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Verfahren : 2005/0118(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

A6-0391/2005

Aussprachen :

PV 17/01/2006 - 12
PV 17/01/2006 - 14
CRE 17/01/2006 - 12
CRE 17/01/2006 - 14

Abstimmungen :

PV 19/01/2006 - 8.5
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0023

Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 17. Januar 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.

14. GMO für Zucker – Stützungsregelung für Zuckerrübenerzeuger – Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie (Fortsetzung)
Protokoll
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  Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über folgende Berichte von Herrn Fruteau im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.

 
  
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  María del Pilar Ayuso González (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Ich möchte zunächst Herrn Fruteau zu seinen Bemühungen beglückwünschen, diesen Vorschlag der Kommission zu verbessern, der eine Kehrtwende in der seit 1968 von der Europäischen Union verfolgten Politik im Zuckersektor darstellt und der darüber hinaus dem Zuckerrübenanbau in vielen Regionen der Europäischen Union ein Ende setzen wird.

Auch wenn es bereits häufig gesagt wurde, möchte ich eine Anmerkung zu dem Mangel an Respekt machen, den der Rat gegenüber diesem Parlament bekundet hat, indem er eine Übereinkunft erzielt und die Medien informiert hat, ohne vorher die Stellungnahme dieses Parlaments anzuhören. Eine Absprache, die immer zwischen den Institutionen bestanden hat, ist verletzt worden. Angesichts demokratiefeindlicher Gebärden wie dieser sollten wir nicht überrascht sein, wenn die Bürgerinnen und Bürger kein Vertrauen zu den Institutionen haben und weiter so abstimmen, wie sie es bisher getan haben.

Was die politische Einigung im Rat anbelangt, so kommt diese Übereinkunft dem Vorschlag der Kommission näher als dem Text, über den das Europäische Parlament morgen abstimmen wird. Ich will nur kurz auf die Preise eingehen. Sie haben eine Reduzierung um 36 % beschlossen, während die Kommission 39 % vorschlägt und wir im Parlament für eine Reduzierung um 30 % stimmen werden.

Ich möchte auch mein Nichteinverständnis mit der Diskriminierung jener Länder zum Ausdruck bringen, deren Produktion geringer ist als ihr Verbrauch und die daher nicht die Überschüsse produzieren, die theoretisch diese Reform erforderlich machen. Diese Länder werden bestraft, während den großen Produzenten von C-Zucker eine zusätzliche Quote eingeräumt wird.

Alle reden über die Produktion von Biokraftstoffen als Alternative zur Zuckerrübe, die vom Markt genommen werden soll, aber wie und wann werden die Mittel bereitgestellt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie glauben, Frau Kommissarin, wir könnten mit anderthalb Millionen Hektar für Energiepflanzen und einer Beihilfe von 40 Euro pro Hektar auf die Bedürfnisse der extrem vielen Landwirte reagieren, die ihre Existenz verlieren werden.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Herr Präsident! Der Beschluss des Rates stellt einen herben Schlag für Europa und damit auch für die ungarische Zuckerindustrie dar und kann daher nicht akzeptiert werden. Das Europäische Parlament kann nicht zulassen, dass die europäische Zuckerindustrie vernichtet wird. Wenn nichts gegen diese brutale Verordnung des Rates unternommen wird, dann wird sich die Zuckerproduktion in 15 Jahren auf zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränken, nämlich Frankreich und Deutschland.

Verhindern ließe sich dies durch die Annahme des ausgezeichneten, gründlichen und ausgewogenen Berichts von Herrn Fruteau. Aber selbst die von Frau Fischer Boel vorgeschlagene Version wäre für die europäischen Zuckerproduzenten besser als die Verordnung des Rates.

Nach Ansicht des Europäischen Parlaments sollte die Preissenkung 30 % und damit weniger betragen, als vom Rat beschlossen. Gleichzeitig sollte die Entschädigung höher veranschlagt werden und nach Möglichkeit 100 % erreichen. Wichtig ist auch, dass der Übergangszeitraum vier Jahre nicht überschreitet. Flächenbezogene Beihilfen sollten an eine Teilproduktion gebunden werden, und das sollte als eine der Bedingungen aufgenommen werden. Das wäre auch meine Bitte an die Kommissarin.

Eine moderatere Preissenkung in Verbindung mit den genannten Bedingungen würde der Zuckerrübenproduktion und der Zuckerindustrie in Ländern im Mittelfeld wie beispielsweise Ungarn bessere Überlebenschancen gewähren. Leider befinden sich alle fünf ungarischen Zuckerraffinerien in den Händen ausländischer – französischer, deutscher und österreichischer – Zuckerrübenanbauer, die möglicherweise beschließen, die Produktion auf das eigene Land zu beschränken. Das wäre ein Risiko für ein Land mit einer Wirtschaftsproduktion, die dem europäischen Durchschnitt entspricht, wie z. B. Ungarn. Deshalb meine Bitte an meine Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns die Fehlentscheidung des Rates korrigieren!

 
  
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  Johan Van Hecke (ALDE).(NL) Sehr geehrte Damen und Herren! Der Preis von Zucker, das derzeit am stärksten subventionierte landwirtschaftliche Erzeugnis Europas, beträgt das Dreifache des Weltpreises – eine unfaire und nicht annehmbare Situation, und deshalb bin ich der Meinung, dass eine radikale Reform unverzichtbar war und ist.

Es erhebt sich die Frage, ob die Kommissionsvorschläge weit genug gehen. Meines Erachtens wird über das Strukturproblem der Zuckerindustrie, nämlich eine allgemeine Überproduktion, hinweggesehen. Schon jetzt wird weitaus mehr Zucker erzeugt als verbraucht. Diese Situation wird sich mit dem sinkenden Preis noch verschlimmern, was lediglich den großen Erzeugern und den Händlern zugute kommen wird. Am Ende der Reise steckt sich die Agrarindustrie die Kosteneinsparungen in die Tasche, während die kleinen Landwirte für ihre Zuckerrübenernte weniger erhalten. Letzten Endes zahlt der Verbraucher für ein Kilo Zucker denselben Preis.

Insbesondere die ärmsten Länder laufen Gefahr, Opfer dieser Reform zu werden. Die Vorzugsbehandlung hat in verschiedenen AKP-Staaten lokale Zuckerkulturen, oft in kleinbäuerlichen Betrieben mit geringen Investitionen, entstehen lassen. Ohne weitere EU-Hilfen sind diese Länder unmöglich wettbewerbsfähig. Von daher die Bedeutung des Änderungsantrags Kinnock, einen jährlichen Betrag von 200 Millionen Euro für die AKP-Staaten freizugeben. Auch die übrigen Änderungsanträge von Frau Kinnock verdienen unsere Unterstützung.

Die Nichteinhaltung der Verpflichtungen im Rahmen der Initiative „Alles außer Waffen“ wird unserer Glaubwürdigkeit bei den Entwicklungsländern mit niedrigem Einkommen schweren Schaden zufügen. Außerdem ladet diese Reform zu einer Diskussion über eine generelle Abschaffung sämtlicher Ausfuhrbeihilfen ein, wie jüngst in Hongkong zugesagt. Summa summarum ist eine Zuckerreform notwendig, allerdings nicht dann, wenn sie für die großen Erzeuger süß ist, bei den armen Landwirten jedoch einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident! Wie wir im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung nachdrücklich betont haben, sind wir über die Reform des Zuckermarkts und auf die vom Rat bedauerlicherweise bereits vor der heutigen Aussprache bezogenen Positionen sehr in Sorge.

In unseren im Ausschuss eingebrachten Vorschlägen sind wir mit Nachdruck für das Prinzip der Selbstversorgung im Nahrungsmittelbereich und die Nahrungsmittelsicherheit sowie den Schutz der Landwirte und der Industrie in Gebieten und Mitgliedstaaten mit Schwierigkeiten eingetreten. Wir haben uns auch für höhere Erzeugungsquoten in Ländern wie Portugal ausgesprochen, in denen die Erzeugung weit hinter dem Verbrauch zurückbleibt.

So haben wir aufgrund der günstigen Bedingungen in Portugal und der großen Kluft zwischen Zuckerproduktion und Zuckerverbrauch für das Werk in Coruche in Portugal eine Aufstockung der Erzeugungsquoten auf 120 000 Tonnen Zuckerrüben vorgeschlagen, um seine wirtschaftliche Tragfähigkeit, Arbeitsplätze und die Zuckerrübenproduktion zu sichern.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM).(EN) Herr Präsident! Es heißt, man solle den Leuten lieber eine Angel als einen Fisch geben. Wenn wir die Zuckererzeugung in Irland und der EU einstellen, müssen wir die Landwirte und Erzeuger vernünftig entschädigen, selbst wenn es nur der Beruhigung unseres Gewissens dient.

Ja sind wir denn von allen guten Geistern verlassen? Wir stellen die Zuckererzeugung ein, wo wir doch dringend Alternativen für Erdölbrennstoffe finden müssen. Warum zahlen wir dafür, dass Felder brachliegen und Geräte vor sich hinrosten, wenn wir doch die Zuckererzeugung mehr denn je benötigen? Aus Zucker kann man mehr machen als nur Süßigkeiten.

Einerseits warnen wir vor dem Ende des Öls und fördern Alternativen; andererseits wurde dafür gesorgt, dass Zucker – eine der tragfähigen Alternativen – verschwindet. Eine Hand scheint nicht zu wissen, was die andere tut. Wie wollen wir da etwas erreichen?

Lassen Sie uns bei der Planung unserer Ausgleichszahlungen nicht die Drittländer wie Mauritius vergessen, die durch unsere Zuckerreformen zugrunde gerichtet werden.

 
  
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  Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN). – (PL) Herr Präsident! Die Liberalisierung des Zuckermarktes stellt ein komplexes Problem dar, das unsere besondere Aufmerksamkeit verdient. Mit der Annahme einer Entschließung über die geplante Reform der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker am 10. März 2005 hat das Europäische Parlament gezeigt, dass es sich dieser Tatsache bewusst ist. Leider hat die Europäische Kommission diese Entschließung ignoriert. Im Juli 2005 legte sie drei Vorschläge für Verordnungen vor, mit denen sie die Bedeutung der von diesem Haus angenommenen Entschließung unterminiert. Am 24. November 2005 wurde das Parlament ein zweites Mal übergangen, als der Rat die endgültige Fassung der Reform trotz der Gegenstimmen des polnischen und des griechischen Landwirtschaftsministers verabschiedete, ohne das Parlament um eine Stellungnahme zu bitten. Das hatte zur Folge, dass uns Vorschläge unterbreitet wurden, die den Grundsatz der europäischen Solidarität verletzen und deren Ziel darin besteht, den Zuckermarkt auf Kosten der kleineren Länder und vor allem der neuen EU-Mitgliedstaaten zu reformieren. Ein weiteres Ziel besteht darin, die Zuckerproduktion auf Deutschland und Frankreich zu konzentrieren.

Die vorgeschlagenen Lösungen sind mit Nachteilen für die Landwirte und Beschäftigten der Zuckerindustrie verbunden, während die großen Zuckerunternehmen von ihnen profitieren werden. Der Einzelne und das Prinzip der Partnerschaft sind bei dieser Reform auf der Strecke geblieben. Die neuen Mitgliedstaaten haben ihre Zuckerfabriken privatisiert. Dabei wurde die große Mehrzahl dieser Fabriken von ausländischen Eigentümern für lediglich ein Drittel der Summe übernommen, die sie jetzt für die Einstellung der Produktion erhalten werden. In vielen anderen Ländern ist die Lage ähnlich.

Aus diesem und vielen anderen Gründen schlage ich vor, alle drei Vorschläge abzulehnen und eine neue Reform zu erarbeiten, die sich im Einklang mit der Entschließung des Parlaments vom 10. März 2005 befindet.

 
  
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  Jan Tadeusz Masiel (NI). – (PL) Herr Präsident! Mir ist vollkommen klar, dass immer mehr tief greifende Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik durchgeführt werden müssen und werden. Es ist eine bedauerliche Tatsache, dass diese Reformen mit Nachteilen für die Landwirte verbunden sein werden, und wie üblich werden die neuen Mitgliedstaaten am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Das ist ein weiteres Beispiel für die ungerechten Bedingungen, unter denen wir der EU beigetreten sind.

Ich verrate der Kommissarin sicher kein Geheimnis, wenn ich ihr sage, dass sie sich mit der derzeit stattfindenden Reform der Markordnung für Zucker in Polen keine Freunde machen wird. Sie sollte unseren Standpunkt verstehen und ihn zur Kenntnis nehmen. Wie der Berichterstatter sagte, sollten wir die Frauen und Männer in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen, die ihren Lebensunterhalt mit der Zuckerproduktion verdienen. Die geplante Entschädigung sollte hauptsächlich den Arbeitskräften in den Zuckerfabriken und den Landwirten zugute kommen und nicht den Besitzern derartiger Fabriken. Das ist vor allem deshalb von Belang, weil sich die Mehrzahl der Zuckerfabriken in Polen in ausländischer Hand befindet.

Die Übertragung von Produktionsquoten von einem Land auf ein anderes sollte verboten werden, um Spekulationen zu verhindern. Mit dieser Reform des Zuckermarktes wurden erneut Chancen vertan. Anstatt sich zu einem Ausdruck der Solidarität zwischen EU-Mitgliedstaaten und Entwicklungsländern zu entwickeln, wird sie erneut Zwietracht zwischen den Mitgliedstaaten sähen und dazu führen, dass arme Länder zu wenig Hilfe erhalten.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Der Zuckermarkt muss dringend reformiert werden, da die derzeitige für Quoten, Preise und Ausfuhrerstattungen geltende Regelung am 30. Juni 2006 ausläuft. Doch Änderungen der Art, wie man sie uns vorgeschlagen hat, sind inakzeptabel.

Nicht nur ich, sondern die Mehrzahl der Zuckerrübenanbauer in Polen sind der Meinung, dass es nur ein Wort zur Beschreibung dieser Veränderungen gibt: „skandalös“. Der jetzt im Rat erzielte politische Kompromiss ist unerträglich. Von polnischen Zuckerrübenanbauern wird behauptet, dass die Reform des EU-Zuckermarktes absichtlich bis nach dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten hinausgezögert wurde, damit die Zuckerproduktion in der EU auf ihre Kosten zurückgefahren werden kann. Die Europäische Kommission hat immer wieder erklärt, dass C-Zuckerquoten den Markt destabilisieren. Das WTO-Panel hat gegen uns entschieden, und unsere Berufung hatte keinen Erfolg. Dennoch sieht der vom Ministerrat erzielte Kompromiss eine Menge von zusätzlich 1,1 Millionen t C-Zucker für die Mitgliedstaaten vor, die den meisten davon erzeugen.

Die von der Europäischen Kommission und dem Rat ergriffenen Maßnahmen sind bemerkenswert widersprüchlich. Obwohl das Ziel dieser Institutionen darin besteht, die Produktion zu begrenzen, haben sie für Länder, die große Mengen des so genannten C-Zuckers produzieren, Steigerungen vorgeschlagen. Wir haben mehrere Weihnachtsgeschenke dieser Art erhalten. Schade nur, dass sich der Weihnachtsmann nicht allen anderen Ländern gegenüber gleichermaßen großzügig gezeigt hat. Wie erklären die Kommissarin und der Rat die Tatsache, dass nur ausgewählte Länder zusätzliche Hilfe erhalten werden? Wie wurden diese Länder ausgewählt? Für die Kosten für all diese Weihnachtsgeschenke in Form großzügigerer Umstrukturierungsbeihilfen werden andere, wesentlich ärmere Länder aufkommen müssen, auch Polen. Von der Kommissarin möchte ich wissen, ob die Reform des Zuckermarktes lediglich auf einen Kuhhandel hinausläuft, oder ob sie auf der Grundlage in sich stimmiger Maßnahmen erfolgt, die die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Zuckermarktes garantieren sollen?

Ich möchte das Parlament bitten, meine Änderungsanträge anzunehmen, die ich vorgelegt habe, um diese Reform des Zuckermarktes zumindest teilweise zu verbessern. Hoffen wir, dass die Kommission und der Rat sie zur Kenntnis nehmen. Noch besteht die Möglichkeit, dass sie das tun, und dafür wäre ich ihnen sehr dankbar.

 
  
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  Marc Tarabella (PSE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Die heutige Debatte und die anschließende Abstimmung werden einen Schlusspunkt unter mehr als ein Jahr Arbeit in diesem Hause setzen. Lassen Sie mich den konstruktiven Geist des Berichterstatters Jean-Claude Fruteau unterstreichen, dessen Berichte ich unterstütze. Allerdings ist dieser Moment weniger ein Schlusspunkt als vielmehr der Beginn einer Entwicklung in diesem Sektor.

An die Frau Kommissarin gewandt, möchte ich sagen, dass das irrige Konzept des „Marktes über alles“ verheerende Folgen hat. Wir haben dazu beigetragen, diese ein wenig abzumildern. Obgleich diese Reform zu Recht als unausweichlich gilt, so sind doch bereits jetzt Bedenken hinsichtlich ihrer Folgen anzumelden, denn nach der Annäherung der Standpunkte des Rates und des Parlaments läuft sie auf eine drastische Preissenkung hinaus: 36 % in vier Jahren. Die Deregulierung über die Preise dient den Interessen der Großerzeuger, die sich auf Kosten der Umwelt weiter ausdehnen und außerhalb Europas in noch größerem Maße unterbezahlte Arbeitskräfte ausbeuten können. Sie dient auch den Interessen der Großabnehmer, die den Zucker auf dem Weltmarkt wesentlich billiger einkaufen werden, ohne diese Preissenkung in den Verkaufspreis für das Endprodukt einfließen zu lassen, und so ihre Profite maximieren. Dies ist ihre Definition von Entwicklung, die nicht zu verwechseln ist mit unserem Konzept von Entwicklung.

Schädlich ist die Deregulierung über den Preis hingegen für die Kleinerzeuger bei uns und noch mehr für die AKP-Länder und die am wenigsten entwickelten Länder, die ihren Zucker billiger verkaufen müssen und vielleicht gezwungen sein werden, die Produktion einzustellen, ohne jedoch eine echte alternative Einnahmequelle zu haben. Sie wird auch nicht von Vorteil für die kleinen Konsumenten sein: Alle Anzeichen sprechen dafür, dass der Zuckerpreis für sie nicht sinken wird. Zudem werden in Europa einige Länder ihre Produktion einstellen, während andere sie weiterführen werden, allerdings mit Schwierigkeiten für die Erzeuger wie auch für die Industrie und ihre Beschäftigten.

Gestatten Sie mir, hier auf eine belgische Besonderheit einzugehen. Ich würde die Möglichkeit der Umstrukturierung im Zichoriensektor mit Blick auf die Inulin-Herstellung begrüßen, für die gute Zukunftsaussichten bestehen. Ich hatte Änderungsanträge in diesem Sinne eingebracht und danke Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, dass Sie diese angenommen haben. Was den Rat betrifft, der im Februar zusammentreten wird, so hoffe ich, dass er dem für die Landwirte bestimmten Anteil der Beihilfen sowie den Voraussetzungen, die Unternehmen für den Erhalt von Umstrukturierungsbeihilfen erfüllen müssen, größere Bedeutung beimisst. Darauf werde ich sehr achten!

 
  
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  Luciana Sbarbati (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Einigung auf die GMO für Zucker wurde als historisch bezeichnet, als mutiger und kühner Beschluss in Anbetracht einer Situation, die seit all zu vielen Jahren verhärtet war. Es wurde gesagt, dass heute gehandelt werden musste, um über die notwendigen Mittel zur Durchführung dieser schmerzlichen, aber unausweichlichen Umstrukturierung wie auch zur Gewährleistung nicht nur der Ausgleichzahlungen für die betroffenen Landwirte, sondern auch der nachhaltigen Entwicklung des Zuckersektors verfügen zu können. Diese neue Politik wird den Handel fördern und die Verhandlungsposition der Europäischen Union bei der im nächsten Monat in Hongkong stattfindenden WTO-Konferenz stärken.

Durch diese Reform wird die Union sicher zu einem attraktiven Markt für die Entwicklungsländer, in den sie ihren Zucker exportieren können, auch wenn ich persönlich glaube, dass wir große Einbußen in puncto Qualität und Garantien für die Gesundheit der Verbraucher hinnehmen müssen. Vielleicht, Frau Kommissarin, wären in dieser Frage mehr Härte, Umsicht und Vorsorge vonnöten gewesen. Diese Einigung wird die Europäische Union schließlich in die Lage versetzen, ihren AKP-Partnern finanzielle Unterstützung anzubieten, damit sie sich an die Veränderungen anpassen können, doch letztlich wird sie wohl dazu führen, dass wie immer bloß Frankreich und Deutschland geschützt werden.

Daher bekunde ich meine große Anerkennung für die Arbeit des Berichterstatters und des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, ohne ausführlicher auf die inzwischen allseits bekannten Eckpunkte der Vereinbarung eingehen zu wollen. Gleichwohl muss ich noch einmal hervorheben, wie sehr die Rolle des Europäischen Parlaments, das all zu oft vom Rat und von der Kommission umgangen wurde, unterschätzt worden ist.

Deshalb hoffe ich, dass die Verbesserungsvorschläge angenommen werden, möchte jedoch auch mein Befremden darüber zum Ausdruck bringen, dass nicht einmal der Versuch zur Entwicklung einer mutigeren GAP unternommen wurde, um für die Europäische Union die erforderliche Unabhängigkeit bei der Energieversorgung zu gewährleisten, indem auf erneuerbare oder ergänzende Energieträger zum Öl wie aus Biomasse erzeugte Energie gesetzt wird, worauf schon Professor Prodi hingewiesen hatte.

Wenn wir Biomasse nutzen, können wir Einsparungen erzielen, die die Verluste beim Zucker deutlich übertreffen. Ist sich die Frau Kommissarin dessen bewusst? Ist sich die Kommission darüber im Klaren? Meines Erachtens wäre es lohnenswert, wenn die Europäische Union in die Nutzung von Biomasse investieren würde, was nebenbei bemerkt eine Technologie ist, mit der auf direktem Wege Wasserstoff erzeugt wird. Zwei Tonnen trockener Biomasse entwickeln nämlich dieselbe Wärme wie eine Tonne Erdöl, doch während der mögliche Preis von Biomasse bei 200 Euro pro Tonne liegt, kostet eine Tonne Öl etwa 400 Euro. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: In Italien könnten somit etwa 12 Milliarden Euro eingespart werden und in Europa sogar 120 Milliarden Euro. Mit diesem Geld könnte eine Politik verwirklicht werden, die die Reformziele mit den Zielen der sozialen Gerechtigkeit optimal und ohne plötzliche und übermäßige Schocks verbindet. Wir könnten proaktive, positive Maßnahmen für die Umwelt, die Landwirte und die Erzeuger ergreifen, ohne eine Kultur der Unterstützung zu fördern und, mehr noch, ohne Arbeitsplätze zu verlieren.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Herr Präsident! Wir diskutieren heute über drei dem Parlament vorliegende Berichte über die Reform des Zuckermarktes. Als Vertreter Polens, also eines neuen Mitgliedstaates, möchte ich bezüglich dieser Reform zwei gravierende Bedenken vorbringen.

Erstens ist die Reform deshalb notwendig geworden, weil vor allem zwei Länder, nämlich Deutschland und Frankreich, übermäßig große Mengen an Zucker exportieren. Diese Exporte belaufen sich auf fast 2 Millionen t, und Frankreich und Deutschland sollten die Kosten dieser Reform tragen, indem sie die Menge ihrer Zuckerausfuhren drastisch senken. Da Polen lediglich 90 000 t exportiert, kann es seine Produktion auch nur innerhalb dieses Rahmens begrenzen.

Zweitens wurden im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedstaaten die Grenzen für die Zuckerproduktion in Polen den Zuckerfabriken und weniger den Landwirten auferlegt. Die Mehrzahl der Zuckerfabriken in Polen wurde von deutschen und französischen Investoren aufgekauft, die etwa 200 Euro pro Tonne Gesamterzeugung zahlten. In Anbetracht dessen, dass sie eine Entschädigung in Höhe von 730 Euro je Tonne eingestellter Produktion erhalten, beläuft sich die Entschädigung für die Eigentümer dieser Fabriken auf fast das Vierfache des von ihnen ursprünglich gezahlten Preises. Hinzu kommt, dass die Industrieanlagen, also die Gebäude, das Land und die Maschinen, ihnen dann ja immer noch gehören werden.

Auf diese beiden gravierenden Bedenken möchte ich die Kommission und den Rat sowie die Kommissarin, die ja heute anwesend ist, aufmerksam machen, die alle meinen, ihr Vorschlag für die Reform des Zuckermarktes sei eine hervorragende Idee.

 
  
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  Duarte Freitas (PPE-DE).(PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir alle sind uns einig, dass der Sektor im Interesse seiner Zukunftsfähigkeit reformiert werden muss, und zwar in Übereinstimmung mit der letzten Reform der GAP und den internationalen Verpflichtungen der Europäischen Union. Durch die Reform werden jedoch in der Form, wie sie von der Kommission vorgeschlagen wird, die europäischen Landwirte trotz dieser neuen Ziele vor ernsthafte Probleme gestellt, insbesondere durch die übermäßige Senkung des Zuckerpreises.

Deshalb unterstütze ich den Bericht Fruteau und das Ergebnis der Arbeit der verschiedenen Fraktionen im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, da der Bericht meiner Auffassung nach der Kommission und dem Rat eine sehr klare Botschaft übermittelt. Neben der Begrenzung der Preissenkung auf 30 % in der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker möchte ich bei den Beihilfen für die Landwirte Änderungsantrag 3 hervorheben, der den Mitgliedstaaten auch künftig die Möglichkeit einer bestimmten an die Produktion geknüpften Beihilfe einräumt. Damit wird das schnelle Aussterben des Zuckersektors in den von der Reform am stärksten betroffenen Regionen verhindert. Gleichwohl muss ich sagen, dass der Kommissionsvorschlag bedauerlicherweise mehr vom Standpunkt der Verarbeitungsindustrie als dem der landwirtschaftlichen Erzeuger ausgeht und eher auf der Grundlage der Interessen der großen Überschuss erzeugenden Länder verfasst wurde als auf der der kleinen Erzeugerländer wie Portugal, deren Zuckerrübenproduktion nicht einmal für die Deckung des eigenen Verbrauchs ausreicht.

Hauptstütze der Zuckerproduktion in Portugal ist eine einzige Fabrik mit einem Ausstoß von ca. 70 300 Tonnen der 300 000 Tonnen, die im Lande verbraucht werden. Es sind also nicht Länder wie Portugal, die den internationalen Zuckermarkt mit Produktionsüberschüssen aus dem Gleichgewicht bringen. Wenn wir die Möglichkeit beibehalten, dass aus dem Umstrukturierungsfonds diejenigen unterstützt werden, die nur auf einen Teil der Quote verzichten, helfen wir dem Zuckersektor in Ländern wie Portugal und bewirken eine Neuorientierung weg vom Agrarsektor und hin zur Verarbeitungsseite in diesem Sektor.

Abschließend möchte ich meinen Vorbehalt gegenüber der Art und Weise zum Ausdruck bringen, wie die Kommission mit dieser Frage als Institution umgegangen ist. Auch wenn noch so oft erklärt wird, dass wir es mit einer politischen Vereinbarung zu tun haben und nicht mit einem formellen Beschluss, so ist dies in einer Zeit, in der die europäischen Bürger mit der Transparenz der europäischen Institutionen unzufrieden sind, nicht die beste Vorgehensweise. Es genügt nicht, die Interinstitutionelle Vereinbarung dem Buchstaben nach zu erfüllen. Als direkt von den europäischen Bürgern gewählte Politiker müssen wir auch fordern, dass den Organen ethisch wie politisch Respekt entgegengebracht wird.

 
  
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  David Martin (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich begrüße die Berichte von Herrn Fruteau und möchte ihm auch für die Vorgehensweise bei seiner Arbeit Anerkennung zollen. Wir haben zugegebenermaßen nicht die gleichen Ansichten zur Reform der Zuckerregelung, aber ich denke doch, dass wir jetzt am Ende des Prozesses deutlich näher beieinander liegen, als es zu Beginn der Fall war.

Wie der Berichterstatter und einige Vorredner finde auch ich es schade, dass der Rat sich entschlossen hat, eine politische Einigung vor der Aussprache in diesem Parlament zu erzielen. Meiner Ansicht nach ist dies ein Ausdruck der Missachtung gegenüber diesem Haus. Dennoch begrüße ich die Tatsache, dass der Rat die Notwendigkeit erkannt hat und sich dafür einsetzt, die künstliche Stützung des Zuckersektors zu beenden und die europäische Zuckerregelung auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger zu machen, und ich glaube, dass wir mit der Senkung um 36 % wieder WTO-konform sind. Sie ist nicht so radikal wie die Senkung um 39 %, die von der Kommission vorgeschlagen wird, aber ich denke, wir liegen damit wieder im Rahmen der WTO-Vorschriften. Der vom Rat ebenfalls empfohlene Vierjahreszeitraum für die Umsetzung gibt den Erzeugern die Möglichkeit, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Auf zwei konkreten Gebieten würde ich aber gern mehr Bewegung sehen. Zunächst einmal beim C-Zucker. Wir sollten uns klar zur Abschaffung von C-Zucker verpflichten, der den Welthandel eindeutig verzerrt und noch immer auf WTO-Ebene zu Streit führen könnte. Daher werde ich Änderungsantrag 80 am Donnerstag unterstützen, was das Parlament hoffentlich auch tut.

Die den europäischen Erzeugern gewährten Ausgleichszahlungen in Höhe von 7 Milliarden Euro begrüße ich sehr, und ich sehe ein, dass sie diese Unterstützung brauchen. Allerdings bedauere ich ebenso wie andere Redner in dieser Aussprache, dass wir gegenüber den AKP-Erzeugern nicht so großzügig sind. Die 18 AKP-Erzeuger haben aus der Zuckerregelung derzeit stabile Einnahmen von etwa 250 Millionen Euro pro Jahr. Nach dem Kommissionsvorschlag sollten es jährlich 190 Millionen Euro zwischen 2007 und 2013 sein, was zwar gut, aber nicht großzügig genug bemessen war. Das Problem ist, dass in der Einigung des Rates vom 16. und 17. Dezember nicht die 190 Millionen Euro erreicht werden, die von der Kommission vorgeschlagen wurden, und da das Parlament zusammen mit dem Rat die Haushaltsbehörde stellt, muss es auf die 190 Millionen Euro drängen, wenn wir es mit unseren Millenniums-Entwicklungszielen ehrlich meinen.

Zum Schluss möchte ich mich denen anschließen, die in der Nutzung von Zucker als Biotreibstoff einen möglichen Ausweg und einen möglichen neuen Markt für Zucker sehen. Die Technologie ist vorhanden; sie muss verbessert und angepasst werden; hierzu bedarf es Forschung und technischer Unterstützung, und ich hoffe, dass die Kommission auch diesen Reformaspekt etwas großzügiger handhabt und mehr unternimmt, um die breitere Verwendung von Zucker zu fördern, und zwar sowohl als Umweltschutzmaßnahme wie auch als Mittel, um die europäischen Zuckererzeuger für die Einkommenseinbußen zu entschädigen, die ihnen infolge dieser Vorschläge entstehen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Fruteau danken, und zwar nicht nur für seine bisherige Arbeit, sondern auch für sein Durchhaltevermögen bei dieser Marathonsitzung; ebenso möchte ich der Kommission danken. Ich denke, wir können uns alle auf die Schulter klopfen. Anstatt einige der Äußerungen zu diesen Reformen zu wiederholen, möchte ich kurz darauf hinweisen, dass mir das Ausmaß der Preissenkung etwas Sorgen bereitet. Ich habe bereits zuvor darauf gedrängt, dass es als Instrument zur Angebotskontrolle eine Alternative zur Senkung der Quote geben muss.

Ich habe konkrete Fragen an die Kommission, die mir die Kommissarin vielleicht beantworten kann. Kann die Kommission in Bezug auf die Abgaben, die Verarbeitungsbetriebe zu entrichten haben, sagen, ob in einem Land – und ich meine hier Irland –, das im Jahr 2006 Zuckerrüben anbaut, der Betrieb in diesem Jahr zur Umstrukturierungsabgabe beitragen muss, wenn er die Erzeugung 2007 einstellen will? Das ist eine entscheidende Frage und von ihr hängt es ab, ob wir dieses Jahr Zuckerrüben anbauen oder nicht – vielleicht wird es die letzte Anbausaison in Irland.

Meine zweite Frage betrifft eine Bemerkung, die von der Kommissarin vorhin in der Aussprache gemacht wurde, dass nämlich die 10 %, die nach der Umstrukturierungsregelung für Zuckerrübenbauern eingesetzt werden, unter bestimmten Umständen von den Mitgliedstaaten aufgestockt werden können. Vielleicht kann die Kommissarin kurz beschreiben, wie diese Umstände aussehen könnten.

Ich werde meine Redezeit nicht ganz nutzen, denn wir sind wohl alle müde und vielleicht etwas erregt, doch möchte ich mit Blick auf die Entwicklungsländer kurz anmerken – und ich teile die Besorgnis anderer Abgeordneter hier –, dass wir mit der Reformierung des Zuckersektors die Entwicklungsländer vor den Kopf gestoßen haben, denn wir bieten ihnen einen Zugang zu unseren Märkten bei deutlich niedrigeren Preisen. Was sie aber wollen, ist der Zugang bei hohen Preisen, denn nur auf diese Weise können sie wachsen und prosperieren. Diejenigen, die diese Entwicklung gefordert haben, sollten darüber nachdenken, was sie nun damit erreicht haben.

Abschließend hoffe ich, dass die Reformen genau das bewirken, was die Kommissarin prophezeit, dass wir nämlich eine wettbewerbsfähige Zuckerindustrie bekommen. Für Irland wird dies leider Gottes wohl bedeuten, dass uns gar keine Industrie mehr bleibt.

 
  
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  Heinz Kindermann (PSE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Dem Berichterstatter Jean-Claude Fruteau ist dafür zu danken, dass durch seine engagierte Arbeit letztendlich ein akzeptabler Kompromiss erreicht wurde. Erschwert wurde er natürlich dadurch, dass der Agrarrat eine Vorabentscheidung vorgenommen hatte. Wir haben hier zwar keine Mitentscheidung, dennoch ist diese Entscheidung nur vor dem Hintergrund der WTO-Verhandlungen von 2005 zu tolerieren.

Der nun erreichte Kompromiss bleibt für die Betroffenen eine gewaltige Herausforderung, innerhalb der Europäischen Union und auch für die AKP- und LDC-Länder. Trotz Ausgleichszahlungen an die Betroffenen wird es so oder so zu Einkommensverlusten kommen.

Viele Zuckerrüben-Anbauregionen in der Europäischen Union werden künftig weniger oder zum Teil keine Zuckerrüben mehr für Nahrungszwecke anbauen können. Hier sollte die Kommission dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung folgen und prüfen, inwieweit die finanziellen Mittel pro Hektar für nachwachsende Rohstoffe vielleicht erhöht werden könnten.

Wesentliche Vorschläge des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sind meiner Meinung nach nahe an denen des Agrarrates. Ich hoffe, dass letztendlich der Kompromiss angenommen wird, der den Rübenanbauern Planungssicherheit gibt und den Zuckerrübenanbau in der Europäischen Union trotz herber Einschnitte auch in Zukunft ermöglicht.

In der Verantwortung stehen aber auch die Verantwortlichen der Zuckerfabriken; es geht darum, wie sie die Regelung der zukünftigen Marktordnung umsetzen, um in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und den Vertretern der Belegschaften tragfähige sozio-ökonomische Lösungen zu erarbeiten.

 
  
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  Hynek Fajmon (PPE-DE). – (CS) Meine Damen und Herren! Wie Sie sicher alle wissen, ist Würfelzucker eine tschechische Erfindung, und deshalb möchte ich als tschechischer Europaabgeordneter gerne einige Bemerkungen zum Vorschlag für die Reformierung der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker machen.

Erstens stelle ich fest, dass ich die Bemühungen des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission um eine Reformierung der Zuckerpolitik der EU begrüße. Die Politik in ihrer jetzigen Form ist vollkommen absurd und für Steuerzahler und Verbraucher viel zu teuer. Das muss sich schnellstmöglich ändern, und der Markt insgesamt muss dereguliert und liberalisiert werden.

Zweitens ist es ungeheuerlich, dass das Zuckerregime erst reformiert wird, nachdem die Welthandelsorganisation die Politik der EU als unlauter verurteilt hat, und darüber sollte jeder in der EU einmal gründlich nachdenken. Weshalb sind wir nicht in der Lage, unsere eigenen Märkte zu reformieren, und weshalb müssen wir von anderen Ländern dazu gezwungen werden? Schließlich haben freier Handel und freie Märkte den europäischen Völkern im Verlaufe ihrer Geschichte doch nichts als Wohlstand gebracht, während Wirtschaftsprotektionismus den Völkern lediglich Armut beschert. Dennoch hat es den Anschein, als seien Befürworter des Protektionismus in diesem Haus recht zahlreich vertreten. Ich lehne ihre Ansichten grundsätzlich ab und werde nicht für ihre Änderungsanträge stimmen. Das Zuckerregime muss möglichst bald reformiert werden.

Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft den Umstand, dass von 1890 bis 1994 in meiner Heimatstadt eine Zuckerraffinerie in Betrieb war. Sie ist deshalb in Konkurs gegangen, weil nach dem Fall des Kommunismus in meinem Land eine Öffnung des Zuckermarktes stattfand. Die Zuckerraffinerie in meiner Heimatstadt Lysé nad Labem ging ein, weil sie nicht mit den subventionierten Zuckerraffinerien in der Europäischen Union konkurrieren konnte. Im Verlaufe der 90er Jahre mussten über 50 Zuckerraffinerien in der Tschechischen Republik Konkurs anmelden oder wurden aus diesem Grund geschlossen. Die Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz und erhielten keine Entschädigung, und auch die Besitzer der Raffinerien und die Zuckerrübenanbauer gingen leer aus. Jetzt ist der Zuckersektor in den alten Mitgliedstaaten an der Reihe; jetzt muss er sich demselben Prozess der Marktanpassung unterziehen. Die vorgeschlagene Entschädigung ist äußerst großzügig, und sie sollte diese Anpassung enorm erleichtern. Deshalb befürworte ich die Reform des Zuckerregimes, die meines Erachtens durchaus noch drastischer ausfallen könnte. Unsere Erfahrungen in der Tschechischen Republik zeigen, dass eine solche Reform sowohl machbar als auch zu bewältigen ist.

 
  
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  María Isabel Salinas García (PSE).(ES) Herr Präsident! Als Erstes möchte ich hervorheben, dass der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung große Anstrengungen unternommen hat, um eine Einigung zwischen allen Fraktionen herbeizuführen. Das ist keine leichte Aufgabe, war doch der ursprüngliche Vorschlag der Kommission stärker auf das Verschwinden des Zuckeranbaus ausgerichtet als auf seine Reform, ohne die daraus resultierenden sozialen Kosten zu berücksichtigen. Deshalb glaube ich, dass sich dieses intensive Arbeitsjahr gelohnt hat.

Zum Zweiten möchte ich den Berichterstatter, Herrn Fruteau, beglückwünschen, dessen Arbeiten zu den drei Verordnungen von Mäßigung, Ausgewogenheit, Solidarität und vor allem von einem realistischen Herangehen an die Zukunft des Sektors zeugen – nicht nur in den 21 Erzeugerländern der Europäischen Union, sondern auch in den AKP-Ländern und den am wenigsten entwickelten Ländern.

Ferner möchte ich mich der hier vielfach geäußerten Kritik darüber anschließen, dass der Rat eine politische Einigung erzielt, ohne den Bericht des Parlaments abzuwarten. Wir hoffen, dass dies keinen Präzedenzfall für künftige Reformen geschaffen hat.

Schließlich möchte ich nach so viel Arbeit darauf hinweisen – ich denke, das sollte ich jetzt, da wir am Ende angelangt sind – welche Doppelzüngigkeit einige Abgeordnete von Anfang an gezeigt haben, indem sie im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für den Bericht Fruteau gestimmt haben und dann, nach Rückkehr in ihre Länder, alles daran kritisiert haben. Einige von uns haben sich engagiert, um Einigungen herbeizuführen, Standpunkte anzunähern, um das zu erreichen, was letztendlich Realität wurde. Trotz allem glauben wir, dass die derzeitige Situation viel besser ist als die anfängliche; uns gefallen die Reformen nicht, sie haben uns niemals gefallen, aber wir müssen anerkennen, dass wir im Vergleich zu der schwierigen Ausgangssituation eine Verbesserung erzielt haben.

Meines Erachtens ist dies der richtige Zeitpunkt, um von diesem Europäischen Parlament eine klare Botschaft auszusenden. Meine Damen und Herren, in der Regel ist es immer besser, etwas aufzubauen als etwas zu zerstören. Es ist besser, die Dinge mit Blick auf die kommenden Generationen zu tun als mit Blick auf die kommenden Wahlen, weil sich das letztendlich immer als richtig erweist und weil die Strategie der Konfrontation ohne Argumente, die sich in meinem Land durchgesetzt hat, keine positive Lösung bewirkt.

Abschließend rufe ich das Parlament auf, den Bericht Fruteau zu unterstützen, der ein guter Bericht ist und der die Übereinkunft des Rates verbessern kann; wenn er durch dieses Parlament gestärkt wird, werden wir in der Lage sein, auf eine bessere Zukunft dieses Sektors hinzuarbeiten.

 
  
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  Ioannis Gklavakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die neu gestaltete Zuckermarktordnung wird für die Erzeuger besonders nachteilig sein. In vielen Regionen bedeutet dies das Ende des Zuckerrübenanbaus. Die Schließung von Zuckerbetrieben wird Landwirte und Industriearbeiter in die Arbeitslosigkeit treiben. Leider haben in meinem Land bereits die ersten Demonstrationen begonnen.

Wir müssen uns zum Ziel setzen, das Überleben unserer Landwirte auf ihren Höfen zu sichern. Noch mehr Stadtflucht brauchen wir nicht. Wenn wir Zuckerrüben durch Energiepflanzen ersetzen wollen, dann müssen wir mit unseren Beihilfen großzügiger umgehen. Außerdem sind wir das der Umwelt schuldig, denn der Anbau von Energiepflanzen bedeutet, dass wir die Umwelt schützen, obwohl es den AKP-Ländern künftig unter der neuen Ordnung nicht besser ergehen wird.

Frau Kommissarin, Sie sind ein vernünftiger, aufrichtiger und kompetenter Mensch. Sie arbeiten mit Herrn Fruteau zusammen, der sehr gute Vorschläge unterbreitet hat, Sie arbeiten mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Herrn Daul, zusammen, Sie nehmen Verbesserungen vor, unterbreiten mutige Vorschläge, Sie machen denjenigen, die Sie kritisieren, deutlich, dass Sie hier nicht aus formellen Gründen anwesend sind und Sie dem Parlament, auch wenn bereits alles entschieden ist, – genau und konstruktiv – zuhören wollen. Auf diese Weise schützen Sie die Europäische Union, das Europäische Parlament und die europäische Landwirtschaft.

Andernfalls werden wir in zahlreichen benachteiligten Regionen Europas mit ansehen, wie die Landwirtschaft verschwindet, Dörfer veröden und die Umwelt in Europa sich verschlechtert. Bei Gott, ich glaube nicht, dass es das ist, was Sie wollen.

 
  
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  Thijs Berman (PSE). – (NL) Herr Präsident! Die Zuckerreform ist vor allem ein soziales Problem für Landwirte und Arbeitnehmer in Europa und in den Entwicklungsländern. Damit soziale Gerechtigkeit weltweit erfolgreich ist, muss der europäische Markt geöffnet werden. Diese Reform ist unverzichtbar und schmerzhaft, aber wenn man durch das Feuer gehen muss, sollte man lieber springen. Der Kommissarin ist ein riesiger Sprung gelungen, der Rat sprang kürzer, und das Parlament würde zu einem noch kleineren Sprung ansetzen.

Die Arbeitnehmer und die Landwirte sind beunruhigt und fordern zu Recht solide soziale Garantien. In diesem Sinne ist der Umstrukturierungsfonds lebensnotwendig. Dank des von uns ausgeübten Drucks wurde der Umstrukturierungsfonds jetzt aufgestockt, was nicht unwichtig ist. Wir wünschten uns einen noch größeren Fonds, denn die Arbeitnehmer wollen mehr als Umschulung. Sie wollen neue Arbeit, wenn ihre Fabriken schließen.

Bioethanol ist ein Ausweg, sofern er sich mit wenig Energie herstellen lässt. Für die diesbezügliche Forschung bedarf es mehr Mittel. Nur auf diesem Weg kann dieser Industriezweig einer sozialen und nachhaltigen Zukunft entgegensehen. Nur so kann der Sektor diese Reform akzeptieren.

 
  
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  Margie Sudre (PPE-DE).(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ich werde zur Abwechslung einmal eine eher zustimmende Stellungnahme zu dem derzeitigen Prozess der Reformierung der GMO Zucker abgeben, und zwar aus dem sehr speziellen Blickwinkel des Zuckers aus den Regionen in äußerster Randlage.

Während die Europäische Union dabei ist, ihre Zuckerproduktion abzusenken, um sich den Regeln des Welthandels anzupassen, gehen die französischen Überseedepartements genau den umgekehrten Weg, der in der Weiterentwicklung ihrer Zuckererzeugung besteht, um die Erhaltung und Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze zu gewährleisten und das sensible Gleichgewicht zwischen landwirtschaftlichen und industriellen Betrieben zu erhalten.

In Übereinstimmung mit der von der Kommission vertretenen Auffassung kann man sagen, dass Réunion, Guadeloupe und Martinique bei der Anpassung ihrer Zuckerrohrbranche eine Vorreiterrolle spielen. Zunächst weil ihre Produktion deutlich unterhalb der genehmigten Quoten liegt und sie also nicht zur Überproduktion in der Gemeinschaft beitragen. Zweitens weil in den letzten dreißig Jahren die Fabriken sich allmählich zusammengeschlossen haben, sodass man keine Einstellung oder Einschränkung ihrer Tätigkeit mehr ins Auge fassen könnte, ohne das gesamte Gleichgewicht des Sektors zu gefährden.

Heute ist Zuckerrohr ein hochwertiges Erzeugnis, aus dem sich nicht nur Zucker, sondern durch die Verwendung der Bagasse auch Energie gewinnen lässt und das sich ebenfalls als natürlicher Dünger verwerten lässt. Die Multifunktionalität der Landwirtschaft ist in unseren Departements nicht nur ein theoretisches Projekt, sondern Realität. Weil die Überseedepartements Vorreiter waren, können sie keinen Schritt weiter gehen.

Obwohl die Europäische Kommission und der Rat zu keinen zusätzlichen finanziellen Konzessionen zugunsten der Überseedepartements bereit waren, wurde Frankreich im Rahmen der politischen Einigung, die der Rat am Vorabend des WTO-Gipfels in Hongkong erzielte, ermächtigt, Instrumente zu entwickeln, um über den Gemeinschaftsfonds hinaus eine zusätzliche staatliche Beihilfe zu gewähren.

Der Ausgleich der Absenkung der Preise dürfte einen gewissen Spielraum für Produktionssteigerungen bieten, sodass der Sektor nach zwei Jahren der Ungewissheit wieder an Stabilität und Sichtbarkeit zurückgewinnt.

Ich möchte den Berichterstatter Jean-Claude Fruteau zu seinen Bemühungen beglückwünschen und bitte Sie, Frau Kommissarin, nachdrücklich, die in dem Kompromiss des Rates zu Zucker aus den Überseedepartements enthaltenen Bestimmungen unverändert zu lassen, um die Zukunft dieses Sektors zu sichern.

 
  
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  Iles Braghetto (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Zuckerreform war einer der schwierigsten Prozesse der Gemeinschaftspolitik. Vor seiner politischen Einigung hätte der Rat die Stellungnahme des Parlaments berücksichtigen sollen, um die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Organen zu stärken und Lösungen anzubieten, die unseren Erwartungen und den anstehenden Herausforderungen gerecht werden. Nichtsdestotrotz ist das erzielte Ergebnis positiv und einigermaßen zufriedenstellend. Ich meine, dass das Parlament einen wesentlichen Beitrag zur Bewerkstelligung dieses Kompromisses geleistet hat.

In dem Initiativbericht, den dieses Hohe Haus im März letzten Jahres angenommen hat, wurden zahlreiche entscheidende Empfehlungen für die Ausarbeitung des neuen Vorschlags gegeben. Die Schwerpunktsetzung dieses Parlaments auf die sozialen Auswirkungen der Reform verbunden mit der Schaffung eines Umstrukturierungsfonds für die Industrie ist ein Kernelement unseres Standpunkts, das in die Einigung eingeflossen ist. Diese Reform wird sicher schmerzlich sein, doch ist sie unvermeidlich, damit Europa seine internationalen Verpflichtungen erfüllen kann und gleichzeitig dem Zuckersektor eine nachhaltige und langfristige Perspektive im Hinblick auf seine Wettbewerbsfähigkeit geboten werden kann.

Der erzielte Kompromiss ist wesentlich ausgewogener als der Kommissionsvorschlag vom Juni, und er sieht etliche positive Maßnahmen vor: die Möglichkeit, einen Teil der produktionsgebundenen Beihilfen für Erzeuger, die diese Tätigkeit weiter ausüben wollen, beizubehalten; Unterstützungsmaßnahmen für die Zuckerrübenerzeuger; Rücksichtnahme auf Regionen, die durch die Zerstörung der Industrie benachteiligt werden, und Schaffung eines Umstrukturierungsfonds. Auf diese Weise wird durch die Reform die völlige Aufgabe der Produktion umgangen und werden ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung und im sozialen Bereich weniger dramatisch sein als befürchtet.

 
  
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  Jan Březina (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Das Parlament hat heute nicht zum ersten Mal seine Meinung zur Reform des Zuckerregimes geäußert. Ich gehörte zu den Abgeordneten, die für die von uns im vergangenen Jahr angenommene Entschließung gestimmt haben. Unter anderem wurde darin gefordert, dass die Maßnahmen zur Quotensenkung vor allem im Fall der neuen Mitgliedstaaten nochmals überdacht werden sollten. Ich freue mich sehr darüber, dass die Kommission ihre ursprüngliche Strategie überarbeitet und eine Reform auf der Grundlage der Senkung des Garantiepreises für Zucker vorgeschlagen hat, die wettbewerbsfähigen Zuckerproduzenten und Zuckerrübenanbauern auf halbem Wege entgegenkommt. Ich habe aber gewisse Bedenken bezüglich des Berichts, den wir heute diskutieren, weil er eine geringere Senkung des Zuckerpreises fordert als die, auf die sich die Mitgliedstaaten im Dezember geeinigt hatten. Diese Einigung war selbst das Ergebnis eines Kompromisses, der erst nach einer Abschwächung des recht drastischen Vorschlags der Kommission zustande gekommen war.

Wir sollten erstens nicht vergessen, dass wir bei der WTO eine Niederlage erlitten haben. Deshalb müssen wir die Forderung nach Öffnung unseres Zuckermarktes bis 2009 erfüllen. In diesem Zusammenhang kann ich mich nur über die übertriebene Aufmerksamkeit wundern, die den Interessen der am wenigsten entwickelten Länder entgegengebracht wird. Einerseits streben diese Länder eine Senkung des Zuckerpreises auf Märkten außerhalb Europas an, aber andererseits wollen sie an hohen Preisen auf dem europäischen Markt festhalten, zu dem sie privilegierten Zugang haben.

Zweitens möchte ich betonen, dass eine langfristige Senkung des Zuckerpreises weniger wettbewerbsfähigen Unternehmen zugute käme und zur Aufrechterhaltung der Verzerrungen am Zuckermarkt beitragen würde. Das wäre nicht nur mit Nachteilen für wettbewerbsfähige Zuckerproduzenten verbunden, sondern vor allem für die europäischen Verbraucher, denn sie würden den Preis für eine moderatere Preissenkung zahlen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Gegenwärtig bezahlen sie für Zucker das Dreifache dessen, was Verbraucher in anderen Teilen der Welt bezahlen. Ist es fair, dass sie jedes Mal, wenn sie ein zuckerhaltiges Produkt kaufen, ein umfangreiches protektionistisches System subventionieren?

Wir sollten stets daran denken, dass das Hauptanliegen der Europäischen Union darin besteht, Hemmnisse für den gegenseitigen Handel abzubauen und nicht, sie aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Deshalb sollten wir beweisen, dass wir ein wirklich Europäisches Parlament sind und uns nicht scheuen, Marktmechanismen durchzusetzen, und zwar auch im Bereich der Zuckerproduktion und des Zuckerverkaufs.

 
  
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  María Esther Herranz García (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Die von den Landwirtschaftsministern – darunter der sozialdemokratischen Ministerin Spaniens, die dafür schon hätte entlassen werden müssen – erzielte politische Einigung wird Ende des Monats ohne Zweifel auf die Liste der A-Punkte der Tagesordnung gesetzt werden, d. h. es wird keinerlei Aussprache geben. Das ist auch nicht notwendig, es ist alles diskutiert worden.

Bedauerlicherweise wird die Diskussion, die wir heute im Europäischen Parlament führen, keine Auswirkung auf die endgültige Entscheidung haben. Künftig müssen wir verhindern, dass die Stimme des Parlaments erneut auf so eklatante Weise ignoriert wird, insbesondere bei Entscheidungen von so großer wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung. Die Europäische Kommission darf nicht mehr irgendwelche Vorwände nutzen, um die Meinung des Parlaments zu ignorieren, wie sie es bei dieser Gelegenheit getan hat.

Für den Fall, dass es noch irgendwelche Zweifel gibt, möchte ich klarstellen, dass dieser Bericht, der am Donnerstag zur Abstimmung unterbreitet wird, weit von der politischen Übereinkunft der Mitgliedstaaten entfernt ist; dies gilt sowohl für die Zuckerpreise als auch für die Ausgleichszahlungen an Landwirte und für die Freiheit der Mitgliedstaaten, einen Teil der gekoppelten Beihilfe beizubehalten, die in der Übereinkunft der 25 im Rat nicht enthalten ist. Der Bericht des Parlaments verteilt die Bemühungen zur Reduzierung der Produktion auf gerechtere Weise, indem er die zusätzliche Zuweisung von einer Million Tonnen abschafft, die früher als „C-Zucker“ bekannt waren.

Dies sind nur einige der Beispiele, auf die wir bei einem Vergleich der verschiedenen Texte stoßen, aber die Liste wäre noch viel länger, wenn wir eine ausführliche Analyse der Übereinkunft vornehmen würden.

Kurz gesagt, die Reform gefällt uns nicht, die Reform der Europäischen Kommission gefiel uns nicht, weil sie schrecklich war. Aber das Übereinkommen, über das am Donnerstag in diesem Parlament abgestimmt wird, erscheint uns als das kleinere Übel.

 
  
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  Mariann Fischer Boel , Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich habe der Aussprache aufmerksam zugehört. Die rege Debatte ist ein Zeichen dafür, dass ziemlich viel auf dem Spiel steht. Sie ist aber auch ein Zeichen für das Engagement, mit dem Sie sich in die Gestaltung dieser neuen Reform eingebracht haben.

Lassen sie mich zunächst auf die Änderungsanträge zu sprechen kommen. Wie ich feststellen konnte, decken sich viele von ihnen mit meinen eigenen Ansichten. Beginnen möchte ich mit dem Vorschlag für die neue gemeinsame Marktorganisation. Sie haben argumentiert, dass ein Sicherheitsnetz während des 2009-2010 endenden Umstrukturierungszeitraums erforderlich ist, um unerwünschte Marktstörungen zu minimieren. Das kann ich akzeptieren. Deshalb kann ich den Änderungsanträgen 2, 29 und 54 inhaltlich zustimmen.

Um nicht eine Überproduktion und infolgedessen das Anlegen von Vorräten zu begünstigen, wird man den Interventionspreis deutlich niedriger ansetzen müssen als den Referenzpreis des folgenden Wirtschaftsjahres. Die Intervention wird auch auf eine bestimmte Höchstmenge beschränkt sein müssen. Zudem glaube ich, dass wir während des Umstrukturierungszeitraums alle Verwaltungsinstrumente abschaffen müssen, einschließlich der privaten Lagerhaltung.

Sie sprechen sich auch dafür aus, dass, solange unsere internationalen Verpflichtungen eingehalten werden, bestimmte Mengen von Quotenzucker ausgeführt werden sollten oder könnten. Mit Blick auf das Marktgleichgewicht ist das eine Vorstellung, mit der ich leben kann, so dass ich die Änderungsanträge 20, 39, 49, 51 und 68 vom Grundsatz her akzeptiere.

Viele von Ihnen sind auf Bioethanol eingegangen. Ich teile Ihre Einschätzung, dass die Energieerzeugung für den Absatz von Zuckerrüben der Gemeinschaft künftig eine wichtige Rolle spielen könnte. So gesehen kann ich die Änderungsanträge 11 und 42, die Bioethanol zu einem höheren politischen Stellenwert im Reformpaket verhelfen, gutheißen.

Wie Ihnen bekannt ist, arbeitet die Kommission an einem ganzen Bündel von politischen Initiativen. Am 1. Februar werden wir einen Vorschlag zur Förderung von Biokraftstoffen aus landwirtschaftlichen Rohstoffen annehmen. Wie ich weiß, arbeitet Herr Parish zurzeit an einer Entschließung des Parlaments zu genau diesem Thema. Ich denke, wir sollten diese Debatte lieber dann führen, wenn die Beiträge angenommen wurden, anstatt sie jetzt im Zuge der Zuckerreform zu führen. Auf jeden Fall bin ich sehr daran interessiert, auf diese Debatte zurückzukommen, denn sie ist sehr wichtig.

Ich teile die Ansicht, dass wir uns dem spezifischen Problem der Zuckerrübenerzeuger widmen müssen, die Herbstanbau betreiben. Dies ist besonders in den Mittelmeerländern ein Problem. Hierzu wäre eine vorübergehende Beibehaltung der Quote ohne Umstrukturierungsabgabe für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 erforderlich. Die Kommission ist deshalb mit den Änderungsanträgen 23 und 69 vom Grundsatz her einverstanden.

Ihre Sorgen in Bezug auf das Einkommen der Zuckerrübenerzeuger kann ich verstehen, weshalb ich dem entsprechenden Teil von Änderungsantrag 31 zustimme, der die Streichung der zusätzlichen 10 %igen Flexibilität beim Zuckerpreis betrifft.

Was den Industriezucker betrifft, so kann ich Änderungsantrag 43 im Wesentlichen akzeptieren. Strenge und komplizierte Regeln, die schwer zu überwachen sind, sollten vermieden werden.

Es gibt auch noch eine Reihe von technischen Änderungsanträgen, die bereits in den Diskussionen über die praktischen Aspekte des Kommissionsvorschlags akzeptiert wurden. Weitere Änderungsanträge betreffen nebensächlichere Fragen, die sich besser im Rahmen der Durchführungsbestimmungen klären lassen. Ich sehe mich nicht im Stande, die anderen Änderungsanträge zur Reform der GMO zu akzeptieren.

Lassen Sie mich nun zu dem Entwurf einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen kommen. Dem Prinzip, dass die Mitgliedstaaten bei den Ausgleichszahlungen mehr Flexibilität erhalten, kann ich zustimmen, weshalb ich die Änderungsanträge 5, 6, 8 und 11 vom Wesensgehalt her akzeptiere, wenn sie entsprechend angepasst werden.

Weil die Erzeugung von Bioethanol in der Gemeinschaft nach meinem Dafürhalten unterstützt werden muss, kann ich auch mit Änderungsantrag 7 leben, wonach Zuckerrüben für andere Zwecke als die Zuckererzeugung auf stillgelegten Flächen angebaut werden könnten.

Die Änderungsanträge 4 und 13 sehen eine Ausgleichsregelung vor, die auf der Zuckermenge basiert, die von jedem einzelnen Landwirt aus Zuckerrüben erzeugt wird. Ich bin für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei dieser Reform, so dass zum Beispiel höhere Ausgleichszahlungen an Mitgliedstaaten vorgestreckt werden, die mit erheblichen Quotenreduzierungen konfrontiert sind. Allerdings wird im Berichtsentwurf ein System vorgeschlagen, bei dem die Zahlungen je nach Menge der erzeugten Zuckerrüben unterschiedlich ausfallen. Ein solches System würde bei einem nur geringen zusätzlichen Nutzen zu erheblichen Schwierigkeiten in der Praxis führen, was dem gemeinsamen Ziel der Vereinfachung zuwiderlaufen würde und deshalb von meiner Seite nicht akzeptiert werden kann. Ebenso wenig kann ich den anderen Änderungsanträgen zustimmen.

Lassen Sie mich nun noch zu dem Entwurf einer Verordnung zur Errichtung des Umstrukturierungsfonds kommen. Den Gedanken, der den Änderungsanträgen 4 und 14 zugrunde liegt, wonach Zuckerrübenerzeuger einen Teil der Umstrukturierungsbeihilfe in Anspruch nehmen können, kann ich unterstützen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Bedingungen für die Mitgliedstaaten wäre jedoch ein Mindestanteil von 50 % zu hoch. Wir sollten nicht die vielen Verpflichtungen vergessen, denen mithilfe dieses Umstrukturierungsfonds nachgekommen werden muss. Es handelt sich teils um ökologische, teils um soziale Verpflichtungen, die sehr wichtig sind. Würden wir einen Mindestanteil von 50 % vorschreiben, dann würden wir in bestimmten Fällen diese verschiedenen Verpflichtungen nur schwer erfüllen können. Darum kann ich dem nicht zustimmen.

Wie ich bereits in meiner einführenden Rede erwähnte, erscheint mir ein Mindestanteil von 10 %, den die Mitgliedstaaten gegebenenfalls erhöhen können, erheblich sinnvoller. Hier wende ich mich jetzt konkret an Sie, Frau McGuinness: Ich würde es niemals wagen, mich in die Entscheidungen der Mitgliedstaaten einzumischen, wenn es darum geht, in welcher Höhe sie diesen Ausgleichssatz ansetzen wollen.

Unterstützen kann ich den in Änderungsantrag 5 dargelegten Grundsatz und den entsprechenden Teil von Änderungsantrag 10 im Zusammenhang mit der höheren Flexibilität für Betriebe, die die Zuckererzeugung aufgeben und in alternativen Branchen wie etwa der Bioethanolerzeugung tätig werden. Das Gleiche gilt für die teilweise Aufgabe der Quote, die Gegenstand von Änderungsantrag 7 ist.

Die sozialen Aspekte sind in dem Vorschlag bereits hinreichend abgedeckt, und zusätzliche Verwaltungsvorschriften würden den Umstrukturierungsprozess nur verlangsamen. Deshalb bin ich der Auffassung, dass die Änderungsanträge 6, 9 und der entsprechende Teil von Änderungsantrag 7 nicht angenommen werden sollten.

Es sind auch einige Änderungsanträge in letzter Minute eingebracht worden. Dem Anliegen von Änderungsantrag 17 stehe ich positiv gegenüber. Zuckerrübenerzeuger, die in Mitgliedstaaten, die ihre Zuckerquote erheblich verringern, weiterhin Zuckerrüben anbauen, sollten für einen Übergangszeitraum irgendeine Form von staatlicher Beihilfe in Anspruch nehmen können.

Die vorgeschlagenen Änderungen, auf die ich nicht eingegangen bin, sind von geringerer Bedeutung, und ich halte es aus praktischen Gründen nicht für notwendig, sie zu übernehmen. Dazu gehören auch die in der vergangenen Woche in letzter Minute eingebrachten Änderungsanträge.

Die ziemlich harten Worte, die im Zusammenhang mit der Behandlung der AKP-Länder geäußert wurden, habe ich zur Kenntnis genommen. Das Thema war in der Tat Gegenstand sehr heftiger Auseinandersetzungen, aber wir haben die AKP-Länder nicht vergessen. Die vorgesehene Kürzung des Preises greift für die AKP-Länder erst 2008, zwei Jahre nach ihrer Einführung für die europäischen Landwirte. Vergessen wir nicht, dass selbst nach der vollständigen Umsetzung der Reform die AKP-Länder immer noch von einem Preis profitieren werden, der doppelt so hoch wie der Weltmarktpreis ist.

Die Kommission hat immer einen Aktionsplan für die AKP-Länder vorgeschlagen, der 40 Millionen Euro für das Jahr 2006 vorsieht. Diese Mittel werden ihnen voraussichtlich 2006 zur Verfügung stehen, selbst wenn die Preise erst 2008 gesenkt werden. 40 Millionen Euro sind gewiss nicht viel, reichen aber für den Anfang aus, und außerdem hatten wir immer schon die Absicht, erhebliche zusätzliche Mittel für den verbleibenden Zeitraum von 2007 bis 2013 zur Verfügung zu stellen. Logischerweise wird der Umfang dieser Mittel von den laufenden Beratungen über die Finanzielle Vorausschau abhängen.

Die Reform sieht auch eine Reihe von Verpflichtungen für Betriebe vor, die den Umstrukturierungsfonds in Anspruch nehmen wollen. Ich muss sagen, dass ich es schade und enttäuschend finde, dass recht viele Abgeordnete – darunter die polnischen Abgeordneten – offensichtlich nicht anwesend sein können, denn es muss doch völlig klar sein, dass Zuckerunternehmen, und das betone ich, auf keinen Fall die Umstrukturierungsmittel einheimsen und das Land verlassen dürfen. Sie müssen einfach Maßnahmen für die Beschäftigten in der Zuckerindustrie vorsehen. Bestimmt ist das Ganze für die Ausbildung oder Vorruhestandsregelungen und Ähnliches. Dieses Geld soll in Zusammenarbeit mit der Regierung ausgezahlt werden. Es scheint hier ein völliges Missverständnis in Bezug auf diese Umstrukturierungsfonds gegeben zu haben.

Die Frage von Frau McGuinness zur Abgabe kann ich folgendermaßen beantworten: Ja, die einzige Möglichkeit, um diese Zahlung zum Umstrukturierungsfonds zu umgehen, bestünde darin, die Erzeugung für 2006/2007 einzustellen.

Einige Abgeordnete kritisierten schließlich die Tatsache, dass der Rat sich am 24. November 2005 auf eine politische Linie zur Zuckerreform einigte. Die Festlegung einer politischen Linie auf der Novembertagung des Rates war durch außergewöhnliche Umstände bedingt. Die derzeitige Regelung gilt nur noch für das laufende Wirtschaftsjahr, und unsere Erzeuger und übrigen Beteiligten stehen nun vor sehr schwierigen Entscheidungen. Ihnen sind wir es schuldig, rechtzeitig akzeptable Bedingungen zu schaffen, unter denen sie diese Entscheidungen treffen können.

Wir sind beim WTO-Panel zu Zucker unterlegen, und den Beschlüssen des Panels müssen wir nun dringend Folge leisten. Schließlich mussten wir uns noch auf Hongkong vorbereiten, um unseren Zuckersektor schützen zu können, und dazu mussten wir wissen, was wir zu schützen hatten.

Allerdings muss ich betonen, dass diese Umstände für niemanden eine Überraschung darstellen dürften. Seit ich meinen Reformvorschlag am 22. Juni dem Parlament vorgelegt hatte, habe ich immer wieder unmissverständlich klargestellt, dass der Rat auf seiner Novembertagung seine politische Linie zur Zuckerreform würde festlegen müssen. Darauf habe ich hingewiesen, als ich am 13. September 2005 vor dem Landwirtschaftsausschuss sprach, und ebenso in meinem Folgeschreiben, das ich am 26. September 2005 allen Mitgliedern dieses Ausschusses zukommen ließ. Mein Vorgehen war während des gesamten Prozesses vollkommen transparent, damit das Parlament seiner Aufgabe so gut wie möglich gerecht werden kann.

Denjenigen unter Ihnen, die sich heute kritisch geäußert haben, möchte ich zum Schluss aber sagen, dass wir den vielen Ausschüssen und Parlamentsabgeordneten, die im Laufe der letzten zwölf Monate einen sehr wertvollen Beitrag geleistet haben, viel zu verdanken haben. Es ist Ihnen nämlich ohne Frage gelungen, diese Reform erfolgreich mitzugestalten – eine Reform, die das Fortbestehen dieser Branche in Europa sicherstellen wird und die es uns zudem ermöglicht, den von der Umstrukturierung am stärksten betroffenen Landwirten und Regionen eine echte Alternative zu bieten. Das ist ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann.

 
  
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  Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag um 12.00 Uhr statt.

 
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