Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B7-0330/2011Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B7-0330/2011

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Aserbaidschan

11.5.2011

eingereicht gemäß Artikel 122 Absatz 5 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
ECR (B7‑0330/2011)
S&D (B7‑0333/2011)
PPE (B7‑0335/2011)
ALDE (B7‑0337/2011)
Verts/ALE (B7‑0340/2011)

Elmar Brok, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Cristian Dan Preda, Tunne Kelam, Mario Mauro, Bernd Posselt, Monica Luisa Macovei, Sari Essayah, Laima Liucija Andrikienė, Tadeusz Zwiefka, Agnès Le Brun, Eija-Riitta Korhola, Martin Kastler, Dominique Baudis, Bogusław Sonik im Namen der PPE-Fraktion
Véronique De Keyser, Hannes Swoboda im Namen der S&D-Fraktion
Marietje Schaake, Leonidas Donskis, Marielle De Sarnez, Ramon Tremosa i Balcells, Johannes Cornelis van Baalen, Izaskun Bilbao Barandica, Gerben-Jan Gerbrandy, Jelko Kacin, Graham Watson im Namen der ALDE-Fraktion
Charles Tannock, Ryszard Antoni Legutko, Marek Henryk Migalski, Valdemar Tomaševski, Geoffrey Van Orden, Marina Yannakoudakis, Jacek Olgierd Kurski, Zbigniew Ziobro im Namen der ECR-Fraktion
Ulrike Lunacek, Heidi Hautala, Nicole Kiil-Nielsen, Raül Romeva i Rueda im Namen der Verts/ALE-Fraktion

Verfahren : 2011/2685(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B7-0330/2011
Eingereichte Texte :
RC-B7-0330/2011
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Aserbaidschan

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Aserbaidschan, insbesondere seine Entschließung vom 17. Dezember 2009[1],

–   unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 20. Mai 2010[2] zur Notwendigkeit einer EU-Strategie für den Südkaukasus, vom 7. April 2011[3] zur Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik – Östliche Dimension und vom 20. Januar 2011[4] zu einer EU-Strategie für den Schwarzmeerraum,

–   unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des für Erweiterung und die Europäische Nachbarschaftspolitik zuständigen Kommissionsmitglieds vom 18. April 2011 und die Erklärung des Büros der EU-Delegation in Baku vom 10. März 2011,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Treffens der Außenminister vom 13. Dezember 2010 zur Östlichen Partnerschaft,

–   unter Hinweis auf das 1999 in Kraft getretene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EG und Aserbaidschan,

–   unter Hinweis auf die Erklärungen des OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit zu den Angriffen auf Journalisten vom 10. März 2011 und 28. März 2011,

–   unter Hinweis auf den Bericht der BDIMR-Wahlbeobachtungsmission über die Parlamentswahlen vom 7. November 2010,

–   gestützt auf Artikel 122 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Aserbaidschan aktiv an der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Östlichen Partnerschaft mitwirkt, eines der Gründungsmitglieder von Euronest ist und zur Achtung der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, der Grundwerte dieser Initiativen, verpflichtet ist,

B.  in der Erwägung, dass seit dem 15. Juli 2010 Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen EU-Aserbaidschan geführt werden, das sich auf ein beiderseitiges Bekenntnis zu gemeinsamen Werten gründet und eine Vielzahl unterschiedlicher Bereiche umfasst, darunter politischer Dialog, Justiz, Freiheit und Sicherheit sowie Handel und Zusammenarbeit in bestimmten Politikfeldern,

C. in der Erwägung, dass laut der gemeinsamen Erklärung der aus Vertretern der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und des Europäischen Parlaments zusammengesetzten Wahlbeobachtungsmission, die Parlamentswahlen vom 7. November in der Republik Aserbaidschan zwar von einer friedlichen Atmosphäre gekennzeichnet und alle Oppositionsparteien am politischen Prozess beteiligt waren, der Verlauf der Wahlen jedoch insgesamt keinen bedeutsamen Fortschritt in der demokratischen Entwicklung des Landes darstellte,

D. in der Erwägung, dass in Aserbaidschan seit den friedlichen Protesten gegen die Regierung vom 11. März und 2. April das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Versammlungsfreiheit massiv beschnitten werden, wozu Festnahmen, Drangsalierungen und die Einschüchterung von zivilgesellschaftlich engagierten Bürgern, Medienvertretern und Oppositionspolitikern in Aserbaidschan gehören,

E.  in der Erwägung, dass die Fälle der Aktivisten Jabbar Savalan und Bəxtiyar Hacıyev besonderen Anlass zur Sorge geben; in der Erwägung, dass Savalan, ein Mitglied des Jugendverbands der Volksfront-Partei Aserbaidschans, und Hacıyev, ein politisch engagierter Bürger und ehemaliger Parlamentskandidat, offenbar ins Visier genommen wurden, weil sie mit Hilfe von Facebook zu Demonstrationen gegen die Regierung aufgerufen haben; in der Erwägung, dass Savalan wegen angeblichen Drogenbesitzes zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde; in der Erwägung, dass Hacıyev am 4. März festgenommen wurde, nachdem er über Facebook zu Demonstrationen gegen die Regierung aufgerufen hatte, und dass ihm nun zwei Jahre Gefängnis drohen, weil er angeblich seinem Einberufungsbefehl nicht nachgekommen ist; in der Erwägung, dass ernste Zweifel hinsichtlich der Fairness der Gerichtsverfahren gegen Savalan und Hacıyev bestehen,

F.  in der Erwägung, dass mindestens 30 Personen, die an den erwähnten friedlichen Protesten teilgenommen hatten, Mitte März von aserbaidschanischen Gerichten in Verfahren, die spät in der Nacht und unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, zu fünf bis acht Tagen Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass die Angeklagten keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl hatten; in der Erwägung, dass die Polizei es den Inhaftierten untersagte, Rechtsanwälte zu kontaktieren, und dass die Rechtsanwälte von einigen der Angeklagten nicht wussten, wann und wo die Prozesse stattfinden,

G. in der Erwägung, dass 200 Aktivisten, darunter der Leiter der Jugendorganisation der Gerechtigkeitspartei (Müsavat Partiyası), Tural Abbasli, am 2. April in Haft genommen wurden;

H. in der Erwägung, dass das Menschenrechtshaus von Aserbaidschan, das dem Internationalen Netz von Menschenrechtshäusern angehört und seit Mai 2007 in Aserbaidschan registriert ist, von den staatlichen Stellen auf eine Anordnung des Justizministeriums vom 10. März geschlossen wurde; in der Erwägung, dass das Ministerium die Schließung mit einem Verstoß der Organisation gegen das aserbaidschanische Gesetz über nichtstaatliche Organisationen begründet hat,

I.   in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Republik Aserbaidschan angewiesen hat, den Journalisten Eynulla Fətullayev aus dem Gefängnis zu entlassen und ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 25 000 Euro zu zahlen,

J.   in der Erwägung, dass Aserbaidschan ein Mitglied des Europarats ist und der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie einer Reihe anderer internationaler Menschenrechtsabkommen wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zugestimmt hat,

1.  ist angesichts der zunehmenden Zahl an Fällen von Drangsalierungen, Angriffen und Gewalttaten zutiefst besorgt, die sich gegen Aktivisten der Zivilgesellschaft und sozialer Netzwerke sowie gegen Journalisten in Aserbaidschan richten;

2.  beklagt zutiefst die Praxis der Einschüchterung, Festnahme, Strafverfolgung und strafrechtlichen Verurteilung von unabhängigen Journalisten und politisch engagierten Bürgern wegen unterschiedlicher Straftatbestände;

3.  bedauert die Festnahme von etwa 200 Personen vor und während der Proteste gegen die Regierung vom 2. April 2011 in Baku; fordert die zuständigen Stellen Aserbaidschans auf, friedliche Proteste zuzulassen und das Recht auf Versammlungsfreiheit zu achten, die beide grundlegende Merkmale einer offenen und demokratischen Gesellschaft sind; verurteilt die Anwendung körperlicher Gewalt gegen Protestteilnehmer;

4.  fordert die zuständigen Stellen Aserbaidschans auf, alle Oppositionellen, Jugendaktivisten und Blogger freizulassen, die nach den friedlichen Demonstrationen vom 11. März und 2. bzw. 17. April festgenommen wurden und sich nach wie vor in Gewahrsam befinden, sowie Savalan und Hacıyev aus der Haft zu entlassen und alle gegen sie erhobenen Anklagen fallenzulassen; fordert die Regierung Aserbaidschans auf, die von dem Land ratifizierten Völkerrechtsabkommen einzuhalten, indem sie das Recht auf freie Meinungsäußerung achtet;

5.  fordert die zuständigen Stellen nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Medien einschließlich der oppositionellen Medien ihrer Tätigkeit nachgehen können, damit Journalisten ohne Druck und frei arbeiten und berichten können, und ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit von Journalisten zu richten; erinnert in diesem Zusammenhang an die im März 2005 von Präsident İlham Əliyev abgegebene Erklärung, in der er ausführte, dass die Rechte jedes Journalisten vom Staat geschützt und verteidigt würden;

6.  bringt seine Sorge angesichts der Berichte zum Ausdruck, wonach der Zeitungsredakteur Eynulla Fətullayev im Gefängnis bedroht wurde und sein Gesundheitszustand sich infolge der ihm verwehrten medizinischen Behandlung verschlechtert hat, und fordert seine sofortige Freilassung;

7.  ist angesichts der sich verschlechternden Menschenrechtslage in der Republik Aserbaidschan besorgt; fordert die zuständigen Stellen Aserbaidschans auf, die Grundfreiheiten zu schützen, die in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und anderen von Aserbaidschan unterzeichneten Völkerrechtsabkommen verbrieft sind, sowie die gegenüber der OSZE und dem Europarat gemachten Zusagen einzuhalten;

8.  bedauert, dass das aserbaidschanische Justizministerium unlängst dem Nationalen Demokratischen Institut und dem Netzwerk von Menschenrechtshäusern in schriftlicher Form mit der Beendigung ihrer Aktivitäten gedroht hat, dass sie ihre Tätigkeit einstellen müssen, und fordert die zuständigen Stellen des Landes in diesem Zusammenhang nachdrücklich auf, der letztgenannten Organisation zu gestatten, ihre Tätigkeit in Aserbaidschan ohne weitere Behinderungen fortzusetzen;

9.  fordert die zuständigen Stellen Aserbaidschans auf, weiter einen Dialog mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen zu führen und alle Schritte zu unternehmen, die es ermöglichen, dass sich Bürger an friedlichen demokratischen Aktionen beteiligen und Aktivisten sich frei und ohne staatliche Gängelung zusammenschließen können;

10. ruft die zuständigen Stellen Aserbaidschans auf, friedliche Demonstrationen an dafür geeigneten Orten zuzulassen, und fordert sie nachdrücklich auf, die Organisatoren nicht durch die Festnahme und die Anklage wegen strafbarer Handlungen und anderer Vergehen einzuschüchtern; bedauert es, dass einige Jugendaktivisten von der Staatlichen Universität Baku verwiesen wurden, nachdem sie aufgrund ihres Polizeigewahrsams in Zusammenhang mit ihrer politischen Tätigkeit an Prüfungen nicht teilgenommen hatten;

11. begrüßt die jüngste Haftentlassung der beiden Blogger Adnan Hacızadə und Emin Abdullayev (Emin Milli);

12. ist der Auffassung, dass der Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien, einschließlich eines freien und unzensierten Zugangs zum Internet, von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und ein Mittel zur Förderung des Austauschs und der Verständigung zwischen Aserbaidschan und der EU ist;

13. fordert die zuständigen Stellen Aserbaidschans auf, die von der der OSZE/BDIMR in ihrem Abschlussbericht über die Parlamentswahlen festgestellten Mängel anzugehen, und erwartet eine fortgesetzte Zusammenarbeit mit der Venedig-Kommission, damit sichergestellt wird, dass die Wahlgesetze Aserbaidschans in vollem Maße internationalen Normen und Standards entsprechen;

14. fordert verstärkte Bemühungen Aserbaidschans, um den ENP-Aktionsplan in dessen letztem Jahr uneingeschränkt umzusetzen, und fordert die Kommission auf, Aserbaidschan weiterhin bei diesen Bemühungen zu unterstützen;

15. begrüßt die Einrichtung der neuen Unterausschüsse im Rahmen des Kooperationsausschusses EU-Aserbaidschan, die den institutionellen Rahmen für Debatten über Themen wie Justiz, Freiheit und Sicherheit sowie Achtung der Menschenrechte und Demokratie stärken werden;

16. begrüßt den Beitrag Aserbaidschans zur Östlichen Partnerschaft und die Teilnahme der Delegation des aserbaidschanischen Parlaments (Milli Məclis) an der konstituierenden Sitzung der Parlamentarischen Versammlung von Euronest;

17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin der Kommission, dem Rat, der Kommission, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament von Aserbaidschan sowie der OSZE/BDIMR zu übermitteln.