Entschließungsantrag - B7-0500/2010Entschließungsantrag
B7-0500/2010

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Situation der Roma in Europa

6.9.2010

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Cornelia Ernst, Marie-Christine Vergiat, Rui Tavares, Willy Meyer, Nikolaos Chountis, Patrick Le Hyaric, Miguel Portas, Jacky Hénin, Kyriacos Triantaphyllides im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0493/2010

Verfahren : 2010/2842(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0500/2010
Eingereichte Texte :
B7-0500/2010
Angenommene Texte :

B7‑0500/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Situation der Roma in Europa

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die internationalen und europäischen Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte[1], sowie auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

 

–   unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte und besonders die Artikel 21 (Nichtdiskriminierung) und 45 (Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit),

–   unter Hinweis auf Artikel 2, 6 und 7 sowie Artikel 13 (Maßnahmen gegen Diskriminierungen unter anderem aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft), 12 (Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit) und 18 (Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten) des Vertrags über die Europäische Union,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft[2] und besonders die Definition von unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung sowie auf die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten[3],

 

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die soziale und wirtschaftliche Integration der Roma (KOM/2010/0133) und die Berichte der Agentur für Grundrechte der Europäischen Union,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Roma, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Maßnahmen gegen Diskriminierung und Freizügigkeit, und insbesondere die Entschließungen vom 31. Januar 2008 zu einer Europäischen Strategie für die Roma, vom 10. Juli 2008 zur Zählung der Roma[4] in Italien auf der Grundlage ihrer ethnischen Zugehörigkeit und vom 25. März 2010 zum zweiten europäischen Gipfeltreffen zur Lage der Roma,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Januar 2009 zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union 2004–2008,

–   unter Hinweis auf die vom Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung auf seiner 77. Tagung (2.-27. August 2010) ausgesprochenen Empfehlungen des in Bezug auf Dänemark, Estland, Frankreich, Rumänien und die Slowakei,

–   unter Hinweis auf den Bericht des Europarates bzw. 4. Bericht der ECRI (Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz) über Frankreich, der am 15. Juni 2010 veröffentlicht wurde,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die französische Regierung am 28. Juli eine Dringlichkeitssitzung anberaumt hat, um „die mit dem Verhalten bestimmter Fahrender und Roma verbundenen Probleme“ zu erörtern, und in dieser Sitzung der Beschluss gefasst wurde, ungefähr 300 von Roma und Fahrenden bewohnte illegale Lager innerhalb von drei Monaten aufzulösen und die Roma in ihre Herkunftsländer, hauptsächlich Rumänien und Bulgarien, abzuschieben,

B.  in der Erwägung, dass die französischen Behörden behauptet haben, dass eine „freiwillige“ und „humanitäre“ Rückführung durchgeführt und dabei eine Entschädigung von 300 Euro pro Erwachsenem und 100 Euro pro Kind ausgezahlt wurde, wohingegen Presseberichten zufolge und nach Angaben des Ausschusses der Vereinten Nationen zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung nicht „alle Personen ihre freiwillige und uneingeschränkte Einwilligung gegeben“ oder die ihnen zustehenden Rechte verstanden haben, wobei einige Roma erklärt haben, dass ihnen die Inhaftierung oder die Zwangsrückführung angedroht wurde, sollten sie die „freiwillige“ Rückführung ablehnen, während das Vorgehen der Behörden, die Männer von Frauen und Kindern getrennt haben, ebenfalls auf heftige Kritik stieß, in der Erwägung, dass von den Empfängern der Rückführungszahlung verlangt wurde, dass sie ein Formular unterzeichnen und Fingerabdrucke abgeben, um die Rückkehr der Roma nach Frankreich zu verhindern; in der Erwägung, dass für die Betroffenen der ihnen ausgezahlte Betrag von 300 Euro unter keinen Umständen einen Verlust ihrer Rechte nach Europäischem Recht bedeutet,

C. in der Erwägung, dass Frankreich schon seit einigen Jahren Roma ausgewiesen und in ihre Heimatländer zurück verbracht hat, davon nahezu 10000 im Jahr 2009 und mehr als 8000 in diesem Jahr, und dass die französische Regierung auf Roma – und nur auf diese – ein spezifisches Gesetz anwendet (das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene ‘circular NOR/INT/D/06/00115/C vom 22. Dezember 2006, das die Modalitäten für die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung von rumänischen und bulgarischen Staatsangehörigen regelt), das der einzige Text dieser Art ist, der in Frankreich auf EU-Bürger angewandt wird; in der Erwägung, dass die Roma die einzigen EU-Bürger sind, die von den französischen Behörden in Aufnahmelagern für Migranten untergebracht werden,

D. in der Erwägung. dass die Abschiebungen von Roma als quantitativer Maßstab für die Wirksamkeit der von der französischen Regierung durchgeführten Maßnahmen zur Ausweisung von Ausländern, die sich illegal in Frankreich aufhalten, in die Statistiken über Ausweisungen einfließen und die Roma in diesem Zusammenhang folglich als Nicht-EU-Ausländer behandelt werden; in der Erwägung. dass die Zahl der auf diese Weise abgeschobenen Roma 2009 ein Drittel der Gesamtzahl der von der französischen Regierung in diesem Rahmen veröffentlichten Ausweisungen und ein Drittel aller in Frankreich lebenden Rumänen und Bulgaren ausmachte,

E.  in der Erwägung, dass am 19. August 86 Roma, am 20. August ungefähr 130 Roma und am 26. August ungefähr 300 Roma nach Rumänien und Bulgarien zurückgeschickt wurden und die französische Regierung angekündigt hat, Ende August ungefähr 800 Roma auszuweisen,

F.  in der Erwägung, dass die Ausweisungen nach Angaben von NRO, die in Frankreich mit Roma arbeiten, auf der Grundlage einer sogenannten ‚Verpflichtung zum Verlassen des Hoheitsgebiets’ (OQTF) und mit einer so kurzen Frist durchgeführt werden, dass es unmöglich ist, bei den betroffenen Roma eine Einzelfallprüfung ihrer Situation vorzunehmen; in der Erwägung, dass solche Ausweisungen fast immer dann erfolgen, wenn ein von Roma besiedelter Ort aufgelöst wird, und dass diese Räumungsmaßnahmen oft mit einem gewaltsamen Vorgehen der Polizei einhergehen,

G. in der Erwägung, dass die französische Regierung zudem erklärt hat, dass aufgrund der gescheiterten Integration der Roma-Minderheit Rumänien und Bulgarien im März nicht dem Schengen-Raum beitreten sollten, falls sie nicht ihren Verpflichtungen gegenüber den Roma nachkommen, obgleich dies in Widerspruch zu den Ergebnissen der technischen Bewertung der Konformität der beiden Länder steht, die von allen Mitgliedstaaten in der Schengen-Arbeitsgruppe gebilligt wurden; in der Erwägung, dass die Kommission diesen Vorschlag der französischen Regierung abgelehnt hat,

H. in der Erwägung, dass die französische Regierung die Ausweisungen fortgesetzt hat, obgleich sie auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene von nichtstaatlichen Organisationen, Regierungen, Institutionen, führenden Religionsvertretern und Organisationen wie insbesondere den Vereinten Nationen, vom Europarat und von EU-Organen vielfach kritisiert wurde und nur beim italienischen Innenminister Unterstützung fand, der in der Vergangenheit ähnliche Maßnahmen vorgeschlagen und ergriffen hat,

I.   in der Erwägung, dass die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung, der Menschenrechtskommissar des Europarates und der Präsident der Parlamentarischen Versammlung angesichts dieser Maßnahmen ihre tiefe und aufrichtige Besorgnis geäußert haben,

J.   in der Erwägung, dass Italien bereits 2008 für diskriminierende Maßnahmen gegen Roma scharf kritisiert wurde, in der Erwägung, dass der italienische Innenminister die Kommission aufgefordert hat, auch für EU-Bürger, die den Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG nicht nachkommen, Sanktionen und Abschiebungen oder Rückführungsmaßnahmen vorzusehen,

K. in der Erwägung, dass der Geist der Verträge und der EU selbst von der Idee der uneingeschränkten Freizügigkeit geprägt ist und dass die Rechtsvorschriften, mit denen diese Freizügigkeit geregelt wird, als ein Mindestrahmen angesehen werden müssen und nicht gegen dieses Hauptziel verwendet werden dürfen,

L.  in der Erwägung, dass die französische Regierung den italienischen, deutschen, britischen und später belgischen Innenminister sowie die Kommission zusammen mit den Innenministern von Kanada und der USA zu einem Treffen ohne die anderen Mitgliedstaaten im September in Paris eingeladen hat, um die in die EU-Zuständigkeit fallenden Fragen der „Einwanderung“ und der Freizügigkeit zu erörtern, und dass der italienische Innenminister angekündigt hat, sich für strengere EU-Rechtsvorschriften im Bereich Einwanderung und Freizügigkeit, insbesondere für Roma, einzusetzen,

M. in der Erwägung, dass die Freizügigkeit ein in den EU-Verträgen verankertes und in der Richtlinie 2004/38/EG geregeltes Grundrecht ist, das Gegenstand eines Kommissionsberichts und von Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur ordnungsgemäßen Anwendung dieser Richtlinie war,

N. in der Erwägung, dass der Dreiervorsitz der EU auf dem zweiten Gipfeltreffen zur Lage der Roma in Cordoba vom 8-9 April 2010 sich in seiner gemeinsamen Erklärung verpflichtet hat

    –    die Einbeziehung von Roma-Belangen in die europäische und die einzelstaatliche Politik in den Bereichen Grundrechte und Schutz vor Rassismus, Armut und sozialer Ausgrenzung voranzubringen,

    –    die Ausgestaltung des Konzepts der integrierten Plattform zur Integration der Roma zu verbessern und wichtigen Zielen und Ergebnissen Vorrang einzuräumen

    –    sowie dafür zu sorgen, dass den Roma Mittel aus den bestehenden Finanzinstrumenten der Europäischen Union, insbesondere dem Strukturfonds, zur Verfügung gestellt werden,

O. in der Erwägung, dass die Ausweisung der Roma als solche einen schwerwiegenden Verstoß gegen die europäischen Werte in den Bereichen Menschenrechte und Grundfreiheiten darstellt und den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten entgegensteht, die Integration der Roma zu fördern, wie auf dem zweiten Gipfeltreffen zur Lage der Roma beschlossen wurde,

P.  in der Erwägung, dass die Kommission die Pflicht hat, sicherzustellen, dass die Verträge und Rechtsvorschriften der EU wie auch die Menschenrechte und Grundfreiheiten in der EU geachtet, geschützt und gefördert werden, und unverzüglich und unmissverständlich auf eindeutige Verstöße dagegen reagieren muss, sobald sie sich ereignen,

Q. in der Erwägung, dass während der Durchführung dieser Ausweisungen Mitglieder der französischen Regierung Erklärungen abgeben, in denen ein Zusammenhang zwischen Roma, Einwanderern und kriminellem Handeln suggeriert wird, und dass darüber hinaus vorgeschlagen wurde, dass jeder Person ausländischer Herkunft, die das Leben eines französischen Polizeibeamten bedroht, die französische Staatsbürgerschaft aberkannt wird,

R.  in der Erwägung, dass Deutschland ungeachtet der Appelle des Kinderhilfswerks UNICEF und des Menschenrechtskommissars der Europarates an die westeuropäischen Staaten, die Abschiebung von Roma in den Kosovo zu stoppen, Vorbereitungen für die Rückführung von etwa 10000 Roma , darunter auch in Deutschland geborene Kinder, in den Kosovo trifft, in der Erwägung, dass Schweden etwa 50 Roma wegen Bettelei ausgewiesen hat, obwohl Betteln in Schweden kein Straftatbestand ist, in der Erwägung, dass andere Staaten ähnliche Maßnahmen anwenden, in der Erwägung, dass Dänemark im Juli Roma kollektiv ausgewiesen hat,

S.  in der Erwägung, dass die vergebliche Arbeitssuche auf dem regulären Arbeitsmarkt (für Roma ist es oft schwieriger, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden als für Drittstaatsangehörige) in Verbindung mit einer unzureichenden Ressourcenausstattung die Roma häufig daran hindert, ihren Wohnsitz anzumelden,

1.  verurteilt zutiefst die von den Regierenden in Frankreich und anderen Mitgliedstaaten ergriffenen gezielten Maßnahmen zur Rückverbringung von Roma und Fahrenden in ihre Herkunftsländer und fordert nachdrücklich, alle Ausweisungen von Roma unverzüglich einzustellen; ruft die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, ebenfalls Aufrufe dieses Inhalts an diese Mitgliedstaaten zu richten; erinnert daran, dass kollektive Ausweisungen gegen die Grundrechte verstoßen und unter keinen Umständen akzeptiert werden können,

2.  betont, dass diese Maßnahmen Verstöße gegen EU-Verträge und Rechtsvorschriften darstellen, wie die Richtlinie 2000/43, da sie einer Diskriminierung aus Gründen der Rasse und ethnischen Zugehörigkeit gleichkommen, sowie gegen Richtlinie 2004/38/EG über die Freizügigkeit der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, und dass Kollektivausweisungen durch die Grundrechtecharta und die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verboten sind;

3.  weist darauf hin, dass Richtlinie 2004/38/EG die Ausweisung eines Unionsbürgers nur unter sehr klar definierten Einschränkungen ermöglicht und dass insbesondere Ausweisungsbeschlüsse individuell bewertet und entschieden werden müssen, unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände (Artikel 28) und der Wahrung von Verfahrensgarantien (Artikel 30); der Möglichkeit, bei einem Gericht oder einer Behörde eine Aussetzung der Ausweisung zu erwirken oder Rechtsbehelf einzulegen (Artikel 31), dabei ist die Tatsache, dass Unionsbürger die Sozialsysteme des Aufnahmestaates unangemessen in Anspruch nehmen, nicht ausreichend, um eine automatische Ausweisung zu rechtfertigen (Erwägungsgrund 16 und Artikel 14), Beschränkungen jeder Art der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit dürfen nicht aus wirtschaftlichen Zwecken erfolgen, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu wahren und die Maßnahmen müssen ausschließlich auf dem persönlichen Verhalten des Betroffenen beruhen und dürfen keinesfalls mit Generalprävention begründet werden (Artikel 27); die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Sanktionen müssen wirksam und verhältnismäßig sein (Artikel 36);

4.  stellt fest, dass diese Ausweisungen sich spezifisch gegen die Gemeinschaft der Roma als Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und eine Belastung der Sozialsysteme richteten und dass sie in einem sehr kurzen Zeitraum und unter Umständen, die mit einer öffentlichen Stigmatisierung und der Anwendung von Gewalt und Einschüchterung einhergingen, durchgeführt wurden; da unter solchen Umständen keine genaue Einzelbewertung angemessen durchgeführt werden kann, sind die Verfahrensgarantien nicht angewendet und gewährleistet worden; die Bedingung der Verhältnismäßigkeit ist nicht eingehalten worden und die Maßnahmen wurde möglicherweise zu wirtschaftlichen Zwecken oder zur Generalprävention ergriffen; gemäß der Richtlinie sind keine Verfahren der geförderten oder freiwilligen Rückkehr von EU-Bürgern in ihr Herkunftsland auf der Grundlage einer wirtschaftlichen „Kompensation“ vorgesehen oder gestattet, was auch dem Geist und dem Buchstaben der Verträge widersprechen würde, da Freizügigkeit ein Grundrecht ist, das nicht genommen, gekauft oder verkauft werden kann, und da so Diskriminierung unter EU-Bürgern geschaffen würde; hinzu kommt, dass nach Angaben der rumänischen Behörden keine der abgeschobenen Personen jemals eine Straftat in Frankreich oder Rumänien verübt hat;

5.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihren Verpflichtungen genauestens nachzukommen und Unvereinbarkeiten bei der Anwendung der Erfordernisse der Richtlinie über die Freizügigkeit zu beseitigen;

6.  betont ferner, dass die Sammlung der Fingerabdrücke der abgeschobenen Roma rechtswidrig ist und gegen die EU-Grundrechtecharta (Artikel 21 Absatz 1 und 2), die Verträge und das EU-Recht, besonders die Richtlinien 38/2004 und 43/2000, verstößt und eine Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit oder Staatsangehörigkeit darstellt;

7.  nimmt die Mitteilung des für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft zuständigen Kommissionsmitglieds vom 25. August zur Kenntnis, in der Besorgnis ausgedrückt wird angesichts der Ausweisung von Roma aus Frankreich und festgestellt wird, dass „niemand von Ausweisung betroffen sein sollte, nur weil er ein Roma ist“ und alle Mitgliedstaaten aufgerufen werden, die gemeinsam vereinbarten Regeln der EU über Freizügigkeit, Nichtdiskriminierung und die gemeinsamen Werte der Europäischen Union als Gemeinschaft der Werte und Grundrechte zu respektieren, und zwar insbesondere die Grundrechte einschließlich der Rechte von Angehörigen von Minderheiten; fordert die Kommission auf, unverzüglich tätig zu werden um sicherzustellen, dass die EU-Verträge und -Gesetze eingehalten werden, insbesondere indem sie die Mitgliedstaaten sofort auffordert, keine Ausweisungen von Roma mehr durchzuführen, da ihre Bewertung hinsichtlich der Einhaltung der EU-Vorschriften durch die Kommission nicht abgeschlossen ist;

8.  lehnt aufwieglerische Erklärungen ab, in denen Minderheiten und Einwanderer in eine Reihe mit Kriminellen gestellt werden, da sie negative Klischeevorstellungen zementieren, die zur Stigmatisierung und Diskriminierung der Roma beitragen;

9.  begrüßt die von dem Mitglied der Kommission angekündigte „umfassende Analyse“ der Lage in Frankreich und die Überprüfung der Übereinstimmung der Maßnahmen mit EU-Recht sowie den Informationsaustausch zwischen der Kommission und den französischen Behörden und möchte hierin sowie in den vom Kommissionspräsidenten und den französischen Behörden vorgeschlagenen Workshop einbezogen werden; fordert, eine derartige Überprüfung in allen betroffenen Mitgliedstaaten durchzuführen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Analyse nicht nur auf den Informationsaustausch mit den Behörden zu gründen, sondern auch auf eingehenden Konsultationen von NRO, die regelmäßig mit der Roma-Gemeinschaft arbeiten, sowie Vertretern der Roma;

10. fordert eine europäische Strategie zur Roma-Problematik, die ‚konkrete und zukunftsorientierte Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Integration der Roma’ und ‚Maßnahmen in den Bereichen Wohnungsbau, Zugang zum Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheit zur Verbesserung der Lage der Roma’ vorsieht; fordert die Kommission, den Rat, die Mitgliedstaaten - besonders die Herkunfts- und Einwanderungsstaaten unter ihnen - und die regionalen und örtlichen Behörden auf, ihrer gemeinsamen Verantwortung für die Roma gerecht zu werden und sich in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen an dieser Strategie zu beteiligen;

11. betont, dass die Freizügigkeit von EU-Bürgern eine Angelegenheit der EU ist und dass dementsprechend gemäß dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit derartige Themen im Rahmen von EU-Institutionen und nicht Sitzungen mit begrenztem Teilnehmerkreis, zu denen nur die Regierungen einiger Mitgliedstaaten eingeladen sind, besprochen werden sollen;

12. fordert die Mitgliedstaaten und insbesondere Frankreich auf, die hinsichtlich des Schutzes von Minderheiten in ihrem Hoheitsgebiet bestehenden Mängel zu beheben, indem sie das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats unterzeichnen und ratifizieren;

13. fordert die Regierungen Dänemarks, Estlands, Frankreichs, Rumäniens und Sloweniens auf, ihre Verpflichtungen aufgrund des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung zu erfüllen, indem sie unverzüglich den Empfehlungen der 77. Tagung des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung zustimmen; fordert speziell Frankreich auf, Massenabschiebungen zu unterbinden, alle Schritte zu unternehmen, die erforderlich sind, um gleichen Zugang zu hochwertiger Bildung auf allen Ebenen sowie zu Gesundheit, Wohnungen und anderen öffentlichen Leistungen zu schaffen, alle notwendigen Maßnahmen für die Gewährleistung des Wahlrechts zu treffen, Unterkünfte bereitzustellen, wie im Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung von Fahrenden (Besson-Gesetz) vom 5. Juli 2000 vorgesehen, und die Gleichbehandlung aller Bürger zu gewährleisten, indem es die Reisepapiere für Fahrende abschafft;

14. weist die Mitgliedstaaten der EU auf ihre Verpflichtungen aufgrund des internationalen Menschenrechts hin, allen Menschen, auch Roma und Fahrenden, das Recht auf – unter anderem – angemessene Unterbringung zu garantieren, und betont, dass für eine angemessene Alternativunterbringung gesorgt werden muss;

15. fordert die Mitgliedstaaten erneut auf, Gesetze und Maßnahmen, die Roma aus Gründen der Rasse und der ethnischen Zugehörigkeit direkt oder indirekt diskriminieren, zu überprüfen und aufzuheben, und fordert den Rat und die Kommission auf, die Anwendung der Verträge und Richtlinien über Maßnahmen gegen Diskriminierung und zur Freizügigkeit durch die Mitgliedstaaten, besonders in Bezug auf die Roma, zu überwachen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, wenn dies nicht der Fall ist;

16. fordert die Kommission auf, eine detaillierte Bewertung der Verwendung der Mittel vorzulegen, die in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten bereitgestellt werden, um gegen die Diskriminierung von Roma vorzugehen;

17. fordert die Agentur für Grundrechte auf, eine Stellungnahme zu der Konformität solcher Maßnahmen mit der EU-Charta der Grundrechte auszuarbeiten;

18. beauftragt seinen zuständigen Ausschuss, nach Konsultationen der Agentur für Grundrechte, nichtstaatlicher Organisationen, von Gremien, die sich mit den Menschenrechten und Roma-Angelegenheiten beschäftigen, und solchen, die Angehörige der Roma repräsentieren, das Thema weiter zu verfolgen und einen Bericht über die Lage der Roma in Europa auf der Grundlage von in früheren Berichten und Entschließungen des Parlaments enthaltenen Aussagen und Forderungen anzufertigen, wie bereits zu Beginn der Mandatszeit beschlossen wurde;

19. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Recht auf soziale und wohnungsbezogene Unterstützung anzuerkennen und zu achten, um für ein würdiges Dasein all derjenigen zu sorgen, die keine ausreichenden Ressourcen haben, und sicherzustellen, dass Roma und andere Menschen, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, von den Anforderungen unterrichtet werden, die dazu erfüllt sein müssen;

20. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und den Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat und den VN zu übermitteln.