Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache zu der mündlichen Anfrage an die Kommission von Helmuth Markov im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über jüngste Entwicklungen bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EG und dem Golfkooperationsrat (O-0032/2008 – B6-0020/2008).
Androula Vassiliou, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Einige mögen sagen, die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den Ländern des Golfkooperationsrats dauerten schon 17 Jahre an. Es wird jedoch erst seit 2002 über die Inhalte beraten. Wir, die Kommission, aber auch die Vertreter der Mitgliedstaaten im Rat hoffen, die Verhandlungen eher früher als später zum Abschluss bringen zu können. Wir wissen, dass das Freihandelsabkommen zu einer Vertriefung der Beziehungen zwischen unseren Regionen beitragen wird. Die Verhandlungen wurden 2007 beschleunigt. Der Höhepunkt war der Besuch von Kommissar Mandelson in Doha im Dezember 2007, der den Verhandlungen einen wichtigen politischen Impuls gab. Wir haben bei allen Kapiteln gute Fortschritte gemacht und sind einem Abkommen näher denn je.
Einige Fragen sind jedoch noch offen, die wichtig sind, um der EU einen wahrhaft bevorzugten Zugang zum GCC-Markt zu garantieren und zu gewährleisten, dass sie anderen Partnern gegenüber nicht benachteiligt wird. Diese Fragen betreffen Ausfuhrabgaben, einige Ausnahmeregelungen auf dem Gebiet der Energiedienstleistungen, insbesondere durch die VAE, und bestimmte horizontale Bestimmungen des Abkommens im Zusammenhang mit Wettbewerb und geistigem Eigentum. Eine für Januar vorgesehene Verhandlungsrunde wurde abgesagt. Seither haben wir von Seiten des GCC keinerlei Rückmeldungen erhalten. Wir hoffen jetzt für Anfang Mai auf die nächste Runde, parallel zur Tagung des Gemischten Ausschusses EU-GCC, die für den 6. Mai angesetzt ist.
Es bleibt unser Ziel, in der nächsten Runde Fortschritte zu erzielen und die Verhandlungen so bald wie möglich abzuschließen, hoffentlich in den ersten Monaten des französischen Ratsvorsitzes. Das Freihandelsabkommen zielt auf die Herstellung privilegierter Beziehungen zwischen der EU und dem GCC im Einklang mit den Grundsätzen und Disziplinen der WTO ab. Es wird damit zur Liberalisierung mehr oder weniger des gesamten Handels zwischen den Parteien führen. Weiterhin zielt es darauf ab, die Mitgliedstaaten des GCC in ihrer Politik der wirtschaftlichen Diversifizierung zu unterstützen, indem es weitere Wirtschaftsreformen fördert und das Potenzial verstärkter Auslandsinvestitionen bietet. Hinzu kommt die wachsende Dynamik ausländischer Investitionen in die Region.
Das Freihandelsabkommen enthält bedeutende Verpflichtungen im Hinblick auf den Handel mit Dienstleistungen, beiderseitige Investitionen und den gegenseitigen Zugang zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten, auch in der Energie- und der Transportbranche. Es sieht ehrgeizige Zollliberalisierungspläne vor, auch in der Chemiebranche. Nicht zuletzt deckt es auch nichttarifäre Bereiche ab, wie etwa technische Handelsbarrieren, Gesundheits- und Pflanzenschutznormen oder Rechte des geistigen Eigentums.
Dieses Hohe Haus hat seine Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass das Freihandelsabkommen, über das wir mit dem Golfkooperationsrat verhandeln, keine Klauseln zu den Menschenrechten sowie zu sozialen und ökologischen Normen enthält. Lassen Sie mich daher zunächst richtigstellen, dass der aktuelle Entwurf des Freihandelsabkommens zwischen EU und GCC durchaus einige nicht handelsbezogene Klauseln enthält – zu Menschenrechten, Migration, Terrorismusbekämpfung und der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Über diese Klauseln haben wir uns schon vor einigen Jahren mit dem GCC verständigt. Es hat sich bei der letzten Verhandlungsrunde jedoch herausgestellt, dass es auf Seiten des GCC einige offene Fragen bezüglich der Formulierung der Suspensionsklausel im Zusammenhang mit der Anwendung der wesentlichen politischen Elemente des Abkommens gab. Neben diesen Klauseln weist die Präambel des Abkommens auf die Notwendigkeit hin, den wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsprozess in den GCC-Ländern zu stärken, dabei jedoch den Umweltschutz zu wahren. Sie verweist außerdem auf die Tatsache, dass die Parteien ausländische Direktinvestitionen nicht ermutigen sollen, indem sie ihre inländischen Umwelt- oder Kennzeichnungsnormen herabsetzen oder lockern. Zudem sieht sie Konsultationen vor, falls eine tatsächliche oder vorgeschlagene Maßnahme mit diesen Grundsätzen unvereinbar scheint.
Bei den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen von EU und GCC fanden die Ergebnisse und Schlussfolgerungen einer Nachhaltigkeitsprüfung Berücksichtigung, die zwischen 2001 und 2004 durchgeführt wurde. Dies war insbesondere in den Bereichen der Fall, die nach den Erkenntnissen der Berater wichtig für eine nachhaltigere wirtschaftliche Entwicklung im GCC waren, und zwar die Dienstleistungsbranche sowie einige Industriezweige. Wie von diesem Hohen Haus gefordert, haben wir im Februar die Verhandlungsrichtlinien für das Freihandelsabkommen von EU und GCC zur Verfügung gestellt, einschließlich aller Aktualisierungen gemäß den abgestimmten Verfahren und unter Berücksichtigung der Vertraulichkeitsregeln.
Lassen Sie mich abschließend betonen, dass das Europäische Parlament regelmäßig über den aktuellen Stand der Verhandlungen über das EU-GCC-Freihandelsabkommen informiert worden ist und dass die Europäische Kommission es auch weiterhin auf dem Laufenden halten wird.
Tokia Saïfi, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin! Über den Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Golfkooperationsrat wird seit 1988 verhandelt, und es sieht so aus, als nähere man sich dem definitiven Abschluss.
Ich freue mich über diese jüngsten Fortschritte, denn der Abschluss eines Freihandelsabkommens ist von vorrangiger Bedeutung, um die Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und den Golfstaaten zu intensivieren und zu regulieren. Es würde somit eine neue und dynamischere Ära für die Zusammenarbeit in zahlreichen strategischen Bereichen zwischen zwei Regionen eröffnen, die gegenseitig füreinander von herausragender Bedeutung sind, deren Beziehungen jedoch noch substanzielle Defizite aufweisen.
Das Freihandelsabkommen soll zum Abbau der nichttarifären Hemmnisse und zur Abschaffung aller öffentlichen Subventionen und Ausgleichszahlungen in Übereinstimmung mit den derzeitigen WTO-Regeln, vor allem für den Zugang zu Rohstoffen, beitragen. Die Chancen und die Herausforderungen des Erstarkens der Staatsfonds sollten Gegenstand einer umfassenden Prüfung, eines Dialogs und einer konstruktiven Kooperation zwischen dem Europäischen Parlament und den Golfstaaten sein.
Das Ziel besteht darin, Rahmenbedingungen beizubehalten, die für Investitionen offen sind und zugleich deren Transparenz verbessern. Daher müssen die Manager dieser Fonds dem Markt mehr Informationen hinsichtlich der Herkunft ihrer Mittel, ihrer Investitionsziele und ihrer Strategien geben. Zugleich muss Europa auch die Bedingungen schaffen, um solche Mittel anzuziehen, die Träger von Wachstum und Innovation sind und Arbeitsplätze schaffen, wobei nicht vergessen werden darf, welch starke internationale Konkurrenz es beim Werben um produktives Kapital gibt.
Die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens wird die Golfstaaten ermutigen, sich stärker der Sichtweise ihrer europäischen Partner zu öffnen, und so eine Diversifizierung und Beschleunigung unseres Handels und Austauschs ermöglichen.
Carlos Carnero González, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich der Kommissarin für ihre Erläuterungen danken und sogleich bestätigen, dass die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit dem Golfkooperationsrat als ein Ziel betrachtet, mit dem wir übereinstimmen.
Es muss wirklich so bald wie möglich geschehen. Europa und die zum GCC gehörenden Länder werden davon profitieren. Doch Tatsache ist auch, dass das Verhandlungsmandat für dieses Abkommen ziemlich alt ist. Es enthält nicht die notwendigen Klauseln, um sich auf Themen zu konzentrieren, die in der heutigen Welt eine Schlüsselrolle spielen, wie Menschenrechte, Beschäftigung oder die Umwelt.
Deshalb freue ich mich, von der Kommissarin zu hören, dass die Kommission alles in ihren Kräften Stehende unternimmt, um diese Fragen in das Abkommen aufzunehmen. Andernfalls wäre es völlig unverständlich, denn wir sprechen nicht nur über Handel oder wirtschaftlichen Austausch.
Wir alle wissen, dass dies wichtige Länder sind, die eine der größten Quellen des Wohlstands weltweit besitzen, das Öl, ein wichtiger Bestandteil unserer modernen Gesellschaften.
Doch diese Länder haben nicht nur Öl. Sie haben Menschen, Männer und Frauen, die in diesen Ländern geboren wurden, und auch Männer und Frauen, die aus anderen Ländern kommen, um dort zu arbeiten, und ich glaube, dass die Menschenrechte in diesen Ländern nicht so respektiert werden, wie sie sollten, beispielsweise das Recht auf freie Meinungsäußerung oder auf Vereinigungsfreiheit. Was die fehlende Gleichstellung der Frauen angeht, so müssen wir Scham und Empörung empfinden, wenn wir zum Beispiel Nachrichten wie den Bericht von Human Rights Watch lesen, in dem festgestellt wird, dass die Frauen in einigen dieser Länder die Genehmigung eines so genannten „Wächters“ benötigen, der ihr Vater, Ehemann oder sogar Sohn sein kann, um zu arbeiten, zu reisen, zu studieren oder selbst Zugang zur gesundheitlichen Betreuung zu erhalten. Das ist einfach untragbar, völlig inakzeptabel.
Doch wir könnten auch über die Lage der schon erwähnten Einwanderer sprechen, die in diesen Ländern arbeiten und ein starkes Arbeitskräftepotenzial darstellen. Werden ihre Rechte garantiert oder nicht? Und weiter, wie sorgen so große ölerzeugende Länder wie die GCC-Staaten für die Umwelt? Sind sie am Klimawandel oder am Rohölpreis interessiert?
Das muss freundschaftlich, doch in aller Klarheit angesprochen werden. Daher freuen wir uns, dass die Entschließung, über die wir morgen abstimmen, schließlich so wichtige Ziffern wie Nr. 17 und 19 aufgenommen hat, an denen wir unserer Ansicht nach einen Anteil haben. Sie nehmen beispielsweise Bezug auf die Menschenrechte als Gegenstand einer Klausel, die zu einem maßgeblichen Bestandteil des Freihandelsabkommens werden sollte, das mit dem Golfkooperationsrat unterzeichnet werden soll, oder auf die Notwendigkeit, dass die Seiten die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifizieren.
Wir haben auch weitere Änderungsanträge eingereicht, die von den Fraktionen hoffentlich unterstützt werden können und damit diesen Themen größeres Gewicht verleihen. Allerdings gilt es, vorsichtig zu sein, um keine falsche Botschaft an unsere Verbündeten zu richten: Die Menschenrechte müssen respektiert werden, ob Öl im Spiel ist oder nicht.
Ramona Nicole Mănescu, im Namen der ALDE-Fraktion. – (RO) Die Diskussion um die Entwicklungen bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EG und dem Golfkooperationsrat hat mein Interesse geweckt, da ich vor kurzem zusammen mit der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Golfstaaten die Region besucht habe.
Die bei den interparlamentarischen Tagungen erörterten Themen umfassten auch die Verhandlungen über dieses Abkommen.
Die Vertreter des Golfkooperationsrats erklärten, die Europäer würden Druck ausüben, um unbeschränkten Zugang zu zahlreichen Investitionsmöglichkeiten zu bekommen, während der Golfkooperationsrat nicht nur an der Beschaffung von Kapital interessiert sei, sondern auch an Technologie und Management-Know-how.
Zum einen sollten die begonnenen Verhandlungen bereits 2006 abgeschlossen sein, aber sie sind noch immer im Gange, und die Gründe dafür liegen bei beiden Seiten.
Die Europäische Union ist der Ansicht, dass es den Mitgliedern des Golfkooperationsrats an Koordination und Reformen mangelt, und die Golfstaaten beklagen sich über eine endlose Liste von Bedingungen, die sie erfüllen müssen.
An einige der wichtigsten hat der Handelskommissar, Herr Mandelson, uns erinnert: Marktzugang, Kennzeichnung des Ursprungs von Erzeugnissen, Regierungslizenzen, Maßnahmen zum Investitionsschutz sowie Kriterien für deren Garantie im Golfkooperationsrat.
Aus diesem Grund bin ich davon überzeugt, dass sich durch den Abschluss des Freihandelsabkommens beide Seiten offiziell zu einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit verpflichten würden, von der beide Seiten erheblich profitieren könnten, nämlich in den Bereichen Energiekooperation, wirtschaftliche und technische Entwicklung der Region einschließlich eines wirksameren Umweltschutzes, Schaffung eines gemeinsamen Marktes und eine Erhöhung der europäischen Investitionen, um nur einige zu nennen.
Zum anderen findet in der Region eine heikle Debatte über das Problem der Achtung der Menschenrechte statt. Die EU spielt eine sehr wichtige Rolle in der internationalen Wirtschaft, aber zugleich ist sie auch einer der wichtigsten Verfechter der Menschenrechte.
Die Diskussionen, die ich mit den Vertretern der aktivsten Nichtregierungsorganisationen in der Region geführt habe, machten sehr deutlich, dass die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen auch eine gute Gelegenheit bieten, Druck auf die Golfstaaten auszuüben, damit den Bürgern dieser Länder mehr private und politische Freiheiten zugestanden werden.
Darum sollte bei Verhandlungen über wirtschaftliche Themen auch stets den Gesetzen zur Einhaltung der Rechte von Wanderarbeitnehmern und Frauen erhöhte Aufmerksamkeit entgegengebracht werden.
Caroline Lucas, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Meine Fraktion spricht sich nachdrücklich dafür aus, die Kommission aufzufordern, dem Parlament mehr Informationen über die Verhandlungen zu diesem Freihandelsabkommen zu geben und uns insbesondere das Verhandlungsmandat sowie eine aktualisierte Nachhaltigkeitsprüfung zukommen zu lassen.
Angesichts der schlechten Bilanz der Golfstaaten bezüglich ihrer Sozial- und Umweltnormen unterstreichen wir ferner die Notwendigkeit, ein deutliches Kapitel über nachhaltige Entwicklung in dem Freihandelsabkommen vorzusehen. Deshalb sind wir beunruhigt über Äußerungen der GD Handel, dass es, da die Verhandlungen mit den Golfstaaten ja schon vor langer Zeit begonnen hätten, als Fragen nachhaltiger Entwicklung anscheinend noch nicht von so großer Bedeutung waren, nun zu spät sei, die Verhandlungen mit Fragen wie Menschenrechtsklauseln zu belasten.
Ich meine, wir müssen darauf hinweisen, dass dies politisch inakzeptabel ist, und wir hoffen, dass die GD Handel daran denkt, dass das Parlament einem Endergebnis der Verhandlungen zustimmen muss.
Über unsere Bedenken bezüglich der Sozial- und Umweltnormen im Zusammenhang mit dem Handel in der Golfregion hinaus müssen wir uns jedoch sehr viel sorgfältiger damit befassen, welche Art von Handel ein Freihandelsabkommen mit den Golfstaaten zu liberalisieren bezweckt. Wir wissen natürlich, dass das Interesse der EU darin liegt, unbegrenzten Zugang zu Energievorräten zu erhalten und Handelsbarrieren wie Ausfuhrabgaben oder quantitative Beschränkungen zu beseitigen. Natürlich wissen wir, dass die EU versucht, andere Industrieländer oder aufstrebende Volkswirtschaften aus dem Rennen zu schlagen, um die besten Zugangsbedingungen zu erhalten, dass die EU die steigenden Energiepreise im Auge hat und mehr Waren in die Region verkaufen möchte, um ihre Handelsbilanz auszugleichen. Das widerspricht selbstverständlich gänzlich den erklärten Zielen der EU im Hinblick auf seine Klimapolitik.
Aber stellen wir uns ein anderes Szenario vor: Die EU würde nicht versuchen, ihre Handelsbeziehungen durch eine kompromisslose Liberalisierung auszugleichen, sondern würde sich den Impuls des Handelsbilanzdefizits zunutze machen, um die Entwicklung und Anwendung erneuerbarer Energien zu fördern; die EU würde sich nicht am internationalen Wettlauf um den sicheren Zugang zu Öl beteiligen, sondern bestünde auf multilateralen Abkommen, durch die alle Länder einen fairen Anteil an den abnehmenden weltweiten Ressourcen erhalten.
Verglichen mit diesem ehrgeizigen Szenario, das wir uns wünschen würden, ist das Bestehen des Parlaments auf einem deutlichen Kapitel zu nachhaltiger Entwicklung im Freihandelsabkommen das absolut Mindeste, was wir benötigen, um zu entscheiden, ob dieses Hohe Haus dem bevorstehenden Abkommen zustimmen kann oder nicht.
Avril Doyle (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Die Dringlichkeit, ein ordnungsgemäß funktionierendes Freihandelsabkommen abzuschließen, kann nicht genug betont werden. Die EU-Exporte in die GCC-Mitgliedstaaten haben seit den 1980er Jahren zugenommen. Der GCC ist zurzeit der sechstgrößte Exportmarkt der EU, und die EU ist der wichtigste Handelspartner des GCC. 2005 betrugen die EU-Exporte in den GCC etwa 50 Milliarden Euro, wohingegen die Exporte des GCC in die EU bei etwa 37 Milliarden Euro lagen.
Die Kommission geht davon aus, dass sich das Handelsvolumen schon bald nach der Unterzeichnung des Abkommens verdoppeln wird. Darüber hinaus sieht das vorgeschlagene Abkommen erstmals, soweit ich weiß, Klauseln zu Menschenrechten, Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Terrorismusbekämpfung vor, was sicherlich begrüßenswert ist.
Leider hat sich die Erzielung einer Einigung sehr verzögert, und als Herr Mandelson die Region im Februar 2007 besuchte, gab er dem Freihandelsabkommen, wenn ich Sie richtig zitiere, Frau Kommissarin, einen wichtigen Impuls.
Soviel ich jedoch weiß, äußerte er sich öffentlich bei seinem Aufenthalt dahingehend, der Protektionismus der arabischen Golfstaaten sei schuld an der Verzögerung der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens. Ist die Kommission immer noch dieser Auffassung, und ist dies die Sprache, mit der sich internationale Abkommen fördern lassen?
Trotz der Rückschläge in der Einigung über ein Handelsabkommen arbeiten die GCC-Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Harmonisierung der Sicherheitsbestimmungen an Flughäfen in positiver Weise mit der Kommission zusammen. Die Waren von Fluggästen, die diese heute zollfrei kaufen und entweder in die Golfstaaten oder die Europäische Union überführen, könnten aufgrund der aktuellen, an den Flughäfen geltenden Sicherheitsbeschränkungen für Flüssigkeiten beschlagnahmt werden.
Zum Glück arbeiten einige Staaten des Golfkooperationsrates jedoch mit der Kommission zusammen, indem sie sich gemäß Verordnung (EG) Nr. 915/2007 um die Anerkennung ihrer Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen als angemessen beworben haben. Dieses Verfahren, wenn ich es richtig verstanden habe, erlaubt es Fluggästen, ihre zollfreien Einkäufe aus Drittländern zu überführen, vorausgesetzt, dieses Drittland ist als sicher anerkannt. Durch diese Anwendung haben die betreffenden Golfstaaten erfolgreich eine technische und praktische Zusammenarbeit mit der EU geschaffen, und der Kommission gilt unsere Anerkennung für ihr Handeln auf diesem Gebiet.
Ein solches Beispiel praktischer Zusammenarbeit macht Mut zu einem umfassenderen Freihandelsabkommen, das zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten mag. Ich würde mir jedoch wünschen, dass eine solche Zusammenarbeit und solche Abkommen beschleunigt und ausgebaut werden.
Ein Freihandelsabkommen sollte zudem einen Weg darstellen, die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit den Golfstaaten zu fördern und so die nachhaltige Entwicklung in der Region zu unterstützen. Zurzeit gibt es kaum eine wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Europa und den Golfstaaten, obwohl ein großes Potenzial vorhanden wäre.
Die Zusammenarbeit im Bereich der Wissenschaft ist insbesondere im Hinblick auf Klimawandel und Energiepolitik von Bedeutung. Die Europäische Union importiert zurzeit etwa 50 % ihres Energiebedarfs. Etwa 20 % dieser Importe stammen aus den Golfstaaten.
Ein Freihandelsabkommen muss hinsichtlich der Bekämpfung des Klimawandels verstärkt werden. Daher begrüße ich die geplante Durchführbarkeitsstudie der Kommission auf diesem Gebiet.
David Martin (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Lassen Sie mich mit dem Positiven beginnen. Zunächst möchte ich meinen Dank an Herrn O’Sullivan, den Generaldirektor für Handel, im Protokoll festhalten lassen, der schnell und positiv auf unsere Bitte um die Verhandlungsmandate reagiert hat. Wir haben sie innerhalb einer Woche nach seinem Besuch im Ausschuss erhalten, bei dem wir ihn baten, uns diese Mandate zur Verfügung zu stellen.
Ich begrüße zudem die beachtlichen Fortschritte, die in diesen Verhandlungen bislang erzielt wurden, und erkenne, wie andere vor mir, an, dass diese die Golfstaaten für den EU-Handel öffnen und gut für die Wirtschaft der EU sein sollten.
Ich erkenne außerdem von ganzem Herzen an, dass das Freihandelskommen, das wir aushandeln, in jedem Fall eine Verbesserung gegenüber dem Kooperationsabkommen von 1989 darstellt, und ich begrüße die Tatsache, dass, wie Sie selbst, Frau Kommissarin, angemerkt haben und Frau Doyle es gerade wiederholt hat, das Freihandelsabkommen eine Reihe nichthandelsbezogener Klauseln zu Themen wie Menschenrechte, Migration, Terrorismusbekämpfung und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen enthält.
Ich bedaure es jedoch, dass die Klauseln zu Sozialem, Umwelt und Arbeit, über die wir mit den Golfstaaten verhandeln, bedeutend schwächer sind als jene, die wir in unserer modernen Runde der Freihandelsabkommen aushandeln. In unseren Verhandlungen beispielsweise mit Korea oder den ASEAN-Staaten würden wir die Normen nicht akzeptieren, die wir bei den Golfstaaten zu akzeptieren bereit zu sein scheinen.
Die Kommission hat uns bereits mitgeteilt – und wir hätten es ahnen können –, dass der Grund hierfür darin liegt, dass die Verhandlungen auf der Basis eines veralteten Verhandlungsmandats geführt werden, eines Mandats, das seit 2001 nicht mehr aktualisiert wurde. Was ich von keinem Mitglied der Kommission bislang gehört habe, sei es vom zuständigen Kommissar, vom Generaldirektor für Handel oder der hier anwesenden Kommissarin, ist, warum wir noch immer auf der Basis eines veralteten Mandats verhandeln. Es fällt mir schwer, mich von dem Verdacht zu befreien, dass die Kommission der Meinung war, es würde zu schwierig werden, mit den Golfstaaten moderne Nachhaltigkeits-, Entwicklungs- und Arbeitsklauseln auszuhandeln. Ebenso stellt sich mir die Frage, warum wurde die Nachhaltigkeitsprüfung seit 2004 nicht aktualisiert? Auch hier warte ich bislang noch auf überzeugende Gründe.
Ich muss sagen, was mich besonders beunruhigt – Herr Carnero hat die Lage der Frauen angesprochen, und das ist eine Sorge, die ich teile –, aber was mich besonders beunruhigt, sind die Rechte der Wanderarbeitnehmer in den Golfstaaten. Eines steht fest: Diese Personen machen die Mehrheit der Arbeitskräfte in den Golfstaaten aus, und ich sehe nicht, wie sie durch dieses Freihandelsabkommen in irgendeiner Weise geschützt werden. Was wird die Kommission unternehmen, um sicherzustellen, dass im Hinblick auf Wanderarbeitnehmer die zentralen Normen der IAO von den Golfstaaten anerkannt werden?
Abschließend, Frau Kommissarin, habe ich folgende Frage: Ihre Kollegin, Frau Ferrero-Waldner, hat sich in der vergangenen Woche mit der Gesellschaft für Menschenrechte aus Bahrain getroffen und einige Bedenken bezüglich Menschenrechte und Wanderarbeiter zur Sprache gebracht. Sie wird in den „Gulf Daily News“ mit den Worten zitiert, Menschenrechtsklauseln in einem Freihandelsabkommen hätten ihre volle Unterstützung. Wie gedenkt die Kommission, dieses Versprechen umzusetzen?
Kader Arif (PSE). – (FR) Frau Präsidentin! Die Europäische Union verhandelt, wie hier bereits gesagt wurde, nunmehr seit fast 20 Jahren über den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit dem Golfkooperationsrat.
In dieser Zeit wurde das Verhandlungsmandat der Kommission nur sehr geringfügig verändert, ohne dass man von einer echten Aktualisierung sprechen kann. Daraus ergibt sich die zumindest erstaunliche Situation, dass die Union mit den Golfstaaten nicht auf der Grundlage der gleichen Kriterien verhandelt, wie mit ihren anderen Handelspartnern, wie beispielsweise Korea oder den ASEAN-Staaten. Vor allem sieht das Verhandlungsmandat weder die Aufnahme einer Klausel über Sozialstandards noch eines ambitionierten Kapitels über die nachhaltige Entwicklung in das künftige Abkommen vor. Die Frage der Achtung der Menschenrechte wird kaum angesprochen. Da diese Punkte zu den Prioritäten des europäischen Handelns gehören müssen, müssten sie nicht nur voll in das künftige Freihandelsabkommen aufgenommen werden, sondern auch Gegenstand von Suspensionsklauseln für den Fall von Nichteinhaltung der eingegangenen Verpflichtungen sein. Die EU ist verpflichtet, die Förderung und die Einhaltung der demokratischen Menschenrechtsprinzipien, der Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation und der Umweltstandards in allen von ihr ausgehandelten Handelsabkommen zu gewährleisten.
Im Falle der Golfstaaten gebührt – darauf hat Herr Martin gerade hingewiesen – besondere Aufmerksamkeit den Lebensbedingungen und Rechten der Wanderarbeiter, die sich in großer Zahl in der Region aufhalten und zu einem raschen Wachstum beitragen, vielfach jedoch unter unwürdigen und inakzeptablen Bedingungen arbeiten.
Generell müssen Europa und seine Mitgliedsländer neben dem Wirtschaftsaustausch, den es im Rahmen harmonischer Handelsbeziehungen zu entwickeln gilt, ihren politischen und sozialen Dialog verstärken. Daher müssen wir ein Freihandelsabkommen abschließen, das nicht nur keine negative Auswirkung auf die in dieser Region lebenden Menschen haben darf, sondern im Gegenteil ihre politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte festigt. Deshalb ist es beispielsweise unerlässlich, im Rahmen der Verhandlungen über Dienstleistungen der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, einen universellen, allgemein zugänglichen und nachhaltigen öffentlichen Universaldienst zu erschwinglichen Preisen zu gewährleisten, der hohen Qualitätsnormen gerecht wird.
Paul Rübig (PPE-DE). – Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Kommissarin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns alle ist es sehr wichtig, die Verbesserung der Beziehungen zu den Golfstaaten in den Mittelpunkt zu stellen. Europa und die Golfstaaten haben sehr viel Interesse – einerseits an Lieferungen an Europa, den kaufkräftigsten Markt dieser Welt, und andererseits bekommen wir dort Ressourcen, die einzigartig sind. Aus dieser Sicht ist es notwendig, im globalen Zusammenhang die Beziehungen entsprechend zu intensivieren.
Wir haben in der WTO die Frage „Everything But Arms“ – das sollte der Standard sein. Wir sollten hier so schnell wie möglich eine vernünftige Regelung erhalten, weil das im beiderseitigen Interesse liegt. Auch im Forschungsaustausch und im Austausch von Wissen und Know-how sollten wir uns mehr bemühen und auch versuchen, im Bildungssektor engere Beziehungen zu pflegen. Außerdem wäre es wichtig, die Energiecharta gemeinsam abzuschließen.
Androula Vassiliou, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Ich danke den verehrten Abgeordneten für Ihre Anmerkungen zu den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen EU und GCC. Ich möchte betonen, dass die Kommission das Parlament auch weiterhin über den aktuellen Stand dieser Verhandlungen auf dem Laufenden halten wird.
Das Interesse der verehrten Abgeordneten an der Aufnahme einer politischen Klausel in das ausgehandelte Abkommen hat mich besonders berührt, und ich möchte Ihnen versichern, dass diese Bedenken in den Verhandlungen tatsächlich zur Sprache kommen. Ich kann außerdem bestätigen, was an einer Stelle angesprochen wurde, nämlich dass dieser Punkt während des Besuchs von Kommissarin Ferrero-Waldner in der Golfregion in der vergangenen Woche thematisiert wurde. So haben die Golfstaaten ihre Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht, das Freihandelsabkommen zum Abschluss zu bringen, und erkennen die Wichtigkeit erweiterter Flexibilität in dieser Frage an.
Die Präsidentin. – Frau Doyle, Sie wollten einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen?
Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich verzichte in diesem Fall darauf, aber da es kein fünfminütiges „catch-the-eye“-Verfahren gab, ist es in anderen Aussprachen Praxis gewesen, dass ein Mitglied selbst dann, wenn er oder sie bereits einen Redebeitrag gehalten hatte, noch eine kurze Frage einschieben konnte, die sich ergeben hatte. So können wir alle von catch-the-eye Gebrauch machen oder wenigstens von einer weiteren Minute Redezeit, sofern die Zeit vorhanden ist.
Ich verzichte bei dieser Gelegenheit darauf, aber meine Meldung beruhte nur darauf, denn wir hatten heute erst eine freie Wortmeldung. Ich hatte eine Zusatzfrage an die Kommissarin, aber ich verzichte darauf.
Die Präsidentin. – Frau Doyle, Sie können die Frage stellen. Doch Sie hatten keinen Antrag gestellt.
Avril Doyle (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Ich wollte die Kommissarin eigentlich nur fragen, ob wir, angesichts der Irreführung, der Verzögerungen, der Absage der Verhandlungsrunde letzten Januar, den wenigen Kontakten seither und den vielen Jahren, über die diese Verhandlungen schon andauern – nur ein oder zwei Treffen pro Jahr – auch überzeugt sind, dass der GCC wirklich ein Freihandelsabkommen will?
Sie haben das gerade quasi beantwortet, aber gibt es ein wirkliches Interesse an einem Freihandelsabkommen mit der EU? Ist das angesichts der langen Zeit, über die wir schon verhandeln, nicht eine berechtigte Frage?
Androula Vassiliou, Mitglied der Kommission. − (EN) Ich möchte dazu nur sagen, dass wir hoffen, dass es dieses Interesse gibt. Wie Sie wissen, fand das Treffen, das für den vergangenen Januar angesetzt war, nicht statt, aber wir hoffen, dass wir bei dem kommenden Treffen im Mai umfangreiche Verhandlungen führen werden. Hoffen wir es.
Die Präsidentin. – Es wurde gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag eingereicht(1).
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Roberta Alma Anastase (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Als Mitglied der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Golfstaaten möchte ich die Bedeutung einer schnellstmöglichen Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen der EG und dem Golfkooperationsrat hervorheben. Der Abschluss dieses Abkommens noch 2008 wäre eine wesentliche Voraussetzung für die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Regionen, und die notwendige Gewährleistung der Energiesicherheit der Europäischen Union spiegelt die Bedeutung und Dringlichkeit dieses Themas wider.
Wenn man in Rechnung stellt, dass der Handel sich derzeit mehr und mehr auf den Energiebereich konzentriert, muss das künftige Abkommen klar und eindeutig auf eine immer engere Zusammenarbeit auf diesem Gebiet ausgerichtet sein. So könnten mehr gemeinsame Energieprojekte auf einfachere Weise realisiert werden, auch mit den EU-Mitgliedstaaten in der Schwarzmeerregion, die von neuen Entwicklungs- und Kooperationsmöglichkeiten profitieren würden.
Daher muss nun vorrangig ein genauer Zeitplan für den Abschluss der laufenden Verhandlungen erstellt und ebenso das Hauptziel des beiderseitigen Nutzens formuliert werden, denn dies würde nicht nur zu einer Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den Golfstaaten führen, sondern auch allgemein zu mehr Stabilität und nachhaltiger Entwicklung.