– die mündliche Anfrage an die Kommission über die biologische Vielfalt (COP 9) und die 4. Tagung der Vertragsparteien des Protokolls von Cartagena über die biologische Sicherheit (COP-MOP 4) von Miroslav Ouzký im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (O-0023/2008 – B6-0017/2008)
– die mündliche Anfrage an den Rat über die biologische Vielfalt (COP 9) und die 4. Tagung der Vertragsparteien des Protokolls von Cartagena über die biologische Sicherheit (COP-MOP 4) von Miroslav Ouzký im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (O-0022/2008 – B6-0016/2008)
Miroslav Ouzký, Verfasser. − (CS) Frau Präsidentin, Herr Minister, Herr Ratspräsident! Zunächst möchte ich etwas erwähnen, das nichts mit meiner Frage zu tun hat, um einer Beschwerde Ausdruck zu verleihen. Während es in allen Ländern zu den Aufgaben der Polizei gehört, dafür zu sorgen, dass Politiker oder Parlamentsabgeordnete ihre Arbeit erledigen können, versucht die französische Polizei, die Mitglieder des Europäischen Parlaments an ihrer Arbeit zu hindern. Am Eingang zu diesem Hause hinderte mich ein Polizist am Betreten des Gebäudes, selbst nachdem er meinen Passierschein gesehen hatte, angeblich um eine Demonstration zu schützen, die vor dem Eingang zum Parlament stattfand. Ich halte dies für skandalös, und ich hoffe, dass diese Angelegenheit im Parlament zur Sprache kommt. Dies hat natürlich nichts mit meiner Frage zu tun, aber ich kann Ihnen sagen, dass ich nicht hier stehen und reden würde, wenn ich nicht um das Gebäude herum zu einem anderen Eingang gerannt wäre.
Ich war berechtigt, im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, eine mündliche Anfrage an den Rat und die Kommission zu richten hinsichtlich der bevorstehenden Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und über die Biosicherheit in Bonn. Die Grundfrage, sowohl an den Rat als auch an die Kommission, betrifft die Klärung der Ziele für diese Konferenz. Wir möchten auch erfahren, ob der Rat und die Kommission beabsichtigen, die Mitglieder des Europäischen Parlaments in die Konferenz einzubeziehen. Ich muss sagen, dass unser Ausschuss mehr als bloß die Annahme von Entschließungen und einzelnen Vereinbarungen will: Er will wissen, wie diese durchgeführt und implementiert werden, d. h. wie sie in die Praxis umgesetzt werden.
Ich möchte fragen, ob die Europäische Union und die europäischen Institutionen ihre führende Rolle in diesem Bereich, im Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt, begreifen. Wenn wir eine führende Kraft sein wollen, sollten wir dies absolut deutlich machen. Ich möchte fragen, ob wir begreifen, dass die Finanzierung all dieser Programme und Entscheidungen eine grundlegende Notwendigkeit ist und dass sie ohne angemessene finanzielle Unterstützung nicht umgesetzt werden können. Ich hoffe auch, dass sowohl die Kommission als auch der Rat die Auswirkungen der Wasserknappheit in der Mittelmeerregion und die Auswirkungen von Dürren und Klimawandel auf die biologische Vielfalt als solche begreifen.
Der Ausschuss möchte gerne erfahren, ob der biologischen Vielfalt in den Meeren und an den Küsten besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird und ob die Kommission und der Rat sich über die Bedeutung der Einbeziehung regionaler und lokaler Regierungen sowie von Unternehmen in diesem Bereich, im Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt, im Klaren sind. Ich möchte erfahren, ob wir die Bedeutung nachhaltiger Forstwirtschaft und nachhaltigen Pflanzenbaus begreifen, mit besonderer Betonung der nachhaltigen Produktion von Biokraftstoffen, die zu einem Thema wird, an dem sich die Geister scheiden. Wie Sie wissen, ist die Erzeugung von Biokraftstoffen ein Teil des Klimapakets, über das wir jetzt diskutieren, und die nachhaltige Verwendung und Entwicklung von Biokraftstoffen sind sehr wichtige Themen. Andererseits wissen wir, dass sehr negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu befürchten sind.
Die Präsidentin. − Herzlichen Dank. Ich werde Ihre Beschwerde weitergeben. Vielleicht werden Sie dann entsprechend kontaktiert.
Janez Podobnik, amtierender Ratspräsident. − (SL) Gestatten Sie mir, dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und seinem Vorsitzenden, Herrn Ouzký, für seine mündliche Anfrage an mich, den Rat und die Kommission zu danken. Mit dieser Anfrage messen Sie dem sehr sensiblen Problem der biologischen Vielfalt große Bedeutung bei.
Gemeinsam mit dem Klimawandel bildet die biologische Vielfalt den größten Schwerpunkt des Ratsvorsitzes unter seinen Aufgaben im Bereich Umwelt. Das neunte Treffen der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (COP 9), das im Mai in Bonn stattfinden wird, ist daher ein wichtiges Ereignis für die Europäische Union insgesamt, sowie auch für die slowenische Präsidentschaft.
Innerhalb des 18-monatigen Rahmenprogramms des deutschen, portugiesischen und slowenischen Ratsvorsitzes hat sich der Rat durch intensive Vorbereitungen darum bemüht, dieses Treffen im Hinblick auf den besseren Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt auf globaler Ebene erfolgreich zu gestalten. Der Rat hat darauf hingewiesen, dass sich die Europäische Union der Erfüllung des weltweiten Ziels verpflichtet fühlt, wonach sie beabsichtigt, bis 2010 den Verlust an biologischer Vielfalt erheblich zu verlangsamen. Ebenso verpflichtet fühlt sie sich der Erreichung des EU-Ziels, die Abnahme der biologischen Vielfalt in Europa bis 2010 zu beenden. Meine Antwort auf Ihre Frage lautet daher: Ja, die Europäische Union möchte und muss sich ihre führende Rolle in der Welt auf diesem Gebiet bewahren.
Der Rat hat betont, dass die Europäische Union bestrebt ist, eine aktive und konstruktive Rolle einzunehmen, und dass sie bei der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt im Mai weitreichende, jedoch realistische Ergebnisse anstreben wird. Der Rat hat zudem erklärt, dass zur Erreichung des weltweiten Ziels bis 2010 die konsequente Fortführung konkreter Maßnahmen auf allen Ebenen dringend geboten ist.
Wir müssen das Übereinkommen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene umsetzen. Die Europäische Union hat sich politisch zur Erreichung aller drei Ziele des Übereinkommens über die biologische Vielfalt verpflichtet, das heißt Schutz und Nachhaltigkeit der Nutzung der biologischen Vielfalt, Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechte Aufteilung des daraus erwachsenden Nutzens.
Die Beschlüsse, in denen die Schwerpunktaufgaben der Europäischen Union für die neunte Konferenz der Vertragsparteien festgelegt sind, wurden durch den Rat zunächst im Juni des vergangenen Jahres angenommen, und dann wiederum im März dieses Jahres. Erlauben Sie mir, einige dieser Schwerpunktaufgaben aufzuzählen. Wir müssen hervorheben, wie wichtig die beschleunigte Umsetzung aller Arbeitsprogramme des Übereinkommens über die biologische Vielfalt ist und die Synergie zwischen der Klimapolitik und der biologischen Vielfalt verbessern, um einen möglichst großen gemeinsamen Nutzen zu erzielen. Der Rat weist immer wieder auf die Notwendigkeit des Zusammenhalts auf allen Ebenen hin, wenn es um die Umsetzung internationaler Umweltabkommen geht.
Wir müssen betonen, dass es von großer Bedeutung ist, bei der neunten Konferenz über die Erzeugung, den Handel und die Verwendung von Biokraftstoffen und Biomasse und ihre Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen zu sprechen. In dieser Hinsicht ist es sogar noch bedeutender, die Nachhaltigkeitskriterien für die Erzeugung von Biokraftstoffen genau festzulegen. Wir sollten die Dringlichkeit unterstreichen, das Programm für die biologische Vielfalt der Wälder sowie zur Verringerung der Entwaldung und der Verschlechterung der Waldökosysteme umzusetzen. Der Rat unterstreicht die Bedeutung der Wälder für die Anpassung an den Klimawandel und dessen Abmilderung sowie für den Erhalt der biologischen Vielfalt.
Wir müssen die schnelle und umfassende Umsetzung des Arbeitsprogramms für Schutzzonen sicherstellen. In diesem Rahmen müssen wir technische und finanzielle Unterstützung leisten – Sie hatten ja die Finanzierung angesprochen –, das heißt finanzielle Unterstützung zur Schaffung von Schutzzonen in der ganzen Welt. Beim neunten Treffen sollten wir Umweltkriterien für die Ermittlung schutzbedürftiger Meeresregionen in der Tiefsee annehmen. Es ist wichtig, die Rolle der Privatwirtschaft, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, bei der Umsetzung des Übereinkommens hervorzuheben.
Schließlich hat die Europäische Union den festen Entschluss gefasst, ihre aktive Beteiligung an der Planung und Aushandlung des internationalen Verfahrens für den Zugang zu genetischen Ressourcen und die Aufteilung des daraus erwachsenden Nutzens fortzusetzen. Die Europäische Union wird sich bemühen, die Verhandlungen vor dem zehnten Treffen der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens zum Abschluss zu bringen.
Abschließend sei gesagt, dass bei dem Treffen mehr als 20 verschiedene Themen auf dem Programm stehen. Ich habe nur diejenigen erwähnt, die aus Sicht des Rates von zentraler Bedeutung sind, um die Ziele des Übereinkommens zu erreichen, allen voran das Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 einzudämmen. Dieses wird das letzte Treffen vor Ablauf der Frist im Jahr 2010 sein und daher der Stichtag für die Verabschiedung konkreter Maßnahmen. Da dieses Treffen in Europa stattfinden wird, ist es für die Europäische Union von umso größerer Bedeutung, für ihre Prioritäten und Initiativen zu werben.
Ich habe mich zudem mit Ihrem Entschließungsvorschlag vertraut gemacht, über den Sie morgen im Europäischen Parlament abstimmen werden. Unserer Meinung nach ist die Entschließung eine angemessene Zusammenfassung der Hauptschwerpunkte und Ziele, die die Europäische Union in Bonn erreichen möchte.
VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT Vizepräsident
Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Ouzký für diese überaus wichtige Anfrage danken. Ich denke, uns allen ist aufgefallen, dass 2007 ökologische Themen ganz oben auf die politische Agenda gesetzt wurden. Der Klimawandel beherrschte Schlagzeilen und Volksmeinung.
Aber der Verlust der biologischen Vielfalt ist eine globale Bedrohung, die ebenso dringend bewältigt werden muss, und beides ist miteinander verknüpft. Der Klimawandel und die biologische Vielfalt sind miteinander verknüpft. Wenn wir es versäumen, diese Verbindung zu berücksichtigen, untergraben wir damit möglicherweise unsere Bemühungen, auf beiden Gebieten Verbesserungen zu erreichen.
Wie bieten wir dem Verlust der biologischen Vielfalt Einhalt? Nun, ich meine, Europa hat auf diesem Gebiet einige Forschritte erzielt, indem es die Maßnahmen umgesetzt hat, die in der Mitteilung der Kommission von 2006 mit dem Titel „Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und darüber hinaus“ beschrieben waren. Weitergehende Bemühungen sind jedoch erforderlich. Insbesondere benötigen wir eine stärkere Beteiligung von Branchen außerhalb des Naturschutzes, zum Beispiel Landwirtschaft, Fischereiwesen und Energie.
Eine wirkungsvolle internationale Zusammenarbeit ist ebenfalls unerlässlich, und wir sind fest entschlossen, im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt weltweit für den Schutz der globalen Vielfalt zu arbeiten.
Die neunte Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt, die parallel zu dem vierten Treffen der Vertragsparteien des Cartagena-Protokolls über die biologische Sicherheit stattfinden wird, bietet eine bemerkenswerte Gelegenheit, den Schutz der Artenvielfalt auszuweiten, und da Deutschland Veranstalter und Vorsitzender dieser Zusammenkünfte sein wird, spielt Europa eine besondere Rolle. Wir werden auf die Beschleunigung der internationalen Bemühungen drängen, das globale Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 entscheidend zu verringern, zu erreichen.
Anfang März legte der Rat in seinen Schlussfolgerungen im Wesentlichen das politische Mandat und die maßgeblichen Ziele der EU für diese beiden Treffen dar. Diese lassen sich in sieben Punkten zusammenfassen:
Erstens möchten wir uns über neue Verpflichtungen zur Verbesserung der Umsetzung verständigen, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der Programme des Übereinkommens über die biologische Vielfalt auf Schutzgebiete und die biologische Vielfalt der Wälder.
Zweitens möchten wir sicherstellen, dass die Maßnahmen zur Klimaanpassung und zur Begrenzung des Klimawandels auch das Ziel beinhalten, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 einzudämmen. Die Beschlüsse, die wir in Bonn fassen werden, sollten zu der sich an die Konferenz von Bali anlehnende Diskussion über die Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung beitragen.
Drittens werden wir uns für die Verabschiedung von Kriterien für die Kennzeichnung empfindlicher, schützenswerter Meeresgebiete einsetzen. Darüber hinaus beabsichtigen wir, alle Vertragsparteien auf die Art der Anwendung dieser Kriterien festzulegen.
Viertens möchten wir internationale Leitsätze zur Förderung von für die biologische Vielfalt unschädlichen Wegen zur Steigerung der Produktion und des Verbrauchs von Biomasse, einschließlich Biokraftstoffen, entwickeln.
Fünftens haben wir uns zum Ziel gesetzt, die wesentlichen Bestandteile eines internationalen Systems für den Zugang zu genetischen Ressourcen zu bestimmen sowie zur Verteilung des Nutzens, der aus ihrer Verwendung entsteht.
Sechstens wollen wir ein Abkommen über die Schaffung eines internationalen Mechanismus für wissenschaftliche Fachkenntnisse über die biologische Vielfalt.
Und siebtens schließlich werden wir uns für einen Beschluss im Bereich Haftung und Entschädigung für Schäden einsetzen, die aus der grenzüberschreitenden Verbringung genetisch veränderter Organismen entstanden sind.
Die Kommission ermöglicht es den Abgeordneten des Parlaments daher jederzeit, sich an den Gemeinschaftsdelegationen zu beteiligen, die über multilaterale Abkommen verhandeln. Ich selbst habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich begrüße es, dass Mitglieder des Europäischen Parlaments an COP 9 und MOP 4 teilnehmen werden, wie diese Veranstaltungen in der Sprache, die wir in diesem Zusammenhang gebrauchen, heißen. Selbstverständlich bin ich daran interessiert, Ihre Hauptanliegen und Erwartungen für diese Zusammenkünfte zu erfahren.
Pilar del Castillo Vera, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, Herr Minister, Frau Kommissarin! Heute Nachmittag spreche ich im Namen von Frau Gutiérrez Cortines.
Zunächst möchte ich erklären, dass das EP die Konferenz der Vertragsparteien des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt klar und vorbehaltlos unterstützt.
In diesem Zusammenhang dient die Entschließung, über die wir morgen abstimmen, der Stärkung der Hauptziele und -absichten der internationalen Konferenz, die wie folgt lauten: erstens, Sicherung des bestmöglichen Schutzes der Ressourcen von Fauna und Flora; zweitens, Förderung einer nachhaltigen Bodennutzung für die Erhaltung der Arten und der Natur, und schließlich Schutz unseres natürlichen genetischen Kapitals.
In dieser Hinsicht sollte eine Reihe von Erhaltungsprogrammen in die Überlegungen einbezogen werden, insbesondere die Modelle, die in der EU bereits zur Anwendung kommen. Ich meine konkret Natura 2000 und Habitats, die sich als äußerst nützlich erwiesen haben.
Ich glaube auch, dass wir einen umfassenden Ansatz für unsere Arbeit finden und flexible Modelle anwenden sollten, weil die Natur letztendlich ein dynamisches System in ständiger Evolution ist, das durch alle an dieses System gestellten Forderungen, was die Landwirtschaft und andere Funktionen angeht, beeinträchtigt wird.
Ferner bin ich der Meinung, dass mehr auf Wissenschaft und Ausbildung basierende Kriterien herangezogen werden sollten und dass alle wirtschaftlichen und durchführbarkeitsbezogenen Aspekte Berücksichtigung finden sollten.
Die Ansicht der Eigentümer und die Anreize für Eigentümer sind ebenfalls wichtige Themen, und so habe ich zwei Fragen an die Kommission. Wie sieht sie die Anwendung wissenschaftlicher Methoden bei der Katalogisierung und Bestimmung der Sorten und der zu erhaltenden Räume? Welche Auffassung vertritt sie zu den Anreizen für Eigentümer auf allen Ebenen?
María Sornosa Martínez, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, Herr Minister, Frau Kommissarin! Wir alle wissen, dass der Verlust der biologischen Vielfalt weit tragende ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Auswirkungen mit sich bringt, die durch den negativen Einfluss des Klimawandels noch verschärft werden.
Die Folgen dieser Situation treffen die Ärmsten besonders hart. Das Übereinkommen über biologische Vielfalt ist das wichtigste Rechtsinstrument der Welt im Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt. Doch wir haben ein Problem: Der Mangel an finanziellen Mitteln ist ein Hemmschuh zur Erreichung der Ziele des Übereinkommens. Deshalb rufe ich den Rat und die Kommission auf, die Zuwendung von Mitteln für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in allen relevanten Budgets ihres Aufgabenbereichs zu unterstützen.
Ich möchte einige Aspekte hervorheben, die im Entschließungsantrag besonders erwähnt werden: die Anerkennung des anhaltenden Verlusts der biologischen Vielfalt in der Europäischen Union, die jetzt eine Tatsache ist; der Schritt zu einer rechtsverbindlichen internationalen Regelung für den Zugang zu genetischen Ressourcen und den Ausgleich der daraus erwachsenen Vorteile; und die Unterstützung der Realisierung der eingegangenen Verpflichtungen für ein besseres Management und die Erhaltung der biologischen Vielfalt der Meere, um sie gegen zerstörerische Praktiken und unhaltbare Fischereitätigkeiten zu schützen, die den marinen Ökosystemen schaden.
Abschließend möchte ich sagen, dass der Zeitpunkt gekommen ist, um entschlossen zu handeln und zu versuchen, alle diese Probleme zu lösen, denn auch wenn ich der Ansicht bin, dass noch Zeit ist – wir alle sind uns dessen bewusst –, arbeitet die Zeit gegen uns und gegen die biologische Vielfalt, die wir schützen wollen.
Johannes Lebech, im Namen der ALDE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Die neunte COP-Konferenz über die biologische Vielfalt hätte kaum zu einem günstigeren Zeitpunkt stattfinden können. In den letzten Wochen wurde viel über Biokraftstoffe geredet und geschrieben, und eines muss klar sein: Biokraftstoffe dürfen nicht auf Kosten der biologischen Vielfalt produziert werden. Natürlich prüfen wir derzeit Vorschläge der Kommission für eine Richtlinie, die die Verwendung von nachhaltigen Energieträgern, darunter Biokraftstoffen, fördern wird. Das Parlament muss gewährleisten, dass für die Erzeugung derartiger Biokraftstoffe strenge Kriterien im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeit festgesetzt werden. Wir werden im Kampf gegen die globale Erwärmung nichts erreichen, wenn wir CO2-Emissionen von Autos verringern und gleichzeitig CO2-Emissionen erhöhen, indem wir Wälder und Felder zur Produktion von Kraftstoffen roden und damit große Mengen CO2 aus den Böden freisetzen. Die Konferenz in Bonn wird eine gute Gelegenheit sein, die Bedeutung einer Biokraftstoffproduktion, die in Einklang mit Nachhaltigkeitsanforderungen innerhalb wie auch außerhalb der EU steht, zu betonen.
2002 gingen die Vertragsparteien die Verpflichtung ein, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 auf globaler, regionaler und nationaler Ebene spürbar zu verringern. Es ist wichtig, dass die Vertragsparteien weiterhin auf dieses Ziel hinarbeiten. Die UN-Konvention über die biologische Vielfalt stellt den globalen Rahmen für den Schutz der biologischen Vielfalt dar. Leider enden viele internationale Übereinkommen mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Dies ist ein Unding, wenn es um den Schutz der Natur geht. Die EU muss hohe Standards für sich selbst setzen und versuchen, die Standards in internationalen Übereinkommen anzuheben. Die EU muss auch im Hinblick auf den Schutz der biologischen Vielfalt mehr tun. Derzeit stimmen unsere Taten nicht mit unseren Worten überein. Das könnte unsere Glaubwürdigkeit schwächen. Dennoch müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten auf einen größeren Schutz der biologischen Vielfalt drängen, insbesondere in bewaldeten und landwirtschaftlich genutzten Gebieten, da diese Gebiete unter besonderem Druck stehen, weil immer mehr Biokraftstoffe produziert werden.
Wie können wir gewährleisten, dass biologische Vielfalt und Biokraftstoffe sich nicht gegenseitig ausschließen? Wir können dies tun, indem wir strengere Anforderungen einführen. Dann wird es vielleicht möglich sein, beides zu erreichen. COP 9 wird helfen, dies sicherzustellen.
Zdzisław Zbigniew Podkański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der Erhalt der biologischen Vielfalt stellt eine Herausforderung für die heutige Welt dar. Nicht nur die Schönheit der Natur steht hier zur Debatte, sondern auch das natürliche Gleichgewicht und das Wohlergehen der Menschheit.
Seit vielen Jahren schon beschäftigen wir uns nun mit dem Problem chemischer Verunreinigungen und anderer schädlicher Auswirkungen der Zivilisation, z. B. mit der Umweltbelastung, dem Klimawandel, mit Verschmutzung, Waldsterben und der Zerstörung von Lebensräumen. Der Treibhauseffekt ist seit kurzem zu einem hochaktuellen Thema geworden. Leider wurde das Problem der biologischen Kontamination durch genetisch veränderte Organismen vernachlässigt, und wir alle sind daran mitschuldig. Wir haben die Tatsache übersehen, dass man chemische Verschmutzungen mit der Zeit rückgängig machen kann, biologische dagegen meist irreversibel sind.
Deshalb müssen wir eine eindeutige Entscheidung treffen, ob wir für biologische Vielfalt sind oder für gentechnisch veränderte Organismen (GVO). Wir müssen uns entscheiden, was uns wichtiger ist: die Menschen und ihre Umwelt oder die Interessen von Monsanto und ähnlichen Firmen, die mit GVO enorme Profite erwirtschaften. Wenn wir biologische Vielfalt wollen, müssen wir auch sicherstellen, dass die am meisten bedrohten natürlichen Arten ermittelt werden. Dann wäre es möglich, Ziele zu ihrem Schutz zu formulieren und das Aussterben weiterer Arten zu verhindern. Wir sollten daran denken, dass Schäden schnell verursacht werden können, oft jedoch nicht mehr umkehrbar sind.
Marie Anne Isler Béguin, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Dies ist in der Tat nicht das erste Mal, das wir über die biologische Vielfalt sprechen und den Rat und die Kommission auffordern, diese biologische Vielfalt zu verteidigen. Dass es gelungen ist, den Klimawandel zu einer Priorität für die Europäische Union zu machen, ist eine gute Sache, aber es ist festzustellen, dass das Übereinkommen über die biologische Vielfalt und das Übereinkommen zur Bekämpfung der Wüstenbildung durch den Klimawandel ein wenig in den Hintergrund gedrängt wurden.
Wir wissen, wie wichtig die biologische Vielfalt oder letztlich der Naturschutz für unser eigenes Überleben ist, denn trotz aller eingeleiteten Maßnahmen auf europäischer und globaler Ebene setzt sich der Verfall der biologischen Vielfalt fort. Das Verschwinden der Arten geht weiter. Ich glaube man muss sich darüber im Klaren sein, dass man zwar versuchen kann, den Klimawandel rückgängig zu machen, dass dies auf die Arten jedoch nicht zutrifft. Wenn eine Art einmal ausgestorben ist, ist dies endgültig, sie ist für immer verschwunden.
Dieser Frage, dieser Tatsache müssen wir Rechnung tragen. Wenn wir beispielsweise bedenken, dass wir über ausgezeichnete Instrumente verfügen, wie Natura 2000, wie die Vogel- und die Habitat-Richtlinie, um eben den Verfall der biologischen Vielfalt in der Europäischen Union zu bekämpfen, und wenn wir feststellen, dass es heute noch einige Mitgliedstaaten gibt, die Vorbehalte haben, Natura 2000 umzusetzen, die Vorbehalte haben, für Natura 2000 zu zahlen, so wird klar, dass noch ein gutes Stück Weges vor uns liegt.
Eben deshalb möchte ich, dass die Kommission Natura 2000 weiterhin unterstützt, dass sie diese beiden Richtlinien weiterhin unterstützt, und im Rahmen des Bonner Übereinkommens möchte ich Sie auffordern, Kriterien für Biokraftstoffe zu erarbeiten, aber auch die Einsetzung einer zwischenstaatlichen Expertengruppe zur biologischen Vielfalt ähnlich dem IPCC für den Klimawandel zu fordern und durchzusetzen, denn wir könnten anderen dabei behilflich sein, Instrumente zu entwickeln, wie wir selbst sie entwickeln, wozu sie aber heute noch nicht in der Lage sind.
Jens Holm, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Auf der Erde gibt es schätzungsweise etwa 14 Millionen verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Das zeigt uns, was für einen fantastischen Planeten wir haben und welche Verantwortung wir für dessen Verwaltung tragen. Diese biologische Vielfalt ist jedoch in Gefahr, denn gegenwärtig sind mehr als 30 000 Arten vom Aussterben bedroht. Die größte Bedrohung stellen dabei der Mensch und das von ihm aufgebaute Wirtschaftssystem dar, das auf ständigem Wachstum und Verbrauch basiert. Wir glauben, dass wir dies durch Wettbewerb anstelle von Planung, durch Transporte anstelle von lokaler Produktion erreichen können. Darum brauchen wir uns auch nicht zu wundern, dass wir einer Klimakatastrophe und einer biologischen Verarmung gegenüberstehen.
Wir könnten diese Entwicklung jedoch umkehren. Die Tatsache, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten das UNO-Übereinkommen über die biologische Vielfalt unterzeichnet haben, ist natürlich positiv und kann als wichtiges Instrument dienen. Wir verpflichten uns darin beispielsweise zur Erarbeitung von Aktionsplänen zum Schutz der biologischen Vielfalt sowie zur Schaffung eines weltweiten Netzes geschützter Gebiete auf dem Land und zu Wasser, um nur einige Beispiele zu nennen. Das meiste bleibt jedoch auf Gemeinschaftsebene noch zu tun. Wir müssen die wichtigsten Grundlagen anpacken, sonst werden wir die Umweltprobleme nicht lösen können.
Lassen Sie mich drei Bereiche näher beleuchten. Da ist erstens der Verkehrswahnsinn – die EU basiert darauf, dass keine Hindernisse zwischen Mitgliedstaaten eingeführt werden. Eine Ware muss dort produziert werden, wo dies am billigsten ist. Allein zwischen 1993 und 2000 erhöhte sich der LKW-Fernverkehr um ganze 30 %. Wenn die EU und die Mitgliedstaaten die Infrastruktur subventionieren, gibt es für Autobahnen stets mehr Mittel als für nachhaltige Verkehrsmittel. Im ehemaligen Osteuropa, in den neuen Mitgliedstaaten, betreibt die EU eine wahre Asphaltpolitik mit gigantischen Autobahnsubventionen. Es sollte aber die Eisenbahn gefördert werden, nicht die Autobahnen. Daher appelliere ich an die Kommission: Überdenken Sie Ihre Subventionspolitik.
Wenn wir schon bei den Subventionen sind, so kann unglaublich viel im Bereich der Agrarsubventionen getan werden, die jährlich 55 Milliarden Euro betragen. Es sollten keine Subventionen mit direkten negativen Umweltauswirkungen gewährt werden, und Agrarbeihilfen sollten für Umweltmaßnahmen und für ökologischen Landbau gezahlt werden. Biologische Vielfalt und klimaintelligente Lösungen sollten anstelle von Höchsterträgen als Hauptziele der Agrarpolitik festgeschrieben werden.
Ein drittes Grundproblem, das gelöst werden muss, ist der Binnenmarkt. Ich weiß, dass es schon fast einer Lästerung gleichkommt, dies hier zu sagen, aber die EU kann einfach nicht weiter zulassen, dass der Markt einer progressiven Umweltpolitik übergeordnet ist. Vor einigen Wochen antwortete EU-Kommissar Verheugen auf eine Anfrage von mir, dass die Kommission in den letzten fünf Jahren 19-mal einzelne Länder vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Umwelt- oder Gesundheitsfragen verklagt habe. Es ist wirklich beängstigend, dass der Gerichtshof in allen 19 Fällen die Linie der Kommission vertreten hat, das heißt, die Mitgliedstaaten durften keine Maßnahmen zum Schutz der Umwelt oder der Volksgesundheit ergreifen. Wenn wir es wirklich ernst meinen, brauchen wir eine Umweltgarantie, die ihrem Namen auch Ehre macht. Bisher haben wir das noch nicht, und leider werden wir das auch im Vertrag von Lissabon nicht erhalten, wo ja ebenfalls die Marktpolitik festgeschrieben ist.
Abschließend fordern wir in unserem Entschließungsantrag Nachhaltigkeitsstandards für Biokraftstoffe. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um folgende Frage zu stellen, vielleicht besonders an den Rat: Sind Sie bereit, für die durch die Union eingekauften Biokraftstoffe nicht nur Umweltkriterien festzulegen, sondern auch soziale Standards, zum Beispiel das Garantieren annehmbarer Löhne, gewerkschaftlicher Rechte usw.?
Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Frau Kommissarin! Vor zwei Wochen habe ich den Ausschuss für Umwelt, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und den nichtständigen Ausschuss zum Klimawandel beim informellen Umweltrat im Herbst in Slowenien vertreten. Zwei Themen standen im Mittelpunkt: die Bekämpfung des Klimawandels und der Schutz der Biodiversität. Der Hauptschwerpunkt lag dabei auf Biodiversität, Biomasse und Biokraftstoffe im Verhältnis zur Biodiversität in Wäldern. Es wurde über die Möglichkeiten von Biomasse aus Wäldern zur Energieversorgung diskutiert, insbesondere für die zweite Generation von Biokraftstoffen, und über Nachhaltigkeitskriterien für die Nutzung von Biomasse aus Wäldern. Es war eine gelungene Konferenz, mein Dank an den slowenischen Vorsitzenden, Herrn Podobnic.
Wir sehen, dass durch Entwaldung und illegalen Holzeinschlag viele Arten vom Aussterben bedroht sind. Sie erfahren eine eingreifende Veränderung ihrer Lebensumwelt und können daher nicht überleben. Wälder unterstützen einen vielfältigen Artenreichtum sowohl von Pflanzen als auch von Tieren. Zum Schutze der biologischen Vielfalt ist es daher von wesentlicher Bedeutung, der Entwaldung Einhalt zu gebieten, soweit dies möglich ist. Dies gilt übrigens nicht nur für Länder außerhalb der Europäischen Union, sondern gewiss auch für die europäischen Mitgliedstaaten. Eine verantwortungsvolle Forstwirtschaft muss gefördert werden, umso mehr, als Wälder auch in anderen Bereichen sehr wertvoll sind. Entwaldung führt auch zu schwerwiegender Bodenerosion, insbesondere in Bergregionen, und zu einer Störung des Wasserhaushalts, was auch erhebliche Auswirkungen auf die Biodiversität hat.
Auch die Erwärmung der Erde kann den Artenreichtum angreifen. Es finden große Verschiebungen in den Verbreitungsgebieten von Arten statt, wodurch manche Arten ernsthaft bedroht werden, vor allem in den nördlichen Regionen. Abholzung in tropischen Regionen scheint die Erwärmung nur noch zu verstärken, zum Teil weil die Speicherfähigkeit von CO2 stark verringert wird. Studien, die in den vergangenen Jahren unter anderem in Nature and Science veröffentlicht wurden, zeigen jedoch, dass eine Zunahme bewaldeter Flächen zu einem höheren Ausstoß von Methan führt, einem Treibhausgas, das 23 Mal stärker ist als CO2. Je höher die Temperatur wird und je mehr die Sonne scheint, umso mehr Methan wird ausgestoßen. Vornehmlich in tropischen Gebieten wird erheblich mehr Methan ausgestoßen. Aufforstung führt zu einer zusätzlichen Aufnahmekapazität von CO2, aber ein Teil dieser CO2-Aufnahme wird somit durch eine Zunahme der Methanemissionen zunichte gemacht. Dennoch bleibt die Bilanz positiv, vor allem in den nichttropischen Gebieten.
Abschließend, die genannten Faktoren, die sich negativ auf die Biodiversität auswirken, werden leider durch die aktuelle Produktion von Biokraftstoffen verstärkt, die vor allem den tropischen Regenwald gefährdet. Die artenreichen Wälder werden durch artenarme Plantagen ersetzt. Diese haben außerdem nachteilige Folgen hinsichtlich Treibhausgase, Aufnahmekapazität und Lebensmittelpreise. Ich bin froh, dass dies in dieser Entschließung zum Ausdruck gebracht wird. Auf jeden Fall müssen wir auch bei der zweiten Generation von Biokraftstoffen wachsam sein.
Der Präsident. − Dass Sie es aufgeschrieben haben, heißt noch nicht, dass Sie es uns vorlesen müssen, wenn die Zeit dies nicht zulässt.
Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Angesichts der heutigen Debatte und des gestrigen „Tags der Erde“ möchte ich darauf aufmerksam machen, dass ein dringender Bedarf an einem besseren Verständnis des Konzepts der biologischen Vielfalt und seiner Bedeutung für unsere Gesellschaft besteht. Es handelt sich um ein äußerst missverstandenes Konzept.
Nahezu alle Ökosysteme der Erde und ihre Leistungen haben durch menschlichen Einfluss dramatische Veränderungen erfahren. Die aktuelle Geschwindigkeit, mit der biologische Vielfalt verloren geht, ist die höchste in der Geschichte der Menschheit, und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass diese Entwicklung zurückgeht. 2010 – wie geht’s!
Viele Tier- und Pflanzenpopulationen haben in Bezug auf ihre Anzahl und ihre geografische Verbreitung abgenommen. Wenngleich das Artensterben ein natürlicher Vorgang in der Geschichte der Erde ist, hat der Einfluss des Menschen in den vergangenen Jahren das Aussterben um mindestens das Hundertfache gegenüber der natürlichen Quote beschleunigt. Der Roten Liste der IUCN zufolge sind die gut erforschten Artengruppen zu 12 % bis 52 % vom Aussterben bedroht. Grundsätzlich sind es die Arten, die sich im oberen Bereich der Nahrungskette befinden, geringe Populationsdichte aufweisen, länger leben, sich nur langsam fortpflanzen und innerhalb eines begrenzten geografischen Gebiets leben, die am stärksten vom Aussterben bedroht sind.
In vielen Artengruppen, etwa Amphibien, afrikanische Säugetiere und Vögel in Agrarräumen, hat die Mehrzahl der Arten hinsichtlich ihrer Anzahl und ihres geografischen Verbreitungsgebiets abgenommen. Ausnahmen sind fast immer auf menschliches Eingreifen zurückzuführen, beispielsweise durch den Schutz in Reservaten, oder beschränken sich auf Arten, die dazu neigen, sich in vom Menschen beherrschten Landschaften besonders gut zu entwickeln.
Wir müssen die Menschen besser auf ihren wachsenden ökologischen Fußabdruck aufmerksam machen; darauf, dass dieser weit über die Grenzen der EU hinausreicht, und dass unser Lebensstil direkte Auswirkungen auf einheimische Völker in den Entwicklungsländern hat. Wenngleich die meisten von uns inzwischen zumindest im Ansatz das Problem des Klimawandels begreifen, haben viele den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Verlust der biologischen Vielfalt noch nicht hergestellt.
So glaube ich, dass wir auf diesem Gebiet die Bemühungen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt und der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen miteinander verknüpfen müssen. Ich würde sogar so weit gehen, die Frage zu stellen, ob wir noch immer eine COP ausschließlich über die biologische Vielfalt benötigen. Dieser Frage sollten wir uns stellen, und ich habe an der COP in New York im vergangenen Jahr teilgenommen.
Ja, ich stimme zu, dass die Maßnahmen zur Klimaanpassung und Begrenzung des Klimawandels, einschließlich Entwaldung, die biologische Vielfalt stützen müssen. Ich begrüße die Aussagen von Kommissarin Wallström bezüglich der biologischen Vielfalt der Meere. Hier müssen wir auch Kaltwasserkorallen und Tiefseeberge einschließen, die reichhaltige und häufig einzigartige Ökosysteme beherbergen. Unsere wissenschaftlichen Kenntnisse über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Meeresgebiete weisen große Lücken auf. Wir dürfen nicht vergessen, dass 70 % der Erdoberfläche von Ozeanen bedeckt sind, 97 % des gesamten Wassers unseres Planeten sind in den Ozeanen enthalten, und die Ozeane stellen 99 % des Lebensraumes dieser Erde dar.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident, um Ihren Blutdruck nicht noch weiter in die Höhe zu treiben. Seien wir ehrlich miteinander. Die Ziele, die wir uns vor sechs Jahren in Johannesburg gesetzt haben, werden wir unmöglich erreichen können. Hören wir also auf, uns selbst etwas vorzumachen, und hören wir mit dem Gerede auf.
Anne Ferreira (PSE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Minister, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Umweltausschuss hat eine sehr gute Entschließung angenommen, deshalb hoffe ich, dass die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten den darin enthaltenen Empfehlungen Rechnung tragen, vor allem der Aufforderung, bei der Bonner Konferenz Initiativgeist und Überzeugungskraft an den Tag zu legen, jedoch auch intern dafür zu wirken, dass bis zum Jahr 2010 der Verlust der Artenvielfalt innerhalb der Europäischen Union gestoppt wird.
Ich möchte auf drei Punkte zurückkommen, die in dieser Entschließung angesprochen werden. Zunächst die Frage der Biokraftstoffe, davon haben einige Kollegen schon gesprochen. Ihre Auswirkungen auf die Umwelt sind erheblich, sowohl für die Wälder als auch für die landwirtschaftlichen Flächen, und wir können täglich deutlicher die Wirkung ihrer Entwicklung auf die Nahrungsmittelressourcen ermessen. Es darf keine Konkurrenz zwischen den landwirtschaftlichen Ressourcen für die Ernährung und denen für die Industrie geben, sei es für die Herstellung von Biokraftstoffen oder die Agrochemie. Die Verbindung zwischen Ernährung und Landwirtschaft muss klar herausgestellt werden.
Dann die Frage der maritimen Artenvielfalt. Wir sind zu diesem Thema sehr in Verzug geraten. Ich kann die Forderungen der Entschließung nach einem raschen Handeln, vor allem was die Einrichtung geschützter Meereszonen betrifft, nur unterstützen.
Schließlich zu den GVO. Uns liegen heute Studien vor, die ihre negative Auswirkung auf die Umwelt und vor allem den Boden deutlich machen. Wir wissen, dass ihre Weiterverbreitung eine Vergiftung der konventionellen Kulturen nach sich zieht, was ein Problem für die Bewahrung der biologischen Vielfalt mit sich bringt.
Im Übrigen stellen die industrielle Konzentration im Saatgutsektor und ihre Kontrolle durch einige multinationale Konzerne ein weiteres Problem dar. Das ist eine Situation, die die Kommission und die Mitgliedstaaten nicht außer Acht lassen dürfen.
Schließlich hat die Konferenz der Vertragsparteien in Curitiba in Brasilien im März 2006 beschlossen, das Moratorium zu GURT-Saatgut aufrechtzuerhalten. Das war eine gute Entscheidung, jedoch muss man sich heute fragen, ob dieses Moratorium ausreichend ist und ob es nicht notwendig wäre, die Nutzung dieser Art von genetisch verändertem Saatgut auch für den Einzelgebrauch zu verbieten.
Was gedenken die Kommission und die Mitgliedstaaten zu diesen beiden Punkten anlässlich der Konferenz der Vertragsparteien in Bonn zu tun? Haben Sie schon eine Idee zu den Nachhaltigkeitskriterien, die in Bonn bezüglich der Biokraftstoffe vorgestellt werden könnten?
Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Wie Frau Doyle vor mir dachte ich, mir stünde mehr Redezeit zur Verfügung, aber ich werde Ihre Großzügigkeit nutzen und mich auf eineinhalb Minuten beschränken.
Biologische Vielfalt ist notwendig, um das Überleben der Ökosysteme dieser Erde zu sichern und einen unschätzbar wertvollen Genpool unverwechselbarer artenspezifischer Merkmale zu erhalten. Dieses Parlament hat seine Besorgnis über den Verlust der biologischen Vielfalt in seiner diesbezüglichen Entschließung vom 22. Mai 2007 wiederholt, aber ich muss leider sagen, eines der größten Hindernisse bei der Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt ist das Fehlen wirksamer Maßnahmen sowohl der Kommission als auch des Rates. Beide vermitteln den Eindruck, dass ihnen die Angelegenheit nur in der Theorie sehr am Herzen liegt und dass es ihnen in der Praxis an Willen und Entschlossenheit fehlt, wenn es darum geht sicherzustellen, dass die einschlägigen Richtlinien wirklich umgesetzt werden und dass die internationalen wie die internen Verpflichtungen erfüllt werden.
Hoffen wir, dass die Kommission und der Rat jetzt, zu diesem späten Zeitpunkt, entschieden und konstruktiv handeln und auch durch ihre unnachgiebige Haltung bei der bevorstehenden Konferenz in Bonn zum wirksamen Schutz der biologischen Vielfalt beitragen.
Präsident. − Herr Matsakis, tatsächlich kannten sowohl Frau Doyle als auch Ihre Fraktion die Redezeiten, die ich ihnen eingeräumt habe. Es ist also dem Beitrag Ihrer Fraktion und ihrer fehlerhaften Kommunikation mit Ihnen zuzuschreiben, denn ich habe immer die Regel angewendet, dass Mitglieder, die eine Rede in einer anderen als ihrer Muttersprache halten, zusätzliche Redezeit erhalten – und nicht nur, wenn sie Englisch reden.
Hiltrud Breyer (Verts/ALE). – Herr Präsident! Wir alle, die wir hier gesprochen haben, haben ein Bekenntnis zu mehr Artenschutz, zu mehr Biodiversität abgelegt. Wir wissen, dass die Naturschutzrichtlinien und das durch Natura 2000 geschaffene Netz von Naturschutzgebieten eine Erfolgsstory der Europäischen Union ist. Doch all diese Lyrik, all diese Bekenntnisse dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht nur das Klima – wie Sie gesagt haben, Frau Kommissarin – die Schlagzeilen der Zeitungen erobert hat, sondern leider auch der Arten- und Naturschutz.
Gerade bedrohte Tierarten werden oft als Baustopper, als Verhinderungen für Bauprojekte hingestellt. Daher finde ich ganz beschämend, dass gerade in Deutschland, dem Gastgeberland der Vertragsstaatenkonferenz, von den konservativ regierten Landesregierungen wie Hessen und Niedersachsen eine Bundesratsinitiative gestartet worden ist, die genau diese Erfolgsstory der Europäischen Union attackieren soll.
Es ist völlig unglaubwürdig, wenn Deutschland einerseits die Ausweitung von Schutzzonen und den Schutz von bedrohten Arten in den ärmeren Ländern fordert, andererseits jedoch in der Europäischen Union versucht, eine Verwässerung des Naturschutzes zu betreiben. Und leider nicht nur Deutschland! Plötzlich hat auch die Liberale Fraktion im Europäischen Parlament ein Seminar veranstaltet, in dem genau das zum Thema gemacht wurde. Unter dem Deckmantel der Vereinfachung soll bei Herrn Stoiber genau diese Attacke gegen den Naturschutz in Europa geritten werden.
Ich erwarte von Ihnen, Frau Kommissarin, noch einmal ein ganz klares Bekenntnis der Europäischen Union, dass alle Versuche ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Péter Olajos (PPE-DE). – (HU) Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Matsakis hat die Probleme bei der Umsetzung ja bereits angesprochen, und ich möchte nur einige Beispiele anführen. In Europa und dem Karpatenbecken stellt der Schutz unserer Wälder eine zunehmend große Herausforderung dar. An manchen Orten werden die Wälder in Brand gesteckt, andernorts werden sie abgeholzt oder auch einfach gestohlen. In den Karpaten oder zum Beispiel in Sajólád wurden bereits 30-40 % der Wälder gestohlen. Illegaler Holzeinschlag führt zu einer Abnahme der biologischen Vielfalt, verursacht Erosionen und trägt mit 20 % zu den Treibhausgasemissionen bei. Um dem Einhalt zu gebieten, haben vier unserer Kollegen der Kommission eine schriftliche Erklärung übermittelt, in der es um den Erlass von Rechtsvorschriften geht, die in der EU ausschließlich den Verkauf von Holz und Holzprodukten aus legalem und kontrolliertem Einschlag zulassen sollen. Ich ersuche meine Kollegen, mit ihrer Unterschrift diese Erklärung vom 23. zu unterstützen.
Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist ein wichtiges nationales Ziel. Die ungarische Regierung steht der Vernachlässigung der „Natura 2000“-Gebiete dermaßen gleichgültig gegenüber, dass in dieser Woche, in der wir den „Tag der Erde“ begehen, die „Central Europe Rally“, ein Bestandteil der Dakar-Reihe, ungehindert durch Gebiete mit erhöhtem Schutzstatus und sogar durch „Natura 2000“-Gebiete führte. Es gab keine Umweltverträglichkeitsprüfung und keine Pläne zur Wiederherstellung oder zum Schutz der Gebiete, ja es gab noch nicht einmal eine Genehmigung für die Veranstaltung des Rennens. Kein Einkommen dieser Welt kann für die ökologischen Schäden aufkommen, die so verursacht wurden. Aber auch mit unseren Vogelbeständen gehen wir nicht besser um. Erst vor zwei Wochen hat die Europäische Union Ungarn eine letzte schriftliche Mahnung geschickt. Anlass war die Tatsache, dass Ungarn keinerlei nationale Maßnahmen zum Schutz wildlebender Vogelarten eingeleitet hat.
Ich möchte jedoch nicht nur schlechte Beispiele anführen. Kürzlich wurde eine in Europa einzigartige freiwillige Vereinbarung dank meiner Initiative auch in Ungarn unterzeichnet, die zum Ziel hat, das durch oberirdische Stromleitungen verursachte Vogelsterben aufzuhalten. Im Rahmen dieses Projekts für einen „Himmel ohne Hindernisse“ verständigten sich die Öffentlichkeit, die Elektrizitätswirtschaft und der Staat darauf, durch eine sinnvolle Anordnung von Kabeln, durch Isolierungsmaßnahmen usw. bis 2020 in Ungarn einen sicheren „Flugkorridor“ für Vögel zu schaffen. Dies ist ein bahnbrechendes Abkommen von überaus großer Bedeutung und verdient Europas Aufmerksamkeit und Unterstützung. Vielen Dank.
Magor Imre Csibi (ALDE). – (RO) Anlässlich der in Bonn stattfindenden Tagung der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt wird auch die biologische Waldvielfalt auf der Tagesordnung stehen.
Dabei handelt es sich um ein heikles Thema, für das bis jetzt keine nachhaltige Lösung gefunden wurde. Die Waldvielfalt ist durch weltweite illegale Abholzung bedroht. Das Ergebnis ist der nachhaltige, meist unumkehrbare Rückgang der biologischen Vielfalt. Darüber hinaus stellt die Entwaldung die drittwichtigste Ursache für die globale Erwärmung dar.
Der Fischereiausschuss hat seine Position bezüglich der signifikanten Auswirkungen der Entwaldung auf das Klima sowie bezüglich der langfristigen wirtschaftlichen Vorteile und der Bedeutung der Gesunderhaltung des Waldes in seiner Entschließung über Handel und Klimaveränderung im November 2007 zum Ausdruck gebracht.
Ich begrüße auch die Initiative des EU-Aktionsplans Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor.
Dies sind jedoch EU-Aktionen, die leider nicht die gewünschten Ergebnisse bringen. Bei der Umsetzung des Aktionsplans haben es z. B. 70 % der EU-Länder nicht geschafft, bis April 2007 irgendeine konkrete Aktion auszuführen.
Wir müssen so schnell wie möglich eine globale Lösung finden. Ich möchte die EU-Delegierten der Tagung in Bonn dazu ermutigen, den Entwurf einer Standarddefinition des Begriffs illegale Abholzung zu unterstützen, denn dies würde eine rationale Nutzung der Wälder begünstigen.
Darüber hinaus möchte ich Diskussionen anregen über die Einführung eines globalen Mechanismus zur Überwachung des Abholzens und des Holzhandels.
Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Präsident! Das europäische Einigungswerk steht ja unter dem Motto „Einheit in der Vielfalt“. Aber diese Vielfalt geht, wie wir wissen, gerade in der Natur in den letzten 150 Jahren in besorgniserregender Weise zurück. Die gegenwärtigen Verlustraten liegen ungefähr tausend bis zehntausend Mal höher als im Durchschnitt der Erdgeschichte. Die Weltnaturschutzunion listet heute weltweit circa 15 600 Arten auf, die vom Aussterben bedroht sind. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass die Haupterzeugerländer von Weizen und Mais mehr als 80 % ihrer ursprünglichen Sorten verloren haben. Und diese Zahlen sind ja nur die Spitze des Eisbergs, denn wir wissen, dass bis dato nur circa 1,7 Millionen der geschätzten 13 Millionen lebenden Arten erfasst und beschrieben sind. Wir wissen gleichzeitig auch, dass der Klimawandel die Situation verschärft. Wir wissen aber auch, dass dieser Verlust an biologischer Diversität unsere Reaktionsfähigkeit gerade auf diesen Klimawandel vermindert. Wir befinden uns hier also wirklich in einer gefährlichen Schere.
Deshalb muss ich leider an die Kommission die Frage stellen: Warum wird eigentlich nicht ein Mainstreaming aller unserer Politikbereiche hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit gemacht, was die Artenvielfalt betrifft? Warum wird nicht mehr Forschung und Entwicklung betrieben, was das Zusammenleben der Arten und auch der Menschen betrifft?
Wenn man hier die Debatte verfolgt, könnte man den Eindruck haben, dass mit der Einrichtung von ein paar FFH-Gebieten und dem Schutz von Vögeln das Auslangen gefunden wäre. Das ist ja wirklich nur die Spitze eines Eisbergs. Warum nehmen wir unsere Bürger nicht mit bei dieser Aufgabe, die wir alle zu bewältigen haben? Die Kommission hat da einiges an Hausaufgaben zu machen, ebenso wie auch wir vom Europäischen Parlament und vom Rat. Aber nur auf Konferenzen zu fahren und Deklarationen zu unterschreiben, ist wirklich zu wenig. Es ist höchste Zeit, dass wir hier miteinander tätig werden!
Anders Wijkman (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich bin der Meinung, wenn es eine Möglichkeit gibt, den Verlust der biologischen Vielfalt einzudämmen, so besteht diese darin, die Zerstörung der tropischen Regenwälder aufzuhalten. Jedes Jahr verschwinden 14 bis 15 Millionen Hektar. Über diese Angelegenheit reden wir seit Jahren, ohne dass wir ernsthafte Fortschritte vorzuweisen hätten.
Das wahre Problem ist, dass die Ökosystemleistungen – ob wir nun von Kohlenstoffsenken, biologischer Vielfalt oder der Regulierung des regionalen Klimas oder hydrologischen Systems reden – auf dem Markt keinen wirklichen Wert besitzen. Das ist ein Mangel unseres Wirtschaftsmodells, und solange wir die Waldbesitzer nicht für diese Werte entschädigen – sodass es für sie nicht rentabler ist, die Wälder abzuholzen, sondern sie zu erhalten – wird die Entwaldung unverändert fortschreiten.
Es gibt eine Lösung: Wir müssen die Wälder in den Emissionshandel einschließen. Die Kommission ist jedoch dagegen, und Sie haben Ihre Gründe. Das Problem ist, dass Sie keine Alternativen anbieten, und wir alle wissen, dass die Finanzmittel für das Übereinkommen über die biologische Vielfalt äußerst begrenzt sind – und es ist unwahrscheinlich, dass es sie in der Zukunft geben wird.
Ich weiß, dass der Kommission die Entwaldung in den Tropen ebenso am Herzen liegt wie den Übrigen von uns, aber das Problem ist: Wo ist Ihre Alternative? Wir benötigen ein Maßnahmenpaket. Wir benötigen einen umfassenden Ansatz, der sich mit dem Klimawandel, Kohlenstoffsenken, biologischer Vielfalt und dem Schutz der Lebensgrundlagen der Armen befasst. Dazu müssten GD Umwelt und GD Entwicklung enger zusammenarbeiten. Das ist bisher nicht geschehen. Bitte geben Sie uns eine Alternative, damit wir etwas Konkretes vorliegen haben, über das wir beraten können. Andernfalls fürchte ich, dass die Entwaldung fortschreiten wird so wie der Verlust der biologischen Vielfalt auch.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die landwirtschaftliche Produktion ist intensiver geworden, um den gestiegenen Bedarf an Agrarprodukten und an Rohstoffen für andere Zwecke als für die Ernährung zu befriedigen. Die Intensivierung ist vor allem auf die Produktion von Biokraftstoffen und Biomasse zurückzuführen. Wir wissen, dass intensive Landwirtschaft der biologischen Vielfalt schadet. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Erhaltung der biologischen Vielfalt mit einer intensiven Entwicklung von Wirtschaft und Infrastruktur in Einklang gebracht werden kann.
Modernes Management der biologischen Vielfalt bedeutet eine stärkere Überwachung der entwickelten Verfahren sowie angemessene Investitionen in die wissenschaftliche Forschung. Wir haben von der wirtschaftlichen Entwicklung profitiert und sollten deshalb einen Teil dieses Gewinns abgeben, um die biologische Vielfalt zu erhalten. Im Wesentlichen müssen wir begreifen, dass die Erhaltung und der Schutz der Umwelt Maßnahmen sowohl auf globaler als auch auf lokaler Ebene erfordern. Jeder Einzelne muss aktiv werden, und das Gleiche gilt auch für ganze Wirtschaftssektoren. Dies ist eine Aufgabe für uns alle.
Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich würde interessieren, ob die Kommission beim health check für die Landwirtschaft schon Überlegungen angestellt hat, wie wir uns hier weiterentwickeln können, insbesondere in der nächsten Finanziellen Vorausschau, weil erneuerbare Energie und Biotreibstoffe für uns natürlich wesentliche Herausforderungen sind, die auch in den finanziellen Rahmen des health check eingepasst werden müssen.
Das spielt auch bei der CO2-Entwicklung eine ganz wesentliche Rolle, die wir ja gemäß dem Kyoto-Protokoll entsprechend zu reduzieren haben. Meine konkrete Frage lautet: Welche Vorschläge wird die Kommission unterbreiten?
Hubert Pirker (PPE-DE). – Herr Präsident! Wir diskutieren, wie wir die biologische Vielfalt für die Nachwelt erhalten wollen, und gleichzeitig setzen wir Maßnahmen, die genau kontraproduktiv sind. Wir wissen nach anfänglicher Euphorie bei der Erzeugung von Agrardiesel, dass es hier kontraproduktive Ergebnisse gibt. Nicht nur, dass 9 000 Liter Wasser für einen Liter Agrardiesel benötigt werden, dass Lachgas freigesetzt wird, das wesentlich schädlicher ist als CO2, wir wissen auch, dass durch die Produktion von Energiepflanzen eben die Artenvielfalt in Gefahr gerät und sogar zerstört wird.
Gedenken Sie daher, angesichts dieser neuen Erkenntnisse und im Interesse der Erhaltung der Artenvielfalt, jetzt das, was wir an Beimengung an Agrardiesel beschlossen haben auszusetzen, in die neue Forschung zu investieren und vielleicht ein alternatives Konzept zu entwickeln, weil wir über die negativen Erscheinungen und Ergebnisse bereits jetzt Bescheid wissen?
Janez Podobnik, amtierender Ratspräsident. − (SL) Zunächst möchte ich Ihnen für Ihre sehr angeregte Debatte danken. Ich gebe Ihnen Recht, dass es eine wahre Kunst ist, sich kurz, bündig und verständlich zu einem so ernsten und komplexen Problem wie der biologischen Vielfalt zu äußern. Das war einer der Gründe dafür, dass es Ihnen, Herr Präsident, solche Probleme bereitet hat, alle Beiträge in der für diese Aussprache vorgesehenen Zeit unterzubringen.
Erlauben Sie mir, mich kurz zu Ihrer Debatte zu äußern. Beginnen möchte ich mit der ersten Feststellung, in der Sie den Standpunkt des Rates bestätigten, dass der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die biologische Vielfalt miteinander verknüpft und voneinander abhängig sind. Ihre Beiträge waren breit gefächert und haben sich mit zahlreichen Fragen befasst, die den kleineren Teil des Inhalts der Bonner Konferenz betreffen. Sie befassten sich zudem mit der Lebensweise des modernen Menschen im 21. Jahrhundert, beginnend mit der Abfall- und Verkehrspolitik und unter Einbeziehung der Problemkreise nachhaltige Produktion, nachhaltiger Verbrauch usw.
Ich darf Ihnen aus persönlicher Überzeugung versichern, dass die Europäische Union über geeignete Mechanismen und Maßnahmen verfügt. Ich habe schon in meiner Einleitung darauf hingewiesen, dass unser vordringliches Ziel darin besteht, in Bonn anwesend zu sein und die Umsetzung dieser Methoden und Maßnahmen zu bewirken, uns der Realität anzunähern und unseren Worten Taten folgen zu lassen.
Sie haben nach finanziellen Mitteln gefragt. Wir haben uns auf konkrete Finanzierungsmechanismen auf europäischer Ebene geeinigt. Ich möchte betonen, dass sich der Rat in Bonn für neue und innovative finanzielle Mittel einsetzen wird. Damit meine ich auf globaler, nicht nur auf europäischer Ebene. Ich möchte auf die Notwendigkeit hinweisen, die Bereiche, die die biologische Vielfalt beeinträchtigen, miteinander zu verknüpfen. Insbesondere möchte ich hier die Rolle der Privatwirtschaft hervorheben. Die drei Ratspräsidentschaften, d. h. Deutschland, Portugal und Slowenien, haben sich dafür eingesetzt, dass die Frage des Anteils der Privatwirtschaft am Problem der biologischen Vielfalt in Bonn zur Sprache kommt. Die Konferenz über Unternehmen und biologische Vielfalt in Portugal war ein großer Erfolg. Wir hoffen, dass wir in Bonn auf den Lösungsvorschlägen aufbauen können, die wir in Portugal erarbeitet haben.
Ich möchte Herrn Blokland danken, der das informelle Treffen der Umweltminister in Ljubljana angesprochen hat. Herr Blokland nahm im Namen zweier Ihrer Ausschüsse teil, und dafür möchte ich ihm danken. Wir sprachen über das Thema Wald, d. h. die nachhaltige Nutzung der Wälder, ihre Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Möglichkeit, sie für die Erzeugung von Biomasse und Biokraftstoffen der zweiten Generation zu verwenden.
Ich möchte Ihnen mitteilen, dass sich der Rat durchaus bewusst ist, wie ernst und komplex die Frage der Nachhaltigkeitskriterien bei der Erzeugung von Biokraftstoffen und Biomasse ist. Das war auch der Grund, warum wir uns mit der Kommission auf die Bildung einer Arbeitsgruppe verständigt und mit ihr in diesem Punkt zusammengearbeitet haben. Diese Arbeitsgruppe wird im Ausschuss der Ständigen Vertreter im kommenden Monat angemessene Lösungen für Nachhaltigkeitskriterien in der Biokraftstofferzeugung vorschlagen. Diese werden dann Bestandteil der beiden Richtlinien, die derzeit in Vorbereitung sind. Mein besonderer Dank gilt all jenen, die neben den sozialen Konsequenzen und schädlichen Auswirkungen der Biokraftstofferzeugung auch auf ihre Folgen für die biologische Vielfalt hingewiesen haben. Diese vergessen wir bisweilen.
Ich möchte diese kurze Erklärung abschließen, indem ich erneut darauf verweise, dass wir auf globaler Ebene daran arbeiten, ein Netz von Schutzregionen an Land und auf See zu schaffen. Die Europäische Union besitzt ein geeignetes und wirksames Instrument mit dem Namen Natura 2000, und es spricht für sich, dass dieses auf nationaler wie europäischer Ebene konsequent umgesetzt wird.
Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich denke, diese lebhafte und sachkundige Debatte spiegelt das Interesse des Hohen Hauses an diesen Themen wider. Dafür danke ich Ihnen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich im Namen von Kommissar Dimas spreche, wenn ich sage, dass er Ihnen für das Interesse danken möchte, das das Parlament an diesen Themen zeigt. Ich erkenne einige meiner alten Kollegen im Kampf für Umweltschutz und biologische Vielfalt wieder.
Der Homo sapiens als Rasse ist eine interessante Sache, denn wir können zum Mond fliegen, wir können mittels Informationstechnologie Massenkommunikation betreiben und wir können zweifellos reden. Was wir nicht können ist, ein Nashorn, einen Aal oder eine kleine blaue Blume zu schaffen, und wenn diese Lebewesen einmal verschwunden sind, dann ist das für immer, wie Sie zu Recht bemerkt haben.
Erlauben Sie mir ein paar Bemerkungen zu Themen, die, wie ich meine, von grundsätzlichem Interesse sind. Ich möchte mit dem Thema Biokraftstoffe beginnen, denn auch das wird zurzeit in allen Medien lebhaft diskutiert und stellt für uns alle ein großes Problem und eine große Herausforderung dar. Wie Sie wissen, verständigte sich der Europäische Rat zu sehr klaren Bedingungen darauf, den Anteil der Biokraftstoffe auf 10 % zu erhöhen. Unser Standpunkt in der Europäischen Union ist, dass wir nachhaltige Biokraftstoffe benötigen, die sich nicht negativ auf Umwelt oder Nahrungsmittelerzeugung auswirken. Wir von der Kommission sehen die langfristigen Vorzüge von Biokraftstoffen im verringerten CO2-Ausstoß, denn, denken Sie daran: aus heutiger Sicht wäre Öl die Alternative. Versorgungssicherheit und Landwirtschaft: Neue Möglichkeiten können sich dank der Grundsätze, die wir festgelegt haben, ergeben. Ein begrenztes Ziel von 10 %, stabile Nachhaltigkeitskriterien sowie die Bestrebungen im Hinblick auf Biokraftstoffe der zweiten Generation – das ist die wahre Herausforderung: sicherzustellen, dass wir so schnell wie möglich mit dem Einsatz von Biokraftstoffen der zweiten Generation beginnen können.
Aber wir müssen in diesen Angelegenheiten auch international tätig werden und sicherstellen, dass es Nachhaltigkeitskriterien gibt und dass wir die Lebensmittelkrise durch unsere Bemühungen nicht weiter verschlimmern.
Zu den Anmerkungen von Herrn Wijkman möchte ich auch sagen, dass die Frage der Entwaldung, soweit ich weiß, diesen Sommer oder Herbst Thema einer Mitteilung sein wird. Diese Frage wird in den Verhandlungen also auch zur Sprache kommen.
Gleichzeitig ist es erforderlich, dass wir die ganze Debatte, die gerade geführt wird, mitbekommen und sicherstellen, dass wir eine angemessene, konstruktive Diskussion vorbereiten sowie einen geeigneten Beschluss zur Entwaldung erarbeiten. Gleiches gilt auch für die Verhandlungen zum Klimawandel.
Frau Doyle möchte ich sagen, dass es vielleicht gar nicht das Entscheidende ist, die Verhandlungen der beiden Konferenzen der Vertragsparteien miteinander zu verknüpfen. Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass wir den indirekten Nutzen maximieren, den wir sowohl aus der Umsetzung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ziehen als auch aus der Sicherstellung, dass wir unsere Ziele im Hinblick auf die biologische Vielfalt erreichen.
Das, so meine ich, sollten wir jetzt tun, insbesondere wenn es um den Schutz tropischer Wälder und die Festlegung von Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe geht.
Wir sollten uns also nicht länger auf Ziele konzentrieren, von denen wir wissen, dass wir sie ohnehin nicht mehr erreichen können oder dass sie uns in eine administrativ oder auf andere Weise unmögliche politische Lage bringen würden. Die Umsetzung ist es, die wir vor Augen haben müssen. Das gilt für die gesamte Debatte über Gesetze, Verordnungen und ehrgeizige Ziele. Die haben wir. Die haben wir schon lange; nun müssen wir sie auch umsetzen. Natürlich müssen wir sicherstellen, dass wir, wenn wir, wie ich bereits sagte, an den sieben Punkten arbeiten, die wir in den Verhandlungen anstreben, auch international mit Partnern zusammenarbeiten und so eine gute wissenschaftliche Basis erreichen, die wir einer sehr konkreten Umsetzung zugrunde legen können. Soweit meine allgemeinen Anmerkungen.
Und schließlich geht es in dem Aktionsplan, den wir erstellt haben, genau darum, alle Aspekte mit einzubeziehen, einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik.
Aus diesem Blickwinkel geht es also erneut darum zu gewährleisten, dass sowohl die Mitgliedstaaten als auch alle unsere Institutionen alles tun, um unsere Ziele zu verwirklichen.
Ich will Ihre Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen. Ich bin mir der Notwendigkeit, unseren Zeitplan einzuhalten, durchaus bewusst. Lassen Sie mich Ihnen daher nochmals meinen Dank für diese Debatte aussprechen und Ihnen versichern, dass Kommissar Dimas beabsichtigt, persönlich an der Ministertagung der COP 9 teilzunehmen. Ich bin sicher, er freut sich darauf, einige von Ihnen dort anzutreffen, und ich gehe davon aus, dass Sie zu einem erfolgreichen Ergebnis dieser wichtigen Zusammenkünfte beitragen werden.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Genowefa Grabowska (PSE), schriftlich. – (PL) Ich unterstütze den vorliegenden Entschließungsantrag voll und ganz.
Die 9. ordentliche Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt wird im Mai 2008 in Bonn stattfinden. Vertreter verschiedener Länder werden den Verlust der biologischen Vielfalt bewerten, der überall auf der Welt stattfindet. Die Teilnehmer werden auch über eine faire und ehrliche Möglichkeit nachdenken, die aus der Nutzung genetischer Ressourcen erwirtschafteten Gewinne zu teilen. Der Rückgang der biologischen Vielfalt der Wälder hat besonders negative Auswirkungen. Er trägt zu einer Zerstörung der Wälder bei und beschleunigt die Klimakrise. Ich teile die Sorge, dass der Klimawandel zu einer noch weiter gehenden Verringerung der biologischen Vielfalt auf der Welt führen und die Zerstörung der Umwelt und das Aussterben bestimmter Arten zur Folge haben wird. Dies wiederum wird sich negativ auf die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und die Bekämpfung der Armut auswirken. Es gilt bereits als sicher, dass die Abholzung und die Zerstörung von Wäldern für 20 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind.
Vor diesem Hintergrund ist die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union stark gefährdet, denn die Mitgliedstaaten setzen gesetzliche Bestimmungen zur biologischen Vielfalt und Richtlinien in Bezug auf Vögel und Lebensräume nur unzureichend um. Der Widerstand gegen gewisse politische Maßnahmen hat ähnliche negative Effekte. Als Beispiel ließen sich hier die unzulänglichen Bemühungen zur Umsetzung von Verpflichtungen anführen, die den Prozess des Rückgangs der biologischen Vielfalt auf dem Territorium der EU bis 2010 aufhalten sollen. Darüber hinaus ist man kaum bereit zu Verhandlungen über ein Instrumentarium, das es erlauben würde, auf Gewinne zuzugreifen und sie gemeinsam zu nutzen, und will auch keine zusätzlichen zweckgebundenen Mittel für die Umsetzung von Übereinkommen in Entwicklungsländern bereitstellen.