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Verfahren : 2011/2909(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0595/2011

Aussprachen :

PV 17/11/2011 - 11.2
CRE 17/11/2011 - 11.2

Abstimmungen :

PV 17/11/2011 - 12.2

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0518

Angenommene Texte
PDF 126kWORD 39k
Donnerstag, 17. November 2011 - Straßburg
Ägypten, insbesondere der Fall des Bloggers Alaa Abdel Fattah
P7_TA(2011)0518RC-B7-0595/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. November 2011 zu Ägypten, insbesondere dem Fall des Bloggers Alaa Abdel Fattah

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere vom 17. Februar 2011 zur Lage in Ägypten(1) und vom 27. Oktober 2011 zur Lage in Ägypten und Syrien, insbesondere in Bezug auf die christlichen Gemeinschaften(2),

–  unter Hinweis auf das Assoziationsabkommen zwischen der EU und Ägypten, insbesondere dessen Artikel 2,

–  unter Hinweis auf die Artikel 10, 18 und 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–  unter Hinweis auf Artikel 14 Absatz 1 and Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu dessen Vertragsparteien Ägypten gehört,

–  unter Hinweis auf Artikel 6 und 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) von 1950,

–  unter Hinweis auf die VN-Erklärung über die Beseitigung jeglicher Form von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder des Glaubens von 1981,

–  in Kenntnis der Leitlinien der Europäischen Union für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern,

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, vom 10. Oktober 2011 zur Gewalt in Ägypten,

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 21. Februar 2011, in denen die Hohe Vertreterin Catherine Ashton aufgefordert wurde, über die beschlossenen Maßnahmen und konkreten Vorschläge Bericht zu erstatten, um die Aktionen der Europäischen Union zur Förderung und zum Schutz von Religions- und Glaubensfreiheit weiter zu verstärken,

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 10. Oktober 2011 sowie der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 23. Oktober 2011 zu Ägypten,

–  unter Hinweis auf seine Jahresberichte über die Lage der Menschenrechte weltweit und insbesondere auf seine Entschließung vom 16. Dezember 2010 zum Jahresbericht über die Lage der Menschenrechte weltweit 2009,

–  gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass am 30. Oktober 2011 der Militärstaatsanwalt eine Befragung des Bloggers Alaa Abdel Fattah beantragt hatte und anschließend dessen Untersuchungshaft für 15 Tage in der Berufungshaftanstalt Bab El-Chalq in Kairo anordnete, nachdem er der „Anstiftung zur Gewalt gegen die Streitkräfte“, des „Angriffs auf Militärangehörige“ und der „Zerstörung militärischen Eigentums“ während der Maspero-Zusammenstöße beschuldigt wurde, die mit einer friedlichen Demonstration für die Rechte der koptischen Christen am 9. Oktober 2011 in Kairo begannen und in deren Verlauf mindestens 25 ägyptische Staatsbürger getötet und mehr als 300 verletzt wurden; in der Erwägung, dass mehr als 30 andere Zivilisten in dem gleichen Gerichtsverfahren inhaftiert wurden;

B.  in der Erwägung, dass am 3. November 2011 das Rechtsmittelgericht des Militärs die Haft von Alaa Abdel Fattah für 15 Tage bestätigt hat, er anschließend in die Haftanstalt Tora überführt wurde und am 13. November seine Haft für 15 Tage vorbehaltlich weiterer Untersuchungen verlängert wurde;

C.  in der Erwägung, dass Alaa Abdel Fattah es abgelehnt hat, Fragen des Militärgerichts zu den Ereignissen zu beantworten, wobei er erklärte, dass er nur einem unparteiischen Zivilgericht antworten werde und das Militärgericht kein Recht und keine Zuständigkeit habe, Zivilisten zu befragen;

D.  in der Erwägung, dass jedermann Anspruch darauf haben muss, dass durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird,

E.  in der Erwägung, dass Alaa Abdel Fattah bereits im Jahr 2006 unter dem Mubarak-Regime für 45 Tage inhaftiert war, nachdem er an einer Protestaktion zur Unterstützung einer unabhängigen Justiz teilgenommen hatte;

F.  in der Erwägung, dass der inhaftierte Blogger Maikel Nabil Sanad seinen Hungerstreik fortsetzt und sich in einem kritischen Zustand befindet; in der Erwägung, dass das Rechtsmittelgericht des Militärs am 11. Oktober 2011 entschieden hat, seine Verurteilung zu drei Jahren Haft aufzuheben, und ein neues Gerichtsverfahren angeordnet hat; in der Erwägung, dass bei der zweiten Anhörung im Rahmen dieses neuen Verfahrens am 1. November 2011 sein Gerichtsverfahren auf den 13. November 2011 und an diesem Tag dann wieder bis zum 27. November 2011 vertagt wurde, da er es wegen seiner ablehnenden Haltung zur Durchführung von Verfahren gegen Zivilisten vor Militärgerichten erneut abgelehnt hat, mit dem Militärgericht zusammenzuarbeiten;

G.  in der Erwägung, dass sich Ägypten in einer kritischen Phase des Übergangs zur Demokratie befindet und in diesem Prozess mit erheblichen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert ist;

H.  in der Erwägung, dass die sozialen Medien eine wichtige Rolle im „Arabischen Frühling“ und auch in Ägypten gespielt haben; in der Erwägung, dass Blogger, Journalisten und Menschenrechtsverteidiger weiterhin Ziele von Schikanen und Einschüchterungen in Ägypten sind;

I.  in der Erwägung, dass Meldungen von Menschenrechtsorganisationen zufolge seit März 2011 in Ägypten gegen mehr als 12 000 Zivilisten Verfahren vor Militärgerichten durchgeführt wurden; in der Erwägung, dass in Ägypten auf der Grundlage der Notstandsgesetze verhaftete Zivilisten weiterhin vor Militärgerichte gestellt werden, die den Mindeststandards eines fairen Verfahrens und dem Recht auf Verteidigung nicht gerecht werden; in der Erwägung, dass die große Mehrheit der ägyptischen, sich für die Menschenrechte einsetzenden nichtstaatlichen Organisationen, Juristenverbände und Persönlichkeiten des politischen Lebens aus allen politischen Lagern darauf beharren, dass Verfahren gegen Zivilisten vor Zivilgerichten durchgeführt werden müssen, um ein ordnungsgemäßes Verfahren zu gewährleisten;

J.  in der Erwägung, dass die Europäische Union ihr Eintreten für Meinungs-, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit wiederholt deutlich gemacht und betont hat, dass es überall in der Welt Aufgabe der Regierungen ist, diese Freiheiten zu garantieren;

1.  fordert die ägyptischen Behörden nachdrücklich auf, Alaa Abdel Fattah unverzüglich freizulassen, der sich in Haft befindet, weil er es ablehnte, Fragen des Militärgerichts im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 9. Oktober 2011 zu beantworten, da dieses Gericht von ihm nicht als unparteiisches und rechtmäßiges Gericht betrachtet wird; fordert die ägyptischen Behörden auf, zu gewährleisten, dass Blogger, Journalisten und Menschenrechtsverteidiger in Ägypten nicht Opfer unmittelbarer oder mittelbarer Schikanen und Einschüchterungen werden;

2.  verurteilt die gerichtlichen Schikanen gegen Alaa Abdel Fattah durch die Militärjustiz auf das Schärfste; fordert den Obersten Rat der Streitkräfte (SCAF) erneut auf, die Notstandsgesetze unverzüglich aufzuheben und die Rechtsprechung durch Militärgerichte in Bezug auf Zivilisten zu beenden sowie unverzüglich alle aus Gesinnungsgründen von Militärgerichten inhaftierten Personen und politischen Gefangenen freizulassen; betont, dass vor Militärgerichten, die nicht die grundlegenden Verfahrensstandards einhalten, keine Verfahren gegen Zivilisten durchgeführt werden sollten;

3.  fordert die staatlichen Organe Ägyptens auf, unparteiische Gerichte im Sinne von Artikel 10 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 zu garantieren: „Jeder hat bei der Feststellung seiner Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.“;

4.  bekräftigt seine Forderung nach einer unabhängigen, eingehenden und transparenten Untersuchung der Maspero-Zusammenstöße, die mit einer friedlichen Demonstration für die Rechte der koptischen Christen am 9. Oktober 2011 in Kairo begannen, wobei diese Untersuchung von einer unabhängigen und unparteiischen Ziviljustiz durchgeführt werden sollte, sodass alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können, und spricht den Opfern und ihren Angehörigen erneut seine Anteilnahme aus; fordert die staatlichen Organe Ägyptens nachdrücklich auf, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der verschiedenen Untersuchungen sicherzustellen, indem sie eine angemessene Aufsicht zulassen;

5.  bekräftigt seine Solidarität mit dem ägyptischen Volk in dieser kritischen Zeit des Übergangs zur Demokratie im Land und unterstützt weiterhin dessen legitime demokratische Bestrebungen; fordert die staatlichen Organe Ägyptens auf, die umfassende Achtung der Grundrechte, einschließlich der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, der Meinungsfreiheit, der Freiheit des Internets sowie der Versammlungs-  und Vereinigungsfreiheit zu gewährleisten;

6.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung der Arabischen Republik Ägypten zu übermitteln.

(1) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0064.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0471.

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