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Verfahren : 2010/2657(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : B7-0244/2010

Eingereichte Texte :

B7-0244/2010

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 05/05/2010 - 13.54
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0144

Angenommene Texte
PDF 133kWORD 50k
Mittwoch, 5. Mai 2010 - Brüssel
Fluggastdatensätze (PNR)
P7_TA(2010)0144B7-0244/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Mai 2010 zum Start der Verhandlungen über Abkommen über Fluggastdatensätze mit den USA, Australien und Kanada

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Artikel 16 und 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere deren Artikel 8, und die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere deren Artikel 6, 8 und 13,

–   unter Hinweis auf das Grundrecht auf Freizügigkeit, das in Artikel 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert ist,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Vorgehen von EU und USA in der Frage der Fluggastdatensätze, insbesondere seine Entschließungen von 13. März 2003 zur Weitergabe personenbezogener Daten durch Fluggesellschaften bei Transatlantikflügen(1), vom 9. Oktober 2003 zur Weitergabe personenbezogener Daten durch Fluggesellschaften bei Transatlantikflügen: Stand der Verhandlungen mit den USA(2), vom 31. März 2004 zu dem Entwurf einer Entscheidung der Kommission über die Angemessenheit des Schutzes personenbezogener Daten, die in den Fluggastdatensätzen (PNR) enthalten sind, welche dem United Bureau of Customs and Border Protection (Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten) übermittelt werden(3), seine Empfehlung an den Rat vom 7. September 2006 zu den Verhandlungen über ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich organisierter Kriminalität(4), seine Entschließung vom 14. Februar 2007 zu SWIFT, dem Abkommen über Fluggastdatensätze und dem transatlantischen Dialog über diese Themen(5) sowie seine Entschließung vom 12. Juli 2007 zum Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über Fluggastdatensätze(6),

–   unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 22. Oktober 2008 zu dem Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Australien über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records – PNR) aus der Europäischen Union und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an die australische Zollbehörde(7),

–   unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 7. Juli 2005 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Regierung Kanadas über die Verarbeitung von erweiterten Fluggastdaten (Advanced Passenger Information – API) und Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records – PNR)(8),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. November 2008 zu dem Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zu Strafverfolgungszwecken(9),

–   unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Mai 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-317/04 und C-318/04,

–   unter Hinweis auf das Schreiben des Europäischen Datenschutzbeauftragten vom 27. Juni 2007 an den amtierenden Präsidenten, Minister Schäuble, betreffend das neue Abkommen mit den Vereinigten Staaten über Fluggastdatensätze,

–   unter Hinweis auf die Stellungnahme der gemäß Artikel 29 der Datenschutzrichtlinie eingerichteten Arbeitsgruppe für den Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgruppe) über das künftige Abkommen über Fluggastdatensätze,

–   unter Hinweis auf die Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Europäischen Parlaments,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/82/EG über die Verpflichtung von Beförderungsunternehmen, Angaben über die beförderten Personen zu übermitteln(10),

–   unter Hinweis auf die gemeinsame Überprüfung des Abkommens zwischen der EU und den USA von 2005,

–   unter Hinweis auf die gemeinsame Überprüfung des Abkommens zwischen der EU und den USA von 2010,

–   unter Hinweis auf das Abkommen zwischen der EU und Kanada von 2009,

–   unter Hinweis auf das Ersuchen um Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Record – PNR) und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an das United States Department of Homeland Security (DHS)(11) und zu dem Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Australien über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records – PNR) aus der Europäischen Union und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an die australische Zollbehörde(12),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2009 zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger – Stockholm-Programm(13),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. September 2009 zu dem geplanten internationalen Abkommen, demgemäß dem Finanzministerium der Vereinigten Staaten Finanztransaktionsdaten zum Zwecke der Prävention und Bekämpfung des Terrorismus und der Terrorismusfinanzierung zur Verfügung gestellt werden sollen(14),

–   unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung über die Sicherheit des Flugverkehrs, die die EU und die USA am 21. Januar 2010 in Toronto abgegeben haben,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist,

B.   in der Erwägung, dass die Abkommen der EU mit den USA und Australien über die Übermittlung von Fluggastdatensätzen seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nur mit Zustimmung des Europäischen abgeschlossen werden können,

C.   in der Erwägung, dass das Abkommen zwischen der EU und Kanada über die Übermittlung von Fluggastdatensätzen nicht mehr gültig ist, da die Wirkung der Angemessenheitsentscheidung im September 2009 abgelaufen ist, und dass die Übermittlung von Fluggastdatensätzen seitdem auf der Grundlage unilateraler Verpflichtungen Kanadas gegenüber den Mitgliedstaaten stattfindet,

D.   in der Erwägung, dass andere Länder bereits um die Übermittlung von Fluggastdatensätzen nachgesucht bzw. angekündigt haben, dass sie beabsichtigen, dies in naher Zukunft zu tun,

E.   in der Erwägung, dass der Rat die Kommission aufgefordert hat, einen Vorschlag für eine EU-Regelung für Fluggastdatensätze vorzulegen, und dass die Kommission dieser Aufforderung am 17. November 2007 nachgekommen ist,

F.   in der Erwägung, dass Werte wie der Datenschutz, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die persönlichen Rechte sowie das Recht auf Privatsphäre im derzeit herrschenden digitalen Zeitalter eine immer größere Bedeutung erlangen und deshalb mit besonderer Sorgfalt geschützt werden müssen,

G.   in der Erwägung, dass mehr Sicherheit und eine bessere Verbrechensbekämpfung in unserer Welt, zu deren wesentlichen Merkmalen die Mobilität gehört, mit einem effizienteren, gezielteren und schnelleren Datenaustausch innerhalb Europas und auf internationaler Ebene einhergehen müssen,

1.   verweist auf seine Entschlossenheit, den Terrorismus sowie die organisierte und grenzübergreifende Kriminalität zu bekämpfen, und gleichzeitig auf seine feste Überzeugung, dass die bürgerlichen Freiheiten und Grundrechte geschützt werden müssen und dass gleichzeitig für die größtmögliche Achtung der Privatsphäre, die informationelle Selbstbestimmung und den Datenschutz zu sorgen ist; bekräftigt, dass die Terrorismusbekämpfung nur dann Erfolg haben wird, wenn die entscheidenden Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit beachtet werden;

2.   betont, dass sich die Europäische Union auf Rechtsstaatlichkeit gründet und dass jegliche Übermittlung von personenbezogenen Daten aus der EU und ihren Mitgliedstaaten an Drittländer zu Sicherheitszwecken auf der Grundlage internationaler Vereinbarungen mit dem Status von Rechtsakten erfolgen sollte, um die notwendigen Garantien für die Unionsbürger bereitzustellen, die Verfahrensgarantien und die Verteidigungsrechte zu wahren und den Datenschutzvorschriften auf nationaler und europäischer Ebene zu entsprechen;

3.   fordert die Kommission auf, dem Parlament gemäß Artikel 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union alle wichtigen Informationen und Hintergrunddokumente zu übermitteln, insbesondere die konkreten Informationen, die in seiner oben erwähnten Entschließung zu den Fluggastdatensätzen gefordert werden;

4.   beschließt, die Abstimmung über das Ersuchen um Zustimmung zu den Abkommen mit den USA und Australien zu vertagen und erst dann vorzunehmen, wenn die Optionen für Regelungen für die Verwendung von Fluggastdatensätzen, die den EU-Vorschriften entsprechen, geprüft sind und den Bedenken, die es in früheren Entschließungen zu den Fluggastdatensätzen zum Ausdruck gebracht hat, Rechnung getragen wurde;

5.   ist der Auffassung, dass bei jedem neuen Rechtsinstrument zunächst eine Abschätzung der Folgen für die Persönlichkeitsrechte vorgenommen werden muss und dass eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgen muss, bei der nachgewiesen wird, dass die geltenden Rechtsinstrumente nicht ausreichend sind; fordert insbesondere eine Prüfung

   der Verwendung von API-Daten innerhalb der EU sowie durch Drittstaaten als eventuell weniger eingreifende Möglichkeit der Erfassung und Verwendung von Fluggastdaten,
   der Daten, die die USA und Australien in ihren jeweiligen elektronischen Systemen zur Erteilung von Reisebewilligungen erfasst haben, und
   der Fluggastdatensätze, die aus Quellen bezogen werden können, die nicht durch internationale Abkommen erfasst werden, wie Computerreservierungssysteme, die sich außerhalb der EU befinden; fordert die Kommission auf, alle Beteiligten, einschließlich der Fluggesellschaften, zu konsultieren;

6.   ist der Auffassung, dass ein neues Abkommen angemessene Mechanismen für die unabhängige Überprüfung und gerichtliche Überwachung sowie die demokratische Kontrolle beinhalten muss;

7.   fordert einen kohärenten Ansatz in Bezug auf die Nutzung von Fluggastdatensätzen für Strafverfolgungs- und Sicherheitszwecke, wobei Abkommen mit Drittstaaten auf einheitlichen Grundsätzen beruhen sollten; fordert die Kommission auf, spätestens bis Mitte Juli 2010 einen Vorschlag für ein solches einheitliches Modell und ein Entwurf für ein Mandat für die Verhandlungen mit Drittstaaten vorzulegen;

8.   fordert die Kommission auf, die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte so rasch wie möglich zu ersuchen, eine detaillierte Stellungnahme über die Auswirkungen sämtlicher neuer Abkommen über Fluggastdatensätze im Hinblick auf die Grundrechte abzugeben;

9.   ist der Auffassung, dass dieses Modell die folgenden Mindestanforderungen erfüllen muss:

   a) Fluggastdatensätze dürfen nur für Strafverfolgungs- und Sicherheitszwecke in Fällen von schwerwiegender organisierter und grenzübergreifender Kriminalität oder grenzüberschreitendem Terrorismus und nur auf der Grundlage der rechtlichen Definitionen gemäß dem Rahmenbeschluss des Rates 2002/475/JI vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung(15) sowie dem Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl(16) verwendet werden;
   b) die Verwendung von Fluggastdatensätzen für Strafverfolgungs- und Sicherheitszwecke muss den europäischen Datenschutznormen entsprechen, insbesondere mit Blick auf die Zweckbeschränkung, die Verhältnismäßigkeit, die Rechtsmittel, die Beschränkung des Umfangs der zu erfassenden Daten sowie die Dauer der Speicherung;
   c) Fluggastdatensätze dürfen keinesfalls für die gezielte Extraktion von Daten oder die Erstellung von Personenprofilen verwendet werden; ein Beschluss über ein Flugverbot oder über ein Ermittlungsverfahren oder eine Strafverfolgung darf nicht allein auf Grund der Ergebnisse der automatisierten Durchsuchung von Datenbanken gefasst werden; die Verwendung der Daten muss auf bestimmte Straftaten oder Bedrohungen beschränkt sein und darf nur im Einzelfall erfolgen;
   d) bei der Übermittlung von Fluggastdatensätzen von EU-Bürgern an Drittstaaten müssen die Bedingungen für eine solche Übermittlung in einem verbindlichen internationalen Abkommen festgelegt sein, das Rechtssicherheit und Gleichbehandlung für EU-Bürger und EU-Unternehmen sicherstellt;
   e) bei der Weiterübermittlung von Daten durch das Empfängerland an Drittstaaten müssen die EU-Datenschutzstandards eingehalten werden, was konkret durch die Feststellung der Angemessenheit zu erfolgen hat; dies gilt auch für jede mögliche Weiterübermittlung von Daten durch das Empfängerland an Drittstaaten;
   f) Fluggastdatensätze dürfen nur per PUSH-Anweisung bereitgestellt werden;
   g) die jeweiligen Ergebnisse werden unverzüglich den entsprechenden zuständigen Stellen der EU und der Mitgliedstaaten mitgeteilt;

10.   betont, wie wichtig Rechtssicherheit für EU-Bürger und Fluggesellschaften ist und dass für letztere einheitliche Standards gelten müssen;

11.   fordert die Kommission und den Ratsvorsitz auf, dafür zu sorgen, dass es in allen Phasen des Verfahrens gemäß Artikel 218 Absatz 10 des AEUV uneingeschränkten Zugang zu den Verhandlungsdokumenten und -leitlinien erhält und dass die nationalen Parlament auf Antrag Zugang dazu erhalten;

12.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und Beitrittsländer, der Regierung sowie den beiden Kammern des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika, der Regierung und den beiden Kammern des Parlaments Australiens sowie der Regierung und den beiden Kammern des Parlaments Kanadas zu übermitteln.

(1) ABl. C 61 E vom 10.3.2004, S. 381.
(2) ABl. C 81 E vom 31.3.2004, S. 105.
(3) ABl. C 103 E vom 29. 4. 2004, S. 665.
(4) ABl. C 305 E vom 14. 12. 2006, S. 250.
(5) ABl. C 287 E vom 29. 11. 2007, S. 349.
(6) Angenommene Texte, P6_TA(2007)0347.
(7) Angenommene Texte, P6_TA(2008)0512.
(8) ABl. C 157 E vom 6.7.2006, S. 464.
(9) ABl. C 16 E vom 22.1.2010, S. 44.
(10) ABl. L 261 vom 6.8.2004, S. 24.
(11) Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Record – PNR) und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an das United States Department of Homeland Security (DHS) (PNR-Abkommen von 2007) (KOM(2009)0702).
(12) Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Australien über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records – PNR) aus der Europäischen Union und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an die australische Zollbehörde (KOM(2009)0701).
(13) Angenommene Texte, P7_TA(2009)0090.
(14) Angenommene Texte, P7_TA(2009)0016.
(15) ABl. L 164 vom 22.6.2002, S. 3.
(16) ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

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