BERICHT über die Änderung von Artikel 123 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments betreffend die schriftlichen Erklärungen und von Artikel 42 der Geschäftsordnung betreffend die Gesetzgebungsinitiativen

24.7.2012 - (2011/2058(REG))

Ausschuss für konstitutionelle Fragen
Berichterstatter: Rafał Trzaskowski


Verfahren : 2011/2058(REG)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0242/2012
Eingereichte Texte :
A7-0242/2012
Aussprachen :
Angenommene Texte :

VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über die Änderung von Artikel 123 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments betreffend die schriftlichen Erklärungen und von Artikel 42 der Geschäftsordnung betreffend die Gesetzgebungsinitiativen

(2011/2058(REG))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Schreibens seines Präsidenten vom 11. November 2010,

–   in Kenntnis der Studie seiner Fachabteilung mit dem Titel “Schriftliche Erklärungen im Europäischen Parlament: Überprüfung des Verfahrens und der Auswirkungen“ (PE 462.424)

–   gestützt auf die Artikel 211 und 212 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A7-0242/2012),

in Erwägung nachstehender Gründe:

A. Das Parlament hat im Verlauf der Jahre seine Befugnisse erheblich erweitert und sichergestellt, dass es über beträchtliche Instrumente verfügt, mit denen es den Beschlussfassungsprozess der Europäischen Union in den meisten Tätigkeitsbereichen der Union beeinflussen kann;

B.  die Institutionen, an die die schriftlichen Erklärungen gerichtet sind, sollten deren ordnungsgemäße Weiterbehandlung sicherstellen;

C. schriftliche Erklärungen dienen als nützliches Mittel, um Fragen von besonderem Belang für die Unionsbürger anzusprechen;

D. schriftliche Erklärungen werden regelmäßig, aber nicht in sehr großer Zahl verwendet; nur ein geringer Teil davon erhält die erforderliche Unterstützung einer Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments;

E.  die Mehrheit der schriftlichen Erklärungen wird nach der in der Geschäftsordnung festgelegten Frist hinfällig;

F.  der Großteil der angenommenen schriftlichen Erklärungen ist an die Kommission gerichtet, die anerkanntermaßen das einzige Organ ist, das die darin gestellten Fragen beantwortet hat;

G. diese Antworten beschränken sich in den meisten Fällen darauf, noch einmal auf laufende Tätigkeiten der Kommission zu verweisen, und befassen sich nur in Ausnahmefällen auch mit einer spezifischen, auf eine schriftliche Erklärung zurückzuführende Tätigkeit;

H. angesichts der erweiterten Vorrechte des Europäischen Parlaments sowie der Einführung der Europäischen Bürgerinitiative hat sich die Bedeutung schriftlicher Erklärungen geändert, auch wenn sie immer noch ein nützliches Instrument sein können, das den Mitgliedern eine Sensibilisierung in Fragen von öffentlichem Interesse ermöglicht;

I.   schriftliche Erklärungen haben sowohl bei der Festlegung der Agenda als auch der Beeinflussung von Entscheidungen der Organe eine sehr begrenzte Wirkung und können einen irreführenden Eindruck vermitteln, was ihre Wirksamkeit angeht; werden sie jedoch richtig eingesetzt, sind sie nach wie vor ein wertvolles Mittel der Bürgerbeteiligung; auf Vorschläge, mit denen eine legislative Maßnahme gefordert wird, sollte Artikel 42 Absatz 2 Anwendung finden, wodurch einzelnen Mitgliedern eine echte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Rechtsvorschriften der Europäischen Union und der Einbeziehung eines bestimmten Vorschlags in die Tätigkeit der Ausschüsse des Europäischen Parlaments eingeräumt wird;

J.   die Qualität und Relevanz einiger schriftlicher Erklärungen und insbesondere ihre Übereinstimmung mit den Zuständigkeiten der Union gemäß Titel I des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union kann unzureichend sein; deshalb könnte das Europäische Parlament in der nächsten Wahlperiode die Auswirkungen der neuen Bestimmungen seiner Geschäftsordnung über schriftliche Erklärungen beurteilen und ihre Wirksamkeit prüfen;

1.  beschließt, an seiner Geschäftsordnung nachstehende Änderungen vorzunehmen;

2.  vertritt die Auffassung, dass die Institutionen, an die die schriftlichen Erklärungen gerichtet werden, dem Parlament innerhalb von drei Monaten nach Eingang einer Erklärung mitteilen sollten, wie mit diesen weiterverfahren werden soll; beabsichtigt, mit der Kommission im Rahmen der anstehenden Verhandlungen über die Überarbeitung der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission eine Einigung über dieses Prinzip herbeizuführen;

3.  erinnert daran, dass diese Änderungen am ersten Tag der nächsten Tagung in Kraft treten;

4.  begrüßt den Beschluss des Präsidiums, die Möglichkeiten eines übermäßigen Werbens für schriftliche Erklärungen einzuschränken und den Mitgliedern so einen ungestörten Zugang zum Plenarsaal des Europäischen Parlaments zu ermöglichen;

5.  beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss dem Rat und der Kommission zur Information zu übermitteln.

Änderungsantrag  1

Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments

Artikel 123 – Absatz 1

Derzeitiger Wortlaut

Geänderter Text

1. Bis zu fünf Mitglieder können zu einer Angelegenheit, die in die Zuständigkeit der Europäischen Union fällt und keine Fragen betrifft, die Gegenstand eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens sind, eine schriftliche Erklärung im Umfang von höchstens 200 Wörtern einreichen. Die Genehmigung wird vom Präsidenten von Fall zu Fall erteilt. Diese schriftlichen Erklärungen werden in den Amtssprachen vervielfältigt und verteilt. Sie werden mit den Namen der Unterzeichner in einem Register aufgeführt. Dieses Register ist öffentlich und wird während der Tagungen vor dem Eingang zum Plenarsaal und zwischen den Tagungen an einem vom Kollegium der Quästoren zu bestimmenden geeigneten Ort bereitgehalten.

1. Mindestens zehn Mitglieder aus mindestens drei Fraktionen können zu einer Angelegenheit, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fällt, eine schriftliche Erklärung im Umfang von höchstens 200 Wörtern einreichen. Der Inhalt einer solchen Erklärung soll über die Form einer Erklärung nicht hinausgehen. Vor allem darf in ihr keine legislative Maßnahme gefordert werden, sie darf keinen Beschluss zu Angelegenheiten enthalten, für die in dieser Geschäftsordnung spezifische Verfahren und Zuständigkeiten festgelegt sind, und sie darf keine Fragen behandeln, die Gegenstand eines laufenden Verfahrens im Europäischen Parlament sind.

 

1a. Die Genehmigung zur Weiterbehandlung ist gemäß Absatz 1 in jedem Einzelfall Gegenstand einer mit Gründen versehenen Entscheidung des Präsidenten. Diese schriftlichen Erklärungen werden in den Amtssprachen auf der Internetseite des Europäischen Parlaments veröffentlicht und elektronisch an alle Mitglieder verteilt. Sie werden mit den Namen der Unterzeichner in einem elektronischen Register aufgeführt. Dieses Register ist öffentlich und über die Internetseite des Europäischen Parlaments zugänglich. Kopien der mit Unterschriften versehenen schriftlichen Erklärungen in Papierform werden auch vom Präsidenten verwahrt.

Änderungsantrag      2

Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments

Artikel 123 – Absatz 2

Derzeitiger Wortlaut

Geänderter Text

2. Jedes Mitglied kann eine in das Register eingetragene Erklärung mitunterzeichnen.

2. Jedes Mitglied kann eine in das elektronische Register eingetragene Erklärung mitunterzeichnen. Die Unterschrift kann jederzeit vor Ablauf einer Frist von drei Monaten ab der Eintragung der Erklärung in das Register zurückgezogen werden. Im Falle einer solchen Rücknahme ist es dem betreffenden Mitglied nicht gestattet, die Erklärung noch einmal zu unterzeichnen.

Änderungsantrag  3

Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments

Artikel 123 – Absatz 3

Derzeitiger Wortlaut

Geänderter Text

3. Erhält eine Erklärung die Unterschriften der Mehrheit der Mitglieder des Parlaments, so teilt der Präsident dem Parlament dies mit und veröffentlicht die Namen der Unterzeichner im Protokoll und die Erklärung als angenommenen Text.

3. Erhält nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab der Eintragung in das Register eine Erklärung die Unterschriften der Mehrheit der Mitglieder des Parlaments, so teilt der Präsident dem Parlament dies mit und veröffentlicht die Namen der Unterzeichner im Protokoll und die Erklärung als angenommenen Text.

Änderungsantrag  4

Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments

Artikel 123 – Absatz 4 a (neu)

Derzeitiger Wortlaut

Geänderter Text

 

4a. Wenn die Institution, an die sich die angenommene Erklärung richtet, das Parlament nicht innerhalb von drei Monaten nach deren Eingang über ihre Weiterbehandlung informiert, wird der in der Erklärung geschilderte Sachverhalt von einem ihrer Verfasser auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses gesetzt.

Begründung

Eine Weiterbehandlung der angenommenen Erklärungen im Parlament muss garantiert werden, sofern andere Institutionen ihren entsprechenden Verpflichtungen nicht nachkommen.

Änderungsantrag  5

Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments

Artikel 123 – Absatz 5

Derzeitiger Wortlaut

Geänderter Text

5. Eine schriftliche Erklärung, die mehr als drei Monate in dem Register gestanden hat und nicht von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Parlaments unterzeichnet wurde, wird hinfällig.

5. Eine schriftliche Erklärung, die mehr als drei Monate in dem Register gestanden hat und nicht von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Parlaments unterzeichnet ist, wird hinfällig, ohne dass die Möglichkeit einer Verlängerung dieser dreimonatigen Frist besteht.

Änderungsantrag      6

Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments

Artikel 42 – Absätze 2 und 3

Derzeitiger Wortlaut

Geänderter Text

2. Jedes Mitglied kann einen Vorschlag für einen Unionsakt im Rahmen des Initiativrechts des Parlaments gemäß Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einbringen.

2. Jedes Mitglied kann einen Vorschlag für einen Unionsakt im Rahmen des Initiativrechts des Parlaments gemäß Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einbringen. Ein solcher Vorschlag kann von bis zu zehn Mitgliedern gemeinsam eingebracht werden. Der Vorschlag muss seine Rechtsgrundlage enthalten und ggf. eine Erklärung mit einem Umfang von höchstens 150 Worten.

3. Der Vorschlag ist beim Präsidenten einzureichen, der ihn zur Prüfung an den zuständigen Ausschuss überweist. Vor der Überweisung wird der Vorschlag in die Amtssprachen übersetzt, die der Vorsitz dieses Ausschusses für eine summarische Prüfung als erforderlich erachtet. Der Ausschuss beschließt über das weitere Verfahren innerhalb von drei Monaten nach der Überweisung und nach Anhörung des Verfassers des Vorschlags.

3. Der Vorschlag ist beim Präsidenten einzureichen, der überprüft, ob die rechtlichen Auflagen erfüllt sind. Er kann den Vorschlag an den für eine solche Prüfung zuständigen Ausschuss überweisen, damit dieser Stellung zur Angemessenheit der Rechtsgrundlage nehmen kann. Erklärt der Präsident den Vorschlag für zulässig, gibt er dies im Plenum bekannt und überweist ihn an den zuständigen Ausschuss.

 

Vor der Überweisung wird der Vorschlag in die Amtssprachen übersetzt, die der Vorsitz dieses Ausschusses für eine summarische Prüfung als erforderlich erachtet.

 

Der Ausschuss kann dem Präsidenten empfehlen, dass der Vorschlag vorbehaltlich der in Artikel 123 Absatz 1a, 123 Absatz 2 und 123 Absatz 5 festgelegten Modalitäten und Fristen zur Unterzeichnung durch alle Mitglieder aufgelegt wird.

Beschließt der Ausschuss, den Vorschlag gemäß dem Verfahren des Artikels 48 dem Parlament vorzulegen, wird der Verfasser des Vorschlags im Titel des Berichts namentlich genannt.

Erhält ein solcher Vorschlag die Unterschriften der Mehrheit der Mitglieder des Parlaments, so gilt der Bericht über den Vorschlag als von der Konferenz der Präsidenten genehmigt. Der Ausschuss arbeitet nach Anhörung der Verfasser des Vorschlags einen Bericht gemäß Artikel 48 aus.

 

Wird ein Vorschlag nicht für weitere Unterschriften aufgelegt oder wird er nicht von einer Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments unterzeichnet, beschließt der zuständige Ausschuss über das weitere Verfahren innerhalb von drei Monaten nach der Überweisung und nach Anhörung der Verfasser des Vorschlags.

 

Die Verfasser des Vorschlags werden im Titel des Berichts namentlich genannt.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

12.7.2012

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

17

2

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Andrew Henry William Brons, Carlo Casini, Andrew Duff, Ashley Fox, Roberto Gualtieri, Enrique Guerrero Salom, Gerald Häfner, Daniel Hannan, Stanimir Ilchev, Constance Le Grip, Morten Messerschmidt, Paulo Rangel, Algirdas Saudargas, József Szájer, Rafał Trzaskowski, Manfred Weber

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Elmar Brok, Zuzana Brzobohatá, Marietta Giannakou, Helmut Scholz, Alexandra Thein