Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. April 2008 zu dem Haushaltsrahmen und den Prioritäten für 2009 (2008/2024(BUD))
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der aktualisierten Finanzplanung 2007-2013 der Kommission, die am 31. Januar 2008 gemäß Nummer 46 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung(1) vorgelegt wurde,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über ihre Jährliche Strategieplanung für 2009 (KOM(2008)0072), insbesondere Teil II,
– gestützt auf die oben genannte Interinstitutionelle Vereinbarung (IIV) vom 17. Mai 2006,
– gestützt auf Artikel 272 des EG-Vertrags und Artikel 177 des Euratom-Vertrags,
– gestützt auf Artikel 112 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Haushaltsausschusses (A6-0084/2008),
A. in der Erwägung, dass 2008 das Jahr der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon ist, der im Jahr 2009 in Kraft treten soll und durch den wichtige Politikbereiche von der zwischenstaatlichen Ebene in den Gemeinschaftsrahmen überführt und der Europäischen Union neue Zuständigkeiten übertragen werden, was erhebliche Auswirkungen auf den EU-Haushalt haben wird,
B. in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon nach seiner Ratifizierung das Europäische Parlament im Bereich der Gesetzgebung und des Haushalts endlich mit dem Rat gleichstellen wird; in der Erwägung, dass die Unterscheidung zwischen obligatorischen und nichtobligatorischen Ausgaben wegfallen und das jährliche Haushaltsverfahren als Ganzes infolge der neuen Vertragsbestimmungen grundlegende Änderungen erfahren wird;
C. in der Erwägung, dass es 2009 ein neues Europäisches Parlament und eine neue Kommission geben wird,
1. unterstreicht, dass das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission im Hinblick auf die Anwendung des neuen Vertrags eine Einigung über die an den einschlägigen Haushalts- und Legislativinstrumenten vorzunehmenden Änderungen und über ein neues Regelwerk erzielen müssen, um den reibungslosen Verlauf des neuen Haushaltsverfahrens unter voller Wahrung des im Vertrag von Lissabon festgelegten neuen interinstitutionellen Gleichgewichts zwischen den drei Organen sicherzustellen; ist der Überzeugung, dass mit den Vorbereitungen unbedingt so bald wie möglich, parallel zum Haushaltsverfahren 2009, begonnen werden muss, um für das neue Verfahren für den Haushaltplan 2010 bereit zu sein;
2. stellt fest, dass im Jahr 2008 die Vorbereitungen für die vollständige, weit reichende Überprüfung, die sämtliche Aspekte der EU-Ausgaben, einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, und der Eigenmittel, einschließlich der Ausgleichszahlung an das Vereinigte Königreich und der von den Mitgliedstaaten einbehaltenen Erhebungskosten für die im Auftrag der Europäischen Union erhobenen Zölle, abdeckt, verstärkt werden müssen, damit die Kommission bis 2009 Bericht erstatten kann; erinnert an die in der IIV vom 17. Mai 2006 festgeschriebene Verpflichtung, das Europäische Parlament in allen Phasen an der Überprüfung zu beteiligen und seine Position gebührend zu berücksichtigen;
3. hebt hervor, dass der Grundsatz der Solidarität weiterhin zu den Leitprinzipien der Europäischen Union zählen muss und dass die Solidarität mit den Regionen und die unumgängliche Bereitstellung entsprechender Finanzmittel, in der diese Solidarität ihren Ausdruck findet, als äußerst wichtig angesehen werden; bekräftigt erneut, dass es die Fortschritte, die die Regionen bei ihrer Entwicklung machen, genau verfolgen wird; weist darauf hin, dass die noch ausstehenden Zahlungen in diesem Zusammenhang zu großer Sorge Anlass geben, da sie sehr bald zu haushaltspolitischen Problemen führen könnten;
4. gibt erneut seiner Überzeugung Ausdruck, dass die realen Herausforderungen, vor die sich die Europäische Union und ihre Bürger in Zukunft gestellt sehen, eine flexible Vorgehensweise erfordern, und unterstreicht die Notwendigkeit von Transparenz und Kohärenz zwischen den legislativen Prioritäten und den Haushaltsbeschlüssen; fordert daher die Kommission auf, eine detailliertere Aufschlüsselung der vorgeschlagenen und in Teil II der Jährlichen Strategieplanung zusammengefassten Änderungen an der Finanzplanung vorzunehmen, sodass die betroffenen Haushaltslinien sichtbar werden;
5. nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission bei der Darlegung ihrer politischen Prioritäten in ihrer Mitteilung über die Jährliche Strategieplanung für 2009 Wachstum und Arbeitsplätze, den Klimawandel und die nachhaltige Entwicklung in Europa deutlich in den Vordergrund gestellt hat; unterstreicht, dass diese politischen Prioritäten durch neue Prioritäten im Bereich des Haushalts untermauert werden müssen, damit die Europäische Union eine konkrete Rolle in der Klimapolitik spielen kann; weist jedoch mit Bedauern darauf hin, dass die innerhalb der verschiedenen Ausgabenobergrenzen des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) verbleibenden Margen den Handlungsspielraum für die Finanzierung neuer Prioritäten, wie sie die Kommission vorschlägt, ohne gleichzeitige Gefährdung alter Prioritäten einschränken; fordert die Kommission auf, ausführlichere Informationen über die oben genannten finanziellen Schwierigkeiten vorzulegen;
6. betrachtet die spezielle Regelung für kleine Unternehmen in Europa ("Small Business Act"), die von der Kommission ausgearbeitet wird (siehe KOM(2007)0724), als eine sehr wichtige Strategie zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen; weist darauf hin, dass auch ein Finanzrahmen und Rechtsakte erforderlich sind, um die KMU auf möglichst angemessene Weise zu unterstützen;
7. ist zutiefst beunruhigt darüber, dass die Kommission für 2009 bereits eine Neufestlegung der Prioritätenfolge vorgenommen hat, vor allem bei jenen Rubriken des MFR, die über besonders geringe Margen verfügen; ist sich darüber im Klaren, dass sich eine gewisse Neubewertung der EU-Tätigkeiten auf der Grundlage einer angemessenen Prüfung letzten Endes als unvermeidlich erweisen könnte, da es in Zeiten knapper Mittel möglicherweise nicht mehr vertretbar ist, einfach neue Prioritäten mit aufzunehmen, ohne über zusätzliche Mittel zu verfügen und die alten Prioritäten zuvor einer Bewertung zu unterziehen; unterstreicht jedoch, dass Entscheidungen über eine Neufestlegung der Prioritätenfolge von Parlament und Rat getroffen werden müssen und dass die Kommission dem nicht vorgreifen darf;
8. unterstreicht, dass das Parlament von allen in der IIV vom 17. Mai 2006 vorgesehenen Mitteln, unter anderem von der Möglichkeit, während des MFR-Zeitraums 2007-2013 um 5% von dem im Rechtsakt festgelegten Betrag abzuweichen, Gebrauch machen wird, um seine politischen Prioritäten durchzusetzen; fordert die Kommission auf, bei der Aufstellung des Vorentwurfs des Haushaltsplans (HVE) für 2009 klare, kohärente und aussagekräftige Tätigkeitsübersichten für jeden Politikbereich vorzulegen, um alle zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments in die Lage zu versetzen, die Durchführung und den erwarteten Fortschritt der verschiedenen EU-Programme und -Politiken eingehend zu prüfen;
9. unterstreicht die Bedeutung des Grundsatzes der "wirtschaftlichen Haushaltsführung" und weist darauf hin, dass die Erzielung eines optimalen Kosten-Nutzen-Verhältnisses und ein ergebnisorientierter Haushaltsplan weiterhin ein Ziel bilden; fordert die Kommission auf, einen HVE aufzustellen, der ein realistisches Bild des gesamten Haushaltsbedarfs für 2009, insbesondere in Bezug auf Rubrik 4 des MFR, liefert, und die Haushaltsbehörde über den voraussichtlichen längerfristigen Finanzbedarf zu informieren; möchte daran erinnern, dass das Flexibilitätsinstrument zur Finanzierung unvorhergesehener politischer Herausforderungen dient und im Lauf des Haushaltsverfahrens nicht zur Finanzierung von EU-Politiken und -Tätigkeiten missbraucht werden sollte, die bereits absehbar sind;
10. ist entschlossen, die in Anhang II Teil D der IIV vom 17. Mai 2006 vorgesehenen Beträge für Pilotprojekte und vorbereitende Maßnahmen in voller Höhe zu verwenden, falls Zahl und Umfang der vorgeschlagenen Projekte und Maßnahmen dies erforderlich machen sollten; hält die Pilotprojekte und vorbereitenden Maßnahmen für ein unverzichtbares Instrument des Parlaments, um den Weg für neue Politiken und Tätigkeiten zu bereiten, die im Interesse der europäischen Bürger sind; ist der Ansicht, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Unterstützung für Projekte, die bereits erfolgreich angelaufen sind, zu verstärken; unterstreicht, dass ausreichende Spielräume vorhanden sein müssen, damit das Parlament umfassenden Gebrauch von diesem Instrument im Rahmen der IIV vom 17. Mai 2006 machen kann; beabsichtigt, die Kommission vor der Sommerpause des Parlaments über seine Absichten in Bezug auf Pilotprojekte und vorbereitende Maßnahmen zu informieren;
11. hält eine klare und transparente Darstellung des Haushaltsplans der Europäischen Union für absolut notwendig – auch im Hinblick darauf, dass die europäischen Bürger darüber informiert werden müssen, wie die EU-Gelder ausgegeben werden; ist sich darüber im Klaren, dass das Ziel der Aufstellung des Haushaltsplans nach Tätigkeitsbereichen darin besteht, die finanziellen und personellen Ressourcen den politischen Zielen der jeweiligen Politikbereiche, denen sich die Ausgaben der Kommission zuordnen lassen, anzupassen; ist jedoch beunruhigt darüber, dass es immer schwieriger geworden ist, zwischen operativen Ausgaben und Verwaltungsausgaben der Kommission zu unterscheiden und dass bereits ein erheblicher Betrag an effektiven Verwaltungsausgaben aus operativen Mitteln bestritten wird;
12. stellt wiederum mit Blick auf die Humanressourcen mit Sorge fest, dass die Auslagerungstendenzen der Kommission in Verbindung mit der jüngsten Änderung des Beamtenstatuts dazu geführt haben, dass immer mehr Bedienstete, die von der Europäischen Union eingestellt werden, weder in dem von der Haushaltsbehörde angenommenen Stellenplan des jeweiligen Organs erscheinen noch aus Rubrik 5 des MFR bezahlt werden; bedauert zutiefst diesen Mangel an Transparenz; fordert eine öffentliche, umfassende Diskussion aller Betroffenen über die Zukunft der europäischen Governance;
13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Rechnungshof zu übermitteln.