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Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B6-0057/2006

Aussprachen :

PV 19/01/2006 - 17.3
CRE 19/01/2006 - 17.3

Abstimmungen :

PV 19/01/2006 - 18.3
CRE 19/01/2006 - 18.3

Angenommene Texte :


Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 19. Januar 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.

17.3. Kambodscha: politische Unterdrückung
Protokoll
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  Präsident. Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sechs Entschließungsanträge zu Kambodscha: politische Unterdrückung(1).

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE), Verfasserin. (PL) Herr Präsident, Kambodscha zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Es leidet auch unter dem Fehlen einer unabhängigen Justiz und unter weit verbreiteter Korruption. Menschenhandel, Kinderprostitution plus ungestrafte Verfolgung und Folterung politischer Gegner sind nur einige wenige Merkmale des Alltagslebens in Kambodscha.

Eine derartige Repression, in Einheit mit der in den vergangenen Wochen zu beobachtenden Verhaftung von Vertretern von humanitären Einrichtungen und Gewerkschaften sowie von Journalisten, die der so genannten Falschinformation bezichtigt werden, haben zu Recht die Besorgnis der internationalen Gemeinschaft geweckt. Die kambodschanische Regierung missbraucht das Rechtssystem routinemäßig als Mittel der Unterdrückung der politischen Opposition. Kambodscha verstößt permanent gegen internationale Menschenrechtsabkommen, namentlich gegen die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, bestraft Vietnam-Flüchtlinge mit unmenschlicher Behandlung und organisiert brutale Deportationen.

Die internationale Gemeinschaft muss entschiedene Maßnahmen zur Sicherung der Freiheit aller Aktivisten in humanitären Organisationen und zur Aufhebung der Anklagen gegen sie ergreifen. Sie muss ferner auf eine Beendigung von Verfolgung und Einschüchterung drängen. Das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kambodscha von 1993 verpflichtet die Union zu konkreten Schritten zur Sicherung der umfassenden Achtung aller Menschenrechte in Kambodscha, einschließlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte.

 
  
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  Jules Maaten (ALDE), Verfasser. (NL) Herr Präsident! Von einem Gericht in Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas, wurde letzten Monat der Oppositionsführer Sam Rainsy wegen Diffamierung von Ministerpräsident Hun Sen und Prinz Norodom Ranariddh in Abwesenheit zu achtzehn Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Außerdem wurde Herrn Sam wegen angeblicher Verleumdung politischer Rivalen eine Geldstrafe in Höhe von 20 Millionen Riel, umgerechnet rund 4000 EUR, auferlegt.

Anfang dieses Monats ließ die kambodschanische Regierung zwei Menschenrechtsaktivisten verhaften: Kem Sokha, Präsident des Kambodschanischen Zentrums für Menschenrechte, und Yeng Virak, Leiter des „Community Legal Education Center“ (CLEC), einer lokalen Menschenrechtsorganisation für Rechtserziehung. Sie wurden festgenommen, weil sie ein Spruchband getragen hatten, auf dem auf den Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember hingewiesen wurde.

Nach einem Treffen mit dem US-amerikanischen Diplomaten Christopher Hill willigte der Premierminister schließlich ein, Kem Sokha und Pa Nguon Teang gegen Kaution freizulassen, was am 17. Januar geschehen ist, wobei jedoch die gegen sie und einige weitere Freigelassene erhobene Anschuldigung der Diffamierung nicht fallen gelassen wurde.

Die Verurteilung von Sam Rainsy und die Verhaftung der Menschenrechtsaktivisten sind nur einige wenige Beispiele aus einer ganzen Reihe von Verunglimpfungen und Anschuldigungen gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, zu denen es in den letzten zwei Jahren gekommen ist, in denen auch die parlamentarische Immunität von Cheam Channy aufgehoben und dieser verurteilt wurde und die Verurteilung in Abwesenheit von Chea Poch erfolgte. Sie bedeuten eine Rückkehr zu den Zeiten des Einparteienstaates unter Hun Sen. Diese Entwicklungen sind Zeichen eines neuerlichen Rückschlags im Demokratisierungsprozess in Südostasien, ein Schlag ins Gesicht dieses Prozesses.

Die Auseinandersetzung mit abweichenden Meinungen und Äußerungen sollte durch öffentliche Debatten erfolgen und nicht durch Strafprozesse, und Festnahmen von Dissidenten in Kambodscha bedeuten eine ernsthafte Gefahr für die Meinungsfreiheit und den politischen Pluralismus in diesem Land. Diesem neuerlichen Versuch der Machthaber, die Opposition lahm zu legen und Kambodscha vollends in eine Diktatur zu verwandeln, müssen wir entgegentreten.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE), Verfasser. – Herr Präsident! Die kambodschanische Kultur war einmal weltweit als Symbol des Friedens bekannt. Inzwischen hat kaum ein Land so gelitten wie Kambodscha. Im Zweiten Weltkrieg unter fremder Besatzung, dann der Vietnamkrieg bzw. zweimal im Indochinakrieg; dann kam der Terror der Roten Khmer mit einer beispiellosen Ausrottungspolitik gegenüber Millionen von Menschen, dann eine andere Spielart des Kommunismus, nämlich die vietnamesische, verbunden mit Fremdherrschaft. Nach diesem Terror, den das Land erleiden musste, haben wir mit viel politischem Aufwand der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und nicht zuletzt auch der Menschen dort einen Friedensprozess begonnen, der kompliziert war und viel Einsatz sowie auch große finanzielle Mittel erfordert hat.

Heute stehen wir in gewisser Weise vor einem Scherbenhaufen, denn wir erleben, dass sich dort erneut ein Unrechtsregime etabliert. Das dürfen wir auf keinen Fall akzeptieren! Deshalb möchte ich vor allem auf Ziffer 5 unserer Entschließung verweisen, die ganz klar sagt, dass das Abkommen, das wir mit Kambodscha geschlossen haben, auf Demokratie und Menschenrechten beruht. Das ist nicht eine diplomatische Floskel, mit der wir angenehme Geschäfte wie eine Höflichkeitsformel einleiten, sondern das ist die Geschäftsgrundlage. Es ist die Aufgabe von Rat, Kommission und Parlament, unseren kambodschanischen Partnern klarzumachen, dass sie, wenn sie diese Geschäftsgrundlage dauerhaft verletzen, mit uns auch keine Geschäfte machen können.

Wir müssen es – über auf Papier geschriebene Proteste hinausgehend – endlich schaffen, dass hier tatsächlich wirksamer Druck zur Durchsetzung der Menschenrechte ausgeübt wird. Deshalb möchte ich anregen, dass wir möglichst bald den Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Kambodscha hierher ins Europäische Parlament einladen, um mit ihm einmal intensiv über die Lage in diesem geplagten Land zu diskutieren. Wir sind glücklich, dass nunmehr auf unseren Druck und den Druck der Amerikaner hin – es ist gut, dass wir hier zusammenarbeiten – Häftlinge freigelassen worden sind, und wir erkennen dies durchaus an. Dennoch wissen wir, dass diesen Häftlingen nach wie vor ein Prozess droht. Wir wissen, dass es viele andere Häftlinge sowie Verhandlungs- und Haftbefehle, und vor allem auch die Repression von Minderheiten gibt. Dagegen müssen wir uns nachhaltig wehren. Menschenrechtspolitik ist vor allem Nachhaltigkeit!

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL), Verfasser. (NL) Herr Präsident! Bis zur ausländischen Einmischung in seine Angelegenheiten Anfang der 70er-Jahre war Kambodscha ein friedliches Nachbarland Vietnams, wo ein Krieg um die Wiedervereinigung des nördlichen und des südlichen Teil dieser vormals französischen Kolonie wütete, wobei die USA den Süden als Einflusssphäre für sich behalten wollten. Der Verdacht, die vietnamesische Guerillabewegung, die für die Nord-Süd-Vereinigung kämpfte, nutze durch unwegsames Dschungelgelände Kambodschas verlaufende Nachschubwege, war für die Amerikaner Anlass genug, zu intervenieren und eine befreundete Regierung an die Macht zu bringen.

Seither hat in Kambodscha, einem einstmals so friedlichen Land, eine Polarisierung stattgefunden. Die so mühsam errungene Staatsmacht darf wohl unter keinen Umständen in Gefahr geraten. So hat sich eine Tradition von Parteien entwickelt, die keine Koalitionen mit anderen Parteien mehr eingehen wollen und auch nicht gewillt sind, eine Opposition zuzulassen. Zuerst etablierte sich eine Regierung, die den Amerikanern freundlich gesonnen war, dann folgten das prochinesische Terrorregime unter Pol Pot und danach, mit vietnamesischer Unterstützung, die Regierung Hun Sen. Durch die Ergebnisse späterer Wahlen wurde praktisch jede Möglichkeit zur Bildung von Regierungen ausgeschlossen, die auf eine breite Unterstützung hätten zählen können.

Diverse Parteien wollen nicht miteinander zusammenarbeiten, sondern möchten vielmehr allein regieren. Diese Haltung hat nunmehr dazu geführt, dass oppositionelle Parlamentarier festgenommen und zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Auch Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Gewerkschaftler werden unter dem Vorwurf der Diffamierung inhaftiert. All dies hat zur Folge, dass Polizei und Justiz zu Instrumenten interner politischer Machtkämpfe werden. Ich habe vorerst nicht den Eindruck, dass die Opposition viel demokratischer als die Regierungspartei ist. Alle politischen Kräfte in Kambodscha sollten sich von solchen Verhaltensweisen distanzieren.

Die Außenwelt hat Kambodscha bislang nicht bei der Entwicklung einer toleranten Demokratie zu helfen vermocht. Es sei daran erinnert, dass das blutrünstige Pol-Pot-Regime noch lange nach seinem Sturz internationale Anerkennung genoss. Der Grund dafür lag einzig und allein darin, dass die neue Regierung Hun Sen, die das Land von dieser Mörderbande befreit hatte, freundschaftlicher Beziehungen zu seinem vietnamesischen Nachbarn verdächtigt wurde. Kambodscha muss künftig eine ganz andere Botschaft empfangen. Europa darf nicht aus Gründen heraus, die für die Kambodschaner nicht nachvollziehbar sind, Partei ergreifen, sondern muss unabhängig davon, wer gerade an der Macht ist, konsequent für Menschenrechte und Demokratie eintreten.

 
  
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  Alyn Smith (Verts/ALE), Verfasserin. (EN) Herr Präsident, nach meiner Überzeugung sind diese Dringlichkeitsdebatten für dieses Hohe Haus und für die Europäische Union wichtig. Es sind, denke ich, würdige Debatten.

Bei der Diskussion über Kambodscha stelle ich fest, dass wir an dieser Stelle schon einmal waren und dass wir alles das schon einmal gehört haben. Konkret war das am 13. Januar 2005, am 10 März 2005 und am 1. Dezember 2005. Ich gehe jede Wette ein, in einem halben Jahr sind wir wieder an der gleichen Stelle.

Nicht dass wir diese Debatten nicht führen sollten. Aber auf unsere Besorgnisse sollten Taten der anderen EU-Institutionen und der Mitgliedstaaten, denen wir dienen, folgen.

Ich möchte Sie insbesondere auf Ziffer 4 der Entschließung hinweisen. Nicht dass wir keine Waffen hätten; nicht dass wir keinen Druck ausüben können. Die kambodschanische Regierung hängt mit 50 % ihrer jährlichen Ausgaben von der Gebergemeinschaft ab. Wir müssen dieses Druckmittel stärker nutzen, um eine Änderung herbeizuführen, und nicht bloß warme Worte finden.

Hier diktiert nicht der Westen einem Entwicklungsland, wie es sich regieren soll; sondern es ist so, dass die Europäische Union von Kambodscha erwartet, sich an die Abkommen zu halten, die es bereits unterzeichnet hat, und dass es den internationalen Normen des Anstands gerecht wird.

Wir sind bereit, unsere Rolle in diesem Prozess zu spielen. In Ziffer 12 bekräftigen wir unsere Forderung, eine Ad-hoc-Delegation dieses Hauses nach Kambodscha zu entsenden, um die Probleme aus eigener Ansicht zu beurteilen. Lassen Sie uns damit beginnen. Dieser Entschließungsantrag hat die enthusiastische Unterstützung meiner Fraktion und auch meiner eigenen Person. Er enthält eine Fülle von Informationen und lobenswerter Ziele, aber ohne einen unverhohlenen Druck unsererseits, fürchte ich, wird er eine nie endende Einkaufsliste bleiben.

 
  
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  Ari Vatanen, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident, ich kann die Äußerungen meines ehrenwerten Kollegen Smith nur bekräftigen. Wir behandeln dieselbe Sache immer und immer wieder, ohne reales Ergebnis. Liegt das daran, dass Kambodscha zu weit entfernt liegt? Menschliches Leid, wo immer es auftritt, ist stets dasselbe, wenn es um den einzelnen Menschen geht.

Ich sollte eine Erklärung der Human Rights Watch über Kambodscha aus dem Jahr 2005 zitieren: ‚Die politische Opposition war mit der Inhaftierung oder der angedrohten Inhaftierung oppositioneller Parlamentarier effektiv zerschlagen, und die Menschenrechtsverletzer blieben weiterhin straffrei. Politische Prozesse zeugten von der fortgesetzten Kontrolle, Einmischung und Einschüchterung im Verhältnis der Regierung zu den Gerichten.’ So düster sieht die Lage in Kambodscha aus. Ich sollte Sie daran erinnern, dass 1997 der einzige Oppositionspolitiker, Sam Rainsy – der paradoxerweise durch die Freiheitspass-Initiative dieses Hauses geschützt ist –, in der Hauptstadt eine Rede hielt, als mehrere Granaten in der Menge vor ihm einschlugen und mindestens 16 Menschen ums Leben kamen. Das passiert, wenn ein Oppositionsführer in der Hauptstadt des Landes eine Rede hält.

Wir können nicht weiterhin nur Lippenbekenntnisse abgeben; wir müssen an die Stelle von Worten unser Geld setzen. Wie Herr Smith sagte, würde unsere wirksamste Bestrafung darin bestehen, Kambodscha kein Geld mehr zu geben, solange es nicht die Kriterien der Demokratie und der Menschenrechte einhält. Auch ein Verbot der Ausstellung von Einreisevisa für Beamte wäre sehr wirksam, denn die Elite des Landes kommt in die Hauptstädte Europas, um einzukaufen und so weiter.

Dagegen muss der freie Handel aufrechterhalten werden. Handelssanktionen verstärken nur die Armut und das Elend der Menschen. Dieses Hohe Haus ist an der Seite der Menschen in Kambodscha, die für Demokratie und Menschenrechte kämpfen.

 
  
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  Luis Yáñez-Barnuevo García, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, ich schließe mich den Worten der Vorredner an, aber insbesondere denen von Frau Geringer de Oedenberg, Mitglied meiner Fraktion und Verfasserin eines dieser Entschließungsanträge, über die wir nachher abstimmen werden.

Kambodscha erlebte in seiner jüngsten tragischen Geschichte in der Tat flagrante Verletzungen der Menschenrechte und in der Vergangenheit grausame und brutale Kriege. Die Entmutigung vieler Abgeordneter angesichts der Tatsache, dass keine Verbesserungen eintreten und dass wir dieses Thema hier im Haus wieder und wieder behandeln müssen, ist verständlich, doch dürfen wir deshalb nicht aufhören, das Problem auf die Tagesordnung zu setzen, wann immer Dinge geschehen, wie die jüngsten, bei denen Menschenrechtsaktivisten, Rundfunksender, Lehrergewerkschaften, Journalisten, Gewerkschafter verschiedener Bereiche, ehemalige Parlamentarier usw. Repressionen ausgesetzt werden. Nur mit Hilfe energischer und entschlossener Maßnahmen seitens der Europäischen Union, der Kommission und dieses Parlaments gegenüber Kambodscha könnten derartige Aktionen eingeschränkt oder unterbunden werden.

Es gibt fünf Punkte, auf die ich nicht eingehen werde, doch möchte ich Kambodscha vor allem an die Maßnahmen erinnern, die von der Gebergemeinschaft ergriffen werden können und werden, und an die Menschenrechtsklausel im Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kambodscha. Wichtig ist ebenfalls, eine Delegation nach Kambodscha zur Beurteilung der Lage zu entsenden. Abschließend fordere ich die Anerkennung des Flüchtlingsstatus für die Khmer aus Vietnam.

Aus Zeitgründen muss ich hier enden, Herr Präsident, doch ich möchte unterstreichen, dass ich mit dem, was die Vorredner sagten, übereinstimme.

 
  
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  Jaromír Kohlíček, im Namen der GUE/NGL-Fraktion (CS) Meine Damen und Herren, Menschenrechte stellen ein Paket von Idealen dar. Selbst die demokratischen Länder nähern sich diesen Idealen nur in bestimmten Bereichen an. Jedenfalls hatte Kambodscha bis vor kurzem noch immer mit solchen Problemen wie den Überresten der Pol-Pot-Truppen, dem Analphabetismus und dem Fehlen einer Intelligenz oder einer Industrie im Lande zu tun. Im Vergleich damit bedeutet die gegenwärtige Situation zweifellos eine deutliche Verbesserung. Gleichzeitig ist es jedoch natürlich nicht zu dulden, dass grundlegende Verfahren missachtet werden, wenn Mitglieder des kambodschanischen Parlaments zu mehrjähriger Haft verurteilt werden. Es besteht ganz klar die dringende Notwendigkeit, Verhältnisse sicherzustellen, die es Vertretern internationaler Organisationen gestatten, ihre Arbeit zu verrichten, die Notwendigkeit, das Entstehen einer freien Presse zu fördern und die Rechte der Gewerkschaften zu achten.

Eine Erkundungsmission wäre zweifellos eine sehr gute Idee, und ich möchte empfehlen, dass Vertreter des Europäischen Parlaments so rasch wie möglich in dieses Land entsandt werden, sobald man sich mit der kambodschanischen Regierung geeinigt hat. Besonders beunruhigend finde ich, dass es möglich ist, die Justiz in Fällen vorgeblicher Diffamierung zu missbrauchen. Wenn wir solch ein Vorgehen stillschweigend billigen, könnten wir als Komplizen in solchen Verbrechen angesehen werden. Ich bin daher sehr für den Entschließungsantrag.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (NI). – (PL) Herr Präsident, im vergangenen Jahr gab es nicht weniger als drei Entschließungen des Europäischen Parlaments zu Kambodscha, und wenn ich zu diesem Thema spreche, möchte ich, dass sich das Hohe Haus dessen bewusst ist. Die kambodschanischen Behörden legen eine eklatante Missachtung der Erklärung der Vereinten Nationen zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern und der vor zwei Jahren verabschiedeten Leitlinien der Europäischen Union zu diesem Thema an den Tag.

Ich habe mich sehr gefreut, dass der österreichische Ratsvorsitz vor sechs Tagen nachdrücklich und unmissverständlich gegen die sich verschlechternde Lage in Kambodscha protestiert hat. Die Verhaftung von Journalisten, unabhängigen Aktivisten und Gewerkschaftern zeugt vom zunehmend repressiven Wesen des Regimes in diesem Land.

Ich stimme Herrn Smith und Herrn Vatanen zu, wenn sie sagten, wir müssten wirtschaftlichen Druck auf die kambodschanischen Behörden ausüben. Fünfzig Prozent des Haushalts Kambodschas besteht aus überseeischer Hilfe, und wir sollten diese als ein Druckmittel einsetzen. Auch bin ich sehr für die Entsendung einer Ad-hoc-Delegation, wie in der Entschließung vorgeschlagen wird. Wir müssen uns wirklich selber ein Bild von der Lage vor Ort machen.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident, die gegenwärtige politische Lage in Kambodscha gibt nach wie vor Anlass zu ernster Besorgnis. Seit der Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Sam Rainsy, des Führers der kambodschanischen oppositionellen Sam-Rainsy-Partei, und von zwei weiteren Mitgliedern der Nationalversammlung im Februar vergangenen Jahres hat sich die politische Lage erheblich verschlechtert. Die kürzliche Verhaftung von Herrn Kem Sokha, des Direktors des kambodschanischen Zentrums für Menschenrechte und anderer Menschenrechtsaktivisten stellt das jüngste Kapitel in dieser deprimierenden Geschichte dar. Es ist eine traurige Ironie, dass diese neuerlichen Verhaftungen im Zusammenhang mit Ereignissen am Tag der Menschenrechte vorgenommen wurden, als eine Reihe von Organisationen friedlich feierte und um die Verteidigung der Prinzipien der Menschenrechte und der Demokratie bemüht war. Die Kommission begrüßt nachdrücklich die jüngste Freilassung von Herrn Sokha und vier weiteren Personen gegen Kaution, hätte sich aber gewünscht, dass die kambodschanischen Behörden einen Schritt weiter gegangen wären und die Anklagen überhaupt fallen gelassen hätten.

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Schwächung der Opposition durch den politisierten Missbrauch des Gerichtswesens den sich allmählich entwickelnden demokratischen Prozess in Kambodscha zu stören droht. Darüber hinaus erzeugen die Angriffe auf Menschenrechtsorganisationen durch zahlreiche Verhaftungen aufgrund strafrechtlicher – nicht zivilrechtlicher – Tatbestände, die zu den vorgeblichen Straftaten in keinem Verhältnis stehen, unter den Menschenrechtsaktivisten im Lande ein Klima der Angst.

Die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten haben als Reaktion auf die Lage eine Reihe von Maßnahmen vereinbart. Nach der Herausgabe einer eindringlichen EU-Erklärung zum Thema beabsichtigt die EU, diese Probleme bei nächster Gelegenheit direkt beim Premierminister zur Sprache zu bringen. Gleichzeitig werden die Kommission und die Mitgliedstaaten noch enger mit den unter Beschuss geratenen Menschenrechtsorganisationen zusammenarbeiten, um deren Arbeit zu unterstützen. Wie vom Parlament in seiner letzten Kambodscha-Entschließung empfohlen, erwägt die Kommission zurzeit den Vorschlag der Bildung einer Arbeitsgruppe zur Zusammenarbeit auf den Gebieten des institutionellen Aufbaus, der Verwaltungsreform, der Regierungstätigkeit und der Menschenrechte, um die kambodschanischen Behörden konstruktiv auf diese Fragen zu verpflichten.

Schließlich wird von dem bevorstehenden Gebertreffen im März in Phnom Penh eine eindringliche Botschaft der EU und der ganzen Gebergemeinschaft an die kambodschanischen Behörden dahingehend ausgehen, dass die Redefreiheit und andere grundlegende Menschenrechte im Interesse aller Bürger Kambodschas verteidigt werden müssen.

Ich möchte dieses Hohe Haus versichern, dass die Kommission über ihre Delegation in Phnom Penh und gemeinsam mit den Missionen der EU-Mitgliedstaaten in Kambodscha die Lage sehr aufmerksam weiterverfolgen wird. Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die EU, die eine solch wichtige Rolle beim Aufbau des neuen Kambodschas spielte, sollte sicherstellen, dass sich die politische Lage nicht weiter verschlechtert, und die Festigung und Vertiefung der Demokratie in Kambodscha unterstützen.

Ich stimme natürlich den Damen und Herren Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu, dass die fraglichen Ereignisse sehr ernst sind und unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit verdienen. Gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten erkundet die Kommission die Möglichkeit, neben den von mir bereits erwähnten Schritten weitere Maßnahmen zu ergreifen. Ich bin jedoch nicht der Ansicht, dass das Abkommen über Zusammenarbeit zwischen der EG und Kambodscha an dieser Stelle ausgesetzt werden sollte. Das würde unseren politischen Dialog einfrieren und unsere Entwicklungsprogramme zum Nachteil der Armen in Kambodscha unterbrechen.

 
  
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  Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet in wenigen Augenblicken statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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