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Verfahren : 2018/2968(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B8-0568/2018

Aussprachen :

PV 13/12/2018 - 7.2
CRE 13/12/2018 - 7.2

Abstimmungen :

PV 13/12/2018 - 9.9

Angenommene Texte :

P8_TA(2018)0526

Angenommene Texte
PDF 144kWORD 59k
Donnerstag, 13. Dezember 2018 - Straßburg
Ägypten, insbesondere die Lage von Menschenrechtsverteidigern
P8_TA(2018)0526RC-B8-0568/2018

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2018 zu Ägypten, insbesondere der Lage von Menschenrechtsverteidigern (2018/2968(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Ägypten, insbesondere die Entschließungen vom 8. Februar 2018 zu den Hinrichtungen in Ägypten(1), vom 10. März 2016 zu Ägypten, insbesondere dem Fall Giulio Regeni(2), vom 17. Dezember 2015 zu Ibrahim Halawa: Droht ihm die Todesstrafe?(3) und vom 15. Januar 2015 zur Lage in Ägypten(4),

–  unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zur Todesstrafe, zu Folter, zur Freiheit der Meinungsäußerung und zu Menschenrechtsverteidigern,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom August 2013 und vom Februar 2014 zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Ägypten von 2001, das 2004 in Kraft trat und durch den Aktionsplan von 2007 gestützt wurde, sowie auf die am 25. Juli 2017 angenommenen Partnerschaftsprioritäten EU-Ägypten 2017–2020, die gemeinsame Erklärung, die im Anschluss an die Tagung des Assoziationsrates EU-Ägypten von 2017 herausgegeben wurde, und die gemeinsame Erklärung, die im Anschluss an die fünfte Sitzung des Unterausschusses für politische Fragen, Menschenrechte und Demokratie im Rahmen der Beziehungen zwischen der EU und Ägypten vom Januar 2018 herausgegeben wurde,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP), Federica Mogherini, und des Generalsekretärs des Europarats vom 10. Oktober 2017 zum Europäischen Tag und Welttag gegen die Todesstrafe sowie auf die Erklärung der Sprecherin des EAD vom 2. November 2018 zum Anschlag auf koptische Christen in Ägypten,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung einer Gruppe von VN-Sachverständigen, darunter Nils Melzer, Sonderberichterstatter über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, vom 26. Januar 2018, in der die ägyptischen Behörden nachdrücklich aufgefordert wurden, die bevorstehenden Hinrichtungen nicht zu vollziehen, auf die Erklärung der VN-Sonderberichterstatterin über das Recht auf angemessene Unterkunft, Leilani Farha, und des VN-Sonderberichterstatters über die Lage von Menschenrechtsverteidigern, Michel Forst, vom 4. Dezember 2018 sowie auf die Erklärung der Hohen Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, vom 9. September 2018, in der die massenhafte Verhängung der Todesstrafe gegen 75 Menschen verurteilt wurde,

–  unter Hinweis auf die Verfassung Ägyptens, insbesondere auf Artikel 52 (zum Verbot aller Arten und Formen von Folter), Artikel 73 (zur Versammlungsfreiheit) und Artikel 93 (zur Verbindlichkeit der internationalen Menschenrechtsnormen),

–  unter Hinweis auf die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention,

–  gestützt auf Artikel 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf die afrikanischen Grundsätze und Leitlinien für das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und Rechtsbeistand, denen zufolge Zivilpersonen unter keinen Umständen vor Militärgerichten der Prozess gemacht werden darf,

–  unter Hinweis auf den neuen Strategischen Rahmen der EU und den EU-Aktionsplan für Menschenrechte, mit dem der Schutz und die Kontrolle der Achtung der Menschenrechte in den Mittelpunkt aller EU-Strategien gerückt werden sollen,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und die Arabische Charta der Menschenrechte, die alle von Ägypten ratifiziert wurden,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), zu dessen Vertragsparteien Ägypten zählt, und insbesondere auf die Artikel 14 und 18 und das zweite Fakultativprotokoll zur Todesstrafe,

–  unter Hinweis auf den Beschluss der italienischen Abgeordnetenkammer (Camera dei Deputati), die Beziehungen zum ägyptischen Parlament aufgrund der fehlenden Fortschritte bei der Untersuchung des Todes des italienischen Studenten Giulio Regeni auszusetzen,

–  unter Hinweis auf die Auswirkungen der von Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten im Juni 2017 gegen Katar verhängten Sanktionen auf die Menschenrechte – sowohl auf inländischer als auch auf regionaler Ebene – sowie auf den Bericht über die Auswirkungen der Golfkrise auf die Menschenrechte, der im Dezember 2017 vom Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) veröffentlicht wurde,

–  gestützt auf Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die ägyptische Regierung ihr Vorgehen gegen Organisationen der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, friedliche Aktivisten, Anwälte, Blogger, Journalisten, Verfechter von Arbeitnehmerrechten und Gewerkschaftsvertreter intensiviert hat, indem etwa mehrere von ihnen festgenommen oder verschleppt wurden und immer häufiger auf Gesetze über die Terrorismusbekämpfung und den Notstand zurückgegriffen wird; in der Erwägung, dass seit Ende Oktober 2018 mindestens 40 Menschenrechtsaktivisten, Anwälte und politische Aktivisten festgenommen und einige von ihnen gewaltsam verschleppt wurden; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidigerinnen und Aktivisten, die sich in Ägypten für die Rechte von LGBTQI-Personen einsetzen, nach wie vor mit verschiedenen Arten von staatlicher Schikane konfrontiert sind, unter anderem durch diffamierende Kampagnen und strafrechtliche Verfolgung;

B.  in der Erwägung, dass der Menschenrechtsanwalt Ezzat Ghoneim, Leiter der Organisation „Egyptian Coordination for Rights and Freedoms“ (ECRF) seit März 2018 in Untersuchungshaft ist, da ihm „Menschenrechtsterrorismus“ vorgeworfen wird; in der Erwägung, dass sein Aufenthaltsort nach wie vor unbekannt ist, nachdem ein Gericht am 4. September 2018 seine Freilassung angeordnet hat; in der Erwägung, dass der Menschenrechtsanwalt Ibrahim Metwally Hegazy, Mitbegründer der Liga der Angehörigen verschwundener Personen, gewaltsam verschleppt und gefoltert wurde, anschließend willkürlich in Sicherheitsverwahrung genommen wurde und sich nach wie vor in Einzelhaft befindet; in der Erwägung, dass das El-Nadim-Zentrum 2017 gezwungen war, sich aufzulösen;

C.  in der Erwägung, dass die Menschenrechtsverfechterin Amal Fathy im September 2018 nach der Veröffentlichung eines Videos in den sozialen Medien, in dem die Regierung dafür kritisiert wurde, nichts gegen sexuelle Gewalt zu unternehmen, zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe wegen „Verbreitung von Falschmeldungen“ in der Absicht, dem ägyptischen Staat zu schaden, und „Unzucht in der Öffentlichkeit“ verurteilt wurde; in der Erwägung, dass sich Amal Fathy in Untersuchungshaft befindet, da in einem weiteren Verfahren wegen angeblicher Beeinträchtigung der nationalen Sicherheit gegen sie ermittelt wird;

D.  in der Erwägung, dass die katarische Staatsangehörige Ola al-Qaradawi und ihr ägyptischer Ehemann Hossam Chalaf seit dem 30. Juni 2017 unter entsetzlichen Bedingungen in Ägypten inhaftiert sind, ohne dass Anklage gegen sie erhoben wurde; in der Erwägung, dass die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierungen im Juni 2018 zu dem Schluss kam, dass sie grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sind, die möglicherweise mit Folter gleichzusetzen ist, und dass sie die Inhaftierung für willkürlich erklärte und die ägyptische Regierung aufforderte, die Gefangenen freizulassen;

E.  in der Erwägung, dass der Leichnam von Giulio Regeni, der am 25. Januar in Kairo verschwunden war, am 2. Februar 2016 gefunden wurde, und dass er nachweislich Spuren schrecklicher Folterungen aufwies, die belegten, dass er eines gewaltsamen Todes gestorben war; in der Erwägung, dass die Staatsorgane Ägyptens die wahren Umstände seines Todes noch immer unter Verschluss halten und nicht alle Täter vor Gericht gestellt haben; in der Erwägung, dass Ägypten erneut den Antrag der italienischen Staatsanwaltschaft ablehnte, die am Verschwinden und am Tod von Regeni Beteiligten zu benennen;

F.  in der Erwägung‚ dass Reporter ohne Grenzen die Fälle von mindestens 38 Medienschaffenden dokumentiert hat, die derzeit wegen ihrer Tätigkeit in Ägypten inhaftiert sind und politisch verfolgt werden, wobei mehrfach gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen wurde; in der Erwägung, dass auch ausländische Medienmitarbeiter ins Visier genommen werden und dass mehrere internationale Medienkorrespondenten aus Ägypten abgeschoben wurden oder ihnen die Einreise verweigert wurde; in der Erwägung, dass der Fotojournalist Mahmud „Schaukan“ Abu Zeid in einem Massenprozess für die rechtmäßige Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde und derzeit eine weitere Strafe von sechs Monaten dafür verbüßt, eine erhebliche Geldbuße nicht bezahlt zu haben; in der Erwägung, dass Ismail al-Iskandani, ein bekannter Journalist, der einer der wenigen seiner Zunft ist, die über Menschenrechtsverletzungen auf der Halbinsel Sinai berichteten, im November 2015 festgenommen wurde und im Mai 2018 von einem Militärgericht zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt wurde;

G.  in der Erwägung, dass im Juli 2018 ein neues Mediengesetz verabschiedet wurde, dem zufolge unter dem Begriff „Presse“ nun auch alle Konten in sozialen Medien mit mehr als 5 000 Followern gefasst werden, die für die Veröffentlichung von Falschmeldungen oder sämtliche Aktivitäten, die als Aufruf zum Verstoß gegen Gesetze gelten, strafrechtlich belangt werden können; in der Erwägung, dass die Achtung der bürgerlichen Freiheiten – darunter Meinungs- und Medienfreiheit – eine der wichtigsten Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft ist und dass Journalisten in der Lage sein sollten, ihren Beruf ungehindert auszuüben, ohne Strafverfolgung oder Inhaftierung befürchten zu müssen;

H.  in der Erwägung, dass Unternehmen mit Sitz in mehreren EU-Mitgliedstaaten nach wie vor Überwachungstechnik nach Ägypten ausführen, die Hacking und die Verbreitung von Schadsoftware sowie andere Arten des Angriffs auf Menschenrechtsverfechter und Aktivisten der Zivilgesellschaft in sozialen Medien ermöglicht; in der Erwägung, dass hierdurch die Meinungsfreiheit im Internet unterdrückt wurde;

I.  in der Erwägung, dass Ägypten im vergangenen Jahr juristische Geschütze gegen nichtstaatliche Organisationen aufgefahren und ein Gesetz erlassen hat, gemäß dem nichtstaatliche Organisationen ihre Finanzierung – ob mit Mitteln aus dem Inland oder aus dem Ausland – von staatlichen Sicherheitsbehörden genehmigen lassen müssen, was praktisch einem Verbot nichtstaatlicher Organisationen gleichkommt; in der Erwägung, dass Präsident al-Sisi am 15. November 2018 forderte, das Gesetz über nichtstaatliche Organisationen zu überprüfen, um es „ausgewogener“ zu machen, und das Parlament mit der Überprüfung des Gesetzes beauftragte; in der Erwägung, dass das Verfahren 173/2011 in Sachen Fördermittel aus dem Ausland gegen 16 Personen am 20. Dezember 2018 wiederaufgenommen werden soll und dass den Angeklagten vorgeworfen wird, Niederlassungen internationaler Organisationen ohne staatliche Genehmigung errichtet und betrieben zu haben;

J.  in der Erwägung, dass in Ägypten immer noch der Ausnahmezustand herrscht, der seit April 2017 in Kraft ist und am 21. Oktober 2018 um weitere drei Monate verlängert wurde; in der Erwägung, dass der Ausnahmezustand den staatlichen Medien zufolge verhängt wurde, damit gegen „Terrorgefahr und -finanzierung“ vorgegangen werden kann; in der Erwägung, dass dem Präsidenten und den in seinem Namen handelnden Personen die Befugnis übertragen wird, Zivilpersonen in diesen drei Monaten an die Sondergerichte des Staatssicherheitsdienstes zu überstellen; in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Michelle Bachelet, Versuche kritisierte, Straffreiheit für Verbrechen zu gewähren, die mutmaßlich von Angehörigen der Sicherheitskräfte begangen wurden, was das Vertrauen der ägyptischen Bevölkerung in die Fähigkeit der Regierung, allen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, erschüttert;

K.  in der Erwägung, dass im Antiterrorgesetz Ägyptens aus dem Jahr 2015 der Begriff „Terrorismus“ weit gefasst wird und auch Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, die Gefährdung der Sicherheit oder der Interessen der Gesellschaft, die Behinderung der Anwendung von Verfassungsbestimmungen und Rechtsvorschriften oder die Beeinträchtigung der nationalen Einheit, des sozialen Friedens oder der nationalen Sicherheit als terroristische Straftaten gelten, sodass Personen, die ihren Protest friedlich kundtun, für Demokratie eintretende Aktivisten und Menschenrechtsverfechter Gefahr laufen, als Terroristen abgestempelt und zum Tode verurteilt zu werden;

L.  in der Erwägung, dass die ägyptischen Gerichte mindestens 2 443 vorläufige Todesurteile – davon mindestens zwölf gegen Kinder – empfohlen und mindestens 1 451 Todesurteile bestätigt haben, seit Präsident al-Sisi an der Macht ist; in der Erwägung, dass mindestens 926 der bestätigten Todesurteile in Massenprozessen gegen jeweils mindestens 15 Personen verhängt wurden; in der Erwägung, dass Ägypten im gleichen Zeitraum mindestens 144 Hinrichtungen durchführte; in der Erwägung, dass – insbesondere in Massenprozessen – die Todesstrafe häufig gegen Personen verhängt worden ist, die ihre Grundrechte ausüben, z. B. die Versammlungsfreiheit;

M.  in der Erwägung, dass ein Gericht in Ägypten im August die Urteile gegen mehr als 739 Personen wegen der Proteste nach dem Putsch von 2013 auf dem Rabaa-Platz bestätigte; in der Erwägung, dass das Gericht dabei 75 Todesurteile und lebenslange Freiheitsstrafen für weitere 47 Personen bestätigte; in der Erwägung, dass im Laufe des Gerichtsverfahrens zahlreiche Unregelmäßigkeiten gemeldet wurden und dass es von dem Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen als schwerer Justizirrtum bezeichnet wurde;

N.  in der Erwägung, dass Ägypten Ende November die Einsetzung einer „Ständigen Hohen Kommission für Menschenrechte“ bekannt gab, angeblich um auf Vorwürfe wegen seiner Menschenrechtsbilanz zu reagieren und eine einheitliche Vision Ägyptens zu formulieren; in der Erwägung, dass die wichtigsten Mitglieder dieser Kommission Vertreter des Außen- und Innenministeriums, des Militärs und der Nachrichtendienste sind;

O.  in der Erwägung, dass die koptische Kultur zwar in der Verfassung als „Säule“ des Landes anerkannt wurde, seit 2011 jedoch die Gewalt und Diskriminierung gegenüber Ägyptern koptischer Abstammung zunehmen, die die Mehrheit der neun Millionen Christen in Ägypten ausmachen; in der Erwägung, dass die koptischen Christen, die ca. 10 % der sonst mehrheitlich muslimischen ägyptischen Bevölkerung stellen, besonders stark unter religiös motivierter Gewalt zu leiden haben; in der Erwägung, dass am 2. November 2018 beim einem Anschlag militanter Islamisten auf einen Bus koptisch-christlicher Pilger in Minja sieben Menschen getötet und 19 verletzt wurden und dies ein deutlicher Hinweis auf die Sicherheitsprobleme in Ägypten ist;

P.  in der Erwägung, dass der Assoziationsrat EU-Ägypten am 20. Dezember 2018 tagen soll; in der Erwägung, dass vor der Tagung des Assoziationsrates eine Reise des Unterausschusses Menschenrechte des Europäischen Parlaments nach Ägypten geplant ist, von ägyptischer Seite jedoch keine offizielle Einladung an die Delegation ergangen ist;

Q.  in der Erwägung, dass Ägypten seit der Revolution von 2011 verschiedene schwierige Entwicklungen durchgemacht hat und die internationale Gemeinschaft das Land dabei unterstützt, seine wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen in Angriff zu nehmen; in der Erwägung, dass in Ägypten erhebliche Sicherheitsprobleme bestehen, insbesondere auf dem Sinai, wo Terrorgruppen Anschläge auf die Sicherheitskräfte verübt haben; in der Erwägung, dass sich in Ägypten mehrere verheerende Terroranschläge ereignet haben;

R.  in der Erwägung, dass die im Juli 2017 beschlossenen neuen Partnerschaftsprioritäten EU-Ägypten 2017–2020 auf dem gemeinsamen Bekenntnis zu den universellen Werten der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte beruhen und einen neuen Rahmen für politisches Engagement und eine verstärkte Zusammenarbeit, beispielsweise in den Bereichen Sicherheit, Justizreformen und Terrorismusbekämpfung, auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten bilden; in der Erwägung, dass der gemäß dem Assoziierungsabkommen zwischen Ägypten und der Europäischen Union eingerichtete Unterausschuss für politische Fragen, Menschenrechte und Demokratie am 10. und 11. Januar 2018 in Kairo zu seiner fünften Tagung zusammenkam, um die Zusammenarbeit in den Bereichen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu erörtern; in der Erwägung, dass der Assoziationsausschuss Ägypten-EU am 8. November 2018 zum sechsten Mal zusammenkam;

S.  in der Erwägung, dass die EU Ägyptens wichtigster Wirtschaftspartner ist und die meisten ausländischen Investitionen in Ägypten aus der EU stammen; in der Erwägung, dass sich die bilaterale Unterstützung der EU für Ägypten im Rahmen des Europäischen Nachbarschaftsinstruments für den Zeitraum 2017–2020 auf etwa 500 Mio. EUR beläuft; in der Erwägung, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) die Hohe Vertreterin am 21. August 2013 mit der Aufgabe betraute, die Unterstützung der EU für Ägypten zu überprüfen; in der Erwägung, dass der Rat beschlossen hat, die Zusammenarbeit der EU mit Ägypten entsprechend den Entwicklungen vor Ort neu auszurichten;

T.  in der Erwägung, dass während der Präsidentschaftswahl 2018 keine friedliche politische Oppositionsarbeit mehr möglich war und das Recht der ägyptischen Wähler auf politische Teilhabe massiv eingeschränkt wurde;

U.  in der Erwägung, dass es in den Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 21. August 2013 heißt, die Mitgliedstaaten seien „ferner übereingekommen, die Genehmigungen für die Ausfuhr von Ausrüstungen, die zur internen Repression genutzt werden könnten, nach Ägypten auszusetzen und von Ausrüstungen, die unter den Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP fallen, zu überprüfen und ihre Unterstützung für Ägypten in Sicherheitsfragen auf den Prüfstand zu stellen“; in der Erwägung, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) diese Schlussfolgerungen im Februar 2014 bekräftigt hat; in der Erwägung, dass die VP/HR in einer schriftlichen Antwort vom 27. Oktober 2015 bestätigt hat, dass diese Schlussfolgerungen eine politische Verpflichtung, Ägypten keine militärische Unterstützung zu leisten, darstellten;

1.  verurteilt aufs Schärfste die fortwährenden Einschränkungen der demokratischen Grundrechte, insbesondere des Rechts auf freie Meinungsäußerung, sowohl online als auch offline, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, des politischen Pluralismus und der Rechtsstaatlichkeit in Ägypten; fordert ein Ende aller gegen Menschenrechtsverteidiger, Anwälte, Demonstranten, Journalisten, Blogger, Gewerkschafter, Studierende, Frauenrechtsaktivisten, LGBTI-Personen, Organisationen der Zivilgesellschaft, politische Gegner und Minderheiten einschließlich der Nubier gerichteten Fälle von Gewalt, Aufstachelung, Hetze, Schikanen, Einschüchterungen, Verschwindenlassen und Zensur durch staatliche Stellen, Sicherheitskräfte und -dienste und andere Gruppen in Ägypten; verurteilt die übermäßige Gewaltanwendung gegenüber Demonstranten; fordert, dass alle Menschenrechtsverletzungen unabhängig und transparent untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;

2.  fordert die ägyptische Regierung auf, die Menschenrechtsverteidiger Ahmad Amascha, Hanan Badr el-Din, Amal Fathy, Ezzat Ghoneim, Hoda Abdelmoneim, Ibrahim Metwally Hegazy und Azzuz Mahgub, die Medienvertreter Mahmud „Schaukan“ Abu Zeid, Hischam Gaafar, Mohammed „Oxygen“ Ibrahim, Ismail Iskandarani, Adel Sabri, Ahmed Tarek Ibrahim Ziada, Alaa Abdelfattah, Schady Abu Zaid, Mostafa al-Assar, Hassan al-Banna und Moataz Wadnan sowie alle anderen Personen, die allein wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung unter Verstoß gegen die ägyptische Verfassung und die internationalen Verpflichtungen festgehalten werden, unverzüglich und bedingungslos freizulassen; fordert Ägypten auf, ihnen bis zu ihrer Freilassung den uneingeschränkten Kontakt zu ihren Familien und Rechtsanwälten ihrer Wahl und angemessene medizinische Versorgung zu gewähren und seriöse Untersuchungen sämtlicher Misshandlungs- und Foltervorwürfe zu veranlassen; fordert die EU auf, ihre Kontrolle der Ausfuhr von Gütern, die für Folter oder die Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten, nach Ägypten strikt durchzusetzen;

3.  weist die ägyptische Regierung darauf hin, dass der langfristige Wohlstand Ägyptens und das langfristige Wohlergehen der ägyptischen Bevölkerung mit dem Schutz der allgemeinen Menschenrechte sowie der Einrichtung und Etablierung demokratischer, transparenter Einrichtungen, die sich für den Schutz der Grundrechte der Bürger einsetzen, einhergeht; fordert die ägyptischen Staatsorgane deshalb auf, die Grundsätze der internationalen Übereinkommen, denen Ägypten beigetreten ist, uneingeschränkt umzusetzen;

4.  fordert die ägyptischen Staatsorgane auf, alle bestehenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen nichtstaatliche Organisationen, darunter den Fall der „Fördermittel aus dem Ausland“, einzustellen und das drakonische Gesetz über nichtstaatliche Organisationen aufzuheben; regt an, dieses Gesetz durch einen neuen Rechtsrahmen zu ersetzen, der in echter Abstimmung mit den Organisationen der Zivilgesellschaft entsprechend den nationalen und internationalen Verpflichtungen Ägyptens ausgearbeitet wird und dem Schutz der Vereinigungsfreiheit dient;

5.  nimmt zutiefst besorgt die Massenprozesse vor ägyptischen Gerichten und die hohe Zahl von Todesurteilen und langen Haftstrafen zur Kenntnis; fordert die ägyptischen Gerichte auf, keine Todesurteile mehr zu verhängen – vor allem nicht gegen Menschen, die zum Zeitpunkt der ihnen zur Last gelegten Straftat unter 18 Jahre alt waren –, und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Ägypten beigetreten ist, zu achten und zu befolgen, insbesondere Artikel 14 über das Recht auf ein faires und zügiges Verfahren auf der Grundlage einer eindeutigen Anklage und unter Achtung der Rechte der Angeklagten;

6.  fordert Ägypten erneut auf, das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe und das Internationale Übereinkommen der Vereinten Nationen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen zu unterzeichnen und zu ratifizieren; legt der ägyptischen Regierung nahe, eine unbefristete Einladung an die zuständigen Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen auszusprechen, damit sie dem Land einen Besuch abstatten können;

7.  fordert das ägyptische Parlament auf, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, die Antiterrorgesetze und das Militärgesetz zu überarbeiten; fordert die ägyptischen Staatsorgane auf, fortan davon abzusehen, Zivilpersonen vor Militärgerichte zu stellen;

8.  ist zutiefst besorgt über die Repressalien gegen Personen, die mit internationalen Menschenrechtsorganisationen oder Menschenrechtsgremien der Vereinten Nationen zusammenarbeiten oder zusammenarbeiten wollen, wie etwa in jüngster Zeit mit der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für angemessenen Wohnraum; weist die ägyptischen Staatsorgane erneut darauf hin, dass Ägypten als Mitglied der Vereinten Nationen verpflichtet ist, solche Akte zu unterlassen;

9.  verurteilt die anhaltende Verfolgung von Minderheiten in Ägypten; bekräftigt sein Engagement für Gewissens- und Religionsfreiheit in Ägypten und fordert, dass die internationale Zusammenarbeit gefördert wird, einschließlich einer unabhängigen Untersuchung durch die Vereinten Nationen zur Lage koptischer Christen in Ägypten; fordert Ägypten auf, seine Blasphemiegesetze zu überarbeiten und dabei zu gewährleisten, dass sie sich nicht gegen religiöse Minderheiten richten;

10.  fordert die ägyptische Regierung nachdrücklich auf, allen diskriminierenden Maßnahmen ein Ende zu setzen, die nach dem Juni 2017 gegen Staatsangehörige von Katar verhängt wurden, wobei insbesondere der Fall von Ola al-Qaradawi und ihrem Ehemann Hossam Chalaf zu erwähnen ist;

11.  unterstützt den Wunsch der Mehrheit der ägyptischen Bevölkerung nach einem freien, stabilen, wohlhabenden, inklusionsgeprägten und demokratischen Land, in dem die nationalen und internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Menschenrechte und Grundfreiheiten geachtet werden; weist darauf hin, dass es wichtig ist, die friedliche Äußerung von Meinungen und Kritik zu achten;

12.  spricht den Familien der Opfer von Terroranschlägen sein aufrichtiges Beileid aus; bekundet seine Solidarität mit der ägyptischen Bevölkerung und bekräftigt, dass es entschlossen ist, die Verbreitung radikaler Ideologien einzudämmen und terroristischen Vereinigungen entgegenzutreten;

13.  fordert die ägyptische Regierung nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass alle Militäroperationen im Sinai im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen durchgeführt werden, alle Menschenrechtsverstöße eingehend zu untersuchen, den nördlichen Sinai umgehend für unabhängige Beobachter und Journalisten zu öffnen, die Grundbedürfnisse der Einwohner zu decken und unabhängigen Hilfsorganisationen zu gestatten, den Menschen in Not Hilfe zu leisten;

14.  fordert die VP/HR auf, sich vorrangig mit der Lage von Menschenrechtsverteidigern in Ägypten zu befassen und die alarmierende Menschenrechtslage in dem Land zu verurteilen, einschließlich des Rückgriffs auf die Todesstrafe; fordert den EAD nachdrücklich auf, sich mit den aktuellen Entwicklungen in Ägypten zu befassen und alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Einflussnahme einzusetzen, um Druck auf Ägypten auszuüben, seine Menschenrechtslage zu verbessern und anstehende Hinrichtungen auszusetzen, die sofortige Freilassung der Inhaftierten zu fordern und den ägyptischen Staatsorganen nahezulegen, ihre Verpflichtungen nach internationalen Normen und Rechtsvorschriften einzuhalten;

15.  hebt hervor, dass die EU ihrer Zusammenarbeit mit Ägypten als wichtigem Nachbarn und Partner hohe Bedeutung beimisst; fordert deshalb Ägypten nachdrücklich auf, die Zusage, die es in den Partnerschaftsprioritäten EU-Ägypten vom 27. Juli 2017 gegeben hat, zu erfüllen und Demokratie, Grundfreiheiten und Menschenrechte im Einklang mit seiner Verfassung und den internationalen Normen zu fördern; betont, dass die Partnerschaftsprioritäten mit Ägypten im Jahr 2017 trotz anhaltender Rückschritte in den Bereichen Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit abgeschlossen wurden; fordert die VP/HR und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die weitere Zusammenarbeit mit Ägypten von der Achtung der Menschenrechte abhängig zu machen und Menschenrechtsbelange in allen Gesprächen mit den ägyptischen Staatsorganen durchgehend zu berücksichtigen, insbesondere in Bezug auf die drei festgelegten Prioritäten; bekräftigt, dass die Menschenrechte nicht durch Maßnahmen der Migrationssteuerung oder der Terrorismusbekämpfung ausgehöhlt werden sollten;

16.  weist die ägyptischen Staatsorgane nochmals darauf hin, dass der Umfang des Engagements der EU für Ägypten entsprechend dem Konzept „Mehr für mehr“ der Europäischen Nachbarschaftspolitik auf Anreize gestützt und von Fortschritten bei der Reform der demokratischen Institutionen, der Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten abhängen sollte;

17.  fordert die VP/HR und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, einen starken und einheitlichen Standpunkt zur Haltung der EU zu den Menschenrechten auf der Tagung des Assoziationsrates EU-Ägypten beizubehalten, die für den 20. Dezember 2018 anberaumt ist, was auch für alle Menschenrechtsforen und bilateralen und multilateralen Treffen gilt, und deutlich die Konsequenzen – unter anderem gezielte Sanktionen gegen Einzelpersonen, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind – darzulegen, mit denen die ägyptische Regierung zu rechnen hätte, wenn sie auch künftig Menschenrechtsverstöße geschehen ließe; fordert zudem, dass die EU auf der Tagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen eine entschlossene Erklärung abgibt, auch im Hinblick auf die Empfehlungen für die allgemeine regelmäßige Überprüfung durch die Vereinten Nationen im Jahr 2019;

18.  bekräftigt seine Entrüstung darüber, dass der italienische Wissenschaftler Giulio Regeni gefoltert und getötet wurde; betont, dass es den zuständigen Stellen der EU weiterhin nahelegen wird, sich mit den zuständigen Stellen Ägyptens verstärkt ins Benehmen zu setzen, bis in diesem Fall die Wahrheit ans Licht gebracht wurde und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden; weist die ägyptischen Staatsorgane erneut darauf hin, dass sie dafür zuständig sind, die Sicherheit des Teams aus italienischen und ägyptischen Juristen, das den Fall von Giulio Regeni untersucht, zu gewährleisten;

19.  bekräftigt seine Forderung an die Mitgliedstaaten, die Ausfuhr von Überwachungstechnologie und Sicherheitsausrüstung nach Ägypten zu stoppen, die für Übergriffe auf Menschenrechtsverteidiger und Aktivisten der Zivilgesellschaft, auch in den sozialen Medien, eingesetzt werden könnte;

20.  bedauert zutiefst, dass sich die ägyptischen Staatsorgane unwillig gezeigt haben, eine Reise einer Delegation des Unterausschusses Menschenrechte des Europäischen Parlaments nach Kairo zu organisieren; erwartet, dass die EU die anhaltende Weigerung der ägyptischen Staatsorgane, diesen Besuch zu gestatten, zur Sprache bringt;

21.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament Ägyptens zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P8_TA(2018)0035.
(2) ABl. C 50 vom 9.2.2018, S. 42.
(3) ABl. C 399 vom 24.11.2017, S. 130.
(4) ABl. C 300 vom 18.8.2016, S. 34.

Letzte Aktualisierung: 7. Oktober 2019Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen