BERICHT über die künftige externe Strategie der EU gegen Früh- und Zwangsverheiratung – nächste Schritte

24.5.2018 - (2017/2275(INI))

Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
Berichterstatter: Charles Goerens

Verfahren : 2017/2275(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A8-0187/2018
Eingereichte Texte :
A8-0187/2018
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zur künftigen externen Strategie der EU gegen Früh- und Zwangsverheiratung – nächste Schritte

(2017/2275(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. Oktober 2017 zu dem Thema „Kinderehen ein Ende setzen“[1],

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, insbesondere auf Artikel 16, und alle anderen Menschenrechtsverträge und ‑instrumente der Vereinten Nationen,

–  unter Hinweis auf Artikel 23 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte,

–  unter Hinweis auf Artikel 10 Absatz 1 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

–  unter Hinweis auf das am 20. November 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommene Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und die vier zentralen Grundsätze nach Artikel 2 (Diskriminierungsverbot), Artikel 3 (Wohl des Kindes), Artikel 6 (Überleben, Entwicklung und Schutz) und Artikel 12 (Einbeziehung) und unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. November 2014 zum 25. Jahrestag des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes[2],

–  unter Hinweis auf Artikel 16 des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen,

–  unter Hinweis auf die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2014 und 19. Dezember 2016 zu Kinderheirat, Frühverheiratung und Zwangsheirat,

–  unter Hinweis auf die am 2. Juli 2015 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen verabschiedete Resolution 29/8 zur Stärkung der Bemühungen um die Verhinderung und Beseitigung der Kinderheirat, der Frühverheiratung und der Zwangsheirat, seine Resolution 24/23 vom 9. Oktober 2013 zur Stärkung der Bemühungen um die Verhinderung und Beseitigung der Kinderheirat, der Frühverheiratung und der Zwangsheirat: Herausforderungen, Erfolge, bewährte Verfahren und Umsetzungslücken und seine Resolution 35/16 vom 22. Juni 2017 zu Kinderheirat, Frühverheiratung und Zwangsheirat in humanitären Zusammenhängen,

–  unter Hinweis auf den im Juni 2015 in Johannesburg (Südafrika) auf der Tagung der Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union angenommenen Standpunkt zu Kinderheirat,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame allgemeine Anmerkung der Afrikanischen Kommission für die Menschenrechte und Rechte der Völker (ACHPR) und des Afrikanischen Sachverständigenkomitees für die Rechte und das Wohlergehen des Kindes (ACERWC) zur Beendigung von Kinderheirat,

–  unter Hinweis auf die Artikel 32 und 37 sowie Artikel 59 Absatz 4 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul),

–  unter Hinweis auf den Bericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) von 2012 mit dem Titel „Marrying Too Young – End Child Marriage“ (Zu jung zum Heiraten – Kinderehen ein Ende setzen),

–  unter Hinweis auf Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 9,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 26. Oktober 2015 zum Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter für den Zeitraum 2016–2020,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 3. April 2017 zur Förderung und zum Schutz der Rechte des Kindes,

–  unter Hinweis auf die Grundsätze, die in der Mitteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes von 2016 zur Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union festgehalten sind,

–  unter Hinweis auf den am 25. Juni 2012 vom Rat verabschiedeten Strategischen Rahmen und den Aktionsplan der EU für Menschenrechte und Demokratie[3], den Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie für den Zeitraum 2015–2019, den der Rat am 20. Juli 2015 angenommen hat[4], und die gemeinsame Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik mit dem Titel „EU Action Plan on Human Rights and Democracy (2015-2019): Mid-Term Review – June 2017“ (EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie für den Zeitraum 2015–2019: Halbzeitüberprüfung – Juni 2017) vom 27. Juni 2017 (SWD(2017)0254),

–  unter Hinweis auf die überarbeiteten Leitlinien der EU vom 6. März 2017 für die Förderung und den Schutz der Rechte des Kindes mit dem Titel „Kein Kind zurücklassen“,

–  unter Hinweis auf den Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik vom 7. Juni 2017, mit dem die Zusage der EU, die Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung durchgehend zu berücksichtigen, bekräftigt wird,

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und die Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0187/2018),

A.  in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte sind, insbesondere der Rechte von Frauen, einschließlich des Rechts auf Gleichstellung, Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit, Zugang zu Bildung und Freiheit von Ausbeutung und Diskriminierung, und es sich um ein Problem handelt, das nicht nur in Drittländern besteht, sondern auch in einigen Mitgliedstaaten auftreten kann; in der Erwägung, dass die Beendigung dieser Praktiken eine der Prioritäten des auswärtigen Handelns der EU im Bereich der Förderung der Rechte der Frau und der Menschenrechte ist; in der Erwägung, dass gemäß verschiedenen Chartas und Normen des Völkerrechts, wie dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und den dazugehörigen Fakultativprotokollen, die Eheschließung mit Minderjährigen verboten ist; in der Erwägung, dass sich Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen äußerst negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit sowie die persönliche Entwicklung der Betroffenen und die aus diesen Ehen hervorgehenden Kinder und damit auf die gesamte Gesellschaft auswirken; in der Erwägung, dass Kinderehen eine Form der Zwangsverheiratung sind, da Kinder aufgrund ihres Alters nicht fähig sind, ihre uneingeschränkte, freie und aufgeklärte Zustimmung zur Heirat oder zu deren Zeitpunkt zu erklären; in der Erwägung, dass Kinder besonderes schutzbedürftig sind;

B.  in der Erwägung, dass sich die EU dazu verpflichtet hat, die Rechte des Kindes zu fördern, und in der Erwägung, dass diese Rechte durch Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen verletzt werden; in der Erwägung, dass sich die EU dazu verpflichtet hat, die Rechte des Kindes im Rahmen ihrer Außenpolitik umfassend zu fördern und zu schützen;

C.  in der Erwägung, dass rechtlich keine Ehe geschlossen werden darf, ohne dass beide Seiten ihre uneingeschränkte und freiwillige Zustimmung erteilen, und niemand eine Ehe eingehen darf, der nicht das Mindestheiratsalter erreicht hat;

D.  in der Erwägung, dass Kinderehen weltweit ein Problem darstellen, das in verschiedenen Staaten, Kulturen und Religionen zutage tritt; in der Erwägung, dass in sämtlichen Weltregionen vom Nahen Osten bis Lateinamerika, von Asien bis Europa und von Afrika bis Nordamerika verheiratete Mädchen anzutreffen sind; in der Erwägung, dass auch Jungen von Kinderehen betroffen sind, wenn auch in weit geringerem Maße als Mädchen;

E.  in der Erwägung, dass bis heute mehr als 750 Millionen Frauen vor der Vollendung des 18. Lebensjahres verheiratet wurden, 250 Millionen davon sogar vor der Vollendung des 15. Lebensjahres; in der Erwägung, dass derzeit etwa 40 Millionen Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren verheiratet sind oder in eheähnlicher Gemeinschaft leben; in der Erwägung, dass jährlich weitere 15 Millionen Mädchen vor der Vollendung des 18. Lebensjahres (davon 4 Millionen vor der Vollendung des 15. Lebensjahres) verheiratet werden; in der Erwägung, dass bis heute auch 156 Millionen Jungen vor der Vollendung des 18. Lebensjahres verheiratet wurden, 25 Millionen davon sogar vor der Vollendung des 15. Lebensjahres; in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen in armen und weniger entwickelten Regionen häufiger sind; in der Erwägung, dass die Zahl der Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen mit der Zunahme der Weltbevölkerung steigt; in der Erwägung, dass laut Schätzungen in einem aktuellen UNICEF-Bericht bis 2050 etwa 1,2 Milliarden Mädchen vor Vollendung des 18. Lebensjahres verheiratet worden sein werden; in der Erwägung, dass neun der zehn Länder mit den höchsten Anteilen an Kinderehen als fragile Staaten eingestuft werden;

F.  in der Erwägung, dass die eigentlichen Ursachen von Kinderehen im Allgemeinen Armut, Bildungsmangel, tief verwurzelte geschlechtsspezifische Ungleichheiten und Stereotype, die Wahrnehmung, dass eine Ehe „Schutz“ bietet, Familienehre, ein Mangel an wirksamem Schutz der Rechte von Jungen und Mädchen, schädliche Praktiken, Wahrnehmungen und Bräuche sowie diskriminierende Normen sind; in der Erwägung, dass diese Faktoren häufig durch einen begrenzten Zugang zu hochwertigen Bildungsangeboten und Beschäftigungsmöglichkeiten verschärft werden und durch bestimmte tief verwurzelte gesellschaftliche Normen hinsichtlich Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung noch an Bedeutung gewinnen;

G.  in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen mit einem hohen Risiko von Teenagerschwangerschaften und ungewollten Schwangerschaften, einer hohen Mütter- und Kindersterblichkeit, einer geringeren Nutzung von Möglichkeiten der Familienplanung, ungewollten Schwangerschaften mit erhöhten gesundheitlichen Risiken und einem unzureichenden oder fehlenden Zugang zu Informationen über Dienste der sexuellen und reproduktiven Gesundheit einhergehen und für die Mädchen in der Regel das Ende ihrer schulischen Ausbildung bedeuten; in der Erwägung, dass es schwangeren Mädchen und jungen Müttern in einigen Ländern sogar untersagt ist, die Schule zu besuchen; in der Erwägung, dass Kinderehen außerdem Zwangsarbeit, Sklaverei und Prostitution nach sich ziehen können;

H.  in der Erwägung, dass viele Mädchen aus verschiedenen Gründen keine Schulbildung erhalten, zum Beispiel weil Schulen nicht zugänglich oder teuer sind, obwohl im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes die Bedeutung von Maßnahmen hervorgehoben wird, mit denen ein regelmäßiger Schulbesuch begünstigt wird; in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen für ihre Opfer verheerende Auswirkungen, die in keinem Verhältnis stehen, und lebenslange Folgen haben und es den Betroffenen oft nicht möglich ist, ihre schulische Ausbildung fortzusetzen, da Mädchen während der Vorbereitungszeit vor einer Hochzeit oder kurz danach die Schule häufig abbrechen; in der Erwägung, dass Bildung einschließlich der Sexualerziehung ein wirksames Mittel ist, um Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung vorzubeugen, da der Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung zur Stärkung der Stellung in der Gesellschaft und zu den Beschäftigungsmöglichkeiten beiträgt und die Wahlfreiheit, das Recht auf Selbstbestimmung und die aktive Teilhabe an der Gesellschaft fördert und es den Personen so ermöglicht, sich von jeder Form der Bevormundung zu befreien, die sie ihrer Rechte beraubt, deren Achtung Voraussetzung dafür ist, dass die wirtschaftliche, rechtliche, gesundheitliche und soziale Lage von Frauen und Mädchen und die Entwicklung der Gesellschaft insgesamt nicht weiter beeinträchtigt werden;

I.  in der Erwägung, dass jedes Jahr 17 Millionen Minderjährige ein Kind zur Welt bringen, wodurch sie gezwungen werden, die Verantwortung eines Erwachsenen zu übernehmen, und ihre Gesundheit, ihre Bildung und ihre wirtschaftlichen Aussichten gefährdet werden; in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung bei Mädchen zu frühen Schwangerschaften führen, was mit erheblichen Risiken und Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt verbunden ist, die vor allem dadurch bedingt sind, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung, auch zu Gesundheitszentren, die eine hohe Qualität bieten, bei weitem nicht ausreichend ist oder ganz fehlt, und die eine hohe Müttersterblichkeit und mütterliche Morbidität zur Folge haben; in der Erwägung, dass ein erhöhtes Risiko für eine Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten, etwa eine HIV-Infizierung, besteht; in der Erwägung, dass Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt bei Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen die häufigste Todesursache sind; in der Erwägung, dass die Sterblichkeitsrate von Babys jugendlicher Mütter um etwa 50 % höher ist und dass bei diesen Babys häufiger Probleme in der körperlichen und kognitiven Entwicklung auftreten; in der Erwägung, dass häufige Schwangerschaften und Teenagerschwangerschaften auch zu einer Reihe langfristiger gesundheitlicher Komplikationen oder sogar zum Tod führen können;

J.  in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen ein Verstoß gegen die Rechte des Kindes und eine Form der Gewalt gegen Jungen und Mädchen darstellen, und in der Erwägung, dass die Staaten daher verpflichtet sind, Anschuldigungen nachzugehen, die Täter strafrechtlich zu verfolgen und den Opfern, bei denen es sich hauptsächlich um Frauen und Mädchen handelt, eine Entschädigung zukommen zu lassen; in der Erwägung, dass diese Eheschließungen zu verurteilen sind und nicht durch kulturelle oder religiöse Gründe zu rechtfertigen sind; in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen für die Betroffenen mit einem erhöhten Risiko einhergehen, Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden, oft häusliche Gewalt und sexuellen, körperlichen, psychischen, emotionalen und finanziellen Missbrauch und andere schädliche Praktiken nach sich ziehen, deren Opfer Frauen und Mädchen sind, wie etwa Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen und sogenannte Verbrechen im Namen der Ehre, und das Risiko für Frauen und Mädchen erhöhen, im Laufe ihres Lebens Diskriminierung und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt zu sein;

K.  in der Erwägung, dass die Zahl der Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen im Kontext von Instabilität, bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen und humanitären Katastrophen erheblich steigt und es in diesen Situationen oft an medizinischer und psychologischer Betreuung, am Zugang zu Bildung und an Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts fehlt und es zu einer Beeinträchtigung der sozialen Netze und Abläufe kommt; in der Erwägung, dass in der jüngsten Flüchtlingskrise einige Eltern, die ihre Kinder und insbesondere ihre Töchter vor sexueller Aggression schützen wollten oder sie als finanzielle Belastung für ihre Familien erachteten und glaubten, eine Heirat sei eine Möglichkeit, der Armut zu entkommen, keine andere Möglichkeit sahen, als sie mit unter 18 Jahren zu verheiraten;

L.  in der Erwägung, dass Zwangsverheiratung einer der am weitesten verbreiteten Gründe für geschlechtsspezifische Verfolgung ist und von zahlreichen Frauen bei der Beantragung von Asyl angegeben wird; in der Erwägung, dass der Anerkennung von Zwangsverheiratung als Grund für die Gewährung internationalen Schutzes nach wie vor eine Reihe von Hindernissen im Wege steht, obwohl Zwangsverheiratung eine Form geschlechtsspezifischer Verfolgung ist und einen schweren und systematischen Verstoß gegen die Grundrechte darstellt, der eine inhumane und erniedrigende Behandlung einschließt, bei der es sich auch um Folter handeln kann;

M.  in der Erwägung, dass Zwangsverheiratung im Übereinkommen von Istanbul als eine Form der Gewalt gegen Frauen aufgeführt ist und darin gefordert wird, dass Verhalten, durch das ein Kind zur Eheschließung gezwungen oder mit dem Ziel einer Zwangsverheiratung in ein anderes Land gelockt wird, unter Strafe gestellt wird; in der Erwägung, dass der mangelnde Zugang der Opfer zu rechtlicher, medizinischer und sozialer Unterstützung das Problem noch verschlimmern kann; in der Erwägung, dass 11 EU-Mitgliedstaaten das Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben;

N.  in der Erwägung, dass es in der Natur von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung liegt, dass viele Fälle nicht erfasst werden – wobei Missbrauchsfälle oft nicht vor Landesgrenzen halt machen und häufig mehrere Kulturräume betreffen –, und sie eine Form des Menschenhandels darstellen können, die zu Sklaverei, Ausbeutung und/oder Herrschaft über die Person führt;

O.  in der Erwägung, dass im Juli 2014 in London der erste Mädchengipfel („Girl Summit“) stattfand, mit dem Anstrengungen auf nationaler und internationaler Ebene mit dem Ziel angestoßen werden sollten, innerhalb einer Generation der Praxis der Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen sowie Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung ein Ende zu setzen;

P.  in der Erwägung, dass die Verhütung und Bekämpfung jeder Form von Gewalt gegen Mädchen und Frauen, zu denen auch Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung gehören, eines der Ziele des EU-Aktionsplans für die Gleichstellung für den Zeitraum 2016–2020 ist;

Q.  in der Erwägung, dass Kinderehen die Entwicklungsländer bis 2030 Billionen von Dollar kosten werden[5];

R.  in der Erwägung, dass Kinderehen und Frühverheiratung immer noch ein Tabuthema sind und öffentlich zur Sprache gebracht werden müssen, um das alltägliche Leiden der betroffenen jungen und heranwachsenden Mädchen und die ständige Verletzung ihrer Menschenrechte zu beenden; in der Erwägung, dass eine diesbezügliche Möglichkeit darin besteht, die Arbeiten von Journalisten, Künstlern, Fotografen und Aktivisten, die Frühverheiratung zum Thema haben, zu unterstützen und zu verbreiten;

1.  stellt fest, dass in einigen EU-Mitgliedstaaten Eheschließungen im Alter von 16 Jahren zulässig sind, sofern die Eltern zustimmen; fordert die Gesetzgeber in den EU-Mitgliedstaaten und in Drittstaaten auf, das Mindestheiratsalter auf 18 Jahre festzulegen und die administrativen, rechtlichen und finanziellen Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, damit diese Anforderung tatsächlich eingehalten wird, d. h. zum Beispiel die Registrierung von Eheschließungen und Geburten zu fördern und sicherzustellen, dass Mädchen Zugang zu Mechanismen der institutionellen Unterstützung haben, einschließlich psychosozialer Beratung, Schutzmechanismen und Möglichkeiten zur Stärkung ihrer wirtschaftlichen Stellung; bekräftigt, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung als schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und Verstoß gegen die Grundrechte der betroffenen Minderjährigen erachtet werden müssen, und zwar vor allem des Rechts, das eigene Einverständnis frei zu äußern, und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und psychische Gesundheit sowie indirekt des Rechts auf Bildung und des Rechts, die bürgerlichen und politischen Rechte uneingeschränkt wahrzunehmen; verurteilt Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung und ist der Auffassung, dass jeder Verstoß gegen Rechtsvorschriften angemessen und wirksam geahndet werden muss;

2.  ist der Überzeugung, dass die verschiedenen Ursachen von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung bekämpft werden müssen, darunter schädliche Traditionen, endemische Armut, Konflikte, Bräuche, die Folgen von Naturkatastrophen, Stereotype, mangelnde Achtung der Gleichstellung von Männern und Frauen sowie der Rechte, der Gesundheit und des Wohls von Frauen und Mädchen, der Mangel an angemessenen Bildungsmöglichkeiten und schwache rechtliche und politische Reaktionen unter besonderer Beachtung von Kindern aus benachteiligten Gemeinschaften; fordert in diesem Zusammenhang die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, mit den einschlägigen Gremien der Vereinten Nationen und weiteren Partnern zusammenzuarbeiten, um auf Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung aufmerksam zu machen; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, damit schädliche Praktiken wie Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen wirksamer bekämpft und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; spricht sich dafür aus, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten mehr Mittel im Wege von Mechanismen der Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen, mit denen die Gleichstellung der Geschlechter und Bildung gefördert werden, um den Zugang zu Bildung für Mädchen und Frauen und ihre Möglichkeiten zur Teilhabe an der Entwicklung der Gemeinschaft und der wirtschaftlichen und politischen Führung zu verbessern und so gegen die Ursachen von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung vorzugehen;

3.  räumt ein, dass durch ein gesetzliches Verbot von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung allein nicht garantiert würde, dass diesen Praktiken ein Ende gesetzt wird; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die Durchsetzung internationaler Verträge, Rechtsvorschriften und Programme besser zu koordinieren und zu stärken, auch im Wege diplomatischer Beziehungen mit Regierungen und Organisationen in Drittstaaten, damit Probleme in Verbindung mit Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung bewältigt werden können; fordert, dass größtmögliche Anstrengungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass gesetzliche Verbote durchgesetzt und durch eine größere Bandbreite an Gesetzen und politischen Maßnahmen ergänzt werden; nimmt zur Kenntnis, dass dies die Annahme und Umsetzung umfassender und ganzheitlicher politischer Maßnahmen, Strategien und Programme erfordert, einschließlich der Aufhebung diskriminierender rechtlicher Bestimmungen betreffend Heirat und der Annahme positiver Maßnahmen zur Stärkung der Stellung von Mädchen;

4.  stellt fest, dass geschlechtsspezifische Diskrepanzen, die mangelnde Achtung von Mädchen und Frauen im Allgemeinen und das Festhalten an kulturellen und sozialen Traditionen, durch die die Diskriminierung von Mädchen und Frauen aufrechterhalten wird, zu den größten Hindernisse bei der Bekämpfung von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung gehören; nimmt ferner zur Kenntnis, dass ein Zusammenhang zwischen Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung und Gewalt aus Gründen der Ehre besteht, und fordert, dass diese Verbrechen ordnungsgemäß untersucht und die Täter strafrechtlich verfolgt werden; stellt des Weiteren fest, dass auch Jungen und junge Männer Opfer von derartiger Gewalt sein können; fordert, dass diese Praktiken in allen einschlägigen Programmen und politischen Dialogen der EU mit Partnerländern berücksichtigt werden, damit Mechanismen für ihre Bekämpfung geschaffen werden, und gegen sie auch im Rahmen von Bildungs- und Sensibilisierungsbemühungen in Partnerländern vorgegangen wird;

5.  weist darauf hin, dass die Europäische Union als wichtiger Akteur der weltweiten Entwicklung und der Förderung der Menschenrechte in Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen und lokalen Gemeinschaften eine führende Rolle übernehmen muss, wenn das Problem von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratungen in seiner Gänze bewältigt werden soll; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, mit den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz in Drittländern zusammenzuarbeiten und Schulungen und fachliche Unterstützung anzubieten, um bei der Annahme und Durchsetzung von Rechtsvorschriften behilflich zu sein, mit denen Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung verboten werden und Gesetze, gesellschaftliche Normen und kulturelle Traditionen aus dem Weg geräumt werden, durch die die Rechte und die Freiheit junger Mädchen und Frauen eingeschränkt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, zu Initiativen wie der „Spotlight“-Initiative der Europäischen Union und der Vereinten Nationen zur Beseitigung aller Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen beizutragen;

6.  fordert daher die Mitgliedstaaten, in denen dies noch nicht der Fall ist, auf, in ihre nationalen Rechtsvorschriften ein vollständiges Verbot von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung aufzunehmen, das Strafrecht durchzusetzen und das Übereinkommen von Istanbul zu ratifizieren; fordert die Mitgliedstaaten auf, zwecks Koordinierung ihrer einschlägigen Maßnahmen mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten; betont, dass Frauenhäuser und Unterkünfte für Flüchtlinge und unbegleitete und vertriebene Minderjährige angemessen und langfristig unterstützt werden müssen, damit niemandem aufgrund mangelnder Ressourcen der Schutz verwehrt wird; fordert alle Mitgliedstaaten auf, das gesetzlich vorgeschriebene Mindestheiratsalter durchzusetzen und die Lage zu überwachen, indem sie nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten und Informationen über mit dem Thema zusammenhängende Faktoren erheben, damit der Umfang des Problems besser bewertet werden kann; fordert die Kommission auf, zwecks Überwachung des Problems der Zwangsverheiratung eine europäische Datenbank einzurichten, in die auch Informationen aus Drittländern aufgenommen werden;

7.  empfiehlt den Mitgliedstaaten, ihre Gesetzgebung in Bezug auf die Behandlung von allen Drittstaatsangehörigen in der EU einschließlich Migranten, die mit unter 18 Jahren geheiratet haben, zu vereinheitlichen und ein Fallbearbeitungssystem einzuführen, bei dem das Kind im Mittelpunkt steht, um das Wohl des Kindes zu ermitteln, auf dessen Grundlage dann die Entscheidung über die rechtliche Anerkennung der Ehe getroffen werden kann, und die humanitäre Behandlung auf Personen auszuweiten, die vor der Vollendung des 18. Lebensjahres oder unter Zwang geheiratet haben, sowie in Fällen Schutz zu gewährleisten, in denen die betroffenen Frauen oder Mädchen die Auflösung der Zwangsehe verlangen; fordert, dass in Aufnahmezentren für Flüchtlinge und Asylsuchende besondere Verfahren angewandt werden;

8.  fordert die Europäische Union auf, im Rahmen ihrer Außenpolitik und Politik der Entwicklungszusammenarbeit ihren Partnern einen strategischen Pakt anzubieten und zu diesem Zweck Folgendes zu fordern:

a. alle Partnerländer verbieten Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung, wobei sämtliche Gesetzeslücken geschlossen werden müssen, und setzen Rechtsvorschriften im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen durch, wozu auch die Aufhebung sämtlicher Bestimmungen – durch Aufhebung oder Änderung der jeweiligen Gesetze – gehört, die Kinderehen oder Früh- oder Zwangsverheiratung ermöglichen, rechtfertigen oder veranlassen könnten, einschließlich der Bestimmungen, die es denjenigen, die Vergewaltigungen, sexuellen Missbrauch, sexuelle Ausbeutung, Entführungen, Menschenhandel oder zeitgenössische Formen der Sklaverei begehen, ermöglichen, einem Strafverfahren oder einer Bestrafung zu entgehen, indem sie ihre Opfer heiraten;

b. dieses Verbot wird in der Praxis und auf allen Ebenen eingehalten und durchgesetzt, sobald das entsprechende Gesetz in Kraft getreten ist, und es werden umfassende und ganzheitliche Strategien und Programme mit messbaren progressiven Zielen eingeführt, um Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung zu verhindern und zu bekämpfen, wobei sie mit ausreichend Finanzmitteln ausgestattet und angemessen bewertet werden und zu ihrer Verwirklichung insbesondere für den Zugang zur Justiz, zu Rechenschaftsmechanismen und zu Rechtsbehelfen gesorgt wird;

c. die Partnerregierungen übernehmen mit Entschlossenheit eine Führungsrolle und legen politischen Willen an den Tag, wenn es darum geht, Kinderehen ein Ende zu setzen, erarbeiten umfassende Rechtsrahmen und Aktionspläne mit eindeutigen Zielvorgaben und Fristen, die Maßnahmen zur Verhinderung von Kinderehen für verschiedene Bereiche umfassen, und schaffen ein politisches, wirtschaftliches, soziales, kulturelles und ziviles Umfeld, in dem Frauen und Mädchen geschützt werden, ihre Stellung gestärkt und die Gleichstellung der Geschlechter unterstützt wird;

d. die für die Verwirklichung dieses Ziel erforderlichen Ressourcen werden mobilisiert, und es wird dafür gesorgt, dass diese Zusammenarbeit allen institutionellen Akteuren im Bereich der Bekämpfung von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung offen steht, etwa der Justiz, Angehörigen der Bildungs- und Gesundheitsberufe, Strafverfolgungsbehörden, führenden Vertretern der Gemeinschaften, religiösen Führern und der Zivilgesellschaft;

e. die Höhe der öffentlichen Entwicklungshilfe, die Regierungsbehörden gewährt wird, ist an das Engagement geknüpft, das das Empfängerland bei der Einhaltung, insbesondere bei den Auflagen für die Menschenrechte, zu der auch die Bekämpfung von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung gehört, an den Tag legt;

f. das Programm des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) wird im Rahmen einer dreiseitigen Kooperation zwischen diesen Organisationen, der Europäischen Union, ihren Mitgliedstaaten und Organisationen der Zivilgesellschaft, die in diesem Bereich tätig sind, und den Partnerländern bei der Bekämpfung von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung umgesetzt, indem im Haushaltsplan vorgesehene einzelstaatliche Aktionspläne umgesetzt werden, wobei insbesondere auf Programme und Methoden zurückgegriffen wird, mit denen sogenannte kulturelle, religiöse oder stammeseigene Gepflogenheiten überwunden werden können, die in Wirklichkeit die schwersten Verletzungen der Rechte von Kindern und ihrer Würde sind; fordert, dass im Rahmen dieser Zusammenarbeit auch gegen die mit dem Problem zusammenhängende Gewalt im Namen der Ehre vorgegangen wird;

g. die Programme werden auf der Grundlage der einschlägigen Übereinkommen und Dokumente sowie der konkreten Zielvorgaben und Ziele umgesetzt, die im Zusammenhang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und der Ziele für nachhaltige Entwicklung in der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 angenommen wurden, insbesondere auf der Grundlage von Ziel 3 („Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“), Ziel 4 („Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern“), Ziel 16 („Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen“ und insbesondere „Missbrauch und Ausbeutung von Kindern, den Kinderhandel, Folter und alle Formen von Gewalt gegen Kinder beenden)“;

h. die Programme werden auch auf der Grundlage von Ziel 5 für nachhaltige Entwicklung („Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen“) umgesetzt, zu dem auch der Zugang zur Familienplanung und zu sämtlichen öffentlichen und allgemeinen Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit gehören, insbesondere zu modernen Verhütungsmitteln und sicherer und legaler Abtreibung für Mädchen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten unter diesem Aspekt auf, die Bewegung „SheDecides“ zu unterstützen, der internationalen Hilfe für Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit (wozu auch sichere Abtreibungen und Informationen über Abtreibungen zählen) zusätzliche Finanzmittel zuzusichern und dadurch der „Global Gag Rule“ entgegenzuwirken, die Anfang 2017 von der Regierung der Vereinigten Staaten wieder eingeführt wurde;

i. Themen im Zusammenhang mit Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung werden in dem laufenden Dialog zwischen dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, Stavros Lambrinidis, und Drittstaaten angesprochen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Programme zur Friedenskonsolidierung und zum Wiederaufbau nach Konflikten eine geschlechtsspezifische Perspektive aufzunehmen, für Mädchen und Frauen, die Opfer von Kinderehen, Früh- oder Zwangsverheiratung geworden sind, Programme für die Schaffung einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage und Bildungsprogramme zu entwickeln und ihnen den Zugang zu Gesundheitsdiensten und reproduktionsmedizinischen Leistungen in Konfliktgebieten zu erleichtern;

9.  ist der Auffassung, dass unbedingt Raum für einen respektvollen Dialog mit führenden Vertretern der Gemeinschaften geschaffen werden muss und es von größter Bedeutung ist, dass die Öffentlichkeit im Allgemeinen und insbesondere gefährdete Personen durch Bildungsmaßnahmen und Sensibilisierungskampagnen sowie in den sozialen Netzwerken und neuen Medien sensibilisiert werden, was Teil des Kampfes gegen Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung sein sollte; fordert daher die Entwicklung bereichsübergreifender staatlicher, rechtlicher, gesellschaftlicher und diplomatischer Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Praktiken; vertritt die Auffassung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, in den lokalen Gemeinschaften über gemeindenahe Programme oder besondere Sensibilisierungsprogramme, mit denen auf die negativen Auswirkungen von Kinderehen auf die Kinder, Familien und Gemeinschaften aufmerksam gemacht werden soll, mit wichtigen Interessenträgern wie Schülern und Schülerinnen im Teenageralter, Lehrern, Eltern, religiösen Führern und führenden Vertretern der Gemeinschaften die geltenden Gesetze über Kinderehen und geschlechtsspezifische Diskrepanzen sowie die Möglichkeiten des Zugangs zu Finanzmitteln für die Bekämpfung dieser Probleme zu erörtern;

10.  ist der Ansicht, dass die Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen durch Bildung, soziale Unterstützung und wirtschaftliche Chancen entscheidend dafür ist, dass diese Praktiken bekämpft werden können; empfiehlt, dass die EU den gleichberechtigten Zugang von Frauen und Mädchen zu Bildung fördert und schützt und dabei besonderes Augenmerk auf eine kostenlose und hochwertige Primär- und Sekundarbildung richtet, das Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit in die Lehrpläne der Schulen aufnimmt und für die Familien der Mädchen finanzielle Anreize für die Einschulung und das Erreichen des Schulabschlusses schafft bzw. sie entsprechend unterstützt; betont, dass sichergestellt werden muss, dass Flüchtlingskinder uneingeschränkten Zugang zu Bildung haben, und ihre Integration und Inklusion in die nationalen Bildungssysteme gefördert werden müssen; stellt fest, dass diejenigen, die der Gefahr einer Kinderehe, Früh- oder Zwangsverheiratung ausgesetzt sind, sowie diejenigen, die bereits Opfer von einer derartigen Eheschließung geworden sind, im Hinblick auf Bildung, psychologische und soziale Betreuung, Unterbringung und weitere hochwertige soziale Dienste sowie Dienstleistungen im Bereich der geistigen, sexuellen und reproduktiven Gesundheit und die sonstige Gesundheitsversorgung unterstützt und geschützt werden müssen;

11.  fordert, dass die Europäische Union dafür Sorge trägt, dass Staatsbedienstete, auch diplomatische Mitarbeiter, Sozialarbeiter, religiöse Führer und führende Vertreter der Gemeinschaften, sowie alle Strafverfolgungsbehörden, die Justiz der Drittländer, Lehrkräfte, Erzieher und weitere Mitarbeiter, die Kontakt zu potenziellen Opfern haben, dahingehend geschult werden, dass sie auf Fälle von Kinderehen und geschlechtsspezifischer Gewalt rasch reagieren können, besser in der Lage sind, zu erkennen, wenn Mädchen und Jungen Kinderehen oder Zwangs- und Frühverheiratung, häuslicher Gewalt, der Gefahr sexueller Gewalt und weiteren Praktiken ausgesetzt sind, durch die die Menschenrechte und die Würde des Menschen verletzt werden, und sie besser zu unterstützen vermögen sowie wirksame Maßnahmen ergreifen können, mit denen sichergestellt wird, dass die Rechte und die Würde dieser Menschen geachtet werden;

12.  fordert die Europäische Union auf, dafür zu sorgen, dass Bedienstete von Strafverfolgungsbehörden dahingehend geschult werden, dass sie die Rechte von jungen Mädchen, die Früh- oder Zwangsverheiratung, häuslicher Gewalt, der Gefahr von Vergewaltigung oder sonstigen die Menschenwürde verletzenden Praktiken ausgesetzt sind, besser zu schützen wissen;

13.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Migrantinnen (auch minderjährige Migrantinnen) eine eigene, vom Status ihres Ehemanns oder Partners unabhängige Aufenthaltserlaubnis erhalten, vor allem wenn sie Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt geworden sind, zu der auch Zwangsverheiratung und arrangierte Ehen gehören, und sicherzustellen, dass alle zu ihrem Schutz erforderlichen administrativen Maßnahmen einschließlich der Sicherstellung des wirksamen Zugangs zu Unterstützungs- und Schutzmechanismen ergriffen werden;

14.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, es in Betracht zu ziehen, Schutzmaßnahmen in Drittstaaten für die Opfer von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung zu unterstützen und zu stärken, wie beispielsweise Schutzunterkünfte oder den Zugang zu Rechtsberatung, medizinischer Hilfe und bei Bedarf konsularischer Unterstützung;

15.  ist sich der Tatsache bewusst, dass die Europäische Union, die sich der Achtung der Menschenrechte und Grundwerte, zu denen die Achtung der Würde des Menschen zählt, verschrieben hat, auf Ebene ihrer Mitgliedstaaten untadelig sein muss, und fordert die Kommission auf, eine umfassende Sensibilisierungskampagne einzuleiten und die Bekämpfung von Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung zum Gegenstand eines Europäischen Jahres zu machen;

16.  unterstützt nachdrücklich die Arbeit der globalen Partnerschaft „Girls Not Brides“, die sich darum bemüht, Kinderehen ein Ende zu setzen und Mädchen zu befähigen, ihr Potenzial auszuschöpfen;

17.  begrüßt die laufende Kampagne der Afrikanischen Union, mit der Kinderehen ein Ende gesetzt werden soll, und die Arbeit von Organisationen wie der Royal Commonwealth Society, die sich für stärkere Maßnahmen zur Beendigung der Praxis von Kinderehen und zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Diskrepanzen einsetzen;

18.  betont, dass es unbedingt erforderlich ist, Männer und Jungen zu informieren und aufzuklären und sie für Maßnahmen zur Wahrung der Menschenrechte, unter anderem der Rechte von Kindern und Frauen, zu gewinnen;

19.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Vereinten Nationen zu übermitteln.

  • [1]  Angenommene Texte, P8_TA(2017)0379.
  • [2]  ABl. C 289 vom 9.8.2016, S. 57.
  • [3]  https://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/EN/foraff/131181.pdf
  • [4]  https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_action_plan_on_human_rights_and_democracy_en_2.pdf
  • [5]  Wodon, Quentin T.; Male, Chata; Nayihouba, Kolobadia Ada; Onagoruwa, Adenike Opeoluwa; Savadogo, Aboudrahyme; Yedan, Ali; Edmeades, Jeff; Kes, Aslihan; John, Neetu; Murithi, Lydia; Steinhaus, Mara; Petroni, Suzanne: Economic Impacts of Child Marriage: Global Synthesis Report (Wirtschaftliche Auswirkungen von Kinderehen: Globaler Synthesebericht), Economic Impacts of Child Marriage, Washington, D.C., Weltbankgruppe, 2017.

STELLUNGNAHME des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (18.4.2018)

für den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

zur künftigen externen Strategie der EU gegen Früh- und Zwangsverheiratung – nächste Schritte
(2017/2275(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Daniela Aiuto

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ersucht den federführenden Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

A.  in der Erwägung, dass Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung[1] eine Verletzung der Menschenrechte darstellen, die in internationalen Instrumenten wie der Erklärung und Aktionsplattform von Peking, dem Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen verankert sind und zu den Grundsätzen der Europäischen Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit, des Rechts und der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Frauen und Mädchen, zählen; in der Erwägung, dass es durch Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung zu anderen Menschenrechtsverletzungen kommt, von denen Frauen und Mädchen überproportional oft betroffen sind und die der sozioökonomischen Entwicklung im Weg stehen;

B.  in der Erwägung, dass Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung trotz Verpflichtungen auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene weltweit immer noch weit verbreitet sind und Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge fast 700 Millionen Frauen und 150 Millionen Männer betroffen sind, deren Zwangsehen geschlossen wurden, bevor sie volljährig waren; in der Erwägung, dass die Frühverheiratung immer noch ein Problem ist, von dem minderjährige und junge Mädchen überproportional oft betroffen sind; in der Erwägung, dass die Beseitigung von Kinderehen eine strategische Möglichkeit wäre, die Rechte von Frauen zu fördern und die Stellung von Frauen zu stärken;

C.  in der Erwägung, dass wiederholt nachgewiesen wurde, dass Kinderehen bzw. Frühverheiratung negative und schädliche Folgen für die Mädchen und Frauen, ihre Kinder und ihre Gemeinschaften haben; in der Erwägung, dass Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung sehr oft mit Schulabbrüchen einhergehen, Frauen und Mädchen durch sie ihrer grundlegenden Rechte beraubt werden und eher Opfer von geschlechtsspezifischer und anhaltender Armut werden, und in der Erwägung, dass junge Ehefrauen eher von Armut betroffen sind und bleiben, wenn sie keinen Zugang zu Bildung und einer künftigen bezahlten Beschäftigung haben;

D.  in der Erwägung, dass jedes Jahr weltweit 16 Millionen Mädchen und junge Frauen im Alter von 15 bis 19 Jahren ein Kind gebären und mindestens eine Million Mädchen vor Vollendung des 15. Lebensjahres Mutter werden; in der Erwägung, dass 95 % der Geburten unter Jugendlichen weltweit auf Entwicklungsländer entfallen, neun von zehn dieser Geburten aus einer Ehe oder eheähnlichen Gemeinschaft hervorgehen und in Entwicklungsländern jedes Jahr etwa 70 000 Jugendliche an Ursachen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Entbindung sterben[2];

E.  in der Erwägung, dass aus Studien hervorgeht, dass ein enger Zusammenhang zwischen Kinderehen und Frühgeburten besteht; in der Erwägung, dass Früh- und Zwangsverheiratung wegen geringer Familienplanung und Sexualerziehung schwerwiegende Folgen für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte von Frauen und Mädchen haben – unter anderem führen sie zu ungewollten Schwangerschaften – und die körperliche und psychische Gesundheit von Frauen und Mädchen ernsthaft gefährden, da das Risiko von Schwangerschaften von Minderjährigen, häufigen und/oder ungewollten Schwangerschaften, Müttersterblichkeit, Frühsterblichkeit und neonataler Morbidität, obstetrischen Fisteln und Ansteckungen mit sexuell übertragbaren Infektionen einschließlich HIV erheblich steigt, Komplikationen während der Schwangerschaft und bei der Entbindung bei Mädchen und jungen Frauen im Alter von 15 bis 19 Jahren die häufigste Todesursache sind und bei Kindern von Müttern im Teenageralter die Wahrscheinlichkeit, dass sie während der ersten Tage nach der Geburt sterben, 50 % höher ist;

F.  in der Erwägung, dass weltweit alle sieben Sekunden ein Mädchen von unter 15 Jahren verheiratet wird, und zwar häufig mit einem weitaus älteren Mann; in der Erwägung, dass die Zahl der im Kindesalter verheirateten Frauen Schätzungen zufolge im Jahr 2030 950 Millionen und im Jahr 2050 1,2 Milliarden erreichen wird, wenn die Zahl weiterhin im derzeitigen Tempo zunimmt[3];

G.  in der Erwägung, dass sich durch eine Heirat vor Vollendung des 18. Lebensjahres die Wahrscheinlichkeit von häuslicher Gewalt erhöht; in der Erwägung, dass Kinderbräute oft Opfer von Gewalt sind, da große Altersunterschiede das ungleiche Machtverhältnis zwischen Mädchen und ihren viel älteren Ehemännern noch verstärken;

H.  in der Erwägung, dass tiefverwurzelte geschlechtsspezifische Ungleichheiten und Stereotype, schädliche Praktiken, Vorstellungen, Bräuche und diskriminierende Normen die eigentlichen Ursachen für Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung sind; in der Erwägung, dass sich hierdurch das Risiko für Frauen und Mädchen erhöht, in ihrem Leben Diskriminierung und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt zu sein;

I.  in der Erwägung, dass Bildung zu den wirkungsvollsten Mitteln zählt, Früh- und Zwangsverheiratung zu verhindern und Frauen und Mädchen dabei zu unterstützen, in voller Kenntnis der Auswirkungen auf ihr Leben Entscheidungen zu treffen; in der Erwägung, dass Bildung Mädchen auf Arbeitsplätze und die Bestreitung des Lebensunterhalts vorbereitet, ihr Selbstwertgefühl und ihren Status in ihrem Haushalt und ihrer Gemeinschaft stärkt und bewirkt, dass sie bei Entscheidungen, die ihr Leben betreffen, ein größeres Mitspracherecht haben[4], wodurch die Wahrscheinlichkeit von Kinderehen verringert wird und sie später gebären;

J.  in der Erwägung, dass Früh- und Zwangsverheiratung in Konfliktgebieten immer mehr Anlass zur Sorge gibt; in der Erwägung, dass diese Praxis häufig von bestimmten kriegerischen und extremistischen Gruppen gerechtfertigt wird und weitreichende Folgen für die Gesundheit und das Wohlergehen von Frauen und Mädchen hat;

K.  in der Erwägung, dass Kinderehen zwar in einigen Traditionen und Kulturen verwurzelt sind, diese Praxis jedoch durch keine Kultur oder Religion gerechtfertigt werden kann, insbesondere wenn Menschenrechte und die Rechte von Kindern bedroht sind; in der Erwägung, dass in vielen Gemeinschaften, in denen die Frühverheiratung verbreitet ist, Männer mehr Privilegien genießen und Mädchen oft als wirtschaftliche Last für ihre Familien angesehen werden, weshalb sie im Allgemeinen ein geringes Selbstwertgefühl haben;

L.  in der Erwägung, dass alle Mädchen das Recht haben, ihre Kindheit in vollem Umfang ausleben zu können, indem sie spielen, ihr Recht auf Bildung in Anspruch nehmen sowie gegen Gewalt, physische und psychische Schäden und Missbrauch sowie Ausbeutung jeder Art geschützt werden;

M.  in der Erwägung, dass die Mädchen und jungen Frauen das Recht haben, ihr volles Potenzial als Bürgerinnen zu entfalten, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes festgelegt ist;

N.  in der Erwägung, dass Früh- und Zwangsehen an sich ein Entwicklungshindernis darstellen und dass sich die Tatsache, dass diese Ehen nach wie vor arrangiert werden, negativ auf die Bemühungen um die Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele 1 bis 6 auswirkt – d. h. in den Bereichen Gleichstellung der Geschlechter, Stärkung der Stellung von Frauen und Mädchen, Armutsbekämpfung, Bildung, Senkung der Sterblichkeitsrate von Müttern und der Kindersterblichkeit sowie Gesundheit einschließlich sexueller und reproduktiver Gesundheit[5];

O.  in der Erwägung, dass die Verhütung und Bekämpfung jeder Form von Gewalt gegen Mädchen und Frauen, einschließlich der Früh- und Zwangsverheiratung, eines der Ziele des EU-Aktionsplans für die Gleichstellung 2016–2020 ist;

P.  in der Erwägung, dass die Zwangsverheiratung zwar in der gesamten EU rechtswidrig ist, die genaue Definition jedoch unterschiedlich ist; in der Erwägung, dass das Fehlen einer allgemein anerkannten Begriffsbestimmung Bemühungen behindert, die Zahl der Zwangsverheiratungen in der EU zu ermitteln;

Q.  in der Erwägung, dass Zwangsverheiratungen in der EU immer noch ein Problem sind; in der Erwägung, dass sie in den meisten Mitgliedstaaten kein konkreter Straftatbestand sind und Schutz stattdessen durch eine Kombination aus allgemeineren strafrechtlichen Bestimmungen, etwa über Vergewaltigung oder Entführung, gewährt wird;

R.  in der Erwägung, dass Minderjährige, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, keine rechtsgültige Zustimmung zur Eheschließung erteilen können, sodass Kinderehen als Zwangsehen einzustufen sind; in der Erwägung, dass es daher bedauerlich ist, dass es in 144 von 193 Staaten kein Gesetz zum Verbot von Kinderehen gibt;

S.  in der Erwägung, dass viele Fälle von Zwangsverheiratung überhaupt nicht oder nur privaten und nichtstaatlichen Organisationen anstelle von Behörden gemeldet werden; in der Erwägung, dass selbst dann, wenn solche Fälle den nationalen Behörden gemeldet werden, auf Ebene der Mitgliedstaaten kein einheitliches Datenerfassungssystem vorhanden ist, obwohl dies dringend erforderlich wäre;

T.  in der Erwägung, dass Kinderehen die Entwicklungsländer bis 2030 Billionen von Dollar kosten werden[6];

U.  in der Erwägung, dass die Regierungen anerkennen müssen, dass die Bekämpfung von Kinderehen und Frühverheiratung für die Verwirklichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung wichtig ist; in der Erwägung, dass Mädchen, denen geholfen wird, eine Kinderehe zu umgehen, sodass eine Schwangerschaft auf einen späteren Zeitpunkt verschoben und ihnen der Schulbesuch ermöglicht wird, die Möglichkeit erhalten, ihre Kompetenzen und ihr zukünftiges Einkommen zu verbessern, was dazu beiträgt, die Armut für künftige Generationen zu beseitigen; in der Erwägung, dass durch die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung der Stellung der Frau in der Gesellschaft sichergestellt wird, dass Mädchen über Entscheidungsgewalt hinsichtlich ihres Familien-, Sexual- und reproduktiven Lebens verfügen; in der Erwägung, dass die Beseitigung von Kinderehen und Frühverheiratung die Kindersterblichkeit und die vielen unterschiedlichen gesundheitlichen Probleme im Zusammenhang mit Schwangerschaften oder Frühgeburten reduzieren würde;

V.  in der Erwägung, dass Frauen in den meisten Gemeinschaften, in denen Kinderehen und Frühverheiratung praktiziert werden, oftmals Opfer des Entscheidungsprozesses sind, und in der Erwägung, dass es von grundlegender Bedeutung ist, die Entscheidungsträger und die Frauen der Gemeinschaften einzubeziehen und aufzuklären, damit sich die Einstellungen und Verhaltensweisen in Bezug auf Kinderehen ändern; in der Erwägung, dass es darüber hinaus Rechtsvorschriften bedarf, mit denen Früh- und Zwangsverheiratung verboten werden;

W.  in der Erwägung, dass die über Generationen hinweg vererbte Armut einer der meistgenannten Gründe ist, Mädchen zu Kinderehen zu zwingen; in der Erwägung, dass mangelndes Wissen über sexuelle und reproduktive Gesundheit zur Folge hat, dass Eltern im Allgemeinen nicht für die Gefahren einer frühen Schwangerschaft sensibilisiert sind;

X.  in der Erwägung, dass es sowohl im Fall von Kinderehen als auch in allen anderen Bereichen der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen von entscheidender Bedeutung ist, Männer und Jungen zu mobilisieren, um gegen geschlechtsbedingte Diskriminierung vorzugehen und schädliche traditionelle Praktiken, die tief in der Kultur bestimmter Gemeinschaften verwurzelt sind, zu ändern;

Y.  in der Erwägung, dass Kinderehen und Frühverheiratung immer noch ein Tabuthema sind und öffentlich zur Sprache gebracht werden müssen, um das alltägliche Leiden der betroffenen jungen und heranwachsenden Mädchen und die andauernde Verletzung ihrer Menschenrechte zu beenden; in der Erwägung, dass eine diesbezügliche Möglichkeit darin besteht, die Arbeiten von Journalisten, Künstlern, Fotografen und Aktivisten, die sich mit dem Thema Frühverheiratung beschäftigen, zu unterstützen und zu verbreiten;

Z.  in der Erwägung, dass Kampagnen zur Beseitigung der Frühverheiratung von Mädchen und jungen Frauen nur dann erfolgreich sein können, wenn die Sexualität der weiblichen Jugendlichen und ihr Recht, über ihren Körper, ihre Beziehungen und ihre sexuellen Aktivitäten selbst zu entscheiden, anerkannt werden; in der Erwägung, dass sowohl den weiblichen Jugendlichen als auch ihren Eltern Informationen über Sexualität und Empfängnisverhütung an die Hand gegeben werden müssen, damit diese Entscheidungen fundiert getroffen werden;

1.  verurteilt Kinderehen, Früh- und Zwangsverheiratung und sonstige schädliche Zwangspraktiken, die Frauen und Mädchen im Kindes- und Teenageralter in Europa und weltweit auferlegt werden, zumal es sich hierbei um schwere Menschenrechtsverletzungen und, sofern das Opfer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, konkret um den Missbrauch von Minderjährigen handelt;

2.  betont, dass Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung ein schwerer Verstoß gegen das Recht auf freie Zustimmung sind;

3.  nimmt zur Kenntnis, dass Kinderehen und Zwangsverheiratung auch zu einem echten Problem innerhalb der EU geworden sind, das ein gemeinsames, entschlossenes und koordiniertes Vorgehen aller Mitgliedsstaaten erfordert;

4.  fordert die Mitgliedsstaaten zur aktiven Nichtanerkennung von Zwangsehen und der uneingeschränkten, von der Familie unabhängigen Unterstützung der Opfer auf;

5.  weist darauf hin, dass viele Eltern, die in großer Not und extremer Armut in Flüchtlingslagern leben, glauben, ihre Töchter vor der Gefahr sexueller Gewalt schützen zu müssen, indem sie sie mit älteren Männern verheiraten; betont jedoch, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten Anträge von Flüchtlingen auf rechtliche Anerkennung von Ehen, bei denen einer der vermeintlichen Ehepartner im Kindes- oder Teenageralter ist, geschlossen und konsequent abweisen sollten; unterstreicht, dass der Flüchtlingsstatus nicht als rechtliche Hintertür für die Anerkennung von Kinderehen in Europa dienen darf;

6.  empfiehlt, dass in Bezug auf Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung ein ganzheitlicher und umfassender Ansatz verfolgt wird, d. h. dass die eigentlichen Ursachen von Kinderehen in Angriff genommen werden, zu denen geschlechtsspezifische Ungleichheiten, Armut und fehlende soziale und wirtschaftliche Chancen gehören; hebt zwar den Stellenwert von Bildung als mächtiges Instrument zur Verhinderung von Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung hervor, betont jedoch, dass die durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellung von Frauen und Männern über traditionelle Bereiche wie Bildung und Gesundheit hinaus ausgeweitet werden und in alle weiteren Politikbereiche einfließen sollte;

7.  fordert, dass die EU eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung dieser Menschenrechtsverletzungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene einnimmt und fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und die Kommission auf, sämtliche bestehenden Instrumente, die zur Verfügung stehen, zu nutzen und eine spezifische Strategie vorzulegen, damit die Maßnahmen festgelegt werden können, die zur Bekämpfung von Früh- und Zwangsverheiratung sowie Kinderehen und anderen für Mädchen und Frauen schädlichen Praktiken wie Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen, sogenannte Ehrenmorde, sexuelle Sklaverei und Menschenhandel erforderlich sind, und ermittelt werden kann, welche Ziele festzulegen und welche Mittel eigens für diesen Zweck zu binden sind, um das übergeordnete Ziel – d. h. die Beseitigung der genannten Formen der Ehe bzw. Verheiratung – im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Zielvorgabe 5.3) bis 2030 zu verwirklichen; fordert die Kommission und den EAD daher auf, die Notwendigkeit der Bekämpfung geschlechtsbezogener Stereotype, diskriminierender gesellschaftlicher Normen, die zur Akzeptanz und Fortführung der genannten schädlichen Praktiken beitragen, in die Strategie mit aufzunehmen;

8.  erinnert daran, dass die Beendigung von Kinderehen sowie von Früh- und Zwangsverheiratung eine der Prioritäten des auswärtigen Handelns der EU im Bereich der Förderung der Frauen- und Menschenrechte ist;

9.  fordert die Kommission und den EAD auf, einen Aktionsplan aufzustellen, mit dem die Bekämpfung von Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung in den Beziehungen der EU zu Partner- und Drittländern gefördert wird, insbesondere im Bereich der Entwicklung, und in allen Handels- und Partnerschaftsabkommen besonderes Augenmerk auf die Achtung der Rechte von Frauen und Mädchen zu legen, nicht zuletzt indem die sogenannte Menschenrechtsklausel herangezogen wird; fordert die Kommission und den EAD auf, diesen Angelegenheiten im politischen Dialog mit Partnerländern Priorität einzuräumen und in Zusammenarbeit mit allen wichtigen Akteuren konkrete Maßnahmen zur Beseitigung schädlicher Praktiken zu treffen; fordert zudem die Mitgliedstaaten auf, sich in ihren Beziehungen zu Drittländern für die Bekämpfung von Kinderehen sowie von Früh- und Zwangsverheiratung einzusetzen;

10.  begrüßt den Start der gemeinsamen globalen Gleichstellungsinitiative „Spotlight“ der EU und der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von sexueller und geschlechtsbezogener Gewalt und schädlicher Praktiken wie frühe Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen oder Menschenhandel; weist jedoch darauf hin, dass die „Spotlight“-Initiative hauptsächlich Elemente der Agenda beinhaltet, die bereits ein gemeinsames globales Anliegen sind; betont daher, dass die Gleichstellung der Geschlechter mittels einer geeigneten Kombination aus Programmen und Modalitäten noch umfassender vorangebracht werden muss; fordert die Kommission auf, die Halbzeitüberprüfung ihrer internationalen Kooperationsprogramme für die Aufstockung der Mittel des Ressourcenpakets für Gleichstellung zu nutzen, um geschlechtsspezifische Fragen in die bilaterale Zusammenarbeit und thematische Programme einzubeziehen;

11.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, mit UN Women, der UNICEF, dem UNFPA und weiteren Partnern, einschließlich Organisationen der Zivilgesellschaft sowie Diaspora- und Migrantenorganisationen, zusammenzuarbeiten, um auf das Problem von Kinderehe sowie Früh- und Zwangsverheiratung aufmerksam zu machen und dabei die Stärkung der Stellung der Frau, unter anderem durch Bildung, die Stärkung ihrer wirtschaftlichen Stellung und ihre vermehrte Beteiligung an der Beschlussfassung, sowie den Schutz und die Förderung der Menschenrechte aller Frauen und Mädchen, auch ihrer sexuellen und reproduktiven Gesundheit, in den Mittelpunkt zu stellen;

12.  weist darauf hin, dass die europäischen Mittel für auswärtiges Handeln an die tatsächliche Umsetzung von Maßnahmen geknüpft werden müssen, die der Früh- und Zwangsverheiratung ein Ende setzen sollen;

13.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Programme zur Friedenskonsolidierung und zum Wiederaufbau nach Konflikten eine geschlechtsspezifische Perspektive aufzunehmen, für Mädchen und Frauen, die Opfer von Früh- und Zwangsverheiratung geworden sind, Programme für die Schaffung einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage und Bildungsprogramme zu entwickeln und ihnen den Zugang zu Gesundheits- und reproduktionsmedizinischen Leistungen in Konfliktgebieten zu erleichtern;

14.  betont, dass Finanzmittel für Programme zur Verhinderung von Kinderehen bereitgestellt werden müssen, mit denen ein soziales Umfeld geschaffen werden soll, in dem Mädchen ihr Potenzial in vollem Umfang entfalten können, und zwar unter anderem durch Bildung, soziale und wirtschaftliche Programme für Mädchen, die nicht zur Schule gehen, durch Schutzmechanismen für Kinder, Schutzunterkünfte, Rechtsberatung und psychologische Betreuung; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer Außenpolitik dafür zu sorgen, dass für derartige Programme und Aktivitäten ausreichend Ressourcen bereitgestellt werden; fordert die Kommission des Weiteren auf, eine systematische Bewertung ihrer bestehenden Programme zur Verhinderung von Frühverheiratung durchzuführen, mit der ihre Wirksamkeit und der Einsatz der bereitgestellten Finanzmittel beurteilt wird, um sicherzustellen, dass die Programme in den Regionen und Ländern umgesetzt werden, in denen es die meisten Kinderehen gibt; fordert die EU-Delegationen auf, den Verpflichtungen der EU im Rahmen des Aktionsplans für die Gleichstellung 2016–2020 gerecht zu werden, die Lage aufmerksam zu beobachten und einschlägige Programme zur Unterstützung lokaler Legislativmaßnahmen zu schaffen;

15.  betont, dass Programme zur Stärkung der Stellung von Mädchen und jungen Frauen als wesentliches Mittel dafür geschaffen werden müssen, dass die Frühverheiratung verhindert und von ihr abgeraten wird, und mit den Programmen sowohl das Selbstwertgefühl dieser Mädchen und Frauen als auch die Kenntnis ihrer Rechte, einschließlich des Rechts zur Verweigerung einer Ehe, verbessert werden müssen;

16.  betont, dass die Beendigung von Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung wiederum umfassende positive Auswirkungen auf das Bildungsniveau von Mädchen und ihren Kindern hätte, dazu beitragen würde, dass Frauen weniger Kinder bekommen, und eine Steigerung ihres erwarteten Einkommens und des Lebensstandards der Haushalte bewirken könnte;

17.  weist darauf hin, dass Kontakte zu den Gemeinschaften auf lokaler Ebene von wesentliche Bedeutung sind, wenn es darum geht, traditionelle und diskriminierende Ansichten über den Zugang von Mädchen zu Bildung zu überwinden und auf diese Weise die Beschäftigungsaussichten von Frauen zu erhöhen, damit sie für den eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Familie sorgen können;

18.  fordert die Entwicklung von Informationsprogrammen, bei denen alle Entscheidungsträger der Gemeinschaften einbezogen und über die schädlichen Auswirkungen von Traditionen wie der Frühverheiratung aufgeklärt werden, damit sie anschließend eine aktive Rolle bei der Sensibilisierung in ihren Gemeinschaften übernehmen können;

19.  betont, dass es unbedingt erforderlich ist, Männer und Jungen zu informieren und aufzuklären und sie für Maßnahmen zur Wahrung der Menschenrechte, unter anderem der Rechte von Kindern und Frauen, zu mobilisieren;

20.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, integrierte, umfassende und koordinierte Maßnahmen zu treffen, um sämtliche Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen, zu denen auch Kinderehen und Früh- und Zwangsverheiratung gehören, insbesondere indem den Opfern der Zugang zur Justiz ermöglicht wird, Mechanismen zum Schutz von Kindern verbessert werden und nichtstaatlichen Organisationen, die sich für die Beseitigung dieser Praktiken einsetzen, bessere Unterstützung und ein umfassenderer und verbesserter Zugang zu Finanzmitteln bereitgestellt wird;

21.  fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Gesetze zum Verbot von Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung vollständig umzusetzen, indem sie für den Zugang zur Justiz, einschließlich Rechtsbehelfe, sorgen und Strukturen und Programme zur Unterstützung und zum Schutz der Opfer von Kinderehe sowie Früh- und Zwangsverheiratung schaffen, einschließlich sicherer Aufnahmezentren und der Unterstützung durch qualifiziertes weibliches Personal wie Hebammen, Gynäkologinnen, Psychologinnen und Sozialarbeiterinnen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten unter diesem Aspekt auf, für die wirksame Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie zu sorgen, insbesondere durch Verbesserung des Zugangs der Opfer von Gewalt gegen Frauen zu allgemeinen und spezifischen Angeboten der Opferhilfe sowie durch Einrichtung wirksamer Meldemechanismen, bei denen die Anonymität und Vertraulichkeit der Opfer gewahrt wird, damit die Opfer von Zwangsverheiratung darin bestärkt werden, die Straftat frei von Angst vor einer weiteren Stigmatisierung zu melden;

22.  fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass für die im Gesundheitswesen tätigen Fachkräfte entsprechende Einrichtungen und Schulungen zur Verfügung stehen, damit sie vertrauliche, nicht wertende und jugendfreundliche Dienste, Informationen und Hilfsmittel zur Verfügung stellen können, die die WHO-Standards in Bezug auf Gleichbehandlung, Zugänglichkeit, Annehmbarkeit, Angemessenheit und Wirksamkeit erfüllen;

23.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in der gesamten EU, auch in den Flüchtlingslagern, sowie in den Bewerberländern Kampagnen zur Sensibilisierung für dieses Phänomen, seine Folgen und die verfügbaren Rechtsbehelfe durchzuführen;

24.  begrüßt die Schaffung eines neuen Warntyps im Schengener Informationssystem, der es ermöglicht, eine Meldung einzugeben, um Kinder, denen eine Zwangsverheiratung droht, zu schützen;

25.  weist darauf hin, dass gemäß Artikel 37 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) die Vertragsparteien verpflichtet sind, „vorsätzliches Verhalten, durch das eine erwachsene Person oder ein Kind zur Eheschließung gezwungen wird“, unter Strafe zu stellen; bedauert daher, dass nur 12 EU-Mitgliedstaaten die Zwangsverheiratung als Straftatbestand eingestuft haben, und weist darauf hin, dass Opfern, die in ein anderes Land gebracht werden, in dem sie aufgrund der Zwangsverheiratung ihr Recht auf Aufenthalt in der EU verlieren, im Einklang mit den Anforderungen des Übereinkommens wirksame Rechtsbehelfe gewährt werden sollten, um ihren Aufenthaltsstatus zurückzuerlangen; fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, das Übereinkommen von Istanbul umgehend zu ratifizieren[7];

26.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Migrantinnen (auch minderjährige Migrantinnen) eine eigene, vom Status ihres Ehemanns oder Partners unabhängige Aufenthaltserlaubnis erhalten, vor allem wenn sie Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt geworden sind, zu der auch Zwangsverheiratung und arrangierte Ehen gehören, und sicherzustellen, dass alle zu ihrem Schutz nötigen administrativen Maßnahmen ergriffen werden, einschließlich des wirksamen Zugangs zu Unterstützungs- und Schutzmechanismen;

27.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu erlassen, durch die Eltern, ganz gleich, ob sie EU-Bürger sind oder nicht, davor abgeschreckt werden, ihre minderjährigen Töchter entweder im Zuge einer Reise in ihr Herkunftsland oder – noch schlimmer – in der EU zur Hochzeit anzubieten, und dafür zu sorgen, dass die Eltern erforderlichenfalls auch bestraft werden;

28.  nimmt zur Kenntnis, dass es in den meisten Ländern der Welt ein gesetzlich festgelegtes Mindestalter für die Eheschließung gibt, betont jedoch, dass in vielen Ländern – meist auf der Grundlage der Zustimmung der Eltern oder der Einwilligung durch ein Gericht – Ausnahmen mit Blick auf dieses vorgeschriebene Mindestalter für die Eheschließung möglich sind, die von der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zur Sprache gebracht werden sollten; fordert die Mitgliedstaaten und die Drittländer, die Zwangs- und Frühverheiratung noch nicht als Straftatbestände eingestuft haben, auf, dies nachzuholen, unter anderem indem sie das gesetzliche Mindestalter überprüfen, das unabhängig von einer Zustimmung der Eltern gelten muss, die uneingeschränkte Zustimmung beider Partner vorschreiben und Personen, die andere zu einer Heirat zwingen, bestrafen;

29.  schlägt vor, die Zwangsverheiratung ausdrücklich als Form des Menschenhandels in Artikel 2 der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer aufzunehmen und eine gemeinsame Politik mit Blick auf die Zwangsverheiratung sowie eine einheitliche Definition von Zwangsverheiratung zu erarbeiten, die sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene im Rahmen politischer Maßnahmen und zivil- und strafrechtlicher Bestimmungen im Bereich Zwangsverheiratung einheitlich anzuwenden ist;

30.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Fälle von Kinderehe sowie Früh- und Zwangsverheiratung in der EU zu überwachen und die Einführung einheitlicher rechtlicher Standards mit Blick auf das Verfahren zum Umgang mit Fällen von Kinderehe und Frühverheiratung zu erwägen;

31.  legt nahe, dass in den Ländern, in denen Kinderehen sowie Früh- und Zwangsverheiratung verbreitet sind, die verbindlich vorgeschriebene Registrierung von Geburten in Betracht gezogen wird, da die fehlende Registrierung ein erhöhtes Risiko von Kinderehen und Frühverheiratung zur Folge haben kann;

32.  fordert die Kommission auf, eine europäische Datenbank einzurichten, mit der Zwangsverheiratungen sowie andere Formen von Menschenrechtsverletzungen aufgrund des Geschlechts, einschließlich sexueller Ausbeutung, überwacht und gemeldet werden können;

33.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ein einheitliches System zur Erhebung von Daten zu Kinderehe sowie Früh- und Zwangsverheiratung, einschließlich einer Aufschlüsselung der Daten nach Geschlecht, einzurichten, da belastbare und zuverlässige Daten für eine faktengestützte Politikgestaltung und gezieltere Maßnahmen von zentraler Bedeutung sind;

34.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf der Grundlage erhobener Daten spezifische Studien abzufassen, die ein eindeutiges Bild des Phänomens auf EU-Ebene vermitteln und spezifische Informationen zu den einzelnen Mitgliedstaaten enthalten;

35.  hebt hervor, dass humanitäre Krisen, Konflikte und Naturkatastrophen die Verbreitung von Kinderehen sowie Zwangs- und Frühverheiratung verstärken; betont daher, dass Bemühungen im Bereich Entwicklung und humanitäre Bemühungen verknüpft werden müssen;

36.  betont, dass die Grundrechte aller Frauen und Mädchen gefördert und geschützt werden müssen, insbesondere das Recht, selbstbestimmt über ihre Sexualität zu verfügen und Entscheidungen über ihre Sexualität, insbesondere was die sexuelle und reproduktive Gesundheit betrifft, frei und eigenverantwortlich zu treffen, ohne Zwang, Diskriminierung oder Gewalt ausgesetzt zu sein;

37.  betont, dass die universelle Achtung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte und der Zugang zu ihnen dazu beiträgt, dass sämtliche gesundheitsbezogenen Ziele für nachhaltige Entwicklung, wie etwa Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft und Maßnahmen zur Verhinderung von hochriskanten Geburten und zur Verringerung der Säuglings- und Kindersterblichkeit, verwirklicht werden; weist darauf hin, dass der Zugang zu Familienplanung, zu Diensten für die Gesundheit von Müttern und zu Abtreibungen unter sicheren und legalen Bedingungen wichtige Faktoren sind, um das Leben von Frauen und Mädchen zu retten; verleiht seiner Besorgnis Ausdruck, dass sämtliche EU-Delegationen in den Regionen Naher Osten und Nordafrika sowie Europa und Zentralasien entschieden haben, keine Indikatoren zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie zu den damit verbundenen Rechten einzusetzen, obwohl in diesen Regionen im Hinblick auf dieses Thema großer Bedarf besteht; fordert die EU-Delegationen in diesen Regionen auf, diese besorgniserregenden Zahlen erneut zu bewerten, um zu ermitteln, ob diese eventuell auf fehlerhafte Angaben zurückzuführen sind oder ob die derzeitigen Programme um gezielte Maßnahmen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie zu den damit verbundenen Rechten ergänzt werden müssen;

38.  betont, dass der Schwerpunkt zwar auf der Verhinderung der Frühverheiratung liegen sollte, dass die EU, die Mitgliedstaaten und Drittländer jedoch auch die jungen Frauen unterstützen müssen, die bereits verheiratet sind, und ihnen dabei helfen müssen, zum Beispiel über ihre sexuellen und reproduktiven Rechte und ihr Recht auf Empfängnisverhütung informiert zu sein;

39.  verurteilt die Wiedereinführung und Ausweitung der „Global Gag Rule“ und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen und Mädchen; weist erneut darauf hin, dass gefährdete Bevölkerungsgruppen, einschließlich derer, die normalerweise aufgrund von Stigma, Armut, Wohnort, Gewalt oder HIV-Status keinen Zugang zu entsprechenden Diensten haben, am stärksten darunter zu leiden haben;

40.  fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten erneut auf, die Rechte von Frauen und Mädchen weltweit aktiv zu unterstützen und sowohl die Entwicklungshilfemittel der Mitgliedstaaten als auch die der EU für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte und insbesondere für den Zugang zu Schwangerschaftsverhütung und sicherer und legaler Abtreibung erheblich aufzustocken, um die von den Vereinigten Staaten in diesem Bereich hinterlassene Finanzierungslücke zu verringern;

41.  befürwortet nachdrücklich die Initiative „She Decides“ („Sie entscheidet“) und fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, diese Initiative und andere Maßnahmen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten noch stärker zu unterstützen;

42.  ist der Auffassung, dass die Erhöhung der Anzahl von Frauen in Entscheidungspositionen in Politik und Wirtschaft dazu beitragen kann, dass die erforderlichen Rechtsvorschriften eingeführt werden und dass Institutionen und Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für die Verhinderung von Früh- und Zwangsverheiratung einsetzen, verstärkt unterstützt werden.

ANGABEN ZUR ANNAHME IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

12.4.2018

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

19

1

3

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Daniela Aiuto, Beatriz Becerra Basterrechea, Malin Björk, Vilija Blinkevičiūtė, Anna Maria Corazza Bildt, Iratxe García Pérez, Anna Hedh, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Florent Marcellesi, Angelika Mlinar, Marijana Petir, João Pimenta Lopes, Elissavet Vozemberg-Vrionidi, Jadwiga Wiśniewska

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Lívia Járóka, Urszula Krupa, Kostadinka Kuneva, Nosheena Mobarik, Jordi Solé, Marc Tarabella, Mylène Troszczynski, Julie Ward

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2)

Margrete Auken

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

19

+

ALDE

Beatriz Becerra Basterrechea, Angelika Mlinar

ECR

Nosheena Mobarik

EFDD

Daniela Aiuto

GUE/NGL

Malin Björk, Kostadinka Kuneva, João Pimenta Lopes

PPE

Anna Maria Corazza Bildt, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Lívia Járóka, Elissavet Vozemberg-Vrionidi

S&D

Vilija Blinkevičiūtė, Iratxe García Pérez, Anna Hedh, Marc Tarabella, Julie Ward

VERTS/ALE

Margrete Auken, Florent Marcellesi, Jordi Solé

1

-

PPE

Marijana Petir

3

0

ECR

Urszula Krupa, Jadwiga Wiśniewska

ENF

Mylène Troszczynski

Erklärung der benutzten Zeichen:

+  :  dafür

-  :  dagegen

0  :  Enthaltung

  • [1]  Gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 7. November 1962 über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen und der Resolution 1468 (2005) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu Zwangs- und Kinderehen definiert als Ehe, die ohne die freie und gültige Zustimmung eines oder beider Beteiligten oder vor Vollendung des 18. Lebensjahres geschlossen wird.
  • [2]  „Motherhood in Childhood: Facing the challenge of adolescent pregnancy“ (Wenn Mädchen Mütter werden – Herausforderung Teenagerschwangerschaft), UNFPA, 2013.
  • [3]  „Every Last Girl: Free to live, free to learn, free from harm“ (Jedes Mädchen: frei zu leben, frei zu lernen, frei von Schaden), Bericht von Save the Children, 11. Oktober 2016.
  • [4]  „Motherhood in Childhood: Facing the challenge of adolescent pregnancy“ (Wenn Mädchen Mütter werden – Herausforderung Teenagerschwangerschaft), UNFPA, 2013.
  • [5]  Resolution 69/156 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2014 zu Kinderheirat, Frühverheiratung und Zwangsheirat.
  • [6]  Die wirtschaftlichen Folgen der Kinderehe: Globaler Synthesebericht 2017.
  • [7]  „Forced marriage from a gender perspective“ (Zwangsverheiratung aus einem geschlechtsspezifischen Blickwinkel), Generaldirektion Interne Politikbereiche, Europäisches Parlament, 2016.
    2 Liste der Ratifizierungen des Übereinkommens: https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/210/signatures?desktop=true

ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

16.5.2018

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

45

2

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Lars Adaktusson, Michèle Alliot-Marie, Francisco Assis, Petras Auštrevičius, Goffredo Maria Bettini, Elmar Brok, Klaus Buchner, Fabio Massimo Castaldo, Aymeric Chauprade, Javier Couso Permuy, Arnaud Danjean, Eugen Freund, Sandra Kalniete, Tunne Kelam, Wajid Khan, Eduard Kukan, Arne Lietz, Barbara Lochbihler, Sabine Lösing, Tamás Meszerics, Francisco José Millán Mon, Clare Moody, Javier Nart, Pier Antonio Panzeri, Ioan Mircea Paşcu, Tonino Picula, Julia Pitera, Cristian Dan Preda, Jozo Radoš, Michel Reimon, Sofia Sakorafa, Alyn Smith, Dubravka Šuica, Charles Tannock, László Tőkés, Ivo Vajgl

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

David Coburn, Marek Jurek, Norica Nicolai, Urmas Paet, Soraya Post, Marie-Christine Vergiat, Željana Zovko

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2)

Charles Goerens, Heidi Hautala, Renate Weber, Francis Zammit Dimech, Joachim Zeller, Jaromír Štětina

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

45

+

ALDE

Petras Auštrevičius, Charles Goerens, Javier Nart, Norica Nicolai, Urmas Paet, Jozo Radoš, Ivo Vajgl, Renate Weber

EFDD

Fabio Massimo Castaldo, Aymeric Chauprade

GUE/NGL

Javier Couso Permuy, Sabine Lösing, Sofia Sakorafa, Marie-Christine Vergiat

PPE

Lars Adaktusson, Michèle Alliot-Marie, Elmar Brok, Arnaud Danjean, Sandra Kalniete, Tunne Kelam, Eduard Kukan, Francisco José Millán Mon, Julia Pitera, Cristian Dan Preda, László Tőkés, Joachim Zeller, Željana Zovko, Jaromír Štětina, Dubravka Šuica

S&D

Francisco Assis, Goffredo Maria Bettini, Eugen Freund, Wajid Khan, Arne Lietz, Clare Moody, Pier Antonio Panzeri, Ioan Mircea Paşcu, Tonino Picula, Soraya Post

VERTS/ALE

Klaus Buchner, Heidi Hautala, Barbara Lochbihler, Tamás Meszerics, Michel Reimon, Alyn Smith

2

EFDD

David Coburn

PPE

Francis Zammit Dimech

2

0

ECR

Marek Jurek, Charles Tannock

Erklärung der benutzten Zeichen:

+  :  dafür

-  :  dagegen

0  :  Enthaltung

Letzte Aktualisierung: 20. Juni 2018
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