Festnahmen und Verfolgung von Oppositionellen, Journalisten, Gewerkschaftern und Flüchtlingen in Kambodscha
11.1.2006
SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-0100/06
von Marco Pannella (ALDE) , Emma Bonino (ALDE) , Graham Watson (ALDE) , Jules Maaten (ALDE) und Cecilia Malmström (ALDE)
an die Kommission
In Anbetracht dessen, dass
- —es im Januar 2006 zu einer neuerlichen Repressionswelle durch das Regime von Ministerpräsident Hun Sen gekommen ist, der den Gründer des Kambodschanischen Zentrums für Menschrechte, Kem Sokha, sowie die beiden Menschenrechtsaktivisten Yeng Virak und Pa Nguon unter dem Vorwurf der Verleumdung verhaften ließ;
- —im Dezember 2005 der kambodschanische Parlamentsabgeordnete und Führer der einzigen Oppositionspartei Sam Rainsy in einem Verfahren, das allen rechtsstaatlichen Prinzipien hohnsprach, der Verleumdung beschuldigt und in Abwesenheit zu einer Haftstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde;
- —Mam Sonando, Eigentümer und Direktor von „Radio Behive 105“, der einzigen unabhängigen Rundfunkstation Kambodschas, und Rong Chhun, der Führer der Lehrergewerkschaft, im Oktober 2005 ebenfalls wegen Verleumdung verhaftet wurden und nun auf ihren Prozess warten;
- —seit dem 9. August der liberale Abgeordnete Cheam Channy im Gefängnis sitzt, der im Rahmen der von Ministerpräsident Hun Sen betriebenen Kampagne zur Kriminalisierung der Opposition zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde;
- —am 4. August mindestens 74 Asylbewerber aus Vietnam, die der ethnischen Minderheit der Khmer Krom angehören, vom örtlichen UNHCR-Büro der Obhut der kambodschanischen Behörden unterstellt wurden und ihnen nun die Abschiebung nach Vietnam und dort neuerliche Verfolgung drohen;
- —der UNO-Sonderbotschafter Yash Ghai in der „International Herald Tribune“ vom 9. Januar 2005 wörtlich erklärt hat, dass „alle Anzeichen für den Beginn eines totalitären Regimes sprechen“;
- —westliche Botschaften in Kambodscha, Human Rights Watch, die UNPO, Amnesty International und die Transnationale Radikale Partei diese Praktiken und andere Verstöße wie das Zusammenschlagen und die Abschiebung von Angehörigen der Montagnard-Bevölkerung nach Vietnam bisher vergeblich anprangern, während ringsum die Korruption um sich greift und Hun Sen offenkundig weiterhin gegen unterzeichnete internationale Abkommen über Demokratie und Menschenrechte verstößt, obwohl er sehr auf die Hilfe der demokratischen europäischen Länder angewiesen ist¸
ergeben sich die folgenden Fragen an die Kommission:
- —Stuft sie die vorgenannten Ereignisse nicht als offenen Verstoß gegen die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbrieften demokratischen Prinzipien und grundlegenden Menschrechte im Sinne von Artikel 1 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Kambodscha ein?
- —Hat sie es nicht versäumt, den Gemischten Ausschuss nach Artikel 14 des Kooperationsabkommens von den vorgenannten Fakten in Kenntnis zu setzen, damit geeignete Maßnahmen zum Schutz des Rechts auf Verteidigung und der Grundfreiheiten der Opposition, der Presse und der anderen Akteure der Zivilgesellschaft in Kambodscha ergriffen werden?
ABl. C 328 vom 30/12/2006