BERICHT über allgemeine und berufliche Bildung sowie Europa 2020

19.7.2012 - (2012/2045(INI))

Ausschuss für Kultur und Bildung
Verfasserin der Stellungnahme: Mary Honeyball

Verfahren : 2012/2045(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0247/2012
Eingereichte Texte :
A7-0247/2012
Aussprachen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über allgemeine und berufliche Bildung sowie Europa 2020

(2012/2045(INI))

Das Europäische Parlament,

–   gestützt auf die Artikel 165 und 166 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–   unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 14,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 23. Dezember 2011 mit dem Titel „Jahreswachstumsbericht 2012“ (KOM(2011)0815),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 20. Dezember 2011 mit dem Titel „Die allgemeine und berufliche Bildung in einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Europa“ (KOM(2010)0902),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 03. März 2010 mit dem Titel „Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ (KOM(2010)2020),

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Mai 2010 zur sozialen Dimension der allgemeinen und beruflichen Bildung[1],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“)[2],

–   unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 28. Juni 2011 mit dem Titel „Jugend in Bewegung“ – die Mobilität junger Menschen zu Lernzwecken fördern[3],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Dezember 2011 zur Bekämpfung des frühzeitigen Schulabbruchs[4],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Mai 2011 zu der frühkindlichen Bildung in der Europäischen Union[5],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Mai 2010 zu den Schlüsselkompetenzen für eine Welt im Wandel: Umsetzung des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“[6],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2008 zu Wissen, Kreativität und Innovation durch lebenslanges Lernen – Umsetzung des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“[7],

–   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung sowie der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (A7-0247/2012),

A. in der Erwägung, dass trotz einer gewissen Verbesserung im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung das lebenslange Lernen für die Mehrheit der EU-Bevölkerung noch keine Realität ist und einige Indikatoren in der Tat besorgniserregend sind; in der Erwägung, dass zusätzlich zur allgemeinen und beruflichen Bildung auch die Bedeutung der formalen und nicht-formalen Erwachsenenbildung hervorzuheben ist;

B.  in der Erwägung, dass Strategien für das lebenslange Lernen in vielen Mitgliedstaaten noch bei weitem nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden, obwohl sie wesentlicher Bestandteil der Strategie EU 2020 sind;

C. in der Erwägung, dass die politischen Maßnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung Möglichkeiten für lebenslanges Lernen für alle bieten müssen, unabhängig von Alter, einer möglichen Behinderung, Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, sexueller Orientierung oder von sprachlichem und sozioökonomischem Hintergrund;

D.  in der Erwägung, dass für Menschen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen noch immer lediglich begrenzte und nicht bedarfsgerechte Bildungsangebote zur Verfügung stehen; in der weiteren Erwägung, dass sowohl der autochthonen Bevölkerung als auch Angehörigen der diversen sprachlichen und kulturellen Minderheiten die Möglichkeit geboten werden sollte, in ihrer eigenen Sprache zu lernen;

E.   in der Erwägung, dass Wirtschaftswachstum vorrangig auf Bildung, Wissen, Innovation und einer geeigneten Sozialpolitik basiert, um die EU aus den derzeitigen Krisen zu befördern; außerdem müssen die politischen Maßnahmen in diesem Bereich innerhalb des EU-2020-Strategierahmens ordnungsgemäß und vollständig durchgeführt werden, um diese kritische Phase zu überstehen;

F.  in der Erwägung, dass die Politikgestaltung in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung in die staatliche Verantwortung der Mitgliedstaaten fällt und dass diese Bereiche einer angemessenen Ausstattung mit öffentlichen Mitteln bedürfen, um den gleichberechtigten Zugang zur Bildung ohne soziale, wirtschaftliche, kulturelle, rassische und politische Diskriminierung sicherzustellen;

G. in der Erwägung, dass die in der gesamten EU ergriffenen Sparmaßnahmen und die einhergehenden Haushaltskürzungen im Bildungswesen eine Haupttriebkraft für den Zusammenhalt und das Wachstum sowie das Ziel, eine wissensbasierte europäische Wirtschaft zu schaffen, gefährden;

H. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten weiterhin zusammenarbeiten und bewährte Praktiken austauschen müssen, um ihre nationalen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung voranzubringen;

I.   in der Erwägung, dass mangelnde Sprachkenntnisse noch immer ein erhebliches Hindernis für die Mobilität auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung sind;

J.   in der Erwägung, dass eine erfolgreiche Strategie für die allgemeine und berufliche Bildung auch darauf ausgerichtet sein sollte, Lernenden die Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die für deren persönliche Entwicklung und eine aktive Bürgerschaft notwendig sind;

K. in der Erwägung, dass lebenslanges Lernen vor dem aktuellen demografischen Hintergrund auch wirklich lebenslang bedeuten sollte und in der Erwägung, dass das Potenzial des angesammelten Wissens älterer Menschen besser berücksichtigt werden sollte;

L.  in der Erwägung, dass Kompetenzen in den neuen Technologien das Erreichen der Ziele des Programms für lebenslanges Lernen (PLL) erheblich vereinfachen;

M.  in der Erwägung, dass lebenslanges Lernen ein ständiger Lernprozess ist, der sich über das ganze Leben erstrecken sollte: von einer hochwertigen Früherziehung im Kleinkindalter bis hin zum Lernen im Rentenalter;

N. in der Erwägung, dass eine für alle Kinder zugängliche hochwertige frühkindliche Erziehung und entsprechende Einrichtungen eine Investition in die Zukunft darstellen und sowohl dem Einzelnen als auch der Gesellschaft großen Nutzen bringen;

O. in der Erwägung, dass Schulabbrüche schwerwiegende Konsequenzen für den Einzelnen und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der EU haben;

P.  in der Erwägung, dass weitere Neuerungen auf dem Gebiet der Stipendien in der voruniversitären Bildung in Betracht gezogen werden sollten;

Q. in der Erwägung, dass der Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung eine entscheidende Herausforderung auch hinsichtlich eines weiteren Fortschritts bei der sozialen Eingliederung, dem Zusammenhalt und der Armutsbekämpfung darstellt;

R.  in der Erwägung, dass nationale, regionale und lokale Behörden zusammenarbeiten müssen, um erfolgreich die Herausforderungen, vor denen Europa derzeit steht, zu bewältigen;

1.  nimmt die oben genannte Mitteilung der Kommission über „Die allgemeine und berufliche Bildung in einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Europa“ zur Kenntnis;

2.  erinnert daran, dass die Leistungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Teilhabe aller Altersgruppen an allgemeiner und beruflicher Bildung sowie lebenslangem Lernen vor der derzeitigen Krise sehr unterschiedlich waren und der EU-Durchschnitt insgesamt unter dem internationalen Durchschnitt lag;

3.  weist darauf hin, dass einige Mitgliedstaaten aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage bei der allgemeinen und beruflichen Bildung Budgetanpassungen vorgenommen haben, ist jedoch der Meinung, dass die Investitionen und Ausgaben mit der größten strategischen Bedeutung ausgenommen oder sogar erhöht werden müssen; betont, dass im mehrjährigen Finanzrahmen der Union für den Bildungssektor und verwandte Bereiche der prozentual größte Zuwachs vorgesehen ist;

4.  weist auf die Notwendigkeit hin, die Aufstockung der für das Bildungswesen und ähnliche Sektoren zugeteilten Haushaltsmittel gemäß den Bestimmungen des mehrjährigen Finanzrahmens zu bewilligen; fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Strategien für lebenslanges Lernen zu entwickeln und geeignete Finanzmittel bereitzustellen, da dies das am besten geeignete verfügbare Instrument zur Verwirklichung der Ziele, wie sie im strategischen Rahmen ET 2020 festgehalten wurden, darstellt;

5.  hebt hervor, dass die wirtschaftlichen Kosten der Folgen von schwachen Leistungen im Bildungswesen, insbesondere im Zusammenhang mit Schulabbruch und sozialen Ungleichheiten in den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung und den entsprechenden Auswirkungen auf die Entwicklung der Mitgliedstaaten, erheblich höher sind als die Kosten der Finanzkrise und dass die Mitgliedstaaten Jahr für Jahr bereits den Preis dafür zahlen;

6.  fordert die Mitgliedstaaten auf, vorrangig in den Bereichen Bildung, Ausbildung, Jugend, lebenslanges Lernen, Forschung, Innovation sowie sprachliche und kulturelle Vielfalt Ausgaben zu tätigen, die als Investition in zukünftiges Wachstum und wirtschaftliches Gleichgewicht angesehen werden, dabei aber gleichzeitig den Mehrwert solcher Investitionen sicherzustellen; wiederholt in diesem Zusammenhang die Forderung, wie sie aus einer Empfehlung der Kommission im Jahreswachstumsbericht und Beschäftigungsbericht hervorgeht, dass als Mindestwert für die Gesamtinvestition in das Hochschulsystem ein Prozentsatz von 2 % des Bruttoinlandsprodukts – das erforderliche Minimum für wissensbasierte Wirtschaften – angestrebt werden sollte;

7.  erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten grundlegende Ziele der Europa-2020-Strategie erreichen müssen, um zukünftig mit den neuen globalen Wirtschaftsmächten konkurrieren zu können; diese Ziele umfassen im Bereich Bildung den Anstieg der Investitionen in die Forschung auf 3 %, die Steigerung des Anteils junger Menschen mit Universitätsabschluss auf 40 % und die Reduktion der Zahl der vorzeitigen Schulabgänger auf unter 10 %;

8.  erinnert an den hohen Stellenwert der Forschung im Rahmen einer ehrgeizigen Strategie für die allgemeine und berufliche Bildung und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten daher auf, ihre Aktivitäten, die darauf abzielen, zunehmend mehr junge Menschen für diesen Bereich zu begeistern, zu verstärken;

9.  erinnert daran, dass jungen Menschen besondere Aufmerksamkeit gelten sollte, wenn man bedenkt, dass die EU-Arbeitslosenquote auf über 20 % gestiegen ist, wobei die Spitzenwerte in einigen Mitgliedstaaten bei über 50 % liegen, und dass junge Menschen, insbesondere die am geringsten qualifizierten jungen Menschen, besonders schwer von der gegenwärtigen Krise betroffen sind; verweist insbesondere auf die negativen Auswirkungen der Sparprogramme auf die Jugendarbeitslosigkeit in einigen EU-Mitgliedstaaten, vor allem in den Staaten des Südens, was zu einer erheblichen Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte in andere Länder einschließlich Drittländer führt; erinnert ferner daran, dass heute jeder siebte Schüler (14,4 %) seine Ausbildung nach Abschluss der unteren Sekundarstufe abbricht und seine allgemeine oder berufliche Bildung nicht anderweitig fortsetzt;

10. weist auf duale Berufsausbildungssysteme in einigen Mitgliedstaaten hin, die eine Verknüpfung von Theorie und Praxis gewährleisten und den Einstieg in die Arbeitswelt besser ermöglichen als rein schulische Ausbildungsformen;

11. schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten Investitionen in die allgemeine und berufliche Bildung bei der Berechnung des Staatsdefizits des SKS-Vertrags abziehen, da sie als ein Hauptmotor für die nachhaltige wirtschaftliche Erholung, die im Einklang mit den Zielen der Strategie Europa 2020 steht, gesehen werden;

12. fordert die EU-Institutionen auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um eine klarere und gezieltere Jugendpolitik auf EU-Ebene auszuarbeiten, die den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen entspricht, zumal die heutige Generation junger Menschen davon ausgeht, dass sie nicht das gleiche Wohlstandsniveau wie die vorherige erreichen können wird;

13. fordert insbesondere die Mitgliedstaaten auf, zielgerichtete Maßnahmen für junge Menschen mit Schulabbruchrisiko bzw. solche zu treffen, die sich weder in allgemeiner oder beruflicher Bildung noch in einem Beschäftigungsverhältnis befinden, und ihnen Aus- und Weiterbildungsangebote und Garantieprogramme für Jugendliche zur Verfügung zu stellen, damit sie die für ihre berufliche Eingliederung erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen erwerben können, in einigen Fällen auch durch die Förderung ihrer Wiedereingliederung in das Schulsystem; fordert ferner, der beruflichen Aus- und Weiterbildung auf Ebene der Hochschulbildung unter Berücksichtigung der Unterschiede bei den nationalen Bildungssystemen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und legt den Mitgliedstaaten nahe, ihre Anstrengungen zu verstärken, um zu gewährleisten, dass junge Menschen echte Berufserfahrung erlangen und rasch in den Arbeitsmarkt eintreten können; hebt hervor, dass Praktika einen sinnvollen Beitrag für das Studium leisten müssen und einen festen Teil des Studienblocks bilden müssen;

14. erinnert daran, dass in Krisenzeiten die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen besonders gefährdet ist; betont, wie wichtig es ist, dass nach Abschluss der Ausbildung verfolgt werden muss, wie schnell junge Absolventen eine Beschäftigung erhalten, die ihrer Ausbildung und ihren Qualifikationen entspricht, und dass auf der Grundlage dieser Daten die Qualität der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Notwendigkeit und Möglichkeit von Anpassungen ermittelt werden;

15. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, konsequent an der Einführung, Umsetzung und Weiterentwicklung von ECVET, Europass und dem europäischen Qualifikationsrahmen zu arbeiten;

16. unterstreicht, dass junge Menschen eine Schlüsselrolle hinsichtlich der Erreichung der Kernziele der EU für 2020, nämlich Beschäftigung, Forschung und Innovation, Klima und Energie, Bildung und Bekämpfung der Armut, spielen müssen;

17. unterstreicht die Bedeutung der informellen und nicht-formalen Bildung für die Herausbildung von Werten, Fähigkeiten und Kompetenzen, insbesondere für Jugendliche sowie für die bürgerschaftliche Erziehung und die demokratische Beteiligung; fordert die Kommission auf, im Rahmen der neuen Programme für Bildung und Jugend sowie im Bereich der bürgerschaftlichen Erziehung die Unterstützung - einschließlich finanzieller Art - der informellen und nicht-formalen Bildung sicherzustellen;

18. fordert die Hochschulen angesichts dessen, dass der demografische Wandel in Europa eine unbestreitbare Tatsache ist, dazu auf, den Zugang zum Lernen zu erweitern und die Lehrpläne zu modernisieren, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden und die Kompetenzen der Bevölkerung in Europa zu verbessern, ohne dass dies die Wahrnehmung ihrer akademischen Aufgaben im Bereich der Wissensvermittlung beeinträchtigt; hebt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit hervor, nicht-formale Bildung und informelles Lernen anzuerkennen und zu unterstützen;

19. fördert den Dialog zwischen privaten Akteuren, insbesondere KMU, lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie Akteuren der Zivilgesellschaft mit den Hochschuleinrichtungen bzw. Universitäten, um darauf hinzuwirken, dass die Studierenden Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, die ihre Beschäftigungsfähigkeit fördern; weist die Arbeitgeber auf die Wichtigkeit der Einführung in die Arbeit hin, da sie die Eingliederung junger Menschen in das Berufsleben fördert;

20. erinnert daran, dass Kreativität ein wesentlicher Faktor der neuen wissensbasierten Wirtschaft ist; betont, dass der Kreativsektor einen beträchtlichen und wachsenden Beitrag zur Wirtschaft leistet, der 4,5 % des BIP der Europäischen Union und 8,5 Millionen Arbeitsplätzen entspricht;

21. ist der Ansicht, dass die Synergie zwischen dem Arbeitskräfteangebot und der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes unerlässlich ist;

22. betont die wesentliche Rolle der öffentlichen Arbeitsämter bei begleitenden und beratenden politischen Maßnahmen für die Arbeitsuchenden, besonders bei der Suche nach einer Arbeits- oder Weiterbildungsstelle; unterstreicht die Tatsache, dass immer mehr dieser Arbeitsuchenden von einer adäquaten Weiterbildung profitieren müssen, um ihnen die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, und fordert die Mitgliedstaaten dementsprechend auf, die hierfür notwendigen Finanzmittel zu bewilligen;

23. betont die grundlegende Bedeutung der Erweiterung des Zugangs von Menschen mit Behinderungen zum lebenslangen Lernen durch die Planung und Umsetzung zielgerichteter Programme und die Integration von Menschen mit Behinderungen in alle Programme, die sich an die allgemeine Bevölkerung richten; in diesem Zusammenhang ist ein besonderes Bestreben beim Verhältnis zwischen Behinderung und lebenslangem Lernen notwendig, um Fällen von sozialer Ausgrenzung vorzubeugen und die Stellung von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt zu stärken, da laut aller diesbezüglichen Studien einerseits das Bildungsniveau von Menschen mit Behinderungen niedriger ist als der Durchschnitt und andererseits ihre Teilnahme an besagten Programmen außerordentlich niedrig ist;

24. erinnert daran, dass Arbeitgeber eine besondere Verantwortung haben, lebenslanges Lernen für alle, und insbesondere für Frauen Wirklichkeit werden zu lassen und fordert sie auf, eine fortlaufende Weiterbildung von Arbeitnehmern über deren gesamtes Berufsleben hinweg zu ermöglichen, indem sie mehr auf die Rechte auf Weiterbildung aufmerksam machen, indem sie sicherstellen, dass alle Arbeitnehmer dazu Zugang haben, und indem sie außerdem die kontinuierliche Weiterbildung von Arbeitnehmern über das Berufsleben hinweg aufwerten, um diesen somit Möglichkeiten für eine weitergehende Spezialisierung und berufliches Fortkommen zu bieten;

25. ruft dazu auf, die Anstrengungen zur Einrichtung und Umsetzung eines europäischen Systems zur Zertifizierung und Anerkennung von Qualifikationen sowie formaler und nicht-formaler Ausbildung, einschließlich Freiwilligentätigkeit, zu erhöhen, um die unentbehrliche Brücke zwischen informellem Lernen und formaler Bildung auszubauen und die nationale als auch die grenzüberschreitende Mobilität in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern;

26. weist auf die großen Unterschiede der Bildungs- und Ausbildungssysteme von Land zu Land hin und schlägt unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips vor, neben dem Fortschrittsbericht auch einen nützlichen Leitfaden für jeden Mitgliedstaat zu veröffentlichen, der Empfehlungen zur Verbesserung der bestehenden Politik und zur Entwicklung des nationalen Bildungswesens enthält;

27. fordert eine Verbesserung der externen Dimension von EU-Politiken durch einen intensivierten politischen Dialog und eine Zusammenarbeit im Bereich Aus- und Weiterbildung zwischen der Union und ihren internationalen Partnern, um a) den zunehmenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verflechtungen Rechnung zu tragen, b) zur Umsetzung der externen Dimension von Europa 2020 beizutragen und um c) Stabilität, Wohlstand und bessere Beschäftigungschancen für die Bürger in den Partnerländern zu fördern und dabei bessere Instrumente für die Verwaltung und Förderung der Migration qualifizierter Arbeiter nach Europa zu entwickeln, um die aufgrund des demografischen Wandels in Europa entstandenen Qualifikationsmängel und -lücken auszugleichen;

28. erinnert daran, dass nationale Systeme zur beruflichen Aus- und Weiterbildung (BAW) als Akteure auf dem globalen Bildungsmarkt weltweite Verbindungen benötigen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben und wettbewerbsfähig zu sein, Lernende aus anderen europäischen sowie Drittländern besser anwerben können müssen und diesen Bildung und Ausbildung bieten sowie die Anerkennung ihrer Qualifikationen erleichtern müssen; unterstreicht, dass demografischer Wandel und internationale Migration diese Themen umso wichtiger werden lassen;

29. betont, dass, obwohl sich ein europäisches Bildungs- und Ausbildungsgebiet herausbildet, das Ziel, Hindernisse für die Mobilität zu beseitigen, noch nicht erreicht wurde und die Mobilität von Lernenden in BAW gering bleibt; unterstreicht, dass die Steigerung der transnationalen Mobilität von Lernenden und Lehrkräften der BAW und die Anerkennung des Wissens, der Fähigkeiten und der Qualifikationen, die sie sich außer Landes angeeignet haben, wichtige Herausforderungen für die Zukunft sein werden und dass bessere und gezieltere Auskunft und Beratung benötigt werden, um mehr ausländische Lernende für unsere Berufsbildungssysteme anzuwerben;

30. bedauert, dass in der Mitteilung der Kommission über „Die allgemeine und berufliche Bildung in einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Europa“ nicht angemessen auf die Entwicklung in der frühkindlichen Bildung, insbesondere hinsichtlich der sprachlichen Dimension, eingegangen wird, obwohl diese ein wesentliches Ziel der Strategie Europa 2020 umfasst; vertritt die Auffassung, dass diese Stufe der Erziehung als die für das spätere Bildungsniveau und die persönliche und soziale Entwicklung des Einzelnen wichtigste Phase gesehen werden sollte; ist der Auffassung, dass Kinder von Früherziehung profitieren, die darauf abzielt, sowohl motorische und soziale Fähigkeiten zu verbessern als auch eine ausgeglichene emotionale Entwicklung zu fördern und die intellektuelle Neugier zu fördern;

31. Ruft die Kommission dazu auf, die Mitgliedstaaten darin zu unterstützen, Maßnahmen durchzuführen um Kinder vom frühesten Alter an auf einem wahren Bildungsweg zu begleiten;

32. vertritt mit Nachdruck die Auffassung, dass Investitionen in die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung (FBBE), die entsprechend der angemessenen Sensibilitätsphase und des Reifegrads einer jeden Zielgruppe gestaltet sind, eine größere Wirkung erzielen als Investitionen auf irgendeiner anderen Entwicklungsstufe; weist darauf hin, dass Investitionen in die frühkindliche Erziehung später erwiesenermaßen zu geringeren Kosten führen; ist zudem der Auffassung, dass der Erfolg der Bildung auf allen Ebenen von gut ausgebildeten Lehrern und deren kontinuierlicher Weiterbildung abhängt und daher ausreichende Investitionen in die Ausbildung der Lehrer getätigt werden müssen;

33. unterstreicht die Notwendigkeit einer professionellen Kinderbetreuung im Hinblick auf die Sozialisierung der Kinder, insbesondere der Kinder aus Familien mit sozialen Problemen;

34. hebt die Notwendigkeit hervor, sich schon vom frühesten Alter an Sprachkenntnisse anzueignen – und zwar nicht nur in den Amtssprachen der EU, sondern auch in Regional- und Minderheitensprachen, die in der EU gesprochen werden– , da diese die Menschen mobiler machen, ihnen zu einem besseren Zugang zum Arbeitsmarkt und wesentlich mehr Bildungsmöglichkeiten verhelfen und gleichzeitig den kulturellen Austausch und einen größeren Zusammenhalt in Europa fördern;

35. betont die Notwendigkeit, die Mobilität für das Erlernen von Sprachen zu fördern, um das Ziel zu erreichen, dass jeder Bürger der Europäischen Union neben seiner Muttersprache mindestens zwei weitere Sprachen beherrschen sollte;

36. weist auf die Notwendigkeit hin, bereits vor der Schule mit dem Sprachenerwerb zu beginnen und begrüßt Initiativen, die es Schülern ermöglichen, ihre Herkunftssprache in Schrift und Sprache als Wahlfach in der Schule zu erlernen und damit zusätzliche Kompetenzen zu erlangen;

37. vertritt die Auffassung, dass die Förderung der Mobilität durch ehrgeizige gemeinschaftliche Bildungs- und Kulturprogramme von zentraler Bedeutung ist, insbesondere durch Austauschprogramme für Lehrkräfte, Studierende und Schüler, insbesondere im Sprachenbereich, um die aktive Bürgerschaft, europäische Werte, Sprachkenntnisse sowie andere wertvolle Fähigkeiten und Fertigkeiten zu fördern;

38. fordert die Kommission auf, die Entwicklung der innovativen Lösungen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung zu unterstützen, die sich hinsichtlich der Sprachen und auch technisch einfach umsetzen lassen und eine Mobilität in Sektoren schaffen würde, die nicht so stark von dem Phänomen der Mehrsprachigkeit betroffen sind;

39. erkennt den wichtigen Beitrag des EU-Jahres des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen 2012 an und verweist darauf, dass es wichtig für die EU ist, dass ihre Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit zum Lernen im Alter in all seinen unterschiedlichen Formen erhalten und ältere Lernende mit Fachleuten der Einrichtungen in Dialog treten können, die Leistungen im Bereich des Lernens erbringen und unterstützen;

40. erinnert daran, dass das Grundtvig-Programm zur Entwicklung des Bereichs Erwachsenenbildung beitragen und mehr Menschen ermöglichen soll, Lernerfahrungen zu sammeln; weist darauf hin, dass es sich auf die Lehr- und Lernbedürfnisse von Lernenden in der Erwachsenenbildung, von Teilnehmern und Teilnehmerinnen alternativer Bildungsangebote sowie auf die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, konzentriert; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Qualität des Bildungsangebots von Einrichtungen der Erwachsenenbildung zu verbessern und die Zusammenarbeit zwischen ihnen zu fördern;

41. unterstreicht die Notwendigkeit, die bestehenden europäischen Instrumente zu fördern, insbesondere die für die Bildung bestimmten Strukturfonds;

42. unterstreicht, dass Erwachsenenbildung über beschäftigungsbezogene Maßnahmen hinausgeht und auch die Förderung persönlicher, bürgerlicher und sozialer Fähigkeiten und Kompetenzen innerhalb der formalen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung einschließt, die laut PLL- Programm die gesamte Lebensspanne umfasst;

43. erkennt an, dass sich aus der Tätigkeit älterer Menschen eine positive Situation für die Gesellschaft im Allgemeinen ergibt, was dadurch begünstigt wird, dass Menschen, je älter sie werden, eher an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, die zur persönlichen Entfaltung oder zum Knüpfen sozialer Kontakte durchgeführt werden;

44. hebt die Notwendigkeit von Statistiken über das lebenslange Lernen hervor, die sich mit der Gruppe der über 65-Jährigen befassen; weist darauf hin, dass es angesichts der Anhebung des Rentenalters in vielen EU-Staaten und längerer Lebensarbeitszeiten wichtig ist, die Änderungen in der Bevölkerung außerhalb dieser Altersgruppe zu berücksichtigen;

45. erkennt die erzieherische und bildende Bedeutung des Sports an und fordert deshalb die Mitgliedstaaten auf, mehr in den Sport zu investieren und den Schulsport zu fördern, um die Integration zu stärken und zur Entwicklung positiver Werte bei den Jugendlichen Europas beizutragen;

46. betont, dass die Ausbildung junger Spieler auf lokaler Ebene wesentlich zur nachhaltigen Entwicklung und gesellschaftlichen Rolle des Sports beiträgt und bringt seine Unterstützung sportlicher Führungsgremien zum Ausdruck, Vereine zu ermutigen, über Rekrutierung einer geringen Zahl trainierter Spieler in die Erziehung und das Training junger Spieler in einem Verein zu investieren, und ruft sie darüber hinaus zu weiteren Schritten auf;

47. ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, die Möglichkeit der Einführung kleinerer und mit weniger Bürokratie verbundener Stipendien für Schüler aus ärmeren Verhältnissen in Betracht zu ziehen, um sie zu ermutigen, ihre Ausbildung fortzuführen, um soziale Ungleichheiten auszugleichen und allen größere Bildungschancen zu bieten;

48. vertritt die Auffassung, dass mehr getan werden sollte, um gegen die Kluft zwischen männlichen und weiblichen Absolventen in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik anzugehen, da beispielsweise nur 20 % der Absolventen der Ingenieurwissenschaften weiblich sind;

49. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 135 vom 26.5.2010, S. 2
  • [2]  ABl. C 119 vom 28.05.09, S. 2.
  • [3]  ABl. C 199 vom 07.07.11, S. 1.
  • [4]  ABl. C 77 E vom 16.3.2012, S. 27.
  • [5]  ABl. C 227 vom 02.08.11, S. 332.
  • [6]  ABl. C 161 E vom 31.05.11, S. 8.
  • [7]  ABl. C 45 E vom 23.02.10, S. 33.

BEGRÜNDUNG

Hintergrund

Die Initiative „Allgemeine und berufliche Bildung 2020” (ET 2020) ist der strategische Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung und baut auf dem Vorläuferprogramm, dem Arbeitsprogramm „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ (ET 2010), auf.

Alle zwei Jahre veröffentlichen die Bildungsminister und die Kommission einen gemeinsamen Bericht zur Darstellung der Gesamtlage der allgemeinen und beruflichen Bildung in der gesamten EU sowie zur Bewertung der Fortschritte in Richtung der gemeinsamen Ziele.

In dem Bericht werden die Maßnahmen und Entwicklungen der ersten Phase (2009-2011) der Umsetzung von „ET 2020“ zusammengefasst und vorrangige Bereiche für die politische Zusammenarbeit in Europa für die nächste Phase (2012-2014) vorgeschlagen. Es wird insbesondere beschrieben, wie die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung zum Erreichen der Ziele der Strategie „Europa 2020“ beitragen kann.

Zentrale Ergebnisse des Berichts:

1.  Notwendigkeit intelligenter Investitionen zusammen mit politischen Reformen;

2.  Es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Kernziele von Europa 2020 bezüglich der Schulabbrecherquote und der tertiären Bildungsabschlüsse zu erreichen;‑{}‑

3.  Für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der EU ist das lebenslange Lernen noch keine Realität;

4.  Grenzüberschreitende Mobilität zum Erlangen neuer Kompetenzen;

5.  Notwendigkeit, das Qualifikationsniveau in Europa zu erhöhen.

Die Kommission schlägt vor, diese Themen als prioritäre Bereiche für die europäische Zusammenarbeit für den nächsten „ET-2020“-Arbeitszyklus (2012-2014) festzulegen, um die erfolgreiche Umsetzung von „Europa 2020“ zu unterstützen.

Hauptüberlegungen der Berichterstatterin

Obwohl der Bericht einige sehr gute Empfehlungen enthält, werden einige Schlüsselbereiche nicht direkt angesprochen.

Sprache kann in unserem Binnenmarkt ein entscheidendes Hindernis sein, das den Einzelnen davon abhält, an irgendeinem anderen Ort innerhalb der EU zu arbeiten. Das Beherrschen von Sprachen ist gemeinhin eine nützliche Fähigkeit, aber im Kontext der Europäischen Union ist Mehrsprachigkeit ein entscheidendes Element, das zu ihrem Funktionieren beiträgt. Obwohl viele Länder bereits über gute Ressourcen im Bereich des Sprachunterrichts verfügen, sollten wir uns dennoch Gedanken darüber machen, was die Europäische Union zusätzlich unternehmen könnte, um die Nutzung der Angebote zu fördern.

Junge Menschen sind von entscheidender Bedeutung, aber angesichts unserer alternden Bevölkerung sollten auch Überlegungen über die Perspektiven älterer Menschen angestellt werden. Die Statistiken über das lebenslange Lernen erfassen nicht die Gruppe der über 64-Jährigen. Dies ist insofern merkwürdig, als viele derer, die Weiterbildungsangebote wahrnehmen, nicht in diese Altersgruppe fallen. Ein weiterer Punkt ist, dass es angesichts der Anhebung des Rentenalters und deutlich längerer Lebensarbeitszeiten in vielen Ländern wahrscheinlich an der Zeit ist, dafür zu sorgen, dass lebenslanges Lernen auch wirklich lebenslang bedeutet.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten konzentrieren sich die Regierungen und die EU vor allem auf ihre finanzielle Situation, und alle anderen Dinge werden vor diesem Hintergrund gesehen. Dies ist natürlich sehr gut nachvollziehbar, dennoch dürfen wir dabei nicht die Menschen aus den Augen verlieren, die täglich allgemeine oder berufliche Bildungsangebote in Anspruch nehmen. Eine Vielzahl von Akteuren kann aufgefordert oder gezwungen werden, sich mit dem Problem der Schulabbrüche zu befassen, aber es ist wahrscheinlich, dass Schüler, Lehrer, Eltern und andere interessierte Kreise das Thema ganz unterschiedlich betrachten. Der Bericht betont, dass die Perspektiven und Interessen des Schülers bzw. Studierenden beim Thema Bildung oberste Priorität haben sollten.

Der Bericht geht nicht angemessen auf die Entwicklung im Vorschulalter ein, bedenkt man, dass diese Stufe der Erziehung von vielen als die für das spätere Bildungsniveau eines Menschen wichtigste Phase gesehen wird. Das Netzwerk Kinderbetreuung der Europäischen Kommission empfahl den europäischen Staaten im Jahr 1996, mindestens 1 % ihres BIP in die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung zu investieren; allerdings hatten einer OECD-Studie aus dem Jahr 2004 zufolge nur fünf der zwanzig untersuchten Länder dieses Investitionsniveau erreicht. Dies ist insofern überraschend, als Untersuchungen gezeigt haben, dass Investitionen in die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung eine größere Wirkung erzielen als Investitionen auf irgendeiner anderen Entwicklungsstufe. Angesichts einer instabilen Wirtschaftslage und in Zeiten aggressiver Sparmaßnahmen wird die frühkindliche Erziehung leicht vernachlässigt. Dieser Bericht betont allerdings, dass frühkindliche Betreuung kein Luxus sein darf, bei dem man ungestraft Kürzungen vornehmen kann. Tatsächlich führen mangelnde Investitionen in diesem Bereich zu Kosten, die möglicherweise nicht unmittelbar erkennbar sind, etwa potenziell geringere wirtschaftliche Gewinne in der Zukunft; aber diese Kosten können eine zusätzliche Belastung für die finanzielle Stabilität der Mitgliedstaaten darstellen. Investitionen in die frühkindliche Erziehung führen später erwiesenermaßen zu geringeren Kosten, beispielsweise verringern Regierungen durch die Stärkung der Erwerbsbevölkerung von morgen das Risiko von Steuerausfällen. Zudem können zukünftige Gesundheitskosten, Kriminalitätsraten sowie die Wahrscheinlichkeit für asoziales Verhalten verringert werden.

Das Konzept der Stipendien in der voruniversitären Bildung sollte eingehender untersucht werden. Für die Familien zahlreicher Schüler aus ärmeren Verhältnissen in ganz Europa wird Bildung noch lange vor dem Studentenalter ein unerschwingliches Gut. Sie sehen sich aufgrund ihrer finanziellen Lage gezwungen, die Schule früh zu verlassen und eine Arbeit aufzunehmen. Finanzielle Zwänge erschweren außerdem den Wiedereinstieg in Bildungsprogramme und die sekundäre Schulbildung. Zahlreiche Länder verfügen über Programme zur direkten finanziellen Unterstützung von Schülern aus ärmeren Verhältnissen, damit diese die Schule nicht verlassen müssen. Es wäre sinnvoll, eine Studie über die Wirksamkeit derartiger Programme durchzuführen.

STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR BESCHÄFTIGUNG UND SOZIALE ANGELEGENHEITEN (6.7.2012)

an den Ausschuss für Kultur und Bildung

zu allgemeiner und beruflicher Bildung sowie Europa 2020
(2012/2045(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Olle Ludvigsson

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten ersucht den federführenden Ausschuss für Kultur und Bildung, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.  betont die Bedeutung von Investitionen in Aus- und Weiterbildung, damit die Ziele der Strategie Europa 2020 erreicht und die Wettbewerbsfähigkeit Europas gestärkt werden, und fordert die Mitgliedstaaten auf, trotz der Haushaltskonsolidierungsprozesse den Zugang zu lebenslangem Lernen für alle zu verbessern; erinnert daran, dass Investitionen in Humankapital und die Vermeidung von Schulabbruch nicht als Kosten betrachtet werden dürfen, sondern dass sie eine wesentliche Voraussetzung zur Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 darstellen und daher nicht nur auf der Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit bemessen werden sollten; weist darauf hin, dass Bildung ein grundlegendes Menschenrecht ist, das allen gewährleistet werden muss, wobei der jüngeren Generation und Mitgliedern gefährdeter Gruppen, einschließlich Personen, die nicht in Arbeit, Schul-/Universitäts- oder Berufsausbildung sind (NEET), besonderes Augenmerk gilt.

2.  erinnert daran, dass antizyklische Investitionen in der Aus- und Weiterbildungspolitik ein wesentliches Instrument zur Überwindung von Wirtschaftskrisen sein können, indem die Wettbewerbsfähigkeit Europas gestärkt wird, den Arbeitskräften die Anpassung an den sich wandelnden Arbeitsmarkt erleichtert wird, der soziale Zusammenhalt gefördert und dazu beigetragen wird, dass die Bürger für mehr Arbeitsplätze qualifiziert sind, die ihnen eine qualitativ hochwertige und nachhaltige Beschäftigung bieten können;

3.  erinnert daran, dass ein höheres Qualitäts- und Wissensniveau notwendig ist, um die Arbeitslosigkeit zu verringern, Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen, die soziale, bürgerliche und berufliche Integration der Lernenden zu verbessern, freiwillige geografische Mobilität zu fördern und der europäischen Industrie, insbesondere den KMU, hinreichend ausgebildete und geschulte Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen; ist der Ansicht, dass zur Erreichung dieser Ziele eine Anpassung der Ausbildung an die Anforderungen des Arbeitsmarktes und Hilfe beim Übergang zwischen Bildung, Ausbildung und Erwerbstätigkeit notwendig sind und die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Institutionen im Bereich der Hochschulbildung und Unternehmen gestärkt werden muss;

4.  merkt an, dass die Teilnahme von Schülern und Studenten an den entsprechenden Mobilitätsprogrammen zum Erwerb der Fertigkeiten führt, die für die Förderung der beruflichen Mobilität und der Beschäftigungsfähigkeit notwendig sind;

5.  erkennt an, dass sich die Möglichkeiten und Chancen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Erwachsenenbildung nicht entsprechend den wachsenden Bedürfnissen der Menschen, der Gesellschaften, der wettbewerbsfähigen Wirtschaft und der modernen Produktionsmethoden entwickeln;

6.  unterstreicht die Notwendigkeit von effizienter und konstruktiver Bildungs- und Berufsberatung, um Lernende, Auszubildende und Arbeitnehmer bei der Suche nach der ihren Neigungen und Interessen am besten entsprechenden Ausbildung behilflich zu sein; betont, dass einer der wesentlichen Gründe für strukturelle Arbeitslosigkeit die Diskrepanz zwischen Bildung, Ausbildung und Arbeitsplätzen ist; ist der Ansicht, dass es vorrangig ist, den Qualifikationsbedarf zu antizipieren, damit das Bildungsangebot der Realität des Stellenmarktes angepasst wird; erkennt an, dass die Antizipation von Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt für alle Beteiligten sehr nützlich sein kann, um zielorientierter handeln und informierte Entscheidungen treffen zu können ; unterstreicht die Notwendigkeit der Modernisierung und Verbesserung der Berufsbildungsprogramme, um sicherzustellen, dass sich die Kompetenzen an den neuen und wachsenden Anforderungen der Unternehmen in Arbeitssektoren orientieren, die dauerhafte und gute Arbeitsverhältnisse begünstigen, wie Sektoren in der nachhaltigen Wirtschaft und der Solidarwirtschaft, in der ökologischen Umstellung und in den Informations- und Kommunikationstechnologien; weist gleichzeitig darauf hin, dass die Gesellschaft das traditionelle Handwerk erhalten muss;

7.  erinnert daran, dass Kreativität ein wesentlicher Faktor der neuen wissensbasierten Wirtschaft ist; betont, dass der Kreativsektor einen beträchtlichen und wachsenden Beitrag zur Wirtschaft leistet, der 4,5 % des BIP der Europäischen Union und 8,5 Millionen Arbeitsplätzen entspricht;

8.  ist der Ansicht, dass es nie dringender war, Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt besser aufeinander abzustimmen, damit ein Heranwachsen so genannter „verlorener Generationen“ vermieden werden kann;

9.  ist der Ansicht, dass diese Synergie zwischen dem Arbeitskräfteangebot und der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes unerlässlich ist;

10. betont die wesentliche Rolle der öffentlichen Arbeitsämter bei begleitenden und beratenden politischen Maßnahmen für die Arbeitsuchenden, besonders bei der Suche nach einer Arbeits- oder Weiterbildungsstelle; unterstreicht die Tatsache, eine größere Anzahl dieser Arbeitsuchenden von einer adäquaten Weiterbildung profitieren müssen, um ihnen die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, und fordert die Mitgliedstaaten dementsprechend auf, die hierfür notwendigen Finanzmittel zu bewilligen;

11. betont die grundlegende Bedeutung der Erweiterung des Zugangs von Menschen mit Behinderungen zum lebenslangen Lernen durch die Planung und Umsetzung zielgerichteter Programme und die Integration von Menschen mit Behinderungen in alle Programme, die sich an die allgemeine Bevölkerung richten; in diesem Zusammenhang ist ein besonderes Bestreben beim Verhältnis zwischen Behinderung und lebenslangem Lernen notwendig, um Fällen von sozialer Ausgrenzung vorzubeugen und die Stellung von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt zu stärken, da laut aller diesbezüglichen Studien einerseits das Bildungsniveau von Menschen mit Behinderungen niedriger ist als der Durchschnitt und andererseits ihre Teilnahme an besagten Programmen außerordentlich niedrig ist;

12. bedauert die krisenbedingte Kürzung von Bildungsausgaben und den krisenbedingten Mangel an von Unternehmen angebotenen Ausbildungsplätzen; betont die Bedeutung von Ausbildungsplätzen besonders für Jugendliche; bedauert die übermäßige Tendenz zu unbezahlten Praktika und fordert die Kommission auf, so bald wie möglich Mindestnormen festzulegen, um das Angebot und die Durchführung von hochwertigen Praktika zu fördern, indem sie sobald wie möglich einen Vorschlag zur Qualität von Praktika auf europäischer Ebene vorlegt; betont, dass die Mitgliedstaaten in die richtige Bildungsreform investieren müssen, um wirksamer gegen die Finanzkrise vorzugehen und die Ziele der Strategie Europa 2020 zu erreichen;

13. fordert die Mitgliedstaaten auf, die „Jugendgarantie“ durch praktische und konkrete Maßnahmen auf nationaler Ebene mit angemessener finanzieller Unterstützung umzusetzen, um sicherzustellen, dass Jugendliche einen geeigneten Arbeitsplatz haben oder studieren oder während der vier dem Schulabgang nachfolgenden Monate einen weiteren Bildungslehrgang absolvieren;‑{}‑

14. erinnert daran, dass Arbeitgeber eine besondere Verantwortung haben, lebenslanges Lernen für alle, und insbesondere für Frauen Wirklichkeit werden zu lassen und fordert sie auf, eine fortlaufende Weiterbildung von Arbeitnehmern über deren gesamtes Berufsleben hinweg zu ermöglichen, indem sie mehr auf die Rechte auf Weiterbildung aufmerksam machen, indem sie sicherstellen, dass alle Arbeitnehmer dazu Zugang haben, und indem sie außerdem die kontinuierliche Weiterbildung von Arbeitnehmern über das Berufsleben hinweg aufwerten, um diesen somit Möglichkeiten für eine weitergehende Spezialisierung und berufliches Fortkommen zu bieten;

15. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich selbst ehrgeizige Ziele zu setzen und innovative politische Maßnahmen zur Bekämpfung von Schulabbrüchen zu ergreifen, und fordert diversifizierte und flexible Lernbiographien mit engen Verbindungen zwischen der Erstausbildung und der beruflichen Weiterbildung, um die Qualität und Effizienz der bestehenden Programme entschieden zu steigern und die Bedürfnisse unterschiedlicher Lernender zu berücksichtigen, sowie die Einführung von dualen Systemen als Kombination aus Unterricht und anwendungsbezogenem Lernen mit besseren Berufsbildungsmöglichkeiten;

16. ruft dazu auf, die Anstrengungen zur Einrichtung und Umsetzung eines europäischen Systems zur Zertifizierung und Anerkennung von Qualifikationen sowie formaler und nicht-formaler Ausbildung, einschließlich Freiwilligentätigkeit, zu erhöhen, um die unentbehrliche Brücke zwischen informellem Lernen und formaler Bildung auszubauen und die nationale als auch die grenzüberschreitende Mobilität in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern;

17. begrüßt die Entwicklung von Partnerschaften zwischen Bildungsträgern und Unternehmen, der Forschung und der Zivilgesellschaft als Mittel zur Senkung der Arbeitslosigkeit;

18. befürwortet die Durchführung von kombinierten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen entsprechend den Besonderheiten der verschiedenen Zielgruppen und je nach Anforderungen auf geografischer Ebene oder entsprechend dem Berufszweig;

19. ersucht die Kommission, die konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Austausch von Erfahrungen, Fachwissen und bewährten Praktiken zu fördern;

20. weist auf die großen Unterschiede der Bildungs- und Ausbildungssysteme von Land zu Land hin und schlägt unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips vor, neben dem Fortschrittsbericht auch einen nützlichen Leitfaden für jeden Mitgliedstaat zu veröffentlichen, der Empfehlungen zur Verbesserung der bestehenden Politik und zur Entwicklung des nationalen Bildungswesens enthält;

21. fordert eine Verbesserung der externen Dimension von EU-Politiken durch einen intensivierten politischen Dialog und eine Zusammenarbeit im Bereich Aus- und Weiterbildung zwischen der Union und ihren internationalen Partnern, um den zunehmenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verflechtungen Rechnung zu tragen und zur Umsetzung der externen Dimension von Europa 2020 beizutragen, um Stabilität, Wohlstand und bessere Beschäftigungschancen für die Bürger in den Partnerländern zu fördern und dabei bessere Instrumente für die Verwaltung und Förderung der Migration qualifizierter Arbeiter nach Europa zu entwickeln, um aufgrund des demografischen Wandels in Europa entstehende Qualifikationsmängel und -lücken auszugleichen;

22. erinnert daran, dass nationale Systeme zur beruflichen Aus- und Weiterbildung (BAW) als Akteure auf dem globalen Bildungsmarkt weltweite Verbindungen benötigen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben und wettbewerbsfähig zu sein, Lernende aus anderen europäischen sowie Drittländern besser anwerben können müssen und diesen Bildung und Ausbildung bieten sowie die Anerkennung ihrer Qualifikationen erleichtern müssen; unterstreicht, dass demografischer Wandel und internationale Migration diese Themen umso wichtiger werden lassen;

23. betont, dass, obwohl sich ein europäisches Bildungs- und Ausbildungsgebiet herausbildet, das Ziel, Hindernisse für die Mobilität zu beseitigen, noch nicht erreicht wurde und die Mobilität von Lernenden in BAW gering bleibt;   unterstreicht, dass die Steigerung der transnationalen Mobilität von Lernenden und Lehrkräften der BAW und die Anerkennung des Wissens, der Fähigkeiten und der Qualifikationen, die sie sich außer Landes angeeignet haben, eine wichtige Herausforderung für die Zukunft sein werden und dass bessere und gezieltere Auskunft und Beratung benötigt werden, um mehr ausländische Lernende für unsere Berufsbildungssysteme anzuwerben;

24. betont die Verstärkung der Teilnahme und der Einbindung aller Beteiligten, insbesondere der Sozialpartner, bei der Entwicklung und Umsetzung von Aus- und Berufsbildungsprogrammen, einschließlich der Bestimmung der Inhalte.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

5.7.2012

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

39

3

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Edit Bauer, Heinz K. Becker, Phil Bennion, Pervenche Berès, Mara Bizzotto, Philippe Boulland, David Casa, Alejandro Cercas, Ole Christensen, Derek Roland Clark, Minodora Cliveti, Marije Cornelissen, Emer Costello, Andrea Cozzolino, Frédéric Daerden, Karima Delli, Sari Essayah, Richard Falbr, Marian Harkin, Nadja Hirsch, Stephen Hughes, Danuta Jazłowiecka, Martin Kastler, Ádám Kósa, Jean Lambert, Patrick Le Hyaric, Veronica Lope Fontagné, Olle Ludvigsson, Thomas Mann, Elisabeth Morin-Chartier, Csaba Őry, Siiri Oviir, Konstantinos Poupakis, Sylvana Rapti, Licia Ronzulli, Elisabeth Schroedter, Nicole Sinclaire, Joanna Katarzyna Skrzydlewska, Jutta Steinruck, Andrea Zanoni

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Kinga Göncz, Sidonia Elżbieta Jędrzejewska, Jan Kozłowski, Anthea McIntyre

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

10.7.2012

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

29

1

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Zoltán Bagó, Malika Benarab-Attou, Lothar Bisky, Piotr Borys, Jean-Marie Cavada, Silvia Costa, Santiago Fisas Ayxela, Lorenzo Fontana, Mary Honeyball, Petra Kammerevert, Morten Løkkegaard, Emma McClarkin, Emilio Menéndez del Valle, Katarína Neveďalová, Doris Pack, Chrysoula Paliadeli, Marie-Thérèse Sanchez-Schmid, Marietje Schaake, Marco Scurria, Emil Stoyanov, Hannu Takkula, László Tőkés, Helga Trüpel, Marie-Christine Vergiat, Sabine Verheyen, Milan Zver

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Ivo Belet, Nessa Childers, Nadja Hirsch, Seán Kelly, Iosif Matula, Mitro Repo

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) (gemäß Art. 187 Abs. 2)

Evžen Tošenovský