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Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments
8. Wahlperiode - Juli 2014
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ANLAGE XVI  : Leitlinien für die Zustimmung zur Kommission

1.    Für das Zustimmungsvotum des Parlaments zum gesamten Kollegium der Kommission gelten folgende Grundsätze, Kriterien und Regelungen:

a)    Bewertung

Das Parlament bewertet die designierten Kommissionsmitglieder aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung, ihres Einsatzes für Europa und ihrer persönlichen Unabhängigkeit. Es bewertet ferner die Kenntnis ihres künftigen Geschäftsbereichs und ihre Kommunikationsfähigkeiten.

Das Parlament achtet besonders auf die ausgewogene Vertretung von Männern und Frauen. Es kann sich zur Aufteilung der Geschäftsbereiche durch den gewählten Präsidenten äußern.

Das Parlament kann alle Informationen einholen, die für seine Entscheidung über die Eignung der designierten Kommissionsmitglieder relevant sind. Es erwartet die vollständige Offenlegung der Informationen über ihre finanziellen Interessen. Die Interessenerklärungen der designierten Kommissionsmitglieder werden zur Prüfung an den für Rechtsfragen zuständigen Ausschuss übermittelt.

b)    Anhörungen

Jedes designierte Kommissionsmitglied wird aufgefordert, vor dem zuständigen Ausschuss oder den zuständigen Ausschüssen zu einer einzigen Anhörung zu erscheinen. Die Anhörungen finden öffentlich statt.

Die Anhörungen werden von der Konferenz der Präsidenten auf Empfehlung der Konferenz der Ausschussvorsitze organisiert. Der Vorsitz und die Koordinatoren jedes Ausschusses sind für die konkreten Vorkehrungen verantwortlich. Es können Berichterstatter benannt werden.

Wenn sich Geschäftsbereiche überschneiden, werden geeignete Vorkehrungen zur Beteiligung der betreffenden Ausschüsse getroffen. Dabei können sich drei Fälle ergeben:

i)    Der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft die Zuständigkeiten eines einzigen Ausschusses; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied nur vor diesem Ausschuss (dem zuständigen Ausschuss) angehört;

ii)    der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft zu etwa gleichen Teilen die Zuständigkeiten von mehr als einem Ausschuss; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied von den betreffenden Ausschüssen (den gemeinsamen Ausschüssen) gemeinsam angehört;

iii)    der Geschäftsbereich des designierten Kommissionsmitglieds betrifft zu einem sehr großen Teil die Zuständigkeiten eines Ausschusses und nur am Rande die Zuständigkeiten von mindestens einem weiteren Ausschuss; in diesem Fall wird das designierte Kommissionsmitglied von dem in erster Linie zuständigen Ausschuss, unter Beteiligung des anderen Ausschusses bzw. der anderen Ausschüsse (der assoziierten Ausschüsse) angehört.

Der gewählte Kommissionspräsident wird zu den Vorkehrungen in vollem Umfang angehört.

Die Ausschüsse unterbreiten den designierten Kommissionsmitgliedern rechtzeitig vor den Anhörungen schriftliche Fragen. Jedem designierten Kommissionsmitglied werden zwei von der Konferenz der Ausschussvorsitze ausgearbeitete gemeinsame Fragen gestellt, wobei sich die erste auf die Themen allgemeine Befähigung, Einsatz für Europa und persönliche Unabhängigkeit bezieht, während die zweite die Verwaltung des Geschäftsbereichs und die Zusammenarbeit mit dem Parlament zum Gegenstand hat. Der zuständige Ausschuss arbeitet drei weitere Fragen aus. Bei gemeinsamen Ausschüssen ist jeder Ausschuss berechtigt, zwei Fragen auszuarbeiten.

Für jede Anhörung ist eine Dauer von drei Stunden vorgesehen; Die Anhörungen finden unter Umständen und Bedingungen statt, die die Gleichbehandlung der designierten Kommissionsmitglieder gewährleisten und ihnen gleiche Möglichkeiten geben, sich selbst und ihre Auffassungen darzustellen.

Die designierten Kommissionsmitglieder werden ersucht, eine einleitende mündliche Erklärung von höchstens 15 Minuten abzugeben. Die Fragen, die während der Anhörung gestellt werden, sind im Rahmen des Möglichen nach Themen zu bündeln. Der größte Teil der Redezeit wird in entsprechender Anwendung des Artikels 162 den Fraktionen zugewiesen. Bei der Durchführung der Anhörungen ist anzustreben, dass ein pluralistischer politischer Dialog zwischen dem designierten Kommissionsmitglied und den Mitgliedern des Parlaments entsteht. Vor dem Ende der Anhörung erhält das designierte Kommissionsmitglied Gelegenheit, eine kurze Abschlusserklärung abzugeben.

Die Anhörungen werden live audiovisuell übertragen. Eine mit einem Index versehene Aufzeichnung der Anhörungen wird innerhalb von 24 Stunden für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

c)    Bewertung

Der Vorsitz und die Koordinatoren treten nach der Anhörung umgehend zusammen, um ihre Bewertung des designierten Kommissionsmitglieds vorzunehmen. Diese Sitzungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Koordinatoren werden ersucht, dazu Stellung zu nehmen, ob die designierten Kommissionsmitglieder ihrer Ansicht nach geeignet sind, dem Kollegium anzugehören und die besonderen Aufgaben wahrzunehmen, mit denen sie betraut werden sollen. Die Konferenz der Ausschussvorsitze arbeitet ein Modell aus, das die Bewertung erleichtert.

Im Fall gemeinsamer Ausschüsse arbeiten der Vorsitz und die Koordinatoren der betroffenen Ausschüsse während des gesamten Verfahrens zusammen

Für jedes designierte Kommissionsmitglied gibt es eine einzige Erklärung zur Bewertung. Die Stellungnahmen aller an der Anhörung beteiligten Ausschüsse sind darin enthalten.

Wenn Ausschüsse zur Vervollständigung ihrer Bewertung weitere Informationen benötigen, wendet sich der Präsident in ihrem Namen schriftlich an den designierten Präsidenten der Kommission. Die Koordinatoren berücksichtigen dessen Antwort.

Gelingt es den Koordinatoren nicht, einen Konsens über die Bewertung zu erzielen, oder liegt ein entsprechender Antrag einer Fraktion vor, so beruft der Vorsitz eine Sitzung des gesamten Ausschusses ein. Als letztes Mittel lässt der Vorsitz über beide Beschlüsse in geheimer Abstimmung abstimmen.

Die Erklärungen der Ausschüsse über die Bewertung werden innerhalb von 24 Stunden nach der Anhörung angenommen und veröffentlicht. Die Erklärungen werden von der Konferenz der Ausschussvorsitze geprüft und anschließend der Konferenz der Präsidenten vorgelegt. Sofern sie nicht beschließt, weitere Informationen einzuholen, erklärt die Konferenz der Präsidenten die Anhörungen nach einer Aussprache für geschlossen.

Der gewählte Präsident der Kommission stellt das gesamte Kollegium der designierten Kommissionsmitglieder und ihr Programm in einer Sitzung des Parlaments vor, zu der der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident des Rates eingeladen werden. An die Vorstellung schließt sich eine Aussprache an. Zum Abschluss der Aussprache können jede Fraktion oder mindestens 40 Mitglieder einen Entschließungsantrag einreichen. Artikel 123 Absätze 3, 4 und 5 finden Anwendung.

Nach der Abstimmung über den Entschließungsantrag stimmt das Parlament darüber ab, ob es der Ernennung des gewählten Präsidenten und der designierten Mitglieder der Kommission seine Zustimmung erteilt. Das Parlament beschließt in namentlicher Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Es kann die Abstimmung auf die folgende Sitzung verschieben.

2. Für den Fall, dass sich während der Amtszeit der Kommission eine Änderung in der Zusammensetzung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder oder eine wesentliche Änderung der Aufgabenverteilung innerhalb der Kommission ergibt, gelten folgende Bestimmungen:

a)    Wenn ein durch Rücktritt, erzwungenen Rückzug oder Tod frei gewordener Posten zu besetzen ist, fordert das Parlament das designierte Kommissionsmitglied unverzüglich auf, unter den in Absatz 1 festgelegten Bedingungen an einer Anhörung teilzunehmen.

b)    Im Falle des Beitritts eines neuen Mitgliedstaates fordert das Parlament das designierte Kommissionsmitglied auf, unter den in Absatz 1 festgelegten Bedingungen an einer Anhörung teilzunehmen.

c)    Im Falle einer wesentlichen Änderung der Aufgabenverteilung werden die betroffenen Kommissionsmitglieder aufgefordert, vor den zuständigen Ausschüssen des Parlaments zu erscheinen, bevor sie ihre neuen Aufgaben übernehmen.

Abweichend von dem in Absatz 1 Buchstabe c Unterabsatz 8 geregelten Verfahren wird bei Ernennung eines einzigen Kommissionsmitglieds im Plenum in geheimer Abstimmung abgestimmt.

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