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Verfahren : 2009/2733(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0104/2009

Aussprachen :

PV 22/10/2009 - 12.2
CRE 22/10/2009 - 12.2

Abstimmungen :

PV 22/10/2009 - 13.2

Angenommene Texte :

P7_TA(2009)0060

Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 22. Oktober 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.

12.2. Iran
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sieben Entschließungen zum Iran.

 
  
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  Ana Gomes, Verfasserin.(PT) Herr Präsident! Iran ist durch sprachliche, religiöse, ethnische und politische Vielfalt gekennzeichnet. Die schiitische Mehrheit lebt Seite an Seite mit Sunniten, Zoroastriern, Christen, Juden und Baha'i. Die persische Mehrheit teilt sich das Land mit zahlreichen ethnischen Minderheiten, die fast die Hälfte der Bevölkerung ausmachen: Aserbaidschaner, Araber, Kurden, Belutschen und anderen. Die Städte wimmeln von Menschen aus der modernen Mittelschicht und jungen Leuten, die bereit sind, in einem Iran des 21. Jahrhunderts zu leben. All diese Unruhe und all diese Vielschichtigkeit macht dem Regime Angst, das lieber einen einfachen Iran hätte: einfach im Sinne eines religiösen Fanatismus, einer Isolierung des Landes und einfach im Sinne einer von gewaltsamer Unterdrückung eingeschüchterten öffentlichen Meinung.

Dieser Entschließungsantrag beschreibt die systematische Verletzung von Menschenrechten, der die Iraner in ihrem eigenen Land ausgesetzt sind, einschließlich der häufigen Verhängung der Todesstrafe, sogar gegen Kinder, der Steinigung von Männern und Frauen, der weitgehenden Beschneidung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Verfolgung religiöser und ethnischer Minderheiten. Mit diesem Entschließungsantrag sendet das Parlament zwei verschiedene Botschaften. Die erste Botschaft ist eine Botschaft an das iranische Volk: Europa sieht in den Iranern und insbesondere in den jungen Iranern die Hoffnung für eine Zukunft, in der in ihrem Land Demokratie und Frieden herrschen wird und in der Iran eine wichtige Rolle in der Region spielen wird, wie es dieses Land verdient hat. Die zweite Botschaft ist eine Botschaft an das iranische Regime: Wir sagen ihm, dass Iran niemals in der Lage sein wird, sein Potenzial, über das das Land zweifellos verfügt, zu nutzen, solange Gewalt und Obskurantismus die Hauptmerkmale eines politischen Regimes sind, dessen Bekenntnisse zu den Werten Gerechtigkeit und Frieden reine Lippenbekenntnisse sind, und das sein Volk weiterhin brutal unterdrückt.

 
  
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  Marietje Schaake, Verfasserin. – Herr Präsident! Die Legitimität jeder Regierung leitet sich daraus ab, dass sie für das Wohlergehen ihrer Bürgerinnen und Bürger sorgt. Ein Regime, das diese grundlegende Verpflichtung nicht erfüllt, verliert seine Legitimität in der internationalen Völkergemeinschaft.

Die derzeitige Selbstisolierung führt in Iran zu Zerstörung und hat negative Auswirkungen auf die Nachbarländer und auf den Rest der Welt. Wir können nicht danebenstehen und zuschauen, wie minderjährige Straftäter gehängt und Menschen vergewaltigt werden und wie Bürgerinnen und Bürger der willkürlichen Gewalt ihres eigenen Regimes ausgesetzt sind. Wir stehen hier, um erneut zu bekräftigen, dass es für diejenigen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, keine Straffreiheit geben kann und auch nicht geben wird, und wir werden dem iranischen Volk weiterhin bei der Geltendmachung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung und bei seinem friedlichen Protest für Freiheit und Demokratie zur Seite stehen.

Die Europäische Union hat eine Verantwortung dafür, dass diese universellen Rechte weiterhin auf der Tagesordnung stehen, und zwar auch dann, wenn es um Handelsinteressen oder das Nuklearprogramm von Iran geht. Erst wenn das iranische Regime von seinen Bürgern legitimiert wurde, kann es ein glaubwürdiger Akteur in der internationalen Völkergemeinschaft sein.

 
  
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  Tunne Kelam, Verfasser. – Herr Präsident! Diese Situation hat ihre Wurzeln in einer ganz speziellen religiösen Diktatur, die für ihre willkürliche Verletzung von Menschenrechten und Bürgerrechten bekannt ist. Die Situation hat sich seit den Wahlen im Juni noch verschlechtert. Verhaftungen, Folterungen und Hinrichtungen von Minderjährigen und Frauen haben zugenommen. In der Tat ist Iran nach China das Land mit den meisten Hinrichtungen weltweit.

Gemäß den neuesten Informationen, die nicht im Entschließungsentwurf enthalten sind, hat das iranische Regime gestern fünf Gefangene des Evin-Gefängnisses von Teheran gehängt, darunter auch Soheila Ghadiri, eine 28-jährige Frau. Sie ist die vierte Frau, die vom Regime im letzten Monat gehängt wurde.

Solch barbarische Urteile stehen in keinem Verhältnis zu den von den Gefangenen angeblich verübten Straftaten, sondern sollen dazu dienen, die Atmosphäre des Terrors im Land zu verstärken, vor allem bei Frauen und jungen Menschen, die ihre Entschlossenheit zur Schaffung von Demokratie und zum Widerstand gegen die Wahlen zum Ausdruck gebracht haben.

 
  
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  Rui Tavares, Verfasser.(PT) Egal, wie viele Personen in diesem Haus versammelt sind – wenn wir im Parlament sprechen, dann sprechen wir auch für die Millionen Menschen in Iran, die auf die Straße gegangen sind und ihr Leben und ihre Sicherheit aufs Spiel gesetzt haben, um gegen Wahlen zu demonstrieren, von denen sie glauben, dass sie gefälscht wurden.

Diese Millionen Iraner, im Inland wie im Ausland, erwarten etwas von uns, und deshalb kann der Ausgangspunkt nur Solidarität und Zusammenarbeit sein, um diesen Millionen Iranern zu helfen, die für Demokratie und Menschenrechte kämpfen und die, das sollte betont werden, viel größere Risiken eingehen, als die, welche die Diplomatie normalerweise fürchtet.

Deshalb würde ich sagen, dass der Ausgangspunkt kein anderer sein kann. Es ist wahr, dass der Westen es sich sehr oft zu einfach gemacht hat mit seiner Iran gegenüber ignoranten Politik. Es ist wahr, dass Europa zu häufig mit Strategien reagiert hat, die sich im Hinblick auf Iran als falsch erwiesen haben. Es ist wahr, dass wir sehr häufig nicht akzeptieren wollten, dass Iran die Anerkennung der internationalen Völkergemeinschaft haben sollte, nach der das Land als eine der Hauptmächte in der Region sicherlich strebt.

Wie ein iranischer Künstler im Exil nach den Protesten treffend sagte, wollte der Westen die Islamische Republik nicht, und jetzt haben wir nicht einmal mehr eine Republik. Nichts davon kann jedoch ein Regime entschuldigen, das die Freiheit unterdrückt, ein gewaltsames Regime, und nun auch noch ein Regime, das sich auf dem immer wackeligeren Fundament gefälschter Wahlen und auf der Unterdrückung seines Volkes gründet. Das iranische Volk erwartet Solidarität und Unterstützung vom Parlament, und diese wollen wir ihm mit diesem Entwurf vermitteln.

 
  
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  Fiorello Provera, Verfasser.(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wissen um die politischen und sozialen Bedingungen, unter denen die Bürgerinnen und Bürger der Islamischen Republik Iran leben.

Wir wissen um das Ausmaß, in dem die Religion in politische Entscheidungen und in den Bereich der Menschenrechte eingreift. Das jüngste Beispiel hierfür ist die Ermordung von Behnood Shojaee, einem jungen Mann, der erst kürzlich hingerichtet wurde, obwohl er zum Zeitpunkt der Straftat minderjährig war. Dies ist der jüngste Vorfall in einer Serie von schweren Menschenrechtsverletzungen, zu denen schon die Unterdrückung von politischen Gegnern, Homosexuellen, Journalisten, Intellektuellen und all denen, die für eine soziale und zivile Entwicklung von Iran kämpfen, zählte.

Die Situation hat sich während des Regimes von Mahmud Ahmadinedschad verschlimmert, welcher seine Präsidentschaft mit der wiederholten Leugnung des Holocaust und der Aberkennung des Existenzrechts des Staates Israel begann. Seit 2005 hat sich die Anzahl der Hinrichtungen in Iran vervierfacht, und Iran ist das einzige Land der Welt, das minderjährige Straftäter hinrichtet. Die systematische Anwendung von Folter in den Gefängnissen und die Anwendung mittelalterlicher Bestrafungen wie Amputation und Steinigung sind bekannt, aber das Regime ist in Schwierigkeiten, wie die zehntausende Menschen gezeigt haben, die mutig genug waren, nach den letzten Wahlen auf der Straße zu protestieren.

Neda Agha-Soltan, die junge Frau, die auf der Straße getötet wurde, als sie für ihre Rechte als Frau und Bürgerin kämpfte, wurde nicht nur zum Symbol für die Unterdrückung, sondern auch für den Wunsch nach Freiheit eines Volkes, das von Europa unterstützt werden muss. Wie können wir helfen? Ein Weg ist das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte. Ein anderer konkreter Vorschlag ist die Benennung von Straßen und Plätzen in unseren Städten nach Neda Agha-Soltan. Dadurch würde nicht nur ihrem Opfer gedacht, sondern es würde auch unsere Solidarität mit der iranischen Opposition zeigen und die europäischen Bürgerinnen und Bürger besser über eine solch ernste Situation informieren und ein größeres Bewusstsein dafür schaffen. Ich würde gerne ein Bild von Neda Agha-Soltan neben dem Bild von Aung San Suu Kyi sehen, das auf einer Seite des Gebäudes des Europäischen Parlaments in Brüssel abgebildet ist.

Eine letzte Bemerkung: Wie kann Präsident Ahmadinedschad bei den Atomgesprächen glaubwürdig sein, wenn er sein eigenes Volk, das mehr Demokratie, mehr Freiheit und mehr Achtung für Menschenrechte fordert, verfolgt und gegen es vorgeht?

 
  
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  Struan Stevenson, Verfasser. – Herr Präsident! Während wir in diesem Plenarsaal sitzen und große Debatten führen, machen die Henker in Iran Überstunden. Wie wir von Tunne Kelam gehört haben, haben sie gestern wieder fünf Menschen gehängt, darunter auch eine junge Frau, obgleich die Eltern ihres Opfers ihr verziehen hatten. Also wäre sie eigentlich begnadigt gewesen, wurde aber in der Folge doch gehängt.

Wir in der EU aber verfolgen eine Politik der Beschwichtigung. Erst diese Woche haben wir beschlossen, die Russen darin zu bestärken, Uran für Ahmadinedschad anzureichern als Gegenleistung für dessen Garantie, sein eigenes Urananreicherungsprogramm zu beenden. Er hat aber weder eine Garantie gegeben, noch hat er den Inspekteuren freien Zugang gewährt, damit diese seine Nuklearanlagen prüfen können. Mit dieser Beschwichtigungspolitik spielen wir nur den Mullahs in die Hände. Wir müssen harte Sanktionen verhängen. Härte ist die einzige Sprache, die diese Mullahs verstehen.

 
  
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  Barbara Lochbihler, Verfasserin. − Herr Präsident! Am Anfang dieser Plenarwoche hat Präsident Buzek uns darauf hingewiesen, dass die Abschaffung der Todesstrafe ein Grundanliegen des Europäischen Parlaments ist. Das gilt für alle Regionen dieser Welt, dass diese unmenschliche und grausame Strafe abgeschafft werden muss.

Er hat auf Hinrichtungen hingewiesen, die im Iran stattfanden. In der uns vorliegenden Entschließung wird insbesondere auf vier Todesurteile hingewiesen. Es handelt sich um Personen, die zum Tode verurteilt wurden, weil sie angeblich an den Protesten nach der Wahl teilgenommen haben. Aber sie waren zur angeblichen Tatzeit alle vier in Haft. Also hier kann man noch in Berufung gehen, und diese Fälle brauchen unsere Aufmerksamkeit.

Es ist auch angesprochen worden, dass zur Tatzeit Minderjährige im Iran immer noch hingerichtet werden. Iran ist das einzige Land, das zur Tatzeit Minderjährige hinrichtet. Der Iran hat die Konvention für zivile und bürgerliche Rechte und die Konvention zum Schutz des Kindes ratifiziert und ist deshalb verpflichtet, ein nationales Gesetz zu erlassen, das die Hinrichtung von Minderjährigen verbietet. So eine Gesetzesinitiative gibt es im iranischen Parlament, und wir müssen unsere Kollegen dort auffordern, dass sie alles tun, damit die Verabschiedung dieses Gesetzes nicht mehr blockiert wird. Das halte ich für eine sehr wichtige Aufgabe.

Abschließend möchte ich all den Frauen und Männern im Iran meine Hochachtung ausdrücken, die sehr viel riskieren, die auf die Straße gehen, die verschiedene Aktivitäten unternehmen, um die Gewährung ihrer Rechte einzufordern, die ihnen auch laut der iranischen Verfassung zustehen. Ihre Entschiedenheit, ihr Engagement und ihr Mut, sie verdienen unsere uneingeschränkte Solidarität!

 
  
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  Martin Kastler, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Am 2. Oktober dieses Jahres ließ die iranische Polizei in letzter Minute einen Mann nicht ins Flugzeug. Wegen seiner mutigen Arbeit für politisch Verfolgte sollte der Rechtsanwalt Abdolfattah Soltani den internationalen Menschenrechtspreis 2009 in meiner Heimatstadt Nürnberg entgegennehmen. Trotz gültigen Reisepasses hat die iranische Staatsmacht ohne Rechtsgrundlage Herrn Soltani die Ausreise verweigert. Seine Frau allerdings durfte ausreisen. Sie stellte zu Recht fest, und ich darf sie zitieren: "Ich bedauere, dass in einem Staat, der sich als Gottesstaat bezeichnet, Taten ausgeübt werden, die mit Gott nichts zu tun haben."

Der Iran hat völkerrechtlich verbindlich den UN-Zivilpakt ratifiziert, und dort ist das Menschenrecht festgelegt, jedes Land, einschließlich des eigenen, ungehindert verlassen zu dürfen. Ich finde, es ist ein Skandal, dass der Iran dieses Recht mit Füssen tritt. Ich habe mich deshalb dafür eingesetzt, dass der Fall Soltani heute in unsere gemeinsame Erklärung, in unsere Entschließung zum Iran aufgenommen wird, und ich möchte Sie um Ihre Unterstützung bitten.

 
  
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  Ryszard Czarnecki, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte diese Gelegenheit gerne nutzen, um unsere Besorgnis über die Lage in Iran und insbesondere über die Situation iranischer Oppositioneller im Lager Ashraf im Irak auszudrücken, das immer das Symbol des Widerstands für die Menschen in Iran war.

Die irakische Regierung muss aufhören, die Anordnungen der Mullahs in Teheran zu befolgen. Irak muss verstehen, dass das iranische Regime keine Zukunft hat und sich mit Unterdrückung und Hinrichtungen an der Macht hält. Wenn Irak also ein souveränes Land ist, sollte es die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. April 2009 zu Ashraf, welche Irak auffordert, alle Zwangsumsiedlungen von im Lager Ashraf lebenden Menschen innerhalb Iraks einzustellen, befolgen und umsetzen. Die Mullahs in Teheran möchten, dass Ashraf zerstört wird, und wir in Europa müssen diese schutzlosen iranischen Flüchtlinge unterstützen. Das ist unsere moralische Pflicht.

Wir sollten die EU-Präsidentschaft und die Kommission dazu aufrufen, die Vereinten Nationen dazu aufzufordern, sich durch die Aussendung einer ständigen Einheit – und sogar einer Friedenssicherungstruppe – dort mehr zu engagieren, um weitere Angriffe und eine Zwangsumsiedlung dieser Menschen in andere Teile Iraks zu verhindern.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der EFD-Fraktion.(NL) Herr Präsident! Es gibt keinen Zweifel daran, dass sich die Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran in den letzten Monaten erheblich verschlechtert hat. Ein bezeichnendes Beispiel hierfür sind die derzeitigen Entwicklungen im Unterdrückungsapparat des Präsidenten Ahmadinedschad, das Aufkommen gleich welcher Art von Opposition gegen sein Regime, das von zweifelhafter Legitimität ist, im Keim zu ersticken. Die berüchtigte Miliz, die Basij, wurde nun in das Korps der Iranischen Revolutionsgarde, eine weitere finstere Vereinigung, integriert.

Was kann die Europäische Union hier noch ausrichten? Zwei Dinge vor allem. Zusammen mit den Vereinigten Staaten müssen wir, die westliche Welt, uns auf einzelne Fälle schwerer Menschenrechtsverletzungen in Iran konzentrieren (ich möchte hier auch auf unseren Entschließungsantrag verweisen). Direkt im Anschluss müssen wir Teheran dann deutlich machen, dass diese Verletzungen nicht toleriert werden können und ernste Konsequenzen haben werden.

Wenn nationale Interessen – insbesondere wirtschaftlicher Natur – ins Spiel kommen, werden sich die Iraner von selbst von ihrer pragmatischen Seite zeigen. Hierbei können sie sich sogar auf den verstorbenen Ayatollah Khomeini, den Gründer der Islamischen Republik Iran, beziehen. Wenn es ums Ganze ging, entschied er sich ebenfalls konsequent dafür, die nationalen Interessen den religiösen Anforderungen voranzustellen. Kommission und Rat, suchen Sie nach den Schwachstellen der Ayatollahs! Tun Sie dies zuallererst, um erträglichere Lebensbedingungen für das iranische Volk zu schaffen, aber auch für die Sicherheit des jüdischen Staates Israel, nicht zu vergessen der arabischen Welt und auch der Europäischen Union.

 
  
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  Krisztina Morvai (NI).(HU) Vor ein paar Tagen war Präsident Barroso hier, und ich habe ihn gefragt, was gegen die seit Herbst 2006 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich in Ungarn, anhaltende Menschenrechtskrise getan werden kann. Ich habe bei mehreren Gelegenheiten darauf hingewiesen, dass viele hundert Menschen einer solch unbarmherzigen Polizeibrutalität ausgesetzt waren, dass sie ernste Verletzungen erlitten haben, während mehrere hundert Menschen willkürlich verhaftet wurden und mehrere hundert Menschen langwierige Strafverfahren durchleben mussten, bis sie für unschuldig erklärt wurden. Der Präsident hat geantwortet, dass dies eine interne Angelegenheit sei und die Europäische Union sich nicht in interne Angelegenheiten einmischen könne. Ich würde gerne wissen, was dies für eine Doppelmoral ist, die hier zur Anwendung kommt, und mit welcher rechtlichen Grundlage die Europäische Union sich in ein Land außerhalb der Europäischen Union einmischt, wenn sie zögert, die Menschenrechte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zu schützen. Ich würde auch gerne die Gelegenheit nutzen, um unsere iranischen Freunde und die Iraner, die der Opposition angehören, und selbst die Iraner, die der Regierungspartei angehören, zu bitten, den Ungarn dabei zu helfen, ihre Menschenrechte zu schützen.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE).(FI) Herr Präsident! Iran könnte eine wichtige Rolle bei den Friedensverhandlungen für den Nahen Osten spielen, aber leider scheint das Land sich immer weiter von einem demokratischen Rechtsstaat zu entfernen. Zunächst einmal gibt es Gründe, die Wahlergebnisse vom letzten Juni, die es Präsident Ahmadinedschad ermöglicht haben, im Amt zu bleiben, ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Seit den Wahlen hat sich die allgemeine Menschenrechtslage sogar noch verschlechtert. Darüber hinaus hat sich die Zahl der Hinrichtungen seit der Machtübernahme durch Ahmadinedschad im Jahr 2005 vervierfacht, und Iran richtet nach China weltweit die meisten Menschen hin. Zweitens ist die Lage, was Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit angeht, erbärmlich. Beispielsweise befinden sich die sieben Baha'i-Führer noch immer wegen ihrer religiösen Überzeugung in Haft.

In unserem Entschließungsantrag appellieren wir an die iranischen Behörden, und ich hoffe, dass wir auf diese Weise gleichzeitig auch unsere Unterstützung und Anerkennung für den Mut, den viele Iraner bei ihrem Kampf für Grundfreiheiten und demokratische Prinzipien beweisen, zum Ausdruck bringen können. Wir zollen den mutigen iranischen Frauen, die bei den Demonstrationen nach den Wahlen in Teheran eine entscheidende Rolle gespielt haben, besondere Anerkennung.

 
  
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  Peter van Dalen (ECR).(NL) Herr Präsident! In Iran herrscht ein eisernes Regime, das sich auf eine radikale Auslegung des Islam und des Korans stützt. Wer sich in Iran daran nicht beteiligen will, fällt in Ungnade. Iran ist ein beängstigendes Land, vor allem für die dort lebenden Christen. In Iran gibt es für Muslime, die zum Christentum konvertiert sind, buchstäblich kein Leben. Letztes Jahr hat das iranische Parlament ein Gesetz erlassen, nach welchem auf die Aufgabe des islamischen Glaubens die Todesstrafe steht.

Auch für Demonstranten gibt es kein Leben in Iran. Drei Menschen, die während den Demonstrationen nach den Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen verhaftet wurden, sind jetzt zum Tode verurteilt worden. Es ist absolut falsch und unbegreiflich, dass ein Gericht ein solches Urteil fällt. Eventuell kann gegen dieses Urteil noch Berufung eingelegt werden, aber für jeden ist klar ersichtlich, dass selbst Demonstranten in Iran um ihr Leben fürchten müssen.

Ich fordere den Rat und die Kommission dazu auf, diese Demonstranten bei weiteren Verfahren mit aller Kraft zu unterstützen und sich vor allem dem brutalen iranischen Regime energisch entgegenzustellen.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE).(LT) Die Menschenrechtslage in Iran verschlechtert sich deutlich. Die Präsidentschaftswahlen von zweifelhafter Legitimität, die dieses Jahr stattgefunden haben, und die Massenproteste der Menschen nach den Wahlen spiegeln die zunehmend angespannte und beunruhigende politische und soziale Lage in Iran wider.

Ich möchte unterstreichen, dass Iran dieses Jahr auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen einen der letzten Plätze belegt hat, nämlich Platz 172 von 175, und nur Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan noch hinter Iran rangierten.

Die Situation für Journalisten in Iran ist weltweit mit die schlechteste; Der freie Zugang zu Informationen im Internet wird blockiert, und Menschen, die Blogs schreiben, werden verfolgt. Wir kennen die Geschichte von der renommierten Bloggerin, Fariba Pajooh, die kürzlich verhaftet wurde und deren Zukunft noch ungewiss ist, nur zu gut.

Ich appelliere an die Europäische Kommission. Herr Kommissar, wir müssen in Teheran schnellstmöglich eine Kommissionsdelegation einrichten, um einen Dialog mit den iranischen Regierungsstellen über die sich verschlechternde Menschenrechtslage in diesem Land einzuleiten.

 
  
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  Jim Higgins (PPE). – Herr Präsident! Ich stimme den Bemerkungen von Herrn Czarnecki voll zu. Der Angriff vom letzten Juli auf das irakische PMOI-Lager in Ashraf, Irak, kann nur als brutal und barbarisch bezeichnet werden. Elf Menschen wurden getötet, und es hätte auch noch mehr Tote geben können; zahlreiche Menschen wurden auf brutale Weise verletzt – Sie müssen das Video sehen, um die Barbarei zu ermessen, die dort tatsächlich stattgefunden hat. Die Armee und das Militär ergingen sich in den sadistischsten Formen der Brutalität. Als Folge wurden 36 Menschen verhaftet; sie hatten keine andere Wahl, als in den Hungerstreik zu treten. Sie wurden vor zwei Wochen auf internationalen Druck freigelassen – und internationaler Druck nach 72 Tagen Hungerstreik: das war es, was die Leute in Verbindung mit der Malaki-Regierung zum Handeln gezwungen hat. Diese Menschen sind Flüchtlinge; sie haben das Recht, abends sicher zu Bett gehen und morgens sicher aufstehen zu können. Wie Herr Czarnecki bereits gesagt hat, brauchen wir zwei Dinge: Zunächst einmal brauchen wir eine ständige UN-Präsenz vor Ort, welche die Vereinigten Staaten ablöst, und zweitens brauchen wir eine absolute Garantie, dass die Menschen nicht umgesiedelt werden.

 
  
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  Véronique De Keyser, Verfasserin.(FR) Herr Präsident! Den vorherigen Äußerungen meiner Kolleginnen und Kollegen würde ich gerne noch drei kleine Punkte hinzufügen.

Zunächst einmal – und hier beziehe ich mich auf das, was Frau Gomes gesagt hat – glauben wir trotz aller Geschehnisse, trotz aller Tragödien, die sich in Iran ereignen, und trotz des Regimes immer noch fest an eine politische Zukunft für dieses Land und an die Stärke seiner Zivilgesellschaft.

Der zweite Punkt ist, dass nicht ausreichend betont wurde, dass wir die jüngsten Selbstmordattentate in Sistan und Belutschistan, auch wenn ihnen Mitglieder der Revolutionsgarde und leider auch Dutzende von Zivilisten zum Opfer gefallen sind, verurteilen. Wir sind gegen diese Art von Gewalt, auch wenn wir volles Verständnis für die Gründe haben, aus denen sie verübt werden; aber zu diesem Zeitpunkt müssen wir uns auf die Seite der Regimegegner stellen.

Der letzte Punkt ist, dass unser Parlament, wie ich denke, die Todesstrafe immer verurteilt – egal, ob Kinder, Frauen oder Erwachsene davon betroffen sind, und egal, in welchem Land sie verhängt wird.

 
  
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  Cristian Dan Preda, Verfasser.(RO) Auch ich möchte mein Bedauern darüber ausdrücken, dass sich die Lage in Iran im Hinblick auf die Menschenrechte nach den Wahlen im Juni verschlechtert hat. Diese Verschlechterung manifestiert sich in der großen Verhaftungswelle und der Gewalt gegenüber den Regimegegnern.

Zudem ist die Informationsfreiheit, wie bereits erwähnt wurde, ernsthaft bedroht, und Journalisten laufen Gefahr, zur Zielscheibe von Verfolgungen zu werden. Ein zentraler Punkt, der Anlass zur Sorge gibt, ist die Tatsache, dass sowohl Folterungen als auch die Todesstrafe in Iran in großem Maßstab zur Anwendung kommen. Amnesty International hat vor Kurzem ebenfalls die Tatsache betont, dass die Zahl der verurteilten und anschließend hingerichteten Menschen nach den Wahlen signifikant gestiegen ist.

Abschließend möchte ich gerne noch sagen, dass ich die Idee der Einrichtung einer Delegation der Europäischen Union in Teheran unterstütze. Eine solche Delegation kann mit der Zivilgesellschaft vor Ort zusammenarbeiten und auf diese Weise die Rechte der für Freiheit kämpfenden Aktivisten unterstützten.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen: Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind Themen, die zu wichtig und dringlich sind, um sie heute Nachmittag, an einem Donnerstag, zu behandeln. Es sind leider nur mehr wenige von uns anwesend.

Vor einem Monat haben wir über die Ermordung von Journalisten gesprochen, heute über die katastrophale Menschenrechtssituation in Guinea, Iran und Sri Lanka. Ich weiß, viele von uns teilen meine Meinung. Lassen Sie uns einen besseren, einen anderen Termin für diese wichtige Aussprache finden.

 
  
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  Der Präsident. − Es wäre Recht, Frau Kollegin, wenn man beim „Catch-the-eye“-Verfahren zum Thema sprechen würde. Sie nehmen anderen Kollegen die Redezeit weg.

Ich schließe das „Catch-the-eye“-Verfahren.

 
  
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  Leonard Orban, Mitglied der Kommission. – (RO) Lassen Sie mich zunächst damit beginnen, den Familien der Opfer der Terrorangriffe in der iranischen Provinz Sistan-Belutschistan unser Beileid auszudrücken. Die Kommission verurteilt Terrorangriffe, egal wo in der Welt sie verübt werden, und die damit verbundene Tatsache, dass Menschen ihr Leben verlieren.

Die Europäische Kommission ist über die derzeitige Lage im Hinblick auf Menschenrechte und Grundfreiheiten in Iran tief besorgt. Wenn wir über diese Frage sprechen, können wir Beispiele wie die Hinrichtung Minderjähriger, die Diskriminierung von Menschen, die verschiedenen Minderheiten angehören, erhebliche Beschneidungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Misshandlungen von Gefangenen, die Verweigerung des Rechts auf ein faires Verfahren sowie die groß angelegte Unterdrückung und Einschüchterung von Menschenrechtsaktivisten und politischen Gegnern anführen.

Die Europäische Union hat den direkten Kontakt mit Iran aufrechterhalten und hat den iranischen Behörden ihren Standpunkt zu den Entwicklungen im Land offen dargelegt.

Die Europäische Union unterstützt die Grundfreiheiten und die universellen Werte, auf denen sie basieren, und fühlt sich daher verpflichtet, ihren Standpunkt jederzeit und überall, wo diese Grundsätze missachtet werden, deutlich zu machen. Leider hat sich die Menschenrechtslage trotz der zahlreichen Appelle und Verurteilungen seitens der Europäischen Union und der internationalen Völkergemeinschaft seit den Präsidentschaftswahlen, die im Juni 2009 in Iran stattgefunden haben, noch weiter verschlechtert.

Allein in den letzten Wochen wurden zahlreiche Menschen in Iran gehängt. Einer dieser Menschen war der von Ihnen bereits genannte Behnoud Shojaee, der zum Zeitpunkt der von ihm verübten Straftat minderjährig war, und der trotz der wiederholten Appelle seitens der EU, sein Urteil zu mildern, hingerichtet wurde. Auch anderen Minderjährigen droht in Iran die baldige Hinrichtung. Wir machen uns ebenfalls große Sorgen um die sieben Baha'i-Führer in Iran, die sich nun schon seit über 17 Monaten in Haft befinden, und die sich wegen schwerer Anschuldigungen wie Spionage und staatsfeindlicher Propaganda verantworten müssen. Der letzte für den Prozess angesetzte Termin wurde erneut auf den 18. Oktober verschoben, so dass diese sieben Menschen seither keine klare Aussicht mehr auf ein ordentliches Gerichtsverfahren haben.

Hunderte von Menschen wurden nach den Präsidentschaftswahlen festgenommen, weil sie an den Demonstrationen nach der Wahl teilgenommen und sich kritisch geäußert hatten. Die Verfahren gegen die an diesen Aktivitäten beteiligten Personen gehen weiter. Letzte Woche erst wurden vier Menschen zum Tode verurteilt, weil sie an Zwischenfällen nach den Wahlen beteiligt waren.

Abschließend möchte ich betonen, dass wir die von den Damen und Herren Abgeordneten geäußerten Sorgen über die Menschenrechtslage in Iran teilen. Die Kommission verfolgt die Entwicklung der Lage genau mit und wird auch weiterhin jede Gelegenheit nutzen, die iranischen Behörden dazu aufzufordern, ihre internationalen Menschenrechtsverpflichtungen einzuhalten, einschließlich den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die Verbesserung der Menschenrechtslage in Iran ist ein wesentliches Elemente des Ansatzes der Europäischen Union zur künftigen Stärkung des politischen Dialogs und der Zusammenarbeit mit Teheran.

Zu der mir gestellten Frage möchte ich sagen, dass wir glauben, dass es im Moment angesichts der derzeit in Iran herrschenden Bedingungen nicht der richtige Zeitpunkt zur Einrichtung einer Kommissionsdelegation in Teheran ist.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprachen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE), schriftlich.(PL) Meine Damen und Herren! Ich rufe die Europäische Union auf, nicht tatenlos zuzusehen, während in Iran Menschenrechte verletzt werden. Die Europäische Union muss sich viel entschiedener gegen die im Land verhängten Todesurteile und gegen die Hinrichtungen stellen, vor allem gegen die, die gegen junge minderjährige Straftäter verhängt werden. Auf das, was heute in Iran geschieht, zu reagieren, ist eine der größten Prüfungen in Bezug auf die Wirksamkeit unserer westlichen Welt.

Aus diesem Grund muss die Europäische Kommission schnellstmöglich eine Delegation der Europäischen Union in Teheran einrichten, um den Dialog mit den iranischen Führern zu fördern und zu stärken, damit insbesondere junge Leute, politische Gefangene und Journalisten Unterstützung erhalten. Die Europäische Kommission muss viel mehr Engagement zeigen für die Aussendung von Sondergesandten durch den Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte zur Überwachung der Situation im Hinblick auf politische Gefangene und zur Sicherstellung, dass die iranischen Behörden internationale Verfahrensstandards und rechtliche Verpflichtungen im Hinblick auf Menschenrechte einhalten.

Die Europäische Union wird auch jenseits unserer Grenzen immer ein Fahnenträger für bürgerliche Freiheiten und unsere gemeinsamen europäischen demokratischen Werte sein. Aus diesem Grund sollten wir durch einen intensiven Dialog mit den politischen Eliten alle Anstrengungen unternehmen, damit Iran im 21. Jahrhundert grundlegende Menschenrechte einhält und das Recht auf Leben achtet.

 
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