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Verfahren : 2011/2082(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A7-0318/2011

Eingereichte Texte :

A7-0318/2011

Aussprachen :

PV 13/10/2011 - 3
CRE 13/10/2011 - 3

Abstimmungen :

PV 13/10/2011 - 6.3
CRE 13/10/2011 - 6.3
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0436

Angenommene Texte
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Donnerstag, 13. Oktober 2011 - Brüssel
Die Zukunft der Mehrwertsteuer
P7_TA(2011)0436A7-0318/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Oktober 2011 zu der Zukunft der Mehrwertsteuer (2011/2082(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf das Grünbuch der Europäischen Kommission über die Zukunft der Mehrwertsteuer (KOM(2010)0695),

–  unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Dienststellen der Europäischen Kommission (SEK(2010)1455),

  unter Hinweis auf den „Small Business Act“ für Europa (KOM (2008)0394),

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Eine digitale Agenda für Europa“ (KOM(2010)0245),

–  unter Hinweis auf die Machbarkeitsstudie von PricewaterhouseCoopers in Bezug auf alternative Methoden zur Verbesserung und Vereinfachung der Mehrwertsteuererhebung mittels moderner Technologien und/oder die Einschaltung von Finanzintermediären,

–  in Kenntnis der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(1),

–  unter Hinweis auf die OECD-Richtlinien zur Mehrwertsteuerneutralität,

–  unter Hinweis auf die Veröffentlichung der EG „Taxation Trends in the European Union“ („Trends der Besteuerung in der Europäischen Union“, Ausgabe 2010),

–  unter Hinweis auf die OECD Consumption Tax Trends 2010 (Trends der Konsumbesteuerung),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Parlaments über eine koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs von 2008,

–  in Kenntnis des Sonderberichts Nr. 8/2007 des Europäischen Rechnungshofs über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, zusammen mit den Antworten der Kommission(2),

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahmen des Haushaltskontrollausschusses, des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A7-0318/2011),

A.  in der Erwägung, dass das seit 17 Jahren bestehende Mehrwertsteuersystem in der EU als vorläufig beschrieben wird, mit der Erwartung, es zu gegebener Zeit durch ein neues System abzulösen, in der Erwägung, dass die neue Initiative in Form des Grünbuchs der Kommission lediglich den Beginn eines Verfahrens markiert, das voraussichtlich langwierig, schwierig und komplex sein wird und dessen Erfolg davon abhängen wird, ob die Mitgliedstaaten tatsächlich entschlossen sind, ein „einfacheres, robusteres und effizienteres“ System zu entwickeln, das transparenter ist und auf einer engen Zusammenarbeit und dem Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten bei gleichzeitiger Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips beruht,

B.  in der Erwägung, dass es das Ziel eines einheitlichen Mehrwertsteuersystems ist, das effiziente Funktionieren des Binnenmarkts weiter zu verbessern, was ein wesentliches Instrument der EU ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben,

C.  in der Erwägung, dass 99 % der Unternehmen in der Europäischen Union zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zählen,

D.  in der Erwägung, dass die Europäische Union mit dem „Small Business Act“ danach strebt, das Wachstum der KMU zu fördern und hierfür die Chancen und Vorteile des Binnenmarktes verstärkt zu nutzen,

E.  in der Erwägung, dass es in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Schwellen für die Befreiung der KMU von der Mehrwertsteuer gibt und dass diese Schwellen nur für inländische Tätigkeiten gelten,

F.  in der Erwägung, dass die OECD einen globalen Trend wahrnimmt, der auf eine Hinwendung von direkter zu indirekter Besteuerung hindeutet, bei der den Mehrwertsteuersystemen eine immer größere Rolle zukommt, in der Erwägung, dass das Parlament diesen Trend ebenfalls wahrnimmt, gleichzeitig aber betont, wie wichtig die direkte Besteuerung für die Progression des Steuersystems ist; in der Erwägung, dass die OECD auch eine große Bandbreite in den OECD-Staaten festgestellt hat, was die Effizienz der Mehrwertsteuer anbelangt, was darauf hindeutet, dass noch ein großer Spielraum für eine Effizienzsteigerung der Mehrwertsteuer besteht, in der Erwägung, dass alle Maßnahmen, die auf eine Effizienzsteigerung der Mehrwertsteuer abzielen, jedoch von Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung und von der Erwägung begleitet werden sollten, die Mehrwertsteuerbefreiung für Finanztransaktionen abzuschaffen, wobei zunächst eine Analyse der damit verbundenen Konsequenzen unter Berücksichtigung des Vorschlags für die Richtlinie des Rates (2007/0267 (CNS)) vorgenommen wird,

Allgemeine Erwägungen

1.  begrüßt das Grünbuch der Kommission zur Überholung und Reformierung des bestehenden Mehrwertsteuersystems, und teilt dessen Auffassung, dass ein umfassendes Mehrwertsteuersystem zur Senkung der Betriebskosten für die Nutzer und der Verwaltungsgebühren für die Behörden führen sollte und dadurch gleichzeitig gegen Betrug vorgegangen werden kann, der die öffentlichen Finanzen und die Verbraucher belastet;

2.  hebt hervor, dass angesichts der massiven Verluste für die Mitgliedstaaten, die möglicherweise 100 Milliarden Euro pro Jahr betragen, eine der obersten Prioritäten darin bestehen muss, das Mehrwertsteuersystem betrugssicher zu machen; weist darauf hin, dass insbesondere die Betrugsart des MwSt.-Karussells zu beachten ist; erinnert an die detaillierten Vorschläge in seiner Entschließung vom 2. September 2008 zu einer koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetruges(3) , die nach wie vor Gültigkeit besitzen und unverzüglich umgesetzt werden sollten;

3.  stellt fest, dass Begriffe wie „sozialer Charakter“ oder „Gemeinnützigkeit“ zur Definition von Dienstleistungen, auf die eine Befreiung von der Mehrwertsteuer oder ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewandt werden kann, sehr vage sind, da sie von den nationalen Gerichten nach dem jeweiligen Recht der Mitgliedstaaten festgelegt werden und daher die Gefahr einer permanenten Wettbewerbsverzerrung in sich bergen;

4.  ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten mit einem Gefangenendilemma konfrontiert sind; da die Abschaffung der Steuerkontrollen an den Grenzen im Jahr 1993 nicht durch ein ausreichendes Maß an Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten abgelöst wurde; verweist darauf, dass ihnen infolgedessen ein beträchtliches Maß an potenziellen Mehrwertsteuereinnahmen und anderen Steuereinnahmen verlorengeht, da einige seriöse Unternehmen möglicherweise davon absehen, im Binnenmarkt tätig zu werden, und weil Betrüger das bestehende zersplitterte Mehrwertsteuersystem ausnützen;

5.  fordert daher die Mitgliedstaaten auf, damit fortzufahren, Beziehungen untereinander aufzubauen, die sich auf Vertrauen, Transparenz und die Zusammenarbeit zwischen nationalen Steuerbehörden gründen, und „Steuerpartnerschaften“ mit Unternehmen einzugehen, die als „unbezahlte Steuereintreiber“ der Steuerbehörden fungieren;

6.  fordert die Kommission auf, eine koordinierte Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuerbetrugs zu erarbeiten, da der Mehrwertsteuerbetrug den finanziellen Interessen der Gemeinschaft zuwiderläuft;

Ausgestaltung der Mehrwertsteuer, Befreiungen und ermäßigte Sätze

7.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sich in Richtung eines Mehrwertsteuersystems „auf breiter Grundlage“ hinzubewegen; betont ferner, dass die derzeitige Lage auf den Finanzmärkten große Herausforderungen mit sich bringt und dass eine Verlagerung von der direkten zur indirekten Besteuerung nicht ausreicht, um eine wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten; fordert deshalb außerdem die Erschließung gerechterer und alternativer Einnahmequellen;

8.  verweist nachdrücklich darauf, wie wichtig es ist, bei der Erörterung eines Übergangs von der direkten Besteuerung zur indirekten Besteuerung die Folgen für die regionale Autonomie in den Mitgliedstaten näher zu betrachten;

9.  erinnert daran, dass eines der Hauptmerkmale der Mehrwertsteuer das Neutralitätsprinzip ist und dass Unternehmen deswegen nach Möglichkeit nicht die Last der Mehrwertsteuer tragen sollten; weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen sollten, dass grundsätzlich alle geschäftlichen Transaktionen nach Möglichkeit besteuert werden und es Ausnahmen nur in engen Grenzen gibt sowie dass ähnliche Güter und Dienstleistungen die gleiche Mehrwertsteuerbehandlung erfahren; betont, dass beispielsweise alle Bücher, Zeitungen und Zeitschriften unabhängig von ihrem Format gleich behandelt werden sollten, d. h. Bücher, Zeitungen und Zeitschriften zum Herunterladen und per Streaming erlangte Bücher, Zeitungen und Zeitschriften sollten solchen auf physischen Trägern mehrwertsteuerlich gleichgestellt werden, und betont ferner, dass grenzüberschreitende Beförderungsdienste, unabhängig von der Beförderungsart, mehrwertsteuerlich gleich behandelt werden sollten; stellt fest, dass wenn Ausnahmeregelungen kein Hindernis für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts darstellen, die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit haben sollten, Ausnahmen auf der Grundlage eng ausgelegter sozialer und kultureller Kriterien zu gewähren;

10.  fordert harmonisierte standardisierte oder ermäßigte Mehrwertsteuersätze für jegliche grenzübergreifende Beförderung innerhalb der EU, unabhängig von der Beförderungsart, und einheitliche Vorschriften für die MwSt.-Absetzbarkeit;

11.  vertritt die Auffassung, dass die MwSt.-Sätze für kulturelle Güter gleich sein sollten, unabhängig davon, wie sie verkauft werden (online oder offline); vertritt die Ansicht, dass eine solche Angleichung zur Entwicklung des elektronischen Handels beitragen und den Verbrauchern denselben kulturellen Wert und Bildungswert bieten würde, und dadurch die Entwicklung des schnell wachsenden digitalen Sektors gefördert würde;

12.  stellt fest, dass es im Verkehrssektor zu Marktverzerrungen kommt, da einige Verkehrsmittel, wie Bus oder Eisenbahn, der Mehrwertsteuer unterliegen, während andere davon befreit sind, was zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führt, da alle Verkehrsmittel um dieselben grenzüberschreitenden Verkehrsleistungen konkurrieren;

13.  fordert die Ausarbeitung einer Strategie für eine grüne Mehrwertsteuer mit einem Schwerpunkt auf reduzierten Steuersätzen für energieeffiziente und umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen, wodurch ungleiche Wettbewerbsbedingungen ausgeglichen werden, die aufgrund externer Kosten entstehen, die nicht in den Preis einer Ware oder Dienstleistung einfließen;

14.  betont, dass eine Neutralität der Mehrwertsteuer bei Gegenständen und Dienstleistungen, die für besteuerte wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, nur dann erreicht werden kann, wenn die Mehrwertsteuer abgezogen werden kann; stellt fest, dass die bestehenden Regeln für den Vorsteuerabzug komplex sind und den Unternehmen Schwierigkeiten bereiten, die mit Fragen des Geschäftsgegenstands des Unternehmens (Geltungsbereich), der Art der Dienstleistung (Ausnahmeregelungen) und der Beschaffenheit der Dienstleistungen (Abzugsfähigkeit) zusammenhängen;

15.  weist in Bezug auf grenzübergreifende Transaktionen innerhalb der EU darauf hin, dass sich das gegenwärtige MwSt.-System von der ursprünglichen Zusage der Mitgliedstaaten, das Ursprungslandprinzip umzusetzen, entfernt hat, was auf mangelnden politischen Rückhalt von Seiten der Mitgliedstaaten bei ihrer Zusammenarbeit zum Zweck der Umsetzung dieses Prinzips zurückzuführen ist;

16.  stimmt daher mit der Kommission überein, dass man den Status quo anerkennen und sich auf ein Bestimmungslandprinzip zubewegen sollte; ist der Ansicht, dass ein Mehrwertsteuersystem auf der Grundlage des Ortes des Verbrauchs sowohl für Güter als auch für Dienstleistungen als ein erfolgversprechender Weg erscheint, der weiteren Analysen unterzogen und von der Einführung einer gut funktionierenden einzigen Anlaufstelle in den Mitgliedstaaten begleitet werden sollte; betont, dass die Einführung des Systems einer einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer bis zum 1. Januar 2015 weiterhin eine Hauptpriorität der EU bleiben sollte;

17.  fordert die Mitgliedstaaten angesichts des Trends einer Angleichung der Mehrwertsteuernormalsätze auf, die Bandbreite des Normalsatzes weiter zu senken, räumt ein, dass die Mitgliedstaaten in Anbetracht der Bedeutung der Mehrwertsteuer als haushaltspolitisches Instrument die Möglichkeit haben müssen, ihren eigenen Mehrwertsteuersatz festzulegen;

18.  fordert die Kommission auf, bis Ende Dezember 2012 einen Vorschlag zur Vereinfachung der grenzübergreifenden Besteuerung vorzulegen;

19.  betont, dass Einrichtungen ohne Gewinnstreben eine herausragende und positive Rolle für Demokratie, Wachstum und Wohlstand in Europa spielen; fordert die Kommission auf, einen Mechanismus vorzuschlagen, der Mitgliedstaaten, die die Zivilgesellschaft stärken wollen, die Möglichkeit gibt, alle oder einen Großteil der Aktivitäten und Transaktionen dieser Einrichtungen grundsätzlich von der Mehrwertsteuer zu befreien; weist darauf hin, dass ein solcher Mechanismus zumindest für die kleineren Einrichtungen ohne Gewinnstreben gelten sollte;

20.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sich bis Januar 2012 auf ein Verzeichnis allgemeiner Waren und Dienstleistungen zu verständigen, für die Steuerbefreiung oder ermäßigte Mehrwertsteuersätze gelten sollen;

21.  fordert die Mitgliedstaaten auf, eng mit dem Mehrwertsteuerausschuss zusammenzuarbeiten, um Einvernehmen über eine gemeinsame Auslegung der in diesem Zusammenhang relevanten Rechtsbegriffe zu erreichen, was umgekehrt bedeuten würde, dass alle anderen Waren und Dienstleistungen auf EU-Ebene davon auszuschließen sind;

22.  fordert die Kommission auf, dem Europäischen Parlament und dem Rat bis Ende 2013 auf der Grundlage der zwischen den Mitgliedstaaten und dem Mehrwertsteuerausschuss erzielten Ergebnisse einen Bericht vorzulegen, der ein verbindliches Verzeichnis allgemeiner Waren und Dienstleistungen enthält, die für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz oder eine in der Richtlinie vorgesehene MwSt.-Befreiung in Frage kommen;

Verringerung des Verwaltungsaufwands

23.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Verwaltungspraxis mit dem Schwerpunkt auf dem Austausch bewährter Verfahrensweisen aufeinander abzustimmen und einander anzugleichen und die von der Kommission im Jahr 2009 vorgeschlagenen Maßnahmen durchzuführen, die darin bestehen, den sich durch EU-Rechtsvorschriften im Bereich der Mehrwertsteuer ergebenden Verwaltungsaufwand zu verringern, indem insbesondere die Häufigkeit von MwSt.-Erklärungen reduziert, die für die MwSt.-Befreiung bei Ausfuhren erforderlichen Belege vereinfacht, die Aufstellungen EU-interner „Null“-Verkäufe abgeschafft, entsprechend den Empfehlungen der Digitalen Agenda für Europa zunehmend elektronische Verwaltungsdienste – insbesondere durch eine elektronische Übermittlung von MwSt.-Erklärungen und -listen – eingesetzt und Zins- und Strafzahlungen bei der Mehrwertsteuer wegen Formfehlern abgeschafft werden, wenn die betreffende Rechtsperson keinen Ausfall von MwSt.-Einnahmen im jeweiligen Mitgliedsland verursacht hat, sowie erwogen wird, ein einheitliches MwSt.-Erstattungsverfahren, eine MwSt.-Identifikationsnummer sowie ein System der elektronischen MwSt.-Speicherung für die gesamte EU einzuführen;

24.  begrüßt die Studie über den digitalen Binnenmarkt; fordert die Kommission auf, die Interoperabilität elektronischer Signaturen im Hinblick auf die Schaffung eines Rechtsrahmens für die Anerkennung sicherer Systeme für elektronische Nachweise zu verbessern und eine Überarbeitung und Ausweitung der Richtlinie über elektronische Signaturen in Erwägung zu ziehen, um den bürokratischen Aufwand für Unternehmen und insbesondere KMU zu verringern; betont, wie wichtig es ist, dass die elektronische Identifizierung und Authentifizierung EU-weit gegenseitig anerkannt werden;

25.  begrüßt die Einführung eines neuen elektronischen MwSt.-Erstattungssystems im Jahre 2010 innerhalb der Union; fordert die Kommission auf, ihm bis spätestens Juli 2012 über die Ergebnisse, Stärken und Schwächen des neuen Systems Bericht zu erstatten; betont, dass bei neuen Vorschriften stets für angemessenen Schutz vor Betrugsversuchen gesorgt werden muss;

26.  fordert die Kommission auf, innerhalb eines angemessenen Zeitraums einen Vorschlag für eine europäische Standardrechnung (in Papierform und elektronisch) zu unterbreiten, die auf einer sprachneutralen Vorlage basiert und Informationen wie vollständiger Name und Anschrift, Zeitpunkt der Aufnahme und des Abschlusses einer MwSt.-Nummer und MwSt.-Informationen zur Unternehmensgruppe enthalten könnte, um dadurch grenzüberschreitende Transaktionen zu erleichtern und die Kosten für Unternehmen zu reduzieren;

27.  fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, bei ihrer Zusammenarbeit mit Unternehmen einen kritischen Blick auf den Aktionsplan der Kommission zu werfen, damit die Verwirklichung des Hauptziels der Agenda für eine verbesserte Rechtsetzung – die Reduzierung des Verwaltungsaufwands bis zum Jahr 2012 um 25 % – sichergestellt wird; die im Aktionsplan der Kommission für die Mehrwertsteuer enthaltenen Maßnahmen mit den größten potenziellen Auswirkungen wurden vom Rat bereits angenommen bzw. sind derzeit in der Diskussion; die verbleibenden Maßnahmen könnten die Verwaltungslasten in der EU zwar partiell verringern, allerdings ohne durchgängige Nutzeffekte in der gesamten EU;

28.  betont die Bedeutung des verstärkten Einsatzes und der Förderung elektronischer Verwaltungsdienste, insbesondere durch eine elektronische Übermittlung von MwSt.-Erklärungen und -listen;

29.  fordert die Mitgliedstaaten auf, sich auf EU-Ebene kurz- bzw. mittelfristig auf eine Höchstzahl standardisierter MwSt.-Pflichten zu einigen, die Mitgliedstaaten für Unternehmen einführen können; fordert die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit Unternehmen die MwSt.-Pflichten und Verwaltungspraxis zu untersuchen, wichtige Störfaktoren für geschäftliche Tätigkeiten im bestehenden MwSt.-System zu ermitteln und Ideen und Ansätze auf der Grundlage bewährter Verfahren zu dessen Vereinfachung sowie zur Verbesserung der Übersichtlichkeit, zur Verringerung des Verwaltungsaufwands und zum Abbau von Handelshindernissen auszutauschen;

30.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Einführung einer EU-weit geltenden Schwelle für die Mehrwertsteuerbefreiung der KMU zu erwägen, sodass Belastungen und Kosten verringert werden und ein breiterer Zugang zum Binnenmarkt gefördert wird;

31.  fordert die Kommission auf, die Frage der weiteren Verringerung des Verwaltungsaufwands im Bereich der Mehrwertsteuer für Einrichtungen ohne Gewinnstreben sorgfältig zu prüfen; betont, dass das MwSt.-System eine größere Flexibilität für Mitgliedstaaten vorsehen sollte, die ehrgeizige Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands im Bereich der Mehrwertsteuer für diese Einrichtungen ergreifen wollen;

Effizienz der Mehrwertsteuererhebung

32.  teilt die Auffassung der Kommission, dass die Effizienz der Mehrwertsteuererhebung gesteigert werden muss, damit die MwSt.-Lücke verkleinert und die Möglichkeit des Betrugs begrenzt wird sowie seriöse Kaufleute vor Mehrwertsteuerbetrug geschützt werden; unterstreicht, dass die EU der Bekämpfung von Steuerbetrug den Vorrang einräumen muss, und regt eine engere Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten, Kommission, Europol, Eurojust und OLAF in diesem Bereich an; fordert ferner eine Klarstellung von Begriffen und Definitionen, wie etwa „Verbrauchsland“ und „Sitzland“;

33.  unterstreicht die Notwendigkeit, die grenzüberschreitende Strafverfolgung von innergemeinschaftlichem MwSt.-Betrug in den Mitgliedstaaten zu verbessern und die Rechenschaftspflicht und das Risikobewusstsein in diesem Bereich zu verstärken bzw. zu schärfen;

34.  unterstreicht im Hinblick auf die Einführung effektiver grenzüberschreitender Ermittlungen und die gerichtliche Verfolgung dieser Art von Betrug die Bedeutung einer umfassenden und einheitlichen Definition eines MwSt.-Betrugssystems bzw. eines MwSt.-Karussells, der am häufigsten vorkommenden Form des Mehrwertsteuerbetrugs, in den EU-Rechtsvorschriften sowie harmonisierter verwaltungsrechtlicher Sanktionen;

35.  stellt fest, dass keine genauen Schätzungen zum Ausmaß des MwSt.-Karussells verfügbar sind; fordert nachdrücklich die Entwicklung eines Instruments zur genauen Bewertung von MwSt.-Betrug, das auch einschlägige Vergleiche zwischen den EU-Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet ermöglichen würde;

36.  unterstreicht die Bedeutung einer intensiveren und zügigeren Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, einer besseren Überwachung des Informationsaustauschs und direkterer Kontakte zwischen den lokalen Steuerämtern mittels eines gemeinsamen Online-Informationsportals, um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten einander effiziente Amtshilfe leisten; fordert nachdrücklich eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden der Mitgliedstaaten, Eurojust, Europol und OLAF;

37.  fordert die Kommission auf, eine Vereinfachung und Konsolidierung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zur Betrugsbekämpfung vorzuschlagen und die Schwächen in der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Prozesses anzugehen;

38.  fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass das vor kurzem (im November 2010) eingerichtete EUROFISC-Netzwerk einen praktischen Zusatznutzen zu den grenzüberschreitenden Ermittlungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit MwSt.-Betrug erbringt, indem es dem Parlament jährlich über seine Funktionsweise Bericht erstattet und diese Berichte der Öffentlichkeit zugänglich macht;

39.  betont, dass durch den vermehrten Einsatz neuer Technologien und innovativer Lösungen die Möglichkeiten zum MwSt.-Betrug erheblich eingeschränkt werden können; fordert die Kommission nachdrücklich auf, das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (VIES) weiter zu stärken, indem die Fristen für die Sammlung und das Speichern von Daten verkürzt werden und indem der direkte Zugang zu Daten auf breiterer Grundlage gewährt wird;

40.  ist jedoch der Auffassung, dass die Diskussion über Methoden der MwSt.-Erhebung zweitrangig ist, und zunächst die den bestehenden Regeln und Verfahren innewohnenden Mängel und Probleme behoben werden müssen und dass zum jetzigen Zeitpunkt in erster Linie die unzureichende Harmonisierung sowie die Notwendigkeit der Vereinheitlichung der Verfahren und der Überwindung von Sprachbarrieren bei gleichzeitiger Reduzierung der Anfälligkeit des Systems für Betrug in Angriff genommen werden sollten;

41.  betont, dass ein europäisches Auslegungsgremium geschaffen werden muss, von dem die Mitgliedstaaten verbindliche Antworten bezüglich einer gemeinsamen Steuermethodik und einer einheitlichen Anwendung der MwSt.-Regeln erhalten können;

42.  erinnert daran, dass international tätige Akteure zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Geschäften oft gut gerüstet sind, während die Steuerbehörden häufig nicht über das gleiche Fachwissen verfügen, betont daher, dass die Zusammenarbeit so gestaltet werden muss, dass sie die Unterscheidung zwischen ehrlichen Steuerzahlern und Betrügern erleichtert und das System für beide Seiten verständlich macht;

43.  vertritt die Auffassung, dass das begrenzte Datenlager-Modell (mit einer Standarddatei für Steuerprüfungen(4)) in Kombination mit dem Modell eines zertifizierten Steuerpflichtigen von den derzeit im Rahmen der Studie von der Kommission geprüften Modellen der Mehrwertsteuererhebung die erfolgversprechendsten sind, da sie bereits in einigen Mitgliedstaaten mit Erfolg eingeführt wurden und sich die Effizienz der Mehrwertsteuererhebung durch sie nachweislich erhöht hat;

Gesetzgebungsprozess

44.  ist der Auffassung, dass die Wirtschaft klare MwSt.-Regeln benötigt, mit denen die Rechtssicherheit und die Wahrscheinlichkeit einer einheitlichen Auslegung durch die Mitgliedstaaten erhöht werden. ist ferner der Ansicht, dass geltende Richtlinien des Rates unklare Bestimmungen enthalten, die die Möglichkeit unterschiedlicher Auslegungen erhöhen, und dass das sich daraus ergebende komplexe MwSt.-System grenzübergreifende Wirtschaftstätigkeiten behindert und einen unnötigen Verwaltungsaufwand zur Folge hat; ist der Auffassung, dass MwSt.-Regelungen die EU-Politik in anderen Bereichen, wie der Nachhaltigkeit, nicht konterkarieren sollten;

45.  fordert daher die Mitgliedstaaten auf, den Grad der Harmonisierung zu erhöhen, indem sie

   soweit möglich auf Verordnungen anstelle von Richtlinien zurückgreifen, da diese unmittelbar eine Harmonisierung und Rechtssicherheit bewirken;
   als Alternative der Kommission erlauben, ein „Gemeinsames MwSt.-Regelwerk der EU“ in Form von Durchführungsvorschriften unter Zustimmung der Mehrheit der Mitgliedstaaten zu veröffentlichen(5), wodurch sich die Rolle des MwSt.-Ausschusses ändern würde;
   einen Prozess der Straffung und Koordinierung des nationalen Umsetzungsverfahrens auf EU-Ebene in Gang setzen, wodurch der Kommission eine größere Rolle zukäme;
   in der Regel Interessenvertreter und Unternehmen in den Entwurfs- und Umsetzungsprozess der Rechtsvorschriften zur Mehrwertsteuer auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene einbeziehen und insbesondere externe Fachleute in die Arbeit des MwSt.-Ausschusses auf EU-Ebene einbinden;

46.  ist der Auffassung, dass für die Unternehmen klare und eindeutige MwSt.-Regeln der EU erforderlich sind, die ihre grenzüberschreitenden Geschäfte unterstützen, den Verwaltungsaufwand verringern und damit die Kosten für die Wirtschaft senken; ruft die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Qualität und Übersichtlichkeit zu erhöhen, indem sie

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   zur Unterstützung von Legislativvorschlägen umfassende und qualitativ hochwertige Folgenabschätzungen unter Beteiligung der europäischen Unternehmen erstellen;
   während der Verhandlungen und der Umsetzungsphase auf einzelstaatlicher Ebene Kontakt mit Unternehmen halten;
   in Bereichen, in denen dies zur Verbesserung der Übersichtlichkeit der Regelungen beitragen kann, Verordnungen des Rates zur Untermauerung von Richtlinien des Rates nutzen;
   auch auf EU-Ebene genaue, aktuelle und zugängliche Information und Beratung zu nationalen Vorschriften zur Verfügung stellen, insbesondere auf Gebieten, auf denen die Mehrwertsteuerbehandlung nicht einheitlich ist;
   die Möglichkeiten erkunden, moderne Technik zur europaweiten Verbreitung von Informationen einzusetzen; Ideen und Ansätze auf der Grundlage bewährter Verfahren im EU-Forum oder MwSt.-Ausschuss austauschen;
   Unternehmen, eventuell als externe Fachleute, teilweise in die Unterstützung der Arbeit des MwSt.-Ausschusses auf EU-Ebene einbinden;
   - Unternehmen generell stärker in diese Prozesse einbinden und damit das Wissen nutzen, welches sich diese als unbezahlte Steuereintreiber, die täglich innergemeinschaftliche Geschäfte durchführen, angeeignet haben;

47.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den nationalen Parlamenten zu übermitteln.

(1) ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.
(2) ABl. C 20 vom 25.1.2008, S. 1.
(3) ABl. C 295 E vom 4.12.2009, S. 13.
(4) Wie in den OECD-Richtlinien definiert bzw. empfohlen.
(5) Wie von der Europäischen Kommission in KOM(1997)0325 vom 25.6.1997 vorgeschlagen.

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