BERICHT über die Versicherung gegen Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen

20.12.2013 - (2013/2174(INI))

Ausschuss für Wirtschaft und Währung
Berichterstatter: Sampo Terho

Verfahren : 2013/2174(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0005/2014
Eingereichte Texte :
A7-0005/2014
Aussprachen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zur Versicherung gegen Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen

(2013/2174(INI))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Grünbuchs der Kommission vom 16. April 2013 mit dem Titel „Versicherung gegen Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen“ (COM(2013)0213),

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 16. April 2013 mit dem Titel „Eine EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel“ (COM(2013)0216),

–   in Kenntnis der öffentlichen Konsultation, die die Kommission vom 16. April 2013 bis 15. Juli 2013 zu dem Grünbuch durchgeführt hat,

–   in Kenntnis des Berichts Nr. 12/2012 der Europäischen Umweltagentur mit dem Titel „Climate change, impacts and vulnerability in Europe 2012, An indicator-based report“ (Klimawandel, Auswirkungen und Gefährdung in Europa 2012, ein indikatorengestützter Bericht),

–   in Kenntnis des Berichts der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Kommission vom September 2012 mit dem Titel „Natural Catastrophes: Risk relevance and Insurance Coverage in the EU“ (Naturkatastrophen: Risikorelevanz und Versicherungsdeckung in der EU),

–   gestützt auf Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union,

–   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A7-0005/2014),

A. in der Erwägung, dass die Durchdringungsrate, die den Prozentsatz der gesamten Versicherungsprämien bezogen auf das BIP eines Landes angibt, zwischen den Mitgliedstaaten variiert, und in der Erwägung, dass sich das Ausmaß der wirtschaftlichen Verluste in Verbindung mit Wetterereignissen nicht in gleichen Raten in den einzelnen Mitgliedstaaten niederschlägt;

B.  in der Erwägung, dass aus den verschiedenen Durchdringungsraten in den Mitgliedsstaaten, die sich aus den rechtlichen, geophysischen, historischen und kulturellen Unterschieden und dem daraus resultierenden unterschiedlichen Nachfrageniveau ergeben, ein Handlungsbedarf auf europäischer Ebene allenfalls im Bereich von Informations- und Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden kann;

C. in der Erwägung, dass die Lage auf dem Versicherungsmarkt der EU heterogen ist, da die Mitgliedstaaten unterschiedlichen Risiken und Naturkatastrophen ausgesetzt sind und die Vorhersehbarkeit einer Naturkatastrophe von verschiedenen Faktoren (meteorologischen, hydrologischen, geophysikalischen usw.) abhängt;

D. in der Erwägung, dass zwischen 1980 und 2011 nur wenige schwerwiegende Ereignisse rund die Hälfte aller mit Wetterereignissen verbundenen Kosten verursacht hat; in der Erwägung, dass Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen, wo immer sie auftreten, ein finanzielles Risiko bedeuten;

E.  in der Erwägung, dass Sturmfluten, Waldbrände, Hochwasser und Sturzfluten in Europa zu den größten Naturkatastrophenrisiken zählen und ihre Häufigkeit zwar rasant zunimmt, es aber noch immer nicht möglich ist, die immer öfter von ihnen verursachten Schäden und Kosten abzuschätzen;

F.  in der Erwägung, dass sich die Bürgerinnen und Bürger oftmals der verschiedenen potenziellen Risiken im Zusammenhang mit Wetterereignissen nicht bewusst sind oder aber dass sowohl einzelne Bürgerinnen und Bürger als auch Gemeinden dazu neigen, die Risiken von Naturkatastrophen sowie die Folgen einer mangelnden Vorsorge zu unterschätzen;

G. in der Erwägung, dass Naturkatastrophen von meteorologischen und geografischen Faktoren abhängen, wohingegen von Menschen verursachte Katastrophen auf unsachgemäßes Verhalten oder schlechtes Risikomanagement zurückzuführen sind;

H.  in der Erwägung, dass bestimmte Naturkatastrophen aufgrund fehlender geeigneter Vorsorgemaßnahmen vonseiten der Regierungen, lokalen Behörden und Bürgerinnen und Bürger in manchen Fällen noch verheerendere Auswirkungen haben;

I.   in der Erwägung, dass bei von Menschen verursachten Katastrophen die Einhaltung und Optimierung von Sicherheitsvorschriften sehr wichtig für die Unfallvermeidung sind;

J.   in der Erwägung, dass der Markt für Versicherungen gegen Naturkatastrophen vom Umfang der Präventivmaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel (z. B. Errichtung von Hochwasserschutzanlagen oder Früherkennungs- und Abwehrkapazitäten bei Waldbränden) beeinflusst wird, während der Markt für Versicherungen gegen von Menschen verursachte Katastrophen darauf abzielt, durch Sicherheitsnormen vorgeschriebenen Haftungspflichten nachzukommen, und demnach Schadens- und Haftpflichtversicherungen nicht gleich behandelt werden sollten;

Prävention und Information

1.  ist der Ansicht, dass Prävention das wichtigste Mittel zum Schutz der Menschen und zur Vermeidung von Verlusten infolge von unerwarteten Ereignissen darstellt; verweist auf die Rolle der EU bei der Entwicklung einer verantwortungsbewussteren Gesellschaft, die Vorsorgemaßnahmen ausreichend plant, und einer Kultur der Prävention, die die Bürgerinnen und Bürger sowohl für Naturkatastrophen als auch für von Menschen verursachte Katastrophen sensibilisiert;

2.  ist der Meinung, dass verstärkte Forschung zu einem auf verschiedenen Situationen basierenden ausführlichen Konzept zur Analyse und Vermeidung von Umweltrisiken sowie zur Verringerung der Unsicherheit auf diesem Gebiet führen könnte; begrüßt Partnerschaften zwischen Versicherungsunternehmen und Forschungseinrichtungen, deren Ziel es ist, Ressourcen, Fähigkeiten und Risiko-Know-how zu bündeln, um die zugrunde liegenden Faktoren besser zu verstehen und so die Bürgerinnen und Bürger sowie deren Gemeinden darauf vorzubereiten, besser auf Risiken im Zusammenhang mit Naturkatastrophen zu reagieren;

3.  ist der Meinung, dass zur Katastrophenverhütung und ‑minderung Informationen entscheidend sind; fordert daher eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und dem privaten Sektor, um den Bürgerinnen und Bürgern relevante Informationen über die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, zur Verfügung zu stellen;

4.  vertritt die Auffassung, dass die EU und nationale Stellen einen konkreten Mehrwert bieten können, indem sie das verantwortungsbewusste Verhalten des Einzelnen unterstützen sowie bewährte Verfahren zur Risikoverhütung und ‑minderung zwischen den Mitgliedstaaten und auf regionaler Ebene austauschen, und begrüßt die Unterstützung von Kampagnen zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Risiken von Naturkatastrophen und zur Verbesserung der Kenntnisse über geografische und klimatische Faktoren;

5.  betont, dass das Management von Naturkatastrophen durch die Einbeziehung von lokalen Behörden und Interessenträgern bei Entscheidungen im Bereich Stadtplanung und ‑entwicklung verbessert werden könnte; ist der Meinung, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor den Mitgliedstaaten und lokalen Behörden dabei helfen könnte, besonders gefährdete Gebiete zu ermitteln und über Präventivmaßnahmen zu entscheiden und koordinierte Maßnahmen vorzubereiten;

6.  fordert die Mitgliedstaaten und Behörden auf, angemessene Präventivmaßnahmen zu treffen, um die Folgen von Naturkatastrophen abzuschwächen; ersucht die Regierungen, Krisenreaktionseinheiten zu schaffen und zu unterhalten, um die Folgen solcher Krisen abzuschwächen;

7.  fordert die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren und Erfahrungen auszutauschen, um die Bürgerinnen und Bürger vor unerwarteten Ereignissen zu schützen und ein Netz für den Informationsaustausch einzurichten, und eine grenzüberschreitende Koordinierung und ein grenzüberschreitendes Management zu vereinbaren;

Versicherungsmarkt

8.  begrüßt die Bemühungen der Kommission zur Sensibilisierung für Katastrophen, betont jedoch, dass Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen unterschiedliche Arten von Versicherungen erfordern und Gegenstand zweier verschiedener Versicherungsmärkte sind und somit nicht gemeinsam angegangen werden können, auch wenn es Fälle gibt, in denen von Menschen getroffene Entscheidungen zu einer erhöhten Risikoexposition für Naturkatastrophen führen können;

9.  betont, dass die EU keine sich überschneidenden und widersprüchlichen Haftungsregelungen schaffen sollte; weist darauf hin, dass es in den meisten Mitgliedstaaten eine Art von versicherungsbasiertem Systems für Hochwasser und andere Naturkatastrophen gibt; stellt fest, dass dieses System durch staatliche Schadenersatzleistungen für Vermögenswerte ergänzt werden kann, die nicht privat versichert werden können, und dass Versicherungsforderungen, die über die Höchstbeträge hinausgehen, oder andere ungewöhnlich schwere Schäden auch mit öffentlichen Mitteln abgedeckt werden können; ist zudem der Ansicht, dass sich die Mitgliedstaaten über Rückversicherungen an der Schadenersatzleistung beteiligen können; vertritt allerdings die Auffassung, dass sich diese Systeme in vielerlei Hinsicht unterscheiden und es oft nicht ratsam oder notwendig ist, sie zu vereinheitlichen;

10. weist darauf hin, dass die Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union die Grundlage für die Gemeinschaftsaktion in Fällen größerer Katastrophen bildet und dass in der Verordnung deutlich darauf hingewiesen wird, dass „die Gemeinschaftsaktion [...] weder Dritte von ihrer Verantwortung befreien [sollte], die nach dem Verursacherprinzip für den von ihnen verursachten Schaden haften, noch [...] die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft von Präventivmaßnahmen abhalten [sollte]“;

11. fordert die Kommission auf, einen problemlosen Zugang zu maßgeblichen Informationen sicherzustellen, unter anderem durch vergleichende Statistiken, und ersucht die Mitgliedstaaten, klare und präzise Daten zur Verfügung zu stellen, um Verbrauchern, Gemeinden und Unternehmen Entscheidungen beim Abschluss einer Versicherung gegen Naturkatastrophen zu erleichtern; ist der Ansicht, dass die Einführung von Standardformaten basierend auf unterschiedlichen Einstufungen von Ereignissen nützlich sein könnte;

12. weist darauf hin, dass Naturkatastrophen sowohl Privathaushalte als auch die Wirtschaft treffen, und hält die Versicherungsunternehmen dazu an, eine risikobasierte Tarifgestaltung als zentralen Ansatz für Katastrophenversicherungen zu wählen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Anreizmaßnahmen vorzuschlagen, durch die die Bürgerinnen und Bürger dazu bewegt werden können, sich zu schützen und ihr Eigentum gegen Schäden zu versichern, sowie Anreize zu schaffen, die dem Versicherungsbedarf hinsichtlich der Umwelthaftung entsprechen, beispielsweise für Unternehmen im Gas-, Chemie- oder Kernenergiebereich;

13. fordert die Versicherungsunternehmen auf, die Verträge für Verbraucher klarer zu gestalten und Informationen über die verfügbaren Optionen und deren Einfluss auf die Preise des Versicherungsschutzes bereitzustellen, damit die Verbraucher geeignete Wahlmöglichkeiten haben; fordert die Versicherungsunternehmen auf, Kunden und potenziellen Kunden klare und verständliche Informationen bereitzustellen;

14. räumt ein, dass den Verbrauchern klar sein muss, welche Art Versicherungsschutz sie genießen und was sie im Katastrophenfall davon zu erwarten haben; betont, dass Verbraucher beim Erwerb von Versicherungsprodukten und vor der Unterzeichnung eines Vertrags umfassend über sämtliche Bedingungen, einschließlich der Verfahren und der Fristen für Rücktritt oder Beschwerden, informiert sein müssen; ist der Ansicht, dass eine risikobasierte Tarifgestaltung für die Verfügbarkeit des Versicherungsschutzes im Mittelpunkt stehen sollte; ist der Ansicht, dass der Verbraucherschutz ein Anliegen der EU und der Mitgliedstaaten sein muss;

Nicht obligatorische Versicherung

15. weist darauf hin, dass letztendlich der Staat oder die regionalen Behörden, sowohl bei Naturkatastrophen als auch bei von Menschen verursachten Katastrophen, einen großen Teil der indirekten oder direkten Kosten für Schäden tragen, und legt den Mitgliedstaaten und regionalen Behörden nahe, die Bedeutung der Risikovorsorge anzuerkennen und sie zu einer Säule ihrer Investitionsstrategie zu machen, da es wirtschaftlicher ist, die Folgen einer Katastrophe möglichst gering zu halten, als nur Versicherungsschutz zu bieten und im Nachhinein die Schäden zu beseitigen;

16. weist auf die Gefahr des moralischen Risikos hin, wenn Bürgerinnen und Bürger davon ausgehen, dass ihre Regierung öffentliche Mittel aus dem Staatshaushalt zur Deckung ihrer Verluste verwenden wird; steht Aktionen und Maßnahmen daher kritisch gegenüber, die Bürgerinnen und Bürger oder Gemeinden davon abhalten könnten, Maßnahmen zu ihrem eigenen Schutz zu treffen; ist der Meinung, dass Bürgerinnen und Bürger ihren Teil der Verantwortung übernehmen und dass nicht alle Schäden abgedeckt werden sollten;

17. weist darauf hin, dass die Eigenverantwortung in diesem Sektor aufrechterhalten werden muss, und erkennt die Bemühungen der Mitgliedstaaten an, die Förderung der Eigenverantwortung mit staatlichen Eingriffen zu kombinieren;

18. kommt zu dem Schluss, dass in diesem Bereich keine Marktverzerrungen bestehen, die ein Eingreifen auf europäischer Ebene rechtfertigen würden, und hält eine pauschal anwendbare Einheitslösung diesbezüglich für nicht umsetzbar; weist darauf hin, dass maßgeschneiderte Versicherungsprodukte von zahlreichen Faktoren abhängen, etwa von der Risikoart, dem wahrscheinlichen Ausmaß und der wahrscheinlichen Beschaffenheit des Risikos, der Präventionskultur, der Vorbereitung und Aktionsmöglichkeit und der Handlungsbereitschaft und -fähigkeit des jeweiligen Mitgliedstaats und der regionalen Behörden in Bezug auf Risikoüberwachung und Vorbereitung;

19. ist der Ansicht, dass Versicherungsunternehmen in einem flexiblen Markt für Versicherungen gegen Naturkatastrophen ihre Produkte an unterschiedliche Bedingungen anpassen können, und hält einen nicht obligatorischen Rahmen für die beste Lösung, um Produkte zu entwickeln, die den natürlichen Risiken eines bestimmten geografischen Gebiets entsprechen;

20. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

17.12.2013

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

44

0

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Marino Baldini, Burkhard Balz, Elena Băsescu, Sharon Bowles, Udo Bullmann, Nikolaos Chountis, George Sabin Cutaş, Leonardo Domenici, Derk Jan Eppink, Diogo Feio, Elisa Ferreira, Ildikó Gáll-Pelcz, Jean-Paul Gauzès, Sven Giegold, Sylvie Goulard, Liem Hoang Ngoc, Gunnar Hökmark, Syed Kamall, Wolf Klinz, Jürgen Klute, Philippe Lamberts, Werner Langen, Astrid Lulling, Ivana Maletić, Arlene McCarthy, Marlene Mizzi, Ivari Padar, Antolín Sánchez Presedo, Olle Schmidt, Peter Simon, Peter Skinner, Theodor Dumitru Stolojan, Ivo Strejček, Kay Swinburne, Sampo Terho, Marianne Thyssen, Ramon Tremosa i Balcells, Corien Wortmann-Kool, Pablo Zalba Bidegain

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Fabrizio Bertot, Zdravka Bušić, Herbert Dorfmann, Bas Eickhout, Vicky Ford, Krišjānis Kariņš

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Wim van de Camp