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Verfahren : 2008/0249(COD)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A7-0028/2011

Eingereichte Texte :

A7-0028/2011

Aussprachen :

PV 04/04/2011 - 15
CRE 04/04/2011 - 15

Abstimmungen :

PV 05/04/2011 - 4.6
CRE 05/04/2011 - 4.6
Erklärungen zur Abstimmung
PV 27/09/2011 - 8.11
CRE 27/09/2011 - 8.11
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0125
P7_TA(2011)0406

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 4. April 2011 - Straßburg Ausgabe im ABl.

15. Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (Aussprache)
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PV
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt ist der Bericht von Herrn Leichtfeld im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck [KOM(2008)0854 - C7-0062/2010 - 2008/0249(COD)] (A7-0028/2011).

 
  
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  Jörg Leichtfried, Berichterstatter. − Herr Präsident, geschätzte Frau Kommissarin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Bericht über Exportbewilligungen für Dual-Use-Güter übernommen habe, war ich mir zwar schon in gewissem Maße, aber nicht zur Gänze der Dimension dieses Berichts bewusst.

Es geht bei diesem Bericht im Wesentlichen um eine Praxis, die irgendwie immer wieder ins Zwielicht der Berichterstattung gerät, die aber andererseits Arbeitsplätze sichert, und die meines Erachtens europaweit geregelt werden muss.

Es geht im Wesentlichen um erleichterte Exportbewilligungen für Produkte, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können. Es geht um Chemikalien bis hin zu Kernbrennstoffen, es geht um Waffenteile, Computerbestandteile, und es geht letztendlich – und darüber haben wir sehr intensiv diskutiert – auch um Software und Softwarebestandteile.

Meines Erachtens ist es wichtig, dass die unterschiedlichen Regelungen, die es derzeit in den Mitgliedstaaten gibt, in Richtung einer Vereinheitlichung gebracht werden, dass sie genauer, bestimmter und auch transparenter werden, und dass sie vor allem auf europäischer Ebene Transparenz erlangen können.

Bei diesem Bericht hat man wahrscheinlich mit zum ersten Mal die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon bei uns im Europäischen Parlament richtig schön sehen können. Die Kommission hatte ursprünglich dem Rat diesen Vorschlag unterbreitet im Glauben, dass die Angelegenheit unter Umständen bis zum Abschluss des Vertrags von Lissabon erledigt sein würde. Das war aber nicht der Fall. So ist sie ja auch ins Europäische Parlament gekommen, und ich denke, es ist gut, dass sie im Europäische Parlament behandelt wird, weil wir doch einige Dinge, die ich in Folge noch ansprechen möchte, anders sehen als der Rat.

Es ist uns dann gelungen, gewisse juristische Verwicklungen, die sich aus dem Vorgehen der Kommission ergeben haben, zu überwinden. Ich bedanke ich mich insbesondere bei den Vertretern der Kommission, dass es gelungen ist, die Dinge so zu regeln, dass wir jetzt auf juristisch sicheren Gleisen unterwegs sind. Schließlich sind dann noch einige Kernprobleme übrig.

Wir im Haus sind uns im Wesentlichen bei allen Dingen einig, mit einer Ausnahme, und bei der da sind wir uns auch mit dem Rat nicht einig. Es geht um die Frage: Sollten Exporte bewilligt werden, nachdem sie stattgefunden haben, oder sollen sie bewilligt werden, bevor sie stattfinden. Hier ist es aus Gründen der Sicherheit, der Übersicht und der Transparenz vernünftig, dafür zu sorgen, dass man zuerst fragen muss, bevor man etwas Gefährliches exportiert, und dass man nicht nachher um Bewilligung ansucht, wenn diese Produkte bereits exportiert sind, denn dann erreicht man mit dem Verbieten dieses Exportes wahrscheinlich nicht mehr allzu viel. Das ist die berühmte ex post - ex ante Diskussion: meiner Ansicht nach wäre es vernünftiger, vorher zu bewilligen und dann zu exportieren.

Wo wir alle einer Meinung sind – allerdings nicht mit dem Rat – ist die Frage der Transparenz der Berichterstattungspflicht. Ich denke, das Europäische Parlament sollte – wie man das technisch löst, darüber kann man reden – am Ende informiert werden, was, wohin und wieviel bewilligt wurde, weil wir natürlich auch das Organ sind, das dafür zu sorgen hat, dass die Dinge in bester Ordnung geschehen.

Es ist auch wichtig, dass wir darüber diskutieren, wie wir mit Exporten von Geräten umgehen, durch deren Einsatz unter Umständen Menschenrechtsverletzungen begangen werden. Ich denke, solche Exporte dürfen nicht stattfinden. Dafür müssen wir sorgen. Ich freue mich jetzt schon auf die Diskussion.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, tagtäglich müssen die europäischen Unternehmen in einem Umfeld konkurrieren, das ständig im Wandel begriffen und einem immer stärkeren Wettbewerb ausgesetzt ist. Die Fragen der Zuverlässigkeit und der pünktlichen Lieferung sind genauso wichtig, wie Qualität und Preis. Die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck stellt in dieser Hinsicht eine besondere Herausforderung dar, da diese Exporte Genehmigungspflichten unterliegen.

Güter mit doppeltem Verwendungszweck sind keine Nischenprodukte. Es sind in erster Linie Güter, die rechtmäßig in einer Vielzahl von Industriesektoren zur Anwendung kommen – in der Raumfahrts-, Telekommunikations-, Luftfahrt- und chemischen Industrie usw. Die Güter werden kontrolliert, da sie möglicherweise auch für militärische Zwecke genutzt werden könnten.

Viele Mitgliedstaaten gewähren ihren Exporteuren spezielle Exporterleichterungen. Diese Erleichterungen werden in Form von Allgemeingenehmigungen gewährt und ermöglichen es Unternehmen, in manchen Mitgliedstaaten Güter mit doppeltem Verwendungszweck unter minimalem Aufwand zu exportieren.

Als Ergebnis einer Untersuchung dieser nationalstaatlichen Erleichterungsmaßnahmen im Jahr 2008 hat die Kommission ihren Vorschlag eingebracht, der darauf abzielt, diese nationalstaatlichen Erleichterungen auf Exporteure in der gesamten Europäischen Union auszuweiten. Der Vorschlag für eine neue EU-weite allgemeine Ausfuhrgenehmigung ist darauf ausgerichtet, Exporteuren in allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, von den Vorteilen vereinfachter Verfahren für den Export gewisser Güter mit doppeltem Verwendungszweck an bestimmte Bestimmungsziele zu profitieren. Auf diese Weise wird die Teilnahme an internationalen Ausstellungen und Messen erleichtert. Das Exportieren von reparierten Gütern wird ebenfalls leichter und die Ausfuhr von Telekommunikationseinrichtungen und bestimmten Industriechemikalien wird vereinfacht. Andererseits sind Mitgliedstaaten in der Lage, ihre eingeschränkten Ressourcen auf Transaktionen zu konzentrieren, die tatsächlich eine Gefahr darstellen.-

Die Kommission erhält regelmäßig Beschwerden aus der Industrie, dass bestimmte exportierte Güter nicht in einen Mitgliedstaat eingeführt werden dürfen, wohingegen identische Transaktionen in anderen Mitgliedstaaten grünes Licht erhalten. Der Ihnen vorliegende Vorschlag ist ein erster Schritt hin zu einer Beseitigung dieser Ungleichheiten innerhalb unseres Binnenmarktes. Viele andere Länder unternehmen ähnliche Schritte, um ihre Arbeit hinsichtlich der Ausfuhrkontrolle zu priorisieren, und wir sollten nicht hinter ihnen zurückbleiben.

Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Leichtfried, und anderen Mitgliedern für ihre sehr konstruktive Arbeit zu diesem Vorschlag danken. Der von Ihnen und Ihrem Ausschuss vorgelegte Bericht ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung und geht in weiten Teilen mit der Ansicht der Kommission konform.

 
  
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  Reinhard Bütikofer, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. − Herr Präsident, Frau Kommissarin! Vor uns liegt ein Thema, das Handel und Sicherheit gleichermaßen berührt. Dual-Use-Güter sind Güter mit doppeltem Verwendungszweck. Das bedeutet, sie können sowohl einen zivilen Nutzen haben als auch einen durchaus sensiblen oder gar gefährlichen, jedenfalls sicherheitsrelevanten Nutzen. Manche, z. B. das deutsche Wirtschaftsministerium, behaupten, dass es sich – ich zitiere – „um unkritische Güter“ handle. Das ist falsch. Dieses Parlament hat sich in seinen Ausschüssen bisher verantwortlicher positioniert.

Ich spreche als Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung. In diesen Ausschüssen haben wir eine sehr klare Position bezogen. Wir glauben, dass es außerordentlich fahrlässig wäre, bestimmte Kontrollmechanismen außer Acht zu lassen. Ich möchte deshalb an die Kolleginnen und Kollegen appellieren, den Empfehlungen des AFET- bzw. des SEDE-Ausschusses und insbesondere den Empfehlungen des Berichterstatters, der gerade gesprochen hat, in der Frage der Vorabkontrolle zu folgen. Das ist die eine große Kontroverse, die wir bei diesem Thema jetzt noch haben.

Erst im Nachhinein zu kontrollieren, hieße weniger Sicherheit. Wir wollen aber mehr Sicherheit für die EU-Bürger und auch mehr Sicherheit für unsere Partnerländer und unsere Handelspartner. Wir wollen nicht, dass jetzt das Prinzip der Vorabkontrolle – dem der INTA- und der AFET-Ausschuss gefolgt sind – nun ersetzt wird durch das Prinzip der Kontrolle im Nachhinein. Das würde Handelsinteressen über Sicherheitsinteressen stellen. Viele Mitgliedstaaten, wie z. B. die Niederlande, haben ausdrücklich davor gewarnt. Deswegen wäre es sicher im Interesse unserer Bürger, wenn das Plenum bestätigen würde, was die Ausschüsse erarbeitet haben.

 
  
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  Elisabeth Köstinger, im Namen der PPE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die diskutierte Dual-Use-Verordnung sieht die Schaffung von allgemeinen Genehmigungen für unkritische Güter und Technologien vor, die in Drittstaaten ausgeführt werden und einen doppelten Verwendungszweck erfüllen. Diese allgemeinen Genehmigungen sollen aber auch den europäischen Exporteuren sowie kleinen und mittleren Unternehmen Planungssicherheit bieten. Diese Verordnung soll eine Erleichterung für unsere europäischen Exporteure sein, um ihnen zeitintensive Einzelgenehmigungsverfahren zu ersparen und vor allem auch ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Deshalb denke ich, dass detaillierte Meldeverfahren und die zusätzlichen Anforderungen, die an Exporteure herangetragen werden, keine Erleichterung bringen, sondern einen Mehraufwand bedeuten.

Es muss ohne Zweifel sichergestellt werden, dass Exporte, die einem doppelten Verwendungszweck unterliegen, auch sicher verwendet werden und keine Gefahr darstellen können. Es gilt, auf jeden Fall auch die Frage des übermäßigen und unnötigen Mehraufwands zu stellen. Als Beispiel dafür könnte man einen mittelständischen Betrieb im Bereich des Maschinenbaus anführen, der einen 24-Stunden-Service anbietet, um Maschinen zu reparieren oder Einzelteile zu liefern. Diese Dienstleistungen müssen trotz verschärfter Exportbestimmungen auch weiterhin möglich sein.

Ähnliches gilt für den Bereich cyber attacks und die Einbindung von Stakeholdern. Wenn wir keine klaren Kriterien und Rahmenbedingungen für diese Bereiche finden und die Formulierungen unpräzise sind, dann muss ich auch hier die Frage des Mehraufwands und der Verallgemeinerung stellen. Es ist zwar überaus wichtig, Stakeholder in Entscheidungsprozesse einzubinden, doch dies immer vor dem Hintergrund einer praktischen und sinnvollen Umsetzung. Die Wichtigkeit von Transparenz und Sicherheit steht auch hier außer Frage.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen: Diese Verordnung soll zur Verfahrenserleichterung und zur Entbürokratisierung beitragen. Vor dem Hintergrund der sicheren Verwendung von Gütern und Technologien soll unsere europäische Wirtschaft gestärkt und die damit verbundene Verwaltung erleichtert werden.

 
  
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  George Sabin Cutaş, im Namen der S&D-Fraktion.(RO) Herr Präsident, zuerst möchte ich meinem Kollegen für die ausgezeichnete Arbeit danken, die er für diesen Bericht aufgewendet hat, ein Bericht, der so fachspezifisch ist, und doch reale Auswirkungen auf die Sicherheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger hat.

Die Europäische Union setzt Ausfuhrkontrollmaßnahmen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck seit nahezu 15 Jahren durch. Die Verabschiedung von Präventivmaßnahmen, wie zum Beispiel Anforderungen an Exportlizenzen und die Zollanmeldung, ermöglicht es der Europäischen Union, dafür Sorge zu tragen, die Verbreitung von Waffen, insbesondere Massenvernichtungswaffen, zu verhindern. Dennoch muss das Regelwerk der Europäischen Union zu Gütern mit doppeltem Verwendungszweck transparenter und demokratischer werden. Es muss ein sicheres System eingerichtet werden, in dem Mitteilungen über Exporte, die Güter betreffen, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke bestimmt sind, gesammelt, übermittelt und gespeichert werden, um der Gefahr einer Verbreitung von Massenvernichtungswaffen vorzubeugen.

Ich begrüße auch den Vorschlag des Berichterstatters, mit dem er die Koordinationsgruppe „Güter mit doppeltem Verwendungszweck“ auffordert, dem Europäischen Parlament einen Jahresbericht vorzulegen, um es bei der Erfüllung seiner Kontrollfunktion zu unterstützen. Es ist wiederum die Pflicht der Europäischen Kommission, das Parlament über die Umsetzung der Einrichtung der Verordnungsvorschrift zur Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck zu informieren und eine Folgenabschätzung für die vorgeschlagenen Maßnahmen durchzuführen.

Nicht zuletzt muss die Europäischen Union in internationalen Ausfuhrkontrollregelungen besser vertreten sein. Leider werden die Listen der zu kontrollierenden Güter anhand der internationalen Regelungen aktualisiert und in die Rechtsvorschriften der Europäischen Union übertragen, ohne dass das Europäische Parlament an diesem Prozess teilnehmen kann. Daher fordere ich eine stärkere Kontrolle seitens des Parlaments und eine erleichterte Ausübung seiner gesetzgebenden Funktion, so wie sie ihm im Vertrag von Lissabon zugewiesen wird.

 
  
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  Niccolò Rinaldi, im Namen der ALDE-Fraktion. (IT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren, seit Bestehen der Welt gilt: wenn es einen schwer zu kontrollierenden Handelsbereich gibt, dann ist jener des Waffenhandels. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um diese Kontrollen zu erschweren. Eine dieser Möglichkeiten besteht darin, mit offensichtlich harmlosen Waffen zu handeln oder mit Technologien, die leicht zu Waffen umfunktioniert werden können, und aus diesem Grund beschäftigen wir uns in der Verordnung mit der doppelten Verwendung. Eine weitere Schwierigkeit ist die Fülle an Regeln, die jedes Kontrollsystem ineffektiv werden lassen.

Als wir mit der Arbeit in dieser Angelegenheit anfingen, bat uns die Kommission, eine Verordnung aus dem Jahre 2000 zu ändern. Mittlerweile wurde dies zurückgenommen, und wir wurden aufgefordert, die neuere Verordnung aus dem Jahr 2009 zu ändern, auf der Grundlage desselben überholten Vorschlags. Wir haben gerade erst den Trilog begonnen und haben bereits einen neuen Gesetzesvorschlag der Kommission, um die Verordnung erneut zu ändern. Die erste Forderung besteht deshalb darin, mittels eines konsolidierten Textes klare, einfache und transparente Regeln für europäische Auslieferer aufzustellen.

Vier Punkte zur Haltung der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE). Hinsichtlich der geringwertigen Sendungen sind wir sehr skeptisch, was dieses System angeht. Wir von der ALDE-Fraktion sind uns in diesem Punkt mit dem Rat einig. Das Parlament hat den Maximalwert bereits von 5 000 auf 3 000 EUR begrenzt und noch weitere verschiedene Kriterien auferlegt. Die Liste der Bestimmungsländer ist sehr eingeschränkt. Dies ist etwas, was die kleinen und mittleren Unternehmen berechtigterweise wünschen, aber unsere wichtigste Botschaft lautet, dass wir, neben dem Handel, vor allem auf Sicherheit bedacht sind, und dass wir dieses Thema im Trilog erneut bearbeiten müssen.-

Wir unterstützen die Politik der Ex-ante-Mitteilung, wie auch die Verpflichtung zur Registrierung durch die Mitgliedstaaten. Schließlich fordern wir ein maximales Maß an Transparenz, um sicherzustellen, dass die Verordnung einen Mechanismus bietet, der Interessensträger, wie Friedens- und Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften, über die verschiedenen Stufen informiert, die zur Entscheidungsfindung geführt haben, auch mittels eines Berichts an das Europäische Parlament.

 
  
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  Helmut Scholz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich danke ausdrücklich dem Berichterstatter, Jörg Leichtfried, für seine Arbeit an diesem Bericht und wünsche ihm auch im Namen meiner Fraktion viel Erfolg für die sicher schwierigen Verhandlungen mit dem Rat, der leider bei dieser Debatte nicht anwesend ist.

Auf zwei Aspekte möchte ich allerdings hinweisen. Die Änderungsanträge der EVP-Fraktion sind keine Hilfestellung für den Berichterstatter, sondern untergraben die im Ausschuss für internationalen Handel definierte Verhandlungsposition des Parlaments. Die Anträge zielen darauf ab, den Rüstungsexporteuren das Leben leichter zu machen. Meine Fraktion wird diese Anträge daher nicht unterstützen.

Zweitens möchte ich zum Ausdruck bringen, dass meine Fraktion erhebliche Probleme damit hat, wenn die Dual-Use-Liste genutzt werden soll, um insbesondere die Entwicklungsländer vom Zugang zur Hochtechnologie auszuschließen. Dies gilt insbesondere für Beschränkungen für den Export leistungsstarker Computer. Gerade in den Ländern Mittel- und Osteuropas haben wir Erfahrungen mit den politischen Missbrauchsmöglichkeiten der Dual-Use-Liste machen müssen. In diesem Sinne haben wir den Änderungsantrag 47 formuliert, und ich werbe hiermit im Interesse der Entwicklungsländer um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag.

 
  
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  Franz Obermayr (NI). - Herr Präsident! Kernbrennstoffe, Chemikalien, IT-Programme können für friedliche, aber auch für militärische Zwecke verwendet werden. Einige Mitgliedstaaten haben Libyen jahrelang mit Waffen und sogar mit Folterwerkzeugen versorgt. Der jüngste Rüstungsexportbericht – eher ein Sündenregister – zeigt klar auf, dass Italien, Malta und Deutschland die meisten Waffen an Gaddafi lieferten. Frankreich wiederum war der Spitzenreiter bei den Lieferungen in den arabischen Raum. Andere – wie meine Heimat Österreich – halten sich an die Beschränkungen. Dieses Ungleichgewicht muss bekämpft werden.

Alle Mitgliedstaaten und die gesamte Waffenindustrie in der EU müssen sich an strenge Kontrollen und Transparenzbestimmungen halten. Aber das System muss auch immer wieder aktualisiert werden. Gerade bei Software, IT und Smartphones muss abgewogen werden, ob diese nicht demokratischen Bewegungen nutzen, wie zuletzt ja im arabischen Raum. Es bedarf daher differenzierter Analysen hinsichtlich des potenziellen Verwendungszwecks und hinsichtlich der Bedenklichkeit des Adressaten.

 
  
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  Christofer Fjellner (PPE).(SV) Herr Präsident, die Anzahl der Produkte, die für zivile und militärische Zwecke gleichermaßen verwendet werden kann und von diesen Rechtsvorschriften erfasst wird, ist viel größer, als wir zunächst dachten. Dazu zählt alles, von LKW bis Motoren für Düsenflugzeuge und Telekommunikationseinrichtungen. Ich halte es deshalb für wichtig, zu betonen, dass der direkte Verweis auf die Waffenindustrie in dieser Hinsicht oft irreführend ist. Diese Rechtsvorschriften sind auch deshalb wichtig, weil sie die Art und Weise vereinfachen und vereinheitlichen, wie wir mit Produkten in Europa umgehen, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können. Es müssen strikte, vorhersagbare und klare, aber auch harmonisierte Rechtsvorschriften sein. Jedes Mal wenn ich höre, dass einem schwedischen Unternehmen die Möglichkeit verwehrt wurde, Ausfuhren in ein anderes Land zu tätigen, aus Gründen, die mit den europäischen Rechtsvorschriften zu tun haben, und ich dann erfahren muss, dass zum Beispiel ein französisches Unternehmen die gleichen Produkte ungehindert ausführen kann, ist das Scheitern der EU in diesem Bereich offensichtlich.

Wir dürfen nicht vergessen, dass der Handel im Wesentlichen eine gute Sache ist. Ich denke beispielsweise an Telekommunikationseinrichtungen, die für demokratische Bewegungen weltweit von unglaublich großer Bedeutung sind. Dieser Vorschlag darf den zivilen Handel nicht noch mehr erschweren und noch bürokratischer werden lassen. Ich bin deshalb gegen den Vorschlag, eine Ex-ante-Deklarierung einzuführen. Moderne Just-In-Time-Lieferungssysteme, Dienstleistungsvereinbarungen usw. führen bei rechtlich vollkommen einwandfreien Produkten, die wir exportieren, und von denen wir mehr auf dem Markt sehen möchten, zu außerordentlichen Schwierigkeiten. Die meisten Unternehmen wissen genau, um welche Produkte es sich handelt. Auch wenn die Unternehmen eine nachträgliche Mitteilung verwenden, müssen sie bei der Ausfuhr mit einer Strafe rechnen. Ich denke, es ist wichtig, den Handel zu vereinfachen. Wir müssen sicherstellen, dass die Rechtsvorschriften strikt, eindeutig und harmonisiert, aber gleichzeitig einfach ausgestaltet sind. Dies verträgt sich nicht gut mit einer Ex-ante-Überprüfung, die für alle Ausfuhren zur Anwendung gebracht wird. So wird zum Beispiel die Lieferung von wichtigen Telekommunikationseinrichtungen an Länder, die diese benötigen, erschwert.

 
  
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  Janusz Władysław Zemke (S&D).(PL) Herr Präsident, ich danke Ihnen sehr dafür, dass ich hier sprechen darf. Unser Problem hat mit der Tatsache zu tun, dass nicht alle EU-Mitgliedstaaten die gleichen Kriterien anwenden hinsichtlich der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck. Ich denke deshalb, wir sollten sicherstellen, dass alle EU-Mitgliedstaaten die gleichen hohen Standards anwenden bezüglich des Exports von zivilen Produkten, die auch für militärische Zwecke eingesetzt werden können.

Ich glaube, dass diese Verordnung vor allem die Notwendigkeit verdeutlichen sollte, die unberechtigte und unerwünschte Verbreitung von Technologien und deren Software zu verhindern, da die Zahl der Angriffe mit modernen Technologien und Software immer mehr zunimmt. Ich denke, dies ist ein wirkungsvoller Weg, den Cyber-Terrorismus zu bekämpfen.

 
  
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  Ioan Mircea Paşcu (S&D). – Herr Präsident, das Thema des Berichts ist in zweifacher Hinsicht heikel, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Einerseits möchte die EU verhindern, dass Güter mit doppeltem Verwendungszweck für militärische Zwecke und/oder gegen Menschen eingesetzt werden. Auf der anderen Seite muss sie die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller und Anwender berücksichtigen. Die Verordnung ist deshalb so verstrickt, da sie sowohl bestehende absichtliche Schlupflöcher abdecken als auch künftige Schlupflöcher erkennen muss.

Zudem mag die Verordnung für einige zu streng erscheinen und für andere wiederum zu schwach, was eine kontinuierliche Überprüfung erfordert. Als Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten unterstütze ich die Notwendigkeit einer transparenteren und strengeren Verordnung. Ich befürworte deshalb uneingeschränkt die Genehmigung vor Auslieferung und nicht umgekehrt. Vor allem nach Lissabon kann das Parlament nur helfen, und das ist genau das, was es hier und heute tut. Es darf folglich nicht über seine Rolle hinweggesehen werden, vielmehr muss diese gestärkt werden.

 
  
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  Peter Jahr (PPE). - Herr Präsident! Wenn es um die Exportbewilligung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck geht, sind wir uns wohl alle einig, dass wir in der Europäischen Union einheitliche Regeln finden müssen, damit die Mitgliedstaaten nicht unterschiedlich verfahren, was dann zu Wettbewerbsverzerrungen führen und genau das Gegenteil von dem bewirken würde, was wir eigentlich wollen.

Natürlich klingt es logisch, wenn wir sagen, die Exporte sollen vorab bewilligt und genehmigt werden. Wir möchten mehr Transparenz, und wir möchten eine Erfolgskontrolle als Lernprozess. Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich meine Kollegin Köstinger unterstützen, die gesagt hat, dass wir natürlich auch ein System brauchen, das für unsere mittelständische Industrie erträglich und verkraftbar ist. Denn der Weltmarkt ist nicht nur für die Großen gemacht, sondern auch für die Mittelständler.

Dies wäre auch mein Appell an den Berichterstatter, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass die Bedingungen und Vorschriften, die festgelegt werden, auch für unsere Mittelständler durchführbar und erträglich sind.

 
  
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  João Ferreira (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident, das Problem bei der Nutzung von zivilen Produkten und Technologien für militärische Zwecke ist das Fehlen eines Ansatzes, der über die Exportkontrollen von sogenannten „Gütern mit doppeltem Verwendungszweck und dazugehörigen Dienstleistungen“ hinausgeht. Diese Exportkontrolle ist wichtig und sollte konsequent durchgeführt werden, und zwar so, dass der Zugang von Entwicklungsländern zu Produkten und Technologien, die diese zu ihrer Entwicklung benötigen, nicht in Frage gestellt wird. Es ist wichtig, die Transparenz der relevanten Prozesse zu steigern und deren demokratische Kontrolle zu ermöglichen.

Es ist aber in diesem Bereich auch eine Kohärenz der anderen Strategien der Europäischen Union mit den Zielen dieser Verordnung geboten. Wir möchten zum Beispiel an die Forschungsprojekte erinnern, die durch das 7. Rahmenprogramm finanziert wurden, vor allem an jene, an denen sich die israelische Luftfahrtindustrie beteiligte. Diese stellte unbemannte Flugzeuge her, die dann beim Angriff auf den Gazastreifen in den Jahren 2008 und 2009 eingesetzt wurden und den Tod Dutzender Menschen verursachten. Auch hier ist eine strenge Evaluierung der möglichen doppelten Verwendung der Ergebnisse solcher Programme sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke notwendig.

 
  
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  Cecilia Malmström, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, im Namen von Herrn De Gucht möchte ich dem Berichterstatter und seinem Ausschuss erneut für ihre Arbeit danken. Die Kommission teilt schon seit langem die im Bericht dargelegten Ansichten, auch im Hinblick auf die zwei verbleibenden Punkte, in denen im Bericht ein Ex-ante-System vorgeschlagen wird. Das Wichtigste für die Kommission besteht darin, überall ein gleiches System zu haben, da wir alle möglichen Ausgestaltungen doppelter Standards und Verkomplizierungen hier vermeiden müssen.

Wir stimmen auch mit Ihnen darin überein, dass eine Art Berichtmechanismus geboten ist – natürlich ohne insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen mit übertriebenem Aufwand zu belasten. Aber irgendein Berichtmechanismus ist notwendig, und ich hoffe, dass Sie später mit dem Rat eine Einigung hinsichtlich dieser verbleibenden Punkte erzielen werden. Herr Präsident, nochmal vielen Dank für diese Aussprache.-

 
  
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  Jörg Leichtfried, Berichterstatter. − Herr Präsident! Ich wollte die letzten zwei Minuten nutzen, um an den Rat zu appellieren. Doch dort, wo der Rat sein sollte, sind leere Sessel. Ich bin mir nicht sicher, ob es vernünftig ist, Debatten ohne den Rat zu führen. Ich denke, es wäre angezeigt, dem Rat auszurichten, dass er, wenn er vom Europäischen Parlament etwas möchte, auch herkommen und sich die Diskussionen dazu im Europäischen Parlament anhören soll.

Ich weiß, es geht hier um einen großen Wirtschaftszweig. Es geht um viele Güter, es geht um Arbeitsplätze, insbesondere um Arbeitsplätze bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Hochtechnologie produzieren, die unglaublich wichtig sind. Für die ist es ganz wichtig, dass es in der Europäischen Union einheitliche Regelungen gibt, und nicht – wie Kollege Fjellner gemeint hat – ein Land seine Verpflichtungen erfüllt, ein anderes jedoch nicht, und am Ende diejenigen die Dummen sind, die sich an die Regeln halten. Das sollte nicht der Fall sein.

Darum ist es wichtig, dass wir schnell zu einer Lösung kommen, und dass auch der Rat akzeptiert, dass nicht alles so geht, wie er es sich vorstellt. Das ist auch wichtig. Wenn diese Einsicht vorhanden ist, kommen wir rasch zu einer Lösung im Interesse der europäischen Wirtschaft, im Interesse der europäischen Arbeitsplätze und im Interesse der Wahrung der Menschenrechte, der Wahrung der Sicherheit, der Wahrung körperlicher Unversehrtheit außerhalb der Europäischen Union. Dazu soll dieser Bericht auch beitragen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Abstimmung über den Bericht von Herrn Leichtfried (A7-0028/2011) findet morgen um 12 Uhr statt.

 
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