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Verfahren : 2010/0044(COD)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A7-0311/2010

Eingereichte Texte :

A7-0311/2010

Aussprachen :

PV 16/12/2010 - 2
CRE 16/12/2010 - 2

Abstimmungen :

PV 16/12/2010 - 6.1
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0486

Angenommene Texte
PDF 364kWORD 100k
Donnerstag, 16. Dezember 2010 - Straßburg
Europäisches Kulturerbe-Siegel ***I
P7_TA(2010)0486A7-0311/2010
Entschließung
 Konsolidierter Text
 Anlage

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel (KOM(2010)0076 – C7-0071/2010 – 2010/0044(COD))

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM(2010)0076),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 2 und Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf deren Grundlage ihm der Vorschlag der Kommission unterbreitet wurde (C7-0071/2010),

–  gestützt auf Artikel 294 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

–  in Kenntnis der vom französischen Senat im Rahmen des Protokolls (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit vorgelegten begründeten Stellungnahme, die erklärt, dass der Entwurf des Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist,

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 9. Juni 2010(1),

–  gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung (A7-0311/2010),

1.  legt den folgenden Standpunkt in erster Lesung fest;

2.  fordert die Kommission auf, es erneut zu befassen, falls sie beabsichtigt, diesen Vorschlag entscheidend zu ändern oder durch einen anderen Text zu ersetzen;

3.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1) ABl. C 267 vom 1.10.2010, S. 52.


Standpunkt des Europäischen Parlaments festgelegt in erster Lesung am 16. Dezember 2010 im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses Nr. .../2011/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel
P7_TC1-COD(2010)0044

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 167,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(1),

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)  Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union strebt die Schaffung eines immer engeren Zusammenschlusses der europäischen Völker an, und Artikel 167 des Vertrags sieht vor, dass die Union einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes leistet. Überdies bestimmt Artikel 167 Absatz 2 AEUV, dass die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip einen Beitrag zur Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker leisten soll.

(2)  Wenn die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere junge Menschen ihr gemeinsames und zugleich vielfältiges Kulturerbe besser kennen und schätzen lernen, unterstützt dies die Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls zur Europäischen Union und regt den interkulturellen Dialog an. Deshalb ist es wichtig, einen breiteren Zugang zum Kulturerbe zu fördern und dessen europäische Dimension besser herauszustellen.

(3)  Der AEUV schreibt auch die Unionsbürgerschaft fest, die die nationale Staatsbürgerschaft der jeweiligen Mitgliedstaaten ergänzt und die ein wichtiges Element für die Sicherung und Stärkung des europäischen Einigungsprozesses ist. Damit die Bürgerinnen und Bürger die europäische Einigung uneingeschränkt unterstützen, sollten ihre gemeinsamen Werte sowie ihre gemeinsame Geschichte und Kultur als zentrale Elemente ihrer Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft hervorgehoben werden, die auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Wahrung der Menschenrechte, der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, der Toleranz und der Solidarität aufbaut.

(4)  Im April 2006 haben mehrere Mitgliedstaaten sowie die Schweiz die zwischenstaatliche Initiative „Europäisches Kulturerbe-Siegel“ ins Leben gerufen.

(5)  Der Rat der Europäischen Union nahm am 20. November 2008 Schlussfolgerungen(3) an, in denen er die Absicht bekundete, diese zwischenstaatliche Initiative in eine Maßnahme der Europäischen Union umzuwandeln, und die Europäische Kommission dazu aufforderte, einen geeigneten Vorschlag für die Schaffung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels durch die Europäische Union zu unterbreiten und die praktischen Modalitäten für die Durchführung dieses Projekts festzulegen.

(6)  Die Kommission hat hierzu eine öffentliche Konsultation sowie eine Folgenabschätzung durchgeführt, in denen sich bestätigte, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel eine wertvolle Initiative ist, dass sie jedoch weiterentwickelt werden muss, um ihr gesamtes Potenzial zu entfalten, und dass die Einbindung der Europäischen Union einen eindeutigen Mehrwert für das Europäische Kulturerbe-Siegel generieren und der Initiative einen qualitativen Schritt nach vorn ermöglichen würde.

(7)  Das Europäische Kulturerbe-Siegel sollte aus den bisher mit der zwischenstaatlichen Initiative gemachten Erfahrungen Nutzen ziehen.

(8)  Das Europäische Kulturerbe-Siegel sollte andere Initiativen, z. B. die UNESCO-Liste des Welterbes, die repräsentative UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit und die „Kulturwege Europas“ des Europarates ergänzen, sich jedoch nicht mit ihnen überschneiden . Der Mehrwert des neuen Europäischen Kulturerbe-Siegels sollte sich ergeben aus dem Beitrag der ausgewählten Stätten zur Geschichte und Kultur Europas, einschließlich der Gründung der Union, aus einer klar definierten Bildungskomponente dieser Stätten, die die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere junge Menschen ansprechen soll, sowie aus der Vernetzung der Stätten untereinander, um Erfahrungen und bewährte Praktiken auszutauschen. Im Mittelpunkt der Initiative sollte nicht die Erhaltung der Stätten stehen (dies dürften bereits bestehende Schutzregelungen gewährleisten), sondern die Bekanntmachung der Stätten und die Verbesserung des Zugangs zu ihnen, wodurch ein Beitrag zu einem gemeinsamen historischen und kulturellen Erbe innerhalb der Union geleistet wird, sowie die Qualität der Informationsvermittlung und der angebotenen Aktivitäten.

(9)  Die Maßnahme der Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel dürfte nicht nur das Zugehörigkeitsgefühl der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger zur Union stärken und den interkulturellen Dialog anregen, sondern auch zu Folgendem beitragen: Aufwertung des Kulturerbes, Stärkung der Rolle des Kulturerbes bei der Förderung der wirtschaftlichen und nachhhaltigen Entwicklung in den Regionen (insbesondere durch den Kulturtourismus), Ausschöpfung von Synergien zwischen Kulturerbe und zeitgenössischer künstlerischer und kreativer Arbeit, Erleichterung des Austausches von Erfahrungen und bewährten Praktiken in ganz Europa und – allgemein – stärkere Bekanntmachung der demokratischen Werte und der Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden.

(10)  Diese Ziele stehen vollständig im Einklang mit der europäischen Kulturagenda, die unter anderem auf die Unterstützung der kulturellen Vielfalt und des interkulturellen Dialogs sowie auf die Förderung der Kultur als Katalysator für Kreativität ausgerichtet ist(4).

(11)  Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel auf Grundlage gemeinsamer, eindeutiger und transparenter Kriterien und Verfahren verliehen wird.

(12)  Die Mitgliedstaaten sollten Stätten vorauswählen können, die bereits im Rahmen der zwischenstaatlichen Initiative zum Europäischen Kulturerbe-Siegel mit selbigem ausgezeichnet wurden. Diese Stätten sollten auf der Grundlage der neuen Kriterien und Verfahren bewertet werden.

(13)  Bei künftigen Evaluierungen des Europäischen Kulturerbe-Siegels könnte die Möglichkeit untersucht werden, ob eine Ausweitung der Initiative auf die Drittländer, die am Programm „Kultur“ teilnehmen, sinnvoll ist.

(14)  Die Verwaltungsmodalitäten für das Europäische Kulturerbe-Siegel sollten im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip einfach und flexibel sein.

(15)  Da die Ziele dieses Beschlusses von den Mitgliedstaaten allein nicht in ausreichendem Maße erreicht werden können, sondern sich insbesondere wegen der Notwendigkeit neuer gemeinsamer, klarer und transparenter Kriterien und Verfahren für das Europäische Kulturerbe-Siegel sowie wegen der Notwendigkeit einer verstärkten Koordination zwischen den Mitgliedstaaten besser auf Unionsebene verwirklichen lassen, kann die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 EU-Vertrag tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht der vorliegende Beschluss nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus –

HABEN FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Mit diesem Beschluss wird eine Maßnahme der Europäischen Union mit dem Titel „das Europäische Kulturerbe-Siegel“ geschaffen.

Artikel 2

Definition

Für die Zwecke dieses Beschlusses werden Denkmäler, Naturlandschaften, Unterwasserstätten, archäologische Stätten, Industriegelände, Stadtgebiete, Kulturlandschaften, Gedenkstätten, Kulturgüter sowie mit einem Ort verbundenes immaterielles Kulturerbe, einschließlich zeitgenössischen Kulturerbes, als „Stätten“ bezeichnet.

Artikel 3

Ziele

(1)  Die allgemeinen Ziele der Maßnahme bestehen darin, zu Folgendem beizutragen:

   Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger zur Europäischen Union, insbesondere von jungen Menschen, anhand gemeinsamer Werte und Elemente der europäischen Geschichte und des Kulturerbes ▌;
   Stärkung des interkulturellen und interterritorialen Dialogs sowie Würdigung der Vielfalt.

(2)  Zu diesem Zweck zielt die Maßnahme auf folgende Zwischenziele ab:

–  den symbolischen Wert von Stätten hervorzuheben und besser bekanntzumachen, die in der Geschichte und Kultur Europas und/oder beim Aufbau der Union eine bedeutende Rolle gespielt haben;

   die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger eingehender mit der Geschichte Europas und dem Aufbau der Union sowie mit ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen materiellen und immateriellen Kulturerbe vertraut zu machen, insbesondere hinsichtlich der demokratischen Werte und der Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden.

(3)  Die Stätten selbst zielen auf Folgendes als konkrete Ziele ab:

   Hervorhebung der europäischen Bedeutung der Stätten;
   Sensibilisierung junger Menschen im Besonderen und der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger im Allgemeinen für das gemeinsame Kulturerbe und Schärfung ihres Bewusstseins einer europäischen Identität;
   Erleichterung des Austausches von Erfahrungen und bewährten Praktiken in ganz Europa;
   Ausweitung und/oder Verbesserung des Zugangs zu kulturellen Stätten für alle ▌und insbesondere für junge Menschen;
   Vertiefung des interkulturellen Dialogs, insbesondere unter jungen Menschen, durch Angebote zur künstlerischen, kulturellen, geschichtlichen Bildung sowie interaktive Online-Bildung;
   Ausschöpfung von Synergien zwischen dem Kulturerbe und zeitgenössischer künstlerischer Arbeit und Unterstützung kreativer Arbeit;
   unter umfassender Achtung dieses Kulturerbes Förderung der Wechselwirkung zwischen diesem Erbe und den wirtschaftlichen Aktivitäten, die zu seiner Unterstützung entstehen und die zu seiner Nachhaltigkeit und der seines Umfelds beitragen;
   Beitrag zur Förderung, Attraktivität, zum kulturellen Einfluss, zur touristischen Erschließung und zur nachhaltigen Entwicklung der Regionen;
   Förderung der Schaffung europäischer Netze, die das gemeinsame europäische Erbe aufwerten.

Artikel 4

Teilnahme an der Maßnahme

An der Maßnahme können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union teilnehmen. DieTeilnahme ist freiwillig.

Artikel 5

Komplementarität mit anderen Initiativen

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel andere Initiativen im Bereich Kulturerbe (z. B. UNESCO-Liste des Welterbes, repräsentative UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit und „Kulturwege Europas“ des Europarates) ergänzt, sich jedoch nicht mit diesen überschneidet.

Artikel 6

Zugang zur Maßnahme

Das Europäische Kulturerbe-Siegel kann Stätten gemäß der Definition in Artikel 2 zuerkannt werden.

Artikel 7

Kriterien

Die Vergabe des Europäischen Kulturerbe-Siegels erfolgt auf Grundlage der folgenden Kriterien:

1.  Die für das Europäische Kulturerbe-Siegel vorgeschlagenen Stätten müssen einen symbolischen europäischen Wert aufweisen und eine bedeutende Rolle in der Geschichte und Kultur Europas und/oder beim Aufbau der Europäischen Union gespielt haben. Sie müssen daher Folgendes nachweisen:

   ihre grenzübergreifende oder europaweite Bedeutung: der Einfluss und die Anziehungskraft, die früher von der Stätte ausgingen und derzeit von ihr ausgehen, müssen über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausreichen; und/oder
   die Stellung und Rolle der Stätte in der europäischen Geschichte und im europäischen Einigungsprozess sowie ihre Verbindung zu maßgeblichen europäischen Ereignissen oder Persönlichkeiten sowie zu kulturellen, künstlerischen, religiösen, politischen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, technologischen, ökologischen oder industriellen Bewegungen; und/oder
   die Stellung und Rolle der Stätte in Rahmen der Entwicklung und Verbreitung der gemeinsamen Werte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden, z. B. Freiheit, Demokratie, Wahrung der Menschenrechte, kulturelle Vielfalt, Toleranz und Solidarität.

2.  Die Bewerber um das Europäische Kulturerbe-Siegel legen einen Projektvorschlag vor, mit dessen Umsetzung spätestens am Ende des Jahres der Zuerkennung begonnen werden muss und der sämtliche folgenden Bestandteile enthält:

   Sensibilisierung für die europäische Bedeutung der Stätte, insbesondere mittels geeigneter Informationsaktivitäten, Beschilderung und Schulungen für das Personal;
   Organisation pädagogischer Maßnahmen, insbesondere für junge Menschen, um die Bürgerinnen und Bürger besser mit der gemeinsamen Geschichte Europas und ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen Kulturerbe vertraut zu machen und zugleich ihr Zugehörigkeitsgefühl zu einem gemeinsamen Kulturraum zu fördern;
   Förderung der Mehrsprachigkeit und der regionalen Vielfalt durch die Verwendung mehrerer Sprachen der Union als Schlüssel für den interkulturellen Dialog;
   Zusammenarbeit mit bereits mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichneten Stätten ▌;
   Steigerung der Außenwirkung und der Attraktivität der Stätte auf europäischer Ebene,u.a. mittels neuer Informations- und Kommunikationstechnologien;
   Gewährleistung des Zugangs zu der Stätte für die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger der Union, unter umfassender Achtung ihres Schutzes.

Sofern der spezifische Charakter der Stätte dies erlaubt, wird die Ausrichtung künstlerischer und kultureller Aktivitäten (Veranstaltungen, Festivals, Residenzstipendien usw.) begrüßt, die die Mobilität europäischer Kulturbeauftragter, Künstler und Sammlungen unterstützen, den interkulturellen Dialog stimulieren und Verknüpfungen zwischen dem Kulturerbe und zeitgenössischer künstlerischer und kreativer Arbeit fördern.

3.  Die Bewerber um das Siegel legen einen Managementplan vor, der sie zu Folgendem verpflichtet:

   Gewährleistung des soliden Managements der Stätte;
   Gewährleistung des Schutzes der Stätte und ihrer Erhaltung für künftige Generationen im Einklang mit den einschlägigen Schutzregelungen;
   Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Besucherinfrastruktur (geschichtliche Darstellung, Informationen, Ausschilderung usw.);
   Gewährleistung der Zugänglichkeit der Stätte für ein möglichst breites Publikum, auch für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung, z. B. durch bauliche Anpassungen und Schulung des Personals und durch die Nutzung des Internets;
   besondere Berücksichtigung junger Menschen, insbesondere, indem ihnen beim Zugang zur Stätte Vorrang eingeräumt wird;
   Bekanntmachung der Stätte als touristisches Ziel bei gleichzeitiger Begrenzung möglicher negativer Auswirkungen auf die Stätten oder ihre Umgebung;
   Entwicklung einer kohärenten, umfassenden Kommunikationsstrategie, die die europäische Bedeutung der Stätte hervorhebt;
   Gewährleistung der größtmöglichen Umweltfreundlichkeit des Managementplans ▌.

Artikel 8

Europäische Jury aus unabhängigen Experten

(1)  Es wird eine europäische Jury aus unabhängigen Experten (nachstehend „europäische Jury“ genannt) eingerichtet, die die Auswahl- und Kontrollverfahren auf europäischer Ebene durchführt. Die europäische Jury sorgt dafür, dass die Kriterien in den teilnehmenden Mitgliedstaaten einheitlich angewendet kommen.

(2)  Die europäische Jury besteht aus 13 Mitgliedern. Gemäß ihren jeweiligen Verfahren benennen das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission ▌jeweils vier Mitglieder und der Ausschuss der Regionen ein Mitglied. Die europäische Jury bestimmt ihren Vorsitz.

(3)  Bei den Mitgliedern der europäischen Jury handelt es sich um unabhängige Experten. Sie müssen über umfassende Erfahrungen und Fachkenntnisse ▌ in den für die Ziele des Europäischen Kulturerbe-Siegels relevanten Bereichen verfügen. Die Organe bzw. die Einrichtung, die die Experten benennen, streben danach, soweit wie möglich die Komplementarität ihrer jeweiligen Fachgebiete und eine geografisch ausgewogene Vertretung sicherzustellen.

(4)  Die Mitglieder der europäischen Jury werden für drei Jahre benannt. Abweichend hiervon gilt für das erste Jahr, in dem dieser Beschluss in Kraft ist, dass die Kommission vier Mitglieder für ein Jahr, das Europäische Parlament vier Mitglieder für zwei Jahre, der Ausschuss der Regionen ein Mitglied für zwei Jahre und der Rat vier Mitglieder für drei Jahre benennt.

(5)  Die Mitglieder der europäischen Jury erklären jeden Interessenkonflikt oder möglichen Interessenkonflikt in Bezug auf eine bestimmte Stätte. Wird eine solche Erklärung abgegeben oder stellt sich ein solcher Interessenkonflikt heraus, nimmt das betreffende Mitglied nicht an der Bewertung dieser Stätte und jeder anderen Stätte aus demselben Mitgliedstaat teil.

(6)  Sämtliche Berichte, Empfehlungen und Mitteilungen der europäischen Jury werden veröffentlicht.

Artikel 9

Bewerbungsformular

▌Die Kommission erstellt ein von allen Bewerbern zu verwendendes gemeinsames Bewerbungsformular, das auf den in Artikel 7 aufgeführten Auswahlkriterien basiert. Es werden nur Bewerbungen berücksichtigt, die unter Verwendung dieses offiziellen Bewerbungsformulars eingereicht werden.

Artikel 10

Vorauswahl auf nationaler Ebene

(1)  Für die Vorauswahl der Stätten, die für das Europäische Kulturerbe-Siegel in Betracht kommen, sind die Mitgliedstaaten in enger Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Behörden zuständig.

(2)  Jeder Mitgliedstaat darf nach Maßgabe des im Anhang festgelegten Zeitplans alle zwei Jahre im Rahmen der Vorauswahl zwei Stätten vorschlagen. ▌

(3)  Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip legt jeder Mitgliedstaat sein Verfahren und seinen Zeitplan für die Vorauswahl selbst fest, wobei die Verwaltungsmodalitäten so einfach und flexibel wie möglich zu halten sind. Die Mitgliedstaaten benachrichtigen die Kommission jedoch spätestens am 1. März des Jahres, in dem das Vorauswahlverfahren stattfindet, über die Ergebnisse der Vorauswahl.

(4)  Die Vorauswahl erfolgt gemäß den in Artikel 7 festgelegten Kriterien; es ist das in Artikel 9 genannte Bewerbungsformular zu verwenden.

(5)  Die Kommission veröffentlicht die vollständige Liste der in der Vorauswahl benannten Stätten und unterrichtet das Europäische Parlament, den Rat und den Ausschuss der Regionen davon.

Artikel 11

Endgültige Auswahl auf Unionsebene

(1)  Für die endgültige Auswahl der Stätten für das Europäische Kulturerbe-Siegel ist die Kommission zuständig; die Auswahl wird von der europäischen Jury vorgenommen.

(2)  Die europäische Jury bewertet die Bewerbungen der vorgeschlagenen Stätten und wählt höchstens eine Stätte pro Mitgliedstaat aus. Erforderlichenfalls können zusätzliche Informationen angefordert und Besuche bei den Stätten anberaumt werden.

(3)  Die endgültige Auswahl erfolgt gemäß den in Artikel 7 festgelegten Kriterien; es ist das in Artikel 9 genannte Bewerbungsformular zu verwenden.

(4)  Die europäische Jury legt bis zum 15. Dezember des Jahres, in dem das Vorauswahlverfahren stattfindet, einen Bericht über die in der Vorauswahl benannten Stätten vor. Aus diesem Bericht geht hervor, welche Stätten für die Zuerkennung des Europäischen Kulturerbe-Siegels empfohlen werden, und es wird begründet, warum Stätten nicht in diese endgültige Liste aufgenommen wurden.

(5)  Bewerber, die nicht in die endgültige Liste aufgenommen wurden, können in den Folgejahren erneut eine Bewerbung im Rahmen der Vorauswahl auf nationaler Ebene einreichen.

Artikel 12

Länderübergreifende Stätten

(1)  Für die Zwecke dieses Beschlusses werden folgende Stätten als „länderübergreifende Stätten“ betrachtet:

   mehrere Stätten, die sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden und gemeinsam auf Grundlage eines bestimmten Themas eine einzige Bewerbung einreichen;
   eine Stätte, die sich geografisch auf dem Hoheitsgebiet mindestens zweier verschiedener Mitgliedstaaten befindet.

(2)  Für Bewerbungen länderübergreifender Stätten gilt das gleiche Verfahren wie für Bewerbungen anderer Stätten. Die Bewerbungen durchlaufen die Vorauswahl in allen betroffenen Mitgliedstaaten, wobei auch diese Bewerbungen unter die in Artikel 10 vorgesehene Höchstzahl von zwei Stätten pro Mitgliedstaat fallen.. Die länderübergreifenden Stätten benennen eine der beteiligten Stätten als ihren Koordinator, der die einzige Kontaktstelle für die Kommission bildet. Der Koordinator übermittelt rechtzeitig Informationen über die länderübergreifende Bewerbung an alle Mitgliedstaaten, um die Teilnahme aller relevanter Stätten in der gesamten Union zu gewährleisten. Alle an einer länderübergreifenden Stätte teilnehmenden Stätten müssen die Kriterien gemäß Artikel 7 erfüllen und den in Artikel 9 genannten Bewerbungsbogen ausfüllen.

Besondere Berücksichtigung kommt länderübergreifenden Stätten zuteil, die durch ihre Darstellung der materiellen und immateriellen Symbolkraft das Wesen des grenzübergreifenden europäischen Kulturerbes fördern.

(3)  Erfüllt eine länderübergreifende Stätte sämtliche in Artikel 7 festgelegte Kriterien, wird ihr bei der endgültigen Auswahl Priorität eingeräumt.

(4)  Wenn eine zu einer länderübergreifenden Stätte gehörende Stätte nicht mehr die in Artikel 7 niedergelegten Kriterien oder die in der Bewerbung eingegangenen Verpflichtungen erfüllt, findet das Verfahren nach Artikel 15 Anwendung.

Artikel 13

Zuerkennung

(1)  Unter gebührender Berücksichtigung der Empfehlungen der europäischen Jury benennt die Kommission im Jahr nach der Durchführung des Auswahlverfahrens offiziell die Stätten, denen das Europäische Kulturerbe-Siegel zuerkannt wird. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament, den Rat und den Ausschuss der Regionen über die getroffenen Entscheidungen.

(2)  Nach Maßgabe der Bedingungen der Artikel 14 und 15 und vorbehaltlich der Weiterführung der Maßnahme wird das Europäische Kulturerbe-Siegel den Stätten ▌auf unbegrenzte Zeit zuerkannt.

(3)  Die Zuerkennung des Europäischen Kulturerbe-Siegels beinhaltet keinerlei Verpflichtung in Bezug auf Stadtplanung, Recht, Landschaftsgestaltung, Mobilität oder Architektur. Das einzig geltende Recht ist das örtliche Recht.

Artikel 14

Kontrolle

(1)  Jede mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnete Stätte wird regelmäßig kontrolliert, um zu gewährleisten, dass die Stätte die in Artikel 7 genannten Kriterien dauerhaft erfüllt und sämtlichen Verpflichtungen nachkommt, die sie mit ihrer Bewerbung eingegangen ist.

(2)  Jeder Mitgliedstaat ist für die Kontrolle sämtlicher Stätten zuständig, die sich in seinem Hoheitsgebiet befinden. Die Mitgliedstaaten tragen alle benötigten Informationen zusammen und erstellen gemäß dem im Anhang festgelegten Zeitplan alle vier Jahre einen ausführlichen Bericht.

(3)  Der Bericht ist spätestens am 1. März des Jahres, in dem das Kontrollverfahren stattfindet, der Kommission zu übermitteln und der europäischen Jury zur Prüfung vorzulegen.

(4)  Die europäische Jury legt spätestens am 15. Dezember des Jahres, in dem das Kontrollverfahren stattfindet, einen Bericht über die Situation in den mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten im betreffenden Mitgliedstaat vor; dieser Bericht enthält erforderlichenfalls Empfehlungen, die bis zum nächsten Kontrollverfahren zu berücksichtigen sind.

(5)  Um ein kohärentes Vorgehen im Kontrollverfahren zu gewährleisten, legt die Kommission nach Konsultation der europäischen Jury gemeinsame Indikatoren für die Mitgliedstaaten fest.

Artikel 15

Aberkennung des Siegels

(1)  Stellt die europäische Jury fest, dass eine Stätte die in Artikel 7 genannten Kriterien nicht mehr erfüllt oder nicht mehr sämtlichen Verpflichtungen nachkommt, die sie mit ihrer Bewerbung eingegangen ist, leitet die Jury über die Kommission einen Dialog mit dem betreffenden Mitgliedstaat ein, um die Stätte bei der Durchführung der erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu unterstützen.

(2)  Wurden nach einem Zeitraum von 18 Monaten nach Beginn des Dialogs nicht die erforderlichen Abhilfemaßnahmen bei der Stätte durchgeführt, teilt die europäische Jury dies der Kommission mit. Dieser Mitteilung sind eine Begründung sowie Empfehlungen zur Verbesserung der Situation beigefügt.

(3)  Wurden die Empfehlungen nach einem Zeitraum von weiteren 18 Monaten nicht umgesetzt, spricht die europäische Jury die Empfehlung aus, der betreffenden Stätte das Europäische Kulturerbe-Siegel abzuerkennen.

(4)  Die endgültige Entscheidung über die Aberkennung des Europäischen Kulturerbe-Siegels trifft die Kommission unter gebührender Berücksichtigung der Empfehlung der europäischen Jury. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament, den Rat sowie den Ausschuss der Regionen hierüber.

(5)  Die Mitteilungen und Empfehlungen der europäischen Jury werden veröffentlicht.

(6)  Die Stätten können jederzeit entscheiden, auf das Europäische Kulturerbe-Siegel zu verzichten. In diesem Fall benachrichtigen sie den betreffenden Mitgliedstaat, der seinerseits die Kommission unterrichtet. Die Kommission trifft die Entscheidung, das Europäische Kulturerbe-Siegel abzuerkennen, und unterrichtet das Europäische Parlament, den Rat und den Ausschuss der Regionen darüber.

Artikel 16

Praktische Modalitäten

(1)  Die Kommission setzt die Maßnahme der Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel um. Sie hat insbesondere folgende Aufgaben:

   Gewährleistung der Gesamtkohärenz und der Qualität der Maßnahme;
   Koordination zwischen den Mitgliedstaaten und der europäischen Jury;
   im Licht der in Artikel 3 genannten Ziele und gemäß den in Artikel 7 festgelegten Kriterien Aufstellung von Leitlinien, um das Auswahl- und das Kontrollverfahren zu unterstützen sowie Erstellung des Bewerbungsformulars;
   Unterstützung der europäischen Jury.

(2)  Die Kommission ist auf europäischer Ebene für die Kommunikation und die Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel zuständig; hierzu erstellt und unterhält sie insbesondere eine eigene Website und ein neues Logo zur Steigerung der Außenwirkung und der Attraktivität der Stätte auf europäischer Ebene, z. B. durch die Nutzung der Möglichkeiten, die neue Technologien sowie digitale und interaktive Mittel bieten, und durch Bemühungen um Synergien mit anderen europäischen Initiativen. Alle Mitteilungen und Empfehlungen der europäischen Jury gemäß Artikel 8 Absatz 6, Artikel 10 Absatz 5 und Artikel 15 Absatz 5 werden auf dieser Website veröffentlicht.

(3)  Die Kommission fördert die Vernetzung zwischen den mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten.

(4)  Die in den Absätzen 2 und 3 genannten Maßnahmen und die durch die europäische Jury anfallenden Kosten werden aus den in Artikel 18 vorgesehenen Mitteln finanziert.

Artikel 17

Evaluierung

(1)  Die Kommission sorgt für die externe und unabhängige Evaluierung der Maßnahme „Europäisches Kulturerbe-Siegel“. Bei einer solchen Evaluierung, die gemäß dem im Anhang festgelegten Zeitplan alle sechs Jahre stattfindet, werden sämtliche relevanten Aspekte untersucht, einschließlich der Effizienz der bei der Umsetzung der Maßnahme angewandten Verfahren, der Anzahl der Stätten, der geografischen Reichweite und der Wirkung der Maßnahme, der Möglichkeiten zu ihrer Verbesserung und der Frage, ob sie weitergeführt werden sollte.

(2)  Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss dieser Evaluierungeneinen Evaluierungsbericht, gegebenenfalls zusammen mit geeigneten Vorschlägen, vor.

Artikel 18

Finanzbestimmungen

(1)  Die Finanzausstattung für die Durchführung der Maßnahme im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 wird auf 1 350 000 EUR festgesetzt.

(2)  Die jährlichen Mittel werden von der Haushaltsbehörde in den Grenzen des mehrjährigen Finanzrahmens bewilligt.

Artikel 19

Inkrafttreten

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu am

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident

(1) ABl. C 267 vom 1.10.2010, S. 52.
(2) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010.
(3) ABl. C 319 vom 13.12.2008, S. 11.
(4) KOM(2007)0242.


ANHANG

ZEITPLAN

Zeitplan für das Europäische Kulturerbe-Siegel

[Jahr n]

Annahme des Beschlusses

Vorarbeiten

[Jahr n+1]

Vorarbeiten

[Jahr n+2]

Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten

[Jahr n+3]

Endgültige Benennung der Stätten

[Jahr n+4]

Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten

[Jahr n+5]

Endgültige Benennung der Stätten und Kontrolle

[Jahr n+6]

Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten

[Jahr n+7]

Endgültige Benennung der Stätten

Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels

[Jahr n+8]

Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten

[Jahr n+9]

Endgültige Benennung der Stätten und Kontrolle

[Jahr n+10]

Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten

[Jahr n+11]

Endgültige Benennung der Stätten

[Jahr n+12]

Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten

[Jahr n+13]

Endgültige Benennung der Stätten

Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels

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