Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0457/2008).
Wir behandeln die folgenden Anfragen an die Kommission.
Erster Teil
Anfrage Nr. 35 von Stavros Arnaoutakis (H-0546/08)
Betrifft: Lebensmittelkrisen in der EU und Schutz der europäischen Verbraucher
Hat die Kommission nach den verschiedentlichen Lebensmittelkrisen in Europa spezifische Maßnahmen beschlossen, um einen effizienten Verbraucherschutz sicherzustellen?
Androula Vasiliou, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Arnaoutakis für seine Frage zum stets aktuellen Thema der Lebensmittelsicherheit danken.
Der Kommission stehen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, um zu gewährleisten, dass die Bürger Europas vor möglichen Lebensmittelkrisen geschützt sind. Erstens garantiert die Kommission, dass die zuständigen Behörden in allen 27 Mitgliedstaaten umgehend und zeitgleich über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) gewarnt werden.
Zweitens führt das Lebensmittel- und Veterinäramt (LVA) der Kommission systematische Inspektionen in den Mitgliedstaaten und in Drittländern durch.
Drittens prüft die Kommission sämtliche ihr von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, internationalen Medien oder anderen Quellen zur Verfügung gestellten Informationen sehr genau.
Wenn nötig und vor allem, wenn von Lebensmitteln oder Futtermitteln eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Gesundheit ausgeht und diese Gefahr von den Mitgliedstaaten nicht wirksam bekämpft werden kann, ergreift die Kommission Maßnahmen auf EU-Ebene.
So wurde das RASFF im Fall des mit Mineralöl verseuchten ukrainischen Sonnenblumenöls von den zuständigen französischen Behörden am 23. April 2008 informiert. Diese Mitteilung ging an alle Mitgliedstaaten. Über das RASFF benachrichtigte die Kommission die anderen EU-Mitgliedstaaten unverzüglich über den Vorfall. Am 10. Juni 2008 wurde die Entscheidung 2008/433/EG der Kommission zur Festlegung besonderer Bedingungen für die Einfuhr von Sonnenblumenöl, dessen Ursprung oder Herkunft die Ukraine ist, wegen des Risikos einer Kontamination durch Mineralöl, herausgegeben. Außerdem wurden Ermittlungen aufgenommen, um die Quelle der Verunreinigung ausfindig zu machen.
Darüber hinaus ermöglicht es das System der Rückverfolgbarkeit gemäß Verordnung (EG) Nr. 178/2002, besser als die Allgemeine Verordnung zum Lebensmittelrecht bekannt, gezielte, genaue Produktrücknahmen beziehungsweise -rückrufe vorzunehmen, ausreichende Informationen für Verbraucher und Betreiber von Lebensmittelunternehmen bereitzustellen sowie die Risiken abzuwägen und eine unnötige Unterbrechung des Handels zu vermeiden.
Des Weiteren überprüft die Kommission die Fähigkeit der zuständigen Inspektionsbehörden der Mitgliedstaaten, die Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelrechts sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU zu gewährleisten.
So hat das Lebensmittel- und Veterinäramt der Kommission in Malaysia erhebliche Probleme im Hinblick auf die Erfüllung der Auflagen für den Export von Fischerzeugnissen festgestellt. In der EU hat die Kommission unverzüglich reagiert und die Einfuhr von Fisch aus Malaysia verboten. Das ist nur eines von vielen Beispielen, wie die Kommission wirksamen Verbraucherschutz betreibt und Lebensmittelkrisen verhindert.
Aus diesem Grund vertritt die Kommission die Auffassung, die bestehenden Rechtsvorschriften enthalten die nötigen Mechanismen für die effiziente Bewältigung von Lebensmittelkrisen und für wirksamen Verbraucherschutz.
Gleichzeitig sorgen wir aber auch für die stetige Verbesserung der Kommunikationskanäle und der diesbezüglichen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Beispielsweise erarbeiten wir neue Leitlinien für den Einsatz des RASFF, die die Kommission in Kürze verabschieden wird.
Stavros Arnaoutakis, Verfasser. – (EL) Vielen Dank für Ihren Bericht, Frau Kommissarin. Gestatten Sie mir anzumerken, dass die europäischen Verbraucher gegenwärtig einen Vertrauensverlust erleben. Ihr Vertrauen ist erschüttert worden.
Darum muss aus Sicht der Kommission geschaut werden, welche Schritte notwendig sind, um die Verbraucher zu informieren. Vielleicht tun Sie ja, wie dargelegt, in der Tat schon richtigerweise alles Mögliche und verdienen Glückwünsche. Dennoch hatten wir in Griechenland zum Beispiel das besagte ukrainische Sonnenblumenöl, das zum Teil von über der Hälfte der griechischen Bevölkerung verzehrt worden ist. Wie können Verbraucher geschützt werden und welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen?
Androula Vasiliou, Mitglied der Kommission. – (EL) Gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass der zunehmende Wirbel um dieses Thema und die vom RASFF herausgegebenen Warnungen zeigen, dass das System wirklich funktioniert.
Im Falle von Griechenland und dem ukrainischen Sonnenblumenöl wurde tatsächlich am 23. April 2008 eine allgemeine Warnung herausgeben, dass sich verunreinigtes Sonnenblumenöl auf dem EU-Markt befindet. Als die Schweizer Behörden am 5. Mai 2008 unser Zentrum speziell davor warnten, dass sich das betreffende Öl u. a. auf dem Weg nach Griechenland, Italien und in die Türkei befände, führten die griechischen Behörden die nötigen Ermittlungen durch, stellten uns Informationen zur Verfügung und nahmen die Erzeugnisse vom Markt.
Ich möchte indes betonen, dass die Maßnahmen, die die EU-Kommission ergreifen kann und die sie auch ergreift, nicht mit den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten verwechselt werden sollten, da es sich um innere Angelegenheiten handelt.
Selbstverständlich werden Sie von mir wissen wollen, ob Kontrollen durchgeführt werden. Ja. Das Lebensmittel- und Veterinäramt, das verschiedenen Mitgliedstaaten regelmäßig Besuche abstattet, kontrolliert, ob die Abteilungen arbeiten, deckt Mängel auf und weist die Mitgliedstaaten darauf hin. Dies geschieht natürlich sowohl in Griechenland als auch in anderen Ländern.
Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Frau Kommissarin! Die EU hat in ihrem System vom landwirtschaftlichen Erzeuger bis zum Verbraucher Hervorragendes geleistet, und die Verbraucher sollten ihm vertrauen, aber ich frage ich mich, wie es mit dem Schutz der europäischen Produzenten steht. Meiner Meinung nach behandeln wir importierte Lebensmittel längst nicht so streng wie in der Union hergestellte. Beispielsweise erlauben wir außerhalb der Europäischen Union Stoffe, die wir hier verbieten, und mit der neuen Gesetzgebung zu Pflanzenschutzmitteln wird das in der Getreideproduktion noch zunehmen. Frau Kommissarin, würden Sie sich bitte zu diesem speziellen Problem äußern? Am Ende könnten wir in Europa Lebensmittel konsumieren, die man in der Europäischen Union gar nicht produzieren darf.
Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Ich möchte die Frage aufwerfen, was eine Lebensmittelkrise ist. Kann das Inverkehrbringen eines unsicheren Nahrungsmittels auf dem EU-Markt als Lebensmittelkrise angesehen werden? In diesem Fall könnten wir auch von einer Spielzeugkrise reden, da Spielzeug, das die Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt, ebenso wie eine ganze Reihe anderer unsicherer Produkte bekanntermaßen verkauft wird. Wie lässt sich eine Lebensmittelkrise definieren? Handelt es sich um eine Krise, wenn die Lebensmittelpreise, die alle Verbraucher betreffen, stets und ständig steigen?
Androula Vassiliou, Mitglied der Kommission. – (EN) Zunächst möchte ich zur zweiten Frage sagen, dass wir nicht von einer Lebensmittelkrise sprechen können, wenn wir auf dem Markt eine fehlerhafte Ware feststellen. Zu einer Lebensmittelkrise könnte es kommen, wenn wir diese Ware in der Europäischen Union frei zirkulieren ließen. Erst dann könnten wir vor einer Krise stehen, denn wir könnten die Gesundheit unserer Bürger gefährden.
Aber mit dem System, das wir in Kraft gesetzt haben und peinlich genau anwenden, wollen wir solche Krisen vermeiden. Bei vielen (und noch nicht so lange zurückliegenden) Anlässen ist es uns gelungen, Lebensmittelkrisen abzuwenden.
Zu den Kontrollen von Produkten und Nahrungsmitteln, die außerhalb der Europäischen Union hergestellt werden, muss ich sagen, dass wir von unseren Handelspartnern genau die gleichen Kontrollen fordern wie wir sie auf hier hergestellte Nahrungsmittel anwenden.
Deshalb erwähnte ich z. B. Malaysia, wo unser Lebensmittel- und Veterinäramt bei einer Vor-Ort-Kontrolle feststellte, dass das System nicht richtig funktioniert, weshalb wir Fischimporte aus Malaysia untersagt haben. Gleiches galt für Rindfleisch aus Brasilien und bei vielen anderen Anlässen aus Bangladesch.
Also fordern wir von unseren Partnern, wenn sie in die Europäische Union exportieren wollen, sich an genau die Hygienevorschriften zu halten, die wir innerhalb der Union anwenden.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 36 von Bilyana Ilieva Raeva (H-0548/08)
Betrifft: Straßenverkehrssicherheit
Die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten und verletzten Personen stellt ein humanitäres, gesundheitliches, ökologisches, finanzielles, soziales und demographisches Problem dar. Außerdem haben die aus dieser tragischen Situation erwachsenden Kosten zahlreiche negative Auswirkungen auf die Lebensqualität, die nachhaltige Entwicklung und die globale Erwärmung.
In diesem Zusammenhang sollten Strategien erarbeitet werden, durch die die Mitgliedstaaten angehalten werden, dafür zu sorgen, dass die Zahl der Opfer von Verkehrsunfällen nicht höher ist als der EU-Durchschnitt.
Auf welche Weise beabsichtigt die Kommission, entschiedenere Maßnahmen in die Wege zu leiten, etwa im Rahmen der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, indem die bestehenden gemeinsamen Bestimmungen ausgedehnt werden – insbesondere indem ein gemeinsamer EU-Indikator für Verkehrsunfälle eingeführt wird, an den sich die Mitgliedstaaten strikt zu halten haben?
Wird die Kommission die Möglichkeit prüfen, einen einheitlichen Ansatz für Überwachung, Kontrolle und Sanktionen auf dem Hoheitsgebiet der EU zu entwickeln? Können wir davon ausgehen, dass eine künftige gemeinsame Politik der Europäischen Union im Bereich der Straßenverkehrssicherheit auch zu einer gemeinsamen Politik im Bereich der Verkehrspolizei führen wird, wodurch die Qualität der Kontrolle und Überwachung der Straßenverkehrssicherheit verbessert würde?
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Da Herr Tajani wegen einer Ministerratstagung verhindert ist, freue ich mich, auf die Frage von Frau Raeva antworten zu können, zumal ihre Frage ein Thema betrifft, mit dem ich mich persönlich vielfach beschäftigt habe und das mir sehr am Herzen liegt.
Im Jahr 2001 hat sich die Europäische Union das Ziel gesetzt, dass die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2010 um die Hälfte gesenkt wird. Dieses Ziel wurde durch das Europäische Parlament und durch den Rat anerkannt. Es war im Jahr 2003 Gegenstand eines Europäischen Aktionsprogramms für die Straßenverkehrssicherheit, in dem sechzig Maßnahmen festgelegt wurden, um die Verkehrsteilnehmer zu einem besseren Verhalten anzuregen und den technischen Fortschritt zu nutzen, um die Sicherheit der Fahrzeuge zu erhöhen, die Straßeninfrastruktur zu verbessern, den gewerblichen Verkehr sicherer zu machen, die Fürsorge für Unfallopfer zu verbessern und die Analyse der Unfalldaten weiterzuentwickeln. Um die Entwicklung der Situation in diesem Bereich der Straßenverkehrssicherheit zu verfolgen, wurden durch die Kommission Leistungsindikatoren entwickelt: Zahl der Verkehrstoten je Million Einwohner, Quote des Tragens von Sicherheitsgurten und Schutzhelmen, Anzahl und Prozentsatz von unter Alkohol stehenden Unfallbeteiligten, Anzahl und Prozentsatz der Personen, die die zulässige Geschwindigkeit überschritten haben.
Im Bereich der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften ist die neue Richtlinie über den Führerschein zu nennen, die das Europäische Parlament und der Rat am 20. Dezember 2006 verabschiedet haben. Diese Richtlinie zielt darauf ab, die Straßenverkehrssicherheit für junge Straßenverkehrsteilnehmer und die Freizügigkeit der Bürger innerhalb der Europäischen Union zu verbessern. Weiterhin haben wir eine Richtlinie über das Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur, die im Juni 2008 nach einer Einigung in erster Lesung verabschiedet wurde. Hinzu kommt ein Vorschlag für eine Richtlinie über die Kontrolle der Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften, den die Kommission 2008 eingereicht hat und der derzeit im Europäischen Parlament und im Rat beraten wird.
Im Übrigen bemüht sich die Kommission, den Austausch guter Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Straßenverkehrssicherheit maximal zu fördern. Im Rahmen des Aufrufs zur Einreichung von Vorschlägen beteiligt sie sich an der Finanzierung von Kampagnen für die Straßenverkehrssicherheit oder innovative Projekten in diesem Bereich unter Einbeziehung mehrerer Mitgliedstaaten.
Ebenso unterstützt die Kommission finanziell den Forschungsplan für künftige Projekte zur Verbesserung des Wissens in bestimmten Bereichen und zur Anregung von Legislativvorschlägen auf zuverlässigen wissenschaftlichen Grundlagen. Das Projekt DRUID (Driving under the influence of Drugs, Alcohol and Medicines) ist hierfür ein Beispiel, während heute die Bekämpfung des Fahrens unter dem Einfluss psychoaktiver Substanzen in den neuen Mitgliedstaaten zu einem Schwerpunkt wird. Schließlich, Frau Raeva, ist ein neues europäisches Aktionsprogramm für den Zeitraum 2010-2020 in Vorbereitung. Dieses Aktionsprogramm wird Anfang 2009 Gegenstand einer öffentlichen Anhörung sein, bevor es durch die Kommission verabschiedet wird.
Soweit die Punkte, die Herr Tajani in Beantwortung Ihrer Anfrage anführen wollte.
Bilyana Ilieva Raeva, Verfasserin. – (BG) Herr Kommissar! Es freut mich außerordentlich, Ihnen zu Ihren bisherigen Bemühungen in Ihrer vorigen Funktion als EU-Verkehrskommissar zu gratulieren. Damit meine ich die letzten beiden Jahre. Außerdem möchte ich Ihnen herzlich für die zusammenfassende Vorstellung der Gemeinsamen EU-Politik für die Sicherheit auf der Straße danken.
Genau in diese Richtung zielt meine Frage: Wenn wirklich Indikatoren vorliegen und wenn es definitiv eine ernst zu nehmende Initiative der Europäischen Kommission zur Verkehrssicherheit gibt, wie erfolgt die Überwachung der Implementierung dieser Kenngrößen und wie wird gewährleistet, dass die Zahl der Verkehrstoten in Europa um mindestens 50 % sinkt? Denn für ein Land wie Bulgarien ist diese Zahl zu hoch. Europa braucht im Falle der Verletzung dieser Auflagen zweifelsohne Sanktionen.
Jacques Barrot, Vizepräsident de Kommission. − (FR) Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Die Überwachung, die Kontrollen und die Sanktionen bei Verkehrsverstößen fallen natürlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.
Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass die Kommission am 21. Oktober 2003 eine Empfehlung zu Durchsetzungsmaßnahmen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit verabschiedet hat, die die besten Praktiken hinsichtlich der Kontrolle von Verkehrsverstößen definiert. Vor allem möchte ich Ihnen sagen, dass der Europäische Tag der Verkehrssicherheit uns die Gelegenheit bietet, für jeden Mitgliedstaat Bilanz zu ziehen. Diese Bilanz zeigt die Entwicklungen einiger Mitgliedstaaten sowie auch die Schwachstellen anderer Mitgliedstaaten auf. Ich sehe in diesem Europäischen Tag der Verkehrssicherheit ein Mittel, um wirklich die Leistungen der Mitgliedstaaten zu beleuchten.
Sie haben zu Recht hervorgehoben, dass wir die erhofften Leistungen noch nicht erreicht haben. Wir machen uns große Sorgen um das Ziel das darin bestand, die Zahl der Unfallopfer bis zum Jahr 2010 zu halbieren. Möglicherweise müssen wir in dem nächsten Mehrjahresprogramm, das auf zehn Jahre angelegt ist, noch die Auflagen für die Mitgliedstaaten verschärfen.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch daran erinnern, Herr Präsident, welche Bedeutung wir der Abstimmung über die Richtlinie beimessen, die es ermöglichen wird, die Verstöße zu bestrafen, den Autofahrer in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Wohnsitzstaat begehen. Heute gibt es noch zu viel Straffreiheit für Kraftfahrer, die keine Regeln einhalten, wenn sie sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem Ihren befinden, und ich glaube, da haben wir wirklich ein Mittel, um die europäischen Bürger zu einem besseren Verhalten auf der Straße zu bewegen.
Danke für diese Frage. Ich weiß, dass mein Nachfolger, Herr Tajani, sich in der Frage der Straßenverkehrssicherheit ebenfalls sehr engagiert, und ich kann ihnen sagen, dass all Ihre Anregungen und Ihre Mobilisierung uns dabei helfen werden, dieser schlimmen Geißel ein Ende zu setzen.
Der Präsident. – Da der Fragesteller nicht anwesend ist, ist Anfrage Nr. 37 hinfällig.
Zweiter Teil
Anfrage Nr. 38 von Emmanouil Angelakas (H-0525/08)
Betrifft: Aufklärung und Schulung junger Verbraucher
Ein großer Teil der Verbraucher, die Waren erwerben und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, sind Jugendliche. Die jungen Verbraucher werden mit Werbebotschaften zugeschüttet, die – oftmals in irreführender Weise – Schulartikel, Spielzeug, Bekleidung, Lebensmittel, Getränke, audiovisuelles Material usw. anpreisen.
Wird die Kommission außer dem Europa Diary, das bereits zur Verfügung steht, eine gesamteuropäische Kampagne zur Aufklärung und Schulung jugendlicher Verbraucher zu sie betreffenden Themen ins Leben rufen? Auf welche Weise und mit welchen Mitteln wird sie eine solche Initiative einleiten? Wie und mit welcher Methode wird die Kommission die Daten im Hinblick auf junge Verbraucher, die für das Verbraucherbarometer verwendet werden, bearbeiten? Wie sollen diesbezügliche Informationen an die Zielgruppe gelangen?
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Die Kommission ist sich der Sorgen der Abgeordneten bewusst und möchte darauf hinweisen, dass dank bestehender Gemeinschaftsvorschriften über Verbraucherrechte junge Menschen schon jetzt reichlichen Schutz genießen. Beispielsweise zielt die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP) darauf ab, Verbraucher und darunter auch junge vor Praktiken zu schützen, die ihren wirtschaftlichen Interessen schaden, z. B. vor irreführender Werbung oder aggressiven Praktiken. Dabei werden gefährdete Verbraucher, u. a. jüngere Bürger, bei der Bewertung unlauterer Geschäftspraktiken besonders berücksichtigt. Zur Richtlinie gehört auch eine schwarze Liste mit Geschäftspraktiken, die EU-weit unter allen Umständen verboten sind. Zum Beispiel ist es in der gesamten EU untersagt, in der Werbung Kinder direkt aufzufordern, Produkte zu kaufen.
Im September 2008 startet die Kommission eine Kommunikationskampagne im Internet zur UGP-Richtlinie. Diese Richtlinie ist recht neu und zielt auch auf junge Leute ab. Für die Kampagne wird eine spezielle Webseite mit Animationen, Illustrationen und Quizfragen genutzt, um die UGP-Vorschriften interessanter und interaktiv zu erläutern. Um die Verbraucher darauf hinzuweisen, werden Banner und fingierte Anzeigen auf mehreren großen Verbraucher-Webseiten geschaltet. Dazu kommen Portale für spezifische Verbrauchergruppen, z. B. Jugendliche, virtuelle Gemeinden, Musik-Webseiten und Blogs. Einen Monat lang werden die Informationen im Internet abrufbar sein, wobei aber schwer vorherzusagen ist, wie lange diese Daten auf Partner-Webseiten vorgehalten werden. Hier erwarten wir, dass die Informationen mindestens einige Monate im Netz verfügbar sein werden.
Die spezielle UGP-Webseite, an der gerade gearbeitet wird, ist für die Verbraucher zeitlich unbegrenzt zugänglich. Derzeit plant die Kommission keine speziellen europaweiten Maßnahmen, um junge Verbraucher zu informieren und zu bilden. Aber neben dem „Schülerkalender“ („Europe Diary“) baut sie auch die Webseite „Dolceta“ als ein internetgestütztes Bildungsinstrument mit Lernmodulen für Verbraucher auf, das sich an Lehrer in Grund- und Sekundarschulen wendet.
Was das Verbraucherbarometer betrifft, so unterscheiden unsere Daten derzeit nicht zwischen unterschiedlichen Verbrauchergruppen. Der Anzeiger kann sich nicht im Detail allen Märkten oder allen unterschiedlichen Typen von Verbrauchern widmen. Gibt es aber konkrete Daten für jüngere Verbraucher, z. B. Studenten, etwa die Eurobarometer-Umfragen, so veröffentlichen wir die Daten für diese Gruppe.
Emmanouil Angelakas, Verfasser. – (EL) Herr Präsident! Frau Kommissarin! Vielen Dank für Ihre umfassende und ausführliche Antwort. Es ist sehr beruhigend und erfreulich, dass die Kampagne nun in diesem Monat online gestartet wird.
Gestatten Sie mir, eine ergänzende Frage zu stellen: Erwägt die Kommission, Fernsehwerbung für Kinder zu verbieten, wie dies bereits in einigen Mitgliedstaaten geschehen ist, wo bestimmte Werbespots für Kinder in einer festgelegten Zeit – bis 22 oder 23 Uhr –, in der Kinder Fernsehen schauen, untersagt sind.
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Dies ist auch in meiner Generaldirektion wohl bekannt, fällt aber eigentlich eher in die Zuständigkeit meiner Kollegin, Kommissarin Viviane Reding, da die Frage auch mit der Informationsfreiheit zusammenhängt, die ganz allgemein zum Aufgabenbereich ihrer Generaldirektion gehört.
Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ haben, die solche Fragen behandelt, und dass es die schwarze Liste in der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken gibt. Der Grund für ein solches Instrument wie die Schwarze Liste ist, dass wir bei Bedarf und genügendem Nachweis eine solche Praktik auf die Schwarze Liste setzen können, wenn wir uns einig sind, dass dagegen etwas getan und in ganz Europa verboten werden muss. Natürlich brauchen wir dafür handfeste Beweise. Kurz, wir sind uns des Problems voll bewusst.
Es gehört zwar nicht direkt zu den unlauteren Geschäftspraktiken (UGP), aber wir sind zu Untersuchungen bereit, wenn es eine Praktik gibt, von der wir meinen, sie gehöre auf eine schwarze oder graue Liste, und Kommissarin Reding tut alles, um sicher zu sein, dass die Fernsehrichtlinie genau solche Fragen angeht.
Danutė Budreikaitė (ALDE). - (LT) Fünfundfünfzig Prozent der Lebensmittelwerbung im Fernsehmarkt betreffen ungesunde Lebensmittel. Achtzig Prozent der Kinder wollen von ihren Eltern zum Frühstück genau die Marken, die sie in der Fernsehwerbung gesehen haben. Meine Frage lautet: Sollte die Europäische Union eine Schwerpunktverlagerung weg von der Werbung, die von den Herstellern in Auftrag gegeben wird, vornehmen? Können wir einen Weg finden, um die Hersteller dazu anzuhalten, gesündere Lebensmittel herzustellen und anschließend zu bewerben?
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich glaube, man kann Hersteller mit Marktinstrumenten dazu bringen, gesunde Lebensmittel zu produzieren. Gibt es eine Nachfrage auf dem Markt, werden sie darauf reagieren. Zwar können wir sagen, was die Hersteller produzieren sollen, aber so darf die Kommission das Problem eben nicht anpacken. Was wir tun können, ist, die Informationen zu 100 % auf verständliche Weise verfügbar zu machen. Daran arbeitet die Kommission intensiv, um richtige Informationen über Lebensmittelprodukte zu bekommen.
Sie sagen, Werbung sei teilweise falsch oder gefährde Kinder. Würde man z. B. von einem Produkt behaupten, es könne einen heilen oder plötzlich zehn Jahre jünger machen (was natürlich unmöglich ist), dann fiele dies in meinen Aufgabenbereich, und ich könnte dagegen mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vorgehen. Wenn Sie andererseits vom Gesundheitsaspekt bei Lebensmitteln sprechen, muss ich sie wieder an Kommissarin Vassiliou verweisen. Sie leistet Ausgezeichnetes für die ordnungsgemäße Lebensmittelkennzeichnung, wonach die Verbraucher dann selbst entscheiden können. Und genau das wollen wir erreichen: gut informierte Verbraucher, und über die Bildungskampagne, an der meine Generaldirektion auch stark beteiligt ist, können wir das Marktbewusstsein verbessern.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 39 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0530/08)
Betrifft: Verbraucherschutz und Bildung
Bekanntlich liegt die Bildungspolitik in der Zuständigkeit der jeweiligen Behörden der Mitgliedstaaten. Dennoch sind Produkte, die mit Bildung, Berufsausbildung und lebenslangem Lernen zusammenhängen, Handelsgüter, und zwar im grenzüberschreitenden Handel, und betreffen daher auch die Verbraucher. Kann die Kommission daher mitteilen, wie die europäische Politik zum Schutz der Verbraucher hinsichtlich Qualität und Preis ausgestaltet ist?
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Die Kommission hat nicht die Befugnis, Preise für Produkte für Bildungszwecke oder deren Qualität festzulegen. Dennoch halte ich die Frage für recht relevant. Nach den EU-Rechtsvorschriften sind die Verbraucher jedoch vor irreführenden und aggressiven Praktiken geschützt, wenn sie Bildungsprodukte erwerben.
Gemäß der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, über die ich gerade sprach, dürfen Händler die Verbraucher nicht mit falschen oder irreführenden Informationen täuschen, z. B. über die Nutzeffekte eines Produkts, die von seinem Gebrauch zu erwartenden Ergebnisse oder die Resultate durchgeführter Tests oder Kontrollen.
Zudem enthält die Richtlinie eine schwarze Liste von Praktiken, die unter allen Umständen verboten sind: Zu behaupten, ein Produkt sei von einer öffentlich-rechtlichen oder privaten Stelle zugelassen oder gebilligt (z. B. anzugeben, ein Buch für Bildungszwecke sei vom Bildungsministerium zugelassen, wenn dem nicht so ist) ist in der EU absolut verboten.
Ferner müssen Händler den Verbrauchern alle Informationen geben, die diese für eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage benötigen. Beispielsweise ist bei der Kommission eine Beschwerde über Kurse eingegangen, die auf einer englischsprachigen Webseite zu erwerben waren, dann aber in einer anderen Sprache gehalten wurden. Den Verbraucher nicht über die für die Kurse benutzte Sprache zu informieren, kann als irreführende Praktik betrachtet werden. Allerdings obliegt es den für die Durchsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken zuständigen einzelstaatlichen Behörden und Gerichten, vorbehaltlich der im EG-Vertrag verankerten Grundsätze der Freizügigkeit zu bestimmen, welche Informationen entsprechend den europäischen Rechtsvorschriften von Fall zu Fall erheblich sind.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Verfasserin. – (EL) Vielen Dank für Ihre Antwort, Frau Kommissarin. Preisverzerrungen im Hinblick auf die Produktqualität geben bei Verbrauchern Anlass zur Besorgnis. Ich meine damit nicht die Preisfestsetzung, sondern die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Preis und Produkt auf der Grundlage des Wettbewerbs sowie den Versand von Bildungsprodukten aus einem Mitgliedstaat in einen anderen und den grenzüberschreitenden Verbraucherschutz.
Verfügen Sie über Informationen zum grenzüberschreitenden Schutz beim Transfer von Bildungsmaterialien in einen anderen Mitgliedstaat?
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Für grenzüberschreitende Probleme mit Unterrichtsmitteln haben wir die Europäischen Verbraucherzentren, deren Arbeit auf der Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz beruht und die gute Botschafter für Verbraucherrechte in ganz Europa sind.
Bei einer grenzüberschreitenden Unstimmigkeit zwischen einem Verbraucher und dem Anbieter einer Leistung, eines Buchs oder eines Materials für Bildungszwecke kann sich der Verbraucher an ein Verbraucherzentrum wenden. Vermag der Verbraucher das Problem nicht direkt zu lösen, so kann das Verbraucherzentrum in seinem Land ihn unterstützen, eine befriedigende Lösung im Ursprungsland der Bildungsleistungen oder -materialien zu erwirken.
Vollständige Angaben zu allen unterschiedlichen Erfahrungen und Fällen in den verschiedenen Mitgliedstaaten habe ich nicht bei mir, aber ich kann Ihnen sagen, dass diese Europäischen Verbraucherzentren mehrmals im Jahr zusammenkommen. Schon jetzt besteht ein ausgebautes und gutes Netz, und die meisten Zentren arbeiten sehr aktiv und sind in der Lage, die von den Verbrauchern angesprochenen Probleme zu lösen.
Da die Frage den Bildungssektor betraf, könnte man die Zentren fragen, wie sie solche Probleme gelöst haben. Allerdings ist das Grundprinzip das gleiche, und diese Verordnung funktioniert wirklich gut.
Paul Rübig (PPE-DE). - Mich würde interessieren, wie es eigentlich mit den Fernstudien im Internet aussieht. Gibt es im Zusammenhang mit Beschwerden die Möglichkeit, dass die Kommission auch eine Homepage einrichtet, wo man sehen kann, bei welchen Ferninstituten Probleme auftreten, sodass hier mehr Transparenz entsteht?
Reinhard Rack (PPE-DE). - Wir haben immer wieder das Problem, dass sich sehr viele Menschen in Europa fragen, wo denn der europäische Mehrwert ist. Nun ist die Europäische Union zwar nicht für Bildungsfragen zuständig, aber wir sind etwa für Fragen der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes zuständig. Hier machen wir auch Einiges. Wäre es nicht möglich, dass im Rahmen der allgemeinen Informationstätigkeit der Kommission ganz bewusst als Adressaten die Schulen und hier vielleicht sogar die niedrigen Schulstufen angesprochen werden? Hier kann man mit Projekten und Wettbewerben zeigen: Europa bringt einen europäischen Mehrwert. Vielleicht könnte man – auch im Zusammenhang mit der vorhergehenden Frage – dieses Thema so zu den ganz jungen Leuten bringen.
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich freue mich sehr über Ihre wertvollen Anregungen und Gedanken, und ich weiß diese auch zu würdigen. Mit meiner Antwort möchte ich etwas weiter ausholen und sagen, dass wir uns in einer Phase der Vollendung des Binnenmarktes befinden, auf dem sich schließlich die Union gründet. Bisher war der Markt aber eher auf die Wirtschaft und die Schaffung der richtigen Bedingungen für die Wirtschaft orientiert, und das zu Recht. Jetzt aber müssen wir den Binnenmarkt mit einer zweiten Phase vollenden, in der sich die Verbraucher überall genauso willkommen und genauso geschützt fühlen. Das ist die Verbraucherpolitik für das 21. Jahrhundert.
Ich freue mich sehr, Ihnen berichten zu können, dass in der Verbraucherstrategie 2007-2015 die Bildung mit dem Ziel der Stärkung der Verbraucher den ersten und grundlegenden Pfeiler der Verbraucherstrategie darstellt. Im Moment kann ich Ihnen dazu nicht mehr sagen, aber wir haben Instrumente wie den gerade auf Teenager abzielenden „Schüler-Kalender“, und wir haben Dolceta als Ergänzung zur Lehrerbildung. Dennoch sind wir sehr stark von den Bemühungen der Mitgliedstaaten abhängig.
Diese Politik müssen wir aus Sicht der Subsidiarität betrachten. Es gibt Länder, die bereit sind, mehr in Verbraucherbildung zu investieren und die Bemühungen der Kommission insgesamt zu unterstützen. In Schreiben an alle zuständigen Minister bat ich um ihre Unterstützung, denn wir befinden uns in einer wirklich ganz entscheidenden Phase, was einen genauso gut funktionierenden Verbrauchermarkt in ganz Europa angeht.
Künftig werden wir verstärkt darüber reden, wie sich Verbraucher in diesem Binnenmarkt fühlen. Das mal als ganz grundsätzliche Bemerkung. Weiter wäre anzumerken, dass wir Beschwerden der Verbraucher stärker und umfassender Rechnung tragen müssen. In der Europäischen Kommission gibt es keine gemeinsame Basis für Verbraucherbeschwerden. Wie Sie erhalten wir viele Beschwerden, von denen auch einige vom Parlament, aus Ihren Wahlkreisen, an die Kommission weitergeleitet werden. Aber hier müssen wir auf die Frage eingehen, wie wir mit diesen Beschwerden umgehen. Die Kommission kann nicht die Arbeit eines Bürgerbeauftragten oder eines Mitgliedstaates noch einmal machen, aber wenn ein Problem in dem einen oder anderen Bereich der Verbraucherpolitik hartnäckig fortbesteht, müssen wir uns darum kümmern, darunter auch mit der Gesetzgebung.
Es gibt gute Beispiele dafür, dass durch Verbraucherbeschwerden die vorherrschende Richtung in der Verbraucherpolitik durchaus geändert werden kann. Wir versuchen gegenwärtig, solche Informationen mithilfe des Verbraucherbarometers zu erfassen. Anfang des Jahres erschien die erste Ausgabe des Verbraucherbarometers. Hier gibt es einen speziellen Indikator „Verbraucherbeschwerden“. Wir vergleichen die Mitgliedstaaten, um festzustellen, wie viele Beschwerden sie behandeln und in welchen Bereichen das passiert. Ich bin gespannt auf die Informationen aus den Mitgliedstaaten für die nächste Ausgabe des Verbraucherbarometers Anfang des nächsten Jahres. Schritt für Schritt geht es also in Richtung eines Binnenmarktes für die Bürger.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 40 von Giovanna Corda (H-0545/08)
Betrifft: Verbraucherbeschwerden über den elektronischen Online-Handel
Die Ergebnisse einer neueren Umfrage des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) haben eine sehr hohe Zahl von Rechtstreitigkeiten zutage gefördert, deren Opfer die Verbraucher sind, die ihre Einkäufe über das Internet tätigen (2007 gab es 2 583 Streitsachen und 8 834 Beschwerden).
Ist die Kommission nicht der Ansicht, dass sie angesichts der exponentiellen Entwicklung des elektronischen Handels Informationskampagnen auflegen sollte, um die Verbraucher vor den mit dieser neuen Handelsform verbundenen Risiken zu warnen? Sollten nicht dringliche und wirksame Verfahren eingeführt werden, um diese grenzübergreifenden Rechtsstreitigkeiten beizulegen, insbesondere in den immer zahlreicheren Fällen, bei denen Produkte nicht geliefert wurden oder die gelieferten Produkte nicht den bestellten entsprachen?
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Hier geht es um das Internet, ein sehr wichtiges Thema. Dem Verbraucher bietet das Internet enorme Möglichkeiten. Es gewährt ihm Zugriff auf bessere Informationen, vergrößert den Markt, auf dem er sich bewegt, verschafft ihm Zugang zu mehr Anbietern und mehr Auswahl.
Bereits 150 Millionen EU-Bürger – ein Drittel unserer Bevölkerung – kaufen heute schon im Internet ein. So schnell aber die Zahl der im Internet kaufenden EU-Bürger auch wächst, die Zahl der grenzüberschreitenden Käufer steigt nicht so rapide.
Damit zeigt sich, dass die Kommission das Problem, das mit dem Verbrauchervertrauen zusammenhängt, zu Recht mit einer ganzen Reihe von Informationsmaßnahmen aufgreift. Dabei sei auch der Benutzerleitfaden für digitale Online-Dienste erwähnt, den die Kommission derzeit erstellt. Bis Ende 2008 wird er veröffentlicht. Erweitern ließe sich dieser Leitfaden durch Leitlinien, wie die Rechtsvorschriften über unlautere Geschäftspraktiken bei unlauteren Geschäftspraktiken im Internet umzusetzen ist.
Ein weiteres hier schon erwähntes Instrument ist Dolceta, das sich der Verbraucherbildung widmet, z. B. dem Fernabsatz und der Durchsetzung von Rechtsansprüchen der Verbraucher. Entscheidend ist die Bildung junger Verbraucher, die ja im Internet besonders aktiv sind. Der „Europäische Schülerkalender“ mit der Rekordverbreitung von 2,8 Millionen Exemplaren (die Information könnte auch für Herrn Angelakas interessant sein) in über 18 000 Schulen in diesem Jahr enthält Informationen zur Internetnutzung und zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Rechtsansprüchen.
Die verbraucherpolitische Strategie 2007-2013 sieht Maßnahmen zur Verbraucherinformation als Teil ihrer Schwerpunktaufgabe, Verbraucher besser zu informieren und zu bilden, vor. Die Hauptinstrumente der Europäischen Kommission für die Information der Bürger und der Beteiligten über die Verbraucherpolitik sind in diesem Rahmen eine Webseite, der Newsletter Consumer Voice und Informationskampagnen. Der Newsletter enthält den elektronischen Handel als wichtiges Thema für Kampagnen in mehreren Mitgliedstaaten.
Zur zweiten Frage, bei der es um die Durchsetzung und Beilegung von Rechtsstreitigkeiten geht, ist die Kommission der festen Auffassung, dass für ein Funktionieren des Binnenmarktes die europäischen Verbraucher darauf vertrauen müssen, ihre Rechte durchsetzen und Streitigkeiten in der ganzen Europäischen Union ausräumen zu können. Beschwerden bezüglich des elektronischen Handels, darunter darüber, dass Produkte nicht geliefert oder unzulängliche Produkte geliefert wurden, können unter den derzeitigen Rahmenbedingungen für die Rechtsdurchsetzung behandelt werden, die wir für die europäischen Verbraucher schon geschaffen haben. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören das ECC-Netz, die beiden Empfehlungen der Kommission zur alternativen Streitbeilegung, die unlängst verabschiedete Mediationsrichtlinie und die Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen.
Zudem prüft die Kommission gerade, ob eine EU-Initiative zur kollektiven Durchsetzung von Verbraucherrechten notwendig ist, und wenn ja, welche Art von Initiative dies sein soll. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Netz ein neuer Marktplatz ist.
Giovanna Corda, Verfasserin. − (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Sie haben teilweise die Frage schon beantwortet, die ich zu den Problemen beim Kauf stellen wollte.
Die Verfahren sind lang, kompliziert, kostenaufwändig. Die Schäden sind umso größer, als sie vielfach die Ärmsten unter uns betreffen.
Wäre es denkbar, dass angesichts des rechtsfreien Raums die europäischen Verbraucherzentren über die Mittel verfügen, diese Schritte vielleicht gemeinsam, aber auch einzeln anstelle der geschädigten Verbraucher einzuleiten?
Paul Rübig (PPE-DE). - Es geht ganz einfach darum, dass wir uns Gedanken darüber machen, welche Möglichkeiten in Zukunft vorhanden sind, um Beschwerden transparent an die Öffentlichkeit zu bringen. Wenn grenzüberschreitende Handlungen wiederholt werden, ist es notwendig, dass auch die Gerichte und die Staatsanwaltschaften Zugriff bekommen. Glauben Sie, dass es möglich ist, hier eine Datenbank einzurichten?
Justas Vincas Paleckis (PSE). - (LT) Frau Kommissarin, in Ihrer Rede haben Sie sehr überzeugend auf die Ausdehnung des elektronischen Handels verwiesen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich diese Entwicklung in den älteren EU-Staaten erheblich schneller vollzieht. Ich möchte wissen, was zur Förderung des elektronischen Handels in den Mitgliedstaaten unternommen wird, die der Europäischen Union im 21. Jahrhundert beitraten, wie die Verbraucherrechte geschützt werden und welche Maßnahmen zur Angleichung der Verhältnisse konzipiert werden. Eines noch zum Missbrauch: Treten Missbrauchsfälle häufiger in den älteren oder in den neuen Mitgliedstaaten auf?
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Der Vorschlag, Europäische Verbraucherzentren im Namen europäischer Verbraucher klagen zu lassen, ist ein Gedanke, den wir in unserer Mitteilung zur kollektiven Rechtsdurchsetzung noch vor Jahresende diskutieren werden. Bisher bemühe ich mich, vor der Vorlage eines endgültigen Vorschlags vorurteilsfrei vielfältige Meinungen zu sammeln.
Dabei müssen wir wirklich die Gesamtsituation betrachten und alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, einschließlich der Richtlinie über Unterlassungsklagen, die auch eines der Mittel ist, die wir in Europa grenzüberschreitend nutzen können.
Mit der Datenbank bin ich voll einverstanden, und sie hat meine feste Unterstützung. Wir brauchen sie, um bessere politische Schritte und bessere Rechtsvorschriften auf den Weg zu bringen.
Meiner festen Überzeugung nach müssen wir uns bei jedem Vorschlag für Rechtsvorschriften oder bei gemeinsamen Durchsetzungsmaßnahmen auf Fakten bzw. Beweise stützen.
Ich werde mit Durchsetzungsmaßnahmen fortfahren, die in allen 27 Ländern gleichzeitig durchgeführt werden – die „Sweep“ genannten systematischen Überprüfungen von Webseiten, auf denen z. B. Flugtickets oder Klingeltöne angeboten werden. Normalerweise eignen sich Webseiten sehr gut für solche Arten von grenzüberschreitenden Durchsetzungsmaßnahmen.
Jedes Land ist anders. Wir müssen die Breitbandnutzung verstärken, und wir brauchen mehr als nur einen gewissen prozentualen Anteil der Bevölkerung, der Instrumente gleich welcher Art vorteilhaft für den elektronischen Handel nutzt, gewöhnlich das Internet. Ich glaube auch, dass wir diese Nutzung durch Kohäsionspolitik, Regionalpolitik und den Kohäsionsfonds verbessern können. Hier haben die neuen Mitgliedstaaten die einzigartige Chance, richtig schnell aufzuholen und dabei mitunter manche unserer früheren Fehler zu vermeiden. Dabei sind wahre Sprünge von ihnen gefordert.
Hat man gute, zielgerichtete Gesetze, die in allen Mitgliedstaaten vollständig harmonisiert sind, wirkt sich das ungeheuer stark auf die Steigerung des Vertrauens der Verbraucher wie auch auf die Leistungsfähigkeit der Verbraucher in allen Mitgliedstaaten aus. Der elektronische Handel ist ein Weg, um günstiger einzukaufen und mehr Auswahl zu haben. Dabei ist er kein bloßes Marktinstrument, sondern ein sehr wichtiges demokratisches Werkzeug.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 42 von Colm Burke (H-0537/08)
Betrifft: Binnenmarktanzeiger
Die uneingeschränkte Umsetzung der Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt bringt den Verbrauchern und der Industrie überall in Europa Nutzen. Der Binnenmarktanzeiger ist ein effektives Instrument, um die jeweilige Leistung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften darzustellen. Wie sollten die Ergebnisse dieses Anzeigers den Verbrauchern und der Industrie ausführlich mitgeteilt werden?
Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich danke dem Herrn Abgeordneten für seine positiven Anmerkungen zum Binnenmarktanzeiger. Es stimmt, die Ergebnisse des Anzeigers müssen starke Verbreitung finden. Auf der Europa-Webseite sind alle Ausgaben des Anzeigers nachzulesen. Papierausgaben sind allen Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten und den Vertretungen der Kommission in den Hauptstädten der 27 Mitgliedstaaten zugegangen. Zudem gingen Exemplare an andere EU-Institutionen sowie an nationale Behörden. Nach Herausgabe jedes Anzeigers wird eine Pressemitteilung in 21 Sprachen veröffentlicht, und die Ergebnisse werden auf einer Pressekonferenz vorgestellt, damit sie den nationalen Medien schnell zur Verfügung gestellt werden können.
Colm Burke, Verfasser. – (EN) Vielen Dank, Herr Kommissar, für die Behandlung dieser Anfrage. Ich begrüße die Arbeit auf diesem Gebiet, die das gesamte Thema der Wahrnehmung der Europäischen Union in den Mitgliedstaaten betrifft.
In Irland hatten wir ein spezielles Problem während der Debatte zum Vertrag von Lissabon, denn immer wenn etwas Negatives hochkommt, neigen wir dazu, der Europäischen Union die Schuld zu geben. Darf ich nur ein typisches Beispiel für ein Gebiet nennen, wo wir nichts tun können: es geht um einen Mitgliedstaat, der nicht nach einer Richtlinie der Europäischen Union handelt? In Wicklow, im Gebiet von Cromane, aus dem ich stamme, gab es vor etwa acht Jahren den Fall, dass Europa der irischen Regierung Mittel im Rahmen einer Richtlinie zur Verfügung stellte, aber danach nichts geschah. Dadurch sind jetzt fünfzig Familien nicht mehr in der Lage, ihrer normalen Arbeit in der Muschelzucht nachzugehen. Die Zeitungen vor Ort gaben der Europäischen Union die Schuld. Wir haben keine Rechtsmittel…
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Uns steht eine Reihe von Instrumenten gegen die verzögerte Umsetzung von Richtlinien zur Verfügung, womit sich der EU-Anzeiger in erster Linie befasst. Verzögern die Mitgliedstaaten die Umsetzung weiterhin, können wir natürlich als letzten Ausweg den Fall gerichtlich weiter verfolgen. All dies möchten wir aber vermeiden, indem wir Folgendes tun: Hat ein Mitgliedstaat bei der Umsetzung einer Richtlinie Schwierigkeiten, dann organisieren wir Treffen mit seinen Vertretern, halten Seminare ab und versuchen, spezifische Fragen und Probleme zu lösen, die er möglicherweise hat. Also geben wir unser Bestes, um die Umsetzung möglichst schnell zu realisieren.
Herr Burke hat Recht, wenn er sagt, dies gelte nicht nur in Irland, sondern auch in anderen EU-Ländern. Alle Regierungen neigen sehr stark dazu, gute Ergebnisse sich selbst zuzuschreiben, auch wenn sie aus Europa oder ursprünglich durch einen Gedanken aus Europa angeregt wurden. Ich bin sicher, dessen haben sich auch jene von uns schuldig gemacht, die einmal Mitglied des irischen Parlaments waren oder in Irlands Regierung gedient haben. Wenn es dann aber etwas Negatives gibt, das irgendwie nach Europa klingt, geben wir natürlich Europa die Schuld. Also hat Herr Burke Recht: Wir sollten positiver an das Gute herangehen, das wir hier in Europa tun.
Versäumt es ein Mitgliedstaat, auf einem bestimmten Gebiet zu handeln, ergreifen wir natürlich die entsprechenden Maßnahmen, versuchen aber, dies nach Möglichkeit zu vermeiden, indem wir die Mitgliedstaaten ermuntern, ihre Angelegenheiten so schnell wie möglich in Ordnung zu bringen.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 43 von Jim Higgins (H-0539/08)
Betrifft: Bankensektor in Grenzregionen
Kann die Kommission angeben, ob sie beabsichtigt, der Frage zusätzlicher Gebühren für die grenzüberschreitende Nutzung von Geldautomaten, Debit- und Kreditkarten nachzugehen, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass viele Banken auf beiden Seiten der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland tätig sind?
Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Für Nutzer von Debit- und Kreditkarten in Grenzregionen können drei Kategorien von Gebühren bei Kartenzahlungen anfallen: die üblichen Gebühren für den Karteneinsatz unabhängig vom geografischen Standort oder Mitgliedstaat; Gebühren für die Währungsumrechnung, wenn die Zahlung zwischen Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Währungen erfolgt, z. B. zwischen Euro und Pfund Sterling; und drittens Gebühren an der Ladenkasse oder beim Geldabheben am Automaten.
Für die erste Kategorie, also die normalen Gebühren für Kartennutzer, gibt es eine Regelung auf europäischer Ebene bei Zahlung in Euro: Erfolgt eine grenzüberschreitende Euro-Zahlung zwischen zwei Mitgliedstaaten laut Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro, dann müssen die für eine solche Zahlung erhobenen Gebühren den Gebühren gleichen, die für entsprechende Euro-Zahlungen in dem Mitgliedstaat anfallen, in dem die Karte ausgestellt wurde. Zugleich unterliegen Zahlungen mit Karten, die an nicht in Euro geführte Konten gebunden sind, z. B. Konten in Pfund Sterling, nicht dieser Verordnung.
Bei einer Euro-Zahlung zwischen einem Mitgliedstaat des Euroraums, etwa Irland, und einem Mitgliedstaat außerhalb des Euroraums, etwa Großbritannien, so können Aufschläge für die Währungsumstellung bei Kartenzahlung berechnet werden. Die Richtlinie über Zahlungsdienste regelt die Bedingungen, unter denen die Währungsumrechnung angeboten werden muss. Allerdings muss sie von den Mitgliedstaaten erst umgesetzt werden.
Und schließlich kann bei Kartenzahlung auch ein Preisaufschlag an der Ladenkasse oder eine zusätzliche Abhebegebühr an privaten Geldautomaten verlangt werden. Preisaufschläge bzw. Preisnachlässe bei Verwendung bestimmter Zahlungsmittel sind nach europäischem Recht Händlersache. Zugleich hindert aber nichts die Mitgliedstaaten, solche Aufschläge zu verbieten oder zu begrenzen. In der bereits erwähnten Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt wird dies ausdrücklich bestätigt.
Daher fehlt der Kommission jede Rechtsgrundlage, um bei Zusatzgebühren für grenzüberschreitende Zahlungsdienste in Großbritannien und Irland einzugreifen. Allerdings meint die Kommission, dass der Wettbewerb beiderseits der Grenze die Kosten in einem vernünftigen Rahmen halten wird. Würden Marktakteure den Wettbewerb abbauen oder einschränken, müssten die zuständigen nationalen Behörden im besten Interesse der Bürger eingreifen.
Jim Higgins, Verfasser. – (EN) Wie ich, sind auch Sie, Herr Kommissar, mit der Lage in Irland vertraut, wo 18 000 Arbeitnehmer tagtäglich die Grenze von einer Gerichtsbarkeit zur anderen überqueren und wo 5 200 Studenten und 1,7 Millionen Menschen grenzüberschreitend in Urlaub fahren oder einkaufen gehen.
Ich weiß, der Herr Kommissar erwähnte die Zuständigkeit der nationalen Regierungen und die Tatsache, dass Banken nicht der Verordnung (EG) Nr. 2560/01 unterliegen, aber es wäre doch gewiss möglich, Regelungen zum Verbot solcher Aufschläge einzuführen. Ein sehr gutes Beispiel gab Ihre Kollegin, Frau Vivien Reding, die für Information und Medien zuständige Kommissarin, die den Mobiltelefonunternehmen hartnäckig Widerstand leistete – und heute sehen wir das Ergebnis zugunsten des Verbrauchers. So wie bisher fortzufahren, scheint mir falsch, zumal es Schwesterbanken auf beiden Seiten der Grenze gibt.
Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich stimme Herrn Higgins zu, diese Frage der Zusatzgebühren oder Aufschläge für grenzüberschreitende Dienste hat in bestimmten Kreisen zu Verärgerung geführt.
Dennoch ist dieses Thema Sache der nationalen Behörden, denn – und dies wurde ausdrücklich in der jüngst beschlossenen Richtlinie über Zahlungsdienste bestätigt – die nationalen Behörden wollten, nach dem von uns erzielten Kompromiss, selbst über dieses Thema entscheiden. Folglich können sich die nationalen Behörden der jeweiligen Mitgliedstaaten mit dieser Frage befassen, wenn sie das wünschen, aber in dieser speziellen Phase gab es keine Mehrheit von Mitgliedstaaten, die Maßnahmen auf EU-Ebene befürwortet hätten. So war die Lage zum damaligen Zeitpunkt. Aber wie alles im politischen und wirtschaftlichen Leben ändert sich dies vielleicht später.
In der kürzlich geführten Diskussion zur Richtlinie über Zahlungsdienste gab es also keine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten zugunsten von Maßnahmen, aber wer weiß, welche Vorschläge künftig vorgelegt werden – vielleicht gibt es doch noch eine Mehrheit.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 44 von Dimitrios Papadimoulis (H-0553/08)
Betrifft: Verkauf der griechischen Telefongesellschaft OTE und Nicht-Ausschreibung eines öffentlichen Übernahmeangebots
Das griechische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Vereinbarungen zwischen OTE und DT (Deutsche Telekom) ratifiziert wurden, ohne die Bestimmungen von Richtlinie 2004/25/EG(1) betreffend den Schutz von Wertpapierinhabern mit Minderheitenbeteiligungen zu berücksichtigen. Als Rechtfertigung hierfür wurde Paragraph 8 Buchstabe g des Gesetzes 3461/2006 herangezogen, der staatliche Unternehmen, die sich im Privatisierungsprozess befinden, von den Anforderungen bezüglich „eines öffentlichen Übernahmeangebots“ befreit.
Da der griechische Staat vor Abschluss dieser Vereinbarungen mit Telekom lediglich 28 % der OTE besaß, wird die Kommission um Mitteilung ersucht, ob sie die OTE als staatliches Unternehmen betrachtet? Ab welcher staatlichen Beteiligung und aufwärts wird ein Unternehmen als „staatlich“ betrachtet? Ist sie ferner der Auffassung, dass mit der Ausnahmeregelung gemäß dem oben genannten Gesetz die Rechte der Minderheitenaktionäre ausreichend geschützt sind. Wurde in diesem Fall auf Gemeinschaftsebene den Grundsätzen von Offenlegung und Transparenz bei Falle öffentlichen Übernahmeangeboten entsprochen? Haben in den Mitgliedstaaten die Aktionäre von Unternehmen, an denen auch der Staat beteiligt ist, weniger Rechte als die Aktionäre von Unternehmen, an denen der Staat nicht beteiligt ist?
Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Eingangs möchte ich betonen, dass der Schutz der Interessen von Minderheitsaktionären börsennotierter Unternehmen eines der Hauptziele der gemeinschaftlichen Regelungen zu Übernahmeangeboten darstellt. Bei einem Kontrollwechsel in einem börsennotierten Unternehmen sind alle Aktionäre gleich zu behandeln und Minderheitsaktionäre zu schützen. An diesem Grundprinzip hält die Kommission uneingeschränkt fest.
Minderheitsaktionäre börsennotierter staatlicher Unternehmen genießen genau die gleichen Rechte wie Minderheitsaktionäre von Unternehmen im Privatbesitz. Normalerweise bedeutet dieser Grundsatz, dass jemand, der die Kontrolle über ein börsennotiertes Unternehmen übernimmt, ein Pflichtangebot über dem von den Minderheitsaktionären gehaltenen Kapital abgeben muss. Gleichwohl können nach den Gemeinschaftsregelungen die Mitgliedstaaten von der Pflichtangebotsregel abweichen, um bestimmten Umständen auf nationaler Ebene Rechnung zu tragen.
Diesen Ermessensspielraum hat Griechenland wahrgenommen. Seine einzelstaatlichen Gesetze sehen vor, dass die Pflichtangebotsregelung in bestimmten Situationen nicht zutrifft. Dazu gehört insbesondere der Fall, in dem das Privatisierungsverfahren eines Unternehmens läuft. Diese Befreiung ist allgemeiner Natur, aber der Teufel steckt im Detail.
Die Kommission bezweifelt nicht, dass die griechische nationale Telefongesellschaft OTE, der die Anfrage des Abgeordneten gilt, ein staatliches Unternehmen war. Obwohl der Staat nur 28 % des Unternehmens hielt, wurde das Unternehmen von der Regierung vollständig kontrolliert. Hier geht es aber um die Frage, wie lange ein Privatisierungsprozess laufen darf. Im Fall von OTE scheint sich das Privatisierungsverfahren in die Länge zu ziehen. Tatsächlich scheint es sich stark in die Länge zu ziehen. Vor zwölf Jahren begann der Prozess, der offenbar immer noch läuft. Wie lange kann man nun ein Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der Pflichtangebotsregelung in der Richtlinie über Übernahmeangebote heraushalten? Die griechische Aufsichtsbehörde, also die Griechische Kapitalmarktkommission, hat entschieden, dass sich die OTE noch im Privatisierungsprozess befindet und daher kein Pflichtangebot notwendig war.
Abschließend sei gesagt: Weichen Mitgliedstaaten von der Regelung über Pflichtangebote ab, müssen sie dennoch den allgemeinen Grundsatz des Schutzes von Minderheitsaktionären beachten und gewährleisten, dass diese die gleiche Behandlung wie Mehrheitsaktionäre genießen. Bisher sehe ich nicht, wie die griechischen Behörden im vorliegenden Fall diesen Schutz sicherstellen wollen. Daher habe ich meine Mitarbeiter beauftragt, sich anzusehen, ob dieser Schutz erreicht wurde, und zu untersuchen, ob die Regelungen der Richtlinie über Übernahmeangebote in diesem Fall von den griechischen Behörden beachtet wurden.
Dimitrios Papadimoulis, Verfasser. – (EL) Herr Kommissar! Genau das ist das Problem. Ich begreife nicht, wonach Sie all diese Monate gesucht haben. Die griechischen Behörden verstoßen gegen Artikel 3 und 5 der Richtlinie 25/2004/EG. Sie lehnen Gleichbehandlung und öffentliche Ausschreibungen aus dem lächerlichen Grund ab, ein Unternehmen, nämlich die OTE (die griechische Telekommunikationsgesellschaft), an der der Staat 28 % hält, sei ein Unternehmen im Staatsbesitz.
Wird die Kommission weiter das Gesetz verletzen und gegen die Richtlinie über die Gleichstellung und den Schutz von Kleinaktionären verstoßen? Vielleicht haben Sie, Herr Kommissar McCreevy, Richtlinie 25/2004/EG ebenso nicht gelesen wie den Vertrag von Lissabon.
Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Wie gesagt, wir sehen uns das griechische Gesetz und seine Vereinbarkeit mit den Regelungen für den Binnenmarkt an, speziell hinsichtlich des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit, und bei Bedarf kann der Fall weiter verfolgt werden.
Bei diesen Ermittlungen arbeiten unterschiedliche Dienststellen der Kommission eng koordiniert, um eine umfassende Analyse der Lage sicherzustellen. Ich kann Ihnen, Herr Abgeordneter, versichern, dass wir nach Abschluss der Ermittlungen die richtigen Maßnahmen ergreifen, wenn – und nur wenn – aus unseren Untersuchungen hervorgeht, dass die griechischen Behörden unrechtmäßig gehandelt haben. So gehen wir mit jedem Mitgliedstaat ordnungsgemäß und rechtlich einwandfrei um, und mit den griechischen Behörden verhält es sich jetzt nicht anders.
Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, treffen wir die dann geeigneten Entscheidungen und verfolgen den Fall weiter, wenn wir dies zu diesem Zeitpunkt als notwendig erachten.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 48 von Georgios Papastamkos (H-0526/08)
Betrifft: „Schwarzmeersynergie“
Ein Jahr ist vergangen, seit die Initiative „Schwarzmeersynergie“ gestartet wurde. Ist die Kommission der Auffassung, dass dementsprechend eine umfassende, die Kohäsion fördernde Strategie zur Anbindung dieser Region erstellt worden ist? Sind die Hauptinitiativen der EU in diesem Zusammenhang gezielt ausgerichtet auf den Ausbau der Schifffahrtsverbindungen, des Straßentransports und entsprechender Korridore sowie auf die Zusammenarbeit im Energiesektor bei gleichzeitiger Förderung der nachhaltigen Entwicklung? Wie plant die Kommission die Präsenz von Mitgliedstaaten in dieser Region (Griechenland, Bulgarien, Rumänien) zu nutzen?
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Am 19. Juni 2008 veröffentlichte die Kommission einen Bericht über das erste Jahr der Umsetzung der Schwarzmeersynergie. Darin beschreibt sie die Erfolge in vielfältigen Sektoren und formuliert Vorschläge zur Weiterentwicklung der Synergie zu einem regionalen Kooperationsprozess. Dazu gehört die Festlegung langfristiger, messbarer Ziele sowie die Auswahl federführender Länder oder Organisationen, um Maßnahmen zur Erfüllung dieser Ziele zu koordinieren, sowie die Schaffung von Sektorpartnerschaften zur Kofinanzierung der notwendigen Vorhaben.
Wie die Kommission bereits erklärt hat, bilden bilaterale Politiken in der Region – hauptsächlich Maßnahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik – den strategischen Rahmen, und die Schwarzmeersynergie ergänzt sie auf regionaler Ebene. Die Nachbarschaftspolitik läuft auf bilateraler Ebene, und dies ist die erste regionale Ergänzung.
Die in Ihrer Anfrage genannten Sektoren stehen auf der Tagesordnung der Kommission ganz oben. Hier geht es um Vorschläge zur Schaffung von Schwarzmeerpartnerschaften auf mehreren Gebieten, darunter Verkehr und Umwelt, und die Mitgliedstaaten der Region fördern diese Initiativen besonders aktiv.
Zwischen der Kommission und den drei Mitgliedstaaten wird die Koordinierung verstärkt, sowohl bei der Weiterentwicklung der Synergie als auch bei der Arbeit mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum.
Weitere Fortschritte der Synergie erfordern die aktive Einbeziehung einer wachsenden Zahl von Mitgliedstaaten und Schwarzmeerpartnern, wobei die Mitgliedstaaten am Schwarzen Meer eine wesentliche Rolle spielen können und auch werden.
Georgios Papastamkos, Verfasser. – (EL) Vielen Dank für Ihre Antwort, Frau Kommissarin. Sie haben der Schwarzmeersynergie in der Tat Ihren persönlichen Stempel aufgedrückt, aber zugleich sind Sie sich bewusst, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum mittlerweile eine ausgereifte institutionelle Struktur für die regionale Organisation ist und die Zusammenarbeit sich intensiviert und ausweitet, vor allem, weil Europa und Asien hier zusammentreffen und das auf vielen Ebenen.
Eine Sache interessiert mich: Beabsichtigt die Kommission über die Initiative der Schwarzmeersynergie hinaus die Struktur der interregionalen Beziehungen zwischen der EU und den Schwarzmeerstaaten in einem engeren institutionellen Rahmen zu konzipieren, sodass eine institutionell gesicherte Form der Zusammenarbeit zwischen den Regionen entsteht?
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Hinter der Schwarzmeersynergie steckte der Gedanke, alle unsere östlichen Partner – auch die Türkei und Russland – einzubeziehen, und da sie bereits an der Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation beteiligt waren, hielten wir dies für richtig.
Aber Sie wissen auch, dass wir vom Europäischen Rat aufgefordert wurden, auch eine spezifische Ostpartnerschaft zu entwickeln, woran wir arbeiten werden – im Spätherbst werden meine Mitarbeiter und ich konkretere Vorschläge für das Zusammengehen nur mit den Ostpartnern, ohne die Türkei und Russland, vorlegen. Doch eines wollte ich noch einmal betonen: Am 13. und 14. Februar war ich in Kiew, wo das erste Ministertreffen stattfand. Verständlich dürfte sein, dass dies der Beginn der Konferenz war. Natürlich brauchen Vorhaben Zeit, um unter Dach und Fach gebracht zu werden und echte Fortschritte zu zeigen.
Sie erinnern sich bestimmt noch, wie lange wir am Barcelona-Prozess gearbeitet haben, und Sie wissen, wie langsam sich die Dinge entwickeln. Also meine ich, es gibt noch Raum für die Schwarzmeerkooperation einerseits, aber es wird auch diesen engeren Rahmen für die Ostpartnerschaft geben.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 49 von Robert Evans (H-0533/08)
Betrifft: Wahlbeobachtungsmissionen der EU
Die Kommission wendet erhebliche Geldmittel für weltweite Wahlbeobachtungsmissionen auf, und erfüllt dadurch in einigen der schwierigsten Länder eine äußerst wertvolle Aufgabe.
Wie bewertet die Kommission diese Missionen auf lange Sicht? Wie können wir diesen Ländern wirksamer dabei helfen, die bei einer Wahl festgestellten Schwachstellen in Angriff zu nehmen und auf diese Weise die Vorbereitungen für die nächste Wahl unterstützen?
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Dem stimme ich zu: Weltweite Wahlbeobachtungsmissionen der EU sind ihr Geld wert. In den letzten acht Jahren berichteten EU-Beobachter über entscheidende Wahlen und halfen so, Auseinandersetzungen über Wahlergebnisse zu entschärfen oder Bereiche zu beleuchten, in denen politische und Wahlreformen dringend notwendig sind. Somit sind dies Erfolge, die längerfristige Auswirkungen haben.
Heute betrachtet man die Europäische Union als einen der glaubwürdigsten internationalen Wahlbeobachter. Ich weiß, Herr Evans ist selbst erst kürzlich von den Wahlen in Sri Lanka zurückgekehrt. Bestimmt hat er seine eigenen Gedanken, was gut funktioniert hat und was vielleicht in Zukunft noch zu tun ist. Daher wird die Kommission die EU-Wahlbeobachtungsmissionen weiterhin vorrangig behandeln, und solange ich dabei bin, werde ich dies unterstützen.
Dennoch sind Wahlbeobachtungsmissionen keine losgelösten Maßnahmen und können dies auch nicht sein. Wahlbeobachtung ist kein Selbstzweck, sondern soll helfen, Defizite im Wahlverfahren festzustellen und auch längerfristig institutionelle und demokratische Reformen anzustoßen.
Die Berichte der Wahlbeobachter bilden einen wesentlichen Ausgangspunkt für den Abbau von Defiziten im Wahlverfahren. Definitionsgemäß sind sie langfristig ausgerichtet. Normalerweise benennen die Empfehlungen der Wahlbeobachter mögliche Änderungen im Wahlsystem, z. B. der rechtlichen Rahmenbedingungen oder bei der Durchführung der Wahlen. Zunehmend finden sie Eingang in eine breitere Strategie der Wahlunterstützung, was die Langzeitwirkungen verstärkt.
Hinsichtlich anderer Wahlbeobachtungsmissionen in letzter Zeit kann ich bestätigen, dass wir z. B. in Ruanda, in Kambodscha und im Jemen die jeweiligen Wahlkommissionen unterstützt haben. Diese Projekte ergaben sich direkt aus früheren EU-Wahlbeobachtungsmissionen, bei denen einige Defizite im Wahlverfahren festgestellt wurden. In diesem Zusammenhang hat die Kommission in den letzten Jahren die finanziellen Beihilfen für die Unterstützung von Wahlen erheblich aufgestockt, was auf die Empfehlungen der Wahlbeobachtungsmissionen der EU zurückging. Seit 2000 belaufen sich diese Beihilfen auf 400 Millionen Euro, also ein stattlicher Betrag.
Wertvolle Arbeit, um die Voraussetzungen für Wahlreformen im Ergebnis einer Wahlbeobachtungsmission der EU zu schaffen, leisten auch die Delegationen der Europäischen Kommission im Land und natürlich die Chefbeobachter, wenn sie zur Vorlage ihres Abschlussberichts in das Land zurückkehren.
Da Wahlreformen oft einen sehr ausgeprägten politischen Charakter haben, vollziehen sie sich schließlich auch nicht ohne weiteres und erfordern verschiedene Akteure und ein kontinuierliches Engagement. Neben dem Chefbeobachter kann meiner Meinung nach das Parlament – und dies geschieht bereits sehr oft – eine wesentliche Rolle bei der Durchsetzung von Wahlreformen nach der Wahlbeobachtungsmission spielen.
Daher ermutige ich die ständigen Delegationen des Europäischen Parlaments im jeweiligen Land, sich auch mit dieser Frage stärker zu befassen und Defizite im Wahlverfahren im Zusammenhang mit umfassenderen institutionellen und demokratischen Änderungen anzusprechen. Dies war Gegenstand eines ersten Seminars zwischen der Kommission und dem Parlament, und in diesem Jahr, ich glaube im Dezember, soll es ein weiteres zwischen der Kommission und dem Parlament geben.
Robert Evans, Verfasser. – (EN) Ich danke Ihnen, Frau Kommissarin, und ich stimme Ihnen zu, dass die Wahlbeobachtungsmissionen mit zu den wertvollsten Aufgaben der Europäischen Union zählen. Ihre Arbeit in diesen Ländern findet große Beachtung, und nahezu ausnahmslos ist das Geld dafür sinnvoll ausgegeben. Ich bin sehr stolz, im Laufe der Jahre an einigen Wahlbeobachtungsmissionen beteiligt gewesen zu sein, zuletzt in Pakistan. Übrigens weilte ich kürzlich mit einer Delegation in Sri Lanka.
Aber vielleicht noch eine Zusatzfrage an Sie, Frau Kommissarin. Zwischen einer Wahlbeobachtungsmission und der nächsten liegen ja vier oder vielleicht fünf Jahre. Leistet die EU in dieser Zeit eigentlich spezielle Hilfe und unterbreitet sie Vorschläge, um Defizite zu beseitigen oder Dinge zu ändern, bei denen wir eventuell Bedarf sehen und um Gedanken, Unterstützung und möglicherweise auch Gelder beisteuern zu können, damit gewährleistet wird, dass die Länder bei künftigen Wahlen ihre früheren Fehler nicht wiederholen?
Martin Callanan (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Was Herr Evans zum Wert von Wahlbeobachtungsmissionen sagt, ist richtig. Auch ich hatte die Ehre, von der Frau Kommissarin bei den letzten Wahlen in Kambodscha als Chefbeobachter eingesetzt worden zu sein. Meiner Meinung nach erwiesen sich diese Missionen wie alle Wahlbeobachtungsmissionen für die kambodschanischen Behörden als eine sehr nützliche Hilfe bei der Durchführung ihrer Wahlaufgaben.
Meine Bitte an die Frau Kommissarin wäre, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu prüfen, um künftig möglichst noch mehr Missionen dieser Art durchzuführen, denn auch ich stimme zu, dass sie sehr wertvolle Maßnahmen sind, die große Beachtung finden. Von den Ländern, in denen die verschiedenen Missionen stattfinden, und auch von den jeweiligen Staatschefs werden sie hoch geschätzt.
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Zunächst möchte ich sagen, dass die Empfehlungen für das langfristige Vorgehen und die nächsten Wahlen genau der Bereich sind, in dem wir alle stärker zusammenarbeiten sollten.
Grund dafür ist, dass einige Länder diese Empfehlungen übernommen haben, andere dagegen nicht, und die Empfehlungen sollten stärker in unsere Länderberichte und in die Auswertungen durch die Delegationen und durch die Delegationen des Europäischen Parlaments eingehen.
Um die zweite Frage zu beantworten: Wäre der Haushalt viel größer, könnten wir auch in wesentlich mehr Ländern tätig sein, aber ich muss eine Auswahl treffen. Dabei versuche ich, nach dem Haushalt auszuwählen, der Afrika, Asien, Lateinamerika und, solange man uns einlädt, die Maghreb- und arabischen Länder abdecken muss, Länder, in die wir meiner Meinung nach öfter gehen sollten, da wir dort aufgrund unserer – prinzipiellen – Objektivität einen sehr guten Ruf haben.
Der Präsident. –
Anfrage Nr. 50 von David Martin (H-0543/08)
Betrifft: Einbehaltung von palästinensischen Steuergeldern durch Israel
Welche Maßnahmen hat die Kommission ergriffen, um Israel daran zu hindern, weiterhin palästinensische Steuergelder einzubehalten?
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich glaube, der Herr Abgeordnete bezieht sich auf den Rückstand bei der monatlichen Überweisung von Zöllen, die Israel im Namen der Palästinensischen Behörde einzieht. Zur letzten Verzögerung kam es im Monat Juni, und sie folgte fast unmittelbar auf ein Schreiben des palästinensischen Ministerpräsidenten Fayed, in dem er sich gegen die laufenden Diskussionen zur Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Israel aussprach.
Damals wurde die verzögerte Überweisung von Steuer- und Zolleinnahmen auf höchster Ebene angesprochen, und auch ich habe dieses Problem in einem Gespräch mit der Außenministerin aufgeworfen.
Ich ersuchte Israel die den Palästinensern zustehende Zahlung abzuwickeln, und schließlich muss ich sagen – und kann ich sagen – wurde die Überweisung eine Woche später als gewöhnlich vorgenommen.
Seitdem sind der Kommission keine weiteren Fälle von Verzögerungen bei der Überweisung von Steuergeldern berichtet worden.
David Martin, Verfasser. – (EN) Danke, Frau Kommissarin, für die Antwort und danke dafür, dass Sie Maßnahmen ergriffen haben, wobei die Maßnahmen erst griffen, nachdem ich die Anfrage aufgesetzt hatte. Sie werden verstehen, dass zwischen dem Aufsetzen von Anfragen und deren Beantwortung doch viel Zeit liegt.
Dennoch möchte ich betonen, dass es sich hier um palästinensische Gelder handelt. Das sind auf keinen Fall israelische Gelder, und deshalb dürfen sie nicht zurückgehalten werden. Sie zu behalten käme einem Diebstahl gleich, wenn nicht der Gelder, dann der Zinsen. Regelmäßig erpresst man die Palästinenser damit, und ich hoffe, die Kommission übt weiterhin Druck auf Israel aus, diese Gelder freizugeben, denn sie stehen den Palästinensern zu und dürfen nicht als weiteres politisches Werkzeug genutzt werden.
Reinhard Rack (PPE-DE). - Es ist schön, dass dieses Problem offensichtlich rasch und prompt gelöst werden konnte. Nur eine Rückfrage: Wir haben seinerzeit des Öfteren das Problem gehabt, dass Gelder, die die Palästinensische Behörde verwendet hat, möglicherweise nicht so verwendet wurden, wie sich das die Geber vorgestellt hatten. Sind auch diese Probleme in der Zwischenzeit bereinigt?
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Um auf die erste Bemerkung einzugehen: Ja, es gab in den letzten Jahren große Verzögerungen bei palästinensischen Geldern – und Sie haben Recht, es sind palästinensische Gelder –, aber ich habe stets versucht, wenn es nötig war – und sehr oft baten mich die Palästinenser darum –, persönlich einzugreifen, um die Gelder freizubekommen. Das dauerte mitunter lange, und es gab Zeiten, in denen es wirklich schwierig war, aber ich habe mich stets bemüht. Ich stimme Ihnen zu, auch künftig muss dies geschehen.
Herr Abgeordneter Rack! Ich kann Ihnen ganz klar versichern, dass die Art und Weise, wie wir unser Geld an die Palästinenser liefern – früher durch den so genannten TIM, den Temporary International Mechanism, und jetzt durch den Finanzmechanismus PEGASE –, so gestaltet ist, dass wir volle Kontrolle haben. Ich glaube, das war auch das Wesentliche.
Im Übrigen haben sogar die Israelis jetzt diesen Single Treasury Account, dieses einzige Konto des Finanzministeriums benützt, um darauf israelische Gelder zu überweisen. Mit Salam Fajad als Finanz- und Premierminister haben wir hier auch eine Person, die das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft hat. Aber wir haben vor allem selber unsere eigenen Kontrollen vorgenommen, und ich achte, soweit ich persönlich kann, sehr genau darauf. Meine Delegation hat hier ein eigenes System und ein eigenes Team aufgebaut, damit es zu keinen Unregelmäßigkeiten kommt.
Der Präsident. – Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).
(Die Sitzung wird um 19.10 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)