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Verfahren : 2005/2245(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0207/2006

Eingereichte Texte :

A6-0207/2006

Aussprachen :

PV 06/07/2006 - 4
CRE 06/07/2006 - 4

Abstimmungen :

PV 06/07/2006 - 6.18
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0320

Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 6. Juli 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.

4. Fairer Handel und Entwicklung (Aussprache)
Protokoll
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Frithjof Schmidt im Namen des Entwicklungsausschusses über fairen Handel und Entwicklung (2005/2245(INI)) (A6-0207/2006).

 
  
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  Frithjof Schmidt (Verts/ALE), Berichterstatter. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reagieren als Parlament mit dem Bericht über fairen Handel und Entwicklung auf die bemerkenswerte wirtschaftliche und politische Erfolgsgeschichte des fairen Handels.

Wir haben in den letzten Jahren Wachstumsraten des fairen Handels in Europa von durchschnittlich 20 %, mit steigender Tendenz. In einzelnen Ländern haben wir Marktanteile — etwa beim Kaffee in Großbritannien — von bis zu 20 %. Das alles zeigt den Erfolg einer Initiative der Zivilgesellschaft unter den Bedingungen des Marktes, die bisher ohne große staatliche Unterstützung und Förderung ausgekommen ist. Zugleich ist das auch ein direkter Erfolg bei der Armutsbekämpfung, denn faire Preise garantieren ein faires Einkommen. Und es ist für die soziale und gesellschaftliche Entwicklung in den Ländern des Südens ganz entscheidend, dass die Produzenten in diesen Ländern ein faires Einkommen haben.

Zugleich beweist das Ganze das hohe Bewusstsein der europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher und ihr Interesse an einer internationalen sozialen Verantwortung im Handel und an hoher Produktqualität. Es geht also bei diesem Thema auch um den Schutz von Verbraucherinteressen. Faire Preise, faire Arbeits- und Produktionsbedingungen, Einhaltung ökologischer Standards, das nützt der Lebensqualität von Produzentinnen und Produzenten im Süden und von Verbraucherinnen und Verbrauchern im Norden gleichermaßen.

Es gab im Entwicklungsausschuss — und darüber habe ich mich sehr gefreut — auch große Einigkeit. Deshalb möchte ich hier ausdrücklich allen Kolleginnen und Kollegen im Entwicklungsausschuss, den Schattenberichterstatterinnen und den Koordinatoren für ihre konstruktiven Beratungen danken. Der Bericht wurde ohne Gegenstimme im Entwicklungsausschuss angenommen. Dem ging ein intensiver Austausch mit der Fair-Trade-Bewegung und vielen Verbänden über die Probleme des fairen Handels voraus. Wir haben im Ausschuss gemeinsam Kriterien erarbeitet und vorgeschlagen, die Produkte mit der Bezeichnung Fair Trade bzw. „fairer Handel“ erfüllen müssen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht getäuscht werden.

Deshalb wird die Kommission in diesem Bericht aufgefordert, eine Empfehlung zum fairen Handel vorzulegen. Dabei geht es um die Förderung eines politischen und wirtschaftlichen Konzepts, und nicht etwa um die Förderung einer Handelsmarke. Es geht auch nicht um eine gesetzlich bindende detaillierte Regelung für ganz Europa, ein Fair-Trade-Gesetz für ganz Europa. Wir wollen und dürfen diesen jungen Erfolgsmarkt nicht überregulieren und so eventuell behindern. Aber es geht darum, Kriterien zu definieren, die die Substanz des Konzepts „fairer Handel“ ausmachen.

Schlüsselkriterien, die im Bericht dafür vorgeschlagen werden, sind unter anderem existenzsichernde Preise für die Produzenten, eine Information der Verbraucherinnen und Verbraucher darüber, welchen Preis die Produzenten halten, also Transparenz, die Einhaltung der Kernkonventionen der internationalen Arbeitsorganisation zu Arbeitsschutz, zu Gesundheitsschutz und zur Kinderarbeit bei der Produktion, die Einhaltung ökologischer Standards, die Unterstützung von Produktion und Marktzugang der Erzeugerorganisationen und ein Monitoring der Einhaltung dieser Kriterien. Es wäre wichtig, dass diese Punkte in der Empfehlung der Kommission aufgeführt werden.

Ich möchte hier der Kommission auch ausdrücklich danken. Gerade in den Generaldirektionen Entwicklung und Handel war die Offenheit — und ich will auch sagen die Sympathie — für diesen Bericht deutlich zu spüren. Wir haben einen sehr konstruktiven Austausch gehabt.

Noch eine persönliche Bemerkung: Kommissar Mandelson, ich weiß, dass Sie gerne Schokolade essen, und ich habe schon oft gesehen, dass Sie fair gehandelte Schokolade von Oxfam bevorzugen. Das sind zwei Vorlieben, die wir beide teilen. Ich weiß also schon durch Ihre Konsumgewohnheiten, dass Sie dem Thema aufgeschlossen gegenüberstehen.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich an Sie appellieren: Schaffen Sie im Aid for Trade-Programm, das wir jetzt bei der WTO diskutieren, einen Sektor für Aid for Fair Trade! Wenn wir nur 10 % der Fördermittel in diesem Bereich für den Fair-Trade-Sektor verwenden könnten, wäre das ein enormer Rückenwind für dieses gute Konzept. Helfen Sie mit, dass bei öffentlichen Ausschreibungen fair gehandelte Produkte bevorzugt behandelt werden dürfen, und erfüllen Sie den Artikel 23 des Cotonou-Abkommens mit Leben, wonach der faire Handel in der Zusammenarbeit mit den AKP-Staaten einen wichtigen Stellenwert haben und unterstützt werden soll!

Wir brauchen eine gut koordinierte Fair-Trade-Politik der Europäischen Union. Das Parlament wird heute — hoffe ich — einen wichtigen Schritt in diese Richtung machen, und es ist dann an der Kommission, einen wichtigen zweiten Schritt zu setzen. Wir brauchen diese Empfehlung, Herr Kommissar Mandelson!

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Schmidt umgehend für seinen Bericht danken und dafür, dass er die Aufmerksamkeit auf meine immer auffälliger werdenden Konsumgewohnheiten lenkt, die, fürchte ich, nur allzu offensichtlich werden, je mehr ich in meine Tätigkeit als Europas Handelskommissar eindringe. Ich möchte ihm aufrichtig und herzlich für seinen Bericht danken, den ich für sehr wertvoll halte und der eine gute Aufnahme finden wird.

Der faire Handel ist meiner Ansicht nach eines der entscheidenden Mittel, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern und um uns für den Kampf gegen die Armut besser zu rüsten, und als Konzept entwickelt er sich rasch. Er ist zweifellos eine sehr populäre Handelspraxis. Er nimmt wertmäßig und an Ansehen in der Öffentlichkeit zu und trägt dazu bei, das Bewusstsein der Öffentlichkeit um all die mit der Nachhaltigkeit verbundenen Fragen zu schärfen.

Nicht nur, dass Sie lediglich konsumieren, was gut ist, wenn man den Inhalt des Konsumierten betrachtet. Es stimuliert auch das Gehirn. Es veranlasst Sie zum Denken, und das macht es noch wertvoller. Es ist schon so, dass Verbraucher über die Produktionsbedingungen nachdenken. Die Leute machen sich Gedanken, sie essen nicht nur, und der faire Handel hat dem auf höchst anziehende Weise den Weg geebnet.

Die Kommission unterstützt aktiv den fairen Handel. Wir sind im Cotonou-Abkommen mit den AKP-Staaten und auch in unserer Mitteilung über die Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung Verpflichtungen eingegangen.

Viele Handels- und Entwicklungshilfeprojekte unterstützen den fairen Handel: Entwicklungsprojekte mit einem Wert von über vier Millionen Euro im Jahr 2003, Tendenz steigend. Diese bestehen in der Hauptsache in der Unterstützung von NRO-Aktivitäten, aber auch in Direkthilfe bei der Harmonisierung von Arbeitsplatznormen. Auch beteiligen wir uns an Veranstaltungen auf dem Gebiet des fairen Handels.

Man könnte dagegen halten, dass der faire Handel zwar dazu beiträgt, das Gewissen derer zu beruhigen, die solche Produkte kaufen, aber andere die Bedürftigen nach wie vor ausbeuten. Der faire Handel ist kein Allheilmittel für alle Probleme armer Produzenten, und wenn Sie keine Produkte des fairen Handels kaufen oder konsumieren, dann bedeutet das nicht zwangsläufig, dass Sie die Armen ausbeuten.

Was wir zur Bekämpfung der Armut und zur Förderung der Entwicklung brauchen, ist ein allgemeiner und kohärenter politischer Rahmen. Den müssen wir entwickeln, in einem Konzept gestalten, und dabei wird uns dieser Bericht helfen.

Der faire Handel ist privat und auf die beteiligten Erzeuger beschränkt, während die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen für alle gelten. So ist der faire Handel etwas Besonderes und Spezifisches, während die Millenniums-Entwicklungsziele allgemein und weit reichend sind, doch zwischen beiden besteht ein klarer Zusammenhang. Die Zielsetzung ist unterschiedlich für den Einzelnen und für die EU-Politik.

Der Einzelne trifft eine persönliche Wahl. Er hat das Recht zu wählen. Sie können das nicht automatisch in eine weiter reichende Politik umsetzen. Der einzelne Verbraucher schaut auf ein Päckchen Kaffee, mit Recht. Die politischen Entscheidungsträger andererseits müssen den Sektor als Ganzes und unsere Verpflichtungen gegenüber diesem Sektor als Ganzes betrachten.

Wir brauchen eine umfassende, öffentliche Lösung – eine, die nicht nur auf den fairen Handel beschränkt ist. Wie in dem Bericht zu Recht festgestellt wird, gibt es andere Akteure, die sich nicht mit dem fairen Handel befassen und die Ergebnisse erzielen, die denen der fairen Händler vergleichbar sind, die das gleiche Wachstumspotenzial aufweisen und die die Wahl des Verbrauchers und die internationalen Handelsstrukturen beeinflussen können. Wir sollten das Potenzial aller glaubwürdigen Initiativen voll nutzen, um die Nachhaltigkeit zu fördern. Das sollte unser Prüfstein sein. Hilft es, bringt es uns auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit voran? Wenn ja, sollte das unsere Reaktionen und unsere Haltung dazu bestimmen.

Aufbauend auf bereits eingegangene Verpflichtungen wollen wir mit unseren Partnern ergründen, ob in die Anwendung von Abkommen über die wirtschaftliche Partnerschaft mit den AKP-Staaten sowie anderer Handelsvereinbarungen spezielle Initiativen zur Verbesserung des Marktzugangs für Erzeugnisse des fairen Handels einfließen können. Hier können wir meiner Ansicht nach unsere Interessen am nützlichsten zur Geltung bringen und unseren Verpflichtungen nachkommen.

Es ist daher sehr sinnvoll, wenn der Bericht auf die Gefahr unzureichender nationaler Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des fairen Handels hinweist. Ich kenne mehrere Initiativen, die dem Stand, den der faire Handel bereits erreicht hat, Schaden zufügen könnten. Hier müssen wir wachsam sein und uns daher überlegen, ob es nicht besser ist, auf kohärentere, kollektive Weise vorzugehen, damit für den fairen Handel das Beste herausspringt

Umgekehrt würden wir bei einem zu starren Festhalten an dem Konzept, das dem fairen Handel zugrunde liegt, Gefahr laufen, andere Systeme zu diskriminieren, von denen einige in Ihrem Bericht positiv erwähnt werden, die einen ähnlichen Anspruch haben und die wir unterstützen können und sollten.

In der Frage der Notwendigkeit, die Verbraucher zu schützen, haben Sie Recht, fragt sich nur, wie. Nach meinem Dafürhalten besteht die Aufgabe der Politik darin zu sichern, dass Mitteilungen an die Verbraucher richtig und transparent sind, und ich freue mich, dass auch das in dem Bericht hervorgehoben wird. Wir haben bereits den Schutz vor irreführenden Behauptungen, aber wir könnten gegebenenfalls noch weiter gehen und dazu beitragen, dass sich der Verbraucher aktiv für die Ethik der Produktion engagiert.

Ich glaube, da ist noch Raum für bessere Informationen über Anspruchskriterien im Allgemeinen, und daran wird gearbeitet. Ich werde meine Dienste bitten, sich damit zu befassen, wie die Nachhaltigkeit durch unterschiedliche Zertifizierungs- und Sicherheitsprogramme, einschließlich des fairen Handels, gefördert werden kann.

Wir werden uns die in diesem Bericht gemachten Vorschläge alle ansehen und natürlich das Parlament über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Wir brauchen einen fortgesetzten Dialog mit dem Parlament. Ich freue mich daher, dass dieser Bericht den Rahmen sowohl für diesen Dialog als auch dafür liefert, wie wir unseren Verpflichtungen auf diesem Gebiet noch besser gerecht werden können, sollten und werden.

Abschließend möchte ich dem Berichterstatter noch einmal für die Qualität dieses Berichts danken.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für internationalen Handel. – Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst meinen herzlichen Glückwunsch an den Berichterstatter Frithjof Schmidt, der die Problematik sehr zielgerecht und erfolgreich zur Abstimmung gebracht hat. Obwohl die Thematik schon mehrfach von Kommission und Parlament behandelt wurde, besteht immer wieder Handlungsbedarf, damit sich der faire Handel auch weiterhin effizient und erfolgreich entwickeln kann. Wichtig ist hier, dass zentrale Standards und Kriterien eingeführt werden, nach denen sich der Markt entwickeln soll. Jedoch muss bei diesem jungen Sektor immer wieder beachtet werden, dass vorschnelle Richtlinien immer die Gefahr einer schematischen Harmonisierung und Überregulierung in sich bergen.

Europa ist mit 60-70 % der Gesamtverkäufe der größte Absatzmarkt für Fair-Trade-Produkte und bietet nach meiner Einschätzung noch weitere Wachstumsmöglichkeiten. Diesbezüglich ist es mir ein besonderes Anliegen, dass Gemeinden, Städte, Länder und andere Gebietskörperschaften immer wieder daran erinnert und aufgefordert werden, Fair-Trade-Produkte bei ihren Ausschreibungen zu berücksichtigen und dann auch bei diversen Veranstaltungen und ähnlichem zu benutzen.

Aufgrund der geringen Produktionsvielfalt an Fair-Trade-Produkten ist der Kunde oft unsicher, ob es sich bei dem als Fair-Trade-Produkt gekennzeichneten Erzeugnis auch tatsächlich um ein solches handelt. Je größer dieser Markt wird, desto größer wird auch diese Unsicherheit. Deshalb müssen wir vielleicht in Zukunft über ein europäisches Fair-Trade-Logo nachdenken.

Für die Produzenten von Fair-Trade-Erzeugnissen fordere ich eine existenzsichernde Preisgestaltung, faire Produktionsbedingungen und das Einhalten von Umweltschutzstandards im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung. Fairer Handel muss untrennbar mit Kernarbeitsnormen verbunden sein. Gelingt es uns jetzt, positive Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Förderung des fairen Handels zu schaffen, können wir als Europäer in diesem Bereich eine ganz wichtige Schrittmacherrolle übernehmen.

 
  
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  Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Schmidt zu diesem Bericht und zu seinen interessanten Ausführungen über den Fair Trade beglückwünschen und ihm dafür danken. Fair Trade kann einen positiven Beitrag zur Entwicklung armer Länder leisten, indem bessere Bedingungen für die Erzeuger und ihre Familien geschaffen, ein besserer Zugang zu den Weltmärkten gewährleistet und eine nachhaltige Entwicklung gefördert werden. Ich möchte Sie auf einige Punkte in dem Text aufmerksam machen, die mit Blick auf den Inhalt des Berichts problematisch sind.

Vor allem wird in dem Bericht der Gedanke vom Fair Trade (großgeschrieben) meiner Meinung nach mit dem fairen Handel im allgemeinen Sinne verwechselt. Der Text wird in der Geschichte der europäischen Rechtsetzung der erste sein, der sich in Form eines Berichts über Erzeugnisse, die mit dem Fair-Trade-Logo versehen sind und als solche vermarktet werden, auf den Fair-Trade-Sektor oder – anders ausgedrückt – den Fair Trade (großgeschrieben) bezieht. Gegenstand des Berichts hätte die Kennzeichnung von Erzeugnissen sein sollen, damit der Leitgedanke des Fair Trade nicht auf Kosten der Verbraucher, die Fair-Trade-Produkte kaufen wollen, verfälscht wird.

Der Bericht betrifft den Fair-Trade-Sektor. Allerdings ist der Bericht, über den wir hier sprechen – und das möchte ich unterstreichen – kein Bericht über den fairen Handel in dem Sinne, dass der internationale Handel fairer wird. Ganz offensichtlich ist fairer Handel – fair kleingeschrieben – etwas anderes, nämlich der Versuch, den Handel insgesamt fairer zu machen, was Gegenstand zahlreicher anderer Entschließungen und Berichte des Europäischen Parlaments ist.

Deshalb ist es meines Erachtens auch nicht angebracht, sich in diesem Zusammenhang auf das Cotonou-Abkommen zu beziehen, in dem es um den fairen Handel – fair kleingeschrieben – geht. Auch halte ich das Thema Preisstabilisierung hier für fragwürdig, und die diesbezüglichen Stellungnahmen sind uns keine Hilfe bei der Bewertung des Gesamtberichts.

 
  
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  Linda McAvan, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Gestern Abend fuhr mich ein ghanaischer Taxifahrer nach Hause. Ich glaube, er war einer der wenigen, die angesichts der Weltmeisterschaftseuphorie arbeiteten. Ich fragte ihn, ob er gern in Frankreich lebe. Er sagte, es sei schon okay, aber er vermisse Ghana. Hier in Frankreich konnten drei seiner Kinder auf die Universität gehen, was in Ghana unvorstellbar wäre.

Ich war vergangenes Jahr in Ghana. Was der Taxifahrer sagte, bestätigte, was ich dort gesehen hatte. Ich war in den Norden Ghanas gereist und mit Tomaten- und Reisanbauern zusammengetroffen. Sie konnten damit ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten und waren daher nicht in der Lage, ihre Kinder zur Schule zu schicken oder sich eine ärztliche Betreuung zu leisten. Gleichzeitig wurden auf den Märkten im Norden Ghanas von den USA subventionierter Reis und in der EU verarbeitete Tomatenprodukte billiger als die einheimischen Erzeugnisse angeboten.

Auf derselben Reise besuchten wir Kakaoanbauer in Zentralghana. Sie waren gewiss keine reichen Leute, aber sie hatten einen stabilen Preis; für ihr Erzeugnis hatten sie einen langfristigen Vertrag. So konnten sie sich eine ärztliche Betreuung leisten, es gab eine Schule für ihre Kinder, und mit dem Fair-Trade-Aufschlag konnten sie in ihren Dörfern in Wasser investieren. Die gleichen Unterschiede sah ich zwischen Fair-Trade-Bauern und Bauern, die nicht in den Genuss des fairen Handels kamen, auf den Bananenplantagen der Windward Islands.

Wir wollen faire Preise für die Landwirte in allen Entwicklungsländern. Wir hoffen, dass die WTO ein gerechteres System schafft, aber bis dahin brauchen wir den Fairen Handel, mit einem großen ‚F’ und einem großen ‚H’. Ich freue mich zu hören, dass die Kommission sich dafür einsetzen wird.

Zur Frage anderer Kennzeichnungen, ja, es werden zurzeit andere ethische Kennzeichnungen entwickelt. Einige sind sehr gut, aber wir müssen hier umsichtig vorgehen. Den fairen Handel bekommen wir nicht zum Billigpreis. Mit zunehmender Größe des Marktes möchten mehr und mehr Marktteilnehmer eine ethische Kennzeichnung, doch sie wollen nicht den realen Preis bezahlen. Wir müssen also aufpassen, wen wir unterstützen, und uns vergewissern, dass die Kennzeichnungen auch wirklich ethisch sind. Beim fairen Handel geht es um Preis und Nachhaltigkeit. Es geht dabei um das Millenniums-Entwicklungsziel der Bekämpfung der Armut.

 
  
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  Sajjad Karim, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich unserem Berichterstatter, Herrn Schmidt, dazu gratulieren, dass er den Standard und damit unsere Ambitionen höher ansetzt. Ich bin sicher, wir alle werden großen Gewinn daraus ziehen, wenn wir seinen Empfehlungen folgen. Ich begrüße auch die von der Kommission geäußerten Auffassungen. Unser partnerschaftliches Herangehen wird, da bin ich sicher, viel Gutes bewirken.

Das ist von besonderer Bedeutung, denn heute kommen viele Speisen und Getränke aus der Welt der Entwicklungsländer, wo Landwirte und Arbeitnehmer es zunehmend schwerer haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Auf unserem globalen Markt ist die Verwendung weltweit anerkannter Kennzeichnungen oder Marken, in die bewusste Verbraucher Vertrauen setzen können, ein logischer, signifikanter Beitrag zu wirtschaftlichen und sozialen Verbesserungen auf dem ganzen Erdball. Durch eindeutige Kennzeichnung beginnen die Menschen zu begreifen, dass auch sie ihren Teil zur Bekämpfung des Problems der weltweiten Armut beitragen können. Die einfache Entscheidung, Erzeugnisse mit der Markierung „Fair Trade“ zu kaufen, kann eine gewaltige Wirkung haben. Sie garantiert, dass Produzenten und Arbeiter in den Genuss gerechterer Löhne und besserer Arbeitsbedingungen kommen, und sie kann ihre Möglichkeiten, die Grundbedürfnisse ihrer Familien zu befriedigen, entscheidend beeinflussen.

In den vergangenen fünf Jahren hat sich gezeigt, dass das Vereinigte Königreich von allen EU-Mitgliedstaaten die dynamischsten Fair-Trade-Strukturen hat und der am schnellsten wachsende Fair-Trade-Markt der Welt ist. Erstaunliche 87 % der britischen Bevölkerung würden eher von Firmen kaufen, die etwas Positives für die Gemeinschaft tun. Auf die Frage, welche Produkte in diese Kategorie fallen, nannten 27 % konkret Erzeugnisse des fairen Handels. Diese Zahl könnte und sollte viel höher ausfallen, und es ist die Pflicht aller verantwortungsbewussten Mitglieder dieses Hauses, Aufklärungsarbeit für dieses notwendige Projekt zu leisten.

In meinem eigenen Wahlkreis im Nordwesten sind wir entschlossen, Qualität und nachhaltige Entwicklung, wo immer das möglich ist, zu fördern. Garstang in Lancashire war die erste Stadt, die 2001 den Fair-Trade-Status erreichte. Dreizehn Städte im Nordwesten, unter ihnen mächtige Industriezentren wie Manchester, Lancaster und Liverpool, sind ihr gefolgt. Kendal war der erste Fair-Trade-Bezirk, und jetzt hat sich der Lancashire Council vorgenommen, die erste Fair-Trade-Grafschaft zu werden.

Wie im Europäischen Parlament sind Erzeugnisse des fairen Handels in vielen Council-Gebäuden erhältlich, der in Versammlungen gereichte Tee und Kaffee stammt aus dem fairen Handel, und es wurden Informationstage durchgeführt, um die Angestellten über die Vorzüge des fairen Handels zu unterrichten.

 
  
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  Miguel Portas, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) In einer Zeit, in der sich die WTO-Verhandlungen erneut in einer Sackgasse befinden, ist es sehr erfreulich, dass dieses Hohe Haus einen Bericht über fairen Handel diskutiert. Wir wissen, dass es sich hier gemessen an der Weltwirtschaft noch immer um einen Tropfen auf den heißen Stein handelt und dass heute eine Million Landarbeiter vom fairen Handel profitieren. Das klingt vielleicht so, als ob es viele wären, aber eigentlich sind es nur sehr wenige. Die EU muss sich daher dem fairen Handel verpflichten, und sei es nur, um das Gewissen einer Gemeinsamen Agrarpolitik zu beruhigen, die in den Ländern im Süden Hunger und Armut verbreitet. Der faire Handel könnte etwas sein, worauf Sie stolz sein können, Herr Kommissar. Andere Menschen, Landwirte, Handelsnetze und anspruchsvolle Verbraucher könnten ihm neues Leben einhauchen.

Herr Schmidt hat einige gute Vorschläge vorgelegt, insbesondere die Senkung der Mehrwertsteuer und die Abschaffung der Einfuhrzölle, doch der positive Aspekt dieses Berichts ist ein anderer; der Bericht zeigt uns, in welche Richtung wir uns bewegen müssen, und offenbart ein Prinzip der Hoffnung. Mit fairem Handel könnte die Welt besser werden.

 
  
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  Eoin Ryan, im Namen der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter zu einem ausgezeichneten, seit langem überfälligen Bericht gratulieren.

Beim fairen Handel geht es darum, den armen Produzenten einen fairen Preis zu bezahlen und ihnen zu helfen, die nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, damit sie ihr Geschäft entwickeln und mit ihrer Arbeit den Weg aus der Armut finden können. Da pflichte ich dem Herrn Kommissar bei. Es ist nicht die einzige Antwort, aber Teil einer Lösung.

Käufer, die Erzeugnisse mit der Bezeichnung Fair Trade wählen, spielen eine ganz wichtige Rolle bei der Milderung der Armut und bei der Unterstützung ausgegrenzter Erzeuger, was ihrer Würde und ihrer Selbstständigkeit förderlich ist. Nach heute veröffentlichten neuen Angaben erreichte der weltweite Absatz von zertifizierten Fair-Trade-Erzeugnissen im Jahr 2005 die Zahl von 1,1 Milliarden. Das ist im Vergleich zu 2004 eine Steigerung um 37 %. Die Botschaft ist klar: Die Verbraucher unterstützen gern den fairen Handel. Um höhere Umsätze von Fair-Trade-Artikeln zu Gunsten von noch mehr ausgegrenzten Erzeugern zu erzielen, muss man die gewerblichen Hersteller einbeziehen und die Belieferung von Supermärkten, wo die meisten Menschen einkaufen, mit Fair-Trade-Produkten fördern.

Der signifikante Anstieg des fairen Handels im Jahr 2005 zeigt auch, dass mehr und mehr Produzenten, Händler und Zulieferer der zertifizierten Bezeichnung Fair Trade vertrauen und dem System beitreten möchten. Wir stehen jedoch vor der Herausforderung zu gewährleisten, dass die Standards bei der Zertifizierung eingehalten werden.

Kürzlich reiste ich mit Trocaire, einer irischen NRO, nach Guatemala. Auf unserer Reise besuchten wir die Kaffeeplantage Claremont, auf der fünfzig Familien seit Generationen leben und arbeiten; ihr Leben kann man nur als ein Leben unter feudalen Verhältnissen bezeichnen. Sie wurden von der Plantage vertrieben, weil die Besitzerin, zufällig die Schwägerin des Präsidenten des Landes, sie nicht mehr auf der Plantage sehen und sie nicht mehr so weiter arbeiten lassen wollte. Das ist eine Gruppe von Menschen, die eine Kooperative bilden wollen, um Kaffee für den fairen Handel zu produzieren. Sie wissen, wie man Kaffee anbaut, denn, wie ich sagte, tun sie das seit Generationen. Ich möchte nur zu Protokoll geben, dass ich die Not dieser Leute in Guatemala in diesem Hohen Haus zur Sprache gebracht habe, weil ich es nachgerade für ein Verbrechen halte, dass Menschen heutzutage so behandelt werden können.

Beim fairen Handel geht es nicht nur um Verkaufen und Kaufen, sondern um die weltweite Herstellung von Gerechtigkeit für die Menschen.

 
  
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  Christofer Fjellner (PPE-DE).(SV) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Ich bin für fairen Handel. Für mich bedeutet das freien Handel ohne Zölle und Quoten in einer Atmosphäre der Achtung des freien Unternehmergeistes und des Eigentumsrechts. Der Bericht folgt teilweise einer anderen Perspektive und scheint stellenweise sogar in die entgegengesetzte Richtung zu weisen.

Im Bericht werden zwei verschiedene Arten von fairem Handel miteinander vermengt. Wenn Unternehmen und Organisationen selbst bestimmen, was ihrer Ansicht nach fair ist, und dann dem Verbraucher nach diesen Kriterien hergestellte Produkte anbieten, dann ist das eine Demonstration von Verbrauchermacht und etwas sehr Positives.

Bei der anderen Art von fairem Handel gehen Politiker untereinander eine freiwillige Geschäftsbeziehung ein und legen die Bedingungen und Preise fest, die sie als fair betrachten, um das dann als fairen Handel bezeichnen zu können. Das ist in meinen Augen Sozialismus und etwas sehr Negatives. Der Bericht schlägt vor, den fairen Handel der Unternehmen auf eine eigene rechtliche Grundlage zu stellen und politische Ziele und Kriterien einzuführen. Damit rücken wir von der so wichtigen Verbrauchermacht ab und verwandeln diese in eine Art sozialistische Planwirtschaft. Es verwundert mich, dass so viele Abgeordnete dieses Hauses das als wünschenswert betrachten.

Obwohl das Fair-Trade-Gütesiegel ein Ausdruck der Verbrauchermacht und etwas äußerst Positives ist, möchte ich dennoch abschließend an alle appellieren, an die Politiker ebenso wie an die Bürger, auch weiterhin kritische Konsumenten zu sein, insbesondere in Bezug auf Fair-Trade-Erzeugnisse. Oft bringen diese vor allem solchen Organisationen mehr Geld und Einfluss, die von linker Ideologie und dem Widerstand gegen den freien Handel geprägt sind, und weniger den wirklich armen Menschen in unterentwickelten Ländern. Der Orangensaft von Tropicana und Dole trägt vermutlich mehr zur Entwicklung und Armutsbekämpfung bei als dieser hier von Oxfam.

Gerade die bedenkenlose Umarmung von Oxfam durch das Europäische Parlament ist ein gutes Beispiel dafür, in welch unkluge Richtung die Dinge gehen können, wenn wir Fair-Trade-Produkte unkritisch bejahen. Der hier im Haus verkaufte Orangensaft Oxfam beispielsweise kommt aus Kuba. So lange, bis mir jemand erklären kann, wie man es als fairen Handel bezeichnen kann, wenn ich in Staatsbetrieben produzierten Saft kaufe und mein Geld einer kommunistischen Diktatur zugute kommt, fordere ich, dass alle Oxfam-Produkte aus dem gesamten im Parlament angebotenen Sortiment entfernt werden, denn das ist kein fairer Handel.

 
  
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  Karin Scheele (PSE). – Frau Präsidentin! Ich möchte dem Berichterstatter und auch dem Verfasser der Stellungnahme meine Glückwünsche übermitteln. Es ist ein sehr guter Bericht. Bei manchen Rednern hat man das Gefühl, sie hätten den Bericht nicht gelesen und halten ihre Vorträge, die sie aus anderen politischen Foren mitnehmen.

Egal, ob man fairer Handel nun groß oder klein schreibt — für mich ist es sehr wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass das Label „fairer Handel“ mit den entsprechenden Bedingungen ein Vorbild für den internationalen Weltmarkt sein kann. Ich frage mich, warum man in diesem Haus so viel Angst vor Fairness im Welthandel hat. Wir würden uns manche entwicklungspolitische und migrationspolitische Diskussion ersparen, wenn das Welthandelssystem fairer gestaltet wäre.

Wir haben mit den Unternehmern aus den AKP-Ländern — aus den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten — gesprochen, als vor zwei Wochen ein parlamentarisches Treffen in Wien stattfand. Die Vertreter dieser Kleinunternehmer haben uns gesagt, welche wichtige Rolle dieses Label „fairer Handel“ in ihrer Region spielt. Außerdem meinten Sie, es wäre ein gutes Beispiel und eine Lösung für das Problem in ihrer Region, wenn der internationale Handel insgesamt mehr in diese Richtung gehen würde. Es wurde auch darauf hingewiesen, welch enormen Einfluss die faire Handelsproduktion auf die Armutsbekämpfung generell, aber speziell auf das Leben der Frauen hat.

Es ist wichtig, dass man das klar sagt, und ich hoffe, dass wir den Bericht des Berichterstatters unverändert annehmen, um sowohl das Label „fairer Handel“ als auch den fairen Handel tatkräftig zu unterstützen.

 
  
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  Fiona Hall (ALDE).(EN) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Schmidt für seinen ausgezeichneten Bericht danken. Der faire Handel ist eine Erfolgsstory. Der Wert der im Vereinigten Königreich verkauften Fair-Trade-Erzeugnisse verdoppelte sich zwischen 2002 und 2004, und Fair-Trade-Markennamen für Kaffee und Tee sind in den Haushalten zu gängigen Bezeichnungen geworden.

Im Vereinigten Königreich konsumiert man jeden Tag schätzungsweise drei Millionen Heißgetränke aus dem fairen Handel. Das größte britische Fair-Trade-Unternehmen, Tradecraft, hat seinen Sitz in meinem Wahlkreis, in Gateshead. Ich bin stolz darauf, dass der faire Handel jetzt im Nordosten Englands an Fahrt gewinnt und immer mehr Orte Fair-Trade-Städte werden.

Wenn der faire Handel vielerorts auch zunimmt, so ist er doch in einigen Mitgliedstaaten schwächer entwickelt als in anderen. Eine Unterstützung des fairen Handels seitens der EU durch Aufklärung der Verbraucher und durch Informationskampagnen kann zum Anwachsen des fairen Handels in ganz Europa beitragen. Eine bescheidene Förderung des fairen Handels würde ein erhebliches Wachstum des Marktes für Waren des fairen Handels auslösen und zu einer signifikanten Milderung der Armut in den Erzeugerländern führen.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele, die gerechtere Verteilung der Früchte der Globalisierung und die effektivere Einbeziehung der Entwicklungsländer in das Weltwirtschaftssystem stellen die vordringlichen Herausforderungen dar, die die internationalen Gemeinschaft zu bewältigen hat.

Niemand kann den positiven Beitrag, den die Fair-Trade-Initiativen und -Programme für die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Entwicklungsländer leisten, in Frage stellen.

Die Union ist bekanntlich einer der offensten Märkte der Welt, insbesondere im Ergebnis der „Alles außer Waffen“-Initiative, die den weniger entwickelten Länder zugute gekommen ist, sowie der Vorzugsbehandlung anderer Entwicklungsländer.

Der freie Zugang ist jedoch nicht das einzig Notwendige. Es ist auch erforderlich, einen ausgewogeneren Zugang zu gewährleisten und die Mittel zwischen den konkurrierenden Exporteuren und Kleinerzeugern neu zu verteilen. Und zudem müssen wir Sozial- und Umweltdumping bekämpfen.

Die Zugeständnisse, die die Union gemacht hat, und die Entwicklungspolitik, die sie verfolgt, sollten vor allem auf die schwächeren Länder ausgerichtet sein, insbesondere auf diejenigen, die sehr große Not leiden. Das heißt, es hat keinen Sinn, den europäischen Markt zugunsten der Großexporteure in den Entwicklungsländern und zulasten der kleinen und mittleren Erzeuger in Europa zu öffnen. Die Entwicklung von Fair-Trade-Systemen und die Förderung von Produkten, die hohe soziale und ökologische Anforderungen erfüllen, sind umso wichtiger, als solche Fragen bei den laufenden Verhandlungen der Welthandelsorganisation ausgeklammert werden.

Abschließend möchte auch ich dem Berichterstatter, Herrn Schmidt, zu seinem qualitativ hochwertigen Beitrag zur Debatte über die internationalen Rechtsvorschriften zum fairen Handel gratulieren.

 
  
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  Glenys Kinnock (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich begrüße das Engagement des Herrn Kommissars für diese Probleme und vor allem auch die Tatsache, dass er uns ein klares Bild davon vermittelt, was sich hinter dem bloßen Genuss von Oxfam-Schokoladen verbirgt.

Auch möchte ich sagen, dass ich wie Linda McAvan viele Erfahrungen in Entwicklungsländern sammeln konnte, beispielsweise in Uganda, wo ich im vergangenen Jahr einem Landwirt begegnete, der ein Kilo Kaffeebohnen für 150 Uganda-Schilling verkaufen wollte. Ich bezahlte ihm schließlich 1000 Uganda-Schilling für eine Tasse Kaffee. Mit solcherart Ungerechtigkeit befasst sich die Fair-Trade-Bewegung.

Mein Heimatland, Wales, hat sich nun entschlossen, zu einem Leuchtturm der Praxis des fairen Handels zu werden. In dieser Woche kündigte unser Erster Minister Vorschläge an, wie Wales eine Fair-Trade-Nation werden kann. Wir arbeiten nunmehr daran, die Probleme des fairen Handels unter der Bevölkerung von Wales bekannt zu machen. Das bedeutet Arbeit an Universitäten, an Schulen, im Freiwilligensektor, über Unternehmensnetze hinweg und andernorts sowie Aufklärung unter unserer Bevölkerung.

Ich gehe davon aus, dass Wales im Jahr 2007 eine Fair-Trade-Nation wird, und unsere Unterstützung für den fairen Handel wird, wie bereits andere Kollegen sagten, das Leben unzähliger armer Leute gewaltig verändern; wir werden damit unseren Beitrag dazu leisten, dass die Armut der Vergangenheit angehört.

 
  
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  Wiesław Stefan Kuc (PSE). – (PL) Frau Präsidentin! Der Bericht Schmidt und der Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments haben meine volle Unterstützung.

In Zusammenfassung dieser Dokumente stelle ich fest, dass es beim fairen Handel nicht allein um faire Preise und den Zugang zum Markt geht. Ebenso wenig geht es nur um die Anhebung der Sozialstandards, die Ausrottung der Armut, um technische Unterstützung und Kapazitätsaufbau. Dazu gehört auch, dass die sozioökonomische Situation der Erzeuger und ihrer lokalen Gemeinschaften berücksichtigt wird. Deshalb möchte ich Sie im Namen der Mitglieder der Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments zur Vernichtung von Altpestiziden sowie im Namen der Nichtregierungsorganisationen, die mit uns zusammenarbeiten, auf die Probleme aufmerksam machen, die durch Zehntausende Tonnen Altpestizide verursacht werden, die in afrikanischen Ländern, in den ehemaligen sowjetischen Staaten, EU-Mitgliedstaaten und Ländern lagern, die sich um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bewerben. Diese Pestizide stellen eine ernsthafte Gefahr für die Entwicklung dar. Sie beschränken die Produktion gesunder Lebensmittel und beeinträchtigen dadurch die Möglichkeiten der Länder, am Handel teilzunehmen.

Lassen Sie uns diesen Ländern helfen, die Quelle dieser Bedrohung zu beseitigen.

 
  
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  Peter Mandelson, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Dies war eine wichtige und erhellende Aussprache, die den Bürgerinnen und Bürgern in ganz Europa, die den Handel wirksamer in den Dienst der Entwicklung stellen wollen, eine ganz klare Botschaft sendet.

Auch wenn Programme für fairen Handel kein Allheilmittel sind, so bedeutet das doch nicht, dass wir sie nicht unterstützen sollten. Denn wenn sie auch keine endgültige Lösung darstellen, sollten wir nicht die Augen davor verschließen, dass sie einen ganz wichtigen Beitrag zu der angestrebten Gesamtlösung leisten, indem wir den Handel in den Dienst der Entwicklung stellen, um die Armut in der Welt bekämpfen zu können. Deshalb ermöglichen es uns dieser Bericht und diese Debatte, Position zu beziehen und eine Botschaft zu vermitteln, nicht zuletzt weil das Interesse und die Besorgnis der Öffentlichkeit zunehmen. Für mich hat insbesondere Herr Karims Redebeitrag die zunehmende Aktivität und das geschärfte Bewusstsein der Öffentlichkeit deutlich gemacht. Wir als Politiker müssen diese öffentliche Meinung zum Ausdruck bringen und sie reflektieren sowie Wege finden, damit sie sich weiter Bahn bricht.

Aus all diesen Gründen – denn die Verbraucher werden zunehmend bewusster und wollen eine begründete Entscheidung treffen – nimmt der Druck auf die Mainstream-Betreiber – Produzenten und Händler – zu, sich anzupassen und den höheren Erwartungen und Standards der Öffentlichkeit zu entsprechen. Dies wiederum führt dazu, dass Druck auf die Regierungen ausgeübt wird, damit diese dazu beitragen, diese Standards anzuheben sowie Aufklärung und Information der Verbraucher zu verstärken. Wir haben hier also einen „Circulus vitiosus“, zu dem wir unseren Beitrag leisten sollten.

Was im privaten Kontext funktioniert und was für die Entscheidung eines einzelnen Verbrauchers gilt, lässt sich natürlich nicht automatisch oder ohne Weiteres in eine verordnete staatliche Politik übertragen. Das ist klar. Es ist auch nicht so, dass ein spezielles Programm oder ein spezielles Etikett auf dem Gebiet des fairen Handels diesem Programm bzw. diesem Etikett ein exklusives Nutzungsrecht verleihen. Es gibt noch andere Organisationen und NRO, wie die Rainforest Alliance, die in Zusammenarbeit mit Mainstream-Unternehmen einen ähnlichen umweltpolitischen und sozialen Nutzen bringen. Die entscheidende Aufgabe der Politik besteht darin, aus all diesen Bemühungen das Beste herauszuholen und nicht, sich auf einige zu konzentrieren, um andere, unwissentlich und unbewusst, zu diskriminieren.

Ich möchte die Kommission erneut darauf festlegen, in diesem Bereich mit NRO zusammenzuarbeiten, und wir begrüßen die Unterstützung des Parlaments. Eine umfassendere Arbeit wird dort unter der Leitung von Herrn Michel auf dem Gebiet der Änderung des Warenangebots geleistet, womit wir die Einrichtung eines Webportals zu unterstützen planen, das als Clearing-Stelle für Informationen über alle Arten von Programmen in Bezug auf die Verbrauchersicherheit dienen soll.

Es gibt noch andere Ideen und Vorschläge, die ich in die Kommission mitnehmen und mit meinen Kollegen erörtern will. Wir müssen gute Modelle schaffen, die höhere Standards ermöglichen. Dem fühlen wir uns gemeinsam verpflichtet, und ich freue mich darauf, diese Arbeit mit dem Parlament fortsetzen zu können.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute statt.

 
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