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Verfahren : 2011/2538(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0114/2011

Aussprachen :

PV 16/02/2011 - 11
CRE 16/02/2011 - 11

Abstimmungen :

PV 17/02/2011 - 6.11
CRE 17/02/2011 - 6.11

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0071

Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 16. Februar 2011 - Straßburg Ausgabe im ABl.

11. Anstieg der Lebensmittelpreise (Aussprache)
Video der Beiträge
PV
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  Die Präsidentin. − Der nächste Punkt auf der Tagesordnung sind die Erklärungen des Rates und der Kommission zum Anstieg der Lebensmittelpreise.

 
  
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  János Martonyi, amtierender Präsident des Rates. Frau Präsidentin! Vielen Dank, dass Sie den ungarischen Ratsvorsitz eingeladen haben, an dieser Debatte über den Anstieg der Lebensmittelpreise teilzunehmen.

Dieses Thema steht nun bereits zum zweiten Mal in drei Jahren auf unserer Agenda. Zum wiederholten Male sorgen ansteigende Lebensmittelpreise in verschiedenen Ländern für soziale Unruhen und politische Instabilität. Die Familien in den ärmsten Regionen der Welt befinden sich in einer schwierigen Lage. Darüber hinaus sind die Aussichten laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) nicht gut: Die Preise werden infolge der ungünstigen Klimaverhältnisse in diesem Jahr noch weiter ansteigen. Es handelt sich hier um eine dringende Angelegenheit, die am 22. Januar 2011 in Berlin von den Agrarministern mit dem Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO) Lamy und noch einmal am 24. Januar dieses Jahres im Agrarrat diskutiert wurde.

Die Gründe für diesen jüngsten Preisanstieg sind komplex und setzen sich aus verschiedenen strukturellen und vorübergehenden Faktoren zusammen. Was die Nachfrage angeht, haben wir mehr Menschen zu ernähren als je zuvor. Hinsichtlich des Angebots haben Trockenperioden und Überflutungen ihren Teil zur Zerstörung der Ernten beigetragen, die Faktorkosten sind angestiegen, und all dies wurde noch durch Finanzspekulation auf den Rohstoffmärkten verschlimmert.

Was kann die Europäische Union also tun, um dieses Problem in Angriff zu nehmen? Wir müssen unsere internen Strategien in Ordnung bringen, wir müssen die globale Ordnungspolitik in diesem Bereich verbessern, und wir müssen den Bedürftigsten wirkliche Unterstützung zukommen lassen. Es ist jetzt wirklich keine Zeit für Selbstgefälligkeit, aber wir haben infolge der letzten Krise der Lebensmittelpreise in jedem dieser drei Aspekte einige bedeutende Fortschritte gemacht. Der Rat befindet sich in einer intensiven Debatte mit dem Parlament über die zukünftige Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Dies ist von außerordentlicher Bedeutung für die weltweite Ernährungssicherheit. In den jüngsten Ratsdebatten stand die Ernährungssicherheit im Mittelpunkt der Diskussion, wobei es um die Frage ging, wie man am besten gewährleisten kann, dass die landwirtschaftliche Produktion der EU in Zukunft sowohl wirtschaftlich existenzfähig als auch ökologisch nachhaltig sein wird.

Lassen Sie mich Ihnen zudem sagen, dass wir die Entschließung des Parlaments über die Anerkennung der Landwirtschaft als Sektor von strategischer Bedeutung für die Ernährungssicherheit auf der Grundlage des Berichts Ihrer Kollegin Frau Daciana Sârbu mit großem Interesse gelesen haben. Im Rat findet eine fortdauernde Diskussion über die Mitteilung der Kommission vom 18. November 2010 über die Zukunft der GAP statt, und der ungarische Ratsvorsitz plant, die Schlussfolgerungen des Rates bei der nächsten Tagung des Rates am 17. März anzunehmen.

Wir hoffen, dass die Diskussion über die für das zweite Semester 2011 geplanten Gesetzesvorschläge zu konkreten Fortschritten führen wird. Wir haben bedeutende Fortschritte in Richtung einer besser koordinierten und langfristigen internationalen Strategie für die weltweite Ernährungssicherheit gemacht. Wir sind zwar noch weit davon entfernt, das Millennium-Entwicklungsziel zu erreichen, die Anzahl der hungerleidenden Menschen bis 2015 auf der ganzen Welt zu halbieren. Hunger und Ernährungsunsicherheit sind weiterhin bittere Realität für eine Milliarde Menschen, doch bestand eine der jüngsten Errungenschaften der UN, die mit viel Arbeit der EU verbunden war, in der Schaffung einer weltweiten Partnerschaft für Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Ernährung. Diese wird nun durch den wiederbelebten Ausschuss für Welternährungssicherheit der FAO umgesetzt.-

Die EU ist auch bei der Erneuerung und Modernisierung des Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommens mit gutem Beispiel vorangegangen, um besser zur weltweiten Ernährungssicherheit beizutragen und die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft zur Bereitstellung von Nahrungsmittelhilfe für die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Dies ist der richtige Weg zur Förderung einer globalen Ordnungspolitik in diesem Bereich.

Was die Ernährungssicherheit anbelangt, möchte ich Sie an die Ende März 2010 angenommene Mitteilung der Kommission über humanitäre Hilfe im Ernährungsbereich erinnern und an die darauffolgenden Schlussfolgerungen des Rates von Mitte Mai 2010, durch die ein neues strategisches Rahmenwerk für humanitäre Maßnahmen der EU entworfen wurde, um die Bemühungen zur Bekämpfung der unsicheren Nahrungsmittelversorgung bei humanitären Krisen zu verstärken. Gleichzeitig wurde in der ebenfalls im letzten Jahr angenommenen Mitteilung der Kommission zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Verbesserung der Ernährungssicherheit ein neuer gemeinsamer Politikrahmen für Ernährungssicherheit gefordert, der die Führungsposition der EU hinsichtlich der globalen Ernährungssicherheitsagenda verstärkt und die Wirksamkeit der EU-Hilfen verbessert. Zu diesem Zweck entwickelt die Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten einen Durchführungsplan zur Umsetzung dieses Politikrahmens in konkrete Maßnahmen vor Ort.

Ich möchte auch die Nahrungsmittelfazilität der EU in Höhe von 1 Mrd. EUR erwähnen, die von Parlament und Rat vereinbart wurde. Dieses Instrument, das den Landwirten der Entwicklungsländer dabei hilft, die Kapazität ihrer landwirtschaftlichen Produktion zu erhöhen, wird nun bereits seit drei Jahren angewendet. Dies ist ein greifbares Zeichen unserer Entschlossenheit, den Bedürftigsten wirkliche Unterstützung zu bieten.

Es stehen einige Entscheidungen über die zukünftige Zielrichtung der EU-Entwicklungspolitik auf der Grundlage des Grünbuches über die EU-Entwicklungspolitik zur Förderung eines breitenwirksamen Wachstums und einer nachhaltigen Entwicklung bevor. Durch das Grünbuchverfahren übernimmt die Kommission die Initiative, in der Entwicklungshilfe der Erzeugung von Wirtschaftswachstum, der Landwirtschaft und der Ernährungssicherheit Priorität einzuräumen, um mithilfe von armutsorientierten Maßnahmen eine breitenwirksame und nachhaltige Entwicklung der Entwicklungsländer zu erzielen. Angesichts der steigenden Lebensmittelpreise und des schnellen Bevölkerungszuwachses ist die Förderung der eigenen Kapazitäten zur Lebensmittelproduktion von Entwicklungsländern von außerordentlicher Wichtigkeit.

Außerdem begrüßen wir den neuen Schwung, den der G20-Gipfel in Seoul der Doha-Entwicklungsagenda der WTO verliehen hat. Die EU würde einer Vereinbarung, die durch die Abschaffung von Ausfuhrsubventionen und ein Verbot von Ausfuhrbeschränkungen bedeutend zur Stabilisierung beitragen würde, volle Rückendeckung geben. Zumal die Ausfuhrbeschränkungen sowieso nur zu einer Verschlimmerung der Preisschwankungen beitragen, und der erwünschten Wirkung genau gegensätzliche Folgen hat.

Lassen Sie mich nun zum Thema der Finanzspekulation zurückkommen. Es ist unklar, in welchem Ausmaß diese zu Preisschwankungen beiträgt, dennoch gibt es gute Gründe, die Transparenz auf den Rohstoffmärkten zu erhöhen. Die französische Präsidentschaft der G20 hat dies als Priorität für das kommende Jahr festgelegt. Der ungarische Ratsvorsitz der EU ist bereit, Schulter an Schulter mit der französischen Präsidentschaft der G20 zusammenzuarbeiten, um konkrete Ergebnisse zu erzielen. Er ist auch absolut entschlossen dazu, mit Ihnen zusammen auf eine Einigung über den Kommissionsvorschlag zum außerbörslichen Derivatemarkt in erster Lesung hinzuarbeiten.

Die armen und hungerleidenden Menschen dieser Welt verdienen eine angemessene und dauerhafte Antwort auf ihre Besorgnis über den Anstieg der Lebensmittelpreise. Die Europäische Union hat seit der ersten Krise vor drei Jahren in vorderster Reihe bei den Bemühungen zur Lösung dieses Problems mitgearbeitet, doch muss noch mehr getan werden. Der Rat verpflichtet sich weiterhin voll und ganz zu einer kollektiven und kohärenten Antwort sowohl auf EU- als auch auf internationaler Ebene. Ich bin mir sicher, dass wir bei all unseren Bemühungen auf Ihre Unterstützung zählen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Dacian Cioloş, Mitglied der Kommission. (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, eine Erklärung zum Anstieg der Lebensmittelpreise seitens der Kommission abzugeben. Dieses Thema wurde auf meinen Antrag hin am 24. Januar im Agrarrat diskutiert. Daher begrüße ich auch die Gelegenheit, mit dem Europäischen Parlament einen Dialog über eine Angelegenheit von solch entscheidender Bedeutung zu führen.

Ich möchte diesbezüglich zwei Themen ansprechen, die meiner Ansicht nach miteinander in Verbindung stehen: erstens die Lage auf den Weltagrarmärkten, auf denen die Preise seit Wochen ansteigen, und zweitens der G20-Prozess zu Fragen der Ernährungssicherheit und der Agrarpreisschwankungen.

Beginnen wir mit der Lage auf den Weltagrarmärkten. Verschiedene Berichte von unterschiedlichen internationalen Einrichtungen, einschließlich der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), über den Anstieg der Agrar- und Lebensmittelpreise haben die Welt erneut in Alarmbereitschaft versetzt. Stehen wir kurz davor, einen ähnlichen Preisanstieg wie in den Jahren 2007/2008 zu erleben? Obwohl die Preise, insbesondere die Getreidepreise, seit dem letzten Sommer stark, und in der letzten Zeit sogar noch stärker, angestiegen sind, scheint das Preisniveau von 2008 noch nicht erreicht worden zu sein.

Die Lage des Weichweizens ist auf der ganzen Welt angespannt, jedoch ist dies kein Problem der Marktversorgung. Die derzeitigen Ernten auf der südlichen Halbkugel sind größer als erwartet. Dennoch denken wir, um es dem Markt der Europäischen Union am Ende der Landwirtschaftsjahre leichter zu machen, darüber nach, die Zölle auf Importe unterhalb der Zollkontingente für Weichweizen von niedriger und durchschnittlicher Qualität und für Futtergerste auszusetzen, da wir glauben, dass dies eine der Maßnahmen ist, die dazu beitragen könnte, den Markt auf europäischer Ebene etwas zu entspannen. Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass für das Ende des Landwirtschaftsjahres 2010-2011 höhere weltweite Weichweizenvorräte vorausgesagt werden als 2007.

Was den Zucker anbetrifft, haben die Preise mit fast 625 EUR pro Tonne für Weißzucker Mitte Januar erneut Rekordhöhe erreicht. Diese Preiserhöhung folgte auf einen zweijährigen globalen Mangel aufgrund geringer Produktion. Die Produktion des laufenden Landwirtschaftsjahres wurde in einigen Ländern, einschließlich Australien, kürzlich nach unten korrigiert. Dennoch sollte die Weltzuckerbilanz den jüngsten Voraussagen zufolge für den Zeitraum 2010-2011 wieder ins Gleichgewicht kommen.

Wir müssen jedoch aus all dem eine Lehre ziehen. Die Märkte mögen angespannt sein, doch, in Anbetracht dessen, was uns die physikalischen Grundlagen sagen, hat beim Preisniveau sicherlich eine Überreaktion stattgefunden. Die Ernährungssicherheit und das zugrunde liegende Thema der Agrarpreisschwankungen sind ganz klar globale Angelegenheiten, die auf globaler Ebene behandelt werden müssen, und ich freue mich, dass diesem Thema unter anderen von der G20 in Seoul Priorität eingeräumt wurde. Dies ist eine enorme Herausforderung für die Kommission als Ganzes.

Als Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung habe ich bereits mehrmals mein Engagement in diesem Bereich zum Ausdruck gebracht: Ende Januar in Berlin, zum Beispiel, bei meinen Kollegen der verschiedenen G20-Länder, aber auch kürzlich bei Generalsekretär Ban Ki-Moon während eines Besuchs bei den Vereinten Nationen in New York.

Wir sollten nicht vergessen, dass das Thema der Ernährungssicherheit in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Die GAP bis 2020“ deutlich als eine der Herausforderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) herausgestellt wurde. Dies ist ein wichtiges Thema sowohl für die Europäische Union als auch für die ärmsten Länder der Welt, weshalb ich hier eng mit Kommissar Piebalgs zusammenarbeite, um auch die EU-Entwicklungspolitik besser an diesen Aspekt der Ernährungssicherheit anzupassen.

Heute möchte ich Ihnen meine Gedanken zu diesen Fragen, insbesondere zu den vier Bereichen Transparenz, Vorräte, Optionen für das Volatilitätsmanagement und der Rolle des Handels mitteilen. Wir haben gehört, dass die Preisschwankungen durch einen Mangel an Transparenz sowohl der physischen als auch der Derivatemärkte noch verschlimmert werden. Was die Agrarmärkte betrifft, gibt es Datenquellen über Produktion, Verbrauch, Handel und Vorräte. Internationale Organisationen, nationale Dienste und spezialisierte Organisationen wie der Internationale Getreiderat erfassen ausführliche Daten zu diesem Bereich.

Trotz dessen können gewisse Daten noch verbessert werden, insbesondere die Daten über die Vorräte, bei denen ein Mangel an Informationen besteht, besonders was die weltweite Verteilung der Vorräte angeht. Die Staats- und Regierungschefs der G20 haben bei ihrem Treffen in Seoul ebenfalls die zuständigen internationalen Organisationen aufgefordert, die Informationen über die Vorräte und die Produktionsvoraussagen zu verbessern. Die Verbesserung der Relevanz dieser Daten ist eine Vorbedingung für die Verbesserung der Transparenz der Märkte. Wir müssen auch die Frage eines Diskussionsforums auf globaler Ebene für die Hauptmarktmacher, und zwar sowohl die Exporteure als auch die Importeure, untersuchen, damit Krisen nicht erst bemerkt werden, wenn sie bereits in vollem Gange sind. Aus diesem Grund stehen diese drei Aspekte in direktem Zusammenhang: Zuerst brauchen wir die Informationen, dann müssen wir in der Lage sein, diese Daten zu verarbeiten, und schließlich über ein Forum auf internationaler Ebene verfügen, in dem die erfasste Lage diskutiert werden kann.

Die Kommission hat mehrere Mitteilungen über die Preise von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Nahrungsmitteln veröffentlicht. In der jüngsten Mitteilung hat die Kommission Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz entlang der gesamten Nahrungsmittelkette eingeführt, und ich arbeite mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Antonio Tajani zusammen, um diese Schlüsselfrage vorwärts zu bringen.

Es wurden auch Vorschläge zur Verbesserung der Transparenz und Überwachung von aus landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen gewonnenen Produkten angekündigt. Da die Preisschwankungen zunehmen, ist es wichtig, dass die Terminmärkte weiterhin ihre Aufgabe der Risikoabdeckung und Preisfindung erfüllen. Daher brauchen wir einen ausgeglichenen und strikten Ansatz, und ich begrüße Kommissar Barniers Arbeit in diesem Bereich und stehe völlig hinter seiner Arbeit, einschließlich des speziellen Aspekts der Agrarrohstoffe.

Am 2. Februar veröffentlichte die Kommission eine neue, globalere Mitteilung über den Rohstoffmarkt und die von diesem abgeleiteten Finanzmärkte. Diese stellt einen Beitrag zu den Diskussionen der G20 sowohl über die Rohstoffpreisschwankungen als auch die Überwachung der Derivatemärkte dar. Wir möchten im Interesse der Erzeuger wie auch der Verbraucher zusammen mit unseren G20-Partnern und noch umfassender zu einer wirksameren Regulierung der Derivatemärkte beitragen.

Daher denke ich, dass wir in den nächsten Monaten – ich schätze bis zum Sommer – vorwiegend an den folgenden Punkten arbeiten müssen: erstens an der Verfügbarkeit und Transparenz der Informationen in Bezug auf die privaten und öffentlichen Vorräte sowie bezüglich Produktion und Verbrauch, zweitens an der Sammlung, Verarbeitung und Verbreitung dieser Informationen, am Sicherheitsmechanismus für Länder, die sich hinsichtlich der Nahrungsmittel in einer angespannten Lage befinden, an der Aufgabe und Organisation der Nahrungsmittelhilfe auf internationaler Ebene und in der Europäischen Union, an der Verbesserung der internationalen politischen Maßnahmen, zum Beispiel durch Mechanismen für einen institutionellen Dialog zwischen den Schlüsselländern sowie am Niveau der Investitionen in nachhaltige landwirtschaftliche Produktion und Forschung nicht nur in der Europäischen Union, sondern auch in den ärmsten Ländern. Die große Bedeutung der Landwirtschaft innerhalb der Entwicklungspolitik ist eine weitere zu Frage, die behandelt werden muss, insbesondere da die Kommission plant, die Entwicklungspolitik anzupassen und zu reformieren. Ich denke, dass die Europäische Union in diesem Zusammenhang viel mehr Präsenz zeigen sollte, und zwar nicht nur in Form der Nahrungsmittelhilfe, sondern vor allem durch die Unterstützung der Länder des Südens, um diesen zu ermöglichen, ihre eigenen lokalen Produktionskapazitäten nachhaltig weiterzuentwickeln.

Wir müssen in der Europäischen Union ernsthafter daran arbeiten, Marktmechanismen zu finden, durch die wir verhindern könnten, dass in bestimmten Sektoren ein zeitweiliger Druck auf das Einkommensniveau der Erzeuger und die Faktorkosten in einer Katastrophe endet – und ich werde mich auf alle Fälle dafür einsetzen. Ich denke hier insbesondere an die Viehzucht.

Schließlich möchte ich noch zur Aufgabe des Handels kommen. Wir glauben, dass der Handel zur weltweiten Ernährungssicherheit beitragen kann, da er es möglich macht, verfügbare Nahrungsmittel auf der ganzen Welt zu verteilen. Die Ausfuhrbeschränkungen haben den schwindelerregenden Anstieg der Preise zum Nachteil von bereits schwachen Ländern lediglich noch verstärkt. Dennoch sollte die Handelspolitik im Bereich der Nahrungsmittel mit anderen Politikbereichen in Zusammenhang mit Nahrungsmitteln auf internationaler Ebene verknüpft werden, wenn wir einen stimmigen Ansatz für dieses Problem haben wollen.

Zusammenfassend kann ich Ihnen versichern, dass ich die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise genau überwache und dass ich in Zukunft nach Rücksprache mit Ihnen hier im Parlament und mit dem Rat an diesem Thema arbeiten möchte, um zuallererst durch die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, aber auch durch andere speziellere Instrumente konkrete Vorschläge vorbringen zu können.

 
  
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  Mairead McGuinness, im Namen der PPE-Fraktion. Frau Präsidentin! Ich möchte sowohl dem Rat als auch der Kommission für die sehr klaren Stellungnahmen über ihre Absichten hinsichtlich dieser äußerst wichtigen Angelegenheit des Anstiegs der Nahrungsmittelpreise danken. Diejenigen unter uns, die dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung angehören und heute anwesend sind, sind es eher gewohnt, landwirtschaftliche Themen mitten in der Nacht zu diskutieren. Ich bin sehr erfreut darüber, dass, wenn es bei der Landwirtschaft plötzlich um Nahrungsmittel geht, wir dieses sehr wichtige Thema am Tage diskutieren, wenn die Leute noch zuhören. Ich denke, wir sollten dies in Erinnerung behalten.

(Beifall)

Lassen Sie mich Ihnen ganz deutlich sagen, dass die Trennung zwischen Landwirtschaft und Nahrungsmitteln Teil des Problems ist, das wir heute hier diskutieren. Die Gegebenheiten der Landwirtschaft und die niedrigen Agrareinkommen sowohl in Europa als auch den Entwicklungsländern stehen im Mittelpunkt dieser Debatte, und damit wir das nicht auch vergessen: Eines der wesentlichen Probleme – und die Kommission hat dies in ihrem Positionspapier erkannt – besteht darin, dass die steigenden Rohstoffpreise und die steigenden Nahrungsmittelpreise sich nicht auch in höheren Agrareinkommen niederschlagen. Das eigentliche Problem besteht darin, dass die Kosten für die Produktion von Nahrungsmitteln schneller ansteigen, und dies ist eine Tretmühle, in der die Landwirte nicht weitermachen können.

Die Herausforderung für uns als politische Entscheidungsträger ist die Frage, wie die Nahrungsmittelproduktion auf nachhaltige Weise ausgeweitet werden kann, wie aus weniger mehr gemacht werden kann, wie unsere Vorräte zu verwalten sind und wie mit dem Aspekt der Vorratsverlagerung, den Kommissar Cioloş erwähnt hat, umzugehen ist. Die globalen Vorräte spielen nicht länger die Hauptrolle, wir müssen wissen, wo sich die Vorräte befinden, und uns klar darüber werden, dass sie nicht aus China oder Indien zu uns kommen werden.

Was wir tun müssen – und ich denke, dass dies nach meinem Bericht in der letzten Wahlperiode begonnen wurde –, ist Landwirtschaft und Nahrungsmittel in den Mittelpunkt zu rücken.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Wir müssen vorsichtig sein, wie wir unsere Landwirtschaftspolitik reformieren. Wir müssen die Nahrungsmittelproduktion in der Europäischen Union als Teil unseres Beitrags zur globalen Ernährungssicherheit erhalten und ausweiten. Und ja, lassen Sie mich Ihrem Punkt über die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern beipflichten: Dies wurde viel zu lange vernachlässigt. Es ist nun wirklich höchste Zeit, dass unsere Politik die Landwirtschaft unterstützt.

 
  
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  Stéphane Le Foll, im Namen der S&D-Fraktion. (FR) Frau Präsidentin, Herr Ratsvorsitzender, Herr Kommissar! Ich stimme den soeben geäußerten Bemerkungen von Frau McGuinness, dass es einen wesentlichen Zusammenhang zwischen Nahrungsmittel- und Landwirtschaftsfragen gibt, vollkommen zu.

Das Thema, das wir hier behandeln, ist der Anstieg der Nahrungsmittelpreise und die Folgen, die dieser für zahlreiche Menschen rund um den Globus sowie in Europa haben könnte.

Zunächst möchte ich folgende Anmerkung machen. Der Trend hin zu noch höheren Agrar- und Rohstoffpreisen ist meiner Ansicht nach ein langfristiger Trend, der hauptsächlich aus drei Gründen anhalten wird: erstens aufgrund der weltweiten demografischen Entwicklung und der wachsenden Weltbevölkerung, zweitens weil wir durch die Erderwärmung problematischen Wetterphänomenen wie Dürren und Überschwemmungen ausgesetzt sind und drittens, weil auch die Welt sich weiterentwickelt. Mit den neuen emporstrebenden Volkswirtschaften steigt auch der Verbrauch. Deshalb ist die angespannte Lage auf den Agrarmärkten und der landwirtschaftlichen Grunderzeugnisse ein Trend, der noch weiter anhalten wird. Dieser wird noch verstärkt durch die Preisschwankungen, welche wiederum eine Folge der Finanzialisierung der Weltwirtschaft sind.

Diese Punkte sollten wir in Angriff nehmen, wenn wir das Landwirtschafts- und das Nahrungsmittelproblem lösen wollen. Um dies zu erreichen – das, was der Kommissar gesagt hat, ist wichtig –, gibt es zwei Elemente: Ja, die Transparenz der Vorräte ist notwendig, wir brauchen jedoch auch eine öffentliche Vorratspolitik in Europa und eine Vorratsverwaltung auf globaler Ebene, insbesondere auf der Ebene der Vereinten Nationen.

Zweitens ist die Regulierung der Finanzmärkte und der Marktspekulation unentbehrlich, besonders indem gewährleistet wird, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen dem Spekulationsvolumen und den auf den Märkten ausgetauschten reellen Mengen mehr geben wird. Es ist unakzeptabel, dass Spekulanten im Falle von Nahrungsmitteln ohne Rücksicht auf die Folgen, die dies für die Nahrungsmittel der ganzen Welt und die Menschheit haben könnte, spekulieren.

Hiermit komme ich zu zwei wichtigen Schlussfolgerungen: Erstens brauchen wir eine starke europäische Politik und wir müssen die Verpflichtung Europas bekräftigen, im Nahrungsmittel- und Landwirtschaftssektor als Global Player aufzutreten. Zweitens müssen wir unsere Entwicklungspolitik ändern, um sicherzustellen, dass wir auf globaler Ebene – denn Europa ist ein Global Player – einmal mehr in die Landwirtschaft investieren. Denn wir brauchen die Landwirtschaft, um die Welt zu ernähren.

(Beifall)

 
  
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  George Lyon, im Namen der ALDE-Fraktion. Frau Präsidentin! Es ist sehr zu begrüßen, dass wir tatsächlich Landwirtschafts- und Nahrungsmittelfragen inmitten einer Sitzung an einem Mittwochnachmittag diskutieren und nicht mitten in der Nacht. Ich begrüße dies außerordentlich. Einer der Gründe hierfür besteht darin, dass die massiven Nahrungsmittel-Preisschwankungen, die wir derzeit erleben, schließlich doch noch als Weckruf für die Politiker in ganz Europa gedient haben.

Während der letzten 30 Jahre sind wir alle selbstgerecht geworden, da die Nahrungsmittelpreise Jahr auf Jahr auf Jahr real abgenommen haben. Noch nie waren Nahrungsmittel so billig wie in den letzten paar Jahren. Wir sind an dem Punkt angekommen, dass wir davon ausgehen, 24 Stunden am Tag überladene und vor Nahrungsmitteln berstende Supermarktregale zu haben. Zu viele Nahrungsmittel schienen das Problem zu sein. Diese Ansicht und weniger das Problem zu weniger Nahrungsmittel herrschte bis 2007 in dieser Debatte vor.

Die jüngsten Preisspitzen stellen einen Wendepunkt dar, ein Anzeichen dafür, dass die Zeit des Überflusses zu Ende gehen könnte. Unser gegenwärtiges Modell landwirtschaftlicher Produktion stützt sich auf billige Energie, eine Fülle an Land und reichliche Wasservorräte. Dieses Modell kann den Herausforderungen, denen wir in Zukunft gegenüberstehen, nicht standhalten: einer Weltbevölkerung von bald 9 Milliarden Menschen, der steigenden Nachfrage der Entwicklungsländer und den Auswirkungen des Klimawandels. Wie Professor John Beddington, der wissenschaftliche Berater der britischen Regierung, kürzlich vorausgesagt hat, werden wir, wenn nichts unternommen wird, knappe Energiequellen, Wassermangel und Nahrungsmittelknappheit auf einmal erleben.

Wir müssen jetzt handeln und ein neues Landwirtschaftsmodell entwickeln. Europa muss die Führung übernehmen und die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik gibt uns die Gelegenheit, ein System nachhaltiger Nahrungsmittelproduktion auszuarbeiten, das diesen riesigen Nahrungsmittelbedarf abdecken wird, der zukünftig auf der ganzen Welt aufkommen wird.

 
  
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  José Bové, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Wie bereits 2008 sind die Agrarrohstoffpreise auf den Weltmärkten in die Höhe geschnellt. Wir befinden uns nur 3 % unter dem Niveau von 2008. Der Produktionsrückgang gewisser traditioneller Ausfuhrbereiche aufgrund des Klimawandels, die Abzweigung von Getreide für die Biokraftstoffherstellung und die den Anstieg der Preise noch verstärkende Finanzspekulation sind verantwortlich für diese Lage, wie die Berichte des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der französischen Regierung dartun und auch von der Kommission aufgezeigt wurde.

Die Folgen dieser neuen Nahrungsmittelkrise treffen die 1,2 Mrd. Menschen auf der Welt, die von weniger als 1,5 USD am Tag leben, hart. Seit Oktober sind weitere 44 Millionen Menschen zu denen hinzugekommen, die unterhalb der Armutsgrenze leben.

Worauf wartet Europa nur zwei Tage vor dem G20-Treffen, um ähnliche Maßnahmen wie die zu treffen, für die in den USA gestimmt wurde? Seit dem 13. Januar 2011 verlangt die US-Regierung eine Beschränkung und Transparenz der von den Finanzmitteln auf den Agrarrohstoffmärkten eingenommenen Positionen. Dies ist ein erster Schritt, um der Gier der Spekulanten zu begegnen.

Die Auswirkungen sind auch für die europäischen Landwirte dramatisch. Sie sind nicht länger in der Lage, ihre Tiere zu füttern. Hunderte Betriebe sind bankrottgegangen. Vor fünf Jahren betrug der Weizenpreis noch 100 EUR pro Tonne, heute wird er für nahezu 300 EUR gehandelt. Die Lage hat sich vollkommen verändert.

Die Kommission verlangt, dass sich die Landwirte an die Marktsignale anpassen. Sie täte heute gut daran, sich an ihre eigenen Ratschläge zu halten. Im Angesicht dieser Krise kann die Europäische Union nicht bis 2014 warten, um nach Lösungen zu suchen. Wir müssen uns der Krise entgegenstellen, und ich schlage drei konkrete Maßnahmen vor:

erstens das unverzügliche Anlegen von Getreidevorräten in den betroffenen Ländern, die Landwirten zu subventionierten Preisen verfügbar zu machen sind; zweitens die Indexierung der Fleischpreise, die Landwirte erhalten, entsprechend den Futterpreisen; drittens, für 2011, einen Mechanismus zur Übertragung eines Teils der zur Unterstützung von Getreide vorgesehenen Beihilfen auf die Viehhaltung.

 
  
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  James Nicholson, im Namen der ECR-Fraktion. Frau Präsidentin! Der Anstieg der Nahrungsmittelpreise kann Regierungen in die Knie zwingen. Wir haben das in den letzten Tagen gesehen.

Ich möchte etwas in der Zeit zurückgehen. Ich bin seit 1989 Mitglied dieses Parlaments. Als ich 1989 in die Europäische Union kam, hatten wir kein Nahrungsmittelproblem. Wir hatten Rindfleischberge, wir hatten Butterberge, wir hatten Milchseen und wir hatten Getreideberge. Nun sind diese alle dahingeschmolzen, und wir erzeugen nicht schnell genug ausreichend Nahrungsmittel, um uns selbst zu ernähren.

Aber wo sind denn die ganzen Nahrungsmittel hin, und warum haben wir ein derart geringes Angebot? Wenn eine irgendwo auf der Welt auftretende Dürre tatsächlich völlige Verwirrung bei allen anderen Akteuren auf dem gesamten Markt hervorrufen kann, ist das keine Situation, die wir weiterhin zulassen dürfen.

Wir befinden uns in der Europäischen Union in einer Lage, in der in allen Mitgliedstaaten die Landwirte die Branche zusehends verlassen. Tatsächlich ist es so, dass wir sie sogar noch dazu ermuntern, noch schneller zu gehen, und wir haben keine jungen Landwirte, die neu in diesen Sektor kommen.

Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist, um den Trend der weltweit ansteigenden Nahrungsmittelpreise aufzuhalten. Diese Maßnahmen müssen besser früher als später getroffen werden, um den Druck, der auf den gewöhnlichen Leuten lastet, zu lindern.

Die gewöhnlichen Leute können durch eine starke Gemeinsame Agrarpolitik geschützt werden, die Nahrungsmittel hoher Qualität zu vernünftigen Preisen und ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt sicherstellt. Eine starke Säule aus Direktzahlungen ist entscheidend für die Welt und zur Deckung des Nahrungsmittelbedarfs. Es können weitere Schritte unternommen werden, um dies in der Zukunft zu festigen, die in Bezug auf Investitionen und auch Forschung und Entwicklung äußerst notwendig sind. Hoffentlich werden wir einen Weg finden, dies zu tun.

Das Problem ist aus meiner Sicht, dass jeder hierher zu diesen Debatten kommt und all diese richtigen Aussagen macht, all die korrekten Plattitüden von sich gibt, aber keiner dazu bereit ist, die schwierigen, aber notwendigen Entscheidungen zur Unterstützung der Bedürftigsten zu treffen.

Ich muss Ihnen leider sagen, dass reden nicht länger ausreicht: Wir brauchen tatkräftige Maßnahmen bezüglich der globalen Vorräte und der Preisschwankungen auf dem Markt, und solange man nicht anfängt, das Problem in Angriff zu nehmen, wird es auch nicht gelöst werden.

 
  
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  Gabriele Zimmer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin! Als Entwicklungspolitikerin frage ich mich immer, warum es eigentlich so schwer fällt, Lehren aus den zurückliegenden Krisen und Katastrophen zu ziehen. Mir scheint, dass sich das Drama der Hungerrevolten von 2008 noch viel zu wenig in die Köpfe und Herzen der politisch und ökonomisch Mächtigen und auch derjenigen, die auf den Agrarrohstoffmärkten skrupellos spekulieren, eingebrannt hat. Die Zahl der weltweit hungernden Menschen ist wieder auf über eine Milliarde angestiegen, und vom sogenannten Preisauftrieb auf den Nahrungsmittelmärkten sind vor allem die Ärmsten in der Welt betroffen. Sie müssen täglich mehr als 80 % dessen, was sie an Geld haben, für ihre Ernährung ausgeben.

Nicht eingelöst wurden die weltweiten Versprechen von 2009, für Landwirtschaftshilfen in den Entwicklungsländern mehr als 20 Milliarden Dollar, darunter 6 Milliarden Dollar über die Weltbank, für den Kampf gegen Hunger zur Verfügung zu stellen. Bisher wurden lediglich 925 Millionen Dollar gezahlt. Bei den Spekulationen auf den Agrarrohstoffmärkten geht es längst nicht mehr um die Nahrungsmittel, sondern fast ausschließlich um Finanzmarktaktivitäten und -geschäfte, die direkte Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise haben. Ich freue mich deshalb, dass die Kommission jetzt anfängt, ihre Zurückhaltung gegenüber diesem Zusammenhang aufzugeben.

Dennoch sind die Spekulationen bei Preisentwicklungen weder transparenter geworden, noch werden sie kontrolliert oder eingeschränkt. Das ist aber entscheidend, um hier wirksam tätig zu werden und Veränderungen erreichen zu können. Ich fordere deshalb den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dem Kampf gegen Hunger höchste Priorität in der Gesamtheit der Politiken, der Agenden und Strategien einzuräumen und auch über neue Methoden und neue Formen nachzudenken, wie beispielsweise die food sovereignty, damit letztendlich diejenigen, die Land bewirtschaften, auch mehr Gestaltungskraft und Einfluss auf die Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung in ihren Regionen haben.

 
  
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  John Stuart Agnew, im Namen der EFD-Fraktion. Frau Präsidentin! Während die Nahrungsmittelpreise zweifellos steigen, sieht die Lage in den landwirtschaftlichen Betrieben ganz anders aus. Britische Landwirte, die Rind-, Schaf-, Schweinefleisch und Eier erzeugen, haben im letzten Jahr tatsächlich einen Wertverlust ihrer Erzeugnisse erlebt, der Wert von Geflügelfleisch hat sich nicht geändert, der von Milch ist nur etwas gestiegen, und der Wert der Zuckerrübe wird nächstes Jahr sinken.

Diese Betriebe stehen stark ansteigenden Kosten gegenüber und können den Status quo nicht länger als ein paar Monate aufrechterhalten. Dann werden sie es entweder schaffen, von den Einzelhändlern höhere Preise zu verlangen, oder sie werden die Produktion einstellen. Egal welchen Weg sie gehen, die Nahrungsmittelpreise im Einzelhandel können nur ansteigen.

Was tut die EU in dieser Angelegenheit? Nun, sie macht die Einfuhr nicht gentechnisch veränderter Sojabohnen unnötig teuer. Sie belastet die Landwirte mit einer zusätzlichen Erderwärmungsabgabe auf ihrer Stromrechnung, während dieselben Landwirte aufgrund des sehr kalten Wetters Tausende Tonnen von Zuckerrüben und Kartoffeln verloren haben. Die EU will die öffentlichen Beihilfen für Ökolandbau erhöhen, statt es diesem Sektor zu ermöglichen, sich am Verbraucher zu orientieren. Jegliche Umstellung der konventionellen Produktionssysteme auf ökologische Modelle wird zu einer Verringerung der Nahrungsmittelvorräte führen.

 
  
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  Diane Dodds (NI). - Frau Präsidentin! Die Hauptgründe der Nahrungsmittelinflation waren der weltweite Anstieg der Rohstoffpreise, in die Höhe schnellende Energiepreise und die Preisschwankungen auf dem Markt, und es gibt keinen Zweifel, dass der Verbraucher darunter leidet. Dennoch ist es der Landwirtschaftssektor, der sich seit einiger Zeit mit diesen Problemen sowie mit steigenden Futter- und Düngerpreisen befassen muss. Die Gewinnmargen haben sich verkleinert, und viele Landwirte, insbesondere diejenigen, die in der intensiven Landwirtschaft tätig sind, stehen vor dem finanziellen Ruin.

Ich möchte das Parlament heute bitten, zu bedenken, welche Konsequenzen es hätte, wenn wir die Landwirte im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht unterstützen würden. Was würden wir bei diesem Finanzklima für Nahrungsmittel bezahlen? Außerdem möchte ich das Parlament dringend ersuchen, bei den kommenden äußerst wichtigen Debatten eine sehr starke Unterstützung der Gemeinsamen Agrarpolitik in Betracht zu ziehen.

Es ist wichtig, eine Politik zu haben, die die Landwirte unterstützt und ein ausreichendes Nahrungsmittelangebot zu einem angemessenen Preis gewährleistet. Ich möchte auch sagen, dass Gerechtigkeit absolut unentbehrlich ist, und für Gerechtigkeit brauchen wir Transparenz in der Lebensmittelversorgungskette. Dies wird, besonders im Vereinigten Königreich, nur möglich sein, wenn wir eine Supermarkt-Schiedsstelle einrichten.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès (PPE). - (FR) Frau Präsidentin, Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte ein Thema ansprechen, das bereits bei vielen Gelegenheiten zur Sprache gebracht wurde und oft als einziger Grund angegeben wurde: Spekulation.

Ich glaube, dass hinsichtlich der Spekulation etwas Zurückhaltung gefragt ist. Es ist klar, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen gewissen Finanztätigkeiten und den zunehmenden Preisschwankungen sowie den steigenden Rohstoffpreisen besteht. Wenn wir jedoch diese ganze Angelegenheit allein auf die Finanzspekulation zurückführen, wäre das sicherlich ein Fehler, da ein Teil dessen, was wir Spekulation nennen, tatsächlich eine legitime Absicherung der Preise durch die Hersteller darstellt, und diese können, wie wir alle wissen, nicht auf diese Absicherungsmöglichkeit verzichten.

Dennoch muss eine Situation vermieden werden, in der direkte Investitionen in Rohstoffe wegen ihres Umfangs oder ihrer rein spekulativen Natur schädliche Auswirkungen bezüglich Preisschwankungen haben.

In diesem Sinne müssen die Vorschläge, die Kommissar Barnier bezüglich finanzieller Fragen gemacht hat, insbesondere die Regulierung von Leerverkäufen und Derivaten, und auch die bevorstehende Überarbeitung, die sich aus der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) ergeben wird, dem Parlament die Gelegenheit bieten, bei der Finanzregulierung und -überwachung die Aspekte der Rohstoffspekulation zu berücksichtigen, die eingeführt werden, um sicherzustellen, dass diese Märkte auch auf sowohl effektive wie pragmatische Weise reguliert werden.

Herr Kommissar, Sie haben gesagt, dass diese Bemühungen fortgesetzt werden sollten, und ich glaube, dass dieses Parlament, das während einer Finanzkrise den Vorschlägen der Kommission gefolgt und diesen manchmal sogar zuvorgekommen ist, seiner Verantwortung gerecht werden wird.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich die Erklärung des ungarischen Ratsvorsitzes begrüße, wonach Europa den französischen Vorsitz der G20, der die Regulierung der Rohstoffmärkte zu einer seiner Prioritäten gemacht hat, unterstützen werde.

 
  
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  Luis Manuel Capoulas Santos (S&D).(PT) Frau Präsidentin! Vorbeugen ist immer besser als heilen, wenn es um Katastrophen geht. Es besteht die reale Gefahr einer weltweiten Nahrungsmittelkrise. Und das ist nicht von mir: Das sagte die Regierung einer der Gründerstaaten der Europäischen Union. Die Anzeichen sind besorgniserregend. Die Preise für einige grundlegende Nahrungsmittel wie Getreide hören nicht auf zu steigen und haben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen zufolge im Januar sogar Rekordhöhen erreicht. Das Problem ist offensichtlich kein europäisches und, wie hier heute schon betont wurde, ist keineswegs bekannt, welchen Beitrag jeder der hypothetischen Gründe, die zur Erklärung des Phänomens herangezogen werden, leistet.

Wir wissen, dass die Kommission diese Angelegenheit nicht ignoriert und ihre Mitteilung vom 2. Februar ist ein Dokument, das es sich genau durchzulesen lohnt.

Dennoch verdient die spezielle Natur der landwirtschaftlichen Produktion im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) besondere Aufmerksamkeit, indem der Entwicklungshilfepolitik ordentliche Instrumente zur Risikoanalyse zur Verfügung gestellt werden und die Nahrungsmittelproduktion gegenüber anderen Arten der internationalen Hilfe prioritär unterstützt wird.

Ich möchte hier auch die Haltung Frankreichs beim G20-Treffen gutheißen, die die Regulierung der Finanzmärkte und die Bekämpfung der Preismanipulation beeinflusst sowie Vorschriften einführt, die eine plötzliche Unterbrechung der Handelsströme, wie sie sich zum Beispiel vor Kurzem in Russland abgespielt hat, verhindern könnte.

 
  
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  Alyn Smith (Verts/ALE). - Frau Präsidentin! Ihre Bevölkerung zu ernähren, muss die höchste Pflicht einer Regierung sein, und in der Tat ist die Ernährung unserer Bevölkerung das oberste Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik.

Die Ernährungssicherheit ist unser Polarstern, und hierbei handelt es sich um eine europäische Erfolgsgeschichte. Man sollte nicht vergessen, dass es im letzten Jahr auf allen außer unserem Kontinent Hungerrevolten gegeben hat, und wir sehen überall im Rest der Welt, so scheint es, praktisch jeden Tag weitere Regierungen fallen, während wir bisher zumindest in der Lage waren, unseren Bürgerinnen und Bürgern bis zu einem bestimmten Grad einen sicheren Hafen zu bieten.

Ernährungssicherheit ist also unsere Priorität. Wenn man einigen NRO und Lobbyisten und auch einigen Politikern, die an der Debatte über die Weiterführung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik teilhatten, zuhört, möchte man das nicht meinen.

Ernährungssicherheit muss unser Schwerpunkt und unsere Priorität sein, und ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen in einem Punkt widersprechen. Ich glaube nicht, dass der Freihandel die Lösung darstellt. Ich glaube nicht, dass wir weltweite Ernährungssicherheit erreichen können oder danach streben sollten. Ausfuhrverbote von Ländern, die versuchen, sich selbst zu ernähren, sind nicht von sich aus unverantwortlich, und, wenn Sie erlauben, möchte ich den Präsidenten der „National Farmers Union“, des Nationalen Bauernverbands von England und Wales, zitieren: „Wenn wir über Moralität sprechen, ist ein Land, das versucht, sich selbst zu ernähren, nichts gegen diejenigen reichen Länder, die ihre Landwirtschaft verfallen lassen und dann erwarten, dass der Rest der Welt sie ernährt. Wir tragen die Verantwortung, die Welt dadurch anzuführen, dass wir mehr produzieren und nicht weniger.“

 
  
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  Hynek Fajmon (ECR). (CS) Frau Präsidentin! Wenn wir eine ernsthafte Diskussion über den Anstieg der Nahrungsmittelpreise führen wollen, lässt es sich nicht vermeiden, darüber nachzudenken, wie die Europäische Union selbst zu dieser unerfreulichen Entwicklung beiträgt, so unangenehm dies auch für einige sein mag. Alle Rohstoffmarktanalytiker sind sich darüber einig, dass es zwei Hauptgründe für den Anstieg der Nahrungsmittel-Rohstoffpreise gibt.

Der erste besteht darin, dass in den USA und der Europäischen Union in den letzten Monaten in großem Umfang neues Geld gedruckt wurde. Dieser Zufluss von neuem Geld in die Märkte treibt die Preise für Nahrungsmittel und andere Rohstoffe in die Höhe. Daran sind nicht die Spekulanten schuld, wie der heute zur Diskussion stehende Bericht glauben macht, sondern vielmehr die fehlgeleitete Politik der amerikanischen, europäischen und anderer Zentralbanken.

Der zweite Faktor, der die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treibt, besteht in der Politik der EU und der USA, die Verbraucher dazu zu drängen, in immer größerem Umfang Biokraftstoffe zu verwenden. Die Verpflichtungen, die die EU und die USA in diesem Bereich eingegangen sind, haben zu einer starken Zunahme des Anbaus von nicht zur Nahrungsmittelproduktion dienenden Rohstoffen geführt. Daraus folgt, dass immer weniger Agrarland zur Nahrungsmittelerzeugung genutzt wird, und deshalb ist es nur logisch, dass die Nahrungsmittelpreise ansteigen. Wenn wir die Nahrungsmittelpreise weltweit reduzieren wollen, müssen wir diese absurde Biokraftstoffpolitik aufgeben.

 
  
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  Patrick Le Hyaric (GUE/NGL). - (FR) Frau Präsidentin, Herr Minister, Herr Kommissar! Alle hungrigen Menschen dieser Welt, all diejenigen, die mehr für Nahrungsmittel oder Kleidung bezahlen müssen, erwarten von uns, dass wir energischer auf die größte Katastrophe, die unseren Planeten derzeit heimsucht, diese von geldgierigen Nahrungsmittelspekulanten herbeigeführte Katastrophe, reagieren. Letztere sind diejenigen, die die Nahrungsmittelpreise zum Schaden der Landwirte und Verbraucher in die Höhe treiben.

Ich habe dem leidenschaftlichen Einspruch von Herrn Gauzès aufmerksam zugehört, doch muss er sich dessen bewusst sein, dass das Getreide der nächsten Ernte in seiner Region bereits dieses Jahr, noch bevor es überhaupt gesät wurde, gekauft wurde. Folglich reden wir hier in der Tat über Spekulation. Der einzig mögliche Weg für die Europäische Union besteht darin, in verschiedenen Richtungen tätig zu werden.

Zuerst muss sie diese Finanzspekulanten durch die Einrichtung eines globalen Landwirtschafts- und Nahrungsmittelfonds, das Anlegen von Notvorräten und die Einführung von Mechanismen zur Stabilisierung realer Preise für eine tatsächliche und nicht virtuelle Produktion unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen (UNO) stoppen. Unsere Gemeinsame Agrarpolitik muss auch zu einem System zurückkehren ...

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort)

 
  
  

VORSITZ: SILVANA KOCH-MEHRIN
Vizepräsidentin

 
  
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  Krisztina Morvai (NI).(HU) Frau Präsidentin, wir diskutieren heute im Europäischen Parlament das Thema des Anstiegs der Lebensmittelpreise. Dieses Phänomen des Anstiegs der Lebensmittelpreise spüren die Verbraucher in Ungarn und anderen europäischen Ländern gleichermaßen. Die, die dies nicht spüren, sind Landwirte und vor allem Kleinbauern. Wie ist das möglich? Was geschieht mit dem Geld? Dieses Puzzle, dieses Mysterium, wird unter anderem durch Erwägung D des von der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz vorgelegten ausgezeichneten Entschließungsantrags gelöst; aber der gesamte Entschließungsantrag an sich ist ausgezeichnet, und ich muss ihnen dazu gratulieren. Er bietet auch ausführliche Antworten und Lösungen. Erwägung D lenkt die Aufmerksamkeit auf das Phänomen der Spekulation. Es heißt darin, dass es eine Zunahme der Spekulation durch reine Finanzinstitutionen – das heißt der Spekulation auf den Rohstoffmärkten mit Finanzkapital – gibt, die eine künstliche Inflation der Rohstoffpreise verursacht. Damit haben wir einen Teil der Lösung. Das Geld bleibt bei den Spekulanten und bei den Käufern und Händlern, deren Profithunger häufig keine Grenzen kennt.

Wie stolz das ungarische Volk wäre, wenn der ungarische Ratsvorsitz die Lösung dieser Frage, die der Nahrungsmittelspekulation, prioritär behandelte! Ich muss den anwesenden Vertreter des ungarischen Ratsvorsitzes fragen, ob wir vielleicht hiermit rechnen können, und ich frage Herrn Cioloş, EU-Kommissar für Landwirtschaft, welche Lösung er für die Spekulationen in Zusammenhang mit Nahrungsmitteln ins Auge fasst.

 
  
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  Gay Mitchell (PPE). - Frau Präsidentin, in den Industrieländern gibt der durchschnittliche Haushalt 10 bis 20 % seines Einkommens für Lebensmittel aus, wohingegen in den Entwicklungsländern die Zahl im Allgemeinen bei 80 % liegt. Dies unterstreicht die schrecklichen Folgen für diese leidgeprüften Länder. Wir müssen reagieren, und wir müssen weiterhin reagieren, bis sie auf eigenen Beinen stehen.

Im Dezember 2008 stimmte dieses Parlament mit überwältigender Mehrheit für meinen Bericht über die Nahrungsmittelfazilität in Höhe von 1 Mrd. EUR, um Entwicklungsländer angesichts des damals drastischen Anstiegs der Nahrungsmittelpreise finanziell zu unterstützen. Zweck dieser Fazilität war es, auf den drastischen Anstieg dieser Preise zu reagieren, dessen Ursachen hauptsächlich – aber nicht ausschließlich – die Dürren in Getreide erzeugenden Ländern und die steigenden Ölpreise waren. Die Lage bleibt äußerst instabil und wirkt sich auf die Erzeuger und Verbraucher sowohl in der EU als auch in den Entwicklungsländern aus.

Wir müssen lernen, wie wir mit anderen Ländern wie Thailand zusammenarbeiten können. Thailand ist ein wichtiger Nahrungsmittelerzeuger in der Region; als jedoch einige seiner Nachbarn wie Birma und Vietnam in Armut versanken und ihnen die Lebensmittel ausgingen, nahmen wir das Angebot Thailands, mit uns zusammenzuarbeiten und als unser Vertreter in der Region zu agieren, nicht an. Wir müssen lernen, wie wir dies tun können. Wir müssen in Nordafrika einen raschen Übergang zu Stabilität gewährleisten. Wir müssen sicherstellen, dass von unvorhergesehenen Naturkatastrophen betroffene Regionen wie Haiti und Pakistan Hilfe erhalten, und in diesem Zusammenhang müssen wir weiterhin die Reserve für Soforthilfen mobilisieren, die es der EU ermöglicht, schnell auf den Bedarf an spezifischer Hilfe infolge solcher Ereignisse zu reagieren.

 
  
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  Kader Arif (S&D). - (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir zunächst einmal, mein Bedauern darüber zu äußern, dass eine Krise in Europa nötig war, um unsere heutige Aussprache und den Entschließungsantrag, über den wir morgen abstimmen werden, in Gang zu setzen.

Erst letztes Jahr, als sich die Entwicklungsländer in den sogenannten „Hungerrevolten“ erhoben, schlug Europa einfach Notfallmaßnahmen vor, das heißt, Saatgut und Düngemittel zu schicken, als ob das Problem zyklisch wäre, während wir schon seit Langem vor strukturellen Problemen warnen. Wir haben eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), der es an effektiven Regulierungsmechanismen fehlt, weil die liberale Mehrheit immer noch der Meinung ist, dass nichts den Markt einschränken darf. Es gibt eine weitverbreitete wirtschaftlich destabilisierende und moralisch inakzeptable Spekulation mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen von Entwicklungsländern, die beim Export Gefangene der Monokultur sind, mit einem Europa, das sie nicht unterstützt und nur 4 % seiner Entwicklungshilfe für den Agrarsektor bereitstellt.

Mit dieser Entschließung erkennt das Parlament als Ganzes endlich an, dass das Recht auf Nahrung ein grundlegendes Menschenrecht ist, dass es inakzeptabel ist, dass der Hunger der einen den Gewinn der anderen ausmacht, dass eine Regulierung für die Sicherstellung der Preisstabilität unverzichtbar ist und dass Handelsabkommen kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe und das Recht auf Nahrung bewahren müssen.

Heute übermittelt das Parlament eine klare Botschaft. Es liegt an der Kommission und am Rat, sie zu übersetzen.

 
  
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  Nirj Deva (ECR). - Frau Präsidentin, bis ich mich hinsetze, werden 16 Menschen verhungert sein. Das entspricht ungefähr diesem Teil des Plenarsaals dort. Jeden Tag verhungern 36 000 Menschen weltweit, weil sie nicht genug zu essen haben.

Bis vor Kurzem versorgte die Europäische Union sich selbst mit Nahrungsmitteln. Jetzt importiert sie Nahrungsmittel. Sie nimmt tatsächlich den ärmsten Menschen die Nahrung weg. Mir wurde gesagt, dass die EU aus der übrigen Welt eine Menge an Nahrungsmitteln importiert, für deren Anbau etwa 35 Millionen Hektar Land nötig wären. Wir sollten uns selbst mit Nahrungsmitteln versorgen können, und wir sollten den Entwicklungsländern helfen, sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

Es gibt eine Antwort auf all dies. In den 1960er Jahren gab es in Indien unter Professor Borlaug eine Revolution in der grünen Landwirtschaft. Man sagte, dass Indien verhungern würde. Indien verhungerte nicht. Brasilien versorgt sich jetzt selbst mit Nahrungsmitteln. Wir können es schaffen, wenn wir den Willen haben.

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL).(PT) Frau Präsidentin, drei Jahre nach der Krise von 2008 steht die Welt am Rande einer weiteren Nahrungsmittelkrise. Um dies zu verhindern, müssen wir uns mit ihren Ursachen befassen und sie bekämpfen.

Wir müssen uns mit den Agrar- und Handelspolitiken befassen, die kleine und mittlere Landwirtschaftsbetriebe vernichten, die Modelle der intensiven Erzeugung für den Export fördern und auf diese Weise die Ernährungssicherheit und Nahrungsmittelsouveränität gefährden, wie es mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Fall ist. Wir müssen uns mit dem Trend hin zu höheren Ölpreisen und mit der hohen Abhängigkeit der Landwirte von diesem Rohstoff befassen; diese Abhängigkeit muss verringert werden. Wir müssen uns mit der enormen Macht der multinationalen Agrarindustrieunternehmen, die ein Monopol auf die wichtigsten Produktionsfaktoren haben, befassen, mit der zunehmenden Nutzung von fruchtbarem Boden für andere Zwecke als zur Nahrungsmittelerzeugung, mit der Aneignung von Land von lokalen Gemeinschaften, die darauf leben und arbeiten.

Vor allem müssen wir uns mit der Irrationalität eines unmenschlichen Systems, das eine Spekulation mit Nahrungsmitteln zulässt, befassen und diese bekämpfen. Wir müssen die Finanzinstrumente, die Spekulation ermöglichen, unverzüglich stoppen: Die EU muss dies akzeptieren, oder sie wird – wie es bereits der Fall ist – eine Mitverantwortung für die Konsequenzen haben.

 
  
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  Peter Jahr (PPE). - Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Essen und Trinken – kaum etwas dürfte für uns alltäglicher und selbstverständlicher sein. Was allerdings für uns so selbstverständlich ist, wird für viele Menschen zu einer ernsthaften, kaum zu bewältigenden Herausforderung. So sind die Preise für Lebensmittel rasant gestiegen, wodurch sich die Situation vieler Menschen noch weiter verschlechtert hat.

Um den vielfältigen Ursachen der Preissteigerung zu begegnen, ist ein Paket von Maßnahmen notwendig. Da geht es um die Verhinderung von Preisspekulationen sowie um die Etablierung von Lagerhaltung. Dabei muss auch die marktbeherrschende Stellung einiger Lebensmittelkonzerne und Handelsketten überprüft werden. Auch die Entwicklungsländer brauchen unsere stärkere Unterstützung beim Aufbau ihrer Landwirtschaft. Nur so kann es gelingen, den Ärmsten Nahrung zu geben und ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Damit wir uns richtig verstehen: Angemessene Preise für landwirtschaftliche Rohstoffe sind nicht das Problem, sondern sie stellen die Lösung des Problems dar. Angemessene Preise für landwirtschaftliche Rohstoffe – angemessen heißt für mich frei von Spekulationen – sind für mich die entscheidende Voraussetzung für die Etablierung einer Landwirtschaft in den Entwicklungsländern.

Ausreichende Ernährung ist ein Menschenrecht, und Hunger ist ein Verbrechen an der Menschheit. Die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen und bezahlbaren Lebensmitteln in der Europäischen Union, aber auch weltweit, muss daher das zentrale Anliegen der europäischen Agrarpolitik sein!

 
  
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  Richard Ashworth (ECR). - Frau Präsidentin, in den letzten 30 Jahren waren die Lebensmittelpreise sowohl niedrig als auch stabil. Jetzt hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gewarnt, dass steigende Energiekosten, eine wachsende Weltbevölkerung, größerer Wohlstand und der Klimawandel im Begriff sind, große Herausforderungen für das Welternährungssystem und die Lebensmittelkosten darzustellen.

Dies wird für die europäischen Regierungen zwei wichtige Konsequenzen haben. Erstens treffen die steigenden Lebensmittel- und Energiekosten die ärmsten Familien am schlimmsten. Zweitens werden steigende Lebensmittelpreise die Inflation zu einer Zeit anheizen, in der Europäerinnen und Europäer vor allem eine Periode der Preisstabilität benötigen, während sich die Wirtschaft erholt. Kurzfristig wird die Versuchung darin liegen, günstigere Nahrungsmittel zu importieren und von der Lebensmittelindustrie und der Landwirtschaft zu erwarten, die höheren Kosten aufzufangen.

Keiner dieser Wege wäre klug. Eine übermäßige Abhängigkeit von importierten Nahrungsmitteln würde Verbraucher in gefährlichem Ausmaß Preisschwankungen aussetzen, und ein zu starker Druck auf den Landwirtschaftssektor, der bereits starken Kostensteigerungen und reduzierten Margen gegenübersteht, würde die Produktionskapazität gefährden.

Wir müssen in die Gemeinsame Agrarpolitik investieren. Technologie wird der Schlüssel sein, und jetzt ist die richtige Zeit, um dies zu tun.

 
  
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  Sergio Paolo Francesco Silvestris (PPE).(IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, der Anstieg der Lebensmittelpreise erfordert zwei Arten von Reaktionen. Die erste betrifft die Notwendigkeit, mittel- und langfristige Maßnahmen zu planen. In diesem Sinne müssen die Antworten von der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik kommen, die die Ernährungssicherheit europäischer Bürgerinnen und Bürger gewährleisten, Verbrauchern Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen bieten und das Einkommen von Landwirten schützen muss. Mit der neuen GAP müssen wir – und das ist genau das, was wir in der Tat tun – die landwirtschaftlichen Einkommen unter der ersten Säule stark unterstützen und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums fördern und damit Investitionen in die Landwirtschaft sowie die Ernährungssicherheit erhöhen.

Die zweite Reaktion ist die Notwendigkeit, mit Sofortmaßnahmen einzugreifen, um das schwächste Glied in der Kette zu schützen, da bei Lebensmittelpreisschwankungen die Auswirkungen in der Tat recht merkwürdig sind: Wenn die Preise steigen, profitieren Erzeuger und Landwirte nicht davon; aber wenn die Preise fallen, sinken die Gewinne und die bereits niedrigen Einkommen der Erzeuger. Es ist folglich klar, dass es Probleme in der Lieferkette und einen Mangel an Transparenz gibt.

Herr Kommissar, zu diesen gravierenden Problemen in der Lieferkette zählen beispielsweise der Missbrauch von Marktmacht, unlautere Praktiken in der Vertragsgestaltung (einschließlich Zahlungsverzögerungen), einseitige Vertragsänderungen, Vorabzahlungen als Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen und die ungleichmäßige Verteilung der Gewinnspannen in der Lebensmittelversorgungskette.

Die Kommission muss Maßnahmen vorschlagen ...

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Paolo De Castro (S&D).(IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, soziale Spannungen, wie jene vor Kurzem in Nordafrika, werden fast immer durch steigende Lebensmittelpreise ausgelöst. Der Rekordanstieg der Preise von Getreide, Zucker und Pflanzenölen ist ein klares Zeichen für das zunehmende Ungleichgewicht zwischen globalem Angebot und globaler Nachfrage.

Ein weiterer – leider möglicher – Preisanstieg hätte insbesondere für die Teile der Welt dramatische Folgen, in denen die Ausgaben für Lebensmittel mehr als 40 % des Pro-Kopf-Einkommens ausmachen. Er birgt außerdem das reale Risiko, in einer zunehmend verflochtenen Weltwirtschaft auf dem gesamten Planeten Spannungen zu erzeugen. Die Europäische Union muss sich daher vollkommen bewusst darüber sein, dass Agrarpolitiken – die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union und die Farm Bill der Vereinigten Staaten – in der Weltordnung eine Rolle von außerordentlicher und strategischer Wichtigkeit zu spielen haben, eine Rolle, die über den berechtigten Schutz des Einkommens von Landwirten weit hinausgeht.

Wir brauchen, Frau Präsidentin, eine neue globale Lebensmittelpolitik, die in der Lage ist, Agrarpolitiken auf internationaler Ebene zu koordinieren. Ich persönlich hoffe, dass der bevorstehende G20-Gipfel eine Chance sein wird, um diesen neuen Weg tatsächlich einzuschlagen.

 
  
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  Struan Stevenson (ECR). - Frau Präsidentin, der unaufhörliche Anstieg des Ölpreises und der sich daraus ergebende Auftrieb der Düngemittelpreise – zusammen mit dem gewaltigen Anstieg der Preise von Weizen, Mais und anderem Getreide – verursacht eine Krise in unserem Agrarsektor sowie eine wachsende globale Krise.

Wir sollten daran denken, dass der Aufstand in Tunesien, der einen Dominoeffekt im gesamten Nahen Osten ausgelöst hat, mit der Selbstverbrennung eines armen Straßenhändlers für Lebensmittel begann.

Die Landwirte Europas können einen positiven Beitrag zur Lösung dieser Krise leisten, wenn ihnen die entsprechenden Instrumente bereitgestellt werden. Es ist an der Zeit, dass wir die von der Biotechnologie gebotenen Möglichkeiten ergreifen, um der wachsenden Nachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln gerecht werden zu können.

Es werden weltweit mehr als 125 Millionen Hektar genetisch veränderte Nutzpflanzen von mehr als 13 Millionen Landwirten zu kommerziellen Zwecken angebaut, und dennoch erwähnen wir in dieser Entschließung die Biotechnologie nicht.

Wache auf, Europa, und siehe den Tatsachen ins Auge, bevor wir Hungerrevolten auf unseren Straßen haben!

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE).(EL) Frau Präsidentin, es gibt mehrere Gründe für die weitverbreiteten Schwankungen der Lebensmittelpreise: extreme Wetterbedingungen, begrenzte natürliche Ressourcen und Energieressourcen und die Zunahme der Weltbevölkerung. Zwei weitere Gründe sollten ebenfalls hervorgehoben werden: Konzentrationen – mit denen ich das Oligopol der multinationalen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette meine – und fehlende Transparenz und Spekulation an den Grundstoffmärkten.

Als Folge der Deregulierung der Finanzmärkte veränderte sich der Terminhandel an den Rohstoffbörsen von einem Werkzeug für Sicherungsgeschäfte in ein Werkzeug für spekulative Transaktionen. Die wichtigsten Börsen befinden sich außerhalb Europas.

Nach der Finanzkrise wendeten sich viele Hedge-Fonds zum Ausgleich ihrer Verluste den Rohstoffbörsen zu, an denen die Finanzreserven jetzt fünfzehn Mal höher sind als die eigentlichen Agrarlagerbestände. Wir brauchen daher einen institutionellen Rahmen, der ihre Investitionen auf Märkten für landwirtschaftliche Derivate, die direkt mit dem Lebensmittelsektor verknüpft sind, beschränkt.

Ich begrüße die Initiativen des französischen Vorsitzes der G20, und ich glaube fest daran, dass die Aufrechterhaltung eines starken europäischen Agrarsektors zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit davon abhängt, ein faires Einkommen für Landwirte zu sichern und im Rahmen der neuen GAP effektive Maßnahmen zur Regulierung des Marktes zu ergreifen.

 
  
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  Michael Cashman (S&D). - Frau Präsidentin, lassen Sie mich eindeutig klarstellen, dass ich im Namen der Entwicklungsländer und nicht zur Verteidigung der Gemeinsamen Agrarpolitik das Wort ergreife.

Nach Angaben der Weltbank sind mehr als 44 Millionen Menschen infolge steigender Lebensmittelpreise in bittere Armut gestürzt worden. Es gibt unzählige Faktoren, die dazu beigetragen haben – weniger Kleinbetriebe, Abholzung, Desertifikation, fehlender Zugang zu Wasser und Klimawandel.

Deshalb brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz, um sicherzustellen, dass wir Menschen dazu ermutigen, sich um ihre eigenen Entwicklungsbedürfnisse zu kümmern, und um Ernährungssicherheit auf lokaler Ebene zu gewährleisten. Wir müssen die Gemeinsame Agrarpolitik und die Gemeinsame Fischereipolitik reformieren, damit es keine direkten oder indirekten negativen Auswirkungen auf die Entwicklungs- und Industrieländer gibt.

Wir müssen den lokalen Grundbesitz fördern, und wir müssen endlich den schamlosen Landraub unterbinden, bei dem Land von ausländischen Investmentgesellschaften und ausländischen Unternehmen für ihre eigenen Bedürfnisse gekauft und genutzt wird. Für diese Schamlosigkeit gibt es keinerlei Rechtfertigung.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE). (PL) Frau Präsidentin, sowohl Verbraucher als auch Landwirte haben ein Recht, uns Politiker zu fragen, was vor sich geht. Warum ist der Nahrungsmittelmarkt in der Situation, in der er sich befindet? Landwirte wissen, welchen Gewinn sie machen, zu welchem Preis sie ihre Produkte verkaufen, und sie wissen, wie viel sie und andere Verbraucher für Lebensmittel zahlen. Was können wir ihnen heute sagen? Erinnern wir uns an 2008 und die Situation, in der sich der Nahrungsmittelmarkt befand. Haben wir daraus gelernt? Meine Antwort ist: Nein.

Wir schränken die Produktion immer noch ein. Zu allem Übel zahlen wir auch noch für die Verringerung der Produktion, während wir vorher dafür zahlten, sie zu steigern. Dieses Parlament hat andere Bemerkungen bezüglich der Landwirtschaft gehört. Vielleicht sollten unsere Kolleginnen und Kollegen heute hierherkommen und zuhören. Vielleicht würden sie etwas über Ernährungssicherheit lernen.

Es gibt eine fortlaufende Debatte über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013, und wieder einmal möchte jeder die Ausgaben für die GAP senken. Die aktuelle Situation, diese Krise, ist aufgetreten, um uns vor einer verheerenden politischen Entscheidung zu warnen. Wir haben eine Chance, unsere Fehler zu korrigieren. Wir reden über Stabilität. Wir fragen, weshalb es keine Reserven gibt, aber wir halten die landwirtschaftliche Entwicklung auf. Woher sollen diese Reserven kommen? Wer wird sie bezahlen?

Herr Kommissar, diese Situation, diese Krise, bietet Ihnen außergewöhnlich starke Argumente. Sehr geehrte in diesem Plenarsaal anwesende Damen und Herren, wir müssen die anderen vom Ernst der Situation und der Verantwortung dieses Hauses für die Zukunft der GAP und für die Ernährung unserer Gesellschaft überzeugen. Das Problem der Ernährungssicherheit wird zu einem globalen Problem. Es ist gut, dass ...

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (S&D).(RO) Frau Präsidentin, steigende Lebensmittelpreise treffen die schwächsten Bevölkerungsgruppen. Vor dem Hintergrund, dass 2010 die Zahl der unterernährten Menschen weltweit 925 Millionen erreichte, muss die Gewährleistung der Ernährungssicherheit eine Priorität für die Europäische Union werden. Extreme Naturphänomene sind nicht die einzige Ursache steigender Lebensmittelpreise; die Volatilität der Märkte und die Subventionen für die Biogaserzeugung spielen ebenfalls eine Rolle.

Ich fordere die Kommission auf, Instrumente zur Bekämpfung von Preisschwankungen und übermäßiger Spekulation zu schaffen, die wiederum zur Verschärfung der globalen Nahrungsmittelkrise beitragen. Ich muss außerdem betonen, dass der Anstieg der Lebensmittelpreise in den meisten Fällen auch nicht zu einer Erhöhung des Einkommens von Landwirten führt. Im Gegenteil: Aufgrund der schlecht funktionierenden Lieferkette ist die Vergütung der Landwirte bei Weitem nicht fair. Ich glaube, dass das Problem der steigenden Preise hilft, die Argumente gegen die Aufrechterhaltung einer starken Gemeinsamen Agrarpolitik zu entkräften.

 
  
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  Herbert Dorfmann (PPE). - Frau Präsidentin! Vor wenigen Tagen hat eine der größten deutschen Tageszeitungen auf der ersten Seite ein Bild mit einer Semmel und rundherum Stacheldraht gezeigt. Das Thema war: Der Kampf um's Brot. Ich denke, dass uns in der Tat in diesem und in den nächsten Jahrzehnten kaum ein Thema so beschäftigen wird wie die Frage der Verfügbarkeit von Lebensmitteln. Deswegen ist es gut, dass wir darüber reden, denn die Ursache – die steigende Nachfrage – wird weiterbestehen und damit werden auch die Preise weiter steigen. Man muss das Ganze jetzt politisch begleiten. Wir müssen uns überlegen, wie man Lebensmittel herstellen und Verfügbarkeit schaffen kann. Herr Kommissar, die Idee, im Rahmen der GAP weitere Flächenstilllegungen mittels eines Screening vorzuschlagen, ist ein falscher Ansatz. Wir müssen auf den Flächen, die wir haben, auch produzieren.

Man darf das Ganze aber auch nicht zu negativ sehen. Wir haben uns über Jahre darüber beklagt, dass die Lebensmittelpreise zu niedrig sind. Wenn wir überlegen, ob z. B. 100 Euro für eine Tonne Weizen wirklich ein richtiger Preis ist, dann muss man schon sagen, vielleicht nicht. Wenn wir überlegen, welchen Anteil die Preise der Rohstoffe am Endprodukt, z. B. Brot, noch haben, dann denke ich, dass für steigende Preise von Lebensmitteln nicht nur die steigenden Preise der Rohstoffe die Ursache sind, sondern viele andere Dinge auch. Insofern ist das Ganze auch eine Chance für die Landwirtschaft, sich zukünftig besser zu positionieren.

 
  
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  Ulrike Rodust (S&D). - Frau Präsidentin! Die Nahrungsmittelpreise haben neue Rekordhöhen erreicht. Die Volatilität der Nahrungsmittelpreise hat in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen zugenommen. Große Sorge ist deshalb angezeigt. Der Klimawandel verursacht extreme Wetterverhältnisse; so sind in einigen Ländern ganze Ernten zerstört worden. Hinzu kommt die zunehmende Spekulation mit Nahrungsmitteln, deren Gefahr gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, siehe Finanzmarktkrise. Außerdem konkurrieren die Ernährung der Armen und der Autoantrieb der Reichen immer öfter miteinander.

Wir müssen Lösungen finden, damit Landwirte genug Anreize haben, Lebensmittel zu produzieren, und nur Flächen, die nicht für die Nahrungsmittelerzeugung gebraucht werden, für die Erzeugung von z. B. Biosprit genutzt werden.

Für mich als Sozialdemokratin ist wichtig, dass alle Menschen Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen haben und gleichzeitig die Landwirte in der Lage sind, ein angemessenes Einkommen mit ihrer Arbeit zu erwirtschaften.

 
  
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  Janusz Wojciechowski (ECR). (PL) Frau Präsidentin, lassen Sie uns einfach offen sagen, dass es in der Europäischen Union mächtige Handelslobbys gibt, die ein Interesse an der Schwächung der europäischen Landwirtschaft haben, damit durch den Import von Nahrungsmitteln aus der gesamten Welt größere Gewinne gemacht werden können. Es ist in diesem Parlament mehrfach gesagt worden, dass die Märkte geöffnet werden sollten, um den Anstieg der Preise zu verhindern. Wir haben die Zuckerproduktion reformiert, die Märkte geöffnet, die Zuckerproduktion in Europa begrenzt und Exportsubventionen abgeschafft. Was war das Ergebnis? Das Ergebnis war, dass die Zuckerpreise nicht fielen; sie stiegen einfach. Dies sollte uns allen eine Lehre sein. So kommen wir nicht weiter. Ich stimme Herrn Smith zu, der sagte, dass der Markt nicht die Antwort ist. Wir sollten uns wirklich nicht den Handelslobbyisten beugen, sondern uns durch den besseren Schutz unserer Landwirtschaft, ihres Erzeugungspotenzials und der Ernährungssicherheit um die Gewährleistung angemessener Lebensmittelpreise kümmern. Nur dann werden wir vernünftige Preise haben.

 
  
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  Giovanni La Via (PPE).(IT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, ich teile die durch steigende Lebensmittelpreise aufgeworfenen Bedenken voll und ganz, und ich könnte kaum anders denken, da dies ein Thema ist, das unmittelbar das Leben europäischer Bürgerinnen und Bürger und insbesondere der weniger wohlhabenden Klassen betrifft. Diese Erhöhungen führen dazu, dass es nicht mehr möglich ist, dem grundlegenden Nahrungsmittelbedarf der Menschen in allen Entwicklungsländern gerecht zu werden. Die Industrieländer, darunter die EU-Mitgliedstaaten, können angesichts dieses Szenarios nicht gleichgültig bleiben.

Wir müssen daher in der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik Instrumente bereitstellen, die Preisschwankungen reduzieren, die Spekulation mit landwirtschaftlichen Grundstoffen begrenzen und ein angemessenes Produktionsniveau in der EU sicherstellen können. Ich muss daher die Tatsache betonen, dass wir Land nicht zu einer Zeit brach liegen lassen können, in der die Weltbevölkerung wächst und eine Erhöhung der Lebensmittelversorgung erforderlich macht.

 
  
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  Marc Tarabella (S&D). - (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Minister, ich möchte eine Statistik, eine Beobachtung und drei Vorgehensweisen anführen. Die Statistik ist, dass mit jedem Anstieg der Lebensmittelpreise um 1 % 16 Millionen Menschen weltweit in bittere Armut gestürzt werden. Die Beobachtung ist, dass, obwohl es speziell auf den Agrarmärkten unmöglich ist, Volatilität zu verhindern, eine extreme Volatilität nicht unvermeidbar ist und bekämpft werden kann – so schwierig dies auch sein mag.

Die drei Vorgehensweisen, die bereits erwähnt wurden, sind: erstens die prioritäre Behandlung der Subsistenzlandwirtschaft und regionaler Nahrungsmittelmärkte in der Entwicklungspolitik; zweitens die Notwendigkeit einer Politik der öffentlichen Regulierung, auch durch Bestandsbildung und Bestandsbewirtschaftung; drittens ein völliges Verbot der Spekulation mit Grundnahrungsmitteln.

Europa muss da sein, an vorderster Front, vor allem auf G20-Ebene. Das, was ich von János Martonyi, von Kommissar Cioloş und andernorts von Kommissar Barnier gehört habe, ist zu begrüßen. Präsident Sarkozy war sehr deutlich, und wir haben große Hoffnungen, dass der französische Vorsitz auf G20-Ebene eine treibende Kraft in diesem Bereich sein wird.

 
  
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  Britta Reimers (ALDE). - Frau Präsidentin! Marktschwankungen sind für das Funktionieren von Märkten wichtig, um Anreize für den Kauf und Verkauf von Waren zu schaffen. Warentermingeschäfte sind für uns Landwirte elementarer Bestandteil des An- und Verkaufs von Ernten. Sie bieten eine wichtige Möglichkeit, durch eine frühzeitige Absicherung der Preise und Mengen Planungssicherheit zu erhalten.

Die steigenden Lebensmittelpreise sind im Gegensatz zu unseren wohlhabenden Industriestaaten vor allem in den armen Regionen der Welt ein Problem – dort, wo die Bevölkerung einen großen Teil ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben muss.

Wir dürfen nicht bei jeder Preisveränderung versuchen, durch neue Markteingriffe natürliche Schwankungen zu bekämpfen. Aber ohne international gültige Rahmengesetze für die Finanzmärkte brauchen wir über die Regulierung von Rohstoffmärkten gar nicht erst nachzudenken. Denn wenn zu viel Geld auf dem Finanzmarkt ist, sucht es sich passende Gegenwerte, und Rohstoffe sind derzeit hoch angesehen. So brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn auch Agrarrohstoffe derzeit ein begehrtes Handelsziel sind.

 
  
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  Jaroslav Paška (EFD). – (SK) Frau Präsidentin, die durch die ungewöhnlich schlechte Ernte im letzten Jahr verursachte Nahrungsmittelkrise hat uns die Mängel unserer Agrar- und Lebensmittelpolitik verdeutlicht. Die Schuld für den aktuellen Anstieg der Lebensmittelpreise kann teilweise der schlechten Ernte zugewiesen werden. Wenn etwas knapp ist, steigt der Preis dieser Ware natürlich auf dem Markt.

Der Punkt ist jedoch, dass der Mangel an bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Herr Kommissar, zu einem großen Teil der fehlgeleiteten Agrarpolitik der Europäischen Kommission zugeschrieben werden kann, die durch ihre Subventionspolitik die neuen Mitgliedstaaten und ihre Landwirte seit Langem diskriminiert. Seien Sie nicht überrascht, Herr Kommissar, wenn Landwirte, die für ihre Erzeugnisse nicht die Preise bekommen können, die zumindest die Erzeugungskosten decken, einfach nicht aussäen oder ihre Viehbestände auflösen. Sie warten geduldig, bis hungrige und zu Recht verärgerte Bürgerinnen und Bürger ihre Wut gegen jene Beamte in Brüssel richten, die es seit Langem versäumen, die allgemeinen und weitgehend anerkannten Probleme der Landwirtschaft zu lösen.

Sie wissen, Herr Kommissar, dass der Mangel an landwirtschaftlichen Erzeugnissen in den neuen Mitgliedstaaten nicht auf schlechte Ernten zurückzuführen ist, sondern auf die Tatsache, dass sich die Erzeugung für unsere Landwirte im Rahmen Ihrer Subventions- und Preispolitik nicht mehr lohnt. Sie warten jedoch ab. Wenn sie die gleichen Subventionen erhalten wie ihre Berufskollegen in Frankreich, werden sie ganz bestimmt mit dem Anbau beginnen.

 
  
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  Angelika Werthmann (NI). - Frau Präsidentin! Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs und vor allem mit Agrarrohstoffen darf nicht dem Streben von Spekulanten nach kurzfristiger Gewinnmaximierung ausgeliefert werden. Die von der Kommission in der neuen Rohstoffstrategie angekündigten Vorgaben, um Transparenz und Stabilität auf den Rohstoffmärkten zu sichern, sind daher willkommen. Angesichts der Prognosen, dass die Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um 70 % gesteigert werden müsste, um die dann bestehende Nachfrage zu decken, sollte vor allem ein besonderes Augenmerk auf den sogenannten dritten Hebel – Recycling und bessere Nutzung der Rohstoffe – gelegt werden, und es sollen bald Vorschläge vorgelegt werden.

Im Bereich der Rohstoffdiplomatie erwarte ich von der EU, dass sie Entwicklungsländern das Know-how für einen nachhaltigen und umweltschonenden Rohstoffabbau zur Verfügung stellt.

 
  
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  Dacian Cioloş, Mitglied der Kommission. (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist eine intensive Aussprache über ein Thema geführt worden, das uns eindeutig Sorgen bereitet und immer dann hervorgehoben wird, wenn die Situation dies erfordert. Es ist jedoch ein permanentes Anliegen der Kommission und der europäischen Institutionen, da wir das Glück haben, über eine Gemeinsame Agrarpolitik zu verfügen, die zwar angepasst werden muss, aber ein wichtiges Instrument ist, das es uns ermöglicht, diese Probleme zu bewältigen.

Meiner Ansicht nach hat diese Aussprache uns jedoch auch gezeigt hat, dass unsere Stabilität jetzt zunehmend von internationalen Gleichgewichten und der Weltstabilität abhängt. Dies muss einbezogen werden, sogar wenn wir über unsere Gemeinsame Agrarpolitik reden.

Klar ist meines Erachtens auch, dass steigende Lebensmittelpreise einen besorgniserregenden Trend darstellen, der zusätzlich zur Volatilität und den beträchtlichen Preisschwankungen das Problem, das wir lösen müssen, noch verschlimmert.

Es ist klar, dass, wenn auf dem Markt ein Bedarf an höherer Produktion besteht, Investitionen in die Landwirtschaft erforderlich sind. Damit jedoch Landwirte investieren können, brauchen sie – mehr als alles andere – ein stabiles Einkommen, um zu diesem Schritt ermutigt zu werden.

Darum muss unsere Gemeinsame Agrarpolitik mittel- und langfristig unter diesem Gesichtspunkt konzipiert werden. Sie muss ein Minimum an Stabilität und Anreize für Investitionen bieten, sodass unsere Landwirte produzieren und unsere Märkte versorgen können.

Es ist im Laufe der Aussprache außerdem deutlich geworden, dass es notwendig ist, sicherzustellen, dass unsere Gemeinsame Agrarpolitik und die Agrarpolitiken der Industrieländer auch im Einklang mit der Entwicklung der Landwirtschaft in den Ländern des Südens stehen und dass unsere Politik zur Unterstützung der Zusammenarbeit und Entwicklung mit diesen Ländern im Einklang mit der Gemeinsamen Agrarpolitik steht.

Gleichzeitig muss unsere Gemeinsame Agrarpolitik die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft gewährleisten. Möglicherweise müssen die Instrumente überprüft werden, die uns zur Bewältigung dieser extremen Marktsituationen zur Verfügung stehen, während der Markt seine Rolle spielen können muss, ohne jedoch der notwendigen Instrumente beraubt zu werden, die es uns ermöglichen, zu agieren und zu verhindern, dass wir in Krisensituationen unvorbereitet sind. Die Gemeinsame Agrarpolitik hat diesbezüglich in den kommenden Monaten und Jahren noch Arbeit vor sich.

Das Thema der Spekulation und somit der Volatilität muss angegangen werden, und ich spreche nicht euphemistisch. Die Kommission hat bereits Vorschläge unterbreitet, die sie verfolgen möchte, um diese Situation zu meistern. Was diesen Punkt angeht, reden wir daher nicht bloß über Wünsche, sondern über konkrete Vorschläge.

Wir müssen auch die Rolle berücksichtigen, die die Europäische Union hinsichtlich des Nahrungsmittelproblems auf der internationalen Bühne spielen muss. Dieses Thema kann in der Europäischen Union nicht geklärt werden, wenn es nicht auf internationaler Ebene geklärt ist.

Möglicherweise ist es außerdem notwendig, unsere Rolle in der Agrar- und Entwicklungspolitik zu überprüfen und auch die Art, in der wir das Nahrungsmittelproblem in den verschiedenen Politikbereichen angehen: Handelspolitik, Entwicklungspolitik und Finanzpolitik. Vielleicht brauchen wir auch hier eine konzertierte Aktion.

Ich habe auch die Notwendigkeit berücksichtigt, in bestimmten Bereichen kurzfristig zu handeln, und ich denke dabei vor allem an den Tierhaltungssektor, der sich – das ist klar – infolge des starken Drucks von allen Seiten, der niedrigen Preise für Erzeuger – die nicht von den steigenden Preisen profitieren – und außerdem hoher Betriebsmittelkosten in einer schwierigen Phase befindet. Ich habe diese Angelegenheit zur Kenntnis genommen.

Ich habe auch die verschiedenen Vorschläge und Anregungen, die Sie vorgebracht haben, zur Kenntnis genommen. Was beispielsweise das Beihilfegleichgewicht zwischen dem Nutzpflanzen- und dem Tierhaltungssektor angeht, haben die Mitgliedstaaten bereits die Möglichkeit, entsprechend den 2008 im Gesundheitscheck der Gemeinsamen Agrarpolitik gefassten Beschlüssen zu handeln.

Was die Bestände angeht, so ist dies ein Thema, das erneut analysiert und überprüft werden muss, da es mit den hohen Preisen jetzt unmöglich ist, von Interventionsbeständen zu sprechen. Es muss jedoch möglicherweise entschieden werden, welche Rolle solche Bestände spielen können und wie sie das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte beeinflussen könnten. Meiner Ansicht nach sind dies die Fragen, die wir uns stellen müssen, bevor wir entsprechende Vorschläge unterbreiten.

Zum Schluss möchte ich Jaroslav Paška sagen, dass die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf Zahlungen nicht zwangsläufig von der Kommission ausgehen. Dies ist ein vom Rat und den Landwirtschaftsministern gefasster Beschluss. Der endgültige Beschluss erfolgt immer durch die von der Kommission vorgeschlagene Verordnung; aber hierbei handelt es sich um Verordnungen des Rates und jetzt des Rates und des Parlaments.

Ich möchte außerdem klarstellen, dass die landwirtschaftliche Erzeugung für Biokraftstoffe in der Europäischen Union nicht subventioniert wird. Daher ist es nicht die Gemeinsame Agrarpolitik, die die Erzeugung von Biokraftstoffen fördert. Es ist auch nicht Absicht der Kommission, Flächen stillzulegen. Es geht um etwas ganz anderes; auf jeden Fall werden aber keine Flächen in einer Situation stillgelegt, in der eigentlich Erzeugung erforderlich ist.

Dies sind die verschiedenen Punkte, die ich als Antwort auf die aufgeworfenen Themen hinzufügen wollte. Ich danke Ihnen auch für diese fruchtbare Aussprache, und ich hoffe, dass die heutige Aussprache den Menschen auch in einigen Monaten noch gut in Erinnerung sein wird, wenn wir die Ressourcen diskutieren, die der Gemeinsamen Agrarpolitik zugewiesen werden sollen – einem in Bezug auf die Ernährungssicherheit grundlegenden Instrument.

 
  
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  János Martonyi, amtierender Präsident des Rates. Frau Präsidentin, ich möchte allen Abgeordneten für diese konstruktive Aussprache danken. Ich glaube, dass die große politische Aufmerksamkeit, die das Parlament diesem Thema beimisst, dem Ratsvorsitz dabei hilft, seine Agenda in Bezug auf die steigenden Lebensmittelpreise umzusetzen.

Wie außerdem in dieser Aussprache hervorgehoben worden ist, sind aufgrund des Umfangs und der Tiefe des Themas eine vielfältige Zusammenarbeit und komplexe Lösungen erforderlich, die mehrere Bereiche umfassen, beispielsweise die Landwirtschaft, die Regulierung von Finanzprodukten und -dienstleistungen und die Entwicklungspolitik.

Bezüglich der Erzeugung von Biokraftstoffen möchte ich bloß wiederholen, dass die EU sich vollständig darüber im Klaren ist, dass die nicht nachhaltige Erzeugung von Biokraftstoffen negative Auswirkungen haben kann, insbesondere Massenabholzung und Lebensmittelknappheit. Aus diesem Grund hat sich die EU der verstärkten Entwicklung von Biokraftstoffen der zweiten Generation aus Non-Food-Pflanzen verpflichtet. Die EU hat auch die absurden finanziellen Anreize für die Erzeugung von Biokraftstoffen auf Kosten der Nahrungsmittelerzeugung abgeschafft.

Aufgrund der tiefen strukturellen globalen Wurzeln des Problems muss Europa eine führende Rolle dabei spielen, die Lebensmittelpreise und Ernährungssicherheit auf globaler Ebene in den Griff zu bekommen. Dies erfolgt bereits durch eine Reihe von internationalen Organisationen und Programmen wie die FAO und das Welternährungsprogramm sowie durch allgemeinere Foren wie die G20.

Ich möchte bloß persönlich noch hinzufügen, dass diese Aussprache mich in meiner seit Langem bestehenden Überzeugung bestärkt hat, dass zur Bewältigung globaler Herausforderungen – wie Hunger in der Welt, Schwankungen bei den Lebensmittel- und Rohstoffpreisen, Turbulenzen auf den Finanzmärkten, Regulierung von Finanzprodukten und -dienstleistungen – deutlich mehr globale Governance und globale Regulierung erforderlich sind.

Aufgrund seiner einzigartigen Erfahrungen in Bezug auf Governance und Regulierung hat Europa hier einen ganz besonderen Auftrag und große Verantwortung. Aus diesem Grund glauben wir, dass Europa und die Europäische Union bei der Bewältigung all dieser Herausforderungen eine führende Rolle übernehmen müssen.

Der ungarische Ratsvorsitz nimmt erfreut zur Kenntnis, dass er bei der Unterstützung der Arbeit der EU auf das Parlament zählen kann, sowohl hinsichtlich der Politik als auch der Anstrengungen auf internationaler Ebene.

 
  
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  Die Präsidentin. − Zum Abschluss dieser Aussprache(1) habe ich sechs Entschließungsanträge gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung erhalten.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, 17. Februar 2011, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Michèle Striffler (PPE), schriftlich.(FR) Die globale Ernährungssicherheit ist für die Europäische Union ein zentrales Thema. Es müssen sofortige und nachhaltige Maßnahmen ergriffen werden, um die Ernährungssicherheit der Unionsbürger und der Erde insgesamt sicherzustellen. Es ist entscheidend, eine nachhaltige Landwirtschaft in den Entwicklungsländern weiterzuentwickeln und einen angemessenen Anteil der Entwicklungshilfe der EU für den Agrarsektor bereitzustellen. Der eklatante Einbruch, den es bei der Höhe der für die Landwirtschaft bereitgestellten Entwicklungshilfe seit den 1980er Jahren gegeben hat, ist bedauerlich, und es bleibt zu hoffen, dass dieser Trend durch die Anerkennung dieser Notwendigkeit umgekehrt wird. Die Europäische Kommission muss der Landwirtschaft in ihrer Entwicklungshilfe wirklich Vorrang einräumen, insbesondere der Unterstützung, die Landwirten einen Marktzugang ermöglicht, und den Hilfen für kleine und mittlere landwirtschaftliche Familienbetriebe. Die humanitäre Lebensmittelhilfe muss den Bedürfnissen, Herausforderungen und strukturellen Zwängen in Entwicklungsländern angepasst sein, wobei die lokale Erzeugung sowie die Verteilungs-, Transport- und Vermarktungskapazitäten dieser Länder berücksichtigt werden müssen, um so dazu beizutragen, die Grundlagen für deren langfristige Ernährungssicherung zu schaffen.

 
  
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  Liam Aylward (ALDE), schriftlich. (GA) Heutzutage ist die Ernährungssicherheit ein wichtiger Punkt. 79 Millionen Menschen in der EU leben unterhalb der Armutsgrenze, und im Winter des vergangenen Jahres hat man 16 Millionen Menschen in der EU Nahrungsmittelhilfe gewährt.

Da die Nahrungsmittelkosten seit dem siebten Monat in Folge auf einem neuen Höchststand sind und Preisschwankungen in der Lebensmittelkette ernsthafte Probleme bereiten, werden mehr Menschen Schwierigkeiten haben, gesunde Lebensmittel zu vertretbaren Preisen zu finden. Die Programme der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), wie das Programm zur Verteilung von Nahrungsmitteln an Bedürftige, sind für die Bereitstellung von Lebensmitteln von entscheidender Bedeutung. Programme dieser Art sind zu unterstützen, und es müssen umgehende, langfristige Maßnahmen zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit in der EU und weltweit ergriffen werden.

Gegenwärtig enden 30 % der weltweit erzeugten Lebensmittel als Abfall. Dies ist eine nicht hinnehmbare, unmoralische Verschwendung und muss verringert werden. Eine starke Landwirtschaft, eine starke GAP und eine Lebensmittelversorgungskette, in welcher man Anstrengungen zur Eindämmung der Nahrungsmittelverschwendung unternimmt, sind für die Bewältigung der Herausforderung der Lebensmittelversorgung entscheidend.

 
  
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  Janusz Władysław Zemke (S&D), schriftlich – (PL) Ich bin damit einverstanden, dass sich das Europäische Parlament auf die steigenden Nahrungsmittelpreise konzentriert hat. Leider sind diese Preise kein kurzfristiges Phänomen, sondern scheinen sich zu einem langfristigen Trend zu entwickeln. Dieser wird durch eine wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln, insbesondere für Getreide, schlechte Ernten in den vergangenen Jahren, niedrige Vorräte und leider auch durch Finanzgeschäfte sowie eine Abwertung des Dollars verschärft. All dies führt zu einem Chaos auf den Märkten. Aus unserer Sicht sind die sozialen Folgen noch bedeutsamer. Die Bevölkerungen vieler Länder wachsen exponentiell, und sie leiden ständig an Unterernährung und Hunger. Ihre Verzweiflung schafft eine Quelle zunehmender politischer Spannungen.

Wir können diese Ereignisse nicht passiv beobachten. Wir brauchen eine internationale Zusammenarbeit unter der Schirmherrschaft der UN und der Europäischen Union. Die Mitgliedstaaten der G20 sollten der Spekulation mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen aktiv entgegenwirken. Wir sollten uns, um das Wachstumspotenzial nicht künstlich einzuschränken, erneut mit der Regulierung der Agrarmärkte in Europa befassen. Es sollte keine Spekulation mit dem globalen Hunger geben, da die Folge dieser Spekulation sein wird, dass viele unschuldige Menschen insbesondere in den ärmsten Ländern an Hunger sterben werden.-

 
  
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  Tunne Kelam (PPE), schriftlich.(ET) Während der zweiten Hälfte des Jahres 2010 stiegen die Großhandelspreise von landwirtschaftlichen Erzeugnissen um 32 %. Der weltweite Verbrauch von Getreide erhöhte sich zwischen 2005 und 2010 auf 41 Mio. Tonnen im Vergleich zu 21 Mio. Tonnen zwischen 1990 und 2004. Laut verschiedenen Analysten haben wir 2011 eine echte Nahrungsmittelkrise; dafür braucht es nur eine einzige missglückte Ernte. Die größten Ausfuhrländer (Russland, Ukraine, China und Mexiko) mussten zur Sicherstellung ihrer Versorgung bereits auf Importe zurückgreifen. Die Gründe für die Preiserhöhung sind unklar, und man kann nicht länger von den Trends des Marktes für landwirtschaftliche Erzeugnisse sprechen. Die jüngsten Preiserhöhungen sind infolge von verschiedenen Spekulationen dramatisch und unvorhersehbar gewesen. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass der zunehmende Einsatz von Biokraftstoff den Anteil von Getreide für den tierischen und menschlichen Verbrauch reduziert. Dies hat zu einer sehr angespannten Lage geführt, und wir müssen erkennen, dass steigende Nahrungsmittelpreise zu einem Wachstum der Inflation und einem Futtermittelprotektionismus führen und Unruhen verursachen. All dies könnte zu sozialer, wirtschaftlicher und politischer Instabilität in Europa sowie weltweit führen. Europa als einer der größten Importeure von Lebensmitteln hat einen großen Einfluss auf die weltweiten Lebensmittelpreise, aber das macht es gleichermaßen anfällig für verschiedene Preisschocks. Ich unterstütze die Bemühungen der Europäische Kommission, bis zum Frühling 2011 ein neues Legislativpaket anzunehmen, welches der Kommission größere Befugnisse bei der Regulierung der Märkte und der Vermeidung von Spekulation einräumen würde. Die Europäische Union muss Mittel zur Sicherung nachhaltiger Preise und einer nachhaltigen Wirtschaft finden. Es muss ein Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Offenheit sowie Entwicklung gebildet werden. Wir müssen dazu bereit sein, einer potenziellen Krise zu begegnen.

 
  
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  Spyros Danellis (S&D), schriftlich.(EL) Die derzeitigen hohen Preise sind für einige Menschen gut und für andere schlecht. Zum Beispiel sind sie für Weizenbauern in der EU von Nutzen, aber nicht für Erzeuger von vom Tier stammenden Nahrungsmitteln. Von ihnen profitieren Länder mit für den Export verfügbarem Getreide, aber sie erzeugen eine Blockade und Hunger für die in Entwicklungsländern lebenden Menschen, welche für ihre Ernährung von Getreideeinfuhren abhängig sind. Natürlich kann sich das Ergebnis von einem Gebiet zum anderen bzw. von einem Erzeuger zum anderen unterscheiden. Das liegt daran, dass hinter jeder Gruppe von Gewinnern und Verlierern Probleme im Agrar- und Ernährungssektor in der EU verborgen liegen; dahinter stehen die Bedrohung des Klimawandels für die Ernährungssicherheit und die Blockaden, die von oberflächlichen und widersprüchlichen Entscheidungen hinsichtlich der Erzeugung, des Handels und der Entwicklung geschaffen wurden. Die EU muss realistische und ausgewogene Lösungen finden, indem sie die Rahmenbedingungen ruhig und ernsthaft bewertet, und dabei ihre Rolle auf den internationalen Märkten berücksichtigt. Die GAP-Reform muss dazu beitragen.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (S&D), schriftlich. – (HU) Der steile Anstieg bei den Lebensmittelpreisen wird durch das Zusammenspiel dreier Faktoren verursacht: durch den Verlust von Ernteerträgen aufgrund von Naturkatastrophen, die wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln insbesondere vonseiten Chinas und Indiens und die Aktivitäten auf den Warenbörsen, das heißt Preisspekulation. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy warf vor ein paar Wochen eine wesentliche Frage auf: Wenn Geldmärkte reguliert werden, warum dann nicht Rohstoffmärkte? Wir müssen viel wirksamere Maßnahmen gegen die Spekulation sowohl auf EU- als auch auf internationaler Ebene ergreifen. Die Hauptursache des Lebensmittelpreisschocks sind die gewaltigen Angebotsschwankungen. Auf dem globalen Markt wechseln nur 10–20 % des Getreides den Besitzer, und schon ein Rückgang der Erzeugung kann in einem Zustand von Panik enden. Werden abnehmende Vorräte prognostiziert, treiben die Importeure die Preise hoch.

Es ist weder im Hinblick auf die Erzeuger noch die Verbraucher gerecht, dass auch Binnenpreise von Ausfuhrpreisen bestimmt werden, da mindestens 80 % der Produktion am Ort der Erzeugung verwendet werden. Russland hat in seiner ehemaligen Position als Exporteur und gegenwärtig als Importeur einen entscheidenden Einfluss auf den europäischen Getreide- und Ölsaatenmarkt gehabt. Der Angebotsschock wird durch die Spekulation auf den Terminmärkten weiter verschlimmert, was zu einem Lebensmittelpreisschock führt. Das Hauptproblem wird demnach nicht von einem physischen Mangel an Nahrungsmitteln verursacht, sondern von Nahrungsmittelpreisen, die sich die Armen nicht mehr leisten können. Dies führt dazu, dass Nahrungsmittel weiter gelagert werden, anstatt zu angemessenen Preisen verkauft zu werden. Hohe Preise haben eine lähmende Auswirkung auf Verbraucher, insbesondere auf Verbraucher in den armen Bevölkerungsschichten.

 
  
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  Luís Paulo Alves (S&D), schriftlich.(PT) Wir diskutieren ein Problem, eine Frage, die vor allem eine Vision für die Zukunft erfordert. Jedoch ist vielmehr als kurzfristige Maßnahmen der Mut zur Schaffung einer neuen Architektur gefragt, die die Notwendigkeit zur Steigerung der Nahrungsmittelerzeugung um 70 % in den nächsten 40 Jahren mit den zunehmend knappen natürlichen Ressourcen in Einklang bringt. Demnach betrifft das, was in Afrika, Asien, Amerika oder Europa getan oder nicht getan wird, jeden – und zwar überall – mit Folgen für Verfügbarkeit, Zugang und Nahrungsmittelpreise. Davon werden die Armen sowie die Fleisch- und Milcherzeuger schwerwiegend beeinträchtigt. Aus diesem Grund muss die Antwort globaler Natur sein und geht über den Bereich von Agrarpolitik hinaus: Es ist entscheidend, eine Reihe anderer Politikbereiche ins Feld zu führen, ohne die wir die notwendigen Lösungen nicht wirklich erreichen werden. Auf internationaler Ebene beinhalten diese Lösungen die Verfechtung von Nahrung als einem Recht, die Unterstützung der Fähigkeit der Länder, sich selbst zu ernähren, Hilfen für Landwirte und die Sicherstellung ihres gerechten Zugangs zum Mehrwert in der Lebensmittelkette, die Einschränkung der Finanzspekulation, den Schutz des Zugangs zu Flächen und die Schaffung von Nahrungsmittelreserven.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE), schriftlich. (FI) Das Recht des Menschen auf angemessene Ernährung ist ein Menschenrecht, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO seit 1948 anerkannt ist. Wir sollten uns daher vergegenwärtigen, dass wir bei einer Diskussion der Nahrungsmittelpreise eigentlich über grundlegende Menschenrechte sprechen.

Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäische Union findet zu einer Zeit statt, in der die globalen Marktpreise für Nahrungsmittel ansteigen. Wenn wir auf eine nachhaltige, auf Menschenrechten beruhende Weise auf diese Veränderungen reagieren sollen, werden wir eine umfassende Vision und Politik benötigen. Die Nahrungsmittelpreise und Trends bei Lebensmittelpreisen werden von verschiedenen wichtigen Faktoren der globalen Landwirtschaft wie Klimawandel, Energiepolitik, die Verfügbarkeit von natürlichen Ressourcen und ihre effiziente Nutzung beeinflusst. Die Europäische Union sollte ein Vorreiter für eine neue Denkweise im Hinblick auf die Landwirtschaft sein. Wir brauchen eine Ernährungspolitik, in welcher ganze Teile der gesamten Nahrungsmittelerzeugungskette kritisch bewertet und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und Umwelt berücksichtigt werden. Eine stärker natürliche und ressourceneffiziente Nahrungsmittelpolitik muss sowohl durch wirtschaftliche als auch politische Maßnahmen unterstützt und gelenkt werden.

Die Spekulation auf Lebensmittelpreise sollte darüber hinaus beschränkt werden. Michel Barnier, Kommissar für den Binnenmarkt und Dienstleistungen, hat neue Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulation auf Grundnahrungsmittel am Derivatemarkt vorgeschlagen. Barnier hat die richtige Idee. Die dramatischen Schwankungen bei den Nahrungsmittelpreisen schädigen Landwirte, Verbraucher und sogar ganze Volkswirtschaften. Die im Derivatemarkt eingegangenen Verpflichtungen müssen transparenter gemacht sowie umfassender überwacht werden, und es müssen erforderlichenfalls Einschränkungen auf Handelsgeschäfte mit Nahrungsmittelpreisen eingeführt werden. Die Begründung einer nachhaltigen Ernährungspolitik ist für die Europäische Union gegenwärtig eine der wichtigsten Fragen.

 
  
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  Pavel Poc (S&D), schriftlich.(CS) Laut einer Erklärung der Weltbank sind die Lebensmittelpreise seit Oktober 2010 um über 15 % gestiegen, und beispielsweise hat der Getreidepreis der FAO zufolge um jährlich 39 % zugenommen. Nicht nur die niedrigsten Einkommensgruppen werden von einem Preisanstieg bei Nahrungsmitteln bedroht, sondern sie deckt auch viel tiefere und schwerwiegendere Probleme auf, die in Zukunft eine große Bedrohung darstellen werden. Die globale Nahrungsmittelerzeugung wird von einer Reihe von Faktoren gefährdet, wie Schädlinge, Krankheiten und Naturkatastrophen. Diese Faktoren werden gegenwärtig von extremen Wetterverhältnissen verschärft, die wahrscheinlich auf den Klimawandel zurückgehen. Ein gutes Beispiel hierfür wären die Dürre und Brände in Russland im Jahr 2010 oder die Überschwemmungen in Pakistan und in jüngster Zeit in Australien. Wir können davon ausgehen, dass sich das Problem steigender Lebensmittelpreise in Zukunft verschlimmert. Hier die Ursachen des Klimawandels zu diskutieren ist zwecklos, denn die Risiken sind real, und sie zu bezweifeln, ist ein inakzeptables Glücksspiel. Jedoch werden die Lebensmittelpreise auch von Wirtschaftsfaktoren beeinflusst, insbesondere durch den Missbrauch des Marktes durch die Manipulation des Dollar-Wechselkurses vonseiten der Regierung und die unverantwortliche Spekulation beim Rohstoffhandel. Europa muss erkennen, dass sich jetzt getroffene Entscheidungen auf die Zukunft des gesamten Nahrungsmittelsystems auswirken werden. Kurzfristig müssen wir uns auf die Einschränkung der Lebensmittelverschwendung, die Reduzierung der Importabhängigkeit, die Verringerung oder Stabilisierung der Nachfrage und die Einrichtung von Regelungsmechanismen auf dem Markt zur Vermeidung von Spekulation konzentrieren.

 
  
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  Elisabeth Köstinger (PPE), schriftlich. – Die Tatsache, dass die Lebensmittelpreise einen Höchststand seit Beginn der Preisbeobachtung erreicht haben, ist angesichts aktueller politischer Konflikte brennender denn je. Schließlich geht es um die Nahrungsmittelversorgung, in Entwicklungsländern um die essentielle Versorgung mit Grundnahrungsmitteln. Die Europäische Union ist aufgefordert, den globalen Kampf gegen Armut und Hunger voranzutreiben – rund 1,4 Milliarden Menschen sind von extremer Armut betroffen. Auch innerhalb europäischer Grenzen ist Armut ein Thema. Die einzige Garantie, die Versorgung in Europa sicherzustellen, ist die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik. Die Herausforderungen an die Landwirtschaft sind groß und nähren die Tendenz, „mehr aus weniger“ zu produzieren. Höhere Nahrungsmittelpreise schlagen sich nicht automatisch in höheren Einkommen der Landwirte nieder; es gibt eine steigende Kluft zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen. Die Wirklichkeit der Preisteuerung ist komplex: knappe Rohstoffe, höhere Herstellungskosten, hohe Treibstoffpreise, Abhängigkeiten von Ernten, Exporten und dem Weltmarkt – ein dichtes Ursachennetz, das mit gezielten Maßnahmen entwirrt werden muss. Um den Ursachen entgegenzuwirken, braucht es dringend Maßnahmen und Einigkeit über alle Politikbereiche hinaus. Die Kommission ist aufgefordert, die Stärkung der landwirtschaftlichen Produktion in Europa und in den Entwicklungsländern fundamental voranzutreiben. Spekulation mit unseren wichtigsten Lebensgütern ist unethisch: hier müssen wir verstärkt ansetzen.

 
  
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  Edite Estrela (S&D), schriftlich.(PT) Die Lebensmittelpreise sind in den letzten Jahren nicht so sehr wegen des Gesetzes von Angebot und Nachfrage, sondern vor allem wegen der Spekulation erheblich gestiegen. Tatsache ist, dass diese Steigerungen vorrangig ärmere Menschen treffen, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen. Ob in Europa oder den Entwicklungsländern – es ist nicht hinnehmbar, dass einige vom Hunger anderer profitieren.

Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf Ernährungssicherheit, und eine Voraussetzung dafür ist der Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln für jedermann. Die Nahrungsmittelknappheit hat eine Reihe von Ursachen: Dazu gehören unter anderem die falsche Raumplanung und Politik zur Unterstützung der Landwirtschaft sowie der Klimawandel. Daher ist es vonnöten, dass die EU die Landwirte bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen und Erzeugung der notwendigen Lebensmittel unterstützt. Es ist nicht hinnehmbar, dass Verbraucher viel zahlen und Erzeuger wenig verdienen sollen, während Spekulanten die Früchte ernten. Im Interesse der Ernährungssicherheit muss der Klimawandel auch eine Priorität der Europäischen Union sein.

 
  
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  Sandra Kalniete (PPE) , schriftlich. – (LV) In den letzten Monaten war ein starker Anstieg bei den Lebensmittelpreisen zu beobachten, wodurch die Zahl der von Armut gefährdeten Menschen rapide zugenommen hat. Die Lage in Europa ist nicht so kritisch, da die Einkommen unserer Bürgerinnen und Bürger unvergleichlich höher als die der Menschen in Entwicklungsländern sind. Jedoch stellen auch unsere Wähler zunehmend fest, dass die Lebensmittelpreise steigen. Laut Statistik der Weltbank sind seit dem letzten Juni ungefähr 44 Millionen Menschen in den Entwicklungsländern in die Armut abgeglitten, da die Nahrungsmittelpreise Anfang 2011 das Niveau von 2008 erreicht haben, als die steigenden Nahrungsmittel- und Ölpreise zu einem deutlichen weltweiten Anstieg der Armut beitrugen. Natürlich hat der Preis für Erdöl in der Welt eine Auswirkung auf die Nahrungsmittelpreise, aber wir sollten uns noch daran erinnern, dass Erdöl im Sommer 2008 bei 140 USD pro Barrel stand, wogegen es heute ungefähr 100 USD kostet. Dies bedeutet, dass der Anstieg der Preise teilweise durch Spekulation verursacht wurde. Um derartige Situationen in Zukunft zu vermeiden, müssen die G20-Staaten einen Mechanismus zur Vermeidung eines solchen Preisanstiegs und der Spekulation mit Nahrungsmitteln entwickeln. Um dies zu erreichen, müssen wir auf internationaler Ebene zusammenarbeiten. Das Problem der schwankenden Nahrungsmittelpreise ist ein weiterer Nachweis dafür, dass wir eine starke Gemeinsame Agrarpolitik brauchen, die gerecht ist und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle europäischen Landwirte gewährleistet, sodass unsere Bevölkerung hochwertige Lebensmittel von hoher Qualität zu akzeptablen Preisen bekommen kann.

 
  
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  Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė (PPE), schriftlich. (LT) Im Hinblick auf die Frage der Nahrungsmittelpreise möchte ich die Aufmerksamkeit auf zwei Bereiche lenken. Zunächst ist es sehr einfach, den Preisanstieg bei Lebensmitteln durch eine geringfügige Manipulation der öffentlichen Meinung zu beeinflussen, wie die jüngsten Erfahrungen in meinem Land zeigen. Wegen der Wiederverkäufer sind die Zuckerpreise in ganz Litauen an einem Tag um mehr als 10 % gestiegen. Daher können wir die alltäglichen Nahrungsmittel nicht der Selbstregulierung überlassen. Sie könnten als eine Investition betrachtet werden, deren Management spezielles Wissen erfordert, über das die Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse (die Landwirte) nicht verfügen. Obgleich der freie Warenverkehr einer der wesentlichen Grundsätze für das Funktionieren des freien Marktes in der EU darstellt, ist es notwendig, strengere Maßnahmen sowohl auf Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf Ebene der Europäischen Union zu ergreifen, um die Spekulation mit Nahrungsmitteln einzuschränken und die Rechte der schwächeren Hälfte – der Verbraucher, Kleinlandwirte und Händler – in ihren Beziehungen zu Großverarbeitungsbetrieben und Einkaufszentren zu verteidigen. Die zweite Dimension ist die enge Verbindung zwischen Lebensmitteln und Energiequellen und die Wechselbeziehungen zwischen ihren Preisen. Einerseits unterstützen wir den Einsatz von Biokraftstoff (und haben sogar Pflichtquoten für seine Verwendung festgelegt) zur Bekämpfung der Gasemissionen, die zum Klimawandel beitragen. Andererseits ist der Anbau von Pflanzen für Biokraftstoff auf landwirtschaftlichen Flächen anstatt Erzeugnissen für Lebensmittel genau das, was die Lebensmittelpreise in die Höhe treibt. Obgleich die Bekämpfung des Klimawandels eines unserer vorrangigen Ziele ist, müssen wir folglich ein Instrument finden, um die Preise für Nahrungsmittel nicht zu beeinflussen, zum Beispiel sollten nur Flächen für Biokraftstoff eingesetzt werden, die sich keinesfalls für den Anbau von landwirtschaftlichen Erzeugnissen eignen.

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE), schriftlich.(FR) Die Entschließung zum Anstieg der Lebensmittelpreise spricht die Feststellung an, dass die Lebensmittelpreise stetig steigen. Wegen dieses Anstiegs fordern wir dringende Maßnahmen zur Bekämpfung von Preismanipulationen. Klimaphänomene sind eine besonders hervorzuhebende Ursache dieses Anstiegs. Mit anderen Worten: Es bedarf einer besseren Wasser- und Bodenbewirtschaftung. Die direkte Auswirkung eines Anstiegs bei den Lebensmittelpreisen auf die Weltbevölkerung, wodurch Ausschreitungen und Unruhen entstehen könnten, muss auch die Staats- und Regierungschefs der G20 dazu anspornen, zu einer Einigung über marktbezogene Maßnahmen zur Bekämpfung der Spekulation zu kommen.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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