Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2011/2678(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : B7-0296/2011

Eingereichte Texte :

B7-0296/2011

Aussprachen :

PV 11/05/2011 - 16
CRE 11/05/2011 - 16

Abstimmungen :

PV 12/05/2011 - 12.8
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0237

Angenommene Texte
PDF 132kWORD 43k
Donnerstag, 12. Mai 2011 - Straßburg
Ergänzung der ILO-Konvention durch eine Empfehlung zu Hausangestellten
P7_TA(2011)0237B7-0296/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Mai 2011 zu dem vorgeschlagenen und durch eine Empfehlung ergänzten IAO-Übereinkommen über Hausangestellte

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Anfrage an die Kommission vom 24. Februar 2011 zu dem IAO-Übereinkommen über Hausangestellte (O-000092/2011 – B7-0305/2011),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. März 2006 zu den demografischen Herausforderungen und der Solidarität zwischen den Generationen(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2008 zu der Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Oktober 2010 zu Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. Oktober 2010 zu der Bedeutung des Mindesteinkommens für die Bekämpfung der Armut und die Förderung einer integrativen Gesellschaft in Europa(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2010 zu atypischen Verträgen, gesicherten Berufslaufbahnen, Flexicurity und neuen Formen des sozialen Dialogs(5),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (Rahmenrichtlinie)(6) und auf ihre Einzelrichtlinien,

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 24. Mai 2006 mit dem Titel „Menschenwürdige Arbeit für alle fördern – der Beitrag der Europäischen Union zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit“ (KOM(2006)0249) und unter Hinweis auf die Entschließung des Parlaments vom 23. Mai 2007(7) zu dem Thema „Menschenwürdige Arbeit für alle fördern“,

–  in Kenntnis der für die 99. Tagung der Internationalen Arbeitsorganisation im Juni 2010 erstellten Berichte IV(1) und IV(2) der Internationalen Arbeitsorganisation mit dem Titel „Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte“ sowie der für die 100. Tagung der Internationalen Arbeitsorganisation im Juni 2011 erstellten Berichte IV(1) (so genannter „Brown Report“) und IV(2) (in zwei Teilen veröffentlichter so genannter „Blue report“),

–  in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Professionalisierung der Hausarbeit“ (ergänzende Stellungnahme)(8),

–  unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und insbesondere auf Artikel 4 Absatz 1 betreffend das Verbot der Sklaverei und der Leibeigenschaft und Artikel 14 betreffend das Diskriminierungsverbot,

–  unter Hinweis auf das Europäische Übereinkommen über die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer von 1977,

–  unter Hinweis auf das Europäische Übereinkommen über die Au-Pair-Beschäftigung von 1969,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung 1663(2004) zur Erstellung einer Europäischen Charta der Rechte von Hausangestellten,

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Krise Millionen von Arbeitsplätzen zunichte gemacht sowie Beschäftigungsunsicherheit und Armut verschärft hat; in der Erwägung, dass 17 % der EU-Bevölkerung von Armut bedroht sind und dass 23 Millionen Einwohner der EU arbeitslos sind,

B.  in der Erwägung, dass in einigen Ländern ein Großteil der Hausarbeit in der Schattenwirtschaft in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und/oder als nicht angemeldete Erwerbstätigkeit geleistet wird,

C.  in der Erwägung, dass in den Industrieländern auf die Hausarbeit zwischen 5 und 9 % aller Arbeitsplätze entfallen; in der Erwägung, dass die meisten Erwerbstätigen in diesem Bereich Frauen sind; in der Erwägung, dass diese Arbeit unterbewertet wird, unterbezahlt ist und dass es sich bei ihr um Schwarzarbeit handelt und dass die Schutzlosigkeit der Hausangestellten bedeutet, dass sie oft diskriminiert werden sowie leicht ungleich und unfair behandelt und missbraucht werden können,

D.  in der Erwägung, dass Wanderarbeitnehmer, die eine befristete Beschäftigung für Geringqualifizierte an der Peripherie des Arbeitsmarktes oder eine Beschäftigung als Hausangestellte annehmen, gegebenenfalls einer mehrfachen Diskriminierung ausgesetzt sind, weil sie häufig unter schlechten, irregulären Bedingungen arbeiten; in der Erwägung, dass Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Misshandlung, die unregelmäßige Bezahlung, den sexuellen Missbrauch von Wanderarbeitnehmern und Gewaltakte gegen sie zu minimieren; in der Erwägung, dass sie sich ihrer Rechte oftmals nicht bewusst sind, eingeschränkten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen haben oder Probleme beim Zugang haben, die Landessprache nicht hinreichend beherrschen und ihnen soziale Netze fehlen und in der Erwägung, dass Hausangestellte, die ihre Arbeitgeber aus einem Drittland begleiten, besonders schutzbedürftig sind,

E.  in der Erwägung, dass mit dem Übereinkommen die Hausarbeit als Arbeit rechtlich anerkannt werden soll, die Rechte auf alle Hausangestellten ausgedehnt und Verstöße und Missbrauch verhindert werden sollen, damit ein Rechtsrahmen für alle Hausangestellten entsteht und sichergestellt wird, dass sie ihre Arbeit nicht außerhalb des Rechtsrahmens leisten,

F.  in der Erwägung, dass viele Arbeitgeber von Hausangestellten in Bezug auf arbeitsrechtliche Bestimmungen, den sozialen Schutz und Pflichten der Arbeitgeber von Hausangestellten selbst nur über ein mangelndes Wissen verfügen oder nur unzureichend beraten und unterstützt werden,

G.  in der Erwägung, dass Au-pair-Kräfte eine Gruppe von Hausangestellten sind, die oftmals nicht als reguläre Arbeitnehmer betrachtet werden; in der Erwägung, dass zahlreiche Berichte darauf hindeuten, dass dies zu Missbrauch führen kann, indem Au-pair-Kräfte beispielsweise dazu gezwungen werden, zu viele Stunden zu arbeiten; in der Erwägung, dass Au-pair-Kräfte denselben Schutz wie andere Hausangestellte genießen müssen,

1.  begrüßt und unterstützt die Initiative der IAO, ein durch eine Empfehlung ergänztes Übereinkommen über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte anzunehmen; fordert die EU-Mitgliedstaaten, die Mitglieder der IAO sind, auf, diese Instrumente auf der Tagung der IAO im Juni 2011 anzunehmen; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen und die Empfehlung rasch zu ratifizieren und umzusetzen;

2.  ist der Ansicht, dass die Annahme, Ratifizierung und Umsetzung eines IAO-Übereinkommens über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte zu einer Verringerung des Anteils der in Armut lebenden Erwerbstätigen führen kann;

3.  vertritt die Auffassung, dass die Annahme, Ratifizierung und Umsetzung eines derartigen Übereinkommens die Bedürfnisse einer der schutzbedürftigsten Arbeitnehmergruppen berücksichtigen würde;

4.  ist der Ansicht, dass die Annahme, Ratifizierung und Umsetzung eines derartigen Übereinkommens nicht nur die Stellung einer Vielzahl von Frauen auf dem Arbeitsmarkt für Hausarbeit verbessern würde, indem ihnen menschenwürdige Arbeitsbedingungen garantiert würden, sondern auch ihre soziale Eingliederung verstärkt würde;

5.  unterstützt uneingeschränkt den sich auf Rechte stützenden Ansatz für die Beschäftigung, der in dem Textentwurf des Übereinkommens und der Empfehlung verfolgt wird; erkennt an, dass der Schwerpunkt auf der Schaffung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen für Hausangestellte liegt, und unterstützt die in dem Übereinkommen gewählte Begriffsbestimmung von Hausangestellten; begrüßt die Tatsache, dass in dem Übereinkommen eindeutig festgelegt ist, dass jeder Arbeitnehmer, der unter diese Begriffsbestimmung fällt, das Recht auf eine Behandlung hat, die im Einklang mit den Kernarbeitsnormen, der sozialen Sicherheit, der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung während der Arbeitssuche oder während eines Beschäftigungsverhältnisses, dem Schutz gegen missbräuchliche Praktiken von Arbeitsvermittlungen, der Ausbildung und dem beruflichen Aufstieg, dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit am Arbeitsplatz, dem Mutterschutz und den Regelungen über Arbeits- und Ruhezeiten, dem Schutz gegen Missbrauch und Belästigung, der Vereinigungs- und Vertretungsfreiheit, den Tarifverhandlungen und Kollektivmaßnahmen und dem lebenslangen Lernen steht; unterstützt, dass in dem Übereinkommen ein Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung und die Beseitigung von Lohnunterschieden aufgrund des Geschlechts und der ethnischen Herkunft gefordert werden;

6.  fordert, dass für einen breiteren Zugang zu leicht verfügbaren und erschwinglichen qualitativ hochwertigen Kinder- und Altenbetreuungseinrichtungen gesorgt wird, damit gewährleistet wird, dass die Arbeitnehmer nicht gezwungen werden, diese Tätigkeiten informell zu verrichten; betont zudem die Notwendigkeit, prekäre Arbeitsplätze im Bereich der häuslichen Betreuung nach Möglichkeit in menschenwürdige, gut bezahlte und nachhaltige Arbeitsplätze umzuwandeln;

7.  fordert die Ausarbeitung einer Kampagne für eine schrittweise Überführung von Arbeitnehmern in prekären Beschäftigungsverhältnissen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse; fordert dazu auf, einem Programm zuzustimmen, mit dem die Arbeitnehmer über die Auswirkungen prekärer Arbeitsverhältnisse, einschließlich der Folgen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, aufgeklärt werden;

8.  ist der Auffassung, dass stabilere Beschäftigungsformen für Hausangestellte, die in Familien beschäftigt sind, entstehen würden, wenn bewährte Verfahren einiger Regionen oder Mitgliedstaaten, z. B. Musterverträge, genutzt würden;

9.  vertritt die Ansicht, dass der Schwerpunkt des Übereinkommens auf der Förderung produktiver und lohnender hochqualifizierter Beschäftigungsverhältnisse und der Entwicklung arbeitsrechtlicher Bestimmungen liegen sollte, die die Rechte von Hausangestellten wirksam schützen, ihre Gleichbehandlung garantieren, einen höchstmöglichen Schutz bieten und ihre persönliche Würde sicherstellen;

10.  stellt fest, dass der steigende Anteil der Nicht-Standard-Verträge bzw. atypischen Verträge eine erhebliche geschlechts- und generationenbezogene Dimension hat und dass dies im Wortlaut des Übereinkommens und der Empfehlung anerkannt werden sollte;

11.  weist darauf hin, dass hohe Arbeitslosigkeit und die Segmentierung des Arbeitsmarktes beseitigt werden müssen, indem alle Arbeitnehmer gleiche Rechte erhalten und in die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Qualifizierung und das lebenslange Lernen investiert wird;

12.  unterstreicht, dass die Bekämpfung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit von Maßnahmen zur Schaffung tragbarer und nachhaltiger Beschäftigungsalternativen und zur Förderung des Zugangs zum offenen Arbeitsmarkt, auch durch echte selbständige Tätigkeit, flankiert sein sollte;

13.  ist der Ansicht, dass in das Übereinkommen Maßnahmen aufgenommen werden sollten, die alle Menschen, einschließlich der schwächsten und am stärksten benachteiligten, in die Lage versetzen, effektiven Zugang zum offiziellen Arbeitsmarkt und zur Chancengleichheit zu haben;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die Internationale Konvention über den Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 18. Dezember 1990(9) angenommen wurde, zu ratifizieren;

15.  ist der Ansicht, dass das Problem der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit gelöst werden muss; nimmt zur Kenntnis, dass der Hausarbeitssektor durch ein hohes Maß an Informalität und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit gekennzeichnet ist, dass viele Wanderarbeitnehmer in diesem Bereich tätig sind und dass oft gegen ihre Rechte verstoßen wird; hält es ferner für wesentlich, prekäre Arbeitsverhältnisse im Allgemeinen zu bekämpfen, weil dieses Problem Wanderarbeitnehmer im Besonderen betrifft und sich dadurch ihre bereits schwierige Lage weiter verschlechtert;

16.  ist der Auffassung, dass es erforderlich sein könnte, die Rechtsvorschriften anzupassen, um flexible und sichere vertragliche Vereinbarungen zu erzielen, die die Gleichbehandlung garantieren; hält es für wesentlich, die spezifische Lage von Wanderarbeitnehmern und ihren Familien zu untersuchen;

17.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und der IAO zu übermitteln.

(1) ABl. C 292 E vom 1.12.2006, S. 131.
(2) ABl. C 41 E vom 19.02.2009, S. 14.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0365.
(4) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0375.
(5) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0263.
(6) ABl. L 183 vom 29.06.1989, S. 1.
(7) ABl. C 102 E vom 24.4.2008, S. 321.
(8) EESC/SOC/372, 26. Mai 2010.
(9) A/RES/45/158.

Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen