Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2006/2555(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B6-0253/2006

Aussprachen :

PV 06/04/2006 - 12.3
CRE 06/04/2006 - 12.3

Abstimmungen :

PV 06/04/2006 - 13.3
CRE 06/04/2006 - 13.3

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0144

Angenommene Texte
PDF 125kWORD 41k
Donnerstag, 6. April 2006 - Straßburg
Ägypten: der Fall Ayman Nur
P6_TA(2006)0144RC-B6-0253/2006

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Ägypten: der Fall Ayman Nur

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Fall Ayman Nur und zur Partnerschaft zwischen Europa und dem Mittelmeerraum,

–   unter Hinweis auf die Erklärung von Barcelona vom 28. November 1995,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 21. Mai 2003 an den Rat und das Europäische Parlament "Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung – Strategische Leitlinien" (KOM(2003)0294),

–   unter Hinweis auf die erste Konferenz des Menschenrechtsnetzwerks Europa-Mittelmeer, die am 26./27. Januar 2006 in Kairo stattfand,

–   unter Hinweis auf das von den Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfeltreffen am 28. November 2005 in Barcelona angenommene Arbeitsprogramm,

–   unter Hinweis auf die am 26. November 2005 in Barcelona angenommenen Schlussfolgerungen der 5. Konferenz der Parlamentspräsidenten Europas und des Mittelmeerraums,

–   unter Hinweis auf die von der Parlamentarischen Versammlung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft am 27. März 2006 angenommenen Entschließungen und die Erklärung ihres Präsidenten,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2006 zu der Europäischen Nachbarschaftspolitik(1),

–   unter Hinweis auf Artikel 11 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 177 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, in denen die Förderung der Menschenrechte als eines der Ziele der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik festgeschrieben ist,

–   gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.   in der Erwägung, dass die Förderung der Achtung der Demokratie, der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten eines der Grundprinzipien und Ziele der Europäischen Union ist und eine gemeinsame Grundlage für die Entwicklung des Europa-Mittelmeer-Raums bildet,

B.   in der Erwägung, dass die Europäische Union eine Europäische Nachbarschaftspolitik definiert hat, die darauf abzielt, den politischen Dialog auszubauen und zu verstärken und die Partnerländer in die EU-Maßnahmen einzubeziehen, um Frieden, Stabilität und Demokratie in den Nachbarländern zu fördern,

C.   in der Erwägung, dass die vom Rat angenommenen ersten Aktionspläne mit Marokko, Tunesien, Jordanien, Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde die Union und die Partnerländer zu einem engeren und umfassenden Dialog verpflichten und dass dabei ein kohärenter und gemeinsamer regionaler Ansatz verfolgt werden muss, in der Erwartung, dass der Aktionsplan mit Ägypten, der derzeit ausgehandelt wird, im Juni 2006 zur Annahme gelangt,

D.   in der Erwägung, dass es den Beziehungen zu Ägypten große Bedeutung beimisst und faire und transparente Wahlen als den üblichen Weg betrachtet, Fortschritte auf dem Weg zu einer demokratischeren Gesellschaft zu erzielen,

E.   besorgt über die Aufhebung der parlamentarischen Immunität und die Festnahme von Ayman Nur, dem Vorsitzenden der Ghad-Partei in Ägypten; unter Hinweis auf die früheren Entschließungen zu Menschenrechtsfragen in Ägypten einschließlich des Falls von Ayman Nur,

F.   in der Erwägung, dass der Vorsitzende der Ghad-Partei und ehemalige Abgeordnete Ayman Nur und andere Angeklagte festgenommen wurden, nachdem Dr. Nur bei den letzten Präsidentschaftswahlen und auch bei den Parlamentswahlen vom November und Dezember 2005 kandidiert hatte, bei denen eine Einschüchterung der Anhänger von Dr. Nur bezeugt wurde,

G.   in der Erwägung, dass Ayman Nur, der bei der letzten Präsidentenwahl Zweiter wurde, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil angeblich 50 Unterschriften gefälscht haben soll, die für die Eintragung seiner Partei benötigt wurden,

H.   beunruhigt über Berichte, wonach sich Dr. Nurs Gesundheit durch den Hungerstreik, in den er aus Protest gegen seine Verfahrens- und Haftbedingungen getreten ist, drastisch verschlechtert hat,

I.   in der Erwägung, dass entschieden wurde, dass Dr. Nurs Berufung am 18. Mai 2006 vom Kassationshof geprüft wird; jedoch besorgt darüber, dass der Richter, der für den Vorsitz dieses Gerichts ausgewählt wurde, derselbe ist, der auch ausgewählt wurde, um die ägyptischen Richter zu befragen, die gegen die Regierung aussagten und die Fälschung des Wahlprozesses im November 2005 bestätigten; in der Erwägung, dass in dem Fall, dass Dr. Nur nach der Gerichtsverhandlung in Haft bleibt, ihn eine Ad-hoc-Delegation des Europäischen Parlaments im Gefängnis besuchen sollte,

1.   betont die Bedeutung Ägyptens und der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Ägypten für die Stabilität und die Entwicklung des Europa-Mittelmeer-Raums und begrüßt den politischen Reformprozess, zu dem sich der ägyptische Staat verpflichtet hat;

2.   unterstreicht, dass die Achtung der Menschenrechte ein grundlegender Wert des Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Ägypten ist, und bekräftigt die Bedeutung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft für die Förderung des Rechtsstaats und der Grundfreiheiten;

3.   fordert den ägyptischen Staat auf, im Einklang mit den Gesetzen Ägyptens und im Geiste seines erklärten Wunsches nach mehr politischer Öffnung und politischem Dialog zu handeln; weist aber auf den politischen Zusammenhang hin, in dem dieses Gerichtsverfahren stattfindet;

4.   fordert die ägyptische Regierung nachdrücklich auf, den rechtlichen Rahmen zu reformieren, indem sie Wahlen gemäß internationalen Standards regelt, die Freiheit und Transparenz gewährleisten, und es ermöglicht, dass politische Gruppen gegründet und Organisationen der Bürgergesellschaft repräsentiert werden;

5.   fordert den Rat und die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament praktische Vorkehrungen auszuarbeiten, um die Einhaltung von Artikel 2 durch alle Vertragsparteien des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens regelmäßig zu bewerten und so echten Fortschritt zu erzielen, insbesondere mit Blick auf eine regelmäßige und unparteiische Beobachtung der Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte und des Ausmaßes, in dem Menschenrechtler und Oppositionsführer wie Dr. Ayman Nur Handlungs- und Redefreiheit genießen;

6.   fordert die Freilassung von Dr. Ayman Nur;

7.   betont die positive und gemäßigte Rolle, die Ägypten im Friedensprozess des Nahen Ostens spielt; fordert die Kommission und den Rat auf, diese Rolle zu stärken;

8.   fordert die ägyptische Regierung auf, genaue Zeitpläne und Maßstäbe aufzustellen, um die Fortschritte bei der Umsetzung des Aktionsplans wirksam zu überwachen und dabei Organisationen, die sich im Rahmen des Menschenrechtsnetzwerks Europa-Mittelmeer betätigen, einzubeziehen und anzuhören;

9.   fordert diesbezüglich die Kommission und die ägyptische Regierung eindringlich auf, in den Aktionsplan die Einsetzung eines speziellen Unterausschusses für Menschenrechte im Rahmen des Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Union und Ägypten aufzunehmen und für den Aktionsplan, sobald er angenommen worden ist, einen wirksamen Überwachungsmechanismus zu schaffen;

10.   vertritt die Auffassung, dass die Aufhebung der Notstandsgesetze für die Achtung der Demokratie absolut unverzichtbar ist;

11.   unterstützt nachdrücklich die Aufnahme von Maßnahmen zur Sicherung der Freiheit der Lehre, der Freiheit der Medien und der Freiheit privater religiöser Überzeugungen, die der Diskriminierung zwischen Bürgern aufgrund des Geschlechts, der Religion, der Rasse oder anderer Gründe ein Ende machen, in den Aktionsplan; ist allerdings besorgt über das zunehmende Gewicht des Fundamentalismus in diesem Bereich;

12.   vertritt die Auffassung, dass der Aktionsplan konkrete, messbare und zeitlich festgelegte Verpflichtungen enthalten sollte, selbst wenn dies bedeutet, die Verhandlungen über den vorgeschlagenen Termin für die – zurzeit für den 12. Juni 2006 geplante – Tagung des Assoziationsrats EU-Ägypten hinaus zu verlängern; fordert insbesondere die Kommission und die ägyptische Regierung auf, in dem Aktionsplan heikle Fragen wie die Aufhebung des Notstands, die Verhinderung und Bekämpfung von Folter, die Abschaffung willkürlicher Festnahmen und die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz zur Sprache zu bringen;

13.   fordert das Parlament der Republik Ägypten auf, sich für eine Demokratisierung und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte einzusetzen, damit es in der Region eine Führungsrolle als künftiges Modell einer parlamentarischen Demokratie spielen kann;

14.   bekräftigt seinen in seiner oben genannten Entschließung vom 19. Januar 2006 geäußerten Wunsch, die Lebensbedingungen und die Lage der sudanesischen Flüchtlinge, die am 30. Dezember 2005 in Kairo Opfer von Gewalt wurden, weiter zu beobachten;

15.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Mittelmeerstaaten, die die Erklärung von Barcelona unterzeichnet haben, und dem Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P6_TA(2006)0028.

Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen