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Verfahren : 2011/2614(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0168/2011

Aussprachen :

Abstimmungen :

PV 10/03/2011 - 15.3
CRE 10/03/2011 - 15.3

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0100

Angenommene Texte
PDF 123kWORD 38k
Donnerstag, 10. März 2011 - Straßburg
Lage und Kulturerbe in Kashgar (Autonome Uigurische Region Xinjiang, China)
P7_TA(2011)0100RC-B7-0168/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu der Lage und dem Kulturerbe in Kaschgar (Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang, VR China)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu China, vor allem die Entschließungen zu den Menschen- und Minderheitenrechten, insbesondere vom 26. November 2009(1) und 25. November 2010(2),

–  unter Hinweis auf das 13. Gipfeltreffen EU-China vom 6. Oktober 2010 in Brüssel, zu dem das erste Hochrangige Kulturforum EU-China gehörte, mit dem der Kulturdialog zwischen der EU und China und die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gestärkt werden soll,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, die von der Generalversammlung per Resolution Nr. 47/135 vom 18. Dezember 1992 verabschiedet wurde und die vorschreibt, dass die „Staaten (...) die Existenz und die nationale oder ethnische, kulturelle, religiöse und sprachliche Identität der Minderheiten in ihrem Hoheitsgebiet [schützen]“,

–  unter Hinweis auf die Artikel 4, 22 und 119 der Verfassung der Volksrepublik China, die vorsehen, dass der Staat die kulturelle Entwicklung der von Minderheitennationalitäten bewohnten Gebiete unterstützt und wertvolle Kulturdenkmäler und Relikte schützt und das kulturelle Erbe der Nationalitäten geschützt wird,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die chinesische Regierung im Jahr 2009 ein Städtebauprogramm in Höhe von 500 Millionen US-Dollar mit der Bezeichnung „Sanierung baufälliger Häuser in Kaschgar“ angekündigt hat und die an der Seidenstraße gelegene alte Stadt Kaschgar dadurch seit 2009 Schritt für Schritt zerstört wird, da geplant ist, 85 Prozent der traditionellen Altstadt abzureißen, durch moderne Wohnblocks zu ersetzen und die letzten historischen Überbleibsel der Stadt in gemischt sino-uigurische Touristenorte zu verwandeln,

B.  in der Erwägung, dass die Regierung in Peking die Stadt Kaschgar nach wie vor daran hindert, bei der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) den Status als Welterbe zu beantragen, so auch im Rahmen des geplanten länderübergreifenden Antrags auf Schutz mehrerer Kulturstätten entlang der Seidenstraße in Zentralasien,

C.  in der Erwägung, dass die Stadt Kaschgar als uraltes Handels- und Touristenzentrum eine weltweit bedeutsame Stätte mit einem einzigartigen architektonischen Erbe von historischer und geografischer Bedeutung ist,

D.  in der Erwägung, dass Kaschgar für die kulturelle Identität der in der Region ansässigen Bevölkerungsgruppen der Uiguren und der Hui wie auch für die kulturelle Vielfalt Chinas von hohem symbolischem Wert ist,

E.  in der Erwägung, dass sich aus der Begründung des Sanierungsprogramms, es handele sich dabei um Baumaßnahmen für den Erdbebenschutz, nicht ergibt, dass traditionelle Gebäude vollständig abgerissen werden müssen, sondern auch unter Bewahrung des kulturellen Erbes saniert werden könnte,

F.  in der Erwägung, dass die Regierung in Peking in anderen Teilen Chinas im Rahmen ihrer unterschiedlichen lokalen „Entwicklungspläne“ eine Modernisierung mit der Abrissbirne betrieben hat, bei der historische Gebäude unwiederbringlich zerstört und die Bewohner umgesiedelt wurden, ohne dass dabei auf den Verlust eines unschätzbaren historischen und kulturellen Erbes Rücksicht genommen oder einer Erhaltung wichtiger Gebäude und bedeutender Architektur in denkmalgeschützten Gebieten oder in Museen Vorrang eingeräumt worden wäre, damit Zeugnisse der Jahrtausende währenden historischen und kulturellen Entwicklung Chinas für künftige Generationen und die ganze Welt erhalten bleiben,

G.  in der Erwägung, dass die Regierung in Peking fortwährend eine repressive Politik gegenüber Volksgruppen und deren Kultur im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang betreibt, die in der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste von Uiguren bei den Unruhen im Jahr 2009 in Urumtschi einen traurigen Höhepunkt erreicht haben,

H.  in der Erwägung, dass die Bevölkerungsgruppen der Uiguren und der Hui unter anhaltenden Menschenrechtsverletzungen zu leiden haben und dass vielen von ihnen eine angemessene politische Vertretung und kulturelle Selbstbestimmung vorenthalten wird,

1.  fordert die chinesische Regierung auf, die kulturelle Zerstörung des architektonischen Erbes von Kaschgar umgehend zu beenden und Sachverständige damit zu beauftragen, eingehend Sanierungsmethoden zu prüfen, mit denen das kulturelle Erbe bewahrt wird;

2.  fordert die chinesische Regierung auf, alle Zwangsumsiedlungen und die durch den Abriss von Wohngebieten bedingte soziale Ausgrenzung der uigurischen Bevölkerung von Kaschgar einzustellen sowie alle bisherigen Leidtragenden dieser Politik angemessen zu entschädigen;

3.  fordert die chinesischen Staatsorgane auf, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um einen echten Dialog zwischen Han-Chinesen und Uiguren einzuleiten und bei ihren wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Xinjiang verstärkt auf Integration zu setzen, die Eigenverantwortung zu stärken und die kulturelle Identität der uigurischen Bevölkerung zu schützen;

4.  fordert die chinesische Regierung auf, ihren verfassungsmäßigen Verpflichtungen nachzukommen und die kulturellen Traditionen Kaschgars und des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang zu fördern, die sehr stark durch die uigurische Identität geprägt sind;

5.  fordert die staatlichen Stellen Chinas auf, verstärkt Maßnahmen zu ergreifen, um illegalen Handel und Schmuggel zu unterbinden, die zum Verlust des zivilisatorischen Erbes Chinas beitragen;

6.  fordert den chinesischen Kulturminister auf, die geltenden Bestimmungen und Gesetze zum Schutz kultureller Relikte einer Überprüfung zu unterziehen, sodass der sich derzeit wandelnden Lebensweise der ethnischen Minderheiten Rechnung getragen wird, die gelegentlich in Unkenntnis ihres kulturellen Schatzes in unangemessener Weise davon Gebrauch machen oder auf den Schutz ihres kulturellen Erbes verzichten; stellt fest, dass eine landesweite Aufklärungskampagne zu diesem Thema gefördert werden sollte;

7.  fordert die chinesische Regierung nachdrücklich auf, die Möglichkeit zu prüfen, dass sich die Stadt Kaschgar dem gemeinsamen Antrag Kasachstans. Kirgisistans, Tadschikistans und Usbekistans auf die Aufnahme der Seidenstraße in die UNESCO-Liste des Welterbes anschließt;

8.  fordert die chinesische Regierung auf, alle diskriminierenden und repressiven politischen Maßnahmen gegenüber den Bevölkerungsgruppen der Uiguren und der Hui zu beenden und deren Grundrecht auf freie kulturelle Entfaltung zu achten, und zwar insbesondere im Hinblick auf Tursunjan Hezim, einen ehemaligen Geschichtslehrer, der in einem Geheimprozess zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde, und auf andere engagierte Bürger, gegen die in den vergangenen Monaten Schuldsprüche ergangen sind;

9.  fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, zusätzliche Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte zum Schutz der Menschenrechte und der kulturellen Rechte der ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten Chinas zu entwerfen;

10.  fordert die EU-Vertreter und die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Gespräche mit der Volksrepublik China über Menschen- und Minderheitenrechte auszuweiten und zu intensivieren sowie den Menschenrechtsdialog wirksamer und ergebnisorientierter zu gestalten;

11.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, der UNESCO, dem Nationalen Volkskongress (und seinem Ständigen Ausschuss) der Volksrepublik China und dem Ständigen Ausschuss der Kommunistischen Partei Chinas im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang zu übermitteln.

(1) ABl. C 285 E vom 21.10.2010, S. 80.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0449.

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