daher je nach Land unterschiedlich ist; in der Erwägung, dass der schädliche Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten eindeutig das Potenzial des Binnenmarkts beeinträchtigt;

K.  in der Erwägung, dass Länder nicht nur ein attraktives Geschäftsklima – beispielsweise mit einer guten Infrastruktur und hochqualifizierten Arbeitskräften, und zwar auch durch Ausgaben zur Steigerung der Produktivität – fördern und für ein stabiles, vorhersehbares Steuersystem sorgen, sondern in ihrer Rolle als Teilnehmer am Spiel des Steuerwettbewerbs auch ihre nationalen Rechtsvorschriften in Verbindung mit ihrem Netz an Steuerübereinkommen nützen, um sich selbst als Investitionsländer zu fördern, d. h. als Knotenpunkt, durch den Finanzströme kanalisiert oder wo Gewinne verbucht werden können, sodass Unternehmen oder Briefkastenfirmen in das jeweilige Land kommen, was allerdings den Partnerländern schadet und zu unfairem Wettbewerb zwischen den Ländern führt; in der Erwägung, dass jedes Land für sich betrachtet ein eindeutiges Interesse daran hat, ein „Trittbrettfahrerverhalten“ zu praktizieren, d. h. als erster spezielle Steuerregelungen und -bestimmungen zu konzipieren und umzusetzen, um Steuerobjekte anzuziehen, und sich als letzter an kooperativen und abgestimmten Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung zu beteiligen;

L.  in der Erwägung, dass zwischen den Mitgliedstaaten ein Steuerwettbewerb herrscht; in der Erwägung des in Artikel 4 EUV niedergelegten Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Union; in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Steuerwettbewerbs in vollem Umfang anwenden sollten;

M.  in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten Steuervermeidung zwiespältig gegenüberstehen, da sie sich zwar über die Aushöhlung ihrer nationalen Steuerbemessungsgrundlage beschweren, gleichzeitig jedoch für die Konzeption der derzeitigen nationalen und internationalen Steuersysteme verantwortlich sind, die dies ermöglicht haben, und immer noch jede Entwicklung ihrer Steuersysteme hin zu einer stärker abgestimmten Lösung behindern; in der Erwägung, dass in einem Rahmen vollständiger Kapitalmobilität innerhalb der EU und mit dem von der Kommission aufgestellten Ziel der Einführung einer Kapitalmarktunion die Interdependenz und die gegenseitige Beeinflussung von nationalen Steuersystemen und -einnahmen uneingeschränkt berücksichtigt werden sollten, wobei den umfassenden positiven und negativen grenzüberschreitenden Übertragungseffekten der Steuerentscheidungen einzelner Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden muss, da durch die Steueranreize eines Landes die Steuerbemessungsgrundlage eines anderen ausgehöhlt wird;

N.  in der Erwägung, dass ein Paradoxon zu beobachten ist, bei dem der freie Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten in Steuerangelegenheiten zu wettbewerbswidrigem Verhalten und Wettbewerbsverzerrungen geführt hat;

O.  in der Erwägung, dass sich die Schaffung des europäischen Binnenmarktes als höchst vorteilhaft für die einzelstaatlichen Volkswirtschaften erwiesen hat, da der Binnenmarkt ihnen ermöglicht, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität in einer globalisierten Wirtschaft auszubauen; in der Erwägung, dass eine Konvergenz der Steuersysteme der Mitgliedstaaten langfristig denselben Effekt haben wird;

P.  in der Erwägung, dass die Gesetzgeber und die – oftmals nicht mit ausreichenden Ressourcen ausgestatteten – Steuerbehörden die innovativen Steuervermeidungsmodelle, die von bestimmten Steuerberatern, insbesondere sehr großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Rechtsanwälten und Vermittlungsunternehmen konzipiert und angepriesen werden, nicht voraussehen können, sondern – zuweilen stark verzögert – lediglich darauf reagieren können; in der Erwägung, dass die Erfahrung insbesondere zeigt, dass EU-Gremien, die die Einführung schädlicher Steuerpraktiken verhindern sollen (wie die von den Mitgliedstaaten 1998 eingesetzte Gruppe „Verhaltenskodex“ oder die Kommission als Hüterin der Verträge), nicht fähig sind, diesen unerwünschten Entwicklungen entgegenzutreten, was zuweilen auf eine ineffiziente Reaktion oder darauf zurückzuführen ist, dass ihr Mandat zu stark begrenzt ist, und dass in der EU eine Unmenge von neuen und oft aggressiven Maßnahmen und Vereinbarungen zur Steuervermeidung getroffen worden sind, beispielsweise Patentboxen; in der Erwägung, dass sich multinationale Unternehmen in der EU und weltweit hinsichtlich der Konzipierung ihrer Steuervermeidungsmodelle auf das Fachwissen der gut organisierten und fachkundigen Branche der Steuerberater sowie der Banken und anderer Finanzdienstleister verlassen; in der Erwägung, dass diese Branche gleichzeitig in Gremien vertreten ist, die Regierungen und öffentliche Institutionen in Steuerfragen beraten, beispielsweise in der EU-Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen; in der Erwägung, dass es Bedenken in Bezug auf die Interessenkonflikte gibt, die dadurch entstehen können, dass dieselben Firmen sowohl öffentliche Stellen als auch private multinationale Unternehmen beraten;

Q.  in der Erwägung, dass jegliche Steuerplanung innerhalb der Grenzen des Rechts und der geltenden Verträge erfolgen sollte; in der Erwägung, dass die angemessenste Antwort auf eine aggressive Steuerplanung demnach eine gute Gesetzgebung und internationale Abstimmung in Bezug auf die gewünschten Ergebnisse ist;

R.  in der Erwägung, dass die Umsetzung der Gesetzgebung für das Erreichen der beabsichtigten Ziele entscheidend ist; in der Erwägung, dass diese Umsetzung in die Zuständigkeit der nationalen Behörden fällt, die allerdings oft kaum Anreize haben, auf europäischer Ebene zusammenzuarbeiten; in der Erwägung, dass diese Lage zu den Unterschieden beiträgt, die sich aus divergierenden Rechtsvorschriften in der gesamten Union ergeben, und dass sie diese Unterschiede auch weiter verschlimmert;

S.  in der Erwägung, dass die Troika der Institutionen (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds), die die finanziellen und haushaltspolitischen Anpassungsprogramme in Mitgliedstaaten wie Portugal und Griechenland beaufsichtigt, nicht versucht hat, Steueramnestien, Steuervorbescheide, Steuervorteile und Steuerausnahmemodelle zu verhindern, die unangemessene Nachteile zur Folge hatten und haben, weil in ihrem Rahmen steuervermeidende Unternehmen und Einzelpersonen begünstigt werden und ein großer Verlust an Staatseinnahmen verursacht wird sowie die Belastung steuerlich bereits übermäßig belasteter kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) und Bürger zunimmt;

T.  in der Erwägung, dass die Untersuchung und Verfolgung von Steuerstraftaten und Geldwäsche, die oft Finanzgeschäfte und juristische Personen in mehreren Ländern umfassen bzw. umfasst, außergewöhnlich anspruchsvoll ist; in der Erwägung, dass das Personal der Mitgliedstaaten, das für die Untersuchung und Verfolgung von Tätern im Bereich von Steuerstraftaten und anderen Finanzstraftaten zuständig ist, oft nicht ausreichend geschult und ausgerüstet ist;

U.  in der Erwägung, dass die Politik der Sparmaßnahmen und Haushaltsdeckelung in den vergangenen Jahren die Fähigkeit der Steuerbehörden erheblich eingeschränkt hat, Steuerstraftaten und schädliche Steuerpraktiken zu untersuchen; in der Erwägung, dass diese Kürzungen in den Ländern besonders schädlich waren, die von der Troika geleiteten Finanzhilfeprogrammen unterlagen, bei denen die Steigerung der Staatseinnahmen auf Kosten steuerlich unverhältnismäßig belasteter KMU und Bürger erzielt wurde, während große Unternehmen und wohlhabende Steuerhinterzieher oft in den Genuss von Steueramnestien, Steuervorbescheiden und anderen Steuerausnahmen sowie Steuererleichterungsprogrammen kamen, wie es in Portugal und Griechenland der Fall war;

Steuervorbescheide und schädliche Steuerpraktiken

V.  in der Erwägung, dass Steuervorbescheide in Bezug auf möglichen Umfang und Anwendungsgebiete, Verbindlichkeit, Häufigkeit der Nutzung, Bekanntheit, Dauer und Zahlung von Gebühren in den einzelnen Mitgliedstaaten eine große Bandbreite an Praktiken abdecken, die von Ad-hoc-Maßnahmen bis zu einer klar formulierten Rechtsanwendung reichen; in der Erwägung, dass es abgesehen von der Begriffsbestimmung der Kommission als „eine Mitteilung oder ein anderes Instrument oder eine andere Maßnahme mit ähnlicher Wirkung von einem Mitgliedstaat bzw. im Namen eines Mitgliedstaats bezüglich der Auslegung oder Anwendung der Steuergesetze“ auf internationaler Ebene keine allgemeingültige Begriffsbestimmung für Steuervorbescheide gibt;

W.  in der Erwägung, dass Steuervorbescheide nicht von Natur aus problematisch sind, da sie entsprechend ihrem ursprünglichen Zweck den Steuerzahlern in Fällen, in denen die Steuergesetze oder deren spezielle Anwendung unter bestimmten Umständen unklar sind oder unterschiedliche Auslegungen möglich sind, Rechtssicherheit bieten können und das finanzielle Risiko für ehrliche Firmen verringern, insbesondere bei komplexen Transaktionen, und mit ihnen somit zukünftigen Streitfällen zwischen den Steuerzahlern und den Steuerbehörden vorgebeugt werden kann;

X.  in der Erwägung, dass sich die Praxis der Vorbescheide als Instrument im Rahmen einer engeren und kooperativeren Beziehung zwischen Steuerbehörden und Steuerzahlern entwickelt hat, um mit der zunehmenden Komplexität der steuerlichen Behandlung bestimmter Transaktionen in einer zunehmend komplexen, globalen und digitalisierten Wirtschaft umzugehen; in der Erwägung, dass sich im Rahmen der Arbeit des Sonderausschusses bestätigt hat, dass Steuervorbescheide ohne jedweden Rechtsrahmen über informelle oder geheime Vereinbarungen ergehen können, auch wenn die Mitgliedstaaten behaupten, dass die Vorbescheide nicht willkürlich sind, sondern lediglich ein Instrument zur Klärung der bestehenden Steuergesetzgebung darstellen, sie aber gleichzeitig geheim halten, wobei durch diese geheimen Vereinbarungen wiederum steuermotivierte Strukturen gefördert werden, die auf Steuerplanungsinstrumenten gegründet sind, die gewöhnlich von multinationalen Unternehmen zur Reduzierung ihres Steuerbeitrags genutzt werden; in der Erwägung, dass dies insbesondere – wenn auch nicht ausschließlich – bei Vorbescheiden im Zusammenhang mit der Preisfestsetzung bei unternehmensinternen Übertragungen (sogenannten Verrechnungspreiszusagen) ein Problem zu sein scheint; in der Erwägung, dass Vorbescheide zu Ungleichheit zwischen den Unternehmen führen können, denen sie erteilt werden, und den Unternehmen desselben Sektors, denen sie nicht erteilt werden, wenn nur für einige ausgewählte Akteure Rechtssicherheit hergestellt wird;

Y.  in der Erwägung, dass weder die OECD noch die Europäische Kommission eine Beendigung der Praxis der Steuervorbescheide als solche verlangt haben;

Z.  in der Erwägung, dass mit Steuervorbescheiden weder die steuerliche Behandlung einer Transaktion beeinflusst noch ein Steuerzahler gegenüber einem anderen bevorzugt werden sollte, sondern sie unter sonst gleichen Bedingungen die gleichen Auswirkungen haben sollten wie die Ex-post-Anwendung der zugrunde liegenden steuerlichen Bestimmungen; in der Erwägung, dass der Schwerpunkt dieses Berichts dementsprechend nicht streng auf Steuervorbescheide beschränkt ist, sondern – im Einklang mit dem dem Sonderausschuss (TAXE) erteilten Mandat – alle steuerlichen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung unter dem allgemeinen Begriff „schädliche Steuerpraktiken“ umfasst, d. h. Maßnahmen, die darauf abzielen, nicht gebietsansässige Firmen oder Transaktionen auf Kosten anderer Steuergebiete anzuziehen, in denen diese Transaktionen normalerweise besteuert werden sollten, und/oder Maßnahmen, die darauf abzielen, nur einige Unternehmen zu bevorzugen, durch die es dann zu Wettbewerbsverzerrung kommt;

AA.  in der Erwägung, dass schädliche Steuerpraktiken in gewissem Maße mit einer oder mehreren der folgenden unerwünschten Auswirkungen in Verbindung gebracht werden können: mangelnde Transparenz, willkürliche Diskriminierung, Wettbewerbsverzerrung und ungleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb und außerhalb des Binnenmarkts, Auswirkungen auf die Integrität des Binnenmarkts und auf die Fairness, Stabilität und Legitimität des Steuersystems, höhere Besteuerung von weniger mobilen Wirtschaftsfaktoren, vermehrte wirtschaftliche Ungleichheiten, unfairer Wettbewerb zwischen Staaten, Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage, soziale Unzufriedenheit, Misstrauen und ein Demokratiedefizit;

AB.  in der Erwägung, dass anerkannt werden sollte, dass KMU zwar nach wie vor die treibende Kraft für Wirtschaft und Beschäftigung in Europa sind, multinationale Unternehmen aber auch eine Schlüsselrolle spielen, wenn es darum geht, dass Investitionen getätigt werden und für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze gesorgt wird; in der Erwägung, dass ein wichtiger Beitrag dieser Unternehmen zum Wohlstand und zur Tragfähigkeit der Gesellschaften in Europa nach wie vor darin besteht, in den Ländern, in denen die Wirtschaftstätigkeit tatsächlich stattfindet und der Mehrwert entsteht, ihren ordnungsgemäßen Steueranteil zu entrichten;

Die Arbeit des Sonderausschusses

AC.  in der Erwägung, dass der am 26. Februar 2015 eingesetzte zuständige Sonderausschuss 13 Sitzungen abgehalten hat, bei denen er den Präsidenten der Kommission Juncker, die Mitglieder der Kommission Vestager und Moscovici, die Finanzminister Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Luxemburgs und Spaniens, Vertreter der OECD sowie Informanten, investigative Journalisten, Sachverständige, Wissenschaftler, Vertreter von multinationalen Unternehmen, Berufsverbänden, Gewerkschaften, nichtstaatlichen Organisationen sowie Mitglieder der nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten angehört hat (siehe Anhang 1); in der Erwägung, dass Delegationen des TAXE-Ausschusses in die Schweiz gereist sind, um spezielle Aspekte der Drittstaatendimension des Mandats des Ausschusses zu untersuchen, und Informationsreisen in folgende Mitgliedstaaten unternommen haben: nach Belgien, Luxemburg und Irland sowie in die Niederlande und in das Vereinigte Königreich; in der Erwägung, dass darüber hinaus Sitzungen mit Regierungsvertretern Gibraltars und der Bermudas organisiert wurden;

AD.  in der Erwägung, dass ein Teil der Arbeit des Ausschusses dadurch behindert wurde, dass mehrere Mitgliedstaaten und der Rat nicht rechtzeitig geantwortet (vgl. Anhang 2) und letztendlich auch nicht alle angeforderten Dokumente übermittelt oder reine Höflichkeitsantworten übermittelt haben, in denen inhaltlich kaum auf die gestellten Forderungen eingegangen wurde; in der Erwägung, dass nur vier der 18 aufgeforderten multinationalen Unternehmen (ausschließlich Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsfirmen) vor dem Ausschuss erschienen sind (vgl. Anhang 3); bedauert, dass auch die Kommission nicht vollumfänglich mitgearbeitet und nicht alle Tagungsunterlagen und Dokumente der informellen Sitzungen der Gruppe „Verhaltenskodex“ übermittelt hat und aufgrund der Unnachgiebigkeit einiger Mitgliedstaaten nur eine eingeschränktes Konsultationsverfahren angeboten hat; in der Erwägung, dass die Dauer des Mandats des Ausschusses daher verlängert werden musste;

AE.  in der Erwägung, dass eine Reihe von Untersuchungen der Kommission zu staatlichen Beihilfen im Zusammenhang mit Vereinbarungen über die Verrechnungspreisgestaltung, die durch Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung sanktioniert wurden – was sich auf den steuerbaren Gewinn auswirkt, der den Tochtergesellschaften bestimmter multinationaler Unternehmen zugerechnet wird –, zum Zeitpunkt der Annahme dieses Berichts noch nicht abgeschlossen waren;

Überblick über Verfahren in Bezug auf die Körperschaftsteuer in den Mitgliedstaaten

1.  verweist darauf, dass die bestehenden Modelle für die Erhebung der Körperschaftsteuer in Industrieländern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konzipiert wurden, d. h. zu einer Zeit, in der die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit begrenzt war; stellt fest, dass sich die globale Wertschöpfungskette und die Funktionsweise der Märkte durch die Globalisierung und die Digitalisierung der Wirtschaft radikal verändert haben und die größten Unternehmen heute eine länderübergreifende Struktur haben, für die über die nationalen Steuervorschriften hinausgehende Regelungen notwendig sind; betont, dass nationale und internationale Vorschriften im Steuerbereich nicht mit der Entwicklung des Geschäftsumfelds Schritt gehalten haben;

2.  weist darauf hin, dass eine ausgewogene, faire Steuerpolitik ausgearbeitet werden muss und dies ein integraler Bestandteil der Strukturreformen in den Mitgliedstaaten sein muss;

3.  stellt fest, dass die Einhaltung der Vorschriften der verschiedenen Steuersysteme für grenzüberschreitend tätige Unternehmen zwar immer komplexer wird, die Globalisierung und die Digitalisierung es ihnen jedoch leichter gemacht haben, ihre Tätigkeiten über Offshore-Finanzzentren zu organisieren und ausgeklügelte Strukturen zu schaffen, um ihre Gesamtsteuerbeiträge zu verringern; ist besorgt darüber, dass die meisten Mitgliedstaaten aufgrund der Wirtschafts- und Schuldenkrise und der Haushaltskonsolidierung ihr Personal in den Steuerbehörden deutlich reduziert haben; betont, dass die nationalen Steuerbehörden über ausreichende Ressourcen, d. h. auch ausreichendes Personal, verfügen sollten, um bei der Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von aggressiver Steuerplanung, Steuerflucht und Steuervermeidung wirksam vorgehen zu können, da es durch diese Phänomene zu einer wesentlichen Aushöhlung ihrer Steuerbasis kommt, und dass sie für eine bessere, gerechtere Steuererhebung sowie dafür sorgen sollten, dass ihre Steuersysteme glaubwürdig sind; weist darauf hin, dass Studien gezeigt haben, dass qualifizierte Mitarbeiter der Steuerbehörden dem Staat deutlich mehr Einnahmen bringen, als sie kosten, und sich die Wirksamkeit der Steuerbehörden positiv auf das einzelstaatliche Haushaltsvolumen auswirkt;

4.  betont den Unterschied zwischen schädlichen Praktiken bestimmter Steuerbehörden und nationaler Behörden einerseits, die den multinationalen Unternehmen die Gewinnverlagerung und die Vermeidung der Steuern in den Hoheitsgebieten ermöglichen, in denen die Gewinne erwirtschaftet werden, und dem Wettbewerb zwischen den Regierungen andererseits, in vollem Einklang mit dem EU-Recht ausländische Direktinvestitionen anzuziehen oder wirtschaftliche Tätigkeiten im Land zu halten;

5.  betont, dass es den Mitgliedstaaten nach dem Vertrag und im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip erlaubt ist, ihre eigenen Körperschaftsteuersätze und die entsprechende Steuerbasis festzulegen, bis strengere Konvergenzmaßnahmen im Einklang mit dem Vertrag vereinbart werden; betont jedoch auch, dass die übermäßig komplexen Vorschriften der nationalen Steuersysteme in Kombination mit den Unterschieden zwischen diesen Systemen zu Schlupflöchern führen, die von multinationalen Unternehmen zum Zweck der aggressiven Steuerplanung ausgenutzt werden, was zu einer Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage, Gewinnverlagerungen, einem „Wettlauf nach unten“ und letztendlich zu einem suboptimalen wirtschaftlichen Ergebnis führt; betont, dass diese Art von Steuervermeidung für alle nationalen Haushalte zusammen ein Negativsummenspiel darstellt, da die Erhöhungen der Steuereinnahmen aufgrund schädlicher Steuerpraktiken in einem Mitgliedstaat (aufgrund von Ausnahmeregelungen, Sonderabschreibungen oder Schlupflöchern) den Rückgang der Steuereinnahmen in anderen Mitgliedstaaten nicht ausgleichen; weist darauf hin, dass nur ein besser abgestimmter, gemeinsamer Ansatz der Mitgliedstaaten, der in einem gemeinsamen Rahmen münden sollte, nach dem die Mitgliedstaaten ihre Steuersätze festlegen, eine weitere Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und einen „Steuerwettlauf nach unten“ verhindern kann;

6.  weist darauf hin, dass die Unternehmenssteuersätze in einigen Mitgliedstaaten offiziell zwar höher sind als in anderen, die Steuersätze dort in Wirklichkeit aber aufgrund der Abzüge und Schlupflöcher, die vor allem inländischen Unternehmen zugutekommen, wesentlich niedriger sind, sodass der tatsächlich angewendete Steuersatz niedriger ist als in den Mitgliedstaaten, in denen die Steuersätze offiziell niedriger sind;

7.  weist darauf hin, dass die niedrigeren Unternehmenssteuern in einigen Mitgliedstaaten relativ gesehen zu höheren Steuereinnahmen führen können als höhere Steuersätze;

8.  stellt fest, dass nach Angaben der Kommission[17] die Regelsätze für die Körperschaftsteuer in der EU zwischen 1995 und 2014 um 12 Prozentpunkte, nämlich von 35 % auf 23 %, gefallen sind; betont, dass dieser Rückgang der Steuersätze mit einer Ausweitung der Steuerbemessungsgrundlage einhergeht, um die Einnahmenverluste abzuschwächen, und dass die relativ stabilen Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung im gleichen Zeitraum auch durch eine starke Tendenz zur „Gründung von Gesellschaften“ („incorporation“) erklärt werden können, d. h. durch eine Verlagerung bestimmter Unternehmensrechtsformen, beispielsweise weg von der (Allein-)Eigentümerschaft hin zur Gesellschaft, was einen entsprechenden Übergang von einer personenbezogenen Steuerbemessungsgrundlage zu einer Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage mit sich bringt;

9.  stellt fest, dass die meisten Mitgliedstaaten hohe Beträge für steuerliche Anreize ausgeben, mit denen für KMU ein Wettbewerbsvorteil geschaffen werden soll, dass die Versuche aber nach Angaben der Kommission[18] bei drei von vier in einer aktuellen Studie beobachteten Mitgliedstaaten durch die Folgen der internationalen Steuerplanung untergraben werden; stellt fest, dass solche Folgen trotz der hohen Kosten in Verbindung mit den Steueraufwendungen zur Unterstützung der KMU für diese einen Wettbewerbsnachteil bewirken und dass solche Ergebnisse die Absichten der nationalen Entscheidungsträger untergraben;

10.  betont, dass der Abstand zwischen Regelsteuersätzen und tatsächlichen Steuersätzen insbesondere im Fall weltweit tätiger Unternehmen immer größer wird, worin sich zumindest teilweise die verschiedenen Abweichungen und Ausnahmen vom allgemeinen Steuersystem widerspiegeln, ob diese nun vom Gesetzgeber beabsichtigt sind, um bestimmte Ziele zu erreichen, oder ob sie auf aggressiver Steuerplanung basieren, d. h. darauf, nur für Steuerzwecke rein künstliche Konstrukte zu erschaffen;

11.  betont, dass Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Steuersystemen weltweit zu einer wesentlichen Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und zu Steuerhinterziehung beitragen, diese Probleme aber nicht allein durch Maßnahmen auf der Ebene der EU bewältigt werden können;

12.  stellt fest, dass die 28 Steuersysteme in der EU sich sowohl hinsichtlich der Festlegung der Steuerbemessungsgrundlage als auch der Höhe des Steuersatzes stark unterscheiden und dass diese Unterschiede noch größer sind, wenn man auch jene besonderen Hoheitsgebiete mit autonomen Steuersystemen, die mit den EU-Mitgliedstaaten verbunden sind (überseeische Gebiete und unmittelbar der englischen Krone unterstehende Gebiete), in die Betrachtung einbezieht; bedauert, dass grundlegende Konzepte und Elemente wie das Gleichgewicht zwischen Quellenbesteuerung und Besteuerung nach dem Ansässigkeitsprinzip, Betriebsstätte und Steuersubjekt, wirtschaftliche Substanz und Vorschriften zur Bekämpfung des Missbrauchs, Definition von Zinsen und Lizenzgebühren, Behandlung immaterieller Werte, Behandlung von Fremd- und Eigenkapital, ganz zu schweigen davon, was von der Steuerbemessungsgrundlage abgesetzt werden kann und was nicht, in der EU keinerlei gemeinsamen Begriffsbestimmungen oder Leitlinien unterliegen, sodass die Steuersysteme der Mitgliedstaaten nicht aufeinander abgestimmt sind; betont, dass diese Begriffsbestimmungen harmonisiert werden müssen;

13.  betont, dass nationale Steuervergünstigungen und Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Steuersystemen im Binnenmarkt Gelegenheiten zur Steuervermeidung schaffen; stellt fest, dass sich diese unerwünschten Auswirkungen durch die Wechselwirkungen mit einer Vielzahl bilateraler Steuerabkommen und den entsprechenden unzureichenden Bestimmungen zur Missbrauchsbekämpfung zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten weiter verschärfen;

14.  stellt fest, dass dieser unkoordinierte Steuerrahmen innerhalb der EU auch unter einem eklatanten Mangel an Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten leidet; betont in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedstaaten nicht nur bei der Konzeption ihrer steuerlichen Maßnahmen, sondern auch dann, wenn sie Informationen über die Umsetzung solcher Maßnahmen teilen, die Auswirkungen ihrer steuerlichen Maßnahmen auf andere Mitgliedstaaten nicht unbedingt berücksichtigen, was de facto zu einer Politik auf Kosten anderer (Beggar-thy-neighbour-Politik) in Steuerfragen führt, was wiederum den Grundsätzen des europäischen Projekts widerspricht; weist darauf hin, dass es ein automatischer, systematischer und effizienter Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen würde, der steuerlichen Behandlung bestimmter Einkommensströme oder Transaktionen in anderen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen; betont, dass dies auch dazu beiträgt, dass eine inakzeptable Situation entsteht, in der die von einem multinationalen Unternehmen in einem Mitgliedstaat erzielten Gewinne in der EU oft mit sehr niedrigen Sätzen oder überhaupt nicht besteuert werden;

15.  ist der Auffassung, dass die Steuer- und Wettbewerbspolitik im Binnenmarkt als zwei Seiten derselben Medaille angesehen werden müssen, und fordert die Kommission auf, die bestehenden Mechanismen und die vorhandenen Ressourcen der Wettbewerbspolitik sowie die staatlichen Beihilfen neu zu bewerten und zu stärken;

16.  betont, dass trotz der beispiellosen Vertiefung des EU-Integrationsprozesses in den letzten 30 Jahren, insbesondere in den Bereichen Binnenmarkt und Wirtschafts- und Währungsunion, die Konvergenz der nationalen Steuersysteme in der EU sehr begrenzt war; bedauert, dass die Koordinierung der einzelstaatlichen Steuersysteme im Vergleich mit den Koordinierungsbemühungen in anderen Bereichen auf EU-Ebene, insbesondere im Rahmen des Europäischen Semesters, weit zurückbleiben, auch wenn – abgesehen von der Relevanz der Maßnahmen auf der Ausgabenseite – ein beträchtlicher Teil der politischen Strategien zur Haushaltskonsolidierung die Einnahmenseite betrifft; ist der Ansicht, dass dieser Aspekt im Bericht der fünf Präsidenten vom Juni 2015 über die Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion hätte erwähnt werden sollen;

17.  betont, dass der Mangel an politischem Willen zur Angleichung der nationalen Steuersysteme dazu führt, dass die Mitgliedstaaten sich für eine bilaterale Herangehensweise entscheiden, obwohl eine gemeinschaftliche Herangehensweise wirksamer wäre; erinnert an die Möglichkeit, im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit auf eine Angleichung der Steuersysteme hinzuarbeiten; begrüßt in diesem Sinne den Wunsch einiger Mitgliedstaaten, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen;

Instrumente der aggressiven Steuerplanung und ihre Auswirkungen

18.  betont, dass die Steuervermeidung einiger multinationaler Unternehmen dazu führen kann, dass die effektiven Steuersätze für die in europäischen Hoheitsgebieten erzielten Gewinne bei nahezu null liegen, und hebt hervor, dass solche multinationalen Unternehmen zwar aus verschiedenen öffentlichen Gütern und Dienstleistungen am Betriebsort Nutzen ziehen, aber nicht ihren fairen Anteil dazu beitragen und so wiederum zur Aushöhlung der nationalen Steuerbemessungsgrundlage und zur Verschärfung der Ungleichheiten beitragen; betont auch, dass die Möglichkeit zur Gewinnverlagerung nur für Unternehmen besteht, die grenzüberschreitende Tätigkeiten ausüben, wodurch Wettbewerber, die nur in einem Land tätig sind, benachteiligt werden;

19.  stellt mit großer Sorge fest, dass sich die Vermeidung von Körperschaftsteuern direkt auf die nationalen Haushalte sowie auf die Aufteilung der Steuerlast zwischen den verschiedenen Kategorien von Steuerzahlern und zwischen den Wirtschaftsfaktoren auswirkt (zugunsten der meisten mobilen Faktoren wie Kapital in Form ausländischer Direktinvestitionen); bedauert, dass dies abgesehen von Wettbewerbsverzerrungen und ungleichen Ausgangsbedingungen auch zu einer höchst besorgniserregenden Situation führt, in der vor dem Hintergrund intensiver Bemühungen im Hinblick auf Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen einige der Steuerzahler mit der höchsten Zahlungsfähigkeit wesentlich weniger beitragen als jene, die am stärksten von der Wirtschafts-, Finanz- und Schuldenkrise betroffen sind, etwa einfache Bürger und Unternehmen, die keine aggressive Steuerplanung betreiben, wobei diese oft der Kategorie KMU zuzuordnen sind, die aufgrund dieses verhältnismäßigen Steuernachteils oft nicht mit multinationalen Unternehmen konkurrieren können; betont, dass in dieser Situation das Risiko besteht, dass das Misstrauen gegenüber der Demokratie genährt und die allgemeine Steuerehrlichkeit beeinträchtigt wird, und zwar insbesondere in den Ländern, die ein Anpassungsprogramm absolvieren; bedauert, dass interne Hinweisgeber, die den einzelstaatlichen Behörden im öffentlichen Interesse entscheidende Informationen über ordnungswidriges Verhalten, Rechtsverletzungen, Betrug oder illegale Tätigkeiten oder Praktiken liefern, strafrechtlich verfolgt werden können und möglicherweise auch persönliche und wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssen; stellt mit großer Sorge fest, dass sogar Journalisten, die illegale oder illegitime Praktiken aufdecken, mitunter ähnliche Konsequenzen zu erdulden haben;

20.  weist darauf hin, dass eine Untersuchung des IWF[19], die sich auf 51 Länder erstreckte, ergab, dass Gewinnverlagerungen zwischen Steuergebieten einen Einnahmenverlust von durchschnittlich etwa 5 % der aktuellen Körperschaftsteuereinnahmen bewirken, und in Ländern, die nicht der OECD angehören, von beinahe 13 % ; stellt fest, dass es nach Angaben der Kommission ökonometrische Belege dafür gibt, dass die Sensibilität ausländischer Direktinvestitionen gegenüber Körperschaftsteuern im Laufe der Zeit zugenommen hat; betont, dass einer Untersuchung zufolge in der EU[20] pro Jahr schätzungsweise eine Billion Euro an potenziellen Steuereinnahmen durch den Gesamteffekt von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung einschließlich der Schattenwirtschaft verlorengehen und den nationalen Haushalten Schätzungen zufolge jährlich insgesamt etwa 50–70 Mrd. EUR durch Steuervermeidung entgehen, sich diese Einnahmenverluste in der ganzen EU in Wahrheit möglicherweise allerdings auf etwa 160–190 Mrd. EUR belaufen würden, wenn man besondere Steuervereinbarungen, die Ineffizienz bei der Erhebung und sonstige Aktivitäten dieser Art berücksichtigen würde[21]; in der Erwägung, dass Berechnungen der Kommission der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung zufolge den Entwicklungsländern jährlich aufgrund von Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen Einnahmen in Höhe von ungefähr 100 Mrd. EUR entgehen; betont, dass diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind und die tatsächlichen Verluste für die nationalen Haushalte möglicherweise unterschätzt werden, wenn man die beschränkte Transparenz und die weltweit unterschiedlichen Rechnungslegungs- und Begriffsrahmen bedenkt, die die Verfügbarkeit vergleichbarer und aussagekräftiger Daten und die Zuverlässigkeit von Schätzungen beeinträchtigen;

21.  stellt fest, dass Steuerplanungsstrategien auf der Struktur von Unternehmen, auf Finanzierungsvereinbarungen für ihre Niederlassungen oder auf Verrechnungspreisen ohne Bezug zur tatsächlichen Wirtschaftstätigkeit beruhen können, was die künstliche Verschiebung von Gewinnen in andere Steuergebiete ermöglicht, um das Gesamtsteueraufkommen von Unternehmen zu verringern; stellt mit großer Sorge fest, dass es in der EU eine zunehmende Zahl von Briefkastenfirmen gibt, die dem Namen nach zwar „Unternehmen“ sind, aber nur für den Zweck der Steuerhinterziehung genutzt werden; verweist als konkretes Beispiel auf das Unternehmen McDonald’s, dessen Steuerpraktiken laut einem Bericht eines Gewerkschaftsverbandes die europäischen Länder zwischen 2009 und 2013 mehr als eine Milliarde Euro an Steuerverlusten gekostet haben[22];

22.  ist der Ansicht, dass nationale Steuervergünstigungen und der geringe Grad der Abstimmung oder Konvergenz zwischen den Steuersystemen der Mitgliedstaaten trotz der effektiven wirtschaftlichen Verbindungen und der wechselseitigen Abhängigkeiten auf dem Binnenmarkt eine Reihe von Unstimmigkeiten bewirken, die aggressive Steuerplanung, doppelte Absetzungen und doppelte Nichtbesteuerung ermöglichen, beispielsweise durch eine oder mehrere der folgenden Praktiken: missbräuchliche Verrechnungspreisgestaltung, gezielte Geltendmachung von Absetzungen in Ländern mit hohen Steuern, Weitergabe von durch Kredite beschafften Mitteln über Zwischengesellschaften, Risikotransfers, hybride Finanzprodukte, Ausnutzung von Unstimmigkeiten, Steuerarbitrage, Lizenzgebührenabmachungen, „Umsehen“ nach den günstigsten Verträgen und Verkauf von Vermögenswerten in Ländern mit niedrigen Steuern;

23.  betont, dass der Sonderausschuss im Zuge seiner Informationsreisen in fünf Mitgliedstaaten und die Schweiz festgestellt hat, dass es sich bei einer Reihe nationaler steuerlicher Maßnahmen, die von den multinationalen Unternehmen oft kombiniert verwendet werden, um potenziell schädliche Steuerpraktiken handelt, was insbesondere die in der folgenden – nicht erschöpfenden – Liste genannten Praktiken angeht:

–  missbräuchliche Verwendung von Steuervorbescheiden oder Vergleichsvereinbarungen, die über eine einfache Klärung der bestehenden Rechtsvorschriften hinausgehen und eine Steuerbegünstigung bewirken sollen,

–  abweichende Begriffsbestimmungen für Betriebsstätte und Steuersitz,

–  geringe oder keine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Substanz, wodurch die Gründung von Zweckgesellschaften (z. B. Briefkastenfirmen, Mantelgesellschaften) mit einer günstigeren Steuerbehandlung ermöglicht wird,

–  Abzug fiktiver Zinsen (Unternehmen können von ihren steuerpflichtigen Einnahmen fiktive Zinsen abziehen, die auf der Grundlage des Eigenkapitals ihrer Anteilseigner berechnet werden),

–  Regelungen für Gewinnüberschüsse (wobei ein Unternehmen eine schriftliche Bestätigung der Steuerbehörde erhalten kann, dass sein steuerpflichtiges Einkommen nicht die Gewinne umfasst, die „bei eigenständigem Betrieb“ nicht erzielt worden wären),

–  unklare oder nicht abgestimmte Bestimmungen zu Verrechnungspreisen,

–  eine Reihe von Steuervergünstigungen, insbesondere in Bezug auf immaterielle Güter (Patent-, Wissens- oder Lizenzboxen),

–  Erstattung der oder Ausnahmen von der Quellenbesteuerung von Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren durch bilaterale Steuerabkommen und/oder im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften,

–  Unterschiede zwischen den rechtlichen Bezeichnungen in den einzelnen Mitgliedstaaten (hybride Rechtsformen oder hybride Kredite, bei denen Zinsaufwendungen zu steuerfreien Dividenden werden),

–  im Fall der Schweiz spezielle Steuerregelungen auf Kantonsebene für Unternehmen unter ausländischer Kontrolle, die Unternehmen unter Schweizer Kontrolle nicht gewährt werden (die sogenannten „ring-fencing“-Systeme);

–  Mangel an wirksamen allgemeinen oder speziellen Vorschriften zur Bekämpfung von Missbrauch oder unzureichende Umsetzung oder Auslegung dieser Vorschriften,

–  Strukturen, die den wirtschaftlichen Eigentümer von Vermögenswerten verdecken können und die möglicherweise keinem Informationsaustauschsystem unterliegen, wie Treuhandgesellschaften und sogenannte Zollfreizonen;

24.  stellt fest, dass nach Angaben der Kommission[23] 72 % der Gewinnverlagerungen in der EU mittels Verrechnungspreisen und der gezielten Zuweisung von geistigem Eigentum erfolgen;

25.  betont, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten in den letzten Jahren spezielle Modelle zur Reduzierung der Körperschaftsteuer entwickelt haben, um die mobilen immateriellen Vermögenswerte von Unternehmen anzuziehen, beispielsweise Einnahmen aus geistigem Eigentum; verweist auf die Vielfalt der Reduzierungen der Steuersätze und der Zugeständnisse sowie die Bandbreite an vorgeschlagenen Modellen (Innovationsboxen, Boxen für geistiges Eigentum, Wissensboxen, Patentboxen usw.); betont, dass die Steuerzahler in einigen Mitgliedstaaten geistiges Eigentum nicht selbst und/oder innerhalb des Landes schaffen müssen, um Anspruch auf steuerliche Vorteile zu erhalten, sondern es nur über ein Unternehmen erwerben müssen, dessen Sitz innerhalb dieses Steuergebiets liegt; betont daher, dass jeder Steuervorteil für FuE an die tatsächlichen Ausgaben im jeweiligen Hoheitsgebiet geknüpft werden muss;

26.  betont, dass die Kosten für Forschung und Entwicklung in den nationalen Steuersystemen auch ohne Patentboxen bereits steuerlich geltend gemacht werden können und mit Patentboxen daher ein systemwidriger Beitrag zur Steuervermeidung geleistet wird;

27.  sieht solche Regelungen als Beispiele für schädlichen Steuerwettbewerb zwischen Staaten an, weil sie in den meisten Fällen zwar nicht mit der Realwirtschaft verbunden sind und sich auch nicht auf sie auswirken, sie aber trotzdem zu einem Rückgang der Steuereinnahmen anderer Länder, darunter auch Mitgliedstaaten, führen; weist darauf hin, dass die Kommission in einem Bericht über Steuervergünstigungen für FuE[24] feststellt, dass Patentboxen wohl eher zur Verlagerung des Unternehmenseinkommens als zur Förderung der Innovation dienen;

28.  betont, dass in einem Wirtschaftsumfeld, das zunehmend durch immaterielle Güter gekennzeichnet ist, oft ein Mangel an vergleichbaren Transaktionen und Benchmarks für Verrechnungspreise besteht, wodurch die ordnungsgemäße Anwendung und Relevanz des Fremdvergleichsgrundsatzes zu einer Herausforderung wird, wobei diesem Grundsatz zufolge die Preisgestaltung von Transaktionen zwischen Unternehmen, die dem gleichen Konzern angehören, genauso bewertet werden sollte wie zwischen unabhängigen Unternehmen;

29.  stellt fest, dass die bestehenden Leitlinien für die Verrechnungspreisgestaltung multinationalen Unternehmen bei der Wahl und der Umsetzung der Bewertungsverfahren einen beträchtlichen Ermessensspielraum lassen; betont, dass das Fehlen eines wirksamen gemeinsamen Standards für die Verrechnungspreisgestaltung und die zahlreichen vorgesehenen Abweichungen, Ausnahmen und Alternativen von multinationalen Unternehmen im Widerspruch zum Geist dieser Leitlinien ausgenutzt werden, um ihre steuerpflichtigen Gewinne nach Steuergebiet anzupassen und ihre Gesamtsteuerschuld zu senken, beispielsweise durch missbräuchliche Kostenaufschläge, die willkürliche Festsetzung von Gewinnspannen oder die fragwürdige Ausnahme bestimmter Ausgaben aus ihrer Berechnung; betont, dass das Problem der Verrechnungspreise auf EU-Ebene am besten durch die Konsolidierung der Bemessungsgrundlage bekämpft werden kann, durch die diese Preise hinfällig werden würden;

30.  betont, dass die von multinationalen Unternehmen oder ihren Vertretern eingereichten Unterlagen zur Verrechnungspreisgestaltung von den Steuerbehörden nicht ordnungsgemäß überwacht werden können, da diese oft nicht über die notwendigen materiellen und personellen Ressourcen verfügen, um diese Analysen und deren Ergebnisse oder Auswirkungen kritisch und eingehend zu prüfen;

31.  bedauert, dass in einer wirtschaftlichen Umgebung, in der 60 % des Welthandels innerhalb von Konzernen stattfinden[25], die Leitlinien für die Anwendung dieses rein wirtschaftlichen Konzepts auf nationaler Ebene fragmentiert sind und daher Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und Rechtsstreitigkeiten unterliegen;

32.  betont, dass es trotz der beträchtlichen Anzahl von Rechtsstreitigkeiten in der EU, die auf unterschiedliche Auslegungen der gleichen Grundsätze zur Verrechnungspreisgestaltung zurückgehen, keinen wirksamen Mechanismus zur Streitbeilegung auf europäischer Ebene gibt; stellt fest, dass die Beilegung von Streitfällen zur Verrechnungspreisgestaltung, die dem EU-Schiedsübereinkommen unterliegen, bis zu acht Jahre dauern kann, was zu Rechtsunsicherheit für Unternehmen und Steuerbehörden beiträgt;

33.  betont die entscheidende Rolle der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, einschließlich der „Big Four“, bei der Konzeption und Verbreitung von Vorbescheiden und Steuervermeidungsmodellen unter Ausnutzung von Unstimmigkeiten zwischen Steuergebieten; betont, dass diese Gesellschaften, die offenbar einen beträchtlichen Anteil ihres Einkommens mit Steuerdienstleistungen erzielen, die Wirtschaftsprüfungsmärkte der meisten Mitgliedstaaten dominieren und in den globalen Steuerberatungsdiensten tonangebend sind, ein enges Oligopol darstellen; ist der Ansicht, dass diese Situation nicht fortbestehen kann, ohne die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts in den Tätigkeitsbereichen der „Big Four“ zu beeinträchtigen; verweist auf den Interessenkonflikt, der dadurch entsteht, dass innerhalb der gleichen Firmen Steuerberatungs- und Consultingtätigkeiten erbracht werden, die sich einerseits an Steuerbehörden richten und andererseits an die Steuerplanungsdienste der multinationalen Unternehmen, die die Schwachstellen der nationalen Steuergesetze ausnutzen; ist der Ansicht, dass in dieser Hinsicht bewährte Verfahren gefördert werden müssen, und dass bestehende Verhaltenskodizes wo nötig verbessert werden sollten; stellt allerdings die Wirksamkeit eines Verhaltenskodex für Unternehmen und Maßnahmen in Bezug auf die soziale Verantwortung von Unternehmen infrage, was die Lösung dieses Problems angeht; hebt hervor, dass Steuervorbescheide in der EU und weltweit zu einer üblichen Geschäftspraxis geworden sind, nicht nur, um Rechtssicherheit oder vorteilhafte Steuervereinbarungen zu erhalten, sondern auch in Fällen, in denen die legislativen Bestimmungen keinen Ermessensspielraum lassen; ist besorgt aufgrund von Schätzungen der Steuerberatungsbranche, dass eine Rechtmäßigkeit einer Steuerplanungsmethode von nur 50 % ausreicht, um Kunden empfohlen zu werden[26];

34.  fordert die Steuerbehörden auf, ihre Wissensquellen zu verbessern und zu diversifizieren und den Prozess für die Folgenabschätzung wesentlich zu verbessern, um die Risiken unerwarteter Folgen neuer steuerlicher Maßnahmen zu verringern; weist die Mitgliedstaaten erneut darauf hin, dass nicht nur die Unterschiede zwischen den Steuersystemen, sondern auch eine zu hohe Komplexität der einzelstaatlichen Steuersysteme und eine geringe Stabilität mit zu häufigen Veränderungen wesentlich zur Entstehung von Steuerlücken, zu Ungerechtigkeiten im Rahmen der Steuersysteme und zu einer geringen Glaubwürdigkeit der Steuerpolitik führen; betont diesbezüglich, dass die Fragmentierung der Steuerbestimmungen ein Hindernis für die Schaffung einer europäischen Kapitalmarktunion darstellt;

Sachstand und Beurteilung von Maßnahmen der Union, internationalen und nationalen Maßnahmen

35.  stellt fest, dass in der Folge der Wirtschaftskrise und des anschließenden LuxLeaks-Skandals die Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung multinationaler Unternehmen weit oben auf der politischen Tagesordnung der Mitgliedstaaten, der EU, der OECD und der G20 steht, bedauert jedoch, dass mit Ausnahme des von den G20 finanzierten BEPS-Projekts der OECD, das soeben abgeschlossen, von den Ländern jedoch noch nicht umgesetzt wurde, bisher in der Praxis keine wesentlichen Fortschritte erzielt wurden;

36.  stellt vor diesem Hintergrund fest, dass viele Mitgliedstaaten Maßnahmen ergriffen haben oder ergreifen wollen, um gegen Steuervermeidung vorzugehen, insbesondere im Hinblick auf die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsen, Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung, eine bessere Definition des Begriffs der Betriebsstätte (einschließlich der Entwicklung von Prüfungen der wirtschaftlichen Substanz, mit deren Hilfe sich die steuerpflichtige Präsenz von Firmen wirksamer bestimmen lässt), den möglichen Ausschluss sich falsch verhaltender Firmen von öffentlichen Ausschreibungen oder die Veröffentlichung von Steuerplanungsmodellen, die entscheidend dazu beitragen kann, die Glaubwürdigkeit der Steuersysteme wiederherzustellen und die Zeitspanne zwischen der Einführung bestimmter Modelle und der Annahme von Korrekturmaßnahmen, auch auf legislativer Ebene, zu verringern;

37.  ist trotzdem besorgt darüber, dass es keine kooperative Haltung gibt und dass einseitig von den Mitgliedstaaten ergriffene Maßnahmen gegen die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage die Komplexität noch verstärken könnten, sodass neue Diskrepanzen und folglich mehr Gelegenheiten zur Steuerumgehung im Binnenmarkt geschaffen werden; betont, dass jede abweichende Umsetzung von internationalen oder EU-Leitlinien durch die Mitgliedstaaten die gleiche Wirkung haben kann;

38.  begrüßt die verschiedenen Initiativen und Legislativvorschläge der Kommission in den letzten 20 Jahren, darunter auch die neuesten Vorschläge für eine bessere Abstimmung der Körperschaftsteuersysteme der Mitgliedstaaten, mit denen der Binnenmarkt gestärkt, auf Probleme der Doppelbesteuerung oder der doppelten Nichtbesteuerung eingegangen und das Recht der Mitgliedstaaten, wirksame Steuern zu erheben, gewahrt werden soll; bedauert jedoch, dass bislang nur wenige dieser Vorschläge vom Rat angenommen wurden, da dort einstimmig entschieden werden muss und bestimmte Mitgliedstaaten weiterhin davon ausgehen, dass sie als Einzelne größeren Nutzen aus den Schlupflöchern des nicht abgestimmten Steuersystems ziehen, als sie es gemeinsam in einem koordinierten Steuersystem täten;

39.  begrüßt die Veröffentlichung eines neuen steuerpolitischen Pakets und fordert die Kommission auf, ein gerechtes Steuersystem anzustreben, das auf dem Grundsatz fußt, dass Steuern in dem Land gezahlt werden müssen, in dem der Gewinn entsteht, damit Verzerrungen auf dem Binnenmarkt und unlauterer Wettbewerb verhindert werden;

40.  betont, dass die 1998 von den Mitgliedstaaten eingesetzte Gruppe „Verhaltenskodex“ (Unternehmensbesteuerung) (die „Gruppe“) Ende der 90er Jahre und Anfang des vergangenen Jahrzehnts die Beseitigung der schädlichsten Einzelbesteuerungspraktiken jener Zeit ermöglichte, indem ein zweigleisiger Ansatz mit unverbindlichen Regelungen („soft law“) verfolgt wurde, bei dem bestehende steuerliche Maßnahmen, die schädlichen Steuerwettbewerb darstellten, zurückgenommen wurden und Abstand davon genommen wurde, derlei Maßnahmen in Zukunft einzuführen („Stillstand“);

41.  bedauert, dass die Arbeit der Gruppe offenbar an Schwung verloren hat; stellt fest, dass einige der mehr als 100 Maßnahmen, die aufgrund der Tätigkeit der Gruppe abgeschafft wurden, in den Mitgliedstaaten durch steuerliche Maßnahmen mit ähnlich schädlichen Auswirkungen ersetzt wurden; stellt fest, dass die Steuerbehörden auf die Empfehlungen der Gruppe damit reagierten, dass sie neue Strukturen mit den gleichen schädlichen Auswirkungen wie die von der Gruppe zuvor ausgeräumten schufen; bedauert, dass früheren Bemühungen, ihre Leitungsstruktur und ihr Mandat zu stärken sowie die im Kodex festgelegten Arbeitsverfahren und Kriterien anzupassen und auszuweiten, um neue schädliche Steuerpraktiken im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld zu bekämpfen, kein Erfolg beschieden war; unterstützt die neuesten Vorschläge der Kommission in dieser Angelegenheit, die in ihrem Aktionsplan vom 17. Juni 2015 für faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU dargelegt wurden;

42.  bedauert, dass trotz der seit 1997 verkündeten ambitionierten Ziele weiterhin Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten herrscht, und zwar nicht so sehr aufgrund unterschiedlicher Steuersätze, sondern vielmehr aufgrund der uneinheitlichen einzelstaatlichen Regelungen zur Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Gewinne, was sich seit mehreren Jahrzehnten unverändert an den ungleichen nominalen und effektiven Körperschaftsteuersätzen in den Mitgliedstaaten ablesen lässt;

43.  bedauert, dass der ursprüngliche Status und die ursprüngliche Regelung der Leitungsstruktur der Gruppe insofern zu viel Spielraum für politische Verhandlungen und Kompromisse ließen, als „breiter Konsens“ (d. h Quasi-Einstimmigkeit mit der Möglichkeit, in Fußnoten auf Meinungsverschiedenheiten aufmerksam zu machen) bei der Beurteilung der schädlichen Praktiken angestrebt wurde, was die Zuverlässigkeit und Vollständigkeit ihrer Arbeit beeinträchtigte und in einigen Fällen zur bewussten Nichtveröffentlichung oder der Nichtweiterverfolgung von Berichten führte, wie im Falle des Berichts von Simmons & Simmons zu Verwaltungspraktiken aus dem Jahr 1999; hält es für bedauerlich, dass die Rücknahme bestehender Maßnahmen politisch hinausgezögert und in einigen Fällen die Aufnahme neuer Begünstigter nach Ablauf der Frist erlaubt wurde, was auch mit den überaus schwachen Mechanismen der Gruppe hinsichtlich Rechenschaftspflicht und Überwachung zusammenhängt;

44.  betont das grundlegendere Problem, dass mit dem Einzelfallansatz des Kodex zwar bewirkt wurde, dass die Mitgliedstaaten nun stärker mit allgemeinen Maßnahmen konkurrieren, doch die Systemschwäche des fragmentierten EU-Rahmens für die Körperschaftsteuer, der einer umfassenden Reform bedarf, beseitigt wird;

45.  verweist auch auf die unternommenen Anstrengungen, etwa die Schaffung der Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen, bei der verschiedene Interessenträger an einen Tisch gebracht werden, um insbesondere im internationalen Zusammenhang eine Einigung in der Frage der Steuerumgehung zu erzielen, und die Bemühungen im Rahmen des Gemeinsamen Verrechnungspreisforums, das zahlreiche Leitlinien zu technischen Problemen rund um die Verrechnungspreisgestaltung veröffentlicht; betont, dass diese Gremien bisher dazu beitragen, in begrenztem Umfang Korrekturen am Rahmen für die Körperschaftsteuer vorzunehmen; bedauert, dass bislang mit den Leitlinien des Gemeinsamen Verrechnungspreisforums kein Durchbruch in der Frage der Steuerumgehung erzielt wurde; bedauert zutiefst, dass das Gemeinsame Verrechnungspreisforum trotz einer kürzlich erfolgten Neuformierung weiterhin unausgewogen ist; prangert zudem an, dass die Steuerexperten, die an den Leitlinien zur Verrechnungspreisgestaltung mitarbeiten, gleichzeitig ihren Kunden auf der Verrechnungspreisgestaltung beruhende Strategien für aggressive Steuerplanung anraten können, weshalb sie möglicherweise in Interessenkonflikte geraten;

46.  betont, dass die EU-Rechtsvorschriften (die Mutter-Tochter-Richtlinie und die Richtlinien über Zinsen und Lizenzgebühren, über Zusammenschlüsse sowie über Zusammenarbeit im Verwaltungsbereich) zwar nur bestimmte Aspekte der Unternehmensbesteuerung abdecken, dass jedoch durch sie spezielle Probleme von Mitgliedstaaten und in mehreren Ländern tätigen Unternehmen ausgeräumt werden konnten; betont, dass diese Maßnahmen, die ursprünglich zur Beseitigung der Doppelbesteuerung gedacht waren, einige unbeabsichtigte kontraproduktive Auswirkungen auf die Steuerumgehung haben und mitunter zu doppelter Nichtbesteuerung führen; begrüßt es, dass der Rat vor kurzem Änderungen an der Mutter-Tochter-Richtlinie annahm, mit denen eine allgemeine Klausel zur Verhinderung von Missbrauch und zur Unterbindung missbräuchlicher Finanzgestaltung mit Hybridanleihen eingeführt werden soll und die Ende 2015 in Kraft treten werden, und erwartet, dass dadurch einige Gelegenheiten zur Steuerumgehung in der EU vereitelt werden;

47.  verweist auf die Bestimmungen der Richtlinie 2011/16/EU des Rates über die Zusammenarbeit im Verwaltungsbereich, durch die der Austausch aller einschlägigen Finanzdaten eingeführt werden soll; vertritt die Auffassung, dass ein automatischer, umgehender und umfassender Austausch und eine wirksame Verarbeitung von Steuerdaten einen starken Abschreckungseffekt gegen Steuerhinterziehung und die Einführung schädlicher Steuerpraktiken hätten und dass den Mitgliedstaaten und der Kommission dadurch alle relevanten Informationen zur Verfügung stünden, um dagegen vorzugehen;

48.  bedauert, dass der derzeitige Legislativ- und Überwachungsrahmen für den Austausch von Informationen über steuerliche Maßnahmen nicht wirksam ist, da sich gezeigt hat, dass die geltenden Anforderungen für den spontanen Austausch von Informationen oder den Austausch auf Anfrage nicht eingehalten werden; bedauert, dass praktisch kein Mitgliedstaat Informationen austauscht, die Auswirkungen auf Partnerländer der EU haben könnten; bedauert die fehlende Koordinierung zwischen der Kommission und den zuständigen Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten;

49.  bedauert, dass kaum spontaner Austausch von Steuerdaten zwischen den Mitgliedstaaten stattfindet; begrüßt den automatischen Austausch von Daten, der nicht mehr auf Gegenseitigkeit beruht; weist auf die strukturellen Konzeptionsprobleme eines Systems hin, das auf Ermessensentscheidungen in der Frage, was mitgeteilt werden sollte und was nicht, und schwachen Überwachungssystemen beruht, wodurch Verstöße gegen die Anforderungen des Informationsaustauschs nur sehr schwer zu ermitteln sind;

50.  begrüßt die Zusage der Kommission, den automatischen Austausch von Steuerinformationen als zukünftigen europäischen und internationalen Standard für Transparenz zu fördern; fordert sie mit Nachdruck auf, als ersten Schritt ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht zu werden und alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit das geltende EU-Recht und der in den Verträgen festgelegte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten eingehalten werden; begrüßt es, dass die Expertengruppe zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten vorgeschlagen hat, Möglichkeiten für die Unterstützung von Entwicklungsländern mit automatischem Informationsaustausch mittels nicht gegenseitiger Austauschvereinbarungen auszuloten;

51.  merkt an, dass Vorschriften über staatliche Beihilfen und entsprechende Sanktionen sinnvoll sind, um gegen die missbräuchlichsten und verzerrendsten schädlichen Steuerpraktiken vorzugehen, und eine beträchtliche abschreckende Wirkung haben können;

52.  begrüßt das Steuertransparenzpaket der Kommission zum automatischen Austausch von Informationen über Steuervorbescheide zwischen Mitgliedstaaten vom März 2015 und den Aktionsplan für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU vom Juni 2015; betont jedoch, dass diese Texte nur als erste Schritte in die richtige Richtung gelten können und dass dringend ein schlüssiger Rahmen aus Rechtsvorschriften und administrativer Koordinierung benötigt wird, auch zum Nutzen der KMU und derjenigen multinationalen Unternehmen, die dazu beitragen, echtes Wirtschaftswachstum zu schaffen, und ihren gerechten Anteil am Steueraufkommen innerhalb des Binnenmarkts entrichten;

53.  begrüßt die jüngst erzielte Einigung über den Aktionsplan der OECD zur Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage und zur Gewinnverlagerung (BEPS), dem mehrmalige Forderungen nach Maßnahmen auf den Gipfeltreffen der G7 und der G20 vorangegangen waren und mit dem der Versuch unternommen wird, die einzelnen Probleme, die die Funktionsweise des internationalen Unternehmenssteuersystems beeinträchtigen, durch Vorschläge für weltweit wirkende, systematische Maßnahmen zu lösen; bedauert die verspätete und immer noch nicht gleichberechtigte Einbeziehung der Entwicklungsländer in den BEPS-Prozess der OECD, an dem sie gleichberechtigt hätten teilnehmen sollten; bedauert zudem, dass einige Ergebnisse des BEPS-Aktionsplans in Bereichen wie schädlichen Steuersystemen, digitale Wirtschaft und Transparenz nicht weit genug gehen;

54.  weist darauf hin, dass der BEPS-Aktionsplan nach einer systematischen Analyse der „Problempunkte“ des internationalen Steuersystems in 15 Aktionspunkte unterteilt wurde, von denen sieben im November 2014 von den G20 gebilligt und die übrigen im Oktober 2015 umgesetzt wurden; betont, dass diese Maßnahmen vor dem Hintergrund eines sich entwickelnden Geschäftsumfelds auf Transparenzprobleme abzielen, indem z. B. Leitlinien zur länderspezifischen Berichterstattung, zur Haltlosigkeit bestimmter Steuerumgehungspraktiken und zu größerer Konsistenz der internationalen Vorschriften vorgegeben werden;

55.  warnt gleichwohl vor Kompromissen, die hinter den ursprünglichen Ambitionen zurückbleiben oder zu abweichenden Auslegungen auf nationaler Ebene führen könnten; betont ferner, dass die Umsetzung der OECD-Leitlinien in den Ländern, die sie gebilligt haben, bislang kaum wirksam überwacht wird und dass auch die am besten durchdachten Lösungen keine Wirkung entfalten können, wenn sie nicht angemessen überwacht und umgesetzt werden;

56.  betont, dass sich die Tätigkeiten von EU und OECD in diesem Bereich ergänzen; ist der Ansicht, dass die EU angesichts ihres Integrationsgrades in den Fragen der Koordination und Konvergenz, mit der alle Formen schädlichen Steuerwettbewerbs im Binnenmarkt unterbunden werden sollten, über die BEPS-Vorschläge hinausgehen muss; ist davon überzeugt, dass die EU zwar dafür sorgt, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird, jedoch wirksamere Instrumente schaffen könnte, um fairen Steuerwettbewerb sicherzustellen und das Recht der Mitgliedstaaten zu wahren, wirksame Steuern auf in ihrem Hoheitsgebiet erwirtschaftete Gewinne zu erheben;

Ermittlungen der Kommission zu staatlichen Beihilfen: Überblick und Ergebnisse

57.  betont, dass auf dem Binnenmarkt neue Marktteilnehmer und Unternehmen, z. B. KMU, die nicht zu aggressiver Steuerplanung greifen, gegenüber multinationalen Unternehmen benachteiligt werden, da diese in der Lage sind, ihre Gewinne zu verlagern oder mittels einer Vielzahl von Beschlüssen und Instrumenten, die ihnen allein aufgrund ihrer Größe und ihrer Fähigkeit, Geschäfte international abzuwickeln, zur Verfügung stehen, andere Arten aggressiver Steuerplanung zu praktizieren; stellt besorgt fest, dass die sich daraus ergebende niedrigere Steuerlast – bei sonst gleichen Bedingungen – multinationalen Unternehmen einen höheren Gewinn nach Steuern und somit Vorteile gegenüber ihren Wettbewerbern auf dem Binnenmarkt ermöglicht, die nicht auf aggressive Steuerplanung zurückgreifen können und bei denen der Ort der Gewinnerzielung und der Ort der Besteuerung gleich bleibt; weist darauf hin, dass diese Verzerrung des Wettbewerbs zugunsten multinationaler Unternehmen dem Grundprinzip des Binnenmarkts zuwiderläuft;

58.  betont, dass die OECD[27] darauf hinweist, dass einige multinationale Unternehmen Strategien einsetzen, dank denen sie nur 5 % Körperschaftsteuer entrichten, während kleinere Unternehmen bis zu 30 % zahlen; ist zutiefst besorgt darüber, dass einigen Studien zufolge[28] grenzüberschreitend tätige Unternehmen im Durchschnitt bis zu 30 % weniger Körperschaftsteuer entrichten als einheimische Unternehmen, die nur in einem Land tätig sind; hält es für inakzeptabel, dass der effektive Körperschaftsteuersatz, den einige multinationale Unternehmen aufgrund dieser Strategien zu entrichten haben, sehr niedrig ist, während einige KMU ihren vollständigen Steueranteil entrichten müssen;

59.  betont, dass diese Verzerrung der Entscheidungen der Wirtschaftsakteure, die auf der Grundlage der erwarteten Gewinne nach Steuern getroffen werden, zu einer suboptimalen Ressourcenallokation in der EU führt und den Wettbewerb tendenziell verringert, wodurch Wachstum und Beschäftigung beeinträchtigt werden;

60.  betont, dass bestimmte schädliche Steuerpraktiken in den Geltungsbereich der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Steuerbereich fallen können, insbesondere soweit sie gleichermaßen „selektive“ Vorteile gewähren und Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt mit sich bringen können; stellt fest, dass sich die Verfahren der Gruppe für staatliche Beihilfen und der Gruppe „Verhaltenskodex“ in der Vergangenheit gegenseitig unterstützten, insbesondere 1999 und in der ersten Hälfte der 2000er Jahre; betont, dass aufgrund der Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften rechtlicher Druck zum Entscheidungsfindungsprozess hinsichtlich unverbindlicher Regelungen in der Gruppe hinzukam, wodurch der Mangel an sonstigen wirksamen Instrumenten zur Bekämpfung der Steuerumgehung auf EU-Ebene teilweise ausgeglichen wird;

61.  würdigt die bedeutende Weiterentwicklung des analytischen Rahmens der Kommission für staatliche Beihilfen im Steuerbereich in den letzten 20 Jahren, dank deren die Begriffsbestimmung und Analyse staatlicher Beihilfen durch steuerliche Maßnahmen an Klarheit gewonnen haben und es möglich wurde, systematischer gegen derlei Maßnahmen vorzugehen; verweist insbesondere auf die Leitlinien der Kommission von 1998 zur Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, den einschlägigen Bericht von 2004 und verschiedene wichtige Urteile in den 2000er Jahren; begrüßt im Rahmen des von der Kommission geförderten Verfahrens zur Modernisierung der staatlichen Beihilfen die Einleitung einer öffentlichen Anhörung zu den Leitlinienentwürfen 2014, mit denen der Begriff der staatlichen Beihilfe gemäß Artikel 107 AEUV klargestellt werden soll, was Aussagen zu staatlichen Beihilfen im Steuerbereich und insbesondere zu Steuervorbescheiden umfasst;

62.  stellt fest, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine immer gefestigtere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Anwendung des Beihilferechts auf steuerrechtliche Maßnahmen der Mitgliedstaaten gebildet hat, zuletzt mit der Rechtssache "Gibraltar" im Jahr 2011[29];

63.  weist darauf hin, dass der EuGH den Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise betont hat, dem zufolge die wirtschaftliche Auswirkung einer Maßnahme der Anhaltspunkt für ihre Beurteilung ist;

64.  stellt folglich fest, dass der EuGH aus dem Beihilfeverbot weitreichende Vorgaben für die Steuergesetzgebungszuständigkeit der Mitgliedstaaten abgeleitet hat;

65.  stellt fest, dass der Begriff „Wesen und allgemeiner Aufbau des nationalen Systems“ ein wesentlicher Anhaltspunkt ist, um zu beurteilen, ob Maßnahmen der direkten oder indirekten Besteuerung selektiv und folglich mit dem Binnenmarkt kompatibel sind, und dass jede staatliche Beihilfe im Verhältnis zum zuvor bestehenden Gleichgewicht beurteilt werden sollte; betont, dass nicht alle Wettbewerbsverzerrungen und schädlichen Steuerpraktiken auf dem Binnenmarkt mit den derzeitigen Wettbewerbsvorschriften erfasst werden können, da der EU-Maßstab für die Beurteilung möglicher Verzerrungen die einzelstaatlichen Bezugssysteme sind[30]; stellt daher fest, dass sich durch die vollständige Durchsetzung dieser Vorschriften allein das Problem der Umgehung der Körperschaftsteuer in der EU nicht lösen ließe;

66.  weist darauf hin, dass gemäß den seinem zuständigen Sonderausschuss[31] von der Kommission bereitgestellten Daten seit 1991 nur 65 Fälle staatlicher Beihilfen im Steuerbereich offiziell von der Kommission untersucht wurden, von denen sieben Steuervorbescheide waren und nur 10 auf offiziellen Mitteilungen der Mitgliedstaaten beruhten;

67.  betont, dass die Kommission in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre nur wenige Fälle staatlicher Beihilfen im Steuerbereich behandelte und dass zu den Beihilfeverfahren in jüngster Zeit folgende zählen:

–  die Einleitung von Ermittlungen zur Ausstellung von Steuervorbescheiden in sieben Mitgliedstaaten im Juni 2013, die im Dezember 2014 auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet wurde,

–  die im Oktober 2013 erfolgte Einleitung von Ermittlungen in der Frage, ob das Körperschaftsteuersystem Gibraltars bestimmte Unternehmen begünstigt, die im Oktober 2014 auf die Prüfung von Steuervorbescheiden in Gibraltar ausgeweitet wurden,

–  zeitgleich dazu die Einleitung gesonderter Ermittlungen zu Besteuerungsmodellen für geistiges Eigentum („Patentboxen“),

–  die Einleitung offizieller Ermittlungen in drei Fällen im Juni 2014, und zwar gegen Apple in Irland, Fiat Finance and Trade in Luxemburg und Starbucks in den Niederlanden (im Oktober 2015 abgeschlossen), später (im Oktober 2014) gegen Amazon in Luxemburg,

–  die Einleitung offizieller Ermittlungen gegen Steuermodelle in Belgien (Regelungen für Gewinnüberschüsse) im Februar 2015;

68.  betont, dass die laufenden und abgeschlossenen Ermittlungen der Kommission und die im Rahmen von LuxLeaks aufgedeckten Fälle darauf hindeuten, dass einige Mitgliedstaaten ihrer rechtlichen Verpflichtung, der Kommission alle Fälle möglicher staatlicher Beihilfen zu melden[32], nicht nachgekommen sind;

69.  hebt hervor, dass diese Ermittlungen nur Aufschluss über eine sehr kleine Stichprobe einiger typischer Praktiken geben, die die steuerbaren Gewinne beeinflussen, welche den Tochtergesellschaften einiger multinationaler Unternehmen mittels Verrechnungspreisen zugewiesen werden; ist besorgt, dass die zuständigen Dienststellen der Kommission aufgrund ihrer derzeitigen Ressourcenausstattung nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, eine wesentliche größere Zahl von Fällen zu bearbeiten und systematisch zu prüfen, um weitere, nicht nur auf der Verrechnungspreisgestaltung beruhende Körperschaftsteuerpraktiken aufzudecken, die den Beihilfevorschriften zuwiderlaufen;

70.  unterstützt die Kommission entschlossen in ihrer Haltung, sich die notwendige Zeit zu nehmen, um laufende Fälle gründlich und mit aller gebührenden Sorgfalt zu prüfen; hält dafür, dass das Ergebnis der Ermittlungen dazu beitragen wird, genauere und wirksamere Leitlinien zu staatlichen Beihilfen im Steuerbereich und zur Verrechnungspreisgestaltung festzulegen und die Mitgliedstaaten zu verpflichten, ihr Vorgehen entsprechend anzupassen; fordert die Kommission dennoch auf, die laufenden Ermittlungen zu staatlichen Beihilfen im Steuerbereich so bald wie möglich abzuschließen, ohne jedoch Einbußen bei Qualität und Glaubwürdigkeit in Kauf zu nehmen, und sieht den Ergebnissen mit großem Interesse entgegen; fordert die Kommission auf, dem Europäischen Parlament über diese Ermittlungen regelmäßig Bericht zu erstatten; fordert die Kommission auf, die Wiedereinziehung jedes einzelnen fehlenden Euros zu fordern, sollte sich der Verdacht auf illegale staatliche Beihilfen bei den laufenden Ermittlungen bestätigen;

71.  betont, dass sich im Falle eines Verstoßes gegen die EU-Rechtsvorschriften aus den laufenden Ermittlungen ergeben könnte, dass die Mitgliedstaaten, die die geprüfte steuerliche Maßnahme genehmigt haben, den Betrag wiedereinziehen, der den den begünstigten Unternehmen gewährten rechtswidrigen staatlichen Beihilfen entspricht; betont, dass dies – obwohl es das Ansehen des jeweiligen Mitgliedstaats möglicherweise stark beschädigt – faktisch eine Belohnung für Verstöße gegen die Vorschriften ist, was die Mitgliedstaaten im Zweifelsfall kaum davon abhalten dürfte, zu rechtswidrigen Beihilfepraktiken zu greifen und missbräuchliche Steuervorteile zu gewähren, sondern sie eher von ihrer Pflicht zur Einhaltung der EU-Beihilfevorschriften entbindet und auch die Haushaltseinnahmeverluste nicht auffängt, die den betroffenen Mitgliedstaaten entstehen; ist im Allgemeinen der Ansicht, dass in den Beihilfevorschriften Sanktionen vorgesehen werden sollten, die wirksam vor rechtswidrigen staatlichen Beihilfen abschrecken;

72.  weist auch auf die Möglichkeit hin, dass bei missbräuchlicher Verrechnungspreisgestaltung zwischen in verschiedenen Staaten ansässigen Tochterunternehmen nicht nur der Mitgliedstaat, von dem die steuerlich günstige Behandlung ausging, seine Steuereinnahmen anpasst (Wiedereinziehung von Beihilfen), sondern dass dies auch in den übrigen Ländern geschieht, in denen die Transaktion erfolgt ist (nachträgliche Anpassung der Verrechnungspreisgestaltung und damit des steuerpflichtigen Einkommens); betont, dass dies in einigen Fällen zu Doppelbesteuerung führen könnte;

73.  weist erneut darauf hin, dass Steuervorbescheide dazu dienen sollten, dass die davon Begünstigten Rechtssicherheit genießen und berechtigte Erwartungen hegen; betont, dass angesichts der möglichen Anfechtung einzelstaatlicher Vorbescheide mithilfe der EU-Beihilfevorschriften das Risiko besteht, dass die Mitgliedstaaten in großem Umfang Anträge auf Vorabbestätigung einzelner Vorbescheide durch die Kommission stellen, um Rechtsunsicherheit für Steuerbehörden und Unternehmen vorzubeugen; betont, dass die Erhöhung der Kapazitäten der Kommission und verbesserte Verfahren der Informationsübertragung geeignete Mittel sind, um den anschwellenden Strom der Benachrichtigungen zu bewältigen und die von den Mitgliedstaaten geforderte größere Transparenz an den Tag zu legen;

Drittländer

74.  ist besorgt darüber, dass die negativen Ausstrahlungseffekte der schädlichen Steuerpraktiken einiger multinationaler Unternehmen offenbar in Entwicklungsländern wesentlich stärker ausfallen als in Industrieländern[33], da jene einen größeren Anteil ihrer Einnahmen aus der Körperschaftsteuer beziehen und schwächere öffentliche Finanzsysteme, schlechtere regulatorische Rahmenbedingungen und weniger Verwaltungskapazität haben, um Steuerehrlichkeit sicherzustellen und gegen diese schädlichen Praktiken vorzugehen; weist darauf hin, dass dem IWF[34] zufolge die relativen Einnahmenverluste infolge aggressiver Steuerplanung in den Entwicklungsländern dreimal so hoch sind wie in den Industrieländern; betont, dass die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 208 des Vertrags von Lissabon verpflichtet sind, ihre Politik so auszurichten, dass die Entwicklung in den Entwicklungsländern unterstützt wird; weist darauf hin, dass umfassende nachträgliche Bewertungen der Ausstrahlungseffekte der einzelstaatlichen Steuermaßnahmen, deren Ergebnisse veröffentlicht werden sollten, den politischen Entscheidungsträgern helfen würden, dafür zu sorgen, dass derlei Praktiken nicht die Steuerbemessungsgrundlage anderer Mitgliedstaaten oder von Drittländern aushöhlen;

75.  betont, dass gleichzeitig die wenigen „Gewinner“ des weltweiten Steuerwettbewerbs, d. h. Länder mit sehr attraktiven Körperschaftsteuerstrategien inner- und außerhalb der EU, einige im Vergleich zu ihrer Größe und tatsächlichen Wirtschaftstätigkeit unverhältnismäßige wirtschaftliche Eckdaten aufweisen, was insbesondere die Anzahl gebietsansässiger Unternehmen pro Einwohner, den Umfang der verbuchten ausländischen Gewinne, ausländischen Direktinvestitionen (ADI) oder abfließenden Finanzströme im Verhältnis zum BIP betrifft; stellt fest, dass dies ein Beleg dafür ist, dass ihre Steuerbemessungsgrundlage und die eingehenden Finanzströme künstlich sind und dass das derzeitige Steuersystem eine Entkopplung zwischen dem Ort der Wertschöpfung und dem Ort der Besteuerung ermöglicht;

76.  betont, dass Steuerwettbewerb bei weitem nicht auf die Mitgliedstaaten einschließlich ihrer abhängigen oder assoziierten Gebiete beschränkt ist und dass die meisten untersuchten Praktiken ein internationales Problem sind, da Gewinne in Hoheitsgebiete mit geringer oder ohne Besteuerung oder mit Steuer- und Finanzgeheimnis verschoben werden, in denen oft keine wesentliche Wirtschaftstätigkeit stattfindet; bedauert, dass sich die Mitgliedstaaten in Bezug auf diese Hoheitsgebiete nicht abstimmen, und zwar nicht nur, was gemeinsame Maßnahmen oder Reaktionen auf ihre schädlichen Praktiken betrifft, sondern auch – trotz der Bemühungen der Kommission – bezüglich der Ermittlung dieser Praktiken und der einschlägigen Kriterien; befürwortet daher nachdrücklich den Vorschlag der Kommission von 2012, in dem konkrete Kriterien genannt werden, mit denen für fairen Wettbewerb sowie Transparenz und Informationsaustausch gesorgt wird, sowie die vor kurzem im Steuerpaket der Kommission vom 17. Juni 2015 veröffentlichte Liste nicht kooperativer Steuerhoheitsgebiete, die nach dem Prinzip des gemeinsamen Nenners auf der Grundlage bestehender einzelstaatlicher Listen erstellt wurde; betont, dass die Erstellung einer solchen Liste Voraussetzung für angemessene Maßnahmen gegen derartige Hoheitsgebiete ist; ist der Meinung, dass diese Liste den ersten Durchlauf eines Verfahrens darstellen sollte, das eine rigorose, objektive Definition von „Steueroasen“ ergibt, welche dann für künftige Listen herangezogen werden kann, und zwar auf der Grundlage klarer, im Voraus bekannter Kriterien; fordert die Kommission auf, dass sie bewertet, ob europäische Länder diesen Kriterien entsprechen;

77.  betont, dass aufgrund der einschlägigen Arbeit der OECD wesentliche Ergebnisse bei der Transparenz und dem Austausch von Informationen erzielt wurden; begrüßt insbesondere, dass im Juni 2015 knapp 100 Länder das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (das „Gemeinsame Übereinkommen“) der OECD unterzeichnet haben, das eine Zusammenarbeit im Verwaltungsbereich zwischen Staaten bei der Festsetzung und Beitreibung von Abgaben insbesondere im Hinblick auf die Eindämmung von Steuerumgehung und -hinterziehung vorsieht;

78.  betont jedoch, dass die Arbeit der OECD an ihrer früheren Liste unkooperativer Steueroasen auf einem politischen Prozess beruhte, bei dem bereits bei der Festlegung der Kriterien für die Liste willkürliche Kompromisse geschlossen wurden, beispielsweise die Anforderung, dass Steuerabkommen mit zwölf anderen Staaten bestehen müssen, weshalb letztlich kein Staat als unkooperative Steueroase aufgeführt wurde; hebt hervor, dass ihr derzeitiger Ansatz immer noch auf Kriterien basiert, die sich auf Steuertransparenz und den Austausch von Informationen beziehen und nicht umfassend genug sind, um den schädlichen Wirkungen bestimmter Steuerpraktiken abzuhelfen; stellt fest, dass dies – ungeachtet seiner Vorzüge – der Relevanz des Ansatzes der OECD für die Ermittlung der Steuergebiete, die die tragenden Säulen von Steuerumgehungspraktiken und schädlichem Steuerwettbewerb weltweit sind, abträglich ist; betont insbesondere, dass bei diesem Ansatz weder qualitative Indikatoren zur objektiven Beurteilung der Frage, inwiefern dabei guten Verwaltungsverfahren entsprochen wird, angewandt werden noch quantitativen Daten wie Buchgewinnen, zu- und abfließenden Finanzströmen und deren Verbindung mit der wirtschaftlichen Realität in einem bestimmten Hoheitsgebiet Rechnung getragen wird;

79.  betont, dass diese Listen auf nationaler Ebene verwendet werden können, um nationale Schutzvorschriften und auf Drittländer abzielende Bestimmungen gegen Steuerumgehung zu erlassen (wie die Einschränkung von Vergünstigungen, die Durchführung einer Prüfung des Hauptzwecks, Vorschriften über beherrschte ausländische Unternehmen), und dass die diesen Listen geschuldeten Beschränkungen folglich auch den Umfang und die Wirksamkeit nationaler Maßnahmen zur Eindämmung schädlicher Steuerpraktiken einschränken können;

80.  ist davon überzeugt, dass im Interesse der Sicherstellung des fairen Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt und des Schutzes der Steuerbemessungsgrundlagen der Mitgliedstaaten unbedingt das schwächste Glied im Hinblick auf Interaktionen mit Hoheitsgebieten mit geringer oder ohne Besteuerung oder mit Steuer- und Finanzgeheimnis in Angriff genommen werden muss – wobei zu berücksichtigen ist, dass die Steuersätze in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen –, da Steuerschlupflöcher (z. B. das Fehler einer Quellensteuer), mit denen Tür und Tor zu Drittländern geöffnet wird, ungeachtet der Steuermaßnahmen dieser Länder die Möglichkeiten zur Steuerumgehung in der EU deutlich steigern;

81.  betont, dass sich ein koordinierter Ansatz der Mitgliedstaaten gegenüber Entwicklungs- und Industrieländern gleichermaßen für die Beseitigung schädlicher Steuerpraktiken und die Förderung der Gegenseitigkeit der Steuerpolitik als wesentlich wirksamer erweisen könnte;

82.  betont, dass einige Drittländer aufgrund des Drucks der EU und der G20 in der Frage der Steuertransparenz und vor dem Hintergrund der Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise endlich Abkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen (TIEA) mit der EU geschlossen haben, wodurch sich die Zusammenarbeit mit diesen Ländern verbessern dürfte; weist darauf hin, dass im Fall der Schweiz im Mai 2015 nach einem langen „Übergangszeitraum“, in dem dieser wichtige Handelspartner der EU bevorzugten Zugang zum Binnenmarkt hatte, zugleich jedoch in anderen Bereichen, insbesondere bei der Besteuerung, nicht kooperierte, ein Abkommen unterzeichnet wurde;

83.  stellt fest, dass trotz der laufenden Verhandlungen die Unterzeichnung ähnlicher Kooperationsabkommen mit San Marino, Monaco, Liechtenstein und Andorra weiterhin nur langsam voranschreitet; bedauert, dass die Kommission nicht über ein ähnliches europäisches Mandat zur Aushandlung von Abkommen über den automatischen Informationsaustausch mit überseeischen Gebieten verfügt, die gegenwärtig in den Anwendungsbereich der Zinsbesteuerungsrichtlinie der EU fallen;

84.  stellt mit Besorgnis fest, dass viele Entwicklungsländer besonders anfällig für Steuerumgehungsmaßnahmen multinationaler Unternehmen sind und dass den nationalen Haushalten der Entwicklungsländer in erster Linie aufgrund der Verrechnungspreisgestaltung multinationaler Unternehmen Einnahmen entgangen sind[35]; betont, dass sich diese Länder in einer sehr schwachen Verhandlungsposition gegenüber bestimmten multinationalen Unternehmen oder ausländischen Direktinvestoren befinden, die weltweit auf der Ausschau nach Steuervergünstigungen und -befreiungen sind; prangert an, dass den nationalen Haushalten Schätzungen zufolge jährlich zwischen 91 Mrd. EUR[36] und 125 Mrd. EUR[37] an Steuereinnahmen entgehen;

85.  erinnert die Mitgliedstaaten daran, dass sie im Rahmen des Vertrags von Lissabon an den Grundsatz der Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung gebunden sind und dafür sorgen müssen, dass ihre Steuerpolitik die EU-Entwicklungsziele nicht beeinträchtigt; legt den Mitgliedstaaten nahe, wie vom IWF vorgeschlagen eine Analyse der Ausstrahlungseffekte ihrer Steuerpolitik und ihrer Auswirkungen auf Entwicklungsländer durchzuführen;

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

86.  kommt beim Rückblick auf das Mandat, das es seinem Sonderausschuss übertragen hat, und trotz der zahlreichen Einschränkungen und Hindernisse, auf die dieser bei seinen Informationsreisen sowie bei der Zusammenarbeit mit den Organen der EU, einigen Mitgliedstaaten und multinationalen Unternehmen stieß, zu folgenden Schlüssen:

–  unbeschadet der Ergebnisse der laufenden Ermittlungen der Kommission zu staatlichen Beihilfen weisen die gesammelten Informationen darauf hin, dass die Mitgliedstaaten in mehreren Fällen gegen Artikel 107 Absatz 1 AEUV verstoßen haben, da sie Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung eingeführt haben, die durch die Bevorzugung bestimmter Unternehmen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt bewirkt haben;

–  einige Mitgliedstaaten haben Artikel 108 AEUV nicht uneingeschränkt durchgesetzt, da sie es versäumten, die Kommission formell über all ihre Pläne für die Gewährung staatlicher Beihilfen im Steuerbereich in Kenntnis zu setzen, womit sie auch gegen die entsprechenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates verstießen; dabei wird betont, dass die Kommission folglich nicht wie in Artikel 108 AEUV vorgesehen alle Beihilferegelungen fortlaufend überprüfen konnte, da sie – zumindest vor 2010, also in dem Zeitraum, der von ihren laufenden Ermittlungen nicht abgedeckt wird – keinen Zugang zu allen einschlägigen Informationen hatte,

–  die Mitgliedstaaten haben ihre Verpflichtungen gemäß den Richtlinien 77/799/EWG und 2011/16/EU des Rates nicht eingehalten, da sie Steuerinformationen nicht spontan ausgetauscht haben und dies weiterhin nicht tun, und zwar selbst in Fällen, in denen es trotz des Ermessensspielraums, den diese Richtlinien lassen, eindeutige Gründe für die Annahme gab, dass es Steuereinbußen in anderen Mitgliedstaaten gab oder dass sich Steuerersparnisse aus künstlichen Gewinnverschiebungen innerhalb von Konzernen ergeben haben können,

–  einige Mitgliedstaaten haben den in Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nicht beachtet, da sie nicht alle angemessenen Maßnahmen allgemeiner oder spezieller Art ergriffen haben, um für die Einhaltung ihrer Verpflichtungen Sorge zu tragen,

–  eine Analyse einzelner Fälle von Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht betreffend die zuvor genannten Absätze war nicht möglich, da die Mitgliedstaaten, der Rat und die Kommission nicht genügend detaillierte Informationen bereitstellten;

–  die Kommission hat schließlich in ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gemäß Artikel 17 Absatz 1 EUV versagt, da sie in dieser Sache nicht tätig wurde und trotz gegenteiliger Beweise nicht alle notwendigen Schritte unternahm, um dafür zu sorgen, dass sie ihren Pflichten nachkommen, und zwar vor allem denjenigen, die sie gemäß den Richtlinien 77/799/EWG und 2011/16/EU des Rates haben; die Kommission erfüllte ihre Verpflichtungen gemäß Artikel 108 des Vertrags von Lissabon über das Funktionieren des Binnenmarktes insofern nicht, als sie in der Vergangenheit keine Ermittlungen zu staatlichen Beihilfen einleitete;

87.  fordert die Kommission und den Rat in Anbetracht der derzeit mangelnden Untersuchungsbefugnisse des Parlaments auf, dem anhängigen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments über Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts des Europäischen Parlaments[38] unverzüglich zuzustimmen, um dem Europäischen Parlament wirkliche Untersuchungsbefugnisse zu verleihen, die für die Ausübung seines parlamentarischen Untersuchungsrechts unabdingbar sind;

88.  fordert die Kommission auf, dass sie untersucht, ob die genannten Verstöße noch vor den Gerichtshof gebracht werden könnten;

89.  fordert die Mitgliedstaaten auf, den Grundsatz der Besteuerung von Gewinnen am Ort ihrer Erwirtschaftung einzuhalten;

90.  fordert von den Mitgliedstaaten und den EU-Organen, die gemeinsam die politische Verantwortung für die derzeitige Lage tragen, dass sie schädlichem Steuerwettbewerb ein Ende bereiten und uneingeschränkt zusammenarbeiten, um Diskrepanzen zwischen Steuersystemen zu beseitigen – und keine weiteren Diskrepanzen zu schaffen – und schädliche steuerliche Maßnahmen zu unterbinden, die die Voraussetzung dafür sind, dass multinationale Unternehmen in großem Maßstab Steuern umgehen und die Steuerbemessungsgrundlage auf dem Binnenmarkt ausgehöhlt wird; fordert die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten über alle relevanten Änderungen ihrer Körperschaftsteuergesetze zu unterrichten, die sich auf ihre effektiven Steuersätze oder das Steueraufkommen der übrigen Mitgliedstaaten auswirken könnten; betont, dass die Mitgliedstaaten, die eine zentrale Rolle bei der Begünstigung von Steuerumgehung spielen, Verantwortung übernehmen und eine Vorreiterrolle bei den Bemühungen um eine Verbesserung der steuerpolitischen Zusammenarbeit in der EU übernehmen sollten;

91.  fordert die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten auf, dass sie neue klare politische Verpflichtungen eingehen, zügig Maßnahmen zur Beilegung dieser Situation zu ergreifen, die insbesondere deswegen nicht mehr tragbar ist, da sie sich auf die ohnehin den Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung unterworfenen einzelstaatlichen Haushalte und auf die Steuerlast anderer Steuerzahler, zu denen die KMU und die Bürger zählen, auswirken; betont vor diesem Hintergrund, dass es beabsichtigt, seine Rolle uneingeschränkt wahrzunehmen, und bereit ist, in enger Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Parlamenten für eine wirksamere politische Kontrolle zu sorgen;

92.  fordert die Kommission auf, insofern ihrer Pflicht als Hüterin der Verträge nachzukommen, als sie dafür sorgt, dass das Unionsrecht und der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten uneingeschränkt eingehalten werden; fordert die Kommission nachdrücklich auf, in Übereinstimmung mit den ihr durch den Vertrag übertragenen Befugnissen weitere rechtliche Schritte zu ergreifen; fordert die Kommission daher auf, ihre internen Kapazitäten zu stärken, indem sie möglicherweise eine spezifische Steuerabteilung in ihren Dienststellen einrichtet, um zum einen dem anschwellenden Strom der Mitteilungen über staatliche Beihilfen im Bereich der Wettbewerbspolitik und zum anderen ihren ausgebauten Befugnissen bei der Koordinierung neuer Maßnahmen für mehr Steuertransparenz gerecht zu werden;

93.  fordert die Mitgliedstaaten auf, der Kommission alle Informationen zu übermitteln, die diese benötigt, um ihre Funktion als Hüterin der Verträge ungehindert ausüben zu können;

94.  fordert die Kommission auf, bewährte Verfahren der Verrechnungspreisgestaltung sowie der Preisgestaltung von Krediten und Zahlungsgebühren bei gruppeninternen Transaktionen zu fördern, um diese an das Niveau der geltenden Marktpreise anzugleichen;

95.  betont, dass die Mitgliedstaaten weiterhin uneingeschränkt befugt sind, ihre jeweiligen Körperschaftsteuersätze festzulegen; fordert trotzdem nachdrücklich, dass Steuerwettbewerb in der EU und gegenüber Drittländern innerhalb eines klaren Regelungsrahmens erfolgen sollte, um für fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen auf dem Binnenmarkt zu sorgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, zuallererst ein unternehmensfreundliches Umfeld zu schaffen, das sich unter anderem durch wirtschaftliche, finanzielle und politische Stabilität sowie durch Rechtssicherheit und unkomplizierte Steuervorschriften auszeichnet; fordert die Kommission angesichts ihrer entscheidenden Rolle bei der Sicherung der finanziellen Tragfähigkeit auf, dass sie im Rahmen des Europäischen Semesters gründlicher auf Probleme bei der Unternehmensbesteuerung eingeht, wozu schädliche Steuerpraktiken und ihre Auswirkungen zählen; fordert zudem, dass einschlägige Indikatoren, z. B. Schätzungen der Steuerlücke infolge von Steuerhinterziehung und -umgehung, in das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht aufgenommen werden;

96.  fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen steuerpolitischer und wirtschaftlicher Angleichung zu finden und sicherzustellen, dass die Maßnahmen Wachstum, Investitionen und Beschäftigung fördern;

97.  vertritt die Auffassung, dass unter anderem ein umfassender, transparenter und wirksamer automatischer Austausch von Steuerinformationen und eine verbindliche gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage wesentliche Voraussetzungen dafür sind, ein Steuersystem auf EU-Ebene umzusetzen, das den Grundsätzen des Binnenmarkts entspricht und sie aufrechterhält;

98.  fordert die Mitgliedstaaten und die EU-Organe angesichts der Komplexität der Angelegenheit auf, verschiedene einander ergänzende Maßnahmen umzusetzen, um die derzeitige Lage zu verbessern, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Komplexität für alle Interessenträger verringert werden muss und die Kosten der Einhaltung der Vorschriften für Unternehmen und Steuerverwaltungen minimiert werden müssen; betont daher, dass eine Vereinfachung der Steuermodelle der erste Schritt dahin sein sollte, nicht nur den Mitgliedstaaten, sondern auch den Bürgern, die derzeit vom Informationsaustausch ausgeschlossen sind, Klarheit zu verschaffen;

99.  fordert die Kommission auf, weiter empirisch zu analysieren, inwieweit die Möglichkeit eingeschränkt werden kann, Lizenzgebühren an verbundene Unternehmen auf die Steuerbemessungsgrundlage anzurechnen, um dem Verschieben von Gewinnen innerhalb von Unternehmensgruppen entgegenzuwirken;

100.  bedauert zutiefst, dass trotz wiederholter Einladungen nur acht von insgesamt 22 multinationalen Unternehmen[39] die Gelegenheit ergriffen haben, Themen der internationalen Steuerplanung mit dem Ausschuss zu erörtern; hält es für nicht hinnehmbar und die Würde des Europäischen Parlaments und der von ihm vertretenen Bürger verletzend, dass 14 dieser Unternehmen[40], von denen einige stark im Fokus der Öffentlichkeit stehen, die Zusammenarbeit mit einem Ausschuss des Parlaments ablehnen; empfiehlt daher, dass die zuständigen Stellen erwägen, den betreffenden Unternehmen Zugang zu den Parlamentsgebäuden zu verwehren, und dass ernsthaft in Erwägung gezogen wird, einen eindeutigen Rahmen für die Pflichten festzulegen, die gemäß dem Verhaltenskodex für Organisationen im Transparenzregister[41] hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Ausschüssen des Europäischen Parlaments und anderen politischen Einrichtungen bestehen, und diese Pflichten auszuweiten;

101.  fordert eine Untersuchung der Rolle der Finanzinstitute bei der Beihilfe zu schädlichen Steuerpraktiken;

Zusammenarbeit und Abstimmung in Bezug auf Steuervorbescheide

102.  verurteilt den Inhalt der am 6. Oktober 2015 im Rat erzielten politischen Einigung, die hinter dem Legislativvorschlag der Kommission vom März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung zurückbleibt; hebt hervor, dass dieser Vorschlag zusätzlich zu dem gemeinsamen Rahmen für die Registrierung und den automatischen Austausch von Informationen über Vorbescheide hinaus Bestimmungen enthält, auf deren Grundlage die Kommission seine Umsetzung durch die Mitgliedstaaten wirksam überwachen und sicherstellen kann, dass Vorbescheide den Binnenmarkt nicht beeinträchtigen; betont, dass nicht alle Vorteile des automatischen Austausches von Informationen über Vorbescheide genutzt werden könnten, wenn der Standpunkt des Rates angenommen würde, und zwar insbesondere, was die wirksame Umsetzung anbelangt; fordert den Rat daher auf, sich an den Vorschlag der Kommission zu halten und der Stellungnahme des Parlaments hierzu gebührend Rechnung zu tragen, insbesondere hinsichtlich des Geltungsbereichs der Richtlinie (in den sämtliche, nicht nur die grenzüberschreitenden Steuervorbescheide fallen), der Rückwirkungszeit (die für alle weiterhin gültigen Steuervorbescheide gilt, über die Informationen ausgetauscht werden sollten) und der Informationen, die der Kommission, die Zugang zu den Steuervorbescheiden haben sollte, übermittelt werden;

103.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sich in allen internationalen Foren für den automatischen Austausch von Informationen zwischen Steuerbehörden als neue weltweite Norm einzusetzen; fordert insbesondere die Kommission, die OECD und die G20 auf, dies durch die am besten geeigneten und wirksamsten Instrumente im Rahmen eines alle Seiten einbindenden Verfahrens auf internationaler Ebene zu fördern; bekräftigt, dass konkrete Schritte unternommen werden sollten, um sicherzustellen, dass der automatische Austausch von Informationen zwischen Steuerbehörden unter Wahrung der Vertraulichkeitspflicht wirklich weltweit angewandt und somit wirksam wird, indem die Bemühungen der Entwicklungsländer unterstützt werden, Kapazitäten für einen vollständigen automatischen Austausch von Informationen zwischen Steuerbehörden aufzubauen; betont, dass der automatische Austausch von Informationen zwischen Steuerbehörden in der EU mittels eines EU-weiten zentralen Registers erfolgen könnte, zu dem die Kommission und die zuständigen Behörden Zugang haben;

104.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in Erwägung zu ziehen, dass jeder Steuervorbescheid, zumal in Verbindung mit der Verrechnungspreisgestaltung, in Absprache mit allen betroffenen Ländern festgelegt wird, dass diese die einschlägigen Informationen untereinander automatisch, umfassend und unverzüglich austauschen und dass sämtliche einzelstaatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Steuerumgehung und der Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage innerhalb der EU, einschließlich Wirtschaftsprüfungen, gemeinsam durchgeführt werden, wobei den Erkenntnissen aus dem Programm Fiscalis 2020 gebührend Rechnung getragen werden sollte; bekräftigt seine Auffassung, dass die grundlegenden Elemente aller Vorbescheide, die Auswirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben, nicht nur zwischen den Steuerbehörden und der Kommission ausgetauscht, sondern auch in der länderspezifischen Berichterstattung der multinationalen Unternehmen genannt werden sollten;

105.  betont in diesem Zusammenhang, dass nicht nur grenzüberschreitende, sondern auch einzelstaatliche Vorbescheide Auswirkungen auf andere Mitgliedstaaten haben können, und fordert daher eine Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs auf alle Vorbescheide, die von oder im Namen der Regierung oder Steuerbehörde eines Mitgliedstaats oder einer regionalen oder administrativen Untereinheit ausgestellt werden und die am Tag des Inkrafttretens der Richtlinie noch gültig waren; legt Nachdruck auf die Schlüsselrolle, die die Kommission bei der Erhebung und Analyse von Daten zu Vorbescheiden spielt;

106.  fordert außerdem, dass ein Rahmen festgelegt wird, innerhalb dessen die Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs wirksam kontrolliert werden kann, dass statistische Daten über die ausgetauschten Informationen erhoben und veröffentlicht werden und vor allem, dass die Kommission bis zum 31. Dezember 2016 ein sicheres Zentralverzeichnis einrichtet, durch das den teilnehmenden Steuerbehörden der Informationsaustausch ermöglicht wird; weist erneut darauf hin, dass infolge der Einrichtung eines Systems für den automatischen Austausch von Informationen über Steuervorbescheide sehr große Datenmengen erhoben werden, weshalb es schwierig werden könnte, die wirklich problematischen Fälle zu ermitteln; betont, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten angesichts dessen und des Umstands, dass es 28 Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Sprachen und Verwaltungsverfahren gibt, über intelligente Möglichkeiten nachdenken müssen, etwa mittels Informationstechnologie mit der Menge und der Vielfalt der erhobenen Daten umzugehen, damit es in der EU zu einem tatsächlich wirksamen und sinnvollen automatischen Austausch von Informationen kommt;

107.  fordert die Kommission auf, dass sie prüft, inwiefern auf längere Sicht ein EU-weites Abwicklungsverfahren eingerichtet werden kann, in dessen Rahmen Steuervorbescheide von der Kommission überprüft werden, um die Sicherheit, Konsistenz , Einheitlichkeit und Transparenz des Verfahrens zu erhöhen und zu ermitteln, ob derlei Vorbescheide anderen Mitgliedstaaten zum Nachteil gereichen;

108.  betont, dass die Kommission zur Verbesserung der Transparenz für die Bürger jährlich einen Bericht veröffentlichen sollte, in dem sie die wichtigsten Fälle im gesicherten Zentralverzeichnis zusammenfasst, und dass sie dabei die Vorschriften der Amtshilferichtlinie, die die Vertraulichkeit betreffen, berücksichtigen sollte;

109.  fordert die Kommission auf, die Einrichtung eines gemeinsamen Rahmens für Steuervorbescheide auf EU-Ebene in Betracht zu ziehen, der insbesondere folgende einheitliche Kriterien umfassen sollte:

–  die Anforderung, Vorbescheide auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der Ausstrahlungseffekte, was ihre Auswirkungen auf die Steuerbemessungsgrundlagen anderer Länder einschließt, und unter Einbeziehung sämtlicher beteiligter Parteien und Länder zu erstellen,

–  ihre Offenlegung, entweder vollständig oder in vereinfachter Form, aber unter uneingeschränkter Wahrung der Vertraulichkeitspflicht,

–  die Verpflichtung, die Kriterien für die Bewilligung, die Ablehnung oder den Widerruf von Steuervorbescheiden offenzulegen,

–  Gleichbehandlung und gleicher Zugang für alle Steuerzahler,

–  kein Ermessensspielraum und uneingeschränkte Einhaltung der zugrundeliegenden steuerlichen Bestimmungen;

110.  fordert die Kommission auf, gemeinsame Leitlinien der EU für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes der OECD zur Vereinheitlichung des Vorgehens der EU-Mitgliedstaaten bei der Verrechnungspreisfestlegung so zu definieren, dass einzelstaatliche Verwaltungen die Möglichkeit haben, bei der Festlegung von Vereinbarungen zur Verrechnungspreisgestaltung ähnliche Vereinbarungen und nicht nur ähnliche Transaktionen zu vergleichen;

111.  ist der Ansicht, dass ein faires und effizientes Steuersystem angemessen transparent und vertraulich sein muss; ist daher überzeugt, dass die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten und, soweit erforderlich, die Kommission Zugang zu Informationen über die tatsächlichen Begünstigten von Rechtsinstrumenten bzw. Steuervorbescheiden haben sollten;

112.  ruft die Kommission auf unter anderem die Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung anzuwenden, bei der „Steuerstraftaten“ in die allgemeine Bestimmung des Begriffs „kriminelle Tätigkeit“ eingeschlossen werden, um die tatsächlichen Begünstigten bestimmter Rechtsinstrumente zu ermitteln;

113.  fordert die Kommission auf, intern ein öffentliches Zentralregister einzurichten, in dem alle die Unternehmensbesteuerung betreffenden gesetzlichen Steuerbefreiungen, -erleichterungen, -vergünstigungen und -gutschriften verzeichnet sind, und das eine entsprechende quantitative Bewertung der Auswirkungen auf den Haushalt der einzelnen Mitgliedstaaten enthält;

Gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer (GKKB)

114.  begrüßt den von der Kommission am 17. Juni 2015 vorgeschlagenen Aktionsplan zur Bekämpfung von Steuerumgehung und zur Förderung einer fairen und effizienten Unternehmensbesteuerung in der EU; fordert die Kommission auf, die Vorlage legislativer Änderungen im Hinblick auf die baldige Einführung einer verbindlichen EU-weiten gemeinsamen konsolidierten Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer (GKKB) zu beschleunigen, weil damit nicht nur auf das Problem von Steuervergünstigungen und Unstimmigkeiten zwischen den nationalen Steuersystemen, sondern auf die meisten Ursachen für die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage auf europäischer Ebene (insbesondere Verrechnungspreisgestaltung) reagiert würde; fordert die Kommission auf, die 2011 abgeschlossene Arbeit an dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Einrichtung der GKKB wieder aufzunehmen, dabei dem diesbezüglichen Standpunkt des Parlaments und den seitdem entstandenen neuen Faktoren Rechnung zu tragen sowie die aktuellen Schlussfolgerungen aus Arbeiten der OECD zu berücksichtigen, insbesondere die aus dem Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung („BEPS-Aktionsplan“) resultierenden Standards, sodass 2016 eine konsolidierte Fassung vorgelegt werden kann;

115.  fordert die Kommission auf, in ihre Vorschläge Bestimmungen zur Klarstellung der Begriffsbestimmungen für „Investitionen in FuE“ und „Betriebsstätten“ aufzunehmen, die der wirtschaftlichen Substanz Rechnung tragen und sich auch auf die digitale Wirtschaft erstrecken; verweist auf die Bedeutung von Investitionen in FuE und die Tatsache, dass es Investitionen und Wachstum in der digitalen Wirtschaft zu fördern und nicht zu behindern gilt, wenn der aufstrebenden europäischen digitalen Wirtschaft ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den Akteuren in den USA und anderswo verschafft werden soll; betont, dass empirisch belegt ist, dass Patentboxen nicht zur Förderung von Innovation beitragen, und aufgrund von Gewinnverlagerungen zu einer starken Aushöhlung der Bemessungsgrundlage führen können; betont gleichzeitig, dass der Missbrauch bzw. die Ausnutzung solcher Systeme durch abgestimmte Maßnahmen der Mitgliedstaaten und gemeinsame Standards und Definitionen dafür, was als FuE gefördert werden darf und was nicht, minimiert werden müssen; betont, dass der sogenannte modifizierte Nexus-Ansatz für Patentboxen, wie er von der BEPS-Initiative empfohlen wurde, nicht ausreichen wird, um die Probleme einzudämmen, die Patentboxen mit sich bringen;

116.  betont, dass im Interesse der Wiederherstellung der Verbindung zwischen Besteuerung und wirtschaftlicher Substanz, um sicherzustellen, dass Steuern in den Ländern gezahlt werden, in denen die Wirtschaftsaktivität und die Wertschöpfung tatsächlich stattfinden, sowie zur Beseitigung bestehender Unstimmigkeiten bei der Formelzerlegung zwischen Branchen unterschieden werden sollte, damit – vor allem bei digitalen Unternehmen, in deren Fall die Steuerbehörden schwer feststellen können, wo die Wertschöpfung erfolgt – den besonderen Merkmalen der einzelnen Branchen Rechnung getragen werden kann; fordert die Kommission auf, den Standpunkt des Parlaments zur GKKB sorgfältig zu prüfen und eine Formelzerlegung zu erlassen, die den tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivitäten der Unternehmen entspricht; fordert die Kommission auf, ihre Arbeiten an konkreten Optionen zur Gestaltung dieses Zerlegungsschlüssels fortzusetzen, damit es insbesondere möglich wird, für die einzelnen Sektoren die Auswirkungen auf die Steuereinnahmen der jeweiligen Mitgliedstaaten – in Abhängigkeit von der Struktur der Volkswirtschaft – abzusehen; betont darüber hinaus, dass die GKKB sowohl bei der Bekämpfung von BEPS als auch bei der Schaffung eines europäischen Mehrwerts – unabhängig davon, ob die Steuereinnahmen teilweise als neue Eigenmittel des EU-Haushalts zum Einsatz kommen – gute Dienste leisten kann;

117.  spricht sich dafür aus, dass die GKKB möglichst bald vollumfänglich und verbindlich eingeführt wird; würdigt den Ansatz der Kommission, die in ihrem Aktionsplan vom Juni 2015 als ersten Schritt eine einfache GKB (ohne Konsolidierung) vorgeschlagen hat; weist jedoch darauf hin, dass damit noch viele Fragen ungeklärt bleiben, denn insbesondere im Fall auf dem Binnenmarkt tätiger Unternehmen würde mit einer GKB – ohne Konsolidierung – kein Ausgleich für Verluste bestehen, es würde weder dem Verwaltungsaufwand noch den Unsicherheiten begegnet, die bezüglich der Verrechnungspreisgestaltung – eines der wichtigsten Instrumente multinationaler Unternehmen zur Steuerumgehung – bestehen, und auch der Verschiebung der Bemessungsgrundlage innerhalb der Union würde damit nicht wirksam begegnet; fordert die Kommission daher nachdrücklich auf, für die Aufnahme der „Konsolidierung“ in die GKKB-Initiative eine konkrete und kurze Frist zu setzen; fordert die Kommission auf, auf zusätzliche Folgenabschätzungen zu dieser Maßnahme zu verzichten, zumal sie in der EU seit Jahrzehnten auf der Tagesordnung steht, bereits umfangreiche Vorbereitungsarbeiten dazu durchgeführt wurden und sie jetzt seit der offiziellen Vorlage 2011 im Rat blockiert wird;

118.  fordert die Kommission auf, bis zur Annahme einer uneingeschränkten GKKB und ihrer vollständigen Umsetzung auf EU-Ebene Sofortmaßnahmen zu treffen, um für eine wirksame Besteuerung zu sorgen, die Gewinnverlagerungen (vor allem durch Verrechnungspreisgestaltung) zu reduzieren, bis zur Konsolidierung eine Übergangsregelung für die Verrechnung grenzüberschreitender Gewinne und Verluste auszuarbeiten, die befristet gilt und durch entsprechende Bestimmungen die Entstehung weiterer Möglichkeiten zur aggressiven Steuerplanung verhindert, sowie in alle einschlägigen Richtlinien angemessene und wirksame Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch aufzunehmen; fordert die Kommission auf, die bestehenden Richtlinien und Richtlinienentwürfe im Bereich Steuern und Unternehmensrecht auf ihre Eignung zur Durchsetzung einer wirksamen Besteuerung zu prüfen; fordert den Rat auf, sich auf den zügigen Erlass dieser Bestimmungen einzustellen; betont, dass die Anwendung einer gemeinsamen konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage mit der Einführung gemeinsamer Buchführungsvorschriften und einer entsprechenden Vereinheitlichung der Verwaltungsverfahren in Steuerangelegenheiten einhergehen muss, wenn die angestrebten Ziele, z. B. Verringerung des Verwaltungsaufwands, erreicht werden sollen;

119.  fordert die Kommission auf, eindeutige Rechtsvorschriften zur Definition der Begriffe „wirtschaftliche Substanz“, „Wertschöpfung“ und „Betriebsstätte festzulegen, damit insbesondere gegen das Problem der Briefkastenfirmen vorgegangen werden kann, und auf EU-Ebene Kriterien und Rechtsvorschriften für die Behandlung von FuE zu erarbeiten, die mit der Arbeit der OECD in diesem Bereich kompatibel sind, ohne darauf beschränkt zu sein, da die Mitgliedstaaten ihre diesbezügliche Strategie gerade – oft kumulativ mit Beihilfen – reformieren; weist darauf hin, dass aus diesen Rechtsvorschriften eindeutig hervorgehen sollte, dass zwischen den von der Steuerbehörde gewährten Steuervergünstigungen und den zugrunde liegenden FuE-Aktivitäten eine dirkete Verbindung bestehen muss; fordert die Kommission auf, die EU-Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften und ihre Anwendung im Einklang mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Cadbury Schweppes (C-196/04) so zu überarbeiten, dass sie auch in Situationen Anwendung finden können, die über rein künstliche Gestaltungen hinausgehen, sodass eine doppelte Nichtbesteuerung verhindert wird; fordert die Kommission auf, Vorschläge für eine Harmonisierung der Vorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften in der EU zu unterbreiten;

120.  fordert die Kommission auf, weitere Untersuchungen und Studien durchzuführen, um die Begriffe „aggressive Steuerplanung“ und „schädliche Steuerpraktiken“ sowie insbesondere den Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen und hybride Gestaltungen zu definieren, da bisher eine allgemein anerkannte Begriffbestimmung fehlt, und dabei die unterschiedlichen negativen Auswirkungen, die damit für die Gesellschaft verbunden sein können, zu berücksichtigen, für eine entsprechende Überwachung zu sorgen und die Folgen von Steuerumgehung in der EU und in Entwicklungsländern genauer zu ermitteln; fordert die Kommission außerdem auf, wie in dem Vorschlag der Kommission vom März 2015 angekündigt ein Verfahren festzulegen, mit dem das Ausmaß der durch Steuerumgehung und Steuerhinterziehung bedingten Steuerlücke bestimmt werden kann, und sicherzustellen, dass dieses Verfahren regelmäßig durchgeführt wird, damit die Entwicklung verfolgt werden kann und entsprechende Abhilfemaßnahmen aufgestellt werden können; fordert die Kommission auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den genauen Status aller „abhängigen Gebiete“ der Mitgliedstaaten klarzustellen und zu ermitteln, wie sie dazu gebracht werden können, ihre Praktiken zu ändern, um eine Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage innerhalb der EU zu verhindern;

121.  weist darauf hin, dass nicht nur in Bezug auf die Körperschaftssteuer, sondern auch bei der grenzüberschreitenden Umsatzbesteuerung in beträchtlichem Umfang betrogen wird und die Umsatzsteuer eine für die Staatskassen aller Länder wichtige Steuer ist; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu erarbeiten, damit diesem Problem – auch durch eine bessere Abstimmung zwischen den nationalen Steuerbehörden in diesem Bereich – begegnet werden kann;

Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung

122.  fordert, dass der Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung und die für seine Durchsetzung zuständige Gruppe umgehend reformiert werden, zumal sie bisher nachweislich von zweifelhaftem Nutzen waren, was die Beseitigung wirklicher zurzeit bestehender Hindernisse für die wirksame Bekämpfung schädlicher Steuerpratiken und die Förderung einer EU-weiten Abstimmung und Zusammenarbeit im Steuerbereich betrifft;

123.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die im Aktionsplan der Kommission für faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU vom 17. Juni 2015 enthaltenen Vorschläge im Geiste einer guten Zusammenarbeit zu unterstützen; ist der Ansicht, dass die Glaubwürdigkeit der Gruppe aus mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht einen Nutzen ziehen würde; spricht sich deshalb dafür aus, die Leitungsstruktur und das Mandat der Gruppe zu reformieren, unter anderem durch Ernennung eines ständigen, politisch rechenschaftspflichtigen Vorsitzes, Verbesserung der Arbeitsverfahren der Gruppe – etwa durch Einführung eines Durchsetzungsmechanismus, Stärkung des Profils der Gruppe durch regelmäßige Mitarbeit von Finanzministern oder hohen Beamten in der Gruppe und Verbesserung des Austauschs von Informationen in der Gruppe zur wirksameren Lösung der Probleme im Zusammenhang mit BEPS; fordert, dass die im Verhaltenskodex festgelegten Kriterien aktualisiert und erweitert werden, damit sie neue Formen schädlicher Steuerpraktiken, auch in Drittländern, abdecken; fordert den Vorsitz der Gruppe und den Rat auf, dem federführenden Ausschuss des Parlaments regelmäßig Bericht zu erstatten und sich mit ihm auszutauschen, vor allem, was die Vorlage der halbjährlichen Berichte der Gruppe an den Rat „Wirtschaft und Finanzen“ betrifft;

124.  fordert den Rat ganz allgemein auf, analog zu anderen Bereichen, in denen die alleinige Kompetenz bei Mitgliedstaaten oder anderen unabhängigen Insitutionen wie der Europäischen Zentralbank oder dem Aufsichtsgremium der EZB liegt, auch bei grenzüberschreitenden Steuerangelegenheiten auf EU-Ebene die Förderung einer wirklichen demokratischen Kontrolle zu unterstützen; fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, die Einrichtung einer hochrangigen Gruppe „Steuerpolitik“ in Erwägung zu ziehen, wie das bereits vom Präsidenten der Kommission vorgeschlagen wurde; unterstreicht, dass in einem solchen, dem Parlament rechenschaftspflichtigen „Steuerausschuss“, wie im Fall des Wirtschafts- und Finanzausschusses, der Rat und die Kommission sowie unabhängige Sachverständige vertreten wären und der Ausschuss für eine allgemeinere Kontrolle der legislativen und nichtlegislativen steuerpolitischen Maßnahmen zuständig wäre und dem Rat „Wirtschaft und Finanzen“ Bericht zu erstatten hätte; fordert, dass das Parlament ein Initiativrecht erhält, das es ihm ermöglicht, der Gruppe „Verhaltenskodex“ jene nationalen Maßnahmen zu melden, die seines Erachtens die im Verhaltenskodex festgelegten Kriterien für schädlichen Steuerwettbewerb erfüllen;

125.  fordert die Kommission auf, auf der Grundlage des Berichts von Simmons & Simmons 1999 über die in Ziffer 26 des Berichts der Gruppe „Verhaltenskodex“ (Primarolo-Bericht) von 1999 (SN 4901/99) genannten Verwaltungspraktiken eine nochmalige Aktualisierung vorzunehmen;

126.  fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, unter entsprechender Berücksichtigung der Verträge und der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern in Bezug auf die Gruppe für mehr Transparenz, mehr Rechenschaftspflicht und eine bessere Überwachungsarbeit zu sorgen, und fordert die Kommission auf, unter Anwendung der Gemeinschaftsmethode Rahmenvorschriften auf den Weg zu bringen; erachtet es für wichtig, dass die breite Öffentlichkeit mehr Informationen über die Arbeit der Gruppe erhält;

127.  fordert die Kommission auf, die Empfehlungen des Europäischen Bürgerbeauftragten in Bezug auf die Zusammensetzung von Sachverständigengruppen vollständig umzusetzen und die ausgewogene Zusammensetzung von Sachverständigengruppen durch die Aufstellung eines entsprechenden Fahrplans sicherzustellen; fordert, dass – während auf dieses Ziel hingearbeitet wird – auch sofort mit der Reform der derzeitigen Struktur und Zusammensetzung begonnen wird; betont, dass diese Reformen nicht zu fehlender Fachkompetenz im Bereich der Rechtsetzung führen würden, da diese im Rahmen öffentlicher Konsultationen oder öffentlicher Anhörungen von Sachverständigen eingeholt werden könnten, die Vertretern aller Interessengruppen offen stehen; fordert die Kommission auf, eine eindeutige Definition des Begriffs „Interessenkonflikt“ und solide politische Maßnahmen zu erlassen, damit Akteure, bei denen die Gefahr eines Interessenkonflikts besteht, sowie Organisationen, denen Steuerhinterziehung oder andere Vergehen zur Last gelegt werden, von der aktiven Mitarbeit in Sachverständigen- oder Beratungsgremien ausgeschlossen bleiben;

Staatliche Beihilfen

128.  begrüßt und befürwortet entschieden, dass die Kommission als zuständige Wettbewerbsbehörde bei den laufenden Ermittlungen zu staatlichen Beihilfen in Verbindung mit Steuervorbescheiden die Schlüsselrolle übernimmt; ist der Ansicht, dass die in mehreren Mitgliedstaaten immer wieder praktizierte Geheimhaltung bei Projekten, die mit staatlichen Beihilfen unterstützt wurden, nicht angemessen ist; fordert die Kommission auf, ihre Befugnisse im Rahmen der EU-Wettbewerbsvorschriften voll auszuschöpfen und Sanktionen gegen Mitgliedstaaten und Unternehmen zu verhängen, bei denen solche Praktiken festgestellt werden; weist darauf hin, dass die Kommission unbedingt sowohl mehr personelle als auch mehr finanzielle Ressourcen einsetzen muss, damit sie besser in der Lage ist, alle notwendigen Untersuchungen zu staatlichen Beihilfen steuerlicher Art sofort durchzuführen; betont, dass die Mitgliedstaaten den Untersuchungen und Auskunftsersuchen der Kommission in jeder Hinsicht Folge leisten müssen;

129.  fordert die Kommission auf, spätestens bis Mitte 2017 im Rahmen ihrer Initiative zur Modernisierung des Beihilfenrechts neue Leitlinien zu erlassen, mit denen klargestellt wird, was als staatliche Beihilfen steuerlicher Art und „angemessene“ Verrechnungspreisgestaltung gilt, damit für Steuerzahler, die die Vorschriften befolgen, aber auch für Steuerbehörden Rechtssicherheit besteht, ein Rahmen für die Steuerpraktiken der Mitgliedstaaten vorgegeben wird und sie darin bestärkt werden, auf legitime Steuervorbescheide zurückzugreifen; bezweifelt den Nutzen des Schlichtungsübereinkommens, da es keine effiziente Grundlage zur Klärung von Streitigkeiten – insbesondere im Zusammenhang mit der Verrechnungspreisgestaltung – bietet; ist der Ansicht, dass dieses Instrument neu konzipiert und effizienter gestaltet oder aber durch einen EU-Streitbeilegungsmechanismus mit wirksameren Einigungsverfahren ersetzt werden sollte;

130.  fordert die Kommission auf, ihre Untersuchungen auf andere im Zusammenhang mit dem LuxLeaks-Skandal genannte multinationale Unternehmen und Maßnahmen auszudehnen, die ihrem Wesen oder ihrer Wirkung nach mit der Verrechnungspreisgestaltung vergleichbar sind;

131.  fordert die Kommission auf, im Einklang mit der weiter reichenden Verantwortung der Mitgliedstaaten aufgrund der Modernisierung des Beihilfenrechts die Einrichtung eines Netzes nationaler Steuerbehörden zu prüfen, in dessen Rahmen bewährte Verfahren ausgetauscht werden können und einheitlicher auf die Verhinderung steuerlicher Maßnahmen hingearbeitet werden kann, die auf illegale staatliche Beihilfen hinauslaufen könnten; fordert die Kommission auf, strategische Synergien zwischen den Tätigkeiten der (reformierten) Gruppe „Verhaltenskodex“ und der Durchsetzung von Wettbewerbsregeln im Bereich der staatlichen Beihilfen steuerlicher Art durch die Kommission zu stärken;

132.  weist darauf hin, dass sich die geltenden Bestimmungen zur Kontrolle staatlicher Beihilfen gegen wettbewerbsfeindliche Praktiken richten und die Rücknahme von Unternehmen gewährten unrechtmäßigen Vorteilen bewirken sollen; fordert die Kommission auf zu prüfen, ob die geltenden Vorschriften dahingehend geändert werden könnten, dass die Beträge, die bei Verstößen gegen die EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen erhoben werden, nicht wie bisher auch in Mitgliedstaaten, die illegale Beihilfen steuerlicher Art gewährt haben, sondern nur in von einer Aushöhlung der Steuergrundlage betroffene Mitgliedstaaten zurückfließen oder in den EU-Haushalt fließen; fordert die Kommission auf, die geltenden Bestimmungen so zu ändern, dass bei Verstößen gegen die Regeln für staatliche Beihilfen Sanktionen gegen die betreffenden Länder und Unternehmen verhängt werden können;

Transparenz

133.  ist der Ansicht, dass die EU das Potenzial hat, im Bereich der steuerlichen Transparenz weltweit eine Vorbildfunktion und eine Spitzenposition einzunehmen;

134.  hebt hervor, dass Transparenz für eine erhöhte Rechenschaftspflicht der multinationalen Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit und für die Unterstützung der Steuerbehörden bei ihren Ermittlungen ganz entscheidend ist; betont, dass Transparenz einen starken Abschreckungseffekt und eine Änderung der Verhaltensmuster bewirken kann, da sie Risiken für das Ansehen vorschriftswidriger Firmen birgt und mit der Offenlegung von Informationen gegenüber den zuständigen Behörden einhergeht, die dann geeignete Korrekturmaßnahmen und Sanktionen veranlassen können; betont, dass zwischen der gebotenen Transparenz und dem notwendigen Schutz sensibler Geschäftsinteressen bzw. der Einhaltung von Datenschutzbestimmungen ein ausgewogenes Verhältnis erreicht werden sollte;

135.  ist der Ansicht, dass mehr Transparenz in Bezug auf die Tätigkeiten multinationaler Unternehmen eine Voraussetzung dafür ist, dass die Steuerbehörden bei BEPS wirklich effizient eingreifen können; bekräftigt deshalb seinen Standpunkt, dass multinationale Unternehmen aller Branchen in ihren Jahresabschlüssen eine Reihe aggregierter Informationen aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaat und Drittland, in denen eine Niederlassung besteht, offenlegen sollten, einschließlich Gewinne oder Verluste vor Steuern, Steuern auf Gewinne oder Verluste, Anzahl der Mitarbeiter, Vermögenswerte, grundlegende Informationen zu Steuerbescheiden usw. (länderspezifische Berichterstattung); betont, dass die Öffentlichkeit Zugang zu diesen Informationen haben muss, etwa in Form eines zentralen EU-Registers; hebt darüber hinaus hervor, dass KMU, die keine multinationalen Unternehmen sind, von dieser Verpflichtung befreit sein sollten; fordert den Rat auf, bis Ende 2015 den vom Parlament im Juli 2015 angenommenen Standpunkt zur Richtlinie über Aktionärsrechte zu billigen; hebt hervor, dass die Transparenzvorschriften so gestaltet und umgesetzt werden sollten, dass EU-Unternehmen im Wettbewerb nicht benachteiligt sind;

136.  fordert auch die Mitgliedstaaten auf, bei den Steuerbehörden ein stärker länderspezifisch aufgebautes Berichterstattungssystem einzuführen, das auf dem OECD-Standard beruht und detaillierte Informationen wie Steuererklärungen und Transaktionen innerhalb des Konzerns umfasst; hebt hervor, dass die Offenlegung von Steuerinformationen durch die Unternehmen gegenüber anderen Steuerbehörden mit einer Verbesserung des Rahmens für Streitbeilegungsverfahren einhergehen muss, damit über die jeweiligen Rechte der Parteien Klarheit besteht und missliche Folgeerscheinungen vermieden werden; betont, dass die Informationen im Falle drittstaatlicher Steuerbehörden nur an die Behörden jener Länder weitergegeben werden sollten, in denen dem EU-Schiedsübereinkommen gleichwertige Bestimmungen gelten; fordert darüber hinaus, dass harmonisierte Rechnungslegungsstandards erarbeitet werden, die vor allem eine detailliertere Offenlegung von Lizenzgebühren ermöglichen;

137.  fordert die Kommission auf, diesen Standpunkt im Einklang mit ihren früheren Bewertungen und Standpunkten zu unterstützen und alles daran zu setzen, dass seine Anwendung auf alle auf dem Binnenmarkt tätigen multinationalen Unternehmen ausgedehnt wird; und fordert die OECD auf, die Ausweitung seines Anwendungsbereichs auf die internationale Ebene zu unterstützen, damit für alle an grenzüberschreitenden Geschäften beteiligten Unternehmen vergleichbare Verpflichtungen gelten; hebt hervor, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz zwar notwendig, aber nicht ausreichend sind, wenn das Problem umfassend behandelt werden soll, und dass auch die einzelstaatlichen, auf EU-Ebene und international geltenden Steuersysteme wesentlich überarbeitet werden müssen;

138.  betont, dass die derzeitige Undurchsichtigkeit des internationalen Steuersystems es multinationalen Unternehmen ermöglicht, Steuern und nationale Steuergesetze zu umgehen und ihre Gewinne in Steueroasen zu verlagern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die zuständigen Behörden gemäß der vierten Geldwäscherichtlinie umfassenden Zugang zu den zentralen Registern für das wirtschaftliche Eigentum sowohl von Unternehmen als auch von Konzernen erhalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die vierte Geldwäscherichtlinie zügig umzusetzen und dafür zu sorgen, dass auf die in den Zentralregistern für das wirtschaftliche Eigentum erfassten Informationen allgemein und problemlos zugegriffen werden kann; bekräftigt seinen Standpunkt, dass diese Register öffentlich zugänglich sein sollten;

139.  würdigt die Arbeit, die die Kommission im Hinblick auf die Einführung einer EU-weiten Steueridentifikationsnummer (EU-TIN) geleistet hat; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag für eine EU-weite Steueridentifikationsnummer vorzulegen, der auf dem Konzept beruht, das im Aktionsplan der Kommission zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung von 2012 (Nummer 22)[42] vorgestellt wurde; erinnert daran, dass Steueridentifikationsnummern als beste Möglichkeit zur Identifizierung von Steuerpflichtigen gelten, und drängt deshalb darauf, dass dieses Projekts sehr schnell umgesetzt wird; fordert die Kommission auf, nach demselben Konzept auf die Einführung einer internationalen Identifikationsnummer, wie der globalen Rechtsträgerkennung (LEI) des Ausschusses für die LEI-Regulierungsaufsicht, hinzuarbeiten;

140.  betont darüber hinaus, dass Transparenz auch für die laufenden Untersuchungen zu staatlichen Beihilfen in Verbindung mit Steuervorbescheiden wichtig ist;

141.  fordert die Kommission auf, zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um in der EU den Regeln des Governmental Accounting Standards Board (GASB) der Vereinigten Staaten[43] vergleichbare Bestimmungen einzuführen, wonach Staaten und Kommunen verpflichtet sind, die Höhe des durch Körperschaftssteuerermäßigungen für wirtschaftliche Entwicklung bedingten Verlusts an Steuereinnahmen zu melden;

Schutz von internen Hinweisgebern

142.  fordert die Kommission auf, bis Juni 2016 einen Entwurf für einen EU-Rechtsrahmen zum wirksamen Schutz interner Hinweisgeber u. ä. auszuarbeiten; betont, dass es nicht hinnehmbar ist, dass Bürger oder Journalisten nicht rechtlich geschützt, sondern strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie bei Verdacht auf Fehlverhalten, Rechtsverletzungen, Betrug oder illegale Tätigkeiten – insbesondere bei Steuerumgehung, Steuerhinterziehung und Geldwäsche oder anderen Verstößen gegen Grundsätze der EU wie das Prinzip der loyalen Zusammenarbeit – im Interesse der Öffentlichkeit über diese Fälle berichten oder entsprechende Informationen offenlegen;

143.  fordert die Kommission auf, eine Reihe von Instrumenten zu prüfen, die dem Schutz vor ungerechtfertigter Strafverfolgung, wirtschaftlichen Sanktionen und Diskriminierung dienen können und gleichzeitig die Wahrung der Geheimhaltung von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen ermöglichen; verweist in diesem Zusammenhang auf den Dodd Frank Act der Vereinigten Staaten, wonach interne Hinweisgeber dafür honoriert werden, dass sie den Behörden Informationen aus erster Hand liefern, und vor strafrechtlicher Verfolgung und dem Verlust ihres Arbeitsplatzes geschützt sind, wobei die betreffende Vergütung nicht als Anreiz für die Veröffentlichung sensibler Geschäftsinformationen wirken darf; ist der Ansicht, dass eine unabhängige europäische Stelle, die diese Informationen erfasst und entsprechende Ermittlungen durchführt, sowie ein allgemeiner Fonds zur angemessenen finanziellen Unterstützung europäischer Hinweisgeber eingerichtet werden sollten, und dass sowohl die Stelle als auch der Fonds mit einem Teil der Einnahmen aus Nachforderungen oder Strafzahlungen finanziert werden sollten; ist der Auffassung, dass interne Hinweisgeber auch dann Schutz genießen sollten, wenn sie mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit treten, nachdem die auf nationaler oder auf EU-Ebene zuständigen Behörden zwar entsprechend benachrichtigt wurden, aber binnen eines Monats nicht reagiert haben;

Soziale Verantwortung der Unternehmen

144.  ist der Ansicht, dass eine verantwortungsvolle Steuerstrategie zu den Säulen der sozialen Verantwortung von Unternehmen (CSR) gehören muss, zumal CSR nach der neuen Begriffsbestimmung als „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“[44] definiert ist; bedauert, dass die meisten Unternehmen darauf in ihrem CSR-Bericht nicht eingehen; unterstreicht, dass aggressive Steuerplanung nicht mit der sozialen Verantwortung von Unternehmen vereinbar ist; fordert die Kommission auf, diesen Aspekt in eine überarbeitete EU-Strategie für die soziale Verantwortung von Unternehmen aufzunehmen und inhaltlich genau zu definieren;

Drittländer

OECD

145.  unterstützt den BEPS-Aktionsplan der OECD; weist jedoch darauf hin, dass es sich dabei um einen Kompromiss handelt, der mit Blick auf eine tatsächliche Eingrenzung der Steuerumgehung nicht weit genug geht, und stellt fest, dass diese Vorschläge als Ausgangsbasis für künftige Maßnahmen der EU und auf internationaler Ebene dienen sollten; fordert die OECD, ihre Mitgliedstaaten und alle anderen beteiligten Länder auf, ein wirksames Überwachungsinstrument einzurichten, damit die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Leitlinien bewertet werden können und Aussagen zu deren Wirksamkeit sowie gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen getroffen werden können;

146.  ist der Ansicht, dass die institutionellen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen der OECD und der Kommission verstärkt werden sollten, damit auch weiterhin für Kompatibilität zwischen den beiden Prozessen gesorgt ist und doppelte Standards vermieden werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle auf den OECD-Leitlinien beruhenden Rechtsvorschriften der EU umgehend in nationales Recht umzusetzen, damit die EU zu den Ersten gehört, die die Empfehlungen der OECD umsetzen; betont jedoch, dass der Ansatz der OECD nach wie vor auf nicht zwingenden Vorschriften beruht und die Maßnahmen der OECD aufgrund der Anforderungen des Binnenmarkts auf EU-Ebene durch einen entsprechenden Rechtsrahmen ergänzt werden müssen, indem beispielsweise eine Anti-BEPS-Richtlinie erlassen wird, die in den Bereichen, die nur unzureichend abgedeckt sind, über die BEPS-Initiative der OECD hinausgeht;

Steueroasen

147.  fordert, dass die EU geschlossen gegen Steueroasen vorgeht; fordert insbesondere die Kommission auf, auf der Grundlage ihrer Empfehlung vom Dezember 2012 für Maßnahmen, durch die Drittländer zur Anwendung von Mindeststandards für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich veranlasst werden sollen, weiter auf die Erarbeitung und die Annahme einer europäischen Definition des Begriffs „Steueroase“, gemeinsamer Kriterien zur Bestimmung von Steueroasen unabhängig von ihrer geographischen Lage und angemessener Sanktionen für mit Steueroasen zusammenarbeitende Länder sowie für Unternehmen, die Steueroasen zur aggressiven Steuerplanung nutzen, und auf die Festlegung angemessener gemeinsamer Maßnahmen für diese Gebiete hinzuarbeiten (die z. B. über den Austausch von Informationen und Transparenz hinauszugehen und einen fairen Steuerwettbewerb und eine wirksame Besteuerung bewirken); verweist, was eine keineswegs erschöpfende Liste solcher Maßnahmen betrifft, auf seine Entschließung zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerflucht und Steueroasen[45] vom 21. Mai 2013; bekräftigt, dass echte europäische Listen, die regelmäßig aktualisiert werden und auf umfassenden, transparenten, soliden, objektiv überprüfbaren und allgemein akzeptierten Kennzahlen basieren, eine wirksame Handhabe bieten würden, um verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich zu fördern und das steuerliche Verhalten mit Blick auf diese Gebiete aber auch in diesen Gebieten zu ändern;

148.  fordert die Kommission auf, in die schwarze Liste der EU jene Gebiete aufzunehmen, die Organisationen auch ohne maßgebliche Wirtschaftstätigkeit in dem Gebiet Steuervorteile bieten, in denen die Effektivbesteuerung sehr niedrig ist und die den automatischen Austausch von Steuerinformationen mit anderen Staaten oder Gebieten nicht garantieren;

149.  betont, dass insbesondere dafür gesorgt werden muss, dass ausgehende Finanzströme mindestens einmal besteuert werden, beispielsweise durch die Erhebung einer Quellensteuer oder vergleichbaren Abgabe, damit Gewinne die EU nicht unversteuert verlassen und fordert die Kommission auf, dazu einen entsprechenden Legislativvorschlag zu unterbreiten, indem sie beispielsweise die Richtlinie über Mutter- und Tochtergesellschaften und die Richtlinie über Zinserträge und Lizenzgebühren überarbeitet; fordert nachdrücklich, dass mit einem entsprechenden System sichergestellt wird, dass den nationalen Steuerbehörden zur Bestätigung dieses Vorgangs ein Belegdokument vorgelegt werden muss, das auch der Kommission übermittelt wird, damit der Binnenmarkt geschützt ist und die Verbindung zwischen dem Ort der Gewinnerzielung bzw. Wertschöpfung und dem Ort der Besteuerung gewahrt bleibt; betont, dass eines solches System gut geplant sein sollte, damit es nicht zu Doppelbesteuerung und Konflikten kommt; unterstützt den multilateralen Ansatz der OECD in Steuerfragen, der auf die Rationalisierung internationaler Steuerregelungen und die Besteuerung von Gewinnen am Ort der Wertschöpfung ausgerichtet ist und fordert die Kommission vor diesem Hintergrund auf, die Position der EU auf der internationalen Bühne zu stärken, indem sie mit einer Stimme spricht, und auf die Erarbeitung eines gemeinsamen EU-Rahmens für bilaterale Abkommen in Steuerangelegenheiten und eine schrittweise Ablösung der vielen einzelnen bilateralen Steuerabkommen durch Abkommen zwischen der EU und Drittstaaten hinzuarbeiten; betont, dass der Praxis des „Treaty Shopping“ damit ganz direkt begegnet werden könnte; fordert die Mitgliedstaaten auf, für die Zwischenzeit gemäß den BEPS-Empfehlungen umgehend Missbrauchsklauseln in ihre Steuerabkommen aufzunehmen;

150.  vertritt die Auffassung, dass der Abschluss von Freihandelsabkommen mit einer verstärkten Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten einhergehen muss, damit die Steuerumgehung durch an denselben Märkten konkurrierende Unternehmen unterbunden und für gleiche Wettbewerbsbedingungen gesorgt werden kann; fordert die Kommission daher auf, in alle EU-Freihandelsabkommen Steuerbestimmungen aufzunehmen, durch die die Partnerländer zu verantwortungsvollem Handeln in Steuerangelegenheiten verpflichtet werden, damit in dieser Frage für Gegenseitigkeit gesorgt ist; betont, dass die Arbeiten der Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen eine gute Grundlage für die Umsetzung dieses Konzepts bieten; betont, dass das gleiche für EU-Kooperationsabkommen gelten könnte;

151.  fordert die EU-Stellen auf, mit Gebieten, die in Steuerangelegenheiten als unkooperativ gelten, sowie mit Unternehmen, die wegen Steuerbetrug, Steuerhinterziehung oder aggressiver Steuerplanung verurteilt wurden, nicht zusammenzuarbeiten; fordert Institutionen wie die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) auf, nicht länger durch Finanzintermediäre mit unkooperativen Steuergebieten zusammenzuarbeiten; fordert die EU-Stellen ferner auf, die Verpflichtung zu übernehmen, Unternehmen, die wegen Steuerbetrug, Steuerhinterziehung oder aggressiver Steuerplanung verurteilt wurden, keine EU-Fördermittel zu gewähren;

152.  fordert die Kommission auf, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente dafür einzusetzen, einen besser abgestimmten Ansatz gegenüber den Industrieländern zu verfolgen, um mehr Gegenseitigkeit im Steuerbereich zu fördern – dies gilt nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten („Foreign Account Tax Compliance Act“) insbesondere in Bezug auf den Austausch von Informationen mit den Vereinigten Staaten; fordert die Kommission im Zusammenhang mit dem Abkommen vom 27. Mai 2015 zwischen der EU und der Schweiz über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten auf, die vereinbarte Abschaffung einiger schädlicher Steuerpraktiken in der Schweiz im Interesse des Binnenmarkts gemäß den BEPS-Leitlinien genau zu überwachen und Sorge dafür zu tragen, dass in Zukunft keine neuen schädlichen Steuerpraktiken eingeführt werden; fordert die Kommission auf, im Rahmen der laufenden Verhandlungen mit der Schweiz den Vorschlag zu unterbreiten, dass im schweizerischen Recht Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen verankert werden; fordert nachdrücklich, dass die Kommission sicherstellt, dass die Schweiz dem EU-Ansatz im Steuerbereich folgt, und dass die Kommission das Europäische Parlament entsprechend unterrichtet;

153.  weist darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten im Rahmen des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und der Überarbeitung der einschlägigen EU-Richtlinien[46] im Jahre 2014 für einen multilateralen Ansatz beim automatischen Informationsaustausch entschieden haben; betont, dass es sich bei diesen beiden Initiativen um zentrale Grundlagen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und des Bankgeheimnisses handelt, weil Finanzinstitute dadurch dazu verpflichtet sind, eine Vielzahl von Informationen über Gebietsansässige mit Einnahmen aus ausländischen Vermögenswerten zu übermitteln;

Entwicklungsländer

154.  betont, dass die Lage in den Entwicklungsländern und insbesondere den am wenigsten entwickelten Ländern, die für gewöhnlich am stärksten von der Umgehung der Körperschaftssteuer betroffen sind und sehr geringe Steuerbemessungsgrundlagen und niedrige Steuerquoten aufweisen, auf nationaler, EU- und internationaler Ebene bei der Ausarbeitung von Maßnahmen und Strategien zur Bekämpfung von Steuerumgehung besonders berücksichtigt werden sollte; betont, dass diese Maßnahmen und Strategien dazu beitragen sollten, öffentliche Einnahmen zu erzeugen, die in angemessenem Verhältnis zu dem auf dem Gebiet der betreffenden Länder geschaffenen Mehrwert stehen, um ihre Entwicklungsstrategien, die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele und die Entwicklungsagenda für die Zeit nach 2015 angemessen finanzieren zu können; begrüßt vor diesem Hintergrund die Arbeit des Sachverständigenausschusses der Vereinten Nationen für internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen; fordert die Kommission auf, die Interessen der Entwicklungsländer bei bestehenden internationalen Initiativen zu unterstützen und Vertreter der Entwicklungsländer in ihre Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen aufzunehmen;

155.  fordert die EU und die Mitglieder der BEPS-Gruppe bei der OECD auf, dafür zu sorgen, dass im Rahmen des neuen, von der OECD entwickelten Standards für den automatischen Informationsaustausch („Global Standard on Automatic Information Exchange“) ein Übergangszeitraum für Entwicklungsländer vorgesehen wird, die den Anforderungen des gegenseitigen Informationsaustauschs derzeit aufgrund fehlender Verwaltungskapazitäten nicht entsprechen können;

156.  fordert die Kommission auf, weitere Maßnahmen vorzuschlagen, um zu einer Verbesserung der Verwaltungskapazitäten – insbesondere im Steuerbereich – in den Entwicklungsländern beizutragen, damit ein wirksamer Austausch von Steuerinformationen mit ihren Verwaltungen ermöglicht wird; fordert die Einrichtung einer Plattform für die Entwicklungsländer, indem Pilotprojekte zum automatischen Informationsaustausch durchgeführt werden; fordert die Entwicklungsländer auf, regionale Vereinbarungen oder andere Formen der steuerpolitischen Zusammenarbeit zu fördern, um ihre Verhandlungsposition gegenüber ausländischen Direktinvestoren und multinationalen Unternehmen zu stärken und Anliegen von gemeinsamem Interesse zu behandeln;

157  fordert die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass ihre Entwicklungshilfeagenturen über ausreichende Fachkompetenz insbesondere aus dem Finanzministerium und den Steuerbehörden verfügen, um im Rahmen der Entwicklungspolitik Steuerangelegenheiten zu behandeln;

158.  verweist auf den in seiner Entschließung vom 8. Juli 2015 zu Steuerumgehung und Steuerhinterziehung als Herausforderungen für die Staatsführung, den sozialen Schutz und die Entwicklung in Entwicklungsländern vorgelegten Aktionsplan; fordert alle Länder und internationalen Organisationen wie z. B. die Vereinten Nationen auf, sich an einem integrativen Prozess zu beteiligen und zur Steueragenda der G20/OECD beizutragen, die auf BEPS eingeht und internationale Transparenz in Bezug auf Steuern und die weltweite gemeinsame Nutzung von Steuerinformationen fördert, beispielsweise durch die Entwicklung eines einzigen gemeinsamen Meldestandards beim automatischen Informationsaustausch oder die Offenlegung wirtschaftlicher Eigentümer; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei künftigen internationalen Steuerdiskussionen dafür einzutreten, dass den Vereinten Nationen eine größere Rolle zukommt, z. B. indem die Einrichtung eines internationalen Steuergremiums unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen unterstützt wird;

Steuerberater

159.  verweist auf die problematische und fragwürdige Parallelität von Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Consultingtätigkeiten innerhalb ein und derselben Firmen, durch die einerseits den Steuerbehörden zugearbeitet wird, beispielsweise bei der Gestaltung von Steuersystemen oder der Verbesserung der Steuererhebung, und andererseits Steuerplanungsdienstleistungen für multinationale Unternehmen erbracht werden, bei denen die Schwachstellen im nationalen Steuerrecht ausgenutzt werden können;

160.  erinnert an das Bestehen eines europäischen Rechtsrahmens, der das aktuelle Paket zur Reform des Prüfungsmarktes einschließt, das vom Parlament in seiner Entschließung vom 3. April 2014 verabschiedet wurde; fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die entsprechenden Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten innerhalb der angemessenen Fristen und im Einklang mit den angestrebten Zielen tatsächlich Anwendung finden;

161.  fordert die Kommission auf, Vorschläge für Leitlinien für die Steuerberatungsbranche und für die Schaffung einer EU-weiten Regelung über Unvereinbarkeit für Steuerberater und ggf. Banken vorzulegen, damit ein Rahmen für die wirksame Verhinderung von Interessenkonflikten bei Dienstleistungen für den öffentlichen und den privaten Sektor geschaffen wird;

162.  fordert die Kommission außerdem auf, eine Untersuchung einzuleiten, um den Konzentrationsgrad in dieser Branche und daraus resultierende mögliche Wettbewerbsverzerrungen festzustellen; empfiehlt, bei dieser Untersuchung außerdem besonders darauf einzugehen, ob die Zusammenführung von Steuerberatung und Prüfungsdiensten innerhalb ein und derselben Unternehmen zu Interessenkonflikten führen kann, und dementsprechend Maßnahmen vorzuschlagen, unter anderem die Einführung von Mechanismen zur Trennung der Abteilungen innerhalb der Beratungsunternehmen;

163.  ersucht die Kommission, rasch zu untersuchen, ob ein Rechtsrahmen geschaffen werden kann, in dem hinreichende Sanktionen für Unternehmen, Banken, Wirtschaftsprüfungsunternehmen und Finanzberater festgelegt werden, die nachweislich an der Umsetzung oder Förderung rechtswidriger Steuerumgehung und aggressiver Steuerplanung beteiligt waren; betont, dass die Sanktionen abschreckend wirken und sich unter anderem auf Geldstrafen, die Verwehrung des Zugangs zur Finanzmitteln aus dem Haushalt der EU, das Verbot der Wahrnehmung jeglicher Beratungsfunktionen in den EU-Organen und, in extremen Fällen und Widerholungsfällen, auf den Entzug der Gewerbeerlaubnis erstrecken sollten;

Weitere Maßnahmen auf nationaler Ebene

164.  befürwortet weitere Maßnahmen auf nationaler Ebene zur Bekämpfung von Steuerumgehung im Rahmen der EU und der OECD, da nicht aufeinander abgestimmte Reaktionen zu weiteren Unstimmigkeiten und Gelegenheiten zur Steuerumgehung führen können; betont, dass das beste Instrument zur Bekämpfung der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage darin besteht, zusammenzuarbeiten, statt einseitig Steuervergünstigungen einzuführen, um Investitionen anzuziehen;

165  fordert die Kommission auf, Leitlinien für Steueramnestien aufzustellen, die von den Mitgliedstaaten gewährt werden, mit dem Ziel, die Umstände zu definieren, unter denen diese Amnestien mit den Bestimmungen der EU-Verträge in Bezug auf den freien Kapitalverkehr, die Dienstleistungsfreiheit und die Vorschriften zu staatlichen Beihilfen und Geldwäsche sowie mit dem gemeinsamen Ansatz der EU gegen Steueroasen in Einklang stehen; weist erneut darauf hin, dass beim Ergreifen solcher Maßnahmen extreme Vorsicht geboten ist, damit Steuerbetrügern keine Anreize geboten werden, auf die jeweils nächste Amnestie zu warten;

166.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ein Regime für Quellensteuern auf Lizenzgebühren einzuführen, um sicherzustellen, dass auch Lizenzgebühren an Drittstaaten, die nicht von bilateralen Steuerabkommen erfasst sind, besteuert werden;

167.  fordert alle Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, Folgenabschätzungen durchzuführen – bei Bedarf mit technischer Unterstützung seitens der Kommission –, die die Ausstrahlungseffekte auf andere Länder umfassen, bevor sie irgendwelche steuerlichen Maßnahmen erlassen, die Auswirkungen im Ausland haben könnten; fordert eine umfassende Beteiligung der nationalen Parlamente in Angelegenheiten der Steuerumgehung, da ausnahmslos jede Steuerregelung und steuerliche Behandlung einer ordnungsgemäßen Beurteilung und demokratischen Kontrolle durch den Gesetzgeber unterliegen sollte;

168.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Kürzungen bei den Ressourcen ihrer Steuerbehörden zu beenden und zu überdenken, verstärkt in ihre Steuerbehörden zu investieren und die Effizienz dieser Behörden zu steigern und für die wirksame Umgruppierung von Personal und Technologie und die Aktualisierung des Expertenwissens zu sorgen, um die Entwicklung und die Auswirkungen schädlicher Steuerpraktiken zu bekämpfen, die immer ausgeklügelter werden; fordert die Kommission auf, technische Unterstützung für solche Bemühungen bereitzustellen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Programm Fiscalis 2020; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Interesse der Mitgliedstaaten, der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen einfachere, wirksame und transparente Steuersysteme zu entwickeln;

169.  weist darauf hin, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge 16 % des BIP auf dem Gebiet der EU ausmacht; fordert, dass die Möglichkeit bewertet wird, im Rahmen des nächsten Verfahrens zur Änderung der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge Steuer-, Transparenz- oder Kooperationskritierien in die öffentlichen Ausschreibungen aufzunehmen; fordert die Mitgliedstaaten außerdem auf, in Erwägung zu ziehen, Unternehmen, die nachweislich aggressive Steuerplanung und Steuerumgehung betrieben haben, von der Teilnahme an der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen;

170.  betont abschließend, dass durch den Grundsatz der Einstimmigkeit im Rat, durch den jeder Mitgliedstaat ein Vetorecht hat, der Anreiz verringert wird, vom Status quo zu einer stärker auf Zusammenarbeit basierenden Lösung zu wechseln; fordert die Kommission auf, nicht darauf zu verzichten, bei Bedarf auf Artikel 116 AEUV zurückzugreifen, in dem Folgendes festgelegt ist: „Stellt die Kommission fest, dass vorhandene Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, so tritt sie mit den betreffenden Mitgliedstaaten in Beratungen ein. Führen diese Beratungen nicht zur Beseitigung dieser Verzerrung, so erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die erforderlichen Richtlinien. [...]“;

171.  verpflichtet sich, die von seinem Sonderausschuss begonnene Arbeit fortzusetzen, die Hindernisse zu beseitigen, durch die sein Sonderausschuss daran gehindert wurde, sein Mandat in vollem Umfang wahrzunehmen, und sicherzustellen, dass die Empfehlungen des Sonderausschusses ordnungsgemäß weiterverfolgt werden; erteilt seinen zuständigen Stellen den Auftrag, die institutionelle Struktur zu ermitteln, die am besten geeignet ist, dies umzusetzen;

172.  bekräftigt seine Forderung nach Zugang zu allen relevanten EU-Dokumenten; fordert seinen Präsidenten auf, diese Forderung an die Kommission und den Rat weiterzuleiten, und weist darauf hin, dass das Parlament entschlossen ist, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um dieses Ziel zu erreichen;

173.  beauftragt seinen zuständigen Ausschuss, diese Empfehlungen in seinem anstehenden legislativen Initiativbericht über das gleiche Thema aufzugreifen;

174.  fordert seinen zuständigen Ausschuss für konstitutionelle Fragen auf, diese Empfehlungen weiterzuverfolgen, insbesondere in Bezug auf die Aufnahme bindender Kooperationsklauseln in den Verhaltenskodex für Organisationen bzw. Unternehmen im Transparenzregister und Änderungen der Vorschriften für den Zugang zu Dokumenten zwischen den EU-Organen, mit dem Ziel, diese besser mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß dem EUV in Einklang zu bringen;

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o  o

175.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Europäischen Rat, dem Rat, der Kommission, den Mitgliedstaaten, den nationalen Parlamenten, den G20 und der OECD zu übermitteln.

ANHANG 1: LISTE DER PERSONEN, MIT DENEN TREFFEN STATTGEFUNDEN HABEN (AUSSCHUSSSITZUNGEN UND DELEGATIONSREISEN)

Datum

Gesprächspartner

30.3.2015

•  Pierre Moscovici, Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll

16.4.2015

•  Serge Colin, Vorsitzender der UFE (Union des Finanzpersonals)

•  Fernand Müller, Vorsitzender des Steuerausschusses der UFE

•  Paulo Ralha, Vorsitzender der portugiesischen Steuergewerkschaft

•  François Goris (Vorsitzender von UNSP-NUOD) für die Europäische Union unabhängiger Gewerkschaften (CESI)

•  Nadja Salson, Europäischer Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst

•  Henk Koller, Vorsitzender des Europäischen Verbandes der Steuerberater (CFE)

•  Olivier Boutellis-Taft, Geschäftsführer des Verbands der Europäischen Wirtschaftsprüfer (FEE)

•  Ravi Bhatiani, Direktorin für Rechtsfragen bei Independent Retail Europe

5.5.2015

•  Margrethe Vestager, Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wettbewerb

•  Wolfgang Nolz, Vorsitzender der Gruppe „Verhaltenskodex“

•  Jane McCormick, Senior Partner im Bereich Steuern, Leiterin von EMA Tax, KPMG

•  Chris Sanger, Partner, Global Head of Tax Policy, Ernst&Young

•  Stef van Weeghel, PwC Partner, Leiter des Bereichs weltweite Steuerpolitik (Global Tax Policy Leader)

•  Bill Dodwell, Head of Tax Policy bei Deloitte UK

11.5.2015

 

 

Öffentliche Anhörung zum Thema Steuervorbescheide und schädliche Steuerpraktiken

 

•  Stephanie Gibaud, interne Hinweisgeberin und ehemalige Mitarbeiterin von UBS

•  Lutz Otte, interner Hinweisgeber und ehemaliger IT-Subunternehmer bei Julius Baer

•  Kristof Clerix, internationales Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ)

•  Edouard Perrin, ICIJ-Mitglied

•  Richard Brooks, ICIJ-Mitglied

•  Lars Bové, ICIJ-Mitglied

•  Xavier Counasse, Journalist bei „Le Soir“

•  Dominique Berlin, Collège européen de Paris, Université Panthéon-Assas (Paris 2)

•  Gabriel Zucman, Assistenzprofessor, London School of Economics and Political Sciences

•  Achim Doerfer, Steueranwalt, Autor und Rechtsphilosoph

12.5.2015

Reise einer Delegation nach Belgien

 

•  Jacques Malherbe, Katholische Universität Leuven/Louvain

•  Axel Haelterman, Katholische Universität Leuven/Louvain

•  Werner Heyvaert, Steuerexperte, Jones Day

•  Wim Wuyts, Leiter des Bereichs Steuern – Vorsitzender des Steuerausschusses des belgischen Arbeitgeberverbandes FEB-VBO und Hilde Wampers, Vizepräsidentin für den Bereich Steuern – Finanzen FEB-VBO

•  Christophe Quintard, Sachverständiger des belgischen Gewerkschaftsverbandes FGTB, ehemaliger Steuerprüfer

•  Eric van Rompuy (Vorsitzender) und andere Mitglieder des Finanz- und Haushaltsausschusses des föderalen Parlaments

•  Steven Van den Berghe, Leiter des Dienstes für Steuervorbescheide

•  Johan Van Overtveld – Finanzminister (Sitzung am 17. Juni)

18.5.2015

Reise einer Delegation nach Luxemburg

 

•  Wim Piot, Tax Leader PwC Luxembourg

•  Nicolas Mackel, Geschäftsführer, Luxembourg for Finance

•  Christine Dahm, Direktorin, und Mike Mathias, Mitglied des Cercle de Coopération des ONG du développement

•  Eugène Berger (Vorsitzender) und andere Mitglieder des Finanzausschusses des Parlaments

•  Pierre Gramegna, Finanzminister

•  Pascale Toussing, Direktor für Steuerfragen, Finanzministerium, und Mitglieder der Steuerbehörde

22.5.2015

Reise einer Delegation nach Bern (Schweiz)

 

•  Markus R. Neuhaus, Vorstandsvorsitzender von PwC Schweiz, Mitglied des Büros des weltweiten Vorsitzes von PwC

•  Frank Marty, Mitglied des Verwaltungsrats, Leiter des Bereichs Finanzdienstleistungen und Steuern, Economie Suisse

•  François Baur, ständiger Vertreter in Brüssel, Leiter der Abteilung für europäische Fragen Economie Suisse

•  Martin Zogg, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands, Leiter der Abteilung für inländische und internationale Besteuerung, Swiss Holdings

•  Urs Kapalle, Direktor für Finanzpolitik und Steuern, Schweizerische Bankiervereinigung

•  Mark Herkenrath, Alliance Sud, Mitglied der Global Alliance for Tax Justice

•  Olivier Longchamp, Erklärung von Bern (EvB)

•  Jacques de Watteville, Staatssekretär für internationale Finanzfragen (SIF)

•  Botschafter Christoph Schelling, Leiter der Abteilung Steuern

•  Adrian Hug, Direktor der Eidg. Steuerverwaltung

•  Ruedi Noser, Mitglied des Nationalrats, Vorsitzender der Kommission für Wirtschaft und Abgaben

•  Urs Schwaller, Mitglied des Staatsrats

•  Ulrich Trautmann, Leiter des Bereichs Handel und Wirtschaft, Delegation der Europäischen Union in der Schweiz und Liechtenstein

•  Marco Salvi, Senior Researcher, Avenir Suisse

27.5.2015

Treffen mit der Regierung von Gibraltar (mit den Koordinatoren des TAXE-Ausschusses)

•  Fabian Picardo, Regierungschef

•  Joseph Garcia, stellvertretender Regierungschef

28.5.2015

Delegationsreise nach Dublin (Irland)

•  Martin Lambe, Chief Executive, Irish Tax Institute

•  Michael Noonan, Finanzminister

•  Niall Cody, Leiter der Steuerbehörde

•  Liam Twomy (Vorsitzender) und andere Mitglieder des Finanzausschusses des Parlaments (Oireachtas) und des gemeinsamen Ausschusses des Unterhauses und des Senats für europäische Fragen

•  Frank Barry, Trinity College Dublin (TCD)

•  Seamus Coffey, University College Cork (UCC)

•  Feargal O’Rourke, Leiter des Bereichs Steuern, PwC

•  Conor O’Brien, Leiter des Bereichs Steuern, KPMG

•  Jim Clarken, Geschäftsführer von Oxfam Ireland

•  Micheál Collins, Nevin Economic Research Institute (NERI).

29.5.2015

Delegationsreise nach Den Haag (Niederlande)

 

•  Sjoera Dikkers, Parlamentsmitglied, und andere Mitglieder des Finanzausschusses des niederländischen Parlaments

•  Bartjan Zoetmulder, niederländischer Verband der Steuerberater

•  Hans Van den Hurk, Universität Maastricht

•  Indra Römgens, SOMO, unabhängige gemeinnützige Forschungs- und Netzwerkorganisation

•  Francis Weyzig, Oxfam

•  Pieterbas Plasman, Leiter des Amts für Steuervorbescheide

•  Eric Wiebes, niederländischer Staatssekretär für Steuerfragen

1.6.2015

 

 

Öffentliche Anhörung über die internationale Dimension von Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen

 

•  Senator Mario Monti, ehemaliges Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wettbewerb und für Steuern, Zollunion und Binnenmarkt

•  Tove Maria Ryding, leitende Mitarbeiterin mit Zuständigkeit für Politik und Interessenvertretung bei EURODAD (Europäisches Netz zu Schulden und Entwicklung)

•  Antoine Deltour, interner Hinweisgeber, ehemaliger Wirtschaftsprüfer, PwC Luxembourg

17.6.2015

Interparlamentarisches Treffen zum Thema „Aggressive Steuerplanung und demokratische Kontrolle – die Aufgaben der Parlamente“

 

Siebenunddreißig Mitglieder von achtzehn nationalen Parlamenten:

AT, BE, CY, CZ, FR, DE, GR, HU, IE, IT, LT, LU, MT, PL, PT, RO, ES, SV

 

·Heinz Zourek, Generaldirektor der GD TAXUD

•  Pascal Saint-Amans, Direktor des Zentrums für Steuerpolitik und Steuerverwaltung der OECD

18.6.2015

Delegationsreise nach London (Vereinigtes Königreich)

 

·David Gauke, Parlamentsmitglied, Financial Secretary im Schatzamt,

·Jim Harra, Generaldirektor, Unternehmenssteuern, Zoll- und Steuerbehörde des UK (HMRC)

·Fergus Harradence, stellvertretender Direktor, Corporate Tax Team, Business and International Tax Group, Schatzamt des UK

·Andrew Dawson, Leiter des Teams für Steuerabkommen, Hauptverhandler für Steuerabkommen des Vereinigten Königreichs

·Maura Parsons, stellvertretende Direktorin, Leiterin der Abteilung für Verrechnungspreisgestaltung, HMRC Business

•  Meg Hillier (Vorsitzende), Margaret Hodge (ehemalige Vorsitzende) und Guto Bebb, Mitglied des Ausschusses für öffentliche Finanzen des Unterhauses

•  Prem Sikka, Professor für Rechungswesen, Essex Business School, Universität Essex

•  Frank Haskew, Leiter der Steuerabteilung des ICAEW (Institute of Chartered Accountants in England and Wales); und Ian Young, Manager im Bereich internationale Steuern

•  Will Morris, Vorsitzender des Steuerausschusses und des BIAC-Steuerausschusses Confederation of British industry (CBI)

•  Richard Collier, Senior Partner im Bereich Steuern, PwC

  Joseph Stead, Christian Aid

•  Meesha Nehru, Programmdirektor, Fair Tax Mark

23.6.2015

Aussprache mit Vertretern multinationaler Unternehmen

 

•  Nathalie Mognetti, leitende Mitarbeiterin im Bereich Steuern, Total S.A.

•  Martin McEwen, Leiter des Bereichs Steuern, SSE plc

•  Christian Comolet-Tirman, Direktor, Steuerfragen, BNP Paribas Group

25.6.2015

 

Treffen mit einem Vertreter der Regierung von Bermuda (mit den Koordinatoren des TAXE-Ausschusses)

 

•  Everard Bob Richards, stellvertretender Premierminister und Finanzminister

•  Alastair Sutton, EU-Rechtsberater bei der Regierung Bermudas

2.7.2015

•  Richard Murphy, Tax Research LLP und Gründungsmitglied von Tax Justice Network (Netz für Steuergerechtigkeit)

•  Guillaume de la Villeguérin, Vizepräsident, Steuern und Zölle, Airbus S.A.S.

17.09.2015

•  Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission

•  Pierre Moscovici, Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll

•  Margrethe Vestager, Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wettbewerb

22.09.2015

•  Pierre Gramegna, Präsident des ECOFIN-Rates, luxemburgischer Finanzminister

•  Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister, Deutschland

•  Luis de Guindos, Minister für Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit, Spanien

•  Michel Sapin, Minister für Finanzen und die öffentlichen Haushalte, Frankreich

•  Pier Carlo Padoan, Minister für Wirtschaft und Finanzen, Italien

 

ANHANG 2: LISTE DER ANTWORTEN NACH LAND/ORGAN

(Stand Montag, 26. Oktober 2015)

Land

Antwort

Erste Anfrage am 23.4.2015 – Frist: 31.5.2015

Schweden

29.5.2015

Jersey

29.5.2015

Guernsey

31.5.2015

Luxemburg

1.6.2015

Finnland

2.6.2015

Slowakei

3.6.2015

Irland

5.6.2015

Niederlande

8.6.2015

Vereinigtes Königreich

8.6.2015

Frankreich

10.6.2015

Tschechische Republik

11.6.2015

Lettland

16.6.2015

Belgien

16.6.2015

Malta

18.6.2015

Erste Erinnerung am 29.6.2015 – Frist: 9.7.2015

Portugal

30.6.2015

Polen

2.7.2015

Litauen

3.7.2015

Ungarn

7.7.2015

Kroatien

8.7.2015

Estland

10.7.2015

Griechenland

10.7.2015

Spanien

10.7.2015

Gibraltar

13.8.2015

Dänemark

26.8.2015

Deutschland

2.9.2015

Rumänien

3.9.2015

Italien

17.9.2015

Letzte Erinnerung am 21.9.2015

Österreich

21.9.2015

Zypern

22.9.2015

Bulgarien

28.9.2015

Slowenien

28.9.2015

ORGANE

Antwort

Kommission

3.6.2015

Rat

29.5.2015

15.6.2015

 

27.7.2015

ANHANG 3: MULTINATIONALE UNTERNEHMEN, DIE ZUR TEILNAHME AN AUSSCHUSSSITZUNGEN EINGELADEN WURDEN

Bezeichnung

Eingeladen/Vertreter

Stand vom 26. Oktober 2015

Airbus

Guillaume de La Villeguérin,

Vizepräsident Steuern & Zölle

Teilgenommen – 2.7.2015

BNP Paribas

Christian Comolet-Tirman,

Direktor, Steuerfragen

Teilgenommen – 23.6.2015

SSE plc

Martin McEwen, Leiter des Bereichs Steuern

Teilgenommen – 23.6.2015

Total S.A.

Nathalie Mognetti,

leitende Mitarbeiterin im Bereich Steuern

Teilgenommen – 23.6.2015

Amazon.co.uk Ltd

Christopher Corson North,

Geschäftsführender Direktor

Abgelehnt aufgrund der laufenden Ermittlung

Amazon EU S.à.r.l.

Xavier Garambois,

Generaldirektor

Abgelehnt aufgrund der laufenden Ermittlung

Anheuser-Busch InBev

Stuart MacFarlane,

Präsident Zone Europa

Abgelehnt aufgrund der laufenden Ermittlung

Barclays Bank Group

Antony Jenkins,

Hauptgeschäftsführer

Abgelehnt, aber bereit, spezielle schriftliche Anfragen zu beantworten

Coca-Cola Company

James Quincey,

Präsident, Coca-Cola Europe Gruppe

Abgelehnt, hat sich aber mit den Ko-Berichterstattern getroffen

Facebook

Marc Zuckerberg,

Geschäftsführer

Abgelehnt

Fiat Chrysler Automobiles

Sergio Marchionne,

Geschäftsführer

Abgelehnt aufgrund der laufenden Ermittlung

Google

Eric E. Schmidt,

Geschäftsführer

Abgelehnt, aber bereit, seinen „Standpunkt zu den Steuerfragen“ zu übermitteln

HSBC Bank plc

Alan M. Keir,

Geschäftsführer, EMEA

Abgelehnt aufgrund der laufenden Ermittlung

IKEA Services BV

Peter Agnefjäll,

Geschäftsführer

Abgelehnt, hat aber die Mitglieder zu einer Debatte eingeladen und den Zusammenfassenden Jahresbericht 2014 IKEA-Gruppe übermittelt

McDonald’s Europe

Douglas Goare,

Präsident Europa

Abgelehnt aufgrund einer gleichzeitig stattfindenden größeren Unternehmensinitiative und einer möglichen Ermittlung der Kommission

Philip Morris

International

Kristof Doms,

Vizepräsident für europäische Angelegenheiten

Abgelehnt

Walmart

Shelley Broader,

Präsident und Geschäftsführer, Region Europa, Naher Osten und Afrika südlich der Sahara

Abgelehnt

The Walt Disney Company

Robert A. Iger,

Geschäftsführer

Abgelehnt, aber angeboten, sich mit Vertretern des Ausschusses zu treffen, um ihre Standpunkte kennenzulernen

ANHANG 4: BERICHT ÜBER DIE DELEGATIONSREISE NACH BELGIEN

Bei nachfolgendem Bericht handelt es sich nicht um ein offizielles Protokoll. Er dient als interne Zusammenfassung der Informationsreise und wurde für die Aussprache in der Sitzung des TAXE-Ausschusses vom 23. Juni 2015 erstellt. Die beteiligten Dritten wurden nicht zu seinem Inhalt konsultiert.

TAXE-AUSSCHUSS

Reise einer Ad-hoc-Delegation nach Belgien

12. Mai 2015/17. Juni 2015

Tagesordnung

9.00–11.00 Uhr  Sachverständigenforum unter Beteiligung von::

-   Jacques Malherbe (UCL)

-   Axel Haelterman (KULeuven) 

-   Werner Heyvaert, Jones Day

-   Wim Wuyts, Leiter des Bereichs Steuern – Vorsitzender des Steuerausschusses des belgischen Arbeitgeberverbandes FEB-VBO, und Hilde Wampers, Vizepräsidentin für den Bereich Steuern – Finanzen FEB-VBO

-   Christophe Quintard, Steuersachverständiger des belgischen Gewerkschaftsverbands FGTB, ehemaliger Steuerprüfer

11.30–13.00 Uhr  Sitzung mit dem Finanz- und Haushaltsausschuss der belgischen

Abgeordnetenkammer

Ort: Belgische Abgeordnetenkammer

13.30–13.50 Uhr  Arbeitsessen

Ort: Belgische Abgeordnetenkammer

14.00–15.00 Uhr  Sitzung mit Steven Van den Berghe, Leiter des Dienstes für Steuervorbescheide

Teilnehmerliste

Mitglieder

Alain LAMASSOURE, Vorsitzender   PPE

Elisa FERREIRA  S&D

Michael THEURER  ALDE

Marisa MATIAS  GUE

Philippe LAMBERTS  Verts/ALE

Marco ZANNI  EFDD

Danuta HÜBNER  EPP

Begleitende Mitglieder

Peter SIMON  S&D

Anneliese DODDS   S&D

Sven GIEGOLD  Verts/ALE

Marco VALLI   EFDD

Philippe DE BACKER  ALDE

Tom VANDENKENDELAERE   PPE

1.   Treffen mit Interessenträgern

An der Diskussion beteiligte Sachverständige:

·Jacques Malherbe (UCL)

·Axel Haelterman (KULeuven) 

·Werner Heyvaert, Jones Day

·Wim Wuyts, Leiter des Bereichs Steuern – Vorsitzender des Steuerausschusses des belgischen Arbeitgeberverbandes FEB-VBO, und Hilde Wampers, Vizepräsidentin für den Bereich Steuern – Finanzen FEB-VBO

·Christophe Quintard, belgischer Gewerkschaftsverband FGTB, ehemaliger Steuerprüfer

Wichtigste Ergebnisse:

Die Mehrheit der Sachverständigen ist der Ansicht, dass die Praxis der Steuervorbescheide in Belgien seit 2002 sehr gut funktioniere. Für die Unternehmen sei es eine Notwendigkeit, Rechtssicherheit zu erlangen. Der Dienst für Steuervorbescheide verfüge bei der Auslegung der Gesetze über keinen Spielraum. Er habe jedoch Spielraum bei der Auslegung sachlicher Feststellungen.

Der Wettbewerb im Steuerbereich sei sehr hart und trage weltweiten Charakter. Belgien müsse attraktiv sein. Andernfalls würden sich die Unternehmen aus dem Land zurückziehen. Es gebe Unternehmen, die Belgien wegen des hohen Steuerniveaus verliessen. Der Wettbewerb sei nicht auf Europa beschränkt, sondern gehe darüber hinaus. Der Gewerkschaftsvertreter beklagt sich über die Suche nach den günstigsten Verträgen im Bereich der Doppelbesteuerung und sagte, dass die Mitgliedstaaten einige „maßgeschneiderte“ Verträge geschlossen hätten, um bestimmte Unternehmen zu begünstigen.

Die Fragen an die Sachverständigen konzentrieren sich vor allem auf fiktive Zinsen, länderspezifische Berichterstattung, die Veröffentlichung von Steuervorbescheiden, das Netz bilateraler Verträge zur Doppelbesteuerung, die Methodik der Berechnung der tatsächlichen Steuersätze im Gegensatz zu den Regelsteuersätzen und die Praxis der Vorbescheide für Gewinnüberschüsse (d. h. belgische Unternehmen können die Gewinne von ihren zu versteuernden Einnahmen abziehen, die bei „eigenständigem Betrieb“ nicht erzielt worden wären). Ein Sachverständiger sagt, dass das italienische System der fiktiven Zinsen besser zu sein scheine als das belgische. Er bezieht sich dabei auf eine von der GD TAXUD angefertigte Studie.

Einige Vorschläge, die während der Diskussion unterbreitet werden:

•  Ausarbeitung eines EU-Übereinkommens über Doppelbesteuerung (anstelle einer Unzahl von nationalen bilateralen Steuervereinbarungen);

•  gemeinsame EU-Vorschriften zu Verrechnungspreisen;

•  die Notwendigkeit eines guten Streitbeilegungsmechanismus für den Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedstaaten bezüglich der Verrechnungspreise. Das EU-Schiedsübereinkommen funktioniere nicht (acht Jahre Wartezeit bis zu einem Ergebnis).

2.  Sitzung mit dem Haushalts- und Finanzausschuss der belgischen Abgeordnetenkammer

Das belgische Parlament sei im Bereich der aggressiven Steuerplanung ausgesprochen aktiv gewesen: In den letzten Monaten seien mehrere Anhörungen mit Journalisten, Steuerbehörden, Wissenschaftlern und dem Minister durchgeführt worden.

Trotz unterschiedlicher Ansichten hinsichtlich der Art des Vorgehens unterstütze der Finanzausschuss Bemühungen, die die Änderung der Vorschriften zum Ziel hätten. Der Ausschuss sei bestrebt, auch weiterhin für gleiche Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Der Mehrheit zufolge müsse Belgien sein attraktives Steuerklima bewahren, um ausländische Investitionen anzuziehen. Belgien dürfe bei der Reform seiner Steuervorschriften nicht naiv sein. Der Steuerwettbewerb müsse jedoch fair bleiben. Einige Parlamentsmitglieder aus den Reihen der Opposition bestätigen, dass das belgische System der Steuervorbescheide intransparent sei und dass eine stärkere demokratische Kontrolle eingeführt werden sollte.

Der Finanzausschuss unterstütze die GKKB als eine Lösung für die meisten anstehenden Probleme und könnte im Laufe der Zeit erwägen, sich einer Harmonisierung der Steuersätze anzunähern, auch wenn dies gegenwärtig keinesfalls durchführbar wäre.Das belgische Parlament arbeite bereitwillig mit dem TAXE-Ausschuss zusammen und werde an der interparlamentarischen Sitzung am 17. Juni teilnehmen.

3.  Sitzung mit dem Leiter des Dienstes für Steuervorbescheide Steven Van den Berghe

Teilnehmer:

Steven Van den Berghe,

Véronique Tai, ehemalige Leiterin des Dienstes für Steuervorbescheide (bis 1.5.2015)

sowie die anderen Angehörigen des Dienstes für Steuervorbescheide.

Wie arbeite der Dienst für Steuervorbescheide?

Der Dienst für Steuervorbescheide sei eine autonome Stelle, die für die Steuerbehörden verbindliche Beschlüsse fasse. Der Dienst sei 2002 per Gesetz geschaffen worden. Bevor ein Beschluss gefasst werde, werde die zentrale Verwaltung angehört, wobei jedoch die endgültige Entscheidung beim Dienst für Steuervorbescheide liege. Der Dienst bestehe aus sechs Beamten der Steuerverwaltung mit einem Mandat von fünf Jahren. Steuervorbescheide könne sich jedermann für alle Steuerarten erteilen lassen. Die Steuervorbescheide seien gewöhnlich für fünf Jahre gültig. Es könne kein Steuervorbescheid erteilt werden, wenn keine ausreichende wirtschaftliche Substanz in Belgien vorhanden sei oder wenn die Bescheide mit einem nicht kooperativen Land in Verbindung stünden. (Gegenwärtig sei kein Land als nicht kooperativ eingestuft.) Die Steuerbescheide würden in anonymisierter Form veröffentlicht. Der Finanzminister übersende dem Parlament jährlich einen Bericht über Steuervorbescheide, und die Mitglieder des Dienstes für Steuervorbescheide würden vor dem Parlament angehört. Die Beamten bestätigen, dass sie die belgischen Vorschriften anwendeten und die Normen der OECD und der EU für den Austausch von Informationen einhielten.

Die Fragen an die Steuerverwaltung konzentrieren sich im Wesentlichen auf Vorbescheide für Gewinnüberschüsse, darauf, ob die belgischen Steuerbehörden andere Steuerbehörden von Gewinnen in Kenntnis setzen, die in Belgien nicht versteuert werden, auf den eventuellen Handlungsspielraum des Dienstes für Steuervorbescheide, auf das Konzept der wirtschaftlichen Substanz, auf Länder, die in Belgien als Steueroasen eingestuft sind, und darauf, ob der Dienst für Steuervorbescheide in der Lage ist, seinen Standpunkt zu verteidigen, wenn er mit sehr detaillierten Studien zu Verrechnungspreisen konfrontiert wird.

Wichtigste Ergebnisse:

•  Der Dienst für Steuervorbescheide verfüge bei der Auslegung der Gesetze über keinen Spielraum. Er habe jedoch Spielraum bei der Auslegung sachlicher Feststellungen. Jede Anfrage zu Verrechnungspreisen müsse sehr detailliert sein und mit den OECD-Normen in Einklang stehen. Der Dienst für Steuervorbescheide erkenne an, dass diese Normen sehr flexibel und vage seien.

•  Wenn Belgien einen Steuervorbescheid erteile, fordere es das betreffenden Unternehmen auf, alle dem Unternehmen erteilten Steuervorbescheide anzugeben. Belgien habe jedoch seine Steuervorbescheide bzw. Informationen im Zusammenhang mit ihnen nicht gemäß seinen Verpflichtungen nach dem EU-Recht in eigener Initiative den anderen Mitgliedstaaten übermittelt.

•  Steuervorbescheide für Gewinnüberschüsse (d. h. belgische Unternehmen können die Gewinne von ihren zu versteuernden Einnahmen abziehen, die bei „eigenständigem Betrieb“ nicht erzielt worden wären) seien nicht gängige Praxis (63 derartige Regelungen innerhalb von zehn Jahren). Es ist jedoch nicht möglich, die Höhe der betreffenden zu versteuernden Einnahmen in Erfahrung zu bringen. Die Kriterien für die Berechnung der „belgischen“ Steuerbemessungsgrundlage werden nicht angegeben. Das Verfahren wird gegenwärtig von der GD COMP (Verfahren für staatliche Beihilfen) untersucht, so dass die Beamten nicht alle Fragen der MdEP beantworten können. Belgien habe seine Aktivitäten in diesem Bereich bis zum Abschluss der Untersuchung ausgesetzt. Falls solche Vorbescheide ergingen, würden andere möglicherweise betroffene Länder nicht informiert (die Verpflichtung dazu sei im belgischen Recht nicht vorgesehen), woraus sich die Situation doppelter Nichtbesteuerung ergebe.

•  Die Vorschriften für die Schätzung der wirtschaftlichen Substanz in Belgien seien relativ unklar, obwohl die Steuerverwaltung Mindestkriterien festlege (keine Briefkastenfirma).

Zusammenfassender Bericht der Sitzung mit dem belgischen Finanzminister

Johan Van Overtveld

Anwesende Mitglieder: Bernd Lucke (Vorsitz), Elisa Ferreira, Michael Theurer, Danuta Huebner, Peter Simon, Tom Vandenkendelaere, Philippe Lamberts

Die Fragen der Mitglieder beziehen sich vor allem auf GKKB, CBCR, Rechtsvorschriften für die Besteuerung von Gewinnüberschüssen, den Steuerwettbewerb zwischen den Ländern und die Handhabung der Unternehmensbesteuerung durch den Bundesstaat.

Wichtige Standpunkte des Ministers:

-  Belgien sei stark an mehr Transparenz im Steuerbereich interessiert: Von Oktober 2015 an werde das Land Steuervorbescheide automatisch übermitteln.

-  Die Harmonisierung werde von Belgien jedoch weniger unterstützt, vor allem wegen der Gefahr, Souveränität aufzugeben. Trotzdem sehe Belgien die GKKB positiv, würde jedoch jegliche Harmonisierung von Steuersätzen ausschließen.

-  Belgien habe die Erteilung von Steuervorbescheiden im Rahmen seiner Rechtsvorschriften über Gewinnüberschüsse eingestellt. Belgien warte das Ergebnis der Untersuchungen der Kommission ab und werde seine Rechtsvorschriften ändern, falls erforderlich.

-  Seinen Standpunkt zur CBCR habe Belgien noch nicht festgelegt. In jedem Falle sollte die Rechnungslegung jedoch lediglich zusammengefasste Informationen enthalten.

-  Belgien untersuche vor Erteilung eines Steuervorbescheids stets, ob innerhalb des Landes genügend wirtschaftliche Substanz vorhanden ist. Es ist jedoch manchmal äußerst schwierig, diese Substanz zu quantifizieren, insbesondere wenn es um die Bewertung von Rechten im Bereich des geistigen Eigentums geht.

ANHANG 5: BERICHT ÜBER DIE DELEGATIONSREISE NACH LUXEMBURG

Der nachfolgende Bericht ist kein offizielles Protokoll. Er dient als interne Zusammenfassung der Informationsreise und wurde für die Aussprache in der Sitzung des TAXE-Ausschusses vom 23. Juni 2015 erstellt. Die beteiligten Dritten wurden zu seinem Inhalt nicht konsultiert.

TAXE-AUSSCHUSS

Reise einer Ad-hoc-Delegation nach Luxemburg

18. Mai 2015

Tagesordnung

8.30–9.30 Uhr  Vorbereitende Sitzung

Ort: Plenarsaal des Europäischen Parlaments, Schuman-Gebäude (Kirchberg)

9.30 - 11.30 Uhr  Sachverständigenforum unter Beteiligung von::

– Wim Piot, Leiter des Bereichs Steuern, PwC Luxembourg

– Nicolas Mackel, Geschäftsführer, Luxembourg for Finance

– Mike Mathias

– Christine Dahm, Direktorin, Cercle de Coopération des ONG du développement

Ort: Plenarsaal des Europäischen Parlaments, Schuman-Gebäude (Kirchberg)

12.00–12.30 Uhr  Sitzung mit Mitgliedern des luxemburgischen Parlaments

  Delegation aus Mitgliedern des Finanzausschusses: Vorsitz: Eugène Berger

Ort: Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Luxemburg

14.45–16.15 Uhr  Sitzung mit dem Finanzminister (Pierre Gramegna) und dem Leiter des Amtes für Steuervorbescheide

Ort: European Convention Center Luxembourg (ECCL, Europäisches Kongresszentrum Luxemburg)

16.15–16.45 Uhr  Gemeinsame Pressekonferenz mit dem Minister

Teilnehmerliste

Mitglieder  

Alain LAMASSOURE, Vorsitzender  PPE

Danuta HÜBNER  PPE

Elisa FERREIRA  S&D

Morten MESSERSCHMIDT  ECR

Michael THEURER  ALDE

Fabio DE MASI  GUE

Sven GIEGOLD  Verts/ALE

Marco VALLI   EFDD

Begleitende Mitglieder  

Burkhard BALZ  PPE

Frank ENGEL  PPE

Peter SIMON  S&D

Hugues BAYET  S&D

Anneliese DODDS  S&D

Paul TANG  S&D

1.   Treffen mit Interessenträgern

An der Diskussion beteiligte Sachverständige:

   Wim Piot, Leiter des Bereichs Steuern, PwC

  Nicolas Mackel, Geschäftsführer, Luxembourg for Finance

  Mike Mathias, Mitglied des Staatsrats, hier in seiner Eigenschaft als luxemburgischer Staatsbürger

  Christine Dahm, Direktorin, Cercle de Coopération des ONG du développement

Die Fragen an die Sachverständigen konzentrieren sich vor allem auf die Transparenz des luxemburgischen Systems der Steuervorbescheide, die länderspezifische Berichterstattung, gegenwärtige und vergangene Praktiken bei Steuervorbescheiden in Luxemburg, die Rolle der Steuerberatungsfirmen und der Steuerverwaltung, den Steuerwettbewerb und die Auswirkungen des luxemburgischen Systems auf die doppelte Nichtbesteuerung und die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage in anderen EU-Mitgliedstaaten und in Entwicklungsländern.

Wichtigste Ergebnisse:

Herr Mackel (Luxemburg for Finance) erläutert die wichtigsten Stärken Luxemburgs, die seiner Entwicklung zu einem der wichtigsten Finanzakteure in der Welt zugute kämen. Seinen Aussagen zufolge sei die Besteuerung nicht das wichtigste Element, obwohl Steuervorbescheide eine Rolle bei der Stabilität spielten, nach der die Unternehmen streben, wenn sie die Entscheidung fällten, sich in einem Land niederzulassen. Nicolas Mackel sagt, dass sich Luxemburg auch ohne Steuervorbescheide problemlos weiterentwickeln könne.

PwC unterstütze Transparenz im Allgemeinen und insbesondere bei sämtlichen (nicht nur grenzüberschreitenden) Steuervorbescheiden, unter der Bedingung, dass keine Geschäftspläne veröffentlicht würden. PwC unterstütze auch die länderspezifische Berichterstattung, in die jedoch auch Lohn- und Einkommensteuer einbezogen werden sollten. Das Unternehmen stehe ebenfalls auf dem Standpunkt, dass das internationale Steuersystem nicht gut funktioniere und dass es auf globaler Ebene überprüft werden sollte (OECD – Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung [BEPS]). In Bezug auf Steuervorbescheide betont PwC, dass es nie einen Eingriff seitens der Politik im Interesse des Unternehmens gegeben habe.

Christine Dahm und Mike Mathias erkennen an, dass sich die Dinge in Luxemburg in die richtige Richtung bewegten. Sie sähen jedoch keinen Wandel bei der Bereitschaft der Regierung, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Sie weisen auf die (fehlende) einheitliche Definition der wirtschaftlichen Substanz hin, anhand deren eine steuerpflichtige Tätigkeit in einem Land festgemacht werden könne. Dies sei der schwächste Punkt des internationalen Steuersystems.

2.  Sitzung mit dem Finanz- und Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für europäische Angelegenheiten

Die Sitzung (die auf Ersuchen des luxemburgischen Parlaments hinter verschlossenen Türen stattfindet) wird vom Vorsitzenden des Finanzausschusses, Herrn Berger, eröffnet.

Die Fragen an den Ausschuss konzentrieren sich auf den Standpunkt Luxemburgs zu verbesserter Transparenz, auf den Freihafen Luxemburg, die Bedeutung des Steuerwettbewerbs für kleine Länder, die Definition des gesunden Wettbewerbs und der wirtschaftlichen Substanz, die Veröffentlichung von Steuervorbescheiden, die GKKB, den Bericht Krecké, den Schutz interner Hinweisgeber und der Pressefreiheit und die Vereinbarkeit der Vorschriften über staatliche Beihilfen mit Steuervorbescheiden.

Wichtige Standpunkte des Ausschusses:

– Luxemburg habe Ende 2014 ein neues Gesetz über Steuervorbescheide eingeführt, in dem auch die anonymisierte Veröffentlichung vorgesehen ist:

– Luxemburg habe in der Vergangenheit auf eigene Initiative einige Steuervorbescheide anderen Mitgliedstaaten gegenüber offengelegt, jedoch von anderen Mitgliedstaaten nie Steuervorbescheide erhalten. Man habe daher die Praxis der Offenlegung im Alleingang eingestellt. Luxemburg zufolge wisse die Europäische Kommission. dass keine Steuervorbescheide ausgetauscht würden.

– Luxemburg bewege sich hin zu mehr Transparenz; man sei bereit, gegen aggressive Steuerplanung vorzugehen, und stimme zu, dass eine gerechtere Besteuerung notwendig sei. Man betone jedoch, dass die EU nicht im Alleingang agieren könne, sondern dass auf einer höheren, weltweiten Ebene Übereinkünfte erzielt werden sollten.

 – Es wird hinzugefügt, dass der Steuerwettbewerb eine Realität sei, jedoch ein durchgreifender Richtungswechsel erforderlich sei, in dessen Ergebnis es nur noch gesunden Wettbewerb geben sollte.

– Der Finanzausschuss spricht sich für eine EU-weite GKKB aus.

– Es gebe ein nationales Gesetz zum Schutz interner Hinweisgeber, wobei der Ausschuss jedoch anerkenne, dass dieses Gesetz unzureichend sei, da es sich nur auf Fälle von Korruption erstrecke und nicht auf den Schutz der LuxLeaks-Journalisten und auf andere ähnliche Fälle zugeschnitten sei.

– die vorgesehene Abstimmung zu der Regelung über den Freihafen sei gegenwärtig wegen des LuxLeaks-Skandals ausgesetzt.

 Der Vorsitzende des Finanzausschusses bestätigt, dass es die Mitglieder des luxemburgischen Parlaments begrüßen würden, an der interparlamentarischen Sitzung des TAXE-Ausschusses am 17. Juni teilzunehmen.

3.  Sitzung mit Herrn Gramegna und seiner Steuerverwaltung

Von luxemburgischer Seite nahmen teil:

Herr Gramegna in Begleitung von Mitarbeitern seiner Steuerbehörde

•  Frau Pascale Toussing, Direktorin des Steuerwesens, Finanzministerium

•  Herr Etienne Reuter, Generalsekretär, Finanzministerium

•  Herr Guy Heintz, Direktor der Verwaltung der direkten Steuern

•  Frau Monique Adams, stellvertretende Direktorin, Verwaltung der direkten Steuern

•  Herr Luc Schmit, stellvertretender Direktor, Verwaltung der direkten Steuern

•  Herr Frédéric Batardy, Berater, Direktion Steuerwesen, Finanzministerium

•  Herr Bob Kieffer, Kommunikationsberater, Finanzministerium

•  Herr Lucien Michels, Öffentlichkeitsarbeit, Finanzministerium

Die Fragen an den Minister konzentrieren sich vor allem auf die nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung, die Veröffentlichung von Steuervorbescheiden, das Netz bilateraler Verträge zur Doppelbesteuerung, die Mindestkriterien für die in Luxemburg zu versteuernde wirtschaftliche Substanz, die Briefkastenfirmen, den Freihafen Luxemburg, die gegenwärtigen und ehemaligen Praktiken bei der Erteilung von Steuervorbescheiden und die Maßnahmen zur Bekämpfung aggressiver Steuerumgehung, die doppelte Nichtbesteuerung und die Aushöhlung der Steuerbasis anderer Mitgliedstaaten.

Wichtige Standpunkte des Ministers:

•  Luxemburg verändert sich und ist auf dem Wege hin zu mehr Transparenz. Es seien kürzlich mehrere neue Gesetze in Kraft getreten (die noch unter der alten Regierung beschlossen worden seien). Luxemburg stimmt zu, dass die EU eine Vorreiterrolle bei der Einführung von Maßnahmen gegen aggressive Steuerplanung einnehmen sollte. Die wichtigsten Wirtschaftspartner sollten sich jedoch mittelfristig ebenfalls dazu verpflichten, Schritte in dieselbe Richtung zu unternehmen.

•  Luxemburg spreche sich für die nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung aus, die jedoch nicht öffentlich gemacht werden sollte (sie sollte nur den Steuerbehörden zugänglich sein).

•  Sämtliche Verträge über Doppelbesteuerung folgten dem OECD-Format. Der Minister erkenne an, dass dieses Format aktualisiert werden könnte, und er wäre bereit, die bilateralen Übereinkommen im Einklang mit einem neuen OECD-Format zu modifizieren.

•  Luxemburg spreche sich für den automatischen Austausch ALLER Steuervorbescheide aus (d. h. nicht nur grenzüberschreitender Steuervorbescheide). Man unterstütze außerdem die Einrichtung eines öffentlichen Registers und sei sehr daran interessiert, bei diesen Themen im Laufe des luxemburgischen Ratsvorsitzes Fortschritte zu erzielen. Dasselbe gelte für die GKKB (vorbehaltlich des noch ausstehenden Vorschlags der Kommission) und die Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren.

•  Luxemburg habe in Artikel 6 seines allgemeinen Steuergesetzes Kriterien festgelegt, anhand deren festgestellt werde, ob in Luxemburg ausreichend wirtschaftliche Substanz erzeugt werde, um in dem Land besteuert zu werden. Diese Kriterien würden in einem Vademecum zur Verwaltung ausgeführt, das aus Gründen der Vertraulichkeit nicht dem Folgeschreiben Herrn Gramegnas an Herrn Lamassoure beigefügt gewesen sei, obwohl ausdrücklich um dieses Schreiben ersucht worden sei und der Minister mündlich zugesichert hatte, dass es der Delegation zur Verfügung stehen würde. [Weder Herr Gramegna noch die Verwaltungsleiter sind in der Lage, Belege für die Belastbarkeit der Kriterien oder für die Anwendung der Klausel zur Verhinderung von Missbrauch vorzulegen.] Durch die kürzlich durchgeführten Reformen seien keine Änderungen bei Konzept und Anwendung der Anforderung der wirtschaftlichen Substanz vorgenommen worden.

•  Luxemburg habe in der Vergangenheit eine sehr große Zahl von Steuervorbescheiden erteilt, jedoch handele es sich bei vielen von ihnen einfach um schriftliche Bestätigungen wiederkehrender, eindeutiger und unstrittiger Standpunkte der Steuerverwaltung.

•  Luxemburg habe sich mit den Steuerbehörden anderer Mitgliedstaaten der EU (der Minister erwähnt konkret Deutschland und Frankreich) in Verbindung gesetzt und sie von ungewöhnlichen Gewinnmeldungen von in den betreffenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen in Luxemburg in Kenntnis gesetzt. Herr Gramegna erklärt jedoch, dass die betreffenden Behörden keine Folgemaßnahmen ergriffen hätten.

•  Konfrontiert mit dem Interview von Herrn Kohl im Wall Street Journal und der Beobachtung, dass Herr Kohl Verrechnungspreise in Rekordzeit bestätigt habe, fühlen sich weder der Minister noch die Steuerverwaltung in der Lage zu bekräftigen, dass Steuervorbescheide und bestätigte Verrechnungspreisvereinbarungen gemäß einheitlichen und nichtdiskriminierenden Normen, dem Fremdvergleichsgrundsatz usw. angewendet wurden. Der Minister verwies an seine Steuerverwaltung, die Leiterin des Ausschusses für Steuervorbescheide erklärte jedoch lediglich, dass sie zur Zeit der Zuständigkeit von Herrn Kohl noch nicht im Amt gewesen sei.

•  Der Minister bestätigt in der Pressekonferenz, dass er die verlangten Dokumente (darunter sämtliche Steuervorbescheide seit 1991) nicht zur Verfügung stellen werde.

Der Minister verspricht, dem TAXE-Ausschuss schriftlich weitere Informationen zuzusenden.

ANHANG 6: BERICHT ÜBER DIE DELEGATIONSREISE IN DIE SCHWEIZ

Der nachfolgende Bericht ist kein offizielles Protokoll. Er dient als interne Zusammenfassung der Informationsreise und wurde für die Aussprache in der Sitzung des TAXE-Ausschusses vom 23. Juni 2015 erstellt. Die beteiligten Dritten wurden zu seinem Inhalt nicht konsultiert.

TAXE-AUSSCHUSS

Ad-hoc-Delegationsreise nach Bern (Schweiz), 22. Mai 2015

Tagesordnung

8.30–9.15 Uhr  Begrüßung und Präsentation von Ulrich TRAUTMANN

Erster Botschaftsrat, Leiter des Bereichs Handel und Wirtschaft

Delegation der EU für die Schweiz und Liechtenstein

Präsentation über die von der Delegation der EU ausgearbeitete Analyse der Steuerpolitik der Schweiz und insbesondere der Anwendung der kantonalen Steuersysteme der Schweiz einschließlich der Vorbescheidspraxis und der Maßnahmen in verschiedenen Kantonen der Schweiz

9.15–10.00 Uhr  Treffen mit Unternehmensvertretern

Markus R. Neuhaus, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens PwC Schweiz, Mitglied des Büros des weltweiten Vorsitzes des Unternehmens PwC

Economie Suisse

Frank Marty, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter Finanzen & Steuern François Baur, Delegierter in Brüssel, Leiter Europäische Angelegenheiten

Swiss Holdings

Martin Zogg, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter der Abteilung für inländische und internationale Besteuerung

Schweizerische Bankiervereinigung

Urs Kapalle, Direktor für Finanzpolitik und Steuern

10.00–10.45 Uhr  Treffen mit nichtstaatlichen Organisationen: Alliance Sud und Erklärung von Bern

Mark Herkenrath, Programmverantwortlicher Internationale Finanzen & Steuerpolitik, designierter Direktor von Alliance Sud, Mitglied der Global Alliance for Tax Justice

Olivier Longchamp, Steuerpolitik & internationale Finanzen, Erklärung von Bern

11.00–12.00 Uhr  Treffen mit Jacques de Watteville, Staatssekretär im

Eidgenössischen Finanzdepartement

in Begleitung von

Botschafter Christoph Schelling, Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), Leiter der Abteilung Steuern

Botschafter Dominique Paravicini, Direktion für Europäische Angelegenheiten (DEA), Leiter der Abteilung Wirtschaft

Adrian Hug, Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung

Fabian Baumer, Eidgenössische Steuerverwaltung, Vizedirektor, Leiter Abteilung Steuerpolitik

Natassia Martinez, SIF, Bereich Multilaterale Steuerfragen und Unternehmensbesteuerung

12.00–14.00 Uhr  Arbeitsessen mit dem Staatssekretär

Teilnehmer wie oben –

Bei dem Mittagessen werden der Delegation zusätzlich beiwohnen:

Ruedi Noser, Mitglied des Nationalrats, Vorsitzender der Kommission für Wirtschaft und Abgaben

Urs Schwaller, Mitglied des Nationalrats, stellvertretender Vorsitzender der Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit

Martin Godel, Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), stellvertretender Leiter der Direktion für Standortförderung

Botschafter Richard Jones, Botschafter der EU in der Schweiz

14.00–14.15 Uhr  Pressetermin Staatssekretär und TAXE-Vorsitz

14.30–15.30 Uhr  Treffen mit Denkfabrik: „Avenir Suisse“

Dr. Marco Salvi, leitender Wissenschaftler, Avenir Suisse

Endgültige Teilnehmerliste

Mitglieder

Alain LAMASSOURE, Chair  PPE

Theodor STOLOJAN  PPE

Elisa FERREIRA  S&D

Michael THEURER  ALDE

Miguel VIEGAS  GUE

Eva JOLY  Verts/ALE

1.   Präsentation von Ulrich TRAUTMANN, Delegation der EU für die Schweiz

Wichtigste Ergebnisse:

Es gibt drei unabhängige Steuerebenen (Bund, Kanton, Gemeinde). Die Steuererhebung unterliegt den Kantonen.

Die Europäische Kommission hat schon 2007 festgestellt, dass bestimmte schweizerische Unternehmenssteuerregelungen nicht mit dem Abkommen zwischen der EU und der Schweiz aus dem Jahr 1972 vereinbar sind (Entscheidung C(2007)411 endg., insbesondere kantonale Steuerregelungen wie das Holdinginstrument, das Instrument der Schweizerischen Management Gesellschaft und das Instrument der Gemischten Gesellschaft). 2014 schließlich unterzeichneten die EU und die Schweiz die gemeinsame Verständigung über die Unternehmensbesteuerung, in der sich die Schweiz verpflichtete, kantonale und föderale Steuerregelungen abzuschaffen. Allerdings liegt noch ein weiter Weg vor uns: Ein erster Schritt wäre die Unternehmenssteuerreform III in der Schweiz, die von beiden Kammern des Parlaments gebilligt werden müsste; ein zweiter Schritt wären Durchführungsbestimmungen auf kantonaler Ebene.

Steuervorbescheide spielen im Steuersystem der Schweiz eine wichtige Rolle: Mit ihnen kann eine Steuerbefreiung aufgrund einer Neugründung oder einer Unternehmensverlagerung erlangt werden, der Steuerstatus in Bezug auf die Anwendung besonderer kantonaler Regelungen kann geklärt werden, und es können Mindeststeuersätze im Einklang mit den Regelungen im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen oder auch Einzelheiten von Steuerbescheiden vereinbart werden. Alle Behörden, die Steuervorbescheide erlassen, sind auf kantonaler Ebene angesiedelt. Die Kantone agieren souverän und werden von den Bundesbehörden nicht kontrolliert. Allerdings bestehen auf Bundesebene einige Einschränkungen, was Steuervorbescheide angeht. Diese werden aber nur begrenzt umgesetzt.

Steuerzahler können in der Schweiz auf mehreren Ebenen gegen den Austausch von Informationen mit Drittstaaten vorgehen. Das justizielle Verfahren dauert insgesamt bis zu fünf Jahre.

2.  Treffen mit Unternehmensvertretern

An der Diskussion beteiligte Sachverständige:

·Markus R. Neuhaus, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens PwC Schweiz, Mitglied des Büros des weltweiten Vorsitzes des Unternehmens PwC

·Frank Marty, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter Finanzen & Steuern,

Economie Suisse

·François Baur, Delegierter in Brüssel, Leiter Europäische Angelegenheiten, Economie Suisse

·Martin Zogg, Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter der Abteilung für inländische und internationale Besteuerung, Swiss Holdings

·Urs Kapalle, Direktor für Finanzpolitik und Steuern, Schweizerische Bankiervereinigung

Der Schwerpunkt der an die Unternehmensvertreter gerichteten Fragen lag darauf, wie sich der automatische Informationsaustausch in Bezug auf Steuervorbescheide gestaltet, wie die Steuerberater ihre Kunden in der Schweiz (und in Luxemburg) beraten, wie sie die internationalen Entwicklungen auf der Ebene der OECD/G20 bewerten sowie die entsprechende Rolle der Schweiz und wie sich der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen gestaltet.

Hauptaussagen der Unternehmensvertreter:

–  Die Schweiz beabsichtigt, die kritisierten schädlichen Steuerpraktiken abzuschaffen, und die Schweizer Unternehmen befürworten dies vollumfänglich. Allerdings muss die Schweiz wettbewerbsfähig bleiben und auch künftig für Investitionen attraktiv sein.

–  Sobald auf der Bundesebene der Schweiz die Entscheidung getroffen wird, die schädlichen Steuerpraktiken abzuschaffen, müssen die Kantone entsprechend tätig werden.

–  Im Rahmen des „Harmonisierungsgesetzes“ der Schweiz liegt bereits eine Definition des Begriffs „Einkommen“ auf Bundesebene vor, die Kantone genießen bei der Auslegung allerdings einen gewissen Ermessensspielraum.

–  Die Schweiz beabsichtigt, den internationalen Standards im Bereich Steuern nachzukommen, und zwar unter anderem aus Reputationsgründen.

–  Das hohe Volumen an ausländischen Direktinvestitionen in der Schweiz ist zwar nicht nur steuermotiviert, die steuerlichen Anreize spielen allerdings ganz sicher eine Rolle.

3.  Treffen mit nichtstaatlichen Organisationen: Alliance Sud und Erklärung von Bern

·Mark Herkenrath, Programmverantwortlicher Internationale Finanzen & Steuerpolitik, designierter Direktor von Alliance Sud, Mitglied der Global Alliance for Tax Justice

·Olivier Longchamp, Steuerpolitik & internationale Finanzen, Erklärung von Bern

Der Schwerpunkt der an die Vertreter der nichtstaatlichen Organisationen gerichteten Fragen lag darauf, ob das Problem der schädlichen Steuerpraktiken durch die in der Schweiz geplante Unternehmenssteuerreform III beseitigt werden kann, sowie auf deren Chancen, dem Zeitplan für die Umsetzung und der Ausgestaltung der neu geplanten Regelung für Patentboxen in der Schweiz und auf der Rolle der Kantone bei der Umsetzung der Steuerreform.

Hauptaussagen der Vertreter der nichtstaatlichen Organisationen

–  Der Betrag an Körperschaftsteuern, der von Unternehmen zu entrichten ist, für die „besondere Steuerregelungen“ gelten, ist bis zu sieben Mal niedriger als bei „normalen“ Unternehmen.

–  Die aktuelle Praxis der Steuervorbescheide in der Schweiz kann als „schädliche Steuerpraxis“ angesehen werden.

–  Die (im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III) neu geplante schweizerische Regelung für Patent-/Lizenzboxen ist noch nicht vollständig ausgearbeitet worden.

–  Allerdings wird man gegen die neuen Steuermaßnahmen, die an die Stelle der alten treten, möglicherweise schwerer vorgehen können, da es sie auch in vielen Mitgliedstaaten der EU gibt.

–  Die Bundesregierung der Schweiz steht der Unterzeichnung internationaler Steuerabkommen offener gegenüber, da ein solches Vorgehen als „progressiver“ oder realistischer angesehen werden könnte, was eine mögliche Beeinträchtigung der Reputation der Schweiz angeht. Allerdings steht das Parlament der Schweiz solchen Abkommen eher kritisch gegenüber.

–  Aufgrund der auf nationaler Ebene anstehenden Wahlen bringt das Parlament einer Steuerreform möglicherweise kein großes Interesse entgegen. Je nach Wahlausgang mag dies auch nach der Wahl so bleiben.

4.  Treffen mit Jacques de Watteville, Staatssekretär im Eidgenössischen Finanzdepartement, und seiner Steuerbehörde

Teilnehmer:

Jacques de Watteville erschien in Begleitung der Mitarbeiter seiner Steuerbehörde:

Botschafter Christoph Schelling, Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), Leiter der Abteilung Steuern

Botschafter Dominique Paravicini, Direktion für Europäische Angelegenheiten (DEA), Leiter der Abteilung Wirtschaft

Adrian Hug, Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung

Fabian Baumer, Eidgenössische Steuerverwaltung, Vizedirektor, Leiter Abteilung Steuerpolitik

Natassia Martinez, SIF, Bereich Multilaterale Steuerfragen und Unternehmensbesteuerung

Anlässlich des Arbeitsessens wurde die Delegation vervollständigt durch

Ruedi Noser, Mitglied des Nationalrats, Vorsitzender der Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben, Schweizer Parlament

Urs Schwaller, Mitglied des Nationalrats, stellvertretender Vorsitzender der Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit

Martin Godel, Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), stellvertretender Leiter der Direktion für Standortförderung

Botschafter Richard Jones, Botschafter der EU in der Schweiz

Der Schwerpunkt der an den Minister gestellten Fragen lag auf internen Hinweisgebern, der Notwendigkeit, dass kleine Staaten im Steuerwettbewerb bestehen müssen, den Chancen der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III und der Wahrscheinlichkeit einer Volksabstimmung zu der Frage, ob der künftige Austausch von Informationen über Steuervorbescheide automatisch oder auf Anfrage oder „spontan“ erfolgen wird.

Hauptaussagen des Ministers:

•  Steuervorbescheide sind Teil der üblichen Gepflogenheiten der Schweiz und Bestandteil des Dialogs zwischen der Steuerverwaltung und den Steuerzahlern.

•  Die Praxis der Steuervorbescheide ähnelt jener in Frankreich.

•  Es wird erwartet, dass die OECD im September einen Rahmen für Steuervorbescheide vorlegt. Die Schweiz beabsichtigt, diesem Rahmen Rechnung zu tragen.

•  Steuervorbescheide stellen lediglich eine Auslegung von Fakten und Gesetzen dar und haben keine Gesetzeskraft.

•  Die Schweiz beabsichtigt, im Rahmen der OECD konstruktiv im Bereich Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung (BEPS) mitzuarbeiten, der Empfehlung zum Thema BEPS Rechnung zu tragen und die kritisierten schädlichen Steuerpraktiken mit der geplanten Unternehmenssteuerreform III abzuschaffen.

•  Die Abschaffung des „steuerlichen Sonderstatus“ und die Absenkung der allgemeinen Körperschaftsteuersätze im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III wird zu einer Finanzlücke führen, die wiederum unweigerlich zur Einführung neuer Steuern oder zur Anhebung anderer Steuern führen wird, was sich wiederum auf die Annahme und Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III auswirken könnte.

•  Die Schweiz war selbst „Opfer“ der im Rahmen von Luxleaks aufgedeckten Praktiken und hatte entsprechende negative Folgen zu tragen, da durch diese Praktiken auch die Steuerbasis der Schweiz ausgehöhlt wurde. Daher beabsichtigt auch die Schweiz, die schädlichen Steuerpraktiken abzuschaffen.

•  Der Schwerpunkt der auf internationaler Ebene angestrengten Bemühungen liegt auf Steuerpraktiken, dabei sollte aber auch gegen andere staatliche Beihilfen auf globaler Ebene vorgegangen werden, um einheitliche Ausgangsbedingungen zu schaffen.

•  Die Mitglieder der G20 müssen sich zur globalen Umsetzung der BEPS-Maßnahmen verpflichten, um für einheitliche Ausgangsbedingungen zu sorgen.

•  Die EU und die OECD sollten darauf hinarbeiten, dieselben Steuerstandards anzunehmen, nicht unterschiedliche.

•  Zum Schutz interner Hinweisgeber: Im Fall Falciani vertritt die Regierung der Schweiz die Auffassung, dass es sich um eine Einzelperson handelt, die gestohlene Unternehmensgeheimnisse veräußern wollte, allerdings keinen Käufer fand und sie daraufhin dem französischen Staat anbot.

•  Die Schweiz beabsichtigt, ein Gesetz zum Schutz interner Hinweisgeber vorzulegen.

•   Zum Zollfreigebiet (Freeport) in Genf: Der Minister räumte ein, dass bestimmte Praktiken zu undurchsichtig sind, wobei es sich aber um zollrechtliche Fragen (und/oder Geldwäsche) und nicht um schädliche Steuerpraktiken handle.

•  Zur Frage der Anforderungen der wirtschaftlichen Substanz und der Anwendung der Vorschriften zur Bekämpfung des Missbrauchs in Fällen, in denen nachweislich keine wirtschaftliche Substanz vorliegt (IKEA usw.): Keine Antwort.

5.  Treffen mit Dr. Marco Salvi, Avenir Suisse

Hauptaussagen

•  Der Anteil der Körperschaftsteuer an den Steuereinnahmen der Schweiz ist viel geringer als jener der Einkommensteuer – ähnlich wie bei anderen Ländern der OECD.

•  Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer nehmen trotz sinkender Körperschaftsteuersätze in der Schweiz zu (entspricht der weltweiten Tendenz).

•  Die Kapitalbesteuerung entspricht jener in vergleichbaren europäischen Ländern.

•  „Steuerliche Sonderregelungen“ gestalten sich in der Schweiz je nach Kanton ganz unterschiedlich.

•  Die durch die Unternehmenssteuerreform III entstehende Finanzlücke (wobei diese Reform als grundlegende Überarbeitung der Körperschaftsteuer in der Schweiz angesehen wird) muss durch andere Steuern, etwa eine höhere Dividendensteuer, ausgeglichen werden.

•  Der Steuerföderalismus ist ein wichtiger Aspekt des Schweizer Steuersystems und daher auch jedweder Körperschaftsteuerreform.

ANHANG 7: BERICHT ÜBER DIE DELEGATIONSREISE NACH IRLAND

Der nachfolgende Bericht ist kein offizielles Protokoll. Er dient als interne Zusammenfassung der Informationsreise und wurde für die Aussprache in der Sitzung des TAXE-Ausschusses vom 23. Juni 2015 erstellt. Die beteiligten Dritten wurden zu seinem Inhalt nicht konsultiert.

TAXE-AUSSCHUSS

Reise einer Ad-hoc-Delegation nach Dublin (Irland)

28. Mai 2015

Tagesordnung

8.30–9.45 Uhr  Treffen mit Interessenträgern

  Irish Tax Institute: Martin Lambe, geschäftsführender Direktor

Irisches Finanzamt: Niall Cody, Leiter der Finanzverwaltung

10.00–11.00 Uhr  Treffen mit Michael Noonan (TD), Finanzminister

11.15–12.30 Uhr  Treffen mit Mitgliedern des Finanzausschusses des irischen Parlaments (Oireachtas)

  Gemeinsamer Finanzausschuss des Unterhauses und des Senats:

  Dr. Liam Twomey (TD), Vorsitzender

  Brian Walsh, TD

  Pat Rabbitte, TD

  Richard Boyd Barrett, TD

Gemeinsamer Ausschuss des Unterhauses und des Senats für europäische Fragen:

  Seán Kyne, TD

  Kathryn Reilly, Senatorin

12.30–13.30 Uhr  Arbeitsessen

  Professor Frank Barry, Trinity College Dublin (TCD)

  Seamus Coffey, University College Cork (UCC)

13.30–15.00 Uhr  Weitere Treffen mit Interessenträgern

  Feargal O’Rourke, Leiter des Bereichs Steuern, PwC

  Conor O’Brien, Leiter des Bereichs Steuern, KPMG

  Jim Clarken, geschäftsführender Direktor von Oxfam Ireland

  Dr. Micheál Collins, Nevin Economic Research Institute (NERI)

Teilnehmerliste

Mitglieder  

Alain LAMASSOURE, Vorsitzender  

Burkhard BALZ  PPE

Elisa FERREIRA   S&D

Michael THEURER   ALDE

Sven GIEGOLD   Verts/ALE

Marco VALLI   EFDD

Begleitende Mitglieder

Brian HAYES   PPE

Marian HARKIN  ALDE

Peter SIMON   S&D

Hugues BAYET   S&D

Matt CARTHY   GUE

1.   Treffen mit Interessenträgern

Irish Tax Institute: Martin Lambe, geschäftsführender Direktor

Irisches Finanzamt: Niall Cody, Leiter der Finanzverwaltung

(einleitende Bemerkungen sind beigefügt)

Wichtigste Ergebnisse:

Der Leiter der Finanzverwaltung wies darauf hin, dass die irische Steuerverwaltung eine vollständig unabhängige Stelle und nur dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Den Begriff „Steuervorbescheide“ gibt es in Irland nicht, doch es werden unverbindliche beratende Stellungnahmen zu missverständlichen oder unsicheren Steuergesetzen/-vorschriften erstellt. Die Steuerverwaltung kann die Gesetze nicht nach eigenem Ermessen auslegen und darf nur die vom Steuerzahler zur Verfügung gestellten Angaben prüfen, die anschließend erneut überprüft werden können.

Er wies die Behauptung zurück, multinationale Unternehmen würden in Irland keine oder nur sehr wenig Steuern zahlen. Gewinne werden in Irland uneingeschränkt besteuert, wenn sie innerhalb des Hoheitsgebiets Irlands erzielt werden.

Es ist ein multilateraler/globaler Ansatz für die Besteuerung weltweiter Gewinne erforderlich. Irland hat sich dem BEPS-Projekt der OECD verschrieben, wendet für seine Umsetzung erhebliche Mittel auf und sieht sich als Spitzenreiter im Kampf gegen Offshore-Rechtssysteme.

Die Mitglieder stellten Fragen zu der Verpflichtung einzelstaatlicher Steuerverwaltungen, weltweite Gewinne zu prüfen, der Notwendigkeit gemeinsamer Prüfungen, der Auslegung des „Grundsatzes des Fremdvergleichs“ bei der Verrechnungspreisgestaltung und der Anzahl der beratenden Stellungnahmen sowie dem ihnen zugrunde liegenden wirtschaftlichen Wert. Ferner fragten sie, ob im Rahmen des Informationsaustauschs Informationen darüber bereitgestellt würden, ob Gewinne in einem anderen Land besteuert werden.

Der Leiter der Finanzverwaltung erklärte, dass im Rahmen des Fiscalis-Programms vor allem im Bereich der indirekten Steuern / der Mehrwertsteuer regelmäßig gemeinsame Prüfungen durchgeführt werden, dass es im Vergleich zu den jedes Jahr von Unternehmen vorgelegten 120 000 Steuererklärungen nur sehr wenige beratende Stellungnahmen gibt (99 im Jahr 2010, ca. 100 im Jahr 2011 und 108 im Jahr 2012) und dass dadurch verdeutlicht wird, dass dies kein wesentlicher Aspekt des irischen Steuersystems ist.

Er wies darauf hin, dass keine Informationen über die zugrunde liegende wirtschaftliche Substanz zur Verfügung stehen.

2.  Treffen mit Michael Noonan (TD), Finanzminister

Wichtigste Aussagen des Ministers:

–  Irland war eines der ersten Länder, das das US-amerikanische FATCA-Gesetz und den Standard der OECD für den automatischen Informationsaustausch unterzeichnet hat, und gehört der OECD zufolge zu den 18 Ländern mit dem höchsten Standard für Transparenz im Steuerbereich. Das Land hat sich daher der Transparenz im Steuerbereich verschieben.

–  Irland unterstützt die Gruppe „Verhaltenskodex“ der EU und fordert eine Reform, um ihre Arbeitsweise zu verbessern und die Rolle ihres Vorsitzes zu stärken.

–  In Irland gilt ein niedriger(er) (nominaler) Regelsteuersatz für die Körperschaftssteuer von 12,5 %, es gibt jedoch weniger Ausnahmen als in anderen Mitgliedstaaten, was einen relativ hohen (höheren) effektiven Körperschaftssteuersatz von etwa 11 % zur Folge hat. Irland ist der Ansicht, dass dieses System transparenter und effizienter ist und auch weniger Steuerhinterziehung und Steuervermeidung nach sich zieht.

–  Irland verfügt über eine internationale Steuerstrategie (beigefügt) mit Schwerpunkt auf den Auswirkungen des irischen Steuersystems auf die Entwicklungsländer. Irland prüft derzeit die Ausstrahlungseffekte des irischen Steuersystems auf Entwicklungsländer.

–  Irland unterstützt die Arbeit der OECD im Bereich der BEPS, die jedoch auch auf Entwicklungsländer ausgerichtet sein sollte. Irland würde ein internationales Forum unterstützen, an dem auch Entwicklungsländer beteiligt werden.

–  Irland ist bereit, einen überarbeiteten GK(K)B-Vorschlag zu erörtern, wenn die Kommission den Einwänden zahlreicher/der meisten Mitgliedstaaten Rechnung trägt.

–  Zu den Prioritäten Irlands gehören die Ablehnung einer Vereinheitlichung des Körperschaftssteuersatzes, die Fortführung des Grundsatzes der Einstimmigkeit im Steuerbereich und die Achtung des Subsidiaritätsprinzips.

–  Die Kommission sollte sich an den von Irland (unter dem irischen Ratsvorsitz) vorgeschlagenen „Fahrplan“ für die GKKB halten, den Schwerpunkt auf eine gemeinsame Bemessungsgrundlage legen und die einschlägigen BEPS-Empfehlungen aufnehmen. In diesem Fall könnte innerhalb von 12 bis 18 Monaten eine Vereinbarung getroffen werden.

–  Im Fall Apple (dessen Details nicht erörtert wurden) arbeitet Irland uneingeschränkt mit der Kommission zusammen und sieht keine Gefahr wechselseitiger Auswirkungen auf seine Beziehungen mit der EU im Steuerbereich. Irland ist der Ansicht, dass der Fall eher politisch als rechtlich begründet ist und dass die Verzögerung des Beschlusses der Kommission im Fall Apple darauf hindeutet, dass die rechtliche Argumentation vermutlich schwach ist. Es geht dabei nicht um die von Apple in Irland erzeugten Einnahmen, sondern um Gewinne, die in einem anderen Land erzielt wurden und durch Irland geflossen sind.

–  Das „Double Irish“-Modell ist kein Teil/Merkmal des irischen Steuerrechts, sondern eine Diskrepanz zum US-amerikanischen Steuerrecht, die nicht für Irland spezifisch ist. Obwohl Irland diese Gesetzeslücke auf irischer Seite schließen will, bleibt sie in anderen Rechtssystemen bestehen. Diskrepanzen können nicht auf einzelstaatlicher Ebene / im Alleingang behoben werden, sondern müssen auf globaler/internationaler Ebene angegangen werden.

–  Irland plant, das „Double Irish“-Modell bis 2021 schrittweise abzuschaffen, und sieht daher ein Standardverfahren vor.

–  Der Informationsaustausch über Steuervorbescheide wird in der von der Kommission vorgeschlagenen Fassung von Irland unterstützt, dies jedoch nur im Rahmen bilateraler Steuerabkommen?

–  Mit Blick auf Verrechnungspreisvereinbarungen hatte Irland in 80 % der Streitigkeiten mit anderen Mitgliedstaaten Erfolg.

–  Irland ist besorgt über den zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich sowie anschließend auf der Ebene der OECD vereinbarten „Nexus-Ansatz“ für Patentboxen, da durch diesen Ansatz größere Länder zum Nachteil kleinerer Länder bevorzugt würden.

–  Irland beabsichtigt, im Jahr 2015 in Übereinstimmung mit dem OECD-Standard eine „Wissensbox“ einzuführen.

3.  Treffen mit Mitgliedern des Finanzausschusses des irischen Parlaments (Oireachtas), des gemeinsamen Finanzausschusses des Unterhauses und des Senats sowie des gemeinsamen Ausschusses des Unterhauses und des Senats für europäische Fragen

Vom gemeinsamen Finanzausschuss:

Vorsitz: Dr. Liam Twomey, TD

Brian Walsh, TD

Pat Rabbitte, TD

Richard Boyd Barrett, TD

Vom gemeinsamen Ausschuss des Unterhauses und des Senats für europäische Fragen:

Seán Kyne, TD

Kathryn Reilly, Senatorin

Die Mitglieder wiesen darauf hin, dass es bei der Aussprache nicht um eine Vereinheitlichung der Körperschaftssteuersätze, sondern um die Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage, die Bestimmung des steuerpflichtigen Einkommens und den Ort der Besteuerung geht.

Sie stellten Fragen zu der Besteuerung in der digitalen Wirtschaft, dem gesunden bzw. schädlichen Steuerwettbewerb, seiner Rolle bei der Anziehung ausländischer Direktinvestitionen, der Möglichkeit gemeinsamer Prüfungen, dem Scheitern des „spontanen“ Informationsaustauschs über Steuervorbescheide und der Gestaltung der künftigen „Wissensbox“ bzw. Steuerregelung im Zusammenhang mit geistigem Eigentum.

Wichtigste Standpunkte der Mitglieder des irischen Parlaments:

–  Der Regelsteuersatz / nominale Steuersatz für die Körperschaftssteuer von 12,5 % ist rechtmäßig. Hierüber wird Irland keine Diskussionen führen.

–  Obwohl es unterschiedliche Schätzungen hinsichtlich des durchschnittlichen effektiven Körperschaftssteuersatzes gibt, fällt dieser aufgrund weniger Ausnahmen vermutlich nicht sehr viel geringer aus.

–  Die Besteuerung fällt in der EU weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Der Steuerwettbewerb sollte als gesund angesehen werden, solange er auf faire und transparente Weise erfolgt.

–  Irland ist ein kleiner, am Rande der EU liegender Mitgliedstaat und benötigt daher eine Steuerpolitik, mit der ausländische Direktinvestitionen angezogen werden. Der Erfolg der irischen Volkswirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg (als ehemalige britische Kolonie mit wenigen Infrastruktureinrichtungen und einer geringen Einwohnerzahl) ist vorrangig auf die Steuerpolitik zurückzuführen.

–  In zwei irischen Referenden zu EU-Themen wurde mit großer Mehrheit entschieden, dass die Steuerpolitik weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen sollte.

–  Eine Minderheit im Parlament (und vermutlich der Bevölkerung) stimmt dem allgemeinen irischen Konsens über die Steuerpolitik und den Steuerwettbewerb jedoch nicht zu und ist der Ansicht, dass die irischen (und europäischen) Steuerzahler die Rechnung für die Steuerhinterziehung bezahlen.

–  Mit Blick auf die GKKB bestehen auch weiterhin Bedenken, doch Irland wird sich aktiv und auf konstruktive Weise an den Diskussionen beteiligen.

–  Das BEPS-Projekt wird von Irland unterstützt, doch die OECD-Staaten müssen gemeinsam handeln und das Projekt gemeinsam umsetzen.

–  Mit Blick auf den Ort der Besteuerung stimmt Irland generell dem Standpunkt zu, dass Einnahmen/Gewinne in dem Land besteuert werden sollten, in dem ein Mehrwert geschaffen wird, und teilt vermutlich die Auffassung, dass die künftige irische „Wissensbox“ / Steuerregelung im Zusammenhang mit geistigem Eigentum nur für die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in Irland gelten sollte.

4.  Arbeitsessen

Professor Frank Barry, Trinity College Dublin (TCD)

Seamus Coffey, University College Cork (UCC)

Die Mitglieder stellen das Argument der „kleinen Länder“ in Frage, da dies auf zahlreiche Mitgliedstaaten zutreffen würde (BeNeLux, baltische Staaten, CY, MT, PT und osteuropäische Mitgliedstaaten), und erkundigen sich nach der Funktionsweise des Dreiecks USA–IRL/NL–Bermudas und den geeigneten Anreizen, die für die rasche Umsetzung von Steuerreformen erforderlich sind (da das FATCA-Gesetz aufgrund des Drucks durch die USA anscheinend rasch umgesetzt wurde).

Wichtigste Standpunkte der Wissenschaftler:

–  In Irland gibt es hohe ausländische Direktinvestitionen; 80 % der irischen Exporte stammen von multinationalen Unternehmen mit Sitz in Irland. Multinationale Unternehmen können rasch von einem Exportziel zu einem anderen wechseln und sind somit resistenter gegenüber Krisen. Darüber hinaus sind sie für den Wirtschaftsaufschwung in Irland von entscheidender Bedeutung.

–  Es gibt keine Anzeichen für einen internationalen „Wettlauf nach unten“ bei der Körperschaftssteuer. Der Anteil der Körperschaftssteuereinnahmen am BIP und an den gesamten Steuereinnahmen ist seit Jahrzehnten relativ konstant. Kleine und ärmere Länder sowie Länder in Randlage haben üblicherweise niedrigere Körperschaftssteuersätze als größere, reichere und zentraler gelegene Länder.

–  Der Großteil der ausländischen Direktinvestitionen in Irland stammt aus den USA. Die „Double Irish“-Strategie und andere Steuerpraktiken beruhen auf Diskrepanzen zwischen dem US-amerikanischen und dem irischen Steuersystem. Die potenziellen Verluste bei den Körperschaftssteuereinnahmen betreffen die USA, nicht andere EU-Mitgliedstaaten.

–  Die „Double Irish“-Strategie funktioniert zusammen mit der „Dutch Sandwich“-Strategie. Irland kann (aufgrund der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren) auf Zinsen und Lizenzgebühren, die durch die Niederlande geflossen sind, keine Quellensteuer erheben. Anschließend werden diese Zinsen und Lizenzgebühren in Drittstaaten (wie die Bermudas) überwiesen, da die Niederlande Zinsen und Lizenzgebühren nicht besteuern.

–  Theoretisch könnte die EU einen Mindeststeuersatz für Zinsen und Lizenzgebühren einführen, die für Rechte des geistigen Eigentums, Patente und Lizenzen anfallen.

5.  Weitere Treffen mit Interessenträgern

  Feargal O’Rourke, Leiter des Bereichs Steuern, PwC

  Conor O’Brien, Leiter des Bereichs Steuern, KPMG

  Jim Clarken, geschäftsführender Direktor von Oxfam Ireland

  Dr. Micheál Collins, Nevin Economic Research Institute (NERI)

Wichtigste Standpunkte der Interessenträger:

–  Das irische Steuersystem geht auf den britischen Grundsatz des steuerlichen Wohnsitzes zurück, der in einer Rechtssache von 1905 (britisches Oberhaus) bestätigt wurde und somit seit mehr als 100 Jahren Tradition hat.

–  Der wichtigste Kritikpunkt sind irische Kapitalgesellschaften.

Nichtstaatliche Organisationen:

–  Die Steuerpolitik ist ein zentraler Aspekt der Armutsbekämpfung. Die Entwicklungsländer haben zu geringe Steuereinnahmen, und die Steuerlücke beträgt 91 Mrd. USD pro Jahr.

–  Die OECD schließt Entwicklungsländer aus. Es werden ein automatischer Informationsaustausch mit den Entwicklungsländern auch ohne Gegenseitigkeit, Transparenz hinsichtlich der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß der vierten Geldwäscherichtlinie, eine öffentliche nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung (wie teilweise in der Rechnungslegungsrichtlinie und der Eigenkapitalrichtlinie festgelegt) und eine internationale Stelle für die Zusammenarbeit in Steuerfragen gefordert.

–  Die Besteuerungsgrundsätze von Adam Smith - Einfachheit, Gleichmäßigkeit und Wirksamkeit - werden von den internationalen Steuersystemen nicht länger angewandt, da sie aufgrund von Wettbewerbsverzerrungen zu komplex, unfair und ineffizient geworden sind.

–  Das BEPS-Projekt sollte zu einem faireren, transparenteren und effizienteren Steuersystem führen.

ANHANG 8: BERICHT ÜBER DIE DELEGATIONSREISE IN DIE NIEDERLANDE

Der nachfolgende Bericht ist kein offizielles Protokoll. Er dient als interne Zusammenfassung der Informationsreise und wurde für die Aussprache in der Sitzung des TAXE-Ausschusses vom 23. Juni 2015 erstellt. Die beteiligten Dritten wurden zu seinem Inhalt nicht konsultiert.

TAXE-AUSSCHUSS

Ad-hoc-Delegationsreise nach Den Haag (Niederlande)

29. Mai 2015

Tagesordnung

9.00–10.30 Uhr   Sitzung mit dem Finanzausschuss des niederländischen Parlaments

Delegation aus Mitgliedern des Finanzausschusses

10.45–12.45 Uhr   Treffen mit Interessenträgern (Sachverständige, Wissenschaftler, NRO)

•  Bartjan Zoetmulder, niederländischer Verband der Steuerberater

•  Hans Van den Hurk, Universität Maastricht

•  Siem Eikelenboom oder Gaby de Groot, Financieele Dagblad

•  Indra Römgens, SOMO, unabhängige gemeinnützige Forschungs- und Netzwerkorganisation

•  Francis Weyzig, Oxfam

14.00–15.00 Uhr  Treffen mit dem Leiter des Dienstes für Steuervorbescheide, Pieterbas Plasman

Finanzministerium

15.00–16.00 Uhr   Treffen mit dem niederländischen Staatssekretär für Steuerfragen, Eric Wiebes

Finanzministerium

Teilnehmerliste

Mitglieder

Alain LAMASSOURE, Vorsitzender  

Esther de LANGE  PPE

Elisa FERREIRA  S&D

Bernd LUCKE  ECR

Michael THEURER  ALDE

Fabio DE MASI  GUE

Philippe LAMBERTS  Verts/ALE

Marco VALLI  EFDD

Begleitende Mitglieder

Cora van NIEUWENHUIZEN   ALDE (NL)

Sven GIEGOLD  Verts/ALE

Peter SIMON  S&D

Paul TANG   S&D (NL)  

1.   Sitzung mit dem Finanzausschuss des niederländischen Parlaments

-  Sjoera Dikkers, Mitglied des Parlaments

-  Helma Neppérus, Mitglied des Parlaments

-  Ed Groot, Mitglied des Parlaments

-  Wouter Koolmees, Mitglied des Parlaments

-  Arnold Merkies, Mitglied des Parlaments

-  Jesse Klaver, Mitglied des Parlaments

Wichtigste Standpunkte der Mitglieder des Parlaments:

-  Alle Länder/Mitgliedstaaten stünden in einem Steuerwettbewerb, auch wenn es darum gehe, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen;

-  die Niederlande seien für einen Informationsaustausch über Steuervorbescheide;

-  die Niederlande seien das Land mit den höchsten eingehenden und ausgehenden ausländischen Direktinvestitionen (mehr als Deutschland, das Vereinigte Königreich und Japan zusammen genommen);

-  Steuervorbescheide seien erforderlich, um für einen Dialog zwischen Steuerbehörde und Steuerzahler zu sorgen;

-  die Niederlande seien nicht als Steueroase zu sehen, böten jedoch ein Steuerschlupfloch und erhöben daher keine Steuern auf ausgehende Zinsen und Lizenzgebühren;

-  die Niederlande hätten Maßnahmen unternommen, um das Problem leerer „Mantelgesellschaften“ anzugehen; sie hätten eine Prüfung der wirtschaftlichen Substanz sowie allgemeine Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung eingeführt;

-  zur Erstellung niederländischer Steuervorbescheide würden lediglich die Gesetze ausgelegt, sie dienten nicht zur Verhandlung von Steuersätzen;

-  im niederländischen Parlament werde die Steuerpolitik der Niederlande offen debattiert, es gebe keinen einheitlichen Standpunkt;

-  die Niederlande hätten jungen Unternehmen attraktive Steueranreize geboten, in der Hoffnung, dass aus „kleinen hässlichen Entlein schöne Schwäne werden – aber aus manchen werden niemals Schwäne“;

-  zur gemeinsamen konsolidierten Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer (GKKB): die Niederlande wären gegen den ursprünglichen Vorschlag gewesen, aber offen für einen überarbeiteten Vorschlag ohne fakultativen Charakter (kein Parallelmodell zu bestehenden nationalen Steuermodellen); begonnen werden solle zunächst mit einer gemeinsamen Steuerbemessungsgrundlage, eine Konsolidierung könne später stattfinden, mögliche Kombination mit einem Mindeststeuersatz;

-  nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung: Unterstützung einer öffentlichen, nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung;

-  die künftige niederländische „Innovationsbox“ unterscheide sich von der britischen „Patentbox“ beispielsweise, da sie nur F&E-Kosten (keine Patente) berücksichtige, die in den Niederlanden anfielen.

Die Mitglieder stellen Fragen zur Positionierung der Niederlande als „kleinerem Mitgliedstaat“ und ihrer Rolle als potenzieller Steueroase (unter Verweis auf eine Broschüre von PWC für das Land), den Grenzen zwischen schädlichem und gesundem Steuerwettbewerb, der Notwendigkeit, die Steuerpolitik auf EU-Ebene abzustimmen, der Tatsache, dass 17 der größten portugiesischen Unternehmen aus Steuergründen ihren Sitz in den vergangenen Jahren in die Niederlande verlegt hätten, ihrer Erwartung, dass die Niederlande im Rahmen ihrer anstehenden Ratspräsidentschaft eine konstruktive Rolle dabei spielen werden, die EU-Steuerpolitik voranzubringen, dem Standpunkt der Niederlande zu einer öffentlichen, nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung, den Zugang zu Protokollen der Gruppe „Verhaltenskodex“ sowie Einzelheiten zu den Fällen FIAT und Starbucks.

Die Mitglieder des niederländischen Parlaments sind bereit, mit dem TAXE-Ausschuss zusammenzuarbeiten und an der interparlamentarischen Sitzung am 17. Juni 2015 teilzunehmen.

2.  Treffen mit Interessenträgern (Sachverständige, Wissenschaftler, NRO)

-  Bartjan Zoetmulder, niederländischer Verband der Steuerberater

-  Hans Van den Hurk, Universität Maastricht

-  Siem Eikelenboom oder Gaby de Groot, Financieele Dagblad

-  Indra Römgens, SOMO, unabhängige gemeinnützige Forschungs- und Netzwerkorganisation

-  Francis Weyzig, Oxfam

Hauptaussagen:

-  Die niederländische Praxis zur Erteilung von Steuervorbescheiden, wie vor allem Verrechnungspreiszusagen, basiere auf den OECD-Verrechnungspreisleitlinien (die einen gewissen Ermessensspielraum zuließen);

-  „Wissensgruppen“ innerhalb der niederländischen Steuerbehörde überwachten die Anwendung eines kohärenten Ansatzes bei Steuervorbescheiden;

-  multinationale Unternehmen suchten nach einem Drehkreuz, von dem aus sie in der EU investieren könnten; der (steuer)freie Kapitalverkehr innerhalb der EU (im Rahmen der Mutter-Tochter-Richtlinie und der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren) sowie die Nichtbesteuerung von ausgehenden Zinsen und Lizenzgebühren in den Niederlanden machten das Land attraktiv für Investitionen;

-  die Entscheidung, Zinsen und Lizenzgebühren nicht zu besteuern, sei eine nationale Entscheidung, andere Länder (wie das Vereinigte Königreich oder Belgien) könnten die Entscheidung treffen, Dividenden nicht zu besteuern;

-  eine gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer würde große, industrialisierte Mitgliedstaaten gegenüber kleinen Mitgliedstaaten mit einer dienstleistungsbasierten Wirtschaft bevorteilen;

-  die niederländische „Innovationsbox“ berücksichtige nur F&E-Kosten, die in den Niederlanden anfielen (die Frage eines Mitglieds, ob F&E-Kosten, die in Drittstaaten verlagert, aber nominell in den Niederlanden „verwaltet“ würden, ebenfalls in den Niederlanden von den Steuern abgezogen werden könnten, blieb offen/unbeantwortet);

-  die niederländische „Innovationsbox“ sei stärker begrenzt als die britische „Patentbox“, da sie nur für F&E-Kosten gelte, aber nicht für die Kosten, die für die bloße Inhaberschaft des Patents anfielen.

NRO:

-  eine Überprüfung der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren sei dringend erforderlich, einschließlich der Aufnahme allgemeiner Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung;

-  der Steuerwettbewerb innerhalb der EU werde als kurzsichtig aufgefasst und habe innereuropäische wie globale Auswirkungen, auch auf Entwicklungsländer;

-  Steuervorbescheide sollten ausgetauscht und veröffentlicht werden; ein Informationsaustausch über Steuervorbescheide sei nicht genug, diese müssten öffentlich und mit einer öffentlichen, nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung kombiniert sein;

Die Mitglieder stellen Fragen zur Funktionsweise des „Bermudadreiecks“ (Dreieck USA-IRL/NL), der Funktionsweise der „horizontalen Überwachung“ der Einhaltung der Vorschriften seitens der Steuerzahler durch die Steuerbehörde, der Funktionsweise der niederländischen „Innovationsbox“, den Ansichten zu einem künftigen überarbeiteten Vorschlag zur GKKB.

Die Mitglieder weisen darauf hin, dass der Widerstand der kleinen Mitgliedstaaten in Bezug auf den Vorschlag für eine nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung nur auf die Sorge dieser zurückzuführen sei, sie könnten benachteiligt werden, und dass dem durch eine Änderung der Aufteilungsformel im Vorschlag zur GKKB begegnet werden könne.

3.  Treffen mit dem Leiter des Dienstes für Steuervorbescheide, Pieterbas Plasman

Die Mitglieder stellen Fragen zur Unabhängigkeit des Dienstes für Steuervorbescheide (Teil der Steuerbehörde), der Natur der Steuervorbescheide (verbindlich), der Natur der Prüfung der wirtschaftlichen Substanz, der Praxis der Nichtbesteuerung von Zinsen und Lizenzgebühren in den Niederlanden, der Funktionsweise der „horizontalen Überwachung“ und der Innovationsboxen, der Übereinstimmung von Steuervorbescheiden mit den EU-Beihilfevorschriften, der Transparenz von Steuervorbescheiden, der (fehlenden) Prüfung der Kosten eines Steuervorbescheids für andere Mitgliedstaaten, dem Leitgrundsatz für niederländische Steuerbeamte (Unterstützung von Unternehmen? Unterstützung der Steuerpolitik?, Maximierung der staatlichen Einnahmen?, Anwendung der Gesetze?).

Hauptaussagen:

-  Die Steuerbehörde habe jeweils ein 12-köpfiges Team für Verrechnungspreiszusagen und Steuervorbescheide; keine, sondern innerhalb der Steuerbehörde angesiedelte Einheit;

-  der Leitgrundsatz sei die Anwendung der Gesetze;

-  Anforderung der wirtschaftlichen Substanz: um eine Verrechnungspreiszusage/einen Steuervorbescheid anzufordern, müsse der Steuerzahler die Anforderungen der wirtschaftlichen Substanz erfüllen;

-  die „horizontale Überwachung“ der Einhaltung der Vorschriften durch den Steuerzahler sei ein allgemeiner Grundsatz im Steuerwesen; Behörden arbeiteten auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen und Verständnis, aber nicht von blindem Vertrauen;

-  Steuerberater könnten Verrechnungspreiszusagen/Steuervorbescheide im Namen des Steuerzahlers verlangen, dies sei aber für die Beschlüsse über Verrechnungspreiszusagen/Steuervorbescheide irrelevant;

-  staatliche Beihilfen: da alle Steuerzahler im Hinblick auf Verrechnungspreiszusagen/Steuervorbescheide dieselbe Behandlung erführen, gebe es keinen beihilferechtlichen Konflikt;

-  FIAT, Starbucks: keine Stellungnahme zu einzelnen Steuerzahlern.

4.  Treffen mit dem niederländischen Staatssekretär für Steuerfragen, Eric Wiebes

Die Mitglieder stellen Fragen zu den Überlegungen/der Motivation von multinationalen Unternehmen, ihren Sitz in die Niederlande zu verlegen, der Rolle der kommenden niederländischen Präsidentschaft für die weiteren Schritte bei der GKKB, der nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung, der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren, der Rolle von Steuerabkommen bei der Schaffung von (unbeabsichtigten?) Schlupflöchern, der Bewertung des Ortes der Besteuerung bei der Innovationsbox, zu Einzelheiten zu den Fällen Fiat, Starbucks und Crosswinds, der (fehlenden) Bewertung der Kosten eines Steuervorbescheids für andere Mitgliedstaaten sowie dem Zugang zu den Protokollen der Gruppe „Verhaltenskodex“.

Hauptaussagen des Staatssekretärs:

-  Die Niederlande unterstützten in Steuerfragen gleiche Wettbewerbsbedingungen auf globaler Ebene;

-  das niederländische Steuersystem basiere auf drei Grundsätzen: grenzüberschreitende und (innereuropäische) interne Transfers würden gleich behandelt (d. h. keine unterschiedliche Besteuerung von ausgehenden Zinsen und Lizenzgebühren, gleich ob in die EU oder aus der EU heraus), Gewinne würden dort besteuert, wo der Mehrwert erzeugt werde, es werde im Voraus Rechtssicherheit geschaffen (-> Verrechnungspreiszusagen/Steuervorbescheide);

-  mit der Einführung der Prüfung der wirtschaftlichen Substanz und den allgemeinen Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung würden Briefkastenfirmen und Mantelunternehmen ohne wirtschaftliche Substanz aus den Niederlanden verschwinden;

-  die Niederlande würden beim Informationsaustausch zu Steuervorbescheiden zu den Spitzenreitern zählen, Ankündigung eines Pilotprojekts zum Informationsaustausch zu Steuervorbescheiden mit Deutschland;

-  GKKB: Probleme mit der Konsolidierung: die Niederlande (und viele weitere/die meisten Mitgliedstaaten) hätten Nachteile; zunächst Festlegung einer Steuerbemessungsgrundlage;

-  unterstützt Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS), kritisiert die Nichteinbindung von Entwicklungsländern in die OECD/den BEPS;

-  die Niederlande hätten allgemeine Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung in die Doppelbesteuerungsabkommen mit den 23 größten Entwicklungsländern aufgenommen;

-  die Antworten auf technische Fragen würden in schriftlicher Form erfolgen;

-  die Weitergabe der Protokolle der Gruppe „Verhaltenskodex“ an das EP wird abgelehnt.

ANHANG 9: BERICHT ÜBER DIE REISE EINER DELEGATION INS VEREINIGTE KÖNIGREICH

Der nachfolgende Bericht ist kein offizielles Protokoll. Er dient als interne Zusammenfassung der Informationsreise und wurde für die Aussprache in der Sitzung des TAXE-Ausschusses vom 23. Juni 2015 erstellt. Die beteiligten Dritten wurden zu seinem Inhalt nicht konsultiert.

TAXE-AUSSCHUSS

Ad-hoc-Delegationsreise nach London (Vereinigtes Königreich)

am 18. Juni 2015

Tagesordnung

9.00–10.00 Uhr  Sitzung mit David Gauke, Staatssekretär für Finanzen im Schatzamt, Mitglied des Unterhauses

10.00–11.00 Uhr  Sitzung mit Sachverständigen des britischen Schatzamts und der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

  Jim Harra, Generaldirektor, Unternehmensbesteuerung, britische Zoll- und Steuerverwaltung

  Fergus Harradence, stellvertretender Direktor, Team Körperschaftsteuer, Gruppe für Unternehmensbesteuerung und die Besteuerung internationaler Unternehmen, britisches Schatzamt

  Andrew Dawson, Leiter des Teams Steuerübereinkommen, Verhandlungsführer für Steuerübereinkommen des Vereinigten Königreichs und Mitglied des Sachverständigenausschusses der Vereinten Nationen für internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen, britische Zoll- und Steuerverwaltung

  Maura Parsons, stellvertretende Direktorin, Leiterin der Abteilung für Verrechnungspreisgestaltung im Referat Internationale Unternehmen der britischen Zoll- und Steuerverwaltung und Vorsitzende des Ausschusses für Verrechnungspreisgestaltung der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

  Aidan Reilly, Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen in der Direktion Körperschaftsteuer, Internationales und Steuerzeichen der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

11.30–12.30 Uhr  Informelles Treffen mit Meg Hillier, Margaret Hodge und Guto Bebb, Mitglieder des Ausschusses für öffentliche Finanzen des Unterhauses

13.00–13.45 Uhr  Arbeitsessen

Prem Sikka, Professor für Rechnungswesen, Essex Business School, Universität Essex

Frank Haskew, Leiter der Fakultät für Steuern des ICAEW (Institute of Chartered Accountants in England and Wales) Ian Young, Manager im Bereich internationale Steuern

14.00–16.00 Uhr  Sitzung mit Unternehmensvertretern, Steuerberatern und nichtstaatlichen Organisationen

Will Morris (GE), Vorsitzender des Steuerausschusses des Verbands der britischen Industrie (Confederation of British Industry, CBI) und des Steuerausschusses des Beratenden Ausschusses für Wirtschaft und Industrie (Business and Industry Advisory Committee, BIAC)sowie weitere Mitglieder des CBI

Richard Collier, Senior Partner im Bereich Steuern, PwC

  Joseph Stead, Christian Aid

  Meesha Nehru, Programmdirektorin, Fair Tax Mark

Teilnehmerliste

Mitglieder  

Alain LAMASSOURE, Vorsitzender

Danuta HÜBNER  PPE

Elisa FERREIRA  S&D

Bernd LUCKE  ECR

Michael THEURER  ALDE

Molly SCOTT CATO  Verts/ALE

Marco ZANNI  EFDD

Begleitende Mitglieder

Frank ENGEL  PPE

Peter SIMON  S&D

Anneliese DODDS   S&D

Sven GIEGOLD  Verts/ALE

Matt CARTHY  GUE

1.  Sitzung mit David Gauke, Mitglied des Unterhauses, Staatssekretär für Finanzen im Schatzamt, in Begleitung von Mike Williams, Direktor der Gruppe für Unternehmensbesteuerung und die Besteuerung internationaler Unternehmen im britischen Schatzamt

Die Mitglieder stellten Fragen zum Standpunkt des Vereinigten Königreichs zu der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), zu der Haltung des Vereinigten Königreichs gegenüber Überseegebieten, zu der nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung (CBCR), zu der Lizenzbox- bzw. Patentbox-Regelung im Vereinigten Königreich, zu den auf den Finanzplatz London (City of London) angewandten Steuerregelungen, zur Transparenz der Banken, zu den Ansichten des Vereinigten Königreichs zur Besteuerung von Google und den Mindestvoraussetzungen für einen gerechten Steuerwettbewerb sowie dazu, ob das Vereinigte Königreich bereit wäre, als Vorreiter auf internationaler Ebene auch auf EU-Ebene eine Koordinierungsfunktion zu übernehmen.

Wichtige Standpunkte des Staatssekretärs

–   Das Vereinigte Königreich ist gegen eine GKKB auf EU-Ebene, da dadurch die Probleme mit der Verrechnungspreisgestaltung auf globaler Ebene nicht gelöst werden.

–   Das Vereinigte Königreich ist Vorreiter in Bezug auf Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen (BEPS) und vertritt die Auffassung, eine Lösung könne nur auf internationaler Ebene gefunden werden.

–   Das Vereinigte Königreich möchte den Besteuerungsort und den Ort der Wirtschaftstätigkeit enger miteinander verbunden wissen.

–   Das Vereinigte Königreich geht bei BEPS weiter voran, da es Vorschriften für hybride Gestaltungen und die CBCR eingeführt hat.

–   Die steuerrechtlichen Vorschriften müssen aktualisiert werden, um der steigenden Bedeutung der Rechte des geistigen Eigentums Rechnung zu tragen.

–   Das Vereinigte Königreich unterstützt eine engere Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen, wendet sich aber gegen eine stärkere Harmonisierung.

–   Die Überseegebiete haben betrachtliche Fortschritte bei der Transparenz erzielt und erfüllen inzwischen die internationalen Standards.

–   Steuervorbescheide sind für Unternehmen sehr wichtig.

–   Für den Finanzplatz London gibt es keine besonderen steuerlichen Regelungen.

2.   Sitzung mit Sachverständigen des britischen Schatzamts und der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

•  James Harra, Kommissar und Mitglied des Exekutivausschusses der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

•  Fergus Harradence, stellvertretender Direktor, Körperschaftsteuer, britisches Schatzamt

•  Andrew Dawson, Leiter des Teams Steuerübereinkommen in der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

•  Maura Parsons, stellvertretende Direktorin, Leiterin der Abteilung für Verrechnungspreisgestaltung im Referat Internationale Unternehmen der britischen Zoll- und Steuerverwaltung und Vorsitzende des Ausschusses für Verrechnungspreisgestaltung der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

•  Aidan Reilly, Leiter der Abteilung für internationale Beziehungen in der Direktion Körperschaftsteuer, Internationales und Steuerzeichen der britischen Zoll- und Steuerverwaltung

Die Mitglieder stellten Fragen zum Standpunkt des Vereinigten Königreichs zu Trusts und Stiftungen, zu den Mindestanforderungen an die Besteuerung einer Wirtschaftstätigkeit im Vereinigten Königreich, zu der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), zu der Haltung des Vereinigten Königreichs gegenüber Überseegebieten, zu der nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung (CBCR), zu der Lizenzbox- bzw. Patentbox-Regelung im Vereinigten Königreich, zu der Art und Weise der Ausstellung von Steuervorbescheiden im Vereinigten Königreich, zu der Rolle der vier großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen (Big 4), zu den Befugnissen und Aufgaben der Steuerverwaltung bei der Durchsetzung des Steuerrechts und zu dem Standpunkt der britischen Zoll- und Steuerverwaltung gegenüber der Gruppe „Verhaltenskodex“.

Wichtige Standpunkte der britischen Zoll- und Steuerverwaltung:

–  Das Vereinigte Königreich hat eine Vereinbarung über eine bessere Zusammenarbeit der Steuerverwaltung mit den Überseegebieten getroffen.

–  Für Trusts und Stiftungen gelten besondere steuerliche Regelungen. Sie werden entweder selbst oder auf der Ebene des wirtschaftlichen Nutznießers besteuert.

–  Die Lizenzbox- bzw. Patentbox-Regelung des Vereinigten Königreichs ist mit dem EU-Recht vereinbar, und die Verrechnungspreisgestaltung steht im Einklang mit den Vorschriften der OECD. Ein Unternehmen kann die Lizenzbox- bzw. Patentbox-Regelung auch dann nutzen, wenn das geistige Eigentum im Vereinigten Königreich nicht entstanden ist, sondern lediglich dort erworben wurde. Im Fall eines Erwerbs ist es möglich, dass zweimal eine Sondersteuerregelung gewährt wird, einmal in dem Land, in dem das Patent entwickelt wurde, und einmal im Vereinigten Königreich. Diese „doppelte Nichtbesteuerung“ dürfte ein Ende haben, sobald die OECD gegen Ende des Jahres ihre Leitlinien zu „Geflechte“ fertiggestellt hat. Außerdem ist eine wirtschaftliche Mindestsubstanz erforderlich, da es nicht möglich ist, keinen Beschäftigten im Vereinigten Königreich zu haben.

–  Das Vereinigte Königreich ist gegen die GKKB, setzt sich aber dafür ein, dass die Vorschriften über BEPS auf EU-Ebene umgesetzt werden.

–  Es gibt fast keine Abordnungen von den Big 4 in der britischen Zoll- und Steuerverwaltung.

3.  Informelles Treffen mit einigen Mitgliedern des Ausschusses für öffentliche Finanzen des Unterhauses

•  Margaret Hodge (Labour, Banking (London)), scheidende Ausschussvorsitzende

•  Meg Hillier (Labour, Hackney South und Shoreditch), neu gewählte Ausschussvorsitzende

•  Guto Bebb (Conservative, Aberconwy (Wales))

Da sich der Ausschuss für öffentliche Finanzen seit der Wahl im Mai formell noch nicht konstituiert hat, wurde ein informelles Treffen anberaumt. Die Mitglieder des Ausschusses für öffentliche Finanzen äußerten sich nicht im Namen des Ausschusses, sondern legten ihre persönlichen Standpunkte dar.

Der Ausschuss für öffentliche Finanzen spielte in der vergangenen Wahlperiode eine sehr wichtige Rolle bei der Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung, denn er verfasste dazu mehrere Berichte und veranstaltete Anhörungen multinationaler Unternehmen.

Die Mitglieder stellten Fragen zum Standpunkt des Vereinigten Königreichs zu der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), zu der Rolle des Ausschusses im Hinblick auf die Fortschritte des Vereinigten Königreichs bei der Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung, zu den Befugnissen des Ausschusses in Steuerangelegenheiten, zu der künftigen Agenda des Ausschusses, zu der Haltung des Vereinigten Königreichs gegenüber Überseegebieten, zu der nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung (CBCR), zur Transparenz der Banken und zu dem Standpunkt des Vereinigten Königreichs zu einer stärkeren Harmonisierung in diesem Bereich.

Wichtige Standpunkte von Margaret Hodge und Meg Hillier (Labour)

–  Der Ausschuss für öffentliche Finanzen erhielt starke Unterstützung von den Bürgern. Obwohl er keinerlei Befugnisse in Steuerangelegenheiten hat, war seine Tätigkeit für die Exekutive von großer Bedeutung.

–  Parlamentsmitglieder müssen Druck auf ihre jeweilige Regierung ausüben, um Fortschritte zu erwirken.

–  In Bezug auf Steuerberater gibt es noch viel zu tun.

–  Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über Steuern sind viel zu komplex.

–  Das Vereinigte Königreich ist gegen Vorstöße für eine stärkere Harmonisierung, tritt aber für mehr Transparenz ein.

–  Die CBCR ist als zweistufiges Verfahren zu betrachten, und langfristig dürfte eine öffentliche CBCR als natürlich gelten.

–  Es ist sehr schwierig, Informanten – insbesondere am Arbeitsplatz – besser zu schützen.

–  Was die Einschränkung der Möglichkeiten betrifft, dass vom Staat bezahlte Professoren auch als Steuerberater agieren, wurde betont, dass es laut EU-Recht nicht möglich ist, aggressive Steuerberater von der Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen.

Wichtige Standpunkte von Guto Bebb (Conservative)

–  Dank der Tätigkeit des Ausschusses für öffentliche Finanzen ändert sich etwas im Vereinigten Königreich.

–  Steuern müssen niedrig sein, aber bezahlt werden.

–  Harmonisierung ist nicht möglich, Transparenz aber sehr wohl.

–  Die Einführung neuer Steuerermäßigungen könnte dazu führen, dass neue Schlupflöcher geschaffen werden, wie es bei den britischen Steuerermäßigungen für Wohltätigkeitsorganisationen der Fall war.

Auf die Frage, ob eine gemeinsame Anhörung multinationaler Unternehmen denkbar sei, hielt sich die neu gewählte Vorsitzende alle Möglichkeiten offen.

4.  Arbeitsessen mit Wirtschaftsprüfern und einem Professor für Rechnungswesen

•  Prem Sikka, Professor für Rechnungswesen, Essex Business School, Universität Essex

•  Frank Haskew, Leiter der Fakultät für Steuern des ICAEW (Institute of Chartered Accountants in England and Wales)

•  Ian Young, Manager im Bereich internationale Steuern des ICAEW

Wichtige Standpunkte von Professor Sikka

–  Die Steuerwirtschaft ist im Vereinigten Königreich sehr einflussreich: Das Land hat pro Kopf der Bevölkerung die höchste Anzahl an Steuersachverständigen. Die Tätigkeit in diesem Bereich ist sehr einträglich.

–  Steuerberatern wird nicht nahegelegt, nicht im Bereich Steuerplanung zu arbeiten.

–  Wenn Steuerberatungsgesellschaften es zu 50 % für möglich halten, dass eine bestimmte Steuerregelung nicht beanstandet wird, vermarkten sie diese Regelung.

–  Der politische Wille zum Kampf gegen aggressive Steuerplanung ist nicht vorhanden. Das Vereinigte Königreich führt zwar Gesetze ein, setzt sie dann aber nicht durch. Nach dem Luxleaks-Skandal hätte die Regierung den Fall PwC prüfen können, unternahm aber nichts.

–  Die berufsständischen Regeln der Wirtschaftsprüfer funktionieren nicht.

Wichtige Standpunkte von Ian Young und Frank Haskew

–  Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind für Unternehmen von entscheidender Bedeutung: Die OECD dürfte bis Ende des Jahres 1000 Seiten neuer Vorschriften verfassen. Bei der Umsetzung brauchen die Unternehmen Unterstützung.

–  Bei den berufsständischen Regeln gibt es große Fortschritte.

–  Die Wirtschaftsprüfer sind gegen eine öffentliche, nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung. Die Leitlinien der OECD sollten befolgt werden.

–  Zu der notwendigen Trennung zwischen Wirtschafts- und Rechnungsprüfung in Unternehmen wird kein klarer Standpunkt vertreten.

5.   Sitzung mit Unternehmensvertretern, Steuerberatern und nichtstaatlichen Organisationen

•  Will Morris (GE), Vorsitzender des Steuerausschusses des Verbands der britischen Industrie (Confederation of British Industry, CBI) und des Steuerausschusses des Beratenden Ausschusses für Wirtschaft und Industrie (Business and Industry Advisory Committee, BIAC)

  sowie weitere Mitglieder des CBI

•  Richard Collier, Senior Partner im Bereich Steuern, PwC

•  Joseph Stead, Christian Aid

•  Meesha Nehru, Programmdirektorin, Fair Tax Mark

Wichtige Standpunkte des CBI

–  Der CBI engagiert sich an vorderster Front für Änderungen der Verhaltensweisen, und bislang wurden schon große Fortschritte erzielt.

–  Großunternehmen im Vereinigten Königreich geben zu, dass sie mit Reputationsproblemen zu kämpfen haben, und gehen ernsthaft dagegen vor. Der CBI setzt sich für eine größere gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ein, aber es braucht Zeit, bis sich eingeschliffene Verhaltensweisen ändern.

–  Der CBI befürwortet eine nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung, solange sie nur für staatliche Stellen zugänglich ist. Der CBI bezweifelt den Nutzen einer öffentlich zugänglichen, nach Ländern aufgeschlüsselten Rechnungslegung.

–  Der CBI unterstützt eine optionale GKKB.

–  Der CBI teilt die Auffassung, dass Steuervermeidung ein Wirtschaftszweig ist, ist aber auch der Ansicht, dass Steuern ein Kostenfaktor für Unternehmen sind. Hier gelte es, das richtige Maß zu finden.

Wichtige Standpunkte von PwC

–  PwC hat im Vereinigten Königreich 18 000 Mitarbeiter, von denen 3000 im Bereich Steuern tätig sind.

–  PwC sieht keinen Interessenkonflikt darin, im Bereich Steuern sowohl staatliche Stellen als auch Unternehmen zu beraten.

–  Die britische Regierung ist einerseits einer der Vorreiter in Bezug auf Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen (BEPS), verfolgt andererseits aber eine Strategie des aggressiven Wettbewerbs.

–  Ein Verhaltenskodex für Steuerberater sollte auch künftig nur freiwillig angewandt werden.

–  Die Vorschriften der OECD über die Verrechnungspreisgestaltung sind keine Rosinenpickerei.

–  Steuervorbescheide sind für Unternehmen sehr wichtig und stehen im Einklang mit den Vorschriften der OECD.

Wichtige Standpunkte von „Christian Aid“

–  Im Hinblick auf Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen (BEPS) sollten auch bislang nicht berücksichtigte Entwicklungsländer einbezogen werden.

–  Die nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung, wie sie im Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung vorgeschlagen wurde, ist ein guter Anfang.

–  Mehr Transparenz ist von entscheidender Bedeutung.

–  Dem unfairen Steuerwettbewerb in der EU muss Einhalt geboten werden.

Wichtige Standpunkte von Fair Tax Mark

–  Die nach Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegung sollte öffentlich zugänglich sein, doch Transparenz allein reicht nicht aus.

–  Die britische Zoll- und Steuerverwaltung steht unter zu großem Einfluss der sogenannten Big 4. Das Vereinigte Königreich führt zwar Gesetze ein, setzt sie dann aber nicht durch.

MINDERHEITENANSICHT

eingereicht gemäß Artikel 56 Absatz 3 der Geschäftsordnung

Fabio De Masi im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Die GUE/NGL-Fraktion begrüßt den Bericht des TAXE-Ausschusses im Grundsatz. Der Bericht enthält nützliche Vorschläge für mehr Steuergerechtigkeit und verdeutlicht die nachteiligen Auswirkungen der Sparpolitik auf die Steuergerechtigkeit. Obwohl viele unserer Beiträge in die Endfassung des Berichts aufgenommen wurden, haben wir uns bei der heutigen Abstimmung aus den folgenden Gründen enthalten:

Bedauerlicherweise wird im Bericht nicht erwähnt, dass ein vollwertiger Untersuchungsausschuss notwendig gewesen wäre oder zumindest das Mandat des TAXE-Ausschusses hätte verlängert werden müssen. Der Zugang zu Dokumenten war nicht zufriedenstellend, da beispielsweise 13 Mitgliedstaaten den Zugang zu Informationen verweigert haben, die die Gruppe „Verhaltenskodex“ betreffen. Multinationale Unternehmen haben Einladungen des TAXE-Ausschusses ignoriert, doch bislang konnte keine Rechtsgrundlage für Sanktionen geschaffen werden. Die verbleibenden Widersprüche, in die sich der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, während seiner Einlassungen im TAXE-Ausschuss verwickelt hat, wurden nicht weiterbehandelt.

In zentralen Angelegenheiten mangelt es an Ehrgeiz, der über das hinausginge, was die Kommission bereits vorgeschlagen hat. Steuervorbescheide sollten veröffentlicht werden, und die Gesetze über das Steuergeheimnis sollten angepasst werden. Wir begrüßen die Anregung, die Bemessungsgrundlage zu konsolidieren. Allerdings vermissen wir eine klare Zusage zur Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, und wir kritisieren, dass vor der Konsolidierung eine Übergangszeit gilt, in der grenzüberschreitende Gewinne und Verluste verrechnet werden können, und dass keine weiteren Vorkehrungen zur Verhinderung des Steuerwettbewerbs zwischen den EU-Mitgliedstaaten getroffen wurden.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNGIM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

26.10.2015

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

34

3

7

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Hugues Bayet, Esther de Lange, Fabio De Masi, Markus Ferber, Elisa Ferreira, Ashley Fox, Ildikó Gáll-Pelcz, Sven Giegold, Sylvie Goulard, Roberto Gualtieri, Danuta Maria Hübner, Petr Ježek, Eva Joly, Eva Kaili, Othmar Karas, Jeppe Kofod, Zdzisław Krasnodębski, Georgios Kyrtsos, Alain Lamassoure, Philippe Lamberts, Marju Lauristin, Bernd Lucke, Marisa Matias, Emmanuel Maurel, Morten Messerschmidt, Bernard Monot, Luděk Niedermayer, Rolandas Paksas, Evelyn Regner, Peter Simon, Theodor Dumitru Stolojan, Michael Theurer, Cora van Nieuwenhuizen, Marco Zanni

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Gerolf Annemans, Pervenche Berès, Eider Gardiazabal Rubial, Neena Gill, Gunnar Hökmark, Paloma López Bermejo, Thomas Mann, Eva Paunova, Marco Valli, Tom Vandenkendelaere

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

34

+

ALDE

Sylvie Goulard, Petr Ježek, Michael Theurer, Cora van Nieuwenhuizen

ECR

Bernd Lucke

ENF

Bernard Monot

PPE

Markus Ferber, Ildikó Gáll-Pelcz, Gunnar Hökmark, Danuta Maria Hübner, Othmar Karas, Georgios Kyrtsos, Alain Lamassoure, Thomas Mann, Luděk Niedermayer, Eva Paunova, Theodor Dumitru Stolojan, Tom Vandenkendelaere, Esther de Lange

S&D

Hugues Bayet, Pervenche Berès, Elisa Ferreira, Eider Gardiazabal Rubial, Neena Gill, Roberto Gualtieri, Eva Kaili, Jeppe Kofod, Marju Lauristin, Emmanuel Maurel, Evelyn Regner, Peter Simon

VERTS/ALE

Sven Giegold, Eva Joly, Philippe Lamberts

3

-

ECR

Ashley Fox, Zdzisław Krasnodębski, Morten Messerschmidt

7

0

EFDD

Rolandas Paksas, Marco Valli, Marco Zanni

ENF

Gerolf Annemans

GUE/NGL

Fabio De Masi, Paloma López Bermejo, Marisa Matias

Erklärung der benutzten Zeichen:

+  :  dafür

-  :  dagegen

0  :  Enthaltungen

  • [1]  Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 63 vom 11.3.2011, S. 1) über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern.
  • [2]  Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 157 vom 26.6.2003, S. 49).
  • [3]  ABl. L 225 vom 20.8.1990, S. 6.
  • [4]  ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 196.
  • [5]  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.
  • [6]  ABl. L 336 vom 27.12.1977, S. 15.
  • [7]  ABl. C 2 vom 6.1.1998, S. 2.
  • [8]  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0265.
  • [9]  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0089.
  • [10]  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0062.
  • [11]  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0444.
  • [12]  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0205.
  • [13]  Angenommene Texte, P7_TA(2012)0137.
  • [14]  ABl. C 199 E vom 7.7.2012, S. 37.
  • [15]  ABl. C 341 E vom 16.12.2010, S. 29.
  • [16]  „Taxation trends in the European Union“, Ausgabe 2014, Eurostat.
  • [17]  „Taxation trends in the European Union“, Eurostat-Statistikbücher, Ausgabe 2014.
  • [18]  Europäische Kommission (2015), „SME taxation in Europe – an empirical study of applied corporate income taxation for SMEs compared to large enterprises“ (Besteuerung KMU in Europa – Eine empirische Studie zur Unternehmensbesteuerung von KMU im Vergleich zu Großunternehmen).
  • [19]  Grundsatzpapiere des IWF „Spillovers in international corporate taxation“ (Spillover-Effekte bei der internationalen Unternehmensbesteuerung), 9. Mai 2014, und „Base Erosion, Profit Shifting and Developing Countries“ (Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage, Gewinnverlagerung und Entwicklungsländer), 29. Mai 2015.
  • [20]  Bericht von Richard Murphy (Mitglied des Instituts der Wirtschaftsprüfer in England und Wales) vom 10. Februar 2012 mit dem Titel „Closing the European Tax Gap“ (Die Steuerlücke in Europa schließen).
  • [21]  „European added value of legislative report on bringing Transparency, coordination and convergence to corporate tax policies in the European Union“ (Europäischer Mehrwert betreffend einen Legislativbericht über die Erreichung von Transparenz, Koordinierung und Konvergenz in Bezug auf die Körperschaftsteuerregelungen in der Europäischen Union), Dr. Benjamin Ferrett, Daniel Gravino und Silvia Merler, Europäisches Parlament.
  • [22]  „Unhappy meal – €1 Billion in Tax Avoidance on the Menu at McDonald’s“, EPSU u. a., Februar 2015.
  • [23]  Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 17. Juni 2015 zur Körperschaftsteuer in der Europäischen Union (SWD(2015)0121).
  • [24]  „A study on R&D Tax incentives“ (Untersuchung von Steuervergünstigungen für FuE), Taxation Paper Nr. 52-2014, Europäische Kommission.
  • [25]  „Transfer pricing: Keeping it at arm’s length“, OECD Observer 230, Januar 2002 (korrigiert 2008).
  • [26]  Unterhaus, mündliche Aussage vor dem Ausschuss für öffentliche Finanzen, 31. Januar 2013.
  • [27]  Pressemeldung der OECD „OECD urges stronger international co-operation on corporate tax“ (OECD fordert dringend stärkere internationale Zusammenarbeit im Bereich der Körperschaftsteuer), 12. Februar 2013.
  • [28]  SME taxation in Europe – An empirical study of applied corporate income taxation for SMEs compared to large enterprises (Besteuerung von KMU in Europa – eine angewandte Studie zur Besteuerung von KMU im Vergleich zu Großunternehmen) – Europäische Kommission, Mai 2015, und P.Egger, W. Eggert und H. Winner (2010), ‘Saving taxes through foreign plant ownership’ (Steuerersparnisse aufgrund des Besitzes von Produktionsanlagen im Ausland), Journal of International Economics 81, S. 99–108.
  • [29]  C-106/09 P und C-107/09 P Kommission gegen Regierung von Gibraltar und Vereinigtes Königreich, Urteil vom 15. November 2011.
  • [30]  merkt an, dass die von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen Anpassungen der allgemeinen Finanzpolitik und keine staatlichen Beihilfen darstellen, sofern sie das gesamte Steuersystem betreffen;
  • [31]  Vermerk von Kommissionsmitglied Margrethe Vestager an den TAXE-Ausschuss vom 29. April 2015.
  • [32]  Siehe Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV hinsichtlich der Pflicht zur Zusammenarbeit und zur Bereitstellung aller erforderlichen Unterlagen.
  • [33]  Grundsatzpapier des IWF „Spillovers in international corporate taxation“ (Ausstrahlungseffekte bei der internationalen Unternehmensbesteuerung), 9. Mai 2014.
  • [34]  Arbeitspapier des IWF „Base Erosion, Profit Shifting and Developing Countries“ (Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage, Gewinnverlagerung und Entwicklungsländer), Mai 2015.
  • [35]  Studie „Tax revenue mobilisation in developing countries: issues and challenges“ („Mobilisierung von Steuereinnahmen in Entwicklungsländern: Probleme und Aufgaben“), Europäisches Parlament, April 2014.
  • [36]  Weltinvestitionsbericht 2015 der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD).
  • [37]  Bericht von Christian Aid, 2008.
  • [38]  Angenommene Texte, P7_TA(2012)0219.
  • [39]  Airbus, BNP Paribas, SSE plc, Total S.A., KPMG, Ernst&Young, Deloitte, PwC.
  • [40]  Amazon.co.uk Ltd, Amazon S.a.r.l, Anheuser-Busch InBev, Barclays Bank Group, Coca-Cola Company, Facebook, Fiat Chrysler Automobiles, Google, HSBC Bank plc, IKEA, Mc Donald's Corporation, Philip Morris, Walmart, Walt Disney Company.
  • [41]  Verhaltenskodex gemäß Anhang 3 der Interinstitutionellen Vereinbarung über das Transparenzregister aus dem Jahr 2014.
  • [42]  COM(2012)722 final.
  • [43]  „Tracking corporate tax breaks: a welcome new form of transparency emerges in the US“, Tax Justice Network.
  • [44]  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine neue EU-Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR), COM/2011/0681, S. 6.
  • [45]  weist darauf hin, dass dazu unter anderem die folgenden Maßnahmen zählen: Aussetzung oder Kündigung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen mit auf der schwarzen Liste geführten Staaten oder Gebieten, Verbot des Zugangs von Unternehmen mit Sitz in auf der schwarzen Liste geführten Ländern und Gebieten zu öffentlichen Aufträgen für die Beschaffung von Gütern oder Dienstleistungen und zu staatlichen Beihilfen in der EU, Verbot für EU-Finanzinstitute und ‑Finanzberater, in auf der schwarzen Liste geführten Ländern oder Gebieten Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen zu gründen oder zu unterhalten, und Erwägung des Lizenzentzugs im Falle europäischer Finanzinstitute und Finanzberater, die in auf der schwarzen Liste geführten Ländern oder Gebieten Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen gründen oder unterhalten, Erhebung einer Sonderabgabe auf alle Transaktionen in oder aus Ländern oder Gebieten, die auf der schwarzen Liste geführt werden, Erwägung einer Reihe von Möglichkeiten, den rechtlichen Status von Unternehmen, die in auf der schwarzen Liste geführten Ländern oder Gebieten gegründet wurden, in der EU nicht anzuerkennen, Zollschranken für den Handel mit auf der schwarzen Liste geführten Drittländern und Gebieten;
  • [46]  Zinsbesteuerungsrichtlinie der EU und Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung.