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Verfahren : 2011/2904(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B7-0006/2012

Aussprachen :

PV 19/01/2012 - 3
CRE 19/01/2012 - 3

Abstimmungen :

PV 19/01/2012 - 10.11
CRE 19/01/2012 - 10.11

Angenommene Texte :

P7_TA(2012)0012

Angenommene Texte
PDF 141kWORD 54k
Donnerstag, 19. Januar 2012 - Straßburg
Ungleichgewichte in der Lebensmittelversorgungskette
P7_TA(2012)0012RC-B7-0006/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2012 zu den Ungleichgewichten in der Lebensmittelversorgungskette

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2010 zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013(1), seine Entschließung vom 18. Januar 2011 zur Anerkennung der Landwirtschaft als Sektor von strategischer Bedeutung für die Ernährungssicherheit(2), seine Entschließung vom 23. Juni 2011 zu dem Thema „Die GAP bis 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete – die künftigen Herausforderungen“(3) und seine Entschließung vom 5. Juli 2011 zu dem Thema „Mehr Effizienz und Fairness auf dem Einzelhandelsmarkt“(4),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ (COM(2009)0591) und die verschiedenen dieser Mitteilung beigefügten Arbeitsdokumente sowie unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. September 2010 zu dem Thema „Gerechte Einkommen für Landwirte: Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“(5) und seine Entschließung vom 19. Januar 2012 zur Versorgungskette für landwirtschaftliche Betriebsmittel(6),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr(7),

–  in Kenntnis des Beschlusses der Kommission vom 30. Juli 2010 zur Einrichtung eines Hochrangigen Forums für die Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette(8),

–  unter Hinweis auf die abschließenden Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe für die Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelindustrie vom 17. März 2009 und die Schlussfolgerungen vom 29. März 2010 zu dem Thema „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“,

–  unter Hinweis auf die Eurostat-Daten über Preisindizes für die Mittel der landwirtschaftlichen Erzeugung (Betriebsmittelkosten) und die Preisindizes für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Erzeugnispreise)(9),

–  unter Hinweis auf seine Erklärung vom 19. Februar 2008 zur Untersuchung des Machtmissbrauchs durch große Supermarktketten, die in der Europäischen Union tätig sind, und zu entsprechenden Abhilfemaßnahmen(10) sowie seine Entschließung vom 26. März 2009 zu den Lebensmittelpreisen in Europa(11),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle von 2008 über landwirtschaftliche Systeme mit geringem Betriebsmitteleinsatz und eine Chance für die Entwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft(12),

–  unter Hinweis auf den Bericht „Agribusiness and the right to food“ (Die Agrar- und Ernährungswirtschaft und das Recht auf Nahrung) des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für das Recht auf Nahrung,

–  gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ (COM(2009)0591) erhebliche Ungleichgewichte in Bezug auf die Verhandlungsmacht festgestellt wurden, die sich in unfairen Handelspraktiken niederschlagen, wie verspätete Zahlungen, einseitige Vertragsänderungen, unlautere Vertragsbedingungen, beschränkter Zugang zum Markt, Mangel an Informationen über die Preisbildung, ungleiche Verteilung der Gewinnmargen in der gesamten Lebensmittelkette, Missbrauch der Marktmacht durch Lieferanten oder Käufer, wie Kartelle, Verkaufpreisbindungen und Einkaufverbünde;

B.  in der Erwägung, dass die starke Konzentration sehr großer Einzelhändler in der Europäischen Union nachteilige Auswirkungen auf die Erzeuger und anderen Lieferanten hat, da sie zu wachsenden Ungleichgewichten in Bezug auf die Verhandlungsmacht der Vertragsparteien führt; in der Erwägung, dass die Verhandlungsposition der landwirtschaftlichen Erzeuger und der Verarbeitungsbetriebe immer schwächer wird, was das Preisniveau im Rahmen der Wertschöpfungskette betrifft – von der Primärproduktion über die Verarbeitung bis zum Endverbraucher; in der Erwägung, dass eine übermäßige Konzentration für die Produktvielfalt, das kulturelle Erbe, kleine Einzelhandelsgeschäfte, Arbeitsplätze und Existenzgrundlagen verheerende Folgen hat;

C.  in der Erwägung, dass sich die Einkommensprobleme der Landwirte weiter verschärfen, die von den Verbrauchern für die Erzeugnisse gezahlten Preise nicht den Preisen entsprechen, die den Landwirten für ihre Erzeugung gezahlt werden, und dass dadurch die Investitions- und Innovationsfähigkeit der Landwirte beeinträchtigt wird und möglicherweise viele Landwirte veranlasst werden, ihre Tätigkeit aufzugeben;

D.  in der Erwägung, dass der Verlust von Verhandlungsmacht, der Anstieg der Produktionskosten und die Tatsache, dass diese Kosten in der Lebensmittelversorgungskette nicht wettgemacht werden können, das Überleben landwirtschaftlicher Betriebe gefährden und infolgedessen das langfristige Produktionspotenzial in den Mitgliedstaaten schwächen kann, wodurch sich die Abhängigkeit von Außenmärkten verstärken kann;

E.  in der Erwägung, dass ausgewogene Handelsbeziehungen nicht nur das Funktionieren der Lebensmittelversorgungskette verbessern würden, sondern dass davon – aufgrund der stärkeren Wettbewerbsfähigkeit – auch die Landwirte und letztendlich auch die Verbraucher profitieren würden;

F.  in der Erwägung, dass die jüngsten Schwankungen der Lebensmittel- und Rohstoffpreise Bedenken im Hinblick auf die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungsketten in Europa und weltweit hervorgerufen und die Unsicherheit der Einkommen und langfristiger Investitionen der Landwirte verstärkt haben;

G.  in der Erwägung, dass von den niedrigen Erzeugerpreisen nicht einmal die Verbraucher profitieren, was der zunehmend schlechteren Verhandlungsposition der Landwirte in der Lebensmittelkette geschuldet ist – vor allem in Bezug auf Qualitätsanforderungen, Arbeitnehmerrechte sowie Umwelt- und Tierschutznormen, die von den europäischen Landwirten eingehalten werden müssen und bei eingeführten Agrarerzeugnissen oft nicht in derselben Weise angewendet werden;

H.  in der Erwägung, dass die Wettbewerbsbehörden in zahlreichen Mitgliedstaaten festgestellt haben, dass die Ungleichgewichte in der Lebensmittelversorgungskette vor allem in folgenden vier Hauptbereichen besonders heikel sind: die einseitige Vorgabe von Vertragsbedingungen, Rabattpraktiken, Sanktionen und Zahlungsbedingungen;

1.  betont, dass das Problem der Ungleichgewichte in der Lebensmittelversorgungskette eine eindeutige europäische Dimension aufweist, die angesichts der strategischen Bedeutung der Lebensmittelkette für die Europäische Union nach einer spezifischen europäischen Lösung verlangt; weist darauf hin, dass auf Lebensmittelversorgungskette, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie und Vertrieb 7 % der Gesamtbeschäftigung in der Union entfallen, dass hier pro Jahr ein Gesamtumsatz von 1,4 Mrd. EUR erwirtschaftet wird – mehr als in jedem anderen Produktionssektor der Union – und der Anteil des Agrarsektors an der Wertschöpfung in der Lebensmittelversorgungskette von 31 % im Jahr 1995 auf 24 % im Jahr 2005 in der EU-25 gefallen ist;

2.  weist auf die laufenden Arbeiten des Hochrangigen Forums für die Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette und insbesondere seiner B2B-Plattform hin; fordert, dass es formell und regelmäßig über den Fortschritt der Arbeit und die getroffenen Entscheidungen unterrichtet wird;

3.  unterstützt die gute Arbeit der Sachverständigen des Hochrangigen Forums über B2B-Vertragspraktiken zur Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette, vor allem zur Definition, Auflistung und Bewertung von offenkundig unlauteren Geschäftspraktiken auf der Basis von Daten und konkreten Beispielen; fordert, dass Initiativen zur Förderung des Dialogs zwischen den Parteien in diesem Bereich nachdrücklich unterstützt werden; begrüßt den Umstand, dass die Interessenträger Grundsätze zur Steuerung bewährter Verfahren vereinbart haben, die dem Hochrangigen Forum am 29. November 2011 vorgelegt wurden, und fordert nachdrücklich, dass Durchführungsmaßnahmen getroffen werden;

4.  fordert die Kommission auf, bei Bedarf solide EU-Vorschriften vorzuschlagen, die nicht das korrekte Funktionieren der Märkte verzerren, damit faire und transparente Beziehungen zwischen Erzeugern, Lieferanten und Vertreibern von Lebensmittelerzeugnissen sichergestellt sind, sowie die bereits geltenden Vorschriften korrekt umzusetzen, nicht zuletzt weil die jüngsten Eurostat-Daten über die Einkommen in der Landwirtschaft zeigen, dass seit 2009 bei den Einkommen in der Landwirtschaft in der EU ein Rückgang von 11,6 % zu verzeichnen ist, während die Betriebsmittelkosten für EU-Landwirte zwischen 2000 und 2010 durchschnittlich um fast 40 % gestiegen sind;

5.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich gegen das Problem der ungerechten Verteilung der Gewinne in der Lebensmittelversorgungskette vorzugehen, vor allem im Hinblick auf angemessene Einkommen für die Landwirte; sieht ein, dass den Landwirten als Anreiz für eine nachhaltige Produktion ein finanzieller Ausgleich für ihre Investitionen und ihr Engagement in diesen Bereichen gewährt werden muss; betont, dass ein Klima der Zusammenarbeit geschaffen werden sollte, anstatt den Kräfteverhältnissen Geltung zu verschaffen;

6. weist darauf hin, dass die Agrarpolitik es kleinen und mittleren Landwirtschaftsbetrieben, auch Familienbetrieben, ermöglichen muss, ein anständiges Einkommen zu erzielen, zu erschwinglichen Preisen für Verbraucher genügend Lebensmittel von entsprechender Qualität zu erzeugen, Arbeitsplätze zu schaffen, die Entwicklung des ländlichen Raums zu fördern und Umweltschutz und Nachhaltigkeit sicherzustellen;

7.  weist nachdrücklich darauf hin, dass die Mitgliedstaaten eine aktive Rolle bei der Unterstützung bestehender und der Schaffung neuer Konsultationsforen spielen sollten, in denen die Akteure der Lebensmittelversorgungskette angemessen vertreten sind, damit der Dialog gefördert wird und Leitlinien für ein faireres, ausgewogeneres Verhältnis festgelegt werden; weist darauf hin, dass solche offiziellen Konsultationen dazu beitragen, die Erzeuger und die Lieferanten zu schützen und Sanktionen des Vertriebssektors zu vermeiden;

8.  fordert die nationalen und die europäischen Wettbewerbsbehörden und andere für die Produktion und den Handel zuständige Regulierungsbehörden auf, Maßnahmen gegen missbräuchliche Einkaufspraktiken von marktbeherrschenden Groß- und Einzelhändlern zu treffen, die die Landwirte systematisch in eine äußerst ungleiche Verhandlungsposition bringen;

9.  fordert nachdrücklich eine klare, strenge und objektive Definition missbräuchlicher und unfairer Praktiken, einschließlich einer engeren Begriffsbestimmung und einer klareren Abgrenzung, die dem Mandat entspricht, das der Kommission in der Entschließung zu dem Thema „Mehr Effizienz und Fairness auf dem Einzelhandelsmarkt“ übertragen wird, sodass solche Praktiken konkreten Vorschriften, der Überwachung und objektiven Sanktionen unterworfen werden können;

10.  weist auf die folgende nicht erschöpfende Liste von Praktiken hin, die nach Aussagen der Erzeuger die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette beeinträchtigen:

   I. Zugang zum Einzelhandel:
   i) Vorabzahlungen als Gebühren für die Aufnahme von Verhandlungen
   ii) Listungsgebühren
   iii) Zutrittsgebühren
   iv) Preise für Regalflächen
   v) Vorgabe von Angebotsaktionen
   vi) verspätete Zahlungen
   vii) Preisgestaltung
   viii) Meistbegünstigungsklausel
   II. Unfaire Vertragsbedingungen oder einseitige Vertragsänderungen:
   i) einseitige und rückwirkende Änderungen von Vertragsbestimmungen
   ii) einseitige Kündigung
   iii) Ausschließlichkeitsklauseln/-gebühren
   iv) „Zwangsbeitrag“ für Eigenmarken
   v) Vorgabe von Musterstandardverträgen
   vi) Sanktionen
   vii) nichtschriftliche vertragliche Vereinbarungen
   viii) Einziehung der Gewinnmarge
   ix) Gesamtrabatte
   x) verspätete Zahlungen
   xi) Auferlegung von Zahlungen für die Abfallbehandlung/-beseitigung
   xii) Gruppeneinkauf/gemeinsame Verhandlung
   xiii) umgekehrte Auktionen
   xiv) unrealistische Lieferbedingungen
   xv) Vorgabe eines (bestimmten) Lieferanten für Verpackungen oder eines (bestimmten) Verpackungsmaterials
   xvi) Vorgabe einer (bestimmten) Logistikplattform oder eines (bestimmten) Betreibers
   xvii) Zahlungen für (nicht zuvor vereinbarte) Angebotsaktionen
   xviii) Überbestellung eines für eine Angebotsaktion bestimmten Produkts
   xix) Zahlung bei Nichterreichung bestimmter Verkaufszahlen
   xx) Vorgabe eines von den Lieferanten zu gewährenden speziellen Preisnachlasses für Verkäufe über einem bestimmten Niveau
   xxi) einseitige Entfernung von Produkten aus Verkaufsregalen
   xxii) Vorgabe der bedingungslosen Rücknahme von (nicht verkauften) Waren
   xxiii) Auferlegung von von den Lieferanten zu tragenden Kosten im Zusammenhang mit Produktschwund oder Diebstahl
   xxiv) Auferlegung von von den Lieferanten zu tragenden unverhältnismäßig hohen Kosten im Zusammenhang mit Verbraucherbeschwerden;

11.  fordert die Schaffung eines Rahmens für die wirksame Kontrolle dieser Praktiken, zunächst durch eine umfassende sektorbezogene Untersuchung auf der Grundlage entsprechender verwaltungstechnischer oder rechtlicher Mittel und anschließend durch die Errichtung eines von den Mitgliedstaaten betriebenen und von der Kommission koordinierten Systems zur Bewertung und Überwachung, in dessen Rahmen wirksam und rechtzeitig abschreckende Sanktionen verhängt werden können;

12.  fordert im Hinblick auf die Vertragsbedingungen und missbräuchliche Handelspraktiken, dass unter Berücksichtigung der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug wirksamere Mittel eingeführt werden, mit denen sichergestellt werden kann, dass Zahlungsfristen eingehalten werden, und dass neue Instrumente geschaffen werden, mit denen der Zeitraum zwischen Lieferung und tatsächlichem Eingang der Zahlung beim Lieferanten auf ein Minimum beschränkt und auf europäischer Ebene harmonisiert werden kann; betont in diesem Zusammenhang, dass dringend Lösungen für die spezifischen Probleme der Erzeuger verderblicher Waren mit einer kurzen Haltbarkeitsdauer gefunden werden müssen, da diese Erzeuger mit erheblichen Cash-flow-Problemen konfrontiert sind;

13.  nimmt die in den Entwürfen von Vorschlägen der Kommission zur Reform der GAP vorgesehenen Maßnahmen zur Kenntnis, mit denen die Stellung der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette durch die Unterstützung von Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden und durch die Förderung kurzer Versorgungsketten zwischen Erzeugern und Verbrauchern (z. B. Märkte für die lokale Produktion) gestärkt werden soll; vertritt die Ansicht, dass erreicht werden kann, dass die Landwirte einen gerechteren Anteil am erwirtschafteten Mehrwert erhalten, wenn die Stellung der Landwirte durch eine bessere interne Organisation und einen professionelleren Ansatz gestärkt wird;

14.  begrüßt die Empfehlung der Kommission über die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten beim Austausch bewährter Verfahren zur Unterrichtung über Vertragspraktiken und die Erarbeitung einer Reihe von Standardverträgen;

15.  fordert die Kommission auf, das europäische Instrument zur Preisüberwachung zu verbessern und ein benutzerfreundliches, transparentes und mehrsprachiges Modul zu entwickeln, das es Verbrauchern und Interessengruppen gestattet, die Preise für Grundnahrungsmittel an jedem Punkt der Lebensmittelversorgungskette sowohl innerhalb eines bestimmten Mitgliedstaats als auch zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten zu vergleichen, wobei auch die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden;

16.  fordert die Kommission auf, die Frage der Anwendung von Wettbewerbsvorschriften in der Landwirtschaft zu klären, um den Landwirten und ihren Branchenverbänden Instrumente an die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, ihre Verhandlungsposition zu verbessern; fordert eine Bewertung und Änderung des bestehenden Wettbewerbsrechts der EU, sodass die negativen Auswirkungen einer vertikalen Konzentration auf die gesamte Lebensmittelversorgungskette stärker berücksichtigt werden und die Schwerpunktsetzung nicht auf die relative Stellung der einzelnen Unternehmen auf dem Markt beschränkt ist und Wettbewerbsverzerrungen nicht länger ausschließlich unter dem Aspekt der negativen Folgen für die Verbraucher betrachtet werden;

17.  fordert die Kommission auf, die Arbeit ihrer einzelnen Dienststellen besser zu koordinieren, damit sie eine wirksamere Rolle bei der Überwachung der Preise in der Lebensmittelversorgungskette sowie der Kräfteverhältnisse im Einzelhandel und der entsprechenden Marktanteile in der EU spielen kann; fordert die Einsetzung eines unabhängigen europäischen Ombudsmanns für den Lebensmittelhandel, der als Verbindungsperson zu den maßgeblichen Handels- und Wettbewerbsbehörden und zu den nationalen Ombudsmännern für den Lebensmittelhandel in den einzelnen Mitgliedstaaten fungiert, sodass Informationen koordiniert und gemeinsam genutzt werden können; ist zudem der Ansicht, dass der Europäische Ombudsmann und die einzelnen nationalen Ombudsmänner dafür verantwortlich sein sollten, die Einhaltung der maßgeblichen Rechtsvorschriften sicherzustellen und rechtzeitig angemessene Sanktionen vorzuschlagen;

18.  fordert die Kommission auf, in einer eingehenden Studie die Unterschiede zwischen den Herangehensweisen der nationalen Wettbewerbsbehörden und entsprechenden Maßnahmen in den 27 Mitgliedstaaten zu untersuchen und auf Lösungen hinzuwirken, an denen alle Partner in der Lebensmittelerzeugungskette beteiligt sind und mit denen verhindert wird, dass ein Akteur oder einige wenige Akteure der Betriebsmittel- oder Lebensmittelversorgungskette ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen, da dies oft auf Kosten der landwirtschaftlichen Erzeuger geht;

19.  ist der Ansicht, dass einer EU-weiten Informationskampagne zur Aufklärung der Landwirte über ihre vertraglichen Rechte, über die gängigsten illegalen, unfairen und missbräuchlichen Vertrags- und Handelspraktiken und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, um Beschwerde gegen Missbräuche einzulegen, Priorität eingeräumt werden sollte;

20.  ist der Auffassung, dass die Selbstregulierung zwar Teil des Lösungsansatzes zur Überwindung der Ungleichgewichte in der Lebensmittelversorgungskette ist, dass aber auch Regulierungsmaßnahmen und Anpassungen am Wettbewerbsrecht erforderlich sind; betont, dass die Mitgliedstaaten die Entwicklung bewährter Praktiken und/oder Verhaltenskodizes in Partnerschaft mit allen Interessenträgern – unter Einbeziehung der Vertreter der Erzeuger, der Industrie, der Lieferanten, der Einzelhändler und der Verbraucher – fördern und dabei bestehende Synergieeffekte optimal nutzen müssen;

21.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl C 351 E vom 2.12. 2011, S. 103.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0006.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0297.
(4) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0307.
(5) ABl. C 308 E vom 20.10.2011, S. 22.
(6) Angenommene Texte, P7_TA(2012)0011.
(7) ABl. L 48 vom 23.2.2011, S. 1.
(8) ABl. C 210 vom 3.8.2010, S. 4.
(9) http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/statistics/search_database.
(10) ABl. C 184 E vom 6.8.2009, S. 23.
(11) ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 180.
(12) http://agrienv.jrc.ec.europa.eu/publications/pdfs/LIFS_final.pdf

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