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Verfahren : 2011/2522(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0041/2011

Aussprachen :

PV 20/01/2011 - 11.1
CRE 20/01/2011 - 11.1

Abstimmungen :

PV 20/01/2011 - 12.1
CRE 20/01/2011 - 12.1

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0026

Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 20. Januar 2011 - Straßburg Ausgabe im ABl.

11.1. Pakistan: Ermordung des Gouverneurs von Punjab, Salman Taseer
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. Als nächster Punkt der Tagesordnung folgt die Aussprache über die sieben Entschließungsanträge zu Pakistan(1).

 
  
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  Marietje Schaake, Verfasserin. – Herr Präsident! In Pakistan wird gegenwärtig ein grundlegender Kampf geführt, und der Extremismus, den wir miterlebt haben, muss enden, insbesondere die schimpflichen Blasphemiegesetze. Sie erzeugen ein Klima der Angst und der Intoleranz und, im schlimmsten Fall, des Extremismus.

Der Kampf gegen den Extremismus ist keine einfache Aufgabe, weshalb die pakistanische Regierung und alle jene Bürgerinnen und Bürger, die zustimmen, dass Intoleranz und Extremismus inakzeptabel sind, unsere Unterstützung brauchen. Wir müssen weiterhin dafür kämpfen, den Terrorismus auszumerzen.

Der Gouverneur, Herr Taseer, wurde von einem seiner Leibwächter, der ihn hätte beschützen sollen, aus purer Intoleranz auf brutale Weise ermordet. Seine Tochter, Shehrbano, hat einen Brief geschrieben, der in der New York Times veröffentlicht worden ist, aus dem ich gerne zitieren würde, weil ich denke, dass sie das Wesen des Problems wiedergibt und weil es sehr gut ist, ihre Worte zum Gedenken an ihren Vater zu benutzen.

Sie sagt über den Täter: „Herr Qadri und seine Unterstützer mögen an diesem Tag eine große Eiche gefällt haben, aber sie irren sich gewaltig, wenn sie denken, dass es ihnen gelungen ist, die Stimme meines Vater oder die Stimmen der Millionen, die, wie er, an die säkulare Vision des Gründers von Pakistan, Mohammed Ali Jinnah, glauben, zum Schweigen zu bringen.“ Sie fährt fort: „Manche Menschen sagen, dass der Tod meines Vaters der letzte Sargnagel für ein tolerantes Pakistan war. Dass die liberalen Stimmen Pakistans jetzt verstummen werden. Aber wir haben einen heldenhaften Mann begraben, und nicht den Mut, den er in anderen geweckt hat.“

Andere schlossen sich der Verurteilung der Blasphemiegesetze an, sogar konservative Politiker. Wir müssen das hier im Europäischen Parlament unterstützen. Die Tochter von Gouverneur Taseer hat das Smith College besucht und Europapolitik und Menschenrechte studiert, aber zu viele Menschen in Pakistan werden in Madrasas ausgebildet. Wir müssen sicherstellen, dass die junge Generation Chancen hat und lernt, in einer vielfältigen Gesellschaft, wie sie Pakistan ist, zusammenzuleben.

 
  
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  Tomasz Piotr Poręba, Verfasser.(PL) Herr Präsident! Einige Wochen nachdem die Regierungskoalition in Pakistan kurz vor dem Aus stand, wurde das Land von der Erschießung des Gouverneurs von Punjab erschüttert, die am helllichten Tag geschah. Salmaan Taseer war der Gouverneur der wohlhabendsten und bevölkerungsreichsten Provinz und außerdem ein wichtiger Politiker der Regierungspartei. Er ist ums Leben gekommen, weil er die moralische Stärke und den Mut hatte, die Freilassung der Christin Asia Bibi zu fordern, die wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt worden ist. Seine Ermordung durch einen seiner eigenen Leibwächter und angeregt durch muslimische Extremisten ist nicht nur ein weiterer Angriff auf einen hochrangigen Politiker in Pakistan und ein Beweis für das dramatisch niedrige Sicherheitsniveau in diesem Land. Es ist vor allem ein Zeichen für das immer sichtbarer werdende Abgleiten des Landes – Pakistans – in eine Situation, in der ein Teil der Streitkräfte, der Justiz und der politischen Elite sowohl offen als auch heimlich eine Politik der Konzessionen an politische und religiöse islamische Extremisten unterstützt.

Gestern haben wir in diesem Plenarsaal über das Thema der Verfolgung von Christen debattiert. Heute haben wir eine Entschließung zu diesem Thema verabschiedet. Mir scheint, als ob sich für Frau Ashton und ihren Auswärtigen Dienst ein Tätigkeitsbereich eröffnen würde, diplomatischen und politischen Druck auf die pakistanischen Behörden auszuüben, die endlich beginnen müssen, den religiösen Extremismus zu bekämpfen.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola, Verfasserin. – Herr Präsident! Die Nachricht von der Ermordung von Gouverneur Taseer war schockierend, aber leider nicht überraschend. Ich kannte Benazir Bhutto persönlich und Minister Shahbaz Bhatti ist mein guter Freund geworden. Was alle drei verbindet, ist ihr erstaunlicher Mut als hör- und sichtbare Kritiker der Blasphemiegesetze und ihres Missbrauchs durch extremistische Gruppen.

Die pakistanische Regierung hat in der Tat einige wichtige Schritte unternommen, um die Rechte von Minderheiten zu verbessern, zum Beispiel, indem sie eine Mindestquote für Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst eingeführt hat. Die Regierung hat außerdem einen Ausschuss gebildet, um alle diskriminierenden Gesetze, einschließlich der Blasphemiegesetze, einer Überprüfung zu unterziehen. Die Arbeit ist aber noch nicht abgeschlossen. Trotz einiger wichtiger Schritte, solange es eine Gesetzeslücke gibt, wie dies bei den geltenden Blasphemiegesetzen der Fall ist, die so riesig ist, dass sie es Terroristen und Extremisten ermöglicht, ihre eigenen Ziele voranzutreiben, ist es schwer, an ein echtes Bekenntnis zur Demokratie zu glauben.

Ich hoffe, dass wir mit dieser Entschließung unsere anhaltende Solidarität mit der pakistanischen Regierung im Kampf gegen den Terrorismus und die Verbreitung des Extremismus zum Ausdruck bringen können.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Verfasserin.(PL) Herr Präsident! Genau vor acht Monaten, am 20. Mai, hat das Europäische Parlament eine Entschließung zur Religionsfreiheit in der Islamischen Republik Pakistan verabschiedet. Heute steht dieses Thema aufgrund des gegen die 45-jährige Asia Bibi ausgesprochenen religiös motivierten Todesurteils und der Ermordung des Gouverneurs von Punjab, Salmaan Taseer, der sie öffentlich verteidigt hatte, wieder in unserem Plenarsaal auf der Tagesordnung.

Es hat sich herausgestellt, dass die Situation, die wir vor acht Monaten beschrieben haben, sich nicht nur nicht verbessert, sondern sich sogar noch verschlechtert hat. In Pakistan kann man heute sein Leben sowohl wegen einer so genannten religiösen Blasphemie verlieren als auch wenn man von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch macht – in diesem Fall wegen einer öffentlichen Äußerung zu einem Gerichtsurteil. Die Ermordung von Herrn Taseer zeigt, mit was für einer heiklen Situation wir es hier zu tun haben. Pakistan ist religiös dermaßen gespalten, dass auf beiden Seiten – bei den Christen und den Muslimen – Menschen sterben, einschließlich der Vertreter lokaler Eliten. Die öffentliche Unterstützung einer Abänderung des pakistanischen Strafgesetzbuches, insbesondere von Artikel 295-C, der für Blasphemie die Todesstrafe vorsieht, kann auch Lebensgefahr bedeuten.-

Wir sollten jedoch von den pakistanischen Politikern Mut erwarten, und insbesondere von der Opposition, zum Beispiel von der Pakistanischen Muslimliga, die eine Reform des Strafgesetzbuches seitens der Regierung blockiert. Wir können außerdem die Arbeit des pakistanischen Bundesministeriums für Angelegenheiten der Minderheiten unterstützen und der Regierung von Premierminister Gilani bei solchen Themen helfen wie zum Beispiel der Verbesserung der Qualität des Journalismus und der Medienberichterstattung und des Standards des in Schulen eingesetzten Unterrichtsmaterials. Heute mischt sich das Europäische Parlament nicht in die inneren Angelegenheiten Pakistans ein, sondern es macht auf Artikel 20 der pakistanischen Verfassung von 1973 aufmerksam und auf die Religionsfreiheit, die er vorsieht.

 
  
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  Marie-Christine Vergiat, Verfasserin.(FR) Herr Präsident! Ich möchte zu Beginn dieser Rede sagen, dass ich die gemeinsame Entschließung zu Pakistan und insbesondere zum Mord an Gouverneur Taseer mit großem Interesse gelesen habe. Sie stellt einen seltsamen Kontrast zur heute Morgen angenommenen Entschließung zu christlichen Minderheiten dar.

Wir alle hier sind dem Schutz der Rede-, Gewissens- und Religionsfreiheit verpflichtet, oder zumindest hoffe ich das. Was uns auch beschäftigen sollte, sind all jene Menschen, die aufgrund ihrer religiösen Entscheidungen Opfer von Verfolgungen werden, und zwar auch, wenn sie sich dazu entscheiden, ihre Religion zu wechseln und wenn sie nicht an Gott glauben.

Wenn wir den Fundamentalismus jeglicher Ausprägung bekämpfen wollen, dann müssen wir alle Opfer dieses Fundamentalismus auf die gleiche Art und Weise behandeln. Keine Religion ist oder war je vor dem gefeit, was ich untragbare Abweichungen nennen werde. Erinnern wir uns nur an den Massenmord an den amerikanischen Indianern, insbesondere in der Karibik und in Lateinamerika. Erinnern wir uns an die traurige Periode der Kreuzzüge, der Inquisition oder der Konfessionskriege zwischen Katholiken und Protestanten. Erinnern wir uns an den Antisemitismus, der während des 20. Jahrhunderts verheerende Folgen hatte und der in einigen EU-Länder weiterhin mehr oder weniger latent vorhanden ist.

Jede Religion hat ihre eigene Form des Fundamentalismus und die ersten Opfer eines solchen Fundamentalismus sind oft moderate Vertreter derselben Religionen. Aus dieser Perspektive ist die Ermordung des Gouverneurs von Punjab, Salmaan Taseer, ein klassisches Beispiel. Dieser Mann wurde ermordet, weil er ein Beispiel für Toleranz war und weil er es wagte, die in seinem Heimatland geltenden Blasphemiegesetze und ihren Missbrauch durch gewisse extremistische Gruppen in Fällen wie dem von Asia Bibi zu verurteilen, einer Christin, die nach dem pakistanischen Strafgesetzbuch wegen Blasphemie zum Tode verurteilt worden war.

Was noch weniger akzeptabel ist, ist, dass fanatische Gruppen seinen Mörder loben. Wir sollten daran denken, dass die Blasphemiegesetze vorwiegend in Bezug auf Muslime angewandt werden, dass sie für alle religiösen Minderheiten gelten und insbesondere Frauen, aber auch Gewerkschaftsaktivisten, Journalisten und Anwälte, und dass Menschen aus all diesen Gruppen regelmäßig ihrer Grundfreiheiten beraubt werden, wenn sie nicht sogar dazu genötigt werden, sich zu verstecken.

Daher ist es an der Zeit, dass die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst ihre Politik ändern, und ich möchte Sie bitten, Herr Kommissar, eine präzise Beurteilung der Übereinkommen mit Tunesien und Pakistan über Demokratie und Menschenrechte abzugeben, und ich wünsche mir, dass Tunesien eine Lehre für uns, eine Lehre für Sie wird.

 
  
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  Jean Lambert, Verfasserin. – Herr Präsident! Ich denke, dass wir alle der Familie und den Freunden von Salmaan Taseer, dem von der pakistanischen Regierung ernannten Gouverneur von Punjab, unser Beileid aussprechen, und wir erinnern uns heute hier an seine klare Unterstützung für Asia Bibi – eine Position, von der er wusste, dass sie kontrovers und tatsächlich gefährlich war.

Wir sind von seiner Ermordung und der Reaktion eines Teils der pakistanischen Bevölkerung darauf zu Recht erschüttert, aber wir sollten auch nicht vergessen, dass viele um ihn getrauert haben und dies öffentlich als öffentliche Handlung getan haben. Es ist eine Handlung, die wir loben sollten, wie zum Beispiel die Maßnahmen, die die Medienaufsicht gegen gewisse Medien im Hinblick auf ihre Berichterstattung über den mutmaßlichen Mord eingeleitet hat.

Wie wir jedoch wissen, gefährden die Blasphemiegesetze in Pakistan das Leben der pakistanischen Bürgerinnen und Bürger: von Muslimen, Christen und auch anderen, wie es bereits viele Redner heute Nachmittag gesagt haben. Wir sind uns bewusst, dass Pakistan eine junge Demokratie ist, die mit Grenzkonflikten konfrontiert ist und die jüngste Flutkatastrophe bewältigen musste sowie das Erdbeben, das erst diese Woche stattgefunden hat. Wir wissen, dass die Regierung sich anstrengt, aber wir erkennen auch, dass sie in Bezug auf die Entwicklung der Demokratie in Pakistan unsere Unterstützung braucht, nicht zuletzt im politischen Kampf gegen den Extremismus und für die allgemeinen Menschenrechte, und es ist unsere Aufgabe als demokratische Abgeordnete, all jene zu unterstützen, die für einen positiven Wandel kämpfen und ihnen eine Stimme zu geben, die andere ihnen verweigern würden.

Wir fordern außerdem, dass die pakistanische Regierung Maßnahmen ergreift, die Vorbehalte zum Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte – den sie unter einer großen Zahl an Vorbehalten ratifiziert hat – zurückzuziehen, und wir haben dies während des letzten Besuchs unserer Delegation in Pakistan forciert. Wir wollen außerdem, dass sie die Bemühungen zur Änderung der Blasphemiegesetze fortsetzen, da diese Gesetze häufiger missbraucht als angemessen angewandt werden.

 
  
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  Tunne Kelam, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident! Wir alle verurteilen die brutale Ermordung des Gouverneurs von Punjab am 4. Januar entschieden. Dieser Mord wurde im Zusammenhang mit der Tatsache verübt, dass Herr Taseer die berüchtigten Blasphemiegesetze abgelehnt hat, die eine rechtliche Grundlage für die Verfolgung und Unterdrückung anderer religiöser Gruppen sind.

Wenn wir uns hinsichtlich des gewachsenen Einflusses von Extremisten in Pakistan besorgt äußern, dann erkennen wir auch, dass die moderaten Muslime und die pakistanische Regierung, in der Herr Taseer ein einflussreiches Mitglied war, einen großen Verlust erlitten haben, und wir sprechen ihnen unser Beileid aus.

Wir sind beunruhigt darüber, dass junge Juristen den Attentäter gelobt haben, aber wir nehmen auch zur Kenntnis, dass eine überwältigende Mehrheit der pakistanischen Gesellschaft diesen Mord verurteilt hat. Es ist wichtig, dass einflussreiche religiöse Autoritäten die Änderung der Blasphemiegesetze gefordert haben, und das ist auch unsere Forderung. Wir wünschen den pakistanischen Behörden bei ihren Bemühungen, den Extremismus in Pakistan zu bekämpfen, viel Erfolg.

 
  
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  Mitro Repo, im Namen der S&D-Fraktion.(FI) Herr Präsident! Die Ermordung von Salmaan Taseer spiegelt im Grunde genommen die religiöse Intoleranz wider, die in der pakistanischen Gesellschaft vorherrscht. Taseer war einer dieser seltenen Menschen, die es gewagt haben, sich gegen die pakistanischen Blasphemiegesetze auszusprechen. Er hat den Staatspräsidenten gebeten, Asia Bibi, eine Christin, die wegen Blasphemie zum Tode verurteilt worden ist, zu begnadigen, und hat sie auch im Gefängnis besucht. Das Schicksal eines Bürgers, der sich dem Unrecht widersetzt, ist im Pakistan der Gegenwart hart und grausam. Wird Asia Bibi dasselbe Schicksal ereilen, wenn sie begnadigt wird? Wird man sie auch ermorden?

Wir könnten uns fragen, ob ein Staat wie Pakistan die Handelsvorteile genießen sollte, die die Europäische Union bietet. Das Parlament sollte bei der Debatte der EU über die Verordnung zur Einführung autonomer Handelspräferenzen für Pakistan aufgrund der Flutkatastrophe die Achtung der Menschenrechte zu einem grundlegenden Element machen.

 
  
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  Kristiina Ojuland, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Die Ermordung von Gouverneur Salmaan Taseer ist nicht nur eine private Tragödie, sondern auch eine Tragödie für die Demokratie in Pakistan.

All die bedauerlichen Ereignisse und Fälle, die in der Entschließung insgesamt behandelt worden sind, stellen ein furchterregendes Indiz für den Widerwillen der pakistanischen Gesellschaft dar, die Säkularisierung voranzutreiben sowie für die Zunahme des religiösen Extremismus.

Wie kann Pakistan sich überhaupt eine Demokratie nennen, wenn die durch die Verfassung garantierte Religionsfreiheit durch die Anwendung der Blasphemiegesetze, die der verstorbene Salmaan Taseer abgelehnt hat, vollkommen ignoriert wird.

Ich würde mir wünschen, dass die Europäische Union über die Auswirkungen der Anwendung solcher unmenschlichen Gesetze auf die Beziehungen zu Pakistan nachdenken würde. Pakistan würde in vielerlei Hinsicht von der Aufhebung der Blasphemiegesetze und der auf der Grundlage dieser Gesetze verhängten Strafen profitieren. Ich würde außerdem von der pakistanischen Regierung erwarten, dass sie die Maßnahmen zur Bekämpfung der Verbreitung des gewalttätigen Extremismus verstärkt.

Gewalt erzeugt neue Gewalt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass Pakistan sich die Eskalation eines offenen Bürgerkriegs mit extremistischen Gruppierungen wie den Taliban nicht leisten kann.

 
  
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  Ryszard Czarnecki, im Namen der ECR-Fraktion.(PL) Herr Präsident! Wieder einmal sprechen wir über Pakistan und wieder einmal haben wir ein Problem und einen politischen Mord. Wir beschäftigen uns in der Tat wiederholt mit dem gleichen Problem. Vor einigen Monaten gab es eine Entschließung zu Pakistan. Das Problem ist wieder aufgetaucht und es ist eine Art heißes Eisen. Es erscheint mir an dieser Stelle notwendig, etwas zur inakzeptablen Toleranz zu sagen, die den muslimischen Imamen gegenüber an den Tag gelegt wird, die in Pakistan – beispielsweise in Peschawar – zum Töten aufrufen und dabei den Mördern eine finanzielle Belohnung anbieten. Solche Situationen sind vorgekommen, und die pakistanischen Behörden haben nicht auf sie reagiert. Es sollte klar gesagt werden, dass sie dadurch, dass sie nicht handeln und nicht reagieren, gewissermaßen für diese Dinge die Mitverantwortung tragen.

 
  
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  William (The Earl of) Dartmouth, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident! Wenn ich eine persönliche Erklärung abgeben darf, ich habe mit Salmaan Taseer viel Zeit verbracht, als wir in unseren Zwanzigern waren. Wir waren in der Tat Freunde. Salmaan hat mir hier im Parlament geschrieben, um mich als seinen persönlichen Gast zum Sitz des Gouverneurs in Punjab einzuladen. Dieser Brief ist nach der Ermordung von Gouverneur Taseer angekommen.

Salmaan war ein Mann mit Charme, Charisma und von hoher Intelligenz. Er war auch sehr fähig und effektiv. Er hat die beste Tradition Pakistans repräsentiert – ein strenggläubiger Moslem, aber in keiner Weise fundamentalistisch. Wie bereits gesagt worden ist, hat Salmaan eine Christin, die nach den Blasphemiegesetzen verurteilt worden ist, stark unterstützt. Salmaan hat für diese Unterstützung mit seinem Leben bezahlt. Es war ein politischer Mord.

Pakistan ist nicht nur ein großes Entwicklungsland. Es ist ein Land im Besitz von über 20 Atomsprengköpfen. Ich bin heute vor allem hierher gekommen, um meiner tiefen Trauer Ausdruck zu verleihen, aber auch meiner Besorgnis – unser aller Besorgnis – um Pakistan.

 
  
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  Thomas Mann (PPE). - Herr Präsident! Der gewaltsame Tod des Gouverneurs von Punjab, Salman Taseer, der stets für religiöse Toleranz eintrat, führt aller Welt das Erstarken extremistischer Kräfte in Pakistan vor Augen. Zehntausende demonstrierten danach auf der Straße, jedoch nicht gegen den Mord, sondern für den Attentäter. Taseer sprach sich vehement gegen das Blasphemiegesetz aus, welches die Todesstrafe wegen Gotteslästerung verordnet. Erst kürzlich wurde die Christin Asia Bibi – einige Kollegen haben darauf hingewiesen – wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed zum Tode verurteilt.

Als moderater Politiker der PPP war Salman Taseer eine der stärksten Stimmen gegen Extremismus. Sein Tod schwächt die Regierung, die nach dem Rückzug eines Koalitionspartners um das politische Überleben ringt. Zu den 160 Millionen Pakistani gehören nur drei Millionen Christen. Was wird wohl ihnen, einer stets friedfertigen Minderheit, wohl noch alles angetan?

Europa muss sich einmischen, und die Südasien-Delegation, in der ich Vizepräsident bin, wird die Menschenrechtsbewegung mit Nachdruck weiter unterstützen. Es muss zu einer detaillierten Aufklärung des Mordes kommen, der Attentäter und seine Hintermänner müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (S&D).(LT) Herr Präsident! Ja, die Situation in Pakistan ist besonders kompliziert, sowohl aufgrund von internen als auch aufgrund von externen Faktoren, und aus diesem Grund erschüttern solche Ereignisse wie ein politischer Mord aus religiösen Gründen, und dann noch an einer so wichtigen Persönlichkeit, sofort das ganze Land und die ganze Gesellschaft. Nach solchen Erschütterungen können die Ereignisse in dem Land eine gefährliche Wendung nehmen hin zur Stärkung des religiösen Fanatismus und zur Einschränkung der Menschenrechte. Unsere Entschließung sollte dazu beitragen, sicherzustellen, dass die Ereignisse dennoch eine andere Wendung nehmen, und dass die pakistanische Regierung trotzdem die Stärke finden kann, die Menschenrechte zu fördern und sich dem religiösen Fanatismus entgegenzustellen. Wir müssen solche Schritte maßgeblich unterstützen, ebenso wie die Unabhängigkeit und den Schutz der Justiz in komplexen Fällen in Verbindung mit Blasphemie.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE).(HU) Herr Präsident! Ich habe meine feste Unterstützung in Bezug auf entschiedene Maßnahmen zur Verteidigung der Menschenrechte in den Beziehungen der EU mit Drittländern bei mehreren Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht. Ich tue dies im Zusammenhang mit den Ereignissen in Pakistan wieder, da von diesem Standpunkt die Botschaft ausgeht, dass Europa diejenigen, die ihre Stimme zur Förderung der Toleranz, der Religionsfreiheit und der Gleichbehandlung von Minderheiten erheben, nicht im Stich lässt. Es ist uns sehr wohl klar, dass Christen in vielen Ländern verfolgt werden. Nicht nur in Pakistan bräuchte man Führungspersönlichkeiten wie den kürzlich verstorbenen Salmaan Taseer. Deshalb muss die Europäische Union jede Gelegenheit nutzen, um durch den Europäischen Auswärtigen Dienst mit einer Stimme die Wichtigkeit ihrer gemeinsamen Werte zum Ausdruck zu bringen. Einer dieser gemeinsamen Werte ist die Religionsfreiheit. Wenn wir gegen die Gewalttaten, die gegen Christen oder andere religiöse Minderheiten verübt werden, nicht unsere Stimme erheben, dann können wir auch unseren eigenen Glauben nicht ernst nehmen.

 
  
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  Sergio Paolo Francesco Silvestris (PPE).(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Europa kann angesichts der Ereignisse in Pakistan nicht ohnmächtig bleiben. Die Ermordung des Gouverneurs von Punjab, Salmaan Taseer, ist eine tragische und schreckliche Tat in einer Situation, die sich in den vergangenen Monaten enorm verschlechtert hat.

Die Spaltung zwischen Christen und Muslimen wird immer deutlicher, aber die Blasphemiegesetze sind immer noch die Ursache vieler Taten, die die Grundfreiheiten verletzen. Jeder, der sich dieser Vorschrift widersetzt oder auch nur seine Missbilligung dagegen ausdrückt, wie der Gouverneur von Punjab es getan hat, wird unterdrückt.

Der Gouverneur ist tot, weil er ein Moderater war und wegen seiner moderaten Ansichten, wegen seines Mutes, seinen Widerspruch gegen diese und andere Vorschriften zum Ausdruck zu bringen, die Grundfreiheiten verletzen. Aus diesem Grund birgt das Versäumnis Europas, klar und entschieden vorzugehen, die Gefahr, diejenigen, die mutig für etwas kämpfen, das wir unterstützen sollten, allein zu lassen.

 
  
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  Pino Arlacchi (S&D). – Herr Präsident! Nur einige kritische Worte dazu, wie einige Teile der europäischen Öffentlichkeit und auch dieses Parlaments mit Pakistan und seinem Kampf gegen den Terrorismus umgehen.

Ich beobachte zu viele Fälle von Pakistan-Bashing und ich beobachte eine Geringschätzung gegenüber den Anstrengungen der pakistanischen Regierung und der Zivilgesellschaft gegen den Extremismus. Jedem sollte klar sein, dass 90 % oder mehr der pakistanischen Bevölkerung den Terrorismus ablehnen, und dass sie dafür einen sehr hohen Preis bezahlen.

Der Tod von Gouverneur Salmaan Taseer wurde von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung und auch von den meisten prominenten religiösen Gelehrten verurteilt. Gemäßigte Muslime und alle Regierungsbehörden haben auch einen großen Verlust erlitten, und das sollte von allen voll anerkannt werden.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE).(FI) Herr Präsident! Die Religionsfreiheit ist eines der grundlegenden Menschenrechte. Es wird jedoch fast täglich auf der ganzen Welt verletzt. Es geht hier um nichts anderes als um rücksichtslose Intoleranz.

Die Blasphemiegesetze reichen bis in die Zeiten der Militärdiktatur zurück, die in den 1980er Jahren in Pakistan an der Macht war. Es ist inakzeptabel, dass die Gesetze benutzt werden, um religiöse Minderheiten zu verfolgen und Dutzende Menschen jedes Jahr zum Tode zu verurteilen. Die EU sollte bestimmt und einheitlich vorgehen, um die pakistanischen Behörden davon zu überzeugen, diese grausamen Gesetze aufzuheben.

 
  
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  Charles Tannock (ECR). – Herr Präsident! Als Gouverneur Salmaan Taseer beerdigt wurde, schien es mir, als ob jede Hoffnung für ein gemäßigtes, stabiles Pakistan mit ihm zusammen beerdigt würde. Dieser abscheuliche Mord an einem engagierten und aufgeklärten Staatsdiener wurde durch seine Fürsprache für die Reformierung der drakonischen Blasphemiegesetze Pakistans verursacht. Er setzte sich besonders für den Fall einer Christin ein, die momentan auf ihre Hinrichtung wartet – kann man das glauben –, nachdem sie wegen der Diffamierung des Islams verurteilt worden ist.

Wir hier in diesem Parlament haben lange die Reform oder die Abschaffung dieser elenden Blasphemiegesetze gefordert, die häufig gegen die religiösen Minderheiten Pakistans eingesetzt werden. Dieser Mord unterstreicht die wachsende Radikalisierung der pakistanischen Gesellschaft. Wenn Jinnah heute noch leben würde, wäre er schockiert.

Wenige Vertreter der offiziellen Politik wagten es, Salmaan Taseers Vorbild zu folgen und eine Reform der Blasphemiegesetze zu fordern, und noch weniger werden dazu jetzt in der Lage sein. Sie werden Angst haben. Stattdessen haben gewalttätige Radikale und Fanatiker – zu denen bedauerlicherweise auch führende Juristen gehören – den Mörder gelobt und seine Freilassung gefordert. Sie scheinen den Kampf der Weltanschauungen in Pakistan zu gewinnen. Infolgedessen floriert der einheimische Terrorismus, und wir konnten dieses Phänomen vergangene Woche erneut beobachten.

Kann die EU jetzt weiterhin strategische Beziehungen mit einem so instabilen Land aufrechterhalten, insbesondere angesichts unserer großzügigen Zugeständnisse in Bezug auf den Handel und in Bezug auf Hilfeleistungen?

 
  
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  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Wir sprechen hier über eine doppelte Tragödie: Erstens die Hinrichtung eines unschuldigen Mannes und zweitens die Tatsache, dass diese von jemandem durchgeführt worden ist, der eigentlich hätte auf ihn aufpassen sollen, seinem Leibwächter. Ich kann insbesondere mit der Familie mitfühlen, weil wir erst vor einer Woche eine ähnliche Erfahrung unter anderen Umständen hatten, als eine schöne 27-jährige Frau aus Irland auf ihrer Hochzeitsreise auf Mauritius in ihrem eigenen Schlafzimmer getötet wurde, als sie Hotelangestellte dabei erwischte, wie sie ihr Zimmer ausraubten. Sie haben sie erdrosselt, sie ins Bad geworfen und versuchten es so aussehen zu lassen, als sei es Selbstmord gewesen. Die Umstände sind anders, aber das Ergebnis ist dasselbe: Eine unschuldige Person ist tot.

Außerdem war ich vor einigen Wochen als Mitglied der Delegation EU-USA in Amerika, wo wir den pakistanischen Außenminister getroffen haben. Er schien mir den Eindruck eines vernünftigen, aufrichtigen Menschen zu machen und er betonte, dass es in der Religion um Toleranz geht und wir versuchen sollten, den Extremisten und Fundamentalisten diese Botschaft zu vermitteln.

 
  
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  Jaroslav Paška (EFD). (SK) Herr Präsident! Was am Mord am Gouverneur von Punjab, Salmaan Taseer, besonders Besorgnis erregend ist, ist der Hintergrund dieser Gewalttat.

Die Tatsache, dass dieser Mord im stillschweigenden Einvernehmen mit den geistlichen Führern Pakistans geschehen ist, und dass pakistanische Juristen den Mörder unterstützen, bedeutet, dass ein Mord aus Gründen der religiösen Intoleranz in der pakistanischen Gesellschaft toleriert wird. Die pakistanischen Blasphemiegesetze ermöglichen unter Androhung der Todesstrafe die Verfolgung religiöser Minderheiten, wie dies auch bei Asia Bibi der Fall war, einer fünffachen Mutter, die im Gefängnis auf die Vollstreckung ihrer Strafe wartet.

Daher können wir diesen Geschehnissen wirklich nicht gleichgültig gegenüberstehen. Unser Druck auf die pakistanischen Behörden ist sehr legitim, und ich erwarte von allen freien und demokratischen Kräften weltweit eine ähnliche Reaktion. Wir können heute – im dritten Jahrtausend – kein brutales Verhalten aus dem Mittelalter tolerieren, das von Unterdrückern ausgeht, die eine Religion missbrauchen.

 
  
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  Csanád Szegedi (NI).(HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst muss ich betonen, dass die Situation in Pakistan nicht nur in diesem Fall, sondern ganz allgemein ziemlich beunruhigend ist. Pakistans Probleme dürfen nicht als etwas angesehen werden, das weit weg ist, da wir wissen, dass die Probleme, die in der Region Innerasien entstehen, seien es wirtschaftliche, ethnische oder migrationspolitische Probleme, früher oder später in das Gebiet der Europäischen Union hinüberschwappen. Somit besteht für uns eine echte Notwendigkeit, das Problem Pakistans anzugehen. Pakistan ist insbesondere mit zwei Problemen belastet: Einerseits mit den kontinuierlichen Angriffen aus Afghanistan und Indien, und andererseits mit dem Problem, das für uns in dieser Sitzung das wichtigste ist, den muslimischen Extremisten, denen Salmaan Taseer auch zum Opfer gefallen ist. Aus diesem Grund fordere ich das Europäische Parlament auf, dass wir Pakistan unsere Unterstützung zusichern, damit die Situation so schnell wie möglich auf zufriedenstellende Weise gelöst wird.

 
  
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  Monica Luisa Macovei (PPE). – (RO) Herr Präsident! Die Ermordung von Gouverneur Salmaan Taseer, einer engagierten Stimme für die Toleranz und die Minderheitenrechte in Pakistan, offenbart eine Menschenrechtsverletzung dramatischen Ausmaßes. Die Wahrnehmung der Rede- und Religionsfreiheit wird in Pakistan mit einer Freiheitsstrafe oder sogar mit der Todesstrafe geahndet. Salmaan Taseer hat für die Verteidigung nicht nur der Religionsfreiheit, sondern auch des Lebens und der Freiheit von anderen mit seinem Leben bezahlt. Wir müssen diejenigen, die mutig kämpfen und ihr Leben für die Menschenrechte und die Demokratie riskieren, unterstützen. Wir bitten die Behörden in Pakistan dringend, die Verbrecher und ihre Komplizen zu bestrafen und sich von den Blasphemiegesetzen zu befreien.

 
  
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  Gerard Batten (EFD). – Herr Präsident! Der Mord an Gouverneur Salmaan Taseer ist in der Tat ein brutales und tragisches Verbrechen. Er wurde offensichtlich von einem islamischen Extremisten getötet, weil er für eine Änderung der Blasphemiegesetze eintrat. Der Mord ist eine Tragödie für Pakistan, aber was bedeutet er für den Westen?

Anstatt alles in unserer Macht Stehende zu tun, um dagegen anzukämpfen, dass der islamische Fundamentalismus sich immer stärker in Europa etabliert, wirken wir besänftigend und beschwichtigend auf ihn ein. An einigen Gerichten im Vereinigten Königreich wird jetzt die Scharia anerkannt. Es gibt Gebiete in den Innenstädten, wo faktisch die Gesetzgebungshoheit der Scharia gilt. Europa, das die Renaissance, die Aufklärung, die industrielle Revolution und die Wunder des modernen Wissenschaftszeitalters hervorgebracht hat, liegt jetzt vor einer Ideologie aus dem 6. Jahrhundert darnieder.

Regierungen haben aus Gründen der Political Correctness und der wirtschaftlichen Stärke einiger islamischen Länder Angst, ihr entgegenzutreten. Wir müssen gemäßigte und progressive Elemente in Ländern wie Pakistan unterstützen, aber vor allem müssen wir durchsetzen, dass die Scharia und der islamische Fundamentalismus in der modernen westlichen, liberalen Demokratie keinen Platz haben.

 
  
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  Cristian Dan Preda (PPE).(RO) Herr Präsident! Zunächst möchte ich sagen, dass ich für meinen Teil den brutalen Mord am Gouverneur der Provinz Punjab verurteile. Er war eine prominente Persönlichkeit im politischen Leben Pakistans, die bekannt war für ihren mutigen Kampf gegen Extremismus, Intoleranz und Fanatismus. Vor sieben Monaten habe ich mich hier dafür ausgesprochen, dass es dringend notwendig ist, die Bestimmungen in Bezug auf Straftaten, die sich auf Religionen beziehen, in den so genannten „Blasphemiegesetzen“ zu überprüfen.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Möglichkeiten zum Missbrauch, die diese Gesetze bieten, eine Atmosphäre der Intoleranz schaffen, die religiös begründete Gewalt fördert und auch die Diskriminierung, Einschüchterung und Verfolgung religiöser Minderheiten begünstigt. Der Fall von Asia Bibi, der in der Ermordung von Gouverneur Taseer gipfelte, ist in dieser Hinsicht symbolisch. Ich bin der Ansicht, dass die pakistanischen Behörden ihr Bekenntnis zum Kampf gegen den Extremismus in diesem Land durch Taten unter Beweis stellen müssen, indem sie die Blasphemiegesetze abschaffen. Daher möchte ich noch einmal den Aufruf an die Stimmen der Vernunft in Pakistan wiederholen, der von der Tochter des verstorbenen Gouverneurs von Punjab, Shehrbano Taseer, ausgegangen ist.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE). (SK) Herr Präsident! Ich möchte zu Beginn mein Mitgefühl mit den Bürgerinnen und Bürgern Pakistans und meine Trauer über den Verlust einer so wichtigen politischen Persönlichkeit wie Salmaan Taseer zum Ausdruck bringen.

Ich bin besorgt über die Tatsache, dass Menschen, die einem bestimmten Glauben und einer bestimmten religiösen Gruppierung, einschließlich des Christentums, angehören, weiterhin in diesem Land verfolgt werden, zum Beispiel der berüchtigte Fall der Frau, die auf der Grundlage der Scharia, auf der Grundlage der Blasphemiegesetze tatsächlich auf ihre Hinrichtung wartet. Die Tatsache, dass innerhalb der pakistanischen Sicherheitsbehörden weiterhin islamistische Extremistengruppen existieren, trägt nicht zur Stabilität des Landes bei und untergräbt ganz klar das Vertrauen darauf, dass das Land nach rechtsstaatlichen Prinzipien regiert wird. Ich hoffe, dass der Reformprozess in dem Land fortgesetzt wird, und ich möchte daher alle politischen Kräfte, einschließlich der religiösen Institutionen, auffordern, die Mäßigung, die Toleranz und den gegenseitigen Respekt zwischen den Gemeinschaften stärker zu unterstützen.

 
  
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  Michael Gahler (PPE). - Herr Präsident! Pakistan ist in vielfältiger Weise ein fragiles Land. Politisch fragil, weil die Regierung nicht stark genug ist, ihren eigentlich moderaten Kurs der politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung wirksam durchzusetzen und weil die Armee mit ihrem Kampf in den Randgebieten gegen Extremisten eher deren Widerstand noch steigert. Wirtschaftlich fragil, weil die Weltwirtschaftskrise und die verheerende Flutkatastrophe das Land in seiner Entwicklung um Jahre zurückgeworfen haben. Sozial fragil, weil sich die Gesellschaftsstrukturen in Jahrzehnten nicht so entwickelt haben, dass größere Teile der Gesellschaft an einer wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben können.

Als Europäische Union müssen wir unseren Dialog mit der politischen Klasse dort führen, um die Erkenntnis zu fördern, dass grundlegender wirtschaftlicher und sozialer Wandel notwendig ist, um den Menschen Perspektiven aufzuzeigen, die besser sind als die Alternative, sich dem Extremismus und dem Fundamentalismus zuzuwenden.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE). - Herr Präsident! Die schlimmsten und blutigsten Regime waren die antireligiösen europäischen Regime der Jakobiner, der Nationalsozialisten und der Kommunisten. Deshalb ist es nicht hilfreich, wenn Frau Vergiat hier pauschal Religionen angreift. Aber Religionen werden leider für ideologische Zwecke missbraucht, und dagegen müssen wir kämpfen, und das ist z.B. in Pakistan der Fall.

Auf der anderen Seite müssen wir wissen, Pakistan wurde bei der Teilung von British-Indien aufgrund religiöser Kriterien geschaffen! Es hat ja keine Geschichte, sondern es wurde als Land der Muslime damals bei der Dekolonisierung von der Kolonialmacht geschaffen. Deshalb müssen wir Verständnis haben, dass es ein islamisches Land ist. Aber wir müssen klar dafür kämpfen, dass dieses Land tolerant organisiert wird, dass es die Religionsfreiheit und die Christen respektiert, als deren Fürsprecher wir als EU viel energischer auftreten müssen, als es bisher der Fall ist. Denn wer soll für die Christen in der Welt auftreten, wenn nicht wir Europäer?

 
  
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  Sari Essayah (PPE).(FI) Herr Präsident! Viele von uns haben hier gesagt, dass Salmaan Taseer jemand war, der für schutzlose Frauen und Vertreter religiöser Minderheiten eingetreten ist, sowohl durch Worte als auch durch Taten. Er hat Unrecht im Allgemeinen bekämpft. Taseer hat sich für den demokratischen Staat eingesetzt und sich gegen die harten pakistanischen Blasphemiegesetze ausgesprochen und gesagt, dass sie von Menschen erlassen wurden und daher auch von Menschen geändert werden können.

Mehrere Redner haben hier bereits davon gesprochen, wie energisch er eine Christin verteidigt hat, die zum Tode verurteilt worden war, und wie er für die Aufhebung dieses Urteils gekämpft hat. All diese Taten im Namen der Gerechtigkeit waren sein Verderben. Die EU sollte die Kräfte in Pakistan unterstützen, die Reformen anstreben, weil nicht jeder in Pakistan Fundamentalisten unterstützt. In ihrer Außenpolitik sollte die EU daher ihren Standpunkt zur Lage in Pakistan gut überdenken.

 
  
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  Štefan Füle, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Diese Aussprache zeigt erneut, dass die Europäische Union von der brutalen Ermordung von Salmaan Taseer, dem Gouverneur der pakistanischen Provinz Punjab, am 4. Januar in Islamabad schockiert ist. Die Hohe Vertreterin Ashton hat den Mord in ihrer Erklärung am 4. Januar entschieden verurteilt. Sie hat die pakistanischen Behörden nachdrücklich aufgefordert, die Verantwortlichen für dieses Verbrechen vor Gericht zu bringen. Dieser Mord ist umso besorgniserregender, da er nach Berichten, die uns vorliegen, mit der offenen Verteidigung Taseers einer Christin, Asia Bibi, die wegen der fragwürdigen Blasphemiegesetze zum Tode verurteilt worden ist, in Verbindung steht.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Hohe Vertreterin Ashton am 12. November 2010 ihre tiefe Sorge über die gegen Asia Bibi verhängte Todesstrafe zum Ausdruck gebracht hat. Sie hat Pakistan dazu aufgefordert, die Todesstrafe abzuschaffen und die Menschenrechte zu achten, wie es die internationalen Übereinkommen, die das Land unterzeichnet hat, garantieren.

Die Europäische Union hat die fortgesetzte Anwendung der Blasphemiegesetze im Rahmen dieses Menschenrechtsdialogs wiederholt mit der pakistanischen Regierung erörtert. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass die Blasphemiegesetze in ihrer heutigen Form missbraucht werden können und oftmals gegen religiöse Minderheiten angewandt wurden. Wir sind uns auch bewusst, dass falsche Beschuldigungen als Mittel bei privaten Streitigkeiten oder zur Erlangung persönlicher Vorteile benutzt worden sind.

Frühere Schritte, die die pakistanische Regierung unternommen hat, um kontroversere Aspekte der Gesetze abzuändern, haben uns ermutigt. Idealerweise sollten die Blasphemiegesetze natürlich vollständig aufgehoben werden. Es ist bedauerlich, dass es im Falle des Mordes an Herrn Taseer eine breite öffentliche Unterstützung für den Mörder gab. Wir sehen es mit Sorge, dass nicht nur gegen Herrn Taseer Fatwas ausgesprochen worden sind, sondern auch gegen andere öffentliche Personen, die sich für eine Reform der Blasphemiegesetze ausgesprochen haben. Es sollte nicht zugelassen werden, dass Anstiftungen zu Hass und Gewalt ungestraft bleiben.

Die pakistanische Regierung hat die Verantwortung, ihre Bürgerinnen und Bürger zu schützen, und wir zählen darauf, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tut, um deren Sicherheit zu garantieren. Es gibt Befürchtungen, dass der Mord an Salmaan Taseer eine Zunahme des Extremismus und der Intoleranz in Pakistan widerspiegelt. Wir müssen uns der Situation stellen und uns angesichts der Tatsache, dass die Regierung und die demokratischen Institutionen der Bundesstaaten im Allgemeinen weiterhin vor gewaltigen Herausforderungen stehen werden, gut überlegen, wie wir reagieren sollen. Lassen Sie es mich deutlich sagen: Es gibt keine Alternative, außer die demokratischen und fortschrittlichen Kräfte in der pakistanischen Zivilgesellschaft weiterhin zu stärken.

Die pakistanische Verfassung schützt ausdrücklich die Rechte von Minderheiten, und dementsprechend muss die Regierung die Extremisten nicht nur in den Grenzregionen bekämpfen, sondern auch auf den Straßen der pakistanischen Städte. Wir müssen in unserer Entwicklungszusammenarbeit den Schwerpunkt weiterhin auf die Bildung setzen, und es muss mehr getan werden, um die Toleranz im Bildungswesen zu fördern, insbesondere in Bezug auf Minderheiten. Wir sind uns der prekären Situation von Menschen, die religiösen Minderheiten in Pakistan angehören, sehr wohl bewusst; dazu gehören nicht nur Christen, sondern auch Hindus, Schiiten, Ahmadis und andere. Die Europäische Union sollte sich für ihre gemeinsame Sache einsetzen, und nicht die einer bestimmten Gruppe oder Religion, da dies in die Hände derjenigen spielen würde, die die Spaltung zwischen Christen und Muslimen vertiefen wollen.

Wir werden uns weiterhin auf die Notwendigkeit konzentrieren, die Religionsfreiheit jedes Einzelnen in Pakistan und anderswo zu schützen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Abstimmung wird in Kürze stattfinden.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi (ALDE), schriftlich. – Ich möchte meine tiefe Empörung über den Mord an dem Gouverneur der Provinz Punjab in Pakistan, Salmaan Taseer, am 4. Januar 2011 zum Ausdruck bringen, weil er sich gegen das pakistanische Blasphemiegesetz ausgesprochen hat. Gemäß den Werten unserer westlichen Gesellschaften gilt Mord als die schlimmste Straftat eines Einzelnen. Folglich ist es nur schwer zu verstehen, wie jemand einen Mord als eine Form von Vergeltung begehen kann. Die Gewissensfreiheit und die Religionsfreiheit sind genauso wichtig wie die Redefreiheit, die zu Konflikten zwischen diesen Freiheiten führen kann. Allerdings ist jede Definition einer Regierung darüber, was unter Blasphemie zu verstehen ist, eine inakzeptable Einschränkung der Redefreiheit. Eine moderne Gesellschaft sollte alle persönlichen Ansichten, die auf unbedenkliche Weise zum Ausdruck gebracht werden, als rechtmäßig erachten. Wenn Pakistan darüber hinaus zu einer toleranten Gesellschaft werden soll, müssen diese barbarischen Akte, die durch religiösen Fundamentalismus motiviert sind, verurteilt werden. Dieser Vorfall ist ein weiterer Anlass, an die nicht vorhandene Redefreiheit in einigen Regionen der Welt zu erinnern. In Anbetracht der Geschichte seines Landes war es von Salmaan Taseer sehr mutig, sich gegen das Blasphemiegesetz und für die Redefreiheit auszusprechen. Es ist bedauerlich, dass ihn dies letztlich das Leben gekostet hat.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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