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Verfahren : 2008/2154(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0123/2009

Eingereichte Texte :

A6-0123/2009

Aussprachen :

PV 25/03/2009 - 14
CRE 25/03/2009 - 14

Abstimmungen :

PV 26/03/2009 - 4.1
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2009)0187

Angenommene Texte
PDF 142kWORD 58k
Donnerstag, 26. März 2009 - Straßburg
Weißbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts
P6_TA(2009)0187A6-0123/2009

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. März 2009 zu dem Weißbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (2008/2154(INI))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Weißbuchs der Kommission vom 2. April 2008 mit dem Titel "Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts" (KOM(2008)0165) (Weißbuch),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. April 2007 zu dem Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts(1),

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 13. März 2007 zum Thema "Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013): Stärkung der Verbraucher - Verbesserung des Verbraucherwohls - wirksamer Verbraucherschutz" (KOM(2007)0099),

–   unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln(2), die Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission(3) und die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ("EG-Fusionskontrollverordnung")(4),

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen(5) sowie unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 622/2008 der Kommission vom 30. Juni 2008(6) hinsichtlich der Durchführung von Vergleichsverfahren in Kartellfällen,

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und des Rechtsausschusses (A6-0123/2009),

A.   in der Erwägung, dass die Wettbewerbspolitik die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Europäischen Union erhöht und maßgeblich zur Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie beiträgt,

B.   in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entschieden hat, dass Einzelpersonen und Unternehmen zwecks Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Artikels 81 des Vertrags bei Schäden aufgrund von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht Klage erheben können,

C.   in der Erwägung, dass Schadenersatzklagen nur ein Bestandteil eines wirksamen Systems der privaten Rechtsdurchsetzung sind und dass Streitbeilegungsmechanismen unter gewissen Umständen eine effiziente Alternative zu Mechanismen der kollektiven Rechtsdurchsetzung darstellen, die eine faire und zügige außergerichtliche Beilegung ermöglichen und gefördert werden sollten,

D.   in der Erwägung, dass die im Weißbuch behandelten Fragen alle Arten von Opfern, alle Formen von Verstößen gegen die Artikel 81 und 82 des EG-Vertrags und sämtliche Bereiche der Wirtschaft betreffen,

E.   in der Erwägung, dass alle Vorschläge zur Einführung von Mechanismen zur kollektiven Rechtsdurchsetzung wegen Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht die in einigen Mitgliedstaaten bereits vorhandenen alternativen Rechtsschutzformen (etwa Verbandsklagen und Musterprozesse ("test cases")) ergänzen sollten, statt sie zu ersetzen,

F.   in der Erwägung, dass das Ziel privatrechtlicher Schadenersatzklagen darin bestehen muss, dass Opfer für den erlittenen Schaden vollständig entschädigt werden, und in der Erwägung, dass die Grundsätze der nichtvertraglichen Haftung, die einerseits eine unrechtmäßige Bereicherung und eine Mehrfachentschädigung verbieten und andererseits Schadenersatz mit Strafwirkung vermeiden, beachtet werden müssen,

G.   in der Erwägung, dass die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten in den Geltungsbereich des öffentlichen Rechts fällt und dass nur relativ wenige private Schadenersatzklagen vor nationale Gerichte gebracht werden, obwohl mehrere Mitgliedstaaten Maßnahmen ergriffen haben oder ergreifen werden, um die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Falle der Verletzung von EG-Wettbewerbsregeln für Privatpersonen zu erleichtern,

H.   in der Erwägung, dass private Schadenersatzklagen die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch die Wettbewerbsbehörden ergänzen und unterstützen, nicht aber ersetzen sollten, und dass die Personal- und Mittelausstattung der Wettbewerbsbehörden ausgebaut werden muss, damit Verstöße gegen das EG-Wettbewerbsrecht wirksamer verfolgt werden können,

I.   in der Erwägung, dass es unabhängig von der Art der Beilegung eines Rechtsstreits von grundlegender Bedeutung ist, dass Verfahren und Garantien geschaffen werden, um zu gewährleisten, dass alle Parteien fair behandelt werden und dass gleichzeitig das System nicht missbraucht wird, wie dies in anderen Rechtsordnungen und insbesondere in den Vereinigten Staaten der Fall gewesen ist,

J.   in der Erwägung, dass die Kommission bei jedem Vorschlag, der nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt, die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beachten muss,

1.   begrüßt das Weißbuch und betont, dass die EG-Wettbewerbsvorschriften und insbesondere ihre wirksame Durchsetzung verlangen, dass die Opfer von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht einen Anspruch auf Entschädigung für den erlittenen Schaden haben müssen;

2.   stellt fest, dass die Kommission bislang keine Rechtsgrundlage für die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen angegeben hat, und dass weiter geprüft werden muss, welche Rechtsgrundlage für die vorgeschlagenen Eingriffe in die nationalen Verfahren für nichtvertraglichen Schadenersatz und in das nationale Verfahrensrecht in Frage kommt;

3.   vertritt die Auffassung, dass verschiedene Hindernisse für wirksame Rechtsbehelfe zugunsten von Opfern von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht – wie Massen- und Streuschäden, Informationsasymmetrien und andere Probleme bei der Durchsetzung von Schadenersatzklagen – nicht nur bei Verfahren im Zusammenhang mit dem EG-Wettbewerbsrecht auftreten, sondern auch in Bereichen wie der Produkthaftung und bei anderen verbraucherbezogenen Klagen;

4.   verweist darauf, dass individuelle Verbraucher, aber auch kleine Unternehmen, insbesondere diejenigen, die relativ geringwertige Streuschäden erlitten haben, häufig angesichts der damit verbundenen Kosten, Verzögerungen, Unwägbarkeiten, Risiken und Belastungen von Individualklagen zur Geltendmachung von Schadenersatz zurückschrecken; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass der kollektive Rechtsschutz, der eine Bündelung der individuellen Schadenersatzforderungen von Opfern von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht ermöglicht und ihre Chancen auf Zugang zur Justiz erhöht, ein wichtiges Abschreckungsinstrument darstellt; begrüßt in dieser Hinsicht die Vorschläge der Kommission zur Einführung von Mechanismen, mit denen der kollektive Rechtsschutz verbessert werden soll, wobei gleichzeitig überzogene Rechtsstreitigkeiten vermieden werden sollen;

5.   weist darauf hin, dass die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher der Kommission Ende 2008 die Ergebnisse zweier Untersuchungen zu kollektiven Rechtsdurchsetzungsinstrumenten in den Mitgliedstaaten und möglichen Hindernissen für den Binnenmarkt aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten veröffentlicht hat; weist ferner darauf hin, dass die Kommission ein Grünbuch über die möglichen Optionen der Gemeinschaft für Maßnahmen im Bereich der Verbraucherschutzbestimmungen veröffentlicht und die Veröffentlichung eines weiteren Politikpapiers im Laufe des Jahres 2009 angekündigt hat; betont, dass Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene nicht zu einer willkürlichen oder unnötigen Zersplitterung der einzelstaatlichen Prozessrechtsbestimmungen führen dürfen und dass deshalb sorgfältig geprüft werden sollte, ob und gegebenenfalls inwieweit ein horizontaler und integrierter Ansatz gewählt werden sollte, um die außergerichtliche Streitbeilegung und die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen zu erleichtern; fordert die Kommission deshalb auf, die möglichen Rechtsgrundlagen zu prüfen und festzustellen, wie auf eine horizontale und integrierte Art und Weise vorgegangen werden kann, ohne notwendigerweise auf ein einzelnes horizontales Instrument zurückzugreifen, und vorerst davon abzusehen, kollektive Rechtsdurchsetzungsmechanismen für Opfer von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht vorzulegen, ohne dass das Parlament die Möglichkeit erhält, im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens an der Verabschiedung entsprechender Mechanismen mitzuwirken;

6.   stellt fest, dass Schadenersatzklagen für Verstöße gegen das EG-Wettbewerbsrecht nach Möglichkeit einheitlich mit anderen nichtvertraglichen Forderungen behandelt werden sollten; vertritt die Auffassung, dass ein horizontaler oder integrierter Ansatz Verfahrensregeln abdecken könnte, die den kollektiven Rechtsdurchsetzungsmechanismen in unterschiedlichen Rechtsordnungen gemeinsam sind, und betont, dass dieser Ansatz die Ausarbeitung von Vorschlägen und Maßnahmen, wie sie für eine umfassende Durchsetzung des EG-Wettbewerbsrechts für notwendig erachtet werden, nicht verzögern oder verhindern darf; verweist auf die weiter fortgeschrittene Untersuchung der zivilrechtlichen Rechtsbehelfe im Wettbewerbsrecht und den fortgeschrittenen Rahmen für Wettbewerbsbehörden einschließlich des Europäischen Netzes der nationalen Wettbewerbsbehörden; stellt fest, dass wenigstens in Bezug auf manche Themen dies ein zügiges Voranschreiten rechtfertigt, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass einige der vorgesehenen Maßnahmen auf andere Sektoren als das Wettbewerbsrecht ausgeweitet werden könnten; vertritt die Auffassung, dass derartige sektorspezifische Maßnahmen vor dem Hintergrund der besonderen Komplexität und der Schwierigkeiten, mit denen die Opfer von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht konfrontiert sind, bereits vorgeschlagen werden könnten;

7.   stellt fest, dass eine "ein für allemal" geltende Regelung für Beklagte wünschenswert erscheint, um Unsicherheiten und überzogene wirtschaftliche Auswirkungen zu vermeiden, die möglicherweise Arbeitnehmer, Lieferanten, Subunternehmer und andere unbeteiligte Parteien betreffen könnten; fordert die Bewertung und mögliche Einführung eines außergerichtlichen Beilegungsverfahrens für Massenklagen, das entweder von den Parteien vor Einreichung einer Klage oder nach Aufforderung durch das Gericht, bei dem die Klage eingereicht wird, eingeleitet werden kann; ist der Auffassung, dass ein solches Beilegungsverfahren darauf abzielen sollte, den Streit außergerichtlich beizulegen, indem man sich um die gerichtliche Zustimmung zu einer Streitbeilegungsregelung bemüht, die für alle Opfer, die sich dem Verfahren angeschlossen haben, für verbindlich erklärt werden kann; unterstreicht, dass ein solches Verfahren weder eine ungebührliche Verlängerung der Verfahren bewirken noch einer unlauteren Regelung von Schadenersatzforderungen Vorschub leisten darf; fordert die Kommission auf, nach Wegen zu suchen, wie eine größere Rechtssicherheit erzielt werden kann, und dabei auch zu prüfen, inwieweit von nachfolgenden Klägern normalerweise erwartet werden sollte, dass sie nicht mehr in Anspruch nehmen als das Ergebnis eines solchen Beilegungsverfahrens;

8.   vertritt die Auffassung, dass direkten und indirekten Käufern im Wege der isolierten Klage oder Folgeklage für die Geltendmachung ihrer Ansprüche eine Individual-, Verbands- oder Gruppenklage zur Verfügung stehen sollte, die auch die Form eines Musterprozesses haben kann, dass jedoch die Wahl einer solchen Klage durch eine Partei es zur Vermeidung von Mehrfachklagen einer einzelnen Partei aus einem einzigen Klagegrund ausschließen sollte, dass diese gleichzeitig oder anschließend von einer der anderen Klagen Gebrauch macht; vertritt ferner die Auffassung, dass für den Fall, dass verschiedene Parteien getrennte Klagen einreichen, Bemühungen unternommen werden sollten, diese miteinander zu verbinden oder sie nacheinander zu behandeln;

9.   vertritt die Auffassung, dass im Hinblick auf eine Vermeidung missbräuchlicher Streitigkeiten die Klagebefugnis für Verbandsklagen in den Mitgliedstaaten staatlichen Stellen wie dem Bürgerbeauftragten oder qualifizierten Einrichtungen wie den Verbraucherschutzverbänden gemäß Artikel 3 der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen(7) eingeräumt werden sollte und dass eine Ad-hoc-Ermächtigung zur Einreichung solcher Verbandsklagen in erster Linie für Berufsverbände vorgesehen werden sollte, die Verfahren zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen von Unternehmen betreiben;

10.   fordert, dass nur eine eindeutig begrenzte Anzahl von Personen die Möglichkeit erhält, sich an kollektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren zu beteiligen, und dass die Festlegung der Mitglieder dieses Personenkreises im Falle einer Opt-in-Gruppenklage und die Festlegung im Falle einer Verbandsklage, die von qualifizierten und im Voraus bezeichneten oder ad-hoc ermächtigten qualifizierten Einrichtungen erhoben worden ist, innerhalb eines eindeutig festgelegten Zeitraums ohne unnötige Verzögerung und unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, die einen späteren Zeitpunkt vorsehen, erfolgen muss; betont, dass nur der tatsächlich erlittene Schaden ersetzt werden darf; stellt fest, dass im Falle einer erfolgreichen Klage der zugesprochene Schadenersatz an den identifizierten Personenkreis oder an die von diesem Kreis benannte Person ausgezahlt werden muss und dass die qualifizierte Einrichtung allenfalls für die Aufwendungen entschädigt werden kann, die ihr durch die Rechtsverfolgung entstanden sind, wobei die qualifizierte Einrichtung weder mittelbar noch unmittelbar für die Entgegennahme von Schadenersatz benannt werden darf;

11.   betont, dass im Falle einer erfolgreichen isolierten Klage eine nachfolgende behördliche Verfolgung eines Verstoßes gegen das EG-Wettbewerbsrecht nicht ausgeschlossen ist; bekräftigt ferner, dass im Hinblick darauf, die Unternehmen anzuhalten, die Opfer ihres rechtswidrigen Handelns so rasch und so effizient wie möglich zu entschädigen, die Wettbewerbsbehörden aufgefordert werden, bei der Festlegung des Bußgelds, das dem Unternehmen auferlegt werden soll, dem geleisteten oder noch zu leistenden Schadenersatz Rechnung zu tragen; stellt fest, dass dies jedoch weder das Recht des Opfers auf umfassende Entschädigung für den erlittenen Schaden noch die Notwendigkeit, den abschreckenden Charakter für Bußgelder aufrecht zu erhalten, beeinträchtigen sollte und auch nicht zu einer länger anhaltenden Unsicherheit in Bezug auf die Wirksamkeit von Abrechnungen für Unternehmen führen sollte; fordert den Rat und die Kommission ausdrücklich auf, diese Grundsätze in Bezug auf Geldbußen in die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 aufzunehmen und sie im Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen der allgemeinen Rechtsgrundsätze weiter zu verbessern und zu präzisieren;

12.   stellt fest, dass es eine gewisse Prima-facie-Bewertung der Vorteile einer Gruppenklage auf einer Vorstufe geben sollte, und betont, dass Kollektivkläger nicht besser oder schlechter gestellt werden dürfen als Individualkläger; fordert, dass im Rahmen kollektiver Rechtsdurchsetzungsmechanismen der Grundsatz gelten muss, dass die klagende Partei Nachweise für ihre Ansprüche erbringen muss, sofern die geltenden nationalen Rechtsvorschriften keine Erleichterung der Beweislast vorsehen oder den Zugang zu Informationen und Nachweisen, über die die beklagte Partei verfügt, erleichtern;

13.   fordert, dass die Kommission gehalten ist, den Opfern von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht im Nachgang einer Untersuchung Zugang zu den für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs erforderlichen Informationen zu gewähren, und betont, dass nach Artikel 255 des EG-Vertrags und nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe vorgesehen ist, wonach der Zugang nur nach den Bedingungen gemäß dieser Verordnung und insbesondere deren Artikel 4 verweigert werden kann; vertritt deshalb die Auffassung, dass die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 entsprechend auslegen oder eine Änderung dieser Verordnung vorschlagen muss; betont ferner, dass die Behörden bei der Gewährung des Zugangs zu Dokumenten dem Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Beklagten oder von Dritten besondere Aufmerksamkeit widmen müssen, und stellt fest, dass Leitlinien in Bezug auf die Regelung von Kronzeugenbestimmungen erforderlich sind;

14.   vertritt die Auffassung, dass ein nationales Gericht durch die Entscheidung der nationalen Wettbewerbsbehörden eines anderen Mitgliedstaats nicht gebunden werden sollte, und zwar unbeschadet der Bestimmungen, die eine bindende Wirkung von Beschlüssen vorsehen, die von einem Mitglied des Europäischen Netzes der nationalen Wettbewerbsbehörden unter Anwendung von Artikel 81 oder 82 des Vertrags in Zusammenhang mit derselben Klage gefasst wurden; stellt fest, dass Ausbildungs- und Austauschprogramme zu einer Konvergenz der Entscheidungen führen sollten, damit die Anerkennung von Entscheidungen der Wettbewerbsbehörden zur Norm werden kann;

15.   betont, dass schuldhaftes Handeln stets eine Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch sein muss und dass der Verstoß gegen das EG-Wettbewerbsrecht zumindest fahrlässig begangen worden sein muss, sofern es keine Vermutung oder widerlegbare Vermutung eines schuldhaften Verhaltens in den nationalen Rechtsvorschriften im Falle eines Verstoßes gegen das EG-Wettbewerbsrecht gibt, mit der eine konsistente und kohärente Durchsetzung des Wettbewerbsrechts gewährleistet wird;

16.   begrüßt, dass Entschädigungen auf einen Ausgleich der Verluste und des entgangenen Gewinns einschließlich übermäßiger Aufwendungen und Zinsen ausgerichtet sind, und fordert die Festschreibung dieser Definition des Schadensbegriffs für kollektive Rechtsbehelfsmechanismen auf Gemeinschaftsebene;

17.   begrüßt die Arbeiten der Kommission an einem unverbindlichen Orientierungsrahmen zur Berechnung des Schadenersatzes, der nützlicherweise Leitlinien zu den Informationen enthalten könnte, die erforderlich sind, um die Berechnung durchzuführen und derartige Berechnungen nach Möglichkeit auf Mechanismen der alternativen Streitbeilegung anzuwenden;

18.   stellt fest, dass die Ausarbeitung eines gemeinsamen gemeinschaftlichen Ansatzes in Bezug auf die Abwälzung von Vorteil ist und befürwortet die Zulässigkeit des Einwands der Abwälzung durch den Beklagten als einen Einwand in dem Sinne, dass der Nachweis für den Einwand stets vom Beklagten zu erbringen ist und die Gerichte die Möglichkeit haben, auf bewährte einzelstaatliche Rechtsvorschriften in Bezug auf den Zusammenhang zwischen Kausalität und Haftung zurückzugreifen, um in jedem Einzelfall zu gerechten Entscheidungen zu gelangen; regt an, dass Leitlinien in Bezug auf das Ausmaß vorgeschlagen werden, in dem der mittelbare Käufer und insbesondere der letzte mittelbare Käufer sich auf die widerlegbare Vermutung verlassen kann, dass ihm der rechtswidrige Preisaufschlag vollständig angelastet wurde;

19.   begrüßt den Umstand, dass die Verjährungsfrist im Falle ständiger oder fortgesetzter Wettbewerbsverstöße mit dem Zeitpunkt der Einstellung der Zuwiderhandlung oder dem Zeitpunkt, an dem vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass das Opfer Kenntnis von der Zuwiderhandlung hat, beginnen soll, und zwar je nachdem, welcher Zeitpunkt später liegt; weist darauf hin, dass Verjährungsvorschriften auch der Rechtssicherheit dienen und dass im Falle einer unterlassenen Einreichung einer öffentlich-rechtlichen oder privaten Klage eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gelten muss; begrüßt ferner, dass die Dauer der Verjährungsfrist für Einzelklagen nach innerstaatlichem Recht bestimmt werden soll, und fordert, dass dies auch für Folgeklagen gelten soll; stellt fest, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Aussetzung oder Unterbrechung der Verjährungsfrist nicht angetastet werden dürfen;

20.   begrüßt den Umstand, dass die Mitgliedstaaten ihre jeweils eigenen Bestimmungen über die Zuteilung der Kosten festlegen sollen; ist der Auffassung, dass es Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, zu beurteilen, inwieweit sie gewährleisten möchten, dass die asymmetrische Aufteilung der Mittel zwischen dem Kläger und dem Beklagten in Rechtsstreitigkeiten kein Grund dafür ist, von berechtigten Schadenersatzforderungen abzusehen, und stellt fest, dass der Zugang zur Justiz auch durch energische Maßnahmen zur Unterbindung von Missbräuchen unter anderem durch leichtfertige, böswillige oder sogenannte "Blackmailing-Aktionen" ausgewogen gestaltet werden muss;

21.   weist darauf hin, dass die Anwendung des Kronzeugenprogramms maßgeblich zur Aufdeckung von Wettbewerbsverstößen beiträgt und daher private Schadenersatzklagen an erster Stelle ermöglicht, und fordert die Ausarbeitung von Kriterien, um die Attraktivität der Anwendung des Kronzeugenprogramms aufrechtzuerhalten; betont, dass trotz der Bedeutung einer Anwendung des Kronzeugenprogramms eine vollständige Entlassung des Kronzeugen aus der zivilrechtlichen Solidarhaftung dem Rechtssystem widerspricht, und lehnt deshalb eine solche Entlassung als für viele Opfer von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht benachteiligend entschieden ab;

22.   fordert die Kommission auf, in erster Linie zu vermeiden, dass Kartell- und Wettbewerbsverfahren eingestellt werden, und dafür Sorge zu tragen, dass alle wichtigen Verfahren mit einer eindeutigen Entscheidung ordnungsgemäß abgeschlossen werden, damit das Recht der Opfer, Schadenersatzforderungen zu erheben, nicht ausgehöhlt, sondern erleichtert wird;

23.   weist nachdrücklich darauf hin, dass es bei allen Gesetzgebungsverfahren im Bereich der kollektiven Rechtsdurchsetzung im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens beteiligt werden muss;

24.   fordert, dass vor einem entsprechenden Legislativvorschlag eine unabhängige Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt wird;

25.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern auf Gemeinschaftsebene zu übermitteln.

(1) ABl. C 74 E vom 20.3.2008, S. 653.
(2) ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1.
(3) ABl. L 123 vom 27.4.2004, S. 18.
(4) ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1.
(5) ABl. C 298 vom 8.12.2006, S. 17.
(6) ABl. L 171 vom 1.7.2008, S. 3.
(7) ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 51.

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