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Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B6-0545/2006

Aussprachen :

PV 25/10/2006 - 12
CRE 25/10/2006 - 12

Abstimmungen :

PV 26/10/2006 - 6.8

Angenommene Texte :


Angenommene Texte
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Donnerstag, 26. Oktober 2006 - Straßburg
Ausfuhr giftiger Abfälle nach Afrika
P6_TA(2006)0457RC-B6-0545/2006

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Export von giftigen Abfällen nach Afrika

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichen Abfällen und ihrer Entsorgung (Basler Übereinkommen), das am 22. März 1989 angenommen und im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 93/98/EWG des Rates(1) genehmigt wurde, sowie auf das darin enthaltene Verbot aller Exporte gefährlicher Abfälle aus OECD- in Nicht-OECD-Staaten,

–   unter Hinweis auf das Gemeinschaftsrecht über die Verbringung von Abfällen, insbesondere auf die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft(2) sowie auf die Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen(3), mit der die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 vom 12. Juli 2007 an aufgehoben wird,

–   gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass in mehreren Gebieten in der Umgebung der Stadt Abidjan, Côte d'Ivoire, wo 5 Millionen Menschen leben, 500 Tonnen chemische Abfälle deponiert worden sind,

B.   in der Erwägung, dass bislang acht Personen gestorben und ungefähr 85 000 Personen zur Behandlung von Nasenbluten, Durchfall, Übelkeit, Augenreizungen und Atembeschwerden in Krankenhäuser gebracht worden sind und dass diese Deponierung giftiger Abfälle weit reichende Folgen, einschließlich Bodenverseuchungen und Belastungen von Oberflächen- und Grundwasser, haben kann,

C.   in der Erwägung, dass eine Vielzahl von Kindern von dieser Vergiftung besonders schwer geschädigt worden sind und dass nach Schätzungen von UNICEF 9 000 bis 23 000 Kinder medizinische Hilfe und gesundheitliche Versorgung benötigen, sowie andere Maßnahmen zur Sanierung des Umfelds, in dem sie leben, notwenig sein werden,

D.   in der Erwägung, dass die giftigen Abfälle aus einem in griechischem Eigentum befindlichen und unter panamaischer Flagge fahrenden Tanker kamen, den die in den Niederlanden ansässige Firma Trafigura Beheer BV geleast hatte, und dass eine derartige Aufteilung der Verantwortung ein systematisch auftretendes, aber untragbares Problem bezüglich der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts schafft,

E.   in der Erwägung, dass Umweltvorschriften, die in Ländern des Nordens gelten, die Beseitigung gefährlicher Abfälle kostspielig gemacht haben,

F.   in der Erwägung, dass die Hafenbehörden in Amsterdam die Gefährlichkeit der Abfälle festgestellt hatten, nachdem das Schiff entladen worden war, und eine höhere Gebühr für die vollständige Entladung forderten, woraufhin die Besatzung des Tankers beschloss, die Abfälle statt dessen wieder an Bord zurückzupumpen, und dass die zuständigen niederländischen Behörden zuließen, dass das Schiff niederländisches Hoheitsgebiet verlässt, obwohl ihnen die Gefährlichkeit der Ladung bekannt war und sie wussten, dass der Kapitän nicht bereit war, für eine umweltverträgliche Beseitigung in den Niederlanden zu bezahlen,

G.   in der Erwägung, dass das Unternehmen Gelegenheit hatte, die Abfälle in Europa vorschriftsmäßig und unbedenklich zu entsorgen, sich aber für eine billigere Alternative in Côte d'Ivoire entschieden hat,

H.   in er Erwägung, dass Afrika als Abladeplatz für gefährliche Abfälle aller Art benutzt wird und dass Greenpeace 80 Standorte ermittelt hat, an denen gefährliche Abfälle aus Industriestaaten deponiert worden sind, einschließlich gebrauchte Computer in Nigeria, radioaktive Behälter in Somalia, Deponierung von Chlor in Kamerun usw.,

I.   in der Erwägung, dass in den meisten afrikanischen Staaten keine durchgreifenden Rechtsvorschriften bestehen, die die Umwelt und die Lebensgrundlagen der Bevölkerung vor gefährlichen Abfällen schützen,

J.   in der Erwägung, dass alle Exporte von zur Beseitigung bestimmten Abfällen aus der Europäischen Union seit Mai 1994 durch die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 verboten sind und dass der Export gefährlicher Abfälle aus der Europäischen Union in Nicht-OECD-Staaten zur Verwertung seit Januar 1997 durch jene Verordnung verboten ist,

K.   in der Erwägung, dass die Deponierung gefährlicher Abfälle in Côte d'Ivoire nur die Spitze des Eisbergs an fortlaufenden Verbringungen gefährlicher Abfälle aus der Europäischen Union in Nicht-OECD-Staaten ist; in der Erwägung, dass sehr große Mengen an Elektro- und Elektronik-Altgeräten unter dem Vorwand der "Wiederverwendung" in Nicht-OECD-Staaten entsorgt werden und dass mit giftigen Stoffen und Materialien beladene alte EU-Schiffe in erheblicher Zahl in Asien unter Bedingungen verschrottet werden, die für die betroffenen Arbeitnehmer und die Umwelt äußerst schädlich sind,

L.   unter Hinweis darauf, dass es am 9. April 2002 in erster Lesung einen Standpunkt im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt angenommen hat(4); in der Erwägung, dass der Rat zu keinem Zeitpunkt eine politische Einigung über diesen Richtlinienvorschlag erzielen konnte und stattdessen einen Rahmenbeschluss im Bereich des dritten Pfeilers zu demselben Thema bevorzugte (Rahmenbeschluss 2003/80/JI vom 27. Januar 2003(5)) sowie in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften diesen Rahmenbeschluss durch sein Urteil vom 13. September 2005 (Rechtssache C-176/03) aufgehoben hat,

1.   fordert die Kommission und die Regierungen der Niederlande und der Côte d'Ivoire auf, in diesem Fall lückenlos zu ermitteln, die Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen festzustellen, die für dieses Umweltverbrechen verantwortlichen Personen vor Gericht zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Umweltverseuchung vollständig beseitigt wird und die Opfer entschädigt werden;

2.   fordert die EU-Organe und die Mitgliedstaaten auf, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um der betroffenen Bevölkerung und besonders den Kindern in vollen Umfang zu helfen, und zwar unter Einsatz aller verfügbaren Mittel der Unterstützung, der Zusammenarbeit und des Katastrophenschutzes;

3.   vertritt die Auffassung, dass im Fall des Exports gefährlicher Abfälle nach Abidjan sowohl das Gemeinschaftsrecht als auch internationale Übereinkommen klar verletzt wurden, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine lückenlose Durchsetzung der geltenden Abfallverbringungsvorschriften sicherzustellen;

4.   fordert die Kommission und die betroffenen Mitgliedstaaten auf, sämtliche von ihnen mit Nicht-OECD-Staaten geschlossenen bilateralen Abkommen über die Verbringung von Abfällen öffentlich zugänglich zu machen;

5.   fordert die Kommission auf, Legislativvorschläge im Hinblick auf die Beseitigung der Schlupflöcher in den derzeitigen Regelungen über gefährliche Abfälle vorzulegen, um dadurch den Verbringungen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten und veralteten Schiffen in Nicht-OECD-Staaten ein Ende zu bereiten;

6.   fordert die Kommission auf, Daten über den Schmuggel von solchen gefährlichen Abfällen und Erzeugnissen und deren illegale Deponierung in afrikanischen und anderen Entwicklungsländern zu sammeln, Vorschläge für Maßnahmen zur Kontrolle, Eindämmung und Unterbindung dieses Schmuggels und der illegalen Verbringung und Deponierung in afrikanischen und anderen Entwicklungsländern vorzulegen und jährlich eine Liste der an der illegalen Deponierung giftiger Abfälle und Erzeugnisse in afrikanischen und anderen Entwicklungsländern beteiligten Staaten und multinationalen Unternehmen zu erstellen;

7.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Regierung der Côte d'Ivoire und dem Sekretariat des Basler Übereinkommens zu übermitteln.

(1) ABl. L 39 vom 16.2.1993, S.1.
(2) ABl. L 30 vom 6.2.1993, S. 1.
(3) ABl. L 190 vom 12.7.2006, S. 1.
(4) ABl. C 127 E vom 29.5.2003, S. 119.
(5) ABl. L 29 vom 5.2.2003, S. 55.

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