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Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments
7. Wahlperiode - Dezember 2009
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ANLAGE XVII  : Leitlinien für die Zustimmung zur Kommission

1.    Für das Zustimmungsvotum des Parlaments zum gesamten Kollegium der Kommission gelten folgende Grundsätze, Kriterien und Regelungen:

a)    Bewertung

Das Parlament bewertet die designierten Kommissionsmitglieder aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung, ihres Einsatzes für Europa und ihrer persönlichen Unabhängigkeit. Es bewertet ferner die Kenntnis ihres künftigen Geschäftsbereichs und ihre Kommunikationsfähigkeiten.

Das Parlament achtet besonders auf die ausgewogene Vertretung von Männern und Frauen. Es kann sich zur Aufteilung der Geschäftsbereiche durch den gewählten Präsidenten äußern.

Das Parlament kann alle Informationen einholen, die für seine Entscheidung über die Eignung der designierten Kommissionsmitglieder relevant sind. Es erwartet die vollständige Offenlegung der Informationen über ihre finanziellen Interessen.

b)    Anhörungen

Jedes designierte Kommissionsmitglied wird aufgefordert, vor dem zuständigen Ausschuss oder den zuständigen Ausschüssen zu einer einzigen Anhörung zu erscheinen. Die Anhörungen finden öffentlich statt.

Die Anhörungen werden von der Konferenz der Präsidenten und der Konferenz der Ausschussvorsitze gemeinsam organisiert. Wenn sich Geschäftsbereiche überschneiden, werden geeignete Vorkehrungen zur Beteiligung der betreffenden Ausschüsse getroffen. Dabei können sich drei Fälle ergeben:

(i)    Der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft die Zuständigkeiten eines einzigen Ausschusses; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied nur vor diesem Ausschuss angehört;

(ii)    der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft zu etwa gleichen Teilen die Zuständigkeiten von mehr als einem Ausschuss; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied von den betreffenden Ausschüssen gemeinsam angehört;

(iii)    der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft zu einem sehr großen Teil die Zuständigkeiten eines Ausschusses und nur am Rande die Zuständigkeiten von mindestens einem weiteren Ausschuss; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied von dem in erster Linie zuständigen Ausschuss angehört, der den anderen Ausschuss bzw. die anderen Ausschüsse zur Teilnahme an der Anhörung einlädt.

Der gewählte Kommissionspräsident wird zu den Vorkehrungen in vollem Umfang angehört.

Die Ausschüsse unterbreiten den designierten Kommissionsmitgliedern rechtzeitig vor den Anhörungen schriftliche Fragen. Die Zahl der schriftlichen Sachfragen ist auf fünf pro zuständigen Ausschuss beschränkt.

Die Anhörungen finden unter Umständen und Bedingungen statt, die die Gleichbehandlung der designierten Kommissionsmitglieder gewährleisten und ihnen gleiche Möglichkeiten geben, sich selbst und ihre Auffassungen darzustellen.

Die designierten Kommissionsmitglieder werden ersucht, eine einleitende mündliche Erklärung von höchstens 20 Minuten abzugeben. Bei der Durchführung der Anhörungen ist anzustreben, dass ein pluralistischer politischer Dialog zwischen dem designierten Kommissionsmitglied und den Mitgliedern des Parlaments entsteht. Vor dem Ende der Anhörung erhält das designierte Kommissionsmitglied Gelegenheit, eine kurze Abschlusserklärung abzugeben.

c)    Bewertung

Eine mit einem Index versehene Videoaufzeichnung der Anhörungen wird innerhalb von 24 Stunden für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Die Ausschüsse treten nach der Anhörung umgehend zusammen, um ihre Bewertung des designierten Kommissionsmitglieds vorzunehmen. Diese Sitzungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Ausschüsse werden ersucht, dazu Stellung zu nehmen, ob die designierten Kommissionsmitglieder ihrer Ansicht nach geeignet sind, dem Kollegium anzugehören und die besonderen Aufgaben wahrzunehmen, mit denen sie betraut werden sollen. Gelingt es einem Ausschuss nicht, in jedem dieser beiden Punkte einen Konsens zu erzielen, lässt sein Vorsitz abschließend über beide Beschlüsse in geheimer Abstimmung abstimmen. Die Erklärungen der Ausschüsse über die Bewertung werden veröffentlicht und in einer gemeinsamen Sitzung der Konferenz der Präsidenten und der Konferenz der Ausschussvorsitze, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, vorgestellt. Nach einer Aussprache und sofern sie nicht beschließen, weitere Informationen einzuholen, erklären die Konferenz der Präsidenten und die Konferenz der Ausschussvorsitze die Anhörungen für geschlossen.

Der gewählte Präsident der Kommission stellt das gesamte Kollegium der designierten Kommissionsmitglieder und ihr Programm in einer Sitzung des Parlaments vor, zu der der gesamte Rat eingeladen wird. An die Vorstellung schließt sich eine Aussprache an. Zum Abschluss der Aussprache können jede Fraktion oder mindestens 40 Mitglieder einen Entschließungsantrag einreichen. Artikel 110 Absätze 3, 4 und 5 finden Anwendung. Nach der Abstimmung über den Entschließungsantrag stimmt das Parlament darüber ab, ob es der Ernennung des gewählten Präsidenten und der designierten Mitglieder der Kommission seine Zustimmung erteilt. Das Parlament beschließt in namentlicher Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Es kann die Abstimmung auf die folgende Sitzung verschieben.

2. Für den Fall, dass sich während der Amtszeit der Kommission eine Änderung in der Zusammensetzung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder oder eine wesentliche Änderung der Aufgabenverteilung innerhalb der Kommission ergibt, gelten folgende Bestimmungen:

    Wenn ein durch Rücktritt, erzwungenen Rückzug oder Tod frei gewordener Posten zu besetzen ist, fordert das Parlament das designierte Kommissionsmitglied unverzüglich auf, unter den in Absatz 1 festgelegten Bedingungen an einer Anhörung teilzunehmen.

    Im Falle des Beitritts eines neuen Mitgliedstaates fordert das Parlament das designierte Kommissionsmitglied auf, unter den in Absatz 1 festgelegten Bedingungen an einer Anhörung teilzunehmen.

    Im Falle einer wesentlichen Änderung der Aufgabenverteilung werden die betroffenen Kommissionsmitglieder aufgefordert, vor den zuständigen Ausschüssen des Parlaments zu erscheinen, bevor sie ihre neuen Aufgaben übernehmen.

Abweichend von dem in Absatz 1 Buchstabe c Unterabsatz 3 geregelten Verfahren wird bei Ernennung eines einzigen Kommissionsmitglieds im Plenum in geheimer Abstimmung abgestimmt.

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