BERICHT zum Vierten Hochrangigen Forum zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit

28.9.2011 - (2011/2145(INI))

Entwicklungsausschuss
Berichterstatter: Cristian Dan Preda


Verfahren : 2011/2145(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0313/2011

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zum Vierten Hochrangigen Forum zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit

(2011/2145(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen vom 8. September 2000,

–   unter Hinweis auf den Europäischen Konsens über Entwicklungspolitik von 2005[1],

–   unter Hinweis auf den EU-Verhaltenskodex für Komplementarität und Arbeitsteilung in der Entwicklungspolitik[2],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. September 2006 zu „Mehr und besser zusammenarbeiten: Das Paket 2006 über die Effizienz der Hilfe der EU“[3],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Mai 2008 über die Folgemaßnahmen zur Pariser Erklärung von 2005 über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe[4],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ vom 17. November 2009 zu einem operativen Rahmen für die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe[5],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Außenbeziehungen“ (Entwicklungsminister) vom 14. Juni 2010 über die internationale Arbeitsteilung, mit Hinzufügung oder Ersetzung einiger Punkte[6],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Außenbeziehungen“ (Entwicklungsminister) vom 9. Dezember 2010 über gegenseitige Rechenschaftspflicht und Transparenz: Viertes Kapitel des operativen Rahmens der EU für die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe[7],

–   unter Hinweis auf die konsolidierte Fassung des operativen Rahmens für die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe des Generalsekretariats des Rates der Europäischen Union vom 11. Januar 2011[8],

–   unter Hinweis auf die Erklärung vom Budapest zum VI. Hochrangigen Forum zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit in Busan, Südkorea (2011), angenommen auf der 21. Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU in Budapest,

–   unter Hinweis auf die Erklärung von Dili vom 10. April 2010 über die Friedenskonsolidierung und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit,

–   unter Hinweis auf die Erklärung von Bogotá vom 26. März 2010 zur Umsetzung der Grundsätze des Aktionsplans von Accra im Bereich der Süd-Süd-Zusammenarbeit,

–   unter Hinweis auf den Konsens von Tunis („Targeting Effective Development“) vom 4./5. November 2010 über eine afrikanische Agenda für die Wirksamkeit der Entwicklung,

–   in Kenntnis des Berichts des OECD-Entwicklungshilfeausschusses (DAC) mit dem Titel „Wirksamkeit der Hilfe: Zwischenbericht über die Umsetzung der Pariser Erklärung“ vom Juni 2009,

–   in Kenntnis des Berichts der Kommission mit dem Titel „Aid Effectiveness Agenda: Benefits of a European Approach“ (Agenda zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit: Vorteile eines europäischen Ansatzes) vom Oktober 2009[9],

–   unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zum „EU-Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe von Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit (2010-2015) (SEK(2010)265)” und auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Juni 2010 zu den Millenniums-Entwicklungszielen, in denen der diesbezügliche EU-Aktionsplan bestätigt wird,

–   in Kenntnis des endgültigen Berichts der Kommission mit dem Titel „Joint Multi-annual Programming“ (Gemeinsame Mehrjährige Programmplanung) vom März 2011[10],

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Verbesserung der EU-Rechenschaftslegung bei der Entwicklungsfinanzierung: Beitrag zum Peer Review der öffentlichen Entwicklungshilfe der EU“ vom April 2011 (KOM(2011)0218),

–   unter Hinweis auf die Initiative der Europäischen Kommission vom März 2010 mit dem Titel „Strukturierter Dialog: für eine effektive Entwicklungspartnerschaft“, die darauf abzielt, konkrete Mittel und Wege für eine effizientere Beteiligung der Organisationen der Zivilgesellschaft und der Gebietskörperschaften an der europäischen Zusammenarbeit herauszuarbeiten,

–   in Kenntnis des endgültigen Berichts über die Bewertung der Erklärung von Paris : Phase 2, der im Mai 2011 veröffentlicht wurde,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. März 2007 zu den lokalen Gebietskörperschaften und zur Entwicklungszusammenarbeit[11],

–   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Entwicklungsausschusses (A7-0313/2011),

A. in der Erwägung, dass im Rahmen des Vierten Hochrangigen Forums (HLF-4) zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit die künftigen Verpflichtungen für eine wirksamere Entwicklungszusammenarbeit festgelegt werden sollten und dass das Forum zur Ausarbeitung einer neuen Entwicklungshilfe-Architektur mit Blick auf das Auslaufen der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) im Jahr 2015 und darüber hinaus beitragen sollte;

B.  in der Erwägung, dass die Grundsätze der Pariser Erklärung in erster Linie auf die Mechanismen der Hilfeleistung ausgerichtet sind und weniger auf die Ausarbeitung einer wirksamen Entwicklungshilfepolitik; in der Erwägung, dass der Aktionsplan von Accra über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit von mehreren Faktoren beeinträchtigt wurde: von der Finanzkrise, von einer Verringerung der Höhe der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA), vom Strategiewechsel bei einigen Gebern, die mehr kurzfristige Ergebnisse einfordern, sowie vom Auftreten neuer öffentlicher und privater Geber, die keine Mitglieder des OECD-Entwicklungshilfeausschusses (DAC) sind und deren Vorgehen nicht von den vereinbarten Regeln für die Zusammenarbeit bestimmt wird;

C. in der Erwägung, dass ein zunehmender Anteil an der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfe aus Schwellenländern stammt, die keine Mitglieder der OECD sind;

D. in der Erwägung, dass die jüngsten Beobachtungs- und Bewertungsstudien gezeigt haben, dass die Empfängerländer sich aktiver als die Geberländer um die Verwirklichung der Zusagen bemüht haben, die in der Pariser Erklärung und im Aktionsplan von Accra niedergelegt sind;

E.  in der Erwägung, dass frühere Konferenzen auf hoher Ebene nicht den notwendigen politischen Druck aufgebaut und keinen rechtsverbindlichen Rahmen geschaffen haben, und in der Erwägung, dass die Umsetzung der Pariser Erklärung nicht zu der erhofften Verringerung der Aufsplitterung der Hilfe geführt hat und es bei vielen Maßnahmen immer noch an Transparenz fehlt, beispielsweise im Hinblick auf die Auflagen;

F.  in der Erwägung, dass Transparenz und Rechenschaftspflicht Grundvoraussetzungen für die Wirksamkeit der Hilfe nicht nur zwischen den Regierungen der Geberländer und den Regierungen der Empfängerländer, sondern auch zwischen Staat und Gesellschaft sind; in der Erwägung, dass die Geber- und Partnerländer im Aktionsplan von Accra übereingekommen sind, rechtzeitig detaillierte Informationen über den aktuellen und künftigen Mittelfluss zu veröffentlichen, um den Entwicklungsländern eine präzisere Haushaltsführung und Finanzkontrolle zu ermöglichen; ferner in der Erwägung, dass es für die Geberländer nach wie vor von größter Bedeutung ist, die Stärkung der Institution des Parlaments sowie die Einbeziehung der Gebietskörperschaften und der Organisationen der Zivilgesellschaft zu fördern, um die Entwicklungspolitik fest im demokratischen Prozess zu verankern;

G. in der Erwägung, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten weltweit mehr als die Hälfte der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) bereitstellen und demzufolge eine wichtige Rolle im Programm zur Wirksamkeit der Hilfe spielen;

H. in der Erwägung, dass die Geberländer mit Blick auf das Vierte Forum an ihre Zusage erinnert werden müssen, bis 2015 0,7 % ihres BSP/BNE für Entwicklungshilfe bereitzustellen, den Aspekt der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in ihre Maßnahmen und ihre Politik gegenüber den Entwicklungsländern gebührend einzubeziehen, die öffentliche Entwicklungshilfe genauer zu definieren und die nach wie vor geltenden Grundsätze des Aktionsplans von Accra einzuhalten, und in der Erwägung, dass über die öffentliche Entwicklungshilfe hinausgegangen werden muss, um Entwicklungspartnerschaften aufzubauen, mit denen die Perspektive einer Entwicklung gefördert wird, die in der Eigenverantwortung der Länder liegt und von diesen selbst vorangetrieben wird;

I.   in der Erwägung, dass der Bereich der Entwicklungshilfe in einem ständigen Wandel begriffen ist und dass das Auftreten neuer Geber in den Mechanismen zur Bewertung der Wirksamkeit der Hilfe besser zum Ausdruck kommen sollte;

J.   in der Erwägung, dass bei allen Formen der Entwicklungsfinanzierung, zu denen auch innovative Finanzierungsmechanismen zählen wie z. B. die Steuer auf Finanztransaktionen oder weltweite Fonds für die Finanzierung von Gesundheit und Bildung, die Grundsätze der Pariser Erklärung berücksichtigt und umgesetzt werden müssen;

K. in der Erwägung, dass es der Konsens von Tunis über eine afrikanische Agenda für die Wirksamkeit der Entwicklung erfordert, den Schwerpunkt nicht nur streng auf die Wirksamkeit der Hilfe zu legen, sondern ihn auf die Agenda zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit auszuweiten; in der Erwägung, dass zu den sechs Elementen, die im Hinblick auf die Wirksamkeit der Hilfe für Afrika als unverzichtbar gelten, der Ausbau nationaler Kapazitäten, die Verstärkung der demokratischen Rechenschaftspflicht, die Förderung der Süd-Süd-Zusammenarbeit, Überlegungen und Maßnahmen auf regionaler Ebene, die Einrichtung neuer Partnerschaften für die Entwicklung und die Bewältigung des Problems der Abhängigkeit von Hilfe gehören;

1.  unterstreicht, dass die Union auf dem HLF-4 einen ehrgeizigen Standpunkt vertreten muss, der einen maßgeblichen Beitrag zur Vertiefung und zur vollständigen Umsetzung der Zusagen im Bereich der Wirksamkeit der Hilfe leisten kann; hofft angesichts der Bedeutung der Wirksamkeit der Hilfe für die Verbesserung der Lebensqualität und für den Abbau der Armut in den Empfängerländern sowie für die Umsetzung der MDG, dass die Union hochrangige Vertreter nach Busan entsendet;

2.  weist darauf hin, dass eine grundlegende Voraussetzung für die Verwirklichung der Ziele der „Agenda zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit“ in der umfassenden Einbeziehung des Grundsatzes der „demokratischen Eigenverantwortung“ liegt, was bedeutet, dass die Entwicklungsstrategien von den jeweiligen Ländern vorgegeben werden und das Engagement aller einzelstaatlichen Akteure widerspiegeln;

3.  stellt fest, dass die Regierungen der Entwicklungsländer ihrem Parlament und ihrer Zivilgesellschaft nicht den notwendigen Spielraum für eine tatsächliche Eigenverantwortung gegeben haben; fordert die Union auf, die im Rahmen der Pariser Erklärung und des Aktionsplans von Accra eingegangenen Verpflichtungen zu verstärken, indem sie die demokratische Eigenverantwortung für Entwicklungsstrategien, -projekte und ‑maßnahmen mittels eines umfassenden Engagements und einer Rechenschaftspflicht gegenüber allen Akteuren im Entwicklungsbereich stärkt;

4.  vertritt die Auffassung, dass das HLF-4 ein Erfolg sein wird, wenn es ein starkes Engagement zugunsten der Wirksamkeit der Hilfe mit klaren und messbaren Zielvorgaben und einen genauen Zeitplan für ihre Umsetzung zum Ergebnis hat; betont angesichts der Defizite bei der Umsetzung der Pariser Erklärung und des Aktionsplans von Accra, wie wichtig die Eigenverantwortung für die Entwicklung im Sinne eines „Bottom-up“-Ansatzes und die Vermeidung der Aufsplitterung der Hilfe sowie die Einführung von leistungsstarken, wirksamen und unabhängigen Mechanismen zur Weiterbehandlung der Umsetzung unter Einbindung der Parlamente und der Zivilgesellschaft auf nationaler und internationaler Ebene sind; ist der Auffassung, dass Hilfe – wenn sie wirksam sein soll – anhand ihres konkreten Beitrags zur Erreichung der Zielvorgaben für die Entwicklung und nicht nur anhand des Inputs betrachtet und bewertet werden sollte;

5.  weist darauf hin, dass die Wirksamkeit der Hilfe voraussetzt, armen Ländern die Mobilisierung eigener Einnahmen zu ermöglichen; fordert die Union daher erneut eindringlich auf, dem Kampf gegen Steuerparadiese und Steuerhinterziehung höchste Priorität einzuräumen und gleichzeitig alternative Quellen der Entwicklungsfinanzierung zu fördern, beispielsweise durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer; fordert die Union ferner auf, ihre Unterstützung für die Entwicklungsländer auf dem Gebiet der Steuerreformen zu verbessern und so wirksame, effiziente, gerechte und nachhaltige Steuersysteme, die zur Verringerung der Armut und der Abhängigkeit von Hilfe führen sollten, zu fördern;

6.  fordert die Geber- und die Empfängerländer auf, unverzüglich Maßnahmen zur Erfüllung der im Rahmen der Pariser Erklärung und des Aktionsplans von Accra eingegangenen Verpflichtungen zu ergreifen, die bisher ausschließlich am politischen Willen, an bürokratischen Hindernissen und an den hohen Transaktionskosten scheitern, beispielsweise was die Aufhebung der Bindung der Hilfe, die Vorhersehbarkeit der Hilfe, die Auflagen und die Transparenz betrifft; weist insbesondere auf die Notwendigkeit hin, der im Rahmen des Aktionsplans von Accra bestehenden Verpflichtung nachzukommen, dass die Geber bei der bilateralen Zusammenarbeit zwischen den Regierungen in erster Linie ländereigene Systeme verwenden und dass die Unvorhersehbarkeit des Mittelflusses angegangen wird; fordert die Geberländer ferner auf, der lokalen und regionalen Vergabe Vorrang einzuräumen;

7.  erinnert daran, dass die Hilfe als Motor für ein integratives und nachhaltiges Wachstum fungiert, mit dem Armut und Abhängigkeit von Hilfe verringert werden und die Schaffung von Arbeitsplätzen begünstigt wird, wobei die nationalen Besonderheiten berücksichtigt werden müssen und gleichzeitig gewährleistet sein muss, dass die Wirksamkeit der Hilfe in denjenigen Ländern erhöht wird, die sie am dringendsten benötigen; stellt ferner fest, dass Hilfe als eine zeitlich begrenzte Maßnahme und nicht als eine langfristige Lösung betrachtet werden sollte, mit der das Ziel verfolgt wird, in den Entwicklungsländern ein nachhaltiges Wachstum zu fördern;

8.  betont, dass dieses Wachstum durch die Vergabepraktiken der Geber, welche die lokale Wirtschaft außer Acht lassen, gehemmt wird; fordert die Geber daher auf, der lokalen und regionalen Vergabe Vorrang einzuräumen und somit die lokalen Wirtschaftskapazitäten zu stärken;

9.  verweist darauf, dass die Entwicklungshilfe nicht ausreicht, um die Armut vollständig zu beseitigen, und dass der Schwerpunkt auf den Ursachen statt auf den Symptomen der Armut liegen sollte; unterstreicht, dass eine wirksamere Hilfe erforderlich ist, die sich in einen Entwicklungsprozess einfügt, der darauf ausgerichtet ist, in Empfängerländern starke und die Umwelt schützende Volkswirtschaften zu schaffen, in denen der Zugang zu den grundlegenden sozialen Dienstleistungen für alle Bürger gewährt wird und auf lange Sicht die Abhängigkeit von der Hilfe abgebaut werden kann; hebt in diesem Zusammenhang die Bedeutung eines Klimas hervor, das die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze, unternehmerische Tätigkeit und Innovation in den Empfängerländern fördert; empfiehlt den Gebern, vorrangig auf die lokalen Wirtschaftskapazitäten zurückzugreifen und sich aktiv für deren Verstärkung einzusetzen;

10. ruft zu einer effektiven internationalen Koordinierung bei der Verteilung der Hilfe zwischen einzelnen Ländern auf, um auf die Problematik der „begünstigten Länder“ („aid darlings“) und „benachteiligten Länder“ zu reagieren; betont, dass das Ziel, die Wirkung der Hilfe zu steigern und bessere Ergebnisse/ein besseres Kosten/Nutzen-Verhältnis zu erzielen, nicht zu einer risikoscheuen Entwicklungspolitik führen darf, die sich nur auf „einfache Länder“ konzentriert; besteht darauf, dass die Beseitigung der Armut und der Bedarf die ausschlaggebenden Kriterien für die Zuweisung von Entwicklungshilfemitteln bleiben müssen;

11. betont, wie wichtig ein differenzierter Ansatz bei der Bewertung der Wirksamkeit der Hilfe ist, bei dem der Stand der Entwicklung der Empfängerländer (am wenigsten entwickelt, fragil oder mit mittlerem Einkommen) und deren spezifische Bedürfnisse berücksichtigt werden; hebt hervor, dass es angesichts der hohen Anzahl fragiler Staaten und der Tatsache, dass diese am weitesten von der Erreichung der MDG entfernt sind – sie repräsentieren 75 % des Defizits –, wichtig ist, diesem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken;

12. unterstreicht, dass die Einbeziehung der Gebietskörperschaften und der Organisationen der Zivilgesellschaft in die Entwicklungspolitik unabdingbar für die Erreichung der MDG und die Gewährleistung der verantwortungsvollen Regierungsführung ist; stellt fest, dass sich viele Organisationen der Zivilgesellschaft trotz der Tatsache, dass sie durch den Aktionsplan von Accra als „eigenständige Entwicklungsakteure“ anerkannt wurden, einer Politik und Maßnahmen gegenübersehen, die ihre Rolle als Entwicklungsakteure untergraben; fordert die Geber und die Partnerländer ferner auf, den Schwerpunkt auf eine größere Anerkennung der Mitwirkung der Parlamente, der Gebietskörperschaften und der Zivilgesellschaft sowie auf eine transparentere Nutzung der nationalen Systeme zu legen;

13. verweist darauf, dass die Finanzhilfe nicht ausreicht, um die nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten, und dass die Regierungen vor Ort und der einheimische Privatsektor eine wichtige Rolle bei der Durchführung von Vorhaben im Zusammenhang mit den MDG spielen müssen; betont die Rolle der privaten Unternehmen wie kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Erwirtschaftung von Wohlstand und die Verantwortung der Staaten, Stabilität und Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten; unterstreicht diesbezüglich die Bedeutung einer verantwortungsvollen Regierungsführung in den Empfängerländern;

14. betont, dass die Indikatoren für die verantwortungsvolle Regierungsführung, die zum Teil nach wie vor sehr umstritten sind, auch Gegenstand der Gespräche sein sollten, um festzustellen, ob sie sich dazu eignen, die für eine demokratische Eigenverantwortung notwendigen partizipativen Ansätze zu ermitteln;

15. fordert die Partnerregierungen auf, die (politischen, administrativen und steuerlichen) Dezentralisierungsbemühungen zu respektieren und zu intensivieren und die Koordinierung lokaler und nationaler Prozesse für die Entwicklungsplanung zu verstärken, indem unter Beachtung der lokalen Autonomie für Komplementarität und Spezialisierung gesorgt wird;

16. fordert die Geberländer nachdrücklich auf, ihre Maßnahmen besser zu koordinieren und aufeinander abzustimmen, ihre Verfahren zu vereinfachen und enger mit privaten Gebern zusammenzuarbeiten;

17. fordert nachdrücklich die Unterstützung und Förderung der Süd-Süd-Zusammenarbeit und der dreiseitigen Zusammenarbeit als Formen der Hilfe, die zur Steigerung der Qualität und der Effizienz, zum verstärkten Austausch von Wissen und zur Entwicklung von Fähigkeiten beitragen;

18. weist darauf hin, dass alle Regierungen – die der Geber wie die der Empfängerländer – den Verpflichtungen im Bereich der Achtung der Menschenrechte nachkommen müssen; betont, dass diese Verpflichtungen und die Rechenschaftspflicht gemäß den internationalen Menschenrechtsnormen von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit der Entwicklung sind; fordert die Union daher eindringlich auf, sich in Busan für die Einführung verbindlicher Maßnahmen auszusprechen, damit gewährleistet wird, dass die Hilfe im Einklang mit den Menschenrechtsübereinkommen steht;

19. hebt hervor, wie wichtig es ist, einen Ausgleich zwischen der Erfüllung bestimmter politischer und steuerlicher Auflagen und den auf Leistungsindikatoren gestützten Konzepten zu finden, um zu vermeiden, dass die Regierungen der Partnerländer durch hohe politische Ansprüche und Leistungsanforderungen davon abgehalten werden, ihre eigenen politischen Strategien umzusetzen oder sogar neue, gewagtere Konzepte zu erproben, und sich im Gegenteil ausschließlich an die Vorgaben der Geber halten;

20. begrüßt die Annahme des Verhaltenskodex der EU über eine Arbeitsteilung in der Entwicklungspolitik und betont, dass die darin enthaltenen Grundsätze aufgrund des mangelnden politischen Willens bisher nicht vollständig umgesetzt wurden, wodurch ein optimaler Einsatz der europäischen Hilfe verhindert wird und die Union nicht in der Lage ist, auf dem Vierten Forum in der Frage der Arbeitsteilung eine führende Rolle zu übernehmen;

21. fordert die Europäische Union auf, die Umsetzung der Fast-Track-Initiative zur Arbeitsteilung insbesondere bei der Verwirklichung der Sektorschwerpunkte durch eine Neuordnung und eine gemeinsame Programmplanung zu beschleunigen und sich um eine vorrangige Nutzung der ländereigenen Systeme zu bemühen, um der Verpflichtung im Rahmen der Pariser Erklärung, vermehrt auf eine eigenverantwortliche Weiterleitung der Hilfe zu setzen, insbesondere in Form von Budgethilfen, nachzukommen;

22. begrüßt die Initiative der Kommission auf der Grundlage des Grünbuchs zur Budgethilfe, die in erster Linie darauf abzielt, die endogene Entwicklung der Partnerländer zu fördern; fordert, dass die Kriterien für die Förderfähigkeit im Zusammenhang mit der Budgethilfe präzisiert werden, um das Risiko etwaiger Fehlentwicklungen oder einer missbräuchlichen Verwendung dieser Art von Hilfe auszuschließen, indem Elemente wie etwa die Korruptionsindizes der betreffenden Länder berücksichtigt werden;

23. hebt die führende Rolle der einzelstaatlichen Parlamente innerhalb der neuen Hilfearchitektur hervor und erinnert an die Notwendigkeit, diese bei der Stärkung ihrer Rechtsetzungsfähigkeiten und bei der Förderung von Veränderungen, die sie in die Lage versetzen, alle Entwicklungsausgaben selbst zu prüfen, zu unterstützen;

24. fordert, dass die nationalen Parlamente die Länderstrategiepapiere und jährlichen Haushaltspläne in Abstimmung mit der Zivilgesellschaft und den Gebietskörperschaften vor dem politischen Dialog mit den Gebern annehmen, um die demokratische Kontrolle zu verstärken;

25. erinnert in diesem Zusammenhang an die im operativen Rahmen des Rates der Europäischen Union für die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe enthaltene Verpflichtung[12], dass die Finanzhilfen der EU-Geber einer demokratischen Prüfung im Rahmen der Verfahren der Partnerländer unterworfen werden dürfen;

26. macht auf die bedeutende Rolle der für die Kontrolle der öffentlichen Finanzen zuständigen übergeordneten Einrichtungen für die Unterstützung der nationalen Parlamente bei der Bewältigung ihrer Aufgabe, die Entwicklungsausgaben zu überwachen, und für die Förderung der Wirksamkeit der Hilfe aufmerksam;

27. verweist auf die Gefahr, dass die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe als rein technische Herausforderung betrachtet wird; betont, dass die Indikatoren für die Auswirkungen der Hilfe auf die Entwicklung und die Art und Weise, wie sie wirksam zur Beseitigung der Armut, zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und zur Verringerung der Ungleichheiten und zur Schaffung von Wohlstand beiträgt, in den Vordergrund gerückt werden müssen; vertritt die Auffassung, dass eine engere Einbeziehung der im Bereich der Entwicklungshilfe tätigen staatlichen und privaten Akteure und die Berücksichtigung der Erfahrungen, die bei der Umsetzung der Verpflichtungen im Rahmen der Pariser Erklärung und des Aktionsplans von Accra gewonnen wurden, zu einer Verbesserung des Programms zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit beitragen;

28. fordert die Union nachdrücklich auf, ihre politischen Strategien im Bereich der Arbeitsteilung zu überarbeiten, um dafür Sorge zu tragen, dass Querschnittsthemen wie Menschenrechte, soziale Integration, Gleichstellung, Bürgerschaft oder Klimawandel nicht vernachlässigt werden;

29. unterstreicht, dass die Transparenz der Hilfe wesentlich ist, um die Eigenverantwortung und die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe zu gewährleisten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, einen ehrgeizigen Standpunkt in Bezug auf die Transparenz der Hilfe festzulegen und auf internationaler Ebene Mechanismen zu fördern, die auf die Schaffung globaler Standards in diesem Bereich – wie die internationale Initiative zur Förderung der Transparenz der Hilfe (International Aid Transparency Initiative – IATI) – abzielen;

30. betont, dass es wichtig ist, die mit einer stärkeren Einbindung der Privatwirtschaft einhergehenden möglichen Risiken eindeutig zu bewerten, und dass deshalb klare Kriterien für die Förderung von Projekten des Privatsektors sowie wirksame Folgenabschätzungsmechanismen festgelegt werden müssen, die es zu entwickeln gilt, um sicherzustellen, dass die Investitionen des Privatsektors sowohl nachhaltig sind als auch im Einklang mit den international vereinbarten Entwicklungszielen stehen und nicht zu einer Rückkehr zur gebundenen Entwicklungshilfe führen;

31. ist der Ansicht, dass der Gleichstellung der Geschlechter bei der Ausarbeitung entwicklungspolitischer Strategien eine wesentliche Bedeutung zukommt und fordert daher ihre uneingeschränkte Einbeziehung in die Agenda zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit sowie die Beteiligung von Frauenorganisationen an allen Entwicklungsprozessen;

32. betont, dass das HLF-4 auch die Grundlagen einer stärker integrativen globalen Partnerschaft für die Entwicklung legen sollte, indem die neuen Geber enger eingebunden werden, insbesondere die Länder, deren Ansatz sich nicht an den weltweiten Normen in Bezug auf die Wirksamkeit der Hilfe orientiert; fordert die EU auf, in dieser Hinsicht eine Führungsrolle zu übernehmen, um zu gewährleisten, dass Hilfe aus solchen Ländern im Einklang mit den vereinbarten internationalen Grundsätzen im Bereich der öffentlichen Entwicklungshilfe steht; ist der Auffassung, dass dies nicht zu einer Verringerung der Wirksamkeit der Hilfe und einer Verwässerung der ihr zugrunde liegenden Grundprinzipien führen sollte;

33. vertritt die Auffassung, dass sich das Europäische Parlament angesichts seiner demokratischen Kontrollfunktionen weiterhin an der laufenden Überarbeitung der Agenda zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit, auch durch eine angemessene Teilnahme am Forum in Busan, beteiligen sollte;

34. fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, der Qualität der Hilfe weiterhin Aufmerksamkeit zu widmen und eine internationale Agenda zu fördern, deren Schwerpunkt auf der Entwicklung liegt;

35. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 46 vom 24.2.2006.
  • [2]  Schlussfolgerungen des Rates 9558/07, 15.5.2007.
  • [3]  ABl. C 306E vom 15.12.2006, S. 373.
  • [4]  ABl. C 279E vom 19.11.2009, S. 100.
  • [5]  Dok. 15912/09.
  • [6]  Dok. 11081/10.
  • [7]  Dok. 17769/10.
  • [8]  Dok. 18239/10.
  • [9]  Entwurf Nr. 2008/170204 – 1. Fassung.
  • [10]  Entwurf Nr. 2010/250763 – 1. Fassung.
  • [11]  ABl. C 301E vom 13.12.2007, S. 249.
  • [12]  Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union, konsolidierte Fassung 18239/10.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

22.9.2011

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

21

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Thijs Berman, Michael Cashman, Corina Creţu, Véronique De Keyser, Charles Goerens, Catherine Grèze, András Gyürk, Filip Kaczmarek, Franziska Keller, Bill Newton Dunn, Maurice Ponga, Birgit Schnieber-Jastram, Michèle Striffler, Alf Svensson, Eleni Theocharous

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Santiago Fisas Ayxela, Martin Kastler, Cristian Dan Preda, Judith Sargentini

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

María Irigoyen Pérez, Wolfgang Kreissl-Dörfler