BERICHT über die Bilanz der Wahl zum Europäischen Parlament 2024

29.8.2025 - (2025/2012(INI))

Ausschuss für konstitutionelle Fragen
Berichterstatterin: Ľubica Karvašová


Verfahren : 2025/2012(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A10-0156/2025
Eingereichte Texte :
A10-0156/2025
Aussprachen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu der Bilanz der Wahl zum Europäischen Parlament 2024

(2025/2012(INI))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf Artikel 10, Artikel 14 und Artikel 17 Absatz 7,

 unter Hinweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf die Artikel 20 und 22,

 unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 21, Artikel 39 und Artikel 52 Absatz 1,

 unter Hinweis auf die Erklärung zu Artikel 17 Absätze 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union im Anhang der Schlussakte der Regierungskonferenz, die den Vertrag von Lissabon angenommen hat,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, insbesondere auf Artikel 25,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, insbesondere auf Artikel 29,

 unter Hinweis auf die Richtlinie 93/109/EG des Rates vom 6. Dezember 1993 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen[1],

 unter Hinweis auf den Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates vom 13. Juli 2018 zur Änderung des dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments[2],

 unter Hinweis auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen[3],

 unter Hinweis auf seine Abänderungen vom 15. September 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen[4],

 unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission vom 25. November 2021 für eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (COM(2021)0732),

 unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2024/900 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. März 2024 über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung[5],

 unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste)[6],

 unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2024/1689 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 300/2008, (EU) Nr. 167/2013, (EU) Nr. 168/2013, (EU) 2018/858, (EU) 2018/1139 und (EU) 2019/2144 sowie der Richtlinien 2014/90/EU, (EU) 2016/797 und (EU) 2020/1828 (Verordnung über künstliche Intelligenz)[7],

 unter Hinweis auf die Vereinbarung vom 13. Mai 2024 über die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Ausschuss der Regionen,

 unter Hinweis auf die Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Ausschuss der Regionen vom 28. Februar 2024 über die Zusammenarbeit im Vorfeld der Wahl 2024,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. Mai 2022 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie zur Aufhebung des Beschlusses (76/787/EGKS, EWG, Euratom) des Rates und des diesem Beschluss beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments[8],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zur Bestandsaufnahme zu den Wahlen zum Europäischen Parlament[9],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Dezember 2023 zu der Europawahl 2024[10],

 unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 27. November 2024 über die Wahl der Kommission[11],

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 3. Dezember 2020 mit dem Titel „Europäischer Aktionsplan für Demokratie“ (COM(2020)0790) und das Paket der Kommission zur Verteidigung der Demokratie vom Dezember 2023,

 unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 18. Dezember 2024 über die Einsetzung, die Zuständigkeiten, die zahlenmäßige Zusammensetzung und die Mandatszeit des Sonderausschusses für den Europäischen Schutzschild für die Demokratie[12],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. November 2023 zu Entwürfen des Europäischen Parlaments zur Änderung der Verträge[13],

 unter Hinweis auf den Bericht vom Mai 2022 über das endgültige Ergebnis der Konferenz zur Zukunft Europas,

 unter Hinweis auf das Erweiterungspaket der Kommission vom 30. Oktober 2024,

 gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A10‑0156/2025),

A. in der Erwägung, dass bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2024 mit 50,74 % der Wählerschaft (ein leichter Anstieg gegenüber 50,66 % im Jahr 2019) die höchste Wahlbeteiligung aller Wahlen zum Europäischen Parlament in den letzten 25 Jahren verzeichnet wurde, was ein positives und deutliches Signal dafür sendet, dass sich die Unionsbürger für EU-Angelegenheiten interessieren; in der Erwägung, dass die Wahlbeteiligung in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgefallen ist und zwischen 89,01 % und 21,35 % lag, was zeigt, dass weiterhin politische Investitionen in die Wahlbeteiligung in der gesamten EU getätigt werden müssen;

B. in der Erwägung, dass die Wahl zum Europäischen Parlament 2024 in zwei Mitgliedstaaten gleichzeitig mit der Wahl des nationalen Parlaments, in acht Mitgliedstaaten gleichzeitig mit Kommunal- und Regionalwahlen und in einem Mitgliedstaat gleichzeitig mit einem Referendum abgehalten wurde;

C. in der Erwägung, dass in den meisten Mitgliedstaaten eine höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Wahl zum Europäischen Parlament verzeichnet wurde;

D. in der Erwägung, dass das aktive Wahlrecht in einigen Mitgliedstaaten ausgeweitet und das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt wurde, was insgesamt dazu führte, dass zwei Millionen Menschen unter 18 Jahren nun ebenfalls wahlberechtigt waren; in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten die Altersgrenze für das passive Wahlrecht auf 18 Jahre gesenkt haben, während sie in anderen Mitgliedstaaten nach wie vor bei 25 Jahren liegt; in der Erwägung, dass insgesamt bis zu 25 Millionen junge Menschen zum ersten Mal gewählt haben;

E. in der Erwägung, dass der Eurobarometer-Umfrage nach der Wahl zufolge die Beteiligung junger Menschen (unter 25 Jahre) an der Wahl zum Europäischen Parlament im Vergleich zur Wahl 2019 um 6 % zurückgegangen ist, und zwar von 42 % im Jahr 2019 auf 36 % im Jahr 2024; in der Erwägung, dass die Wahlbeteiligung junger Menschen auch in den kommenden Jahren im Zentrum der politischen Bemühungen stehen sollte;

 

F. in der Erwägung, dass nicht ausreichend einheitliche und detaillierte Daten über die Wahlbeteiligung schutzbedürftiger Gruppen oder den Einsatz alternativer Wahlmethoden verfügbar sind; in der Erwägung, dass die nationalen Rahmen für die Erhebung von Daten im Zusammenhang mit der Wahl zum Europäischen Parlament weiter harmonisiert werden sollten, damit eine Grundlage für faktengestützte politische Lösungen auf Unionsebene zur Verfügung steht;

 

G. in der Erwägung, dass auf den Stimmzetteln etwa 18 400 Kandidaten und 490 Kandidatenlisten standen, die nach unterschiedlichen Wahlverfahren, die in den Mitgliedstaaten weitgehend durch nationale Bestimmungen geregelt sind, Wahlkampf betrieben; in der Erwägung, dass die Zeiträume für die Registrierung von Kandidaten und den Wahlkampf unterschiedlich lang waren und zwischen mehreren Monaten und einigen Wochen betrugen; in der Erwägung, dass eine unabhängige Einzelkandidatur in neun Mitgliedstaaten nicht möglich war;

 

H. in der Erwägung, dass zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor erhebliche Unterschiede bei den Regulierungsansätzen und Beschränkungen des aktiven und passiven Wahlrechts bestehen; in der Erwägung, dass wichtige Reformen zur Angleichung der Wahlvorschriften und -verfahren in der gesamten Union noch nicht abgeschlossen sind;

I. in der Erwägung, dass aus der jüngsten Eurobarometer-Umfrage hervorgeht, dass die Menschen bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2024 aus Gründen, die gemeinsame europäische Themen wie Lebenshaltungskosten, Wirtschaft, Migration, Rechtsstaatlichkeit und Klimawandel betreffen, motiviert wurden, zur Wahl zu gehen; in der Erwägung, dass diese Themen in nationalen Debatten oft ausschließlich aus einem nationalpolitischen Blickwinkel behandelt werden; in der Erwägung, dass die politischen Parteien und Kandidaten dafür verantwortlich sind, die Bürger angemessen über die politischen Maßnahmen und Strukturen auf Unionsebene zu informieren und ihnen unter anderem mitzuteilen, welchen europäischen politischen Parteien und Fraktionen sie im Parlament angeschlossen sind;

J. in der Erwägung, dass der Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über mögliche Mehrfacheinträge in Ermangelung eines zentralen europäischen Wählerregisters nach wie vor eine Herausforderung darstellt, nicht zuletzt, weil keine Daten über die doppelte Staatsbürgerschaft verfügbar sind;

K. in der Erwägung, dass durch besondere Maßnahmen sowohl die Wahlbeteiligung als auch die Vertretung unterrepräsentierter und schutzbedürftiger Gruppen gefördert werden kann; in der Erwägung, dass elf Mitgliedstaaten gesetzlich eine Frauenquote festgelegt haben;

L. in der Erwägung, dass rund 11 Millionen Unionsbürger, die in einem anderen Mitgliedstaat leben, in ihrem Wohnsitzland wahlberechtigt waren; in der Erwägung, dass es nach wie vor administrative Hindernisse für deren Wahlbeteiligung in ihrem Wohnsitzland gibt; in der Erwägung, dass der Standpunkt des Parlaments vom 14. Februar 2023, mit dem diese Hindernisse beseitigt werden sollten, vom Rat ignoriert wurde;

 

M. in der Erwägung, dass eine gesunde Demokratie davon abhängt, dass die Wähler Zugang zu einer Vielzahl von Ideen, Perspektiven und Informationen haben; in der Erwägung, dass durch das Recht auf freie Meinungsäußerung sichergestellt wird, dass Kandidaten, Parteien, die Medien und die Bürger frei ihre Meinung äußern, politische Maßnahmen diskutieren und sich über Fakten austauschen können, wodurch den Wählern dabei geholfen wird, fundierte Entscheidungen zu treffen;

N. in der Erwägung, dass sich Desinformation negativ auf eine gesunde politische Debatte auswirkt; in der Erwägung, dass die Verbreitung von Desinformation, unter anderem in den sozialen Medien, nach wie vor eine wachsende systemische Bedrohung der europäischen Wahl- und Demokratieprozesse darstellt; in der Erwägung, dass die Kommission Vertragsverletzungsverfahren und Ermittlungen gegen bestimmte große Online-Plattformen eingeleitet hat, unter anderem wegen irreführender politischer Werbung und mangelnder Überwachung und Moderation von Inhalten, da keine nationalen Koordinatoren für digitale Dienste ernannt wurden oder die zuständigen Stellen nicht befugt sind, die im Gesetz über digitale Dienste vorgesehenen Aufgaben wahrzunehmen; in der Erwägung, dass sich insbesondere die Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) und ihr Eigentümer Elon Musk durch Unternehmenspolitik und -kommunikation weiterhin offen den Regulierungsbehörden der EU widersetzen;

O. in der Erwägung, dass die meisten Bestimmungen der neuen Verordnung (EU) 2024/900 über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung zum Zeitpunkt der Wahl zum Europäischen Parlament noch nicht in Kraft getreten waren; in der Erwägung, dass diese Verordnung das Gesetz über digitale Dienste ergänzen und die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber der Einflussnahme auf Wahlen stärken soll;

P. in der Erwägung, dass unbedingt dafür gesorgt werden muss, dass mehr Menschen mit Behinderungen im Parlament vertreten sind, um ein wirklich inklusives und vielfältiges Gesetzgebungsorgan zu schaffen;

 

Q.  in der Erwägung, dass es sich bei 25 % der Gesamtbevölkerung der EU um junge Menschen handelt, aber nur 10 % der Sitze im Parlament von gewählten Mitgliedern besetzt sind, die jünger als 30 Jahre sind;

 

R. in der Erwägung, dass die Vertretung von Frauen im Parlament bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2024 insgesamt zurückgegangen ist und Frauen nun etwa 38,6 % der Sitze innehaben, verglichen mit 40 % im Jahr 2019;

 

S. in der Erwägung, dass die jüngsten geopolitischen Turbulenzen, darunter die COVID-19-Pandemie, der groß angelegte grundlose und ungerechtfertigte Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und eine besorgniserregende Veränderung der transatlantischen Beziehungen, ein Katalysator für Desinformationsnarrative waren;

T. in der Erwägung, dass die bevorstehende Erweiterung eine tiefgreifende Reform des institutionellen Aufbaus der Union erfordern wird, die möglicherweise auch die Rahmenbedingungen für die Wahl betrifft; in der Erwägung, dass eine Union mit mehr als 30 Mitgliedstaaten nur dann eine relevante und unabhängige globale Akteurin sein und nur dann ordnungsgemäß funktionieren kann, wenn ihre Entscheidungsfindung weniger bürokratisch und effizienter gestaltet und auf der Grundlage eines wahrhaft europäischen und transnationalen gemeinsamen demokratischen Raums aufgebaut wird;

Europäische Demokratie nach der Wahl zum Europäischen Parlament 2024

 

1. weist darauf hin, dass die Eignung und Fähigkeit der EU, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts im Namen ihrer Bürger zu bewältigen, weitgehend von ihrer Fähigkeit abhängt, gesunde demokratische Debatten aufrechtzuerhalten und zu fördern sowie die Widerstandsfähigkeit und Integrität ihrer Wahlen und demokratischen Prozesse sicherzustellen; betont, dass diese nicht als selbstverständlich angesehen werden können, sondern durch einen kohärenten politischen Rahmen gestärkt und geschützt werden müssen; ist davon überzeugt, dass diese Arbeit noch lange nicht abgeschlossen ist und dass die politischen Anstrengungen intensiviert werden müssen, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen und die Entscheidungsfindung der Union weniger bürokratisch, demokratischer und wirksamer zu machen;

2. begrüßt die relativ hohe Wahlbeteiligung bei der zehnten Wahl zum Europäischen Parlament, die mit einer Gesamtbeteiligung von 50,74 % im Vergleich zur Wahl 2019 leicht gestiegen ist; ist überzeugt davon, dass diese Zahlen auf ein stärkeres Engagement der Öffentlichkeit für das europäische Projekt und die zunehmende Bedeutung des Parlaments und seiner Auswirkungen auf den Alltag der Bürger hindeuten; ist jedoch besorgt über die sehr unterschiedliche Wahlbeteiligung in den einzelnen Mitgliedstaaten und entschlossen, auch künftig die politischen Anstrengungen zu verstärken, um die Kluft zu schließen und die Wahlbeteiligung aller Gruppen in der EU zu erhöhen;

3. begrüßt die Bemühungen der europäischen Organe und der Union der Europäischen Rundfunkorganisationen, die Sichtbarkeit der Kandidaten bei der Wahl zum Europäischen Parlament auf dem gesamten Kontinent zu erhöhen, unter anderem durch eine Reihe hochkarätiger europaweiter Debatten, bei denen Spitzenkandidaten aus den verschiedenen politischen Familien zusammenkamen, sowie durch die Debatten im Rahmen der Kampagne zur Erhöhung der Wahlbeteiligung, mit denen junge Unionsbürger informiert wurden; begrüßt die positiven Auswirkungen seiner eigenen institutionellen Kommunikationsstrategie, mit der das Bewusstsein über die Wahl geschärft werden sollte, indem ihre Bedeutung durch den Slogan „Nutze deine Stimme. Sonst entscheiden andere für dich“ hervorgehoben wurde; ist der Ansicht, dass sich die Zusammenarbeit zwischen den Organen und mit den Wahlbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine höhere Wahlbeteiligung verbessert hat, und verpflichtet sich, die Koordinierungsbemühungen in diesem Bereich zu verstärken; fordert weitere erhebliche Investitionen, um die Reichweite dieser Kampagnen und der Fernseh- und Rundfunksendungen für die Wahl 2029 zu erweitern; betont die wichtige und positive Rolle der Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments bei der Wahl zum Europäischen Parlament;
 

4. betont, dass die Schaffung eines europäischen „Demos“ und eines gemeinsamen demokratischen Raums in erster Linie einen kulturellen Wandel auf der Grundlage einer langfristigen Strategie und angemessener Ressourcen für die Stärkung des europäischen Bewusstseins und der Unionsbürgerschaft in enger Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und den gesellschaftlichen Interessenträgern erfordert; bedauert, dass der Wahlkampf, der in den Mitgliedstaaten für die Wahl zum Europäischen Parlament durchgeführt wird, allzu oft aus einem rein nationalpolitischen Blickwinkel angegangen wird, selbst wenn darin gemeinsame europäische Themen angesprochen werden; fordert die nationalen politischen Parteien und Kandidaten bei der Wahl zum Europäischen Parlament sowie die nationalen Medien auf, die Bürger angemessen und wahrheitsgemäß über die politischen Strukturen auf Unionsebene zu informieren und ihnen unter anderem mitzuteilen, welchen europäischen politischen Parteien und Fraktionen des Europäischen Parlaments die nationalen Parteien angeschlossen sind; fordert die nationalen Parteien auf, in dieser Hinsicht stärker mit ihren Pendants in anderen EU-Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und ihre europaweite Sichtbarkeit zu verbessern; verpflichtet sich, dafür ein günstiges Regelungsumfeld zu schaffen;

5. betont, dass mehr getan werden muss, um die Beteiligung unterrepräsentierter Gruppen an der Wahl zum Europäischen Parlament zu erhöhen; ist besorgt über den Rückgang der Wahlbeteiligung junger Menschen und verpflichtet sich, die politischen Bemühungen zu intensivieren, um die Reichweite der Wahlkampagnen in dieser wichtigen Bevölkerungsgruppe zu erhöhen; stellt fest, dass die Beteiligung junger Menschen an der Zukunft der EU von entscheidender Bedeutung ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, spezielle politische Rahmen zu verabschieden, die sowohl aktive als auch passive Wahlmöglichkeiten betreffen, unter anderem durch spezifische Informationskampagnen und alternative Wahlmethoden wie Briefwahl und Stimmabgabe durch Bevollmächtigte; nimmt zur Kenntnis, dass weitere Fortschritte dabei erzielt werden müssen, den Wahlprozess inklusiver zu gestalten, damit alle Bürger gleichermaßen am demokratischen Prozess teilnehmen können; stellt fest, dass nur wenige Mitglieder des Europäischen Parlaments nationalen und ethnischen Minderheiten angehören, die in den Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrer Verfassung oder ihren Rechtsvorschriften und den einschlägigen Instrumenten des Europarats offiziell als Minderheiten anerkannt sind; betont, dass die Bekämpfung von Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung eine Pflicht ist, die sich aus den Grundwerten der EU und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergibt; fordert die Mitgliedstaaten und die nationalen politischen Parteien auf, proaktiv angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die wirksame Inklusion und Vertretung dieser Minderheiten, einschließlich der Roma-Gemeinschaften, bei der Wahl zum Europäischen Parlament unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Verfassungsordnungen zu fördern;

 

6. hebt hervor, dass die Wahl zum Europäischen Parlament in Ungarn möglicherweise nicht fair war; betont in diesem Zusammenhang, dass im Abschlussbericht der Wahlbeobachtungsmission des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte[14] für die Parlamentswahl und das Referendum in Ungarn vom 3. April 2022 festgestellt wurde, dass keine Chancengleichheit herrschte; betont, dass die ungarische Regierung dafür sorgen muss, dass das Unionsrecht wieder eingehalten wird und die in Artikel 2 EUV verankerten Werte wieder geachtet werden, und bringt sein tiefes Bedauern darüber zum Ausdruck, dass durch das Fehlen entschlossener Maßnahmen der EU zu einem Zerfall der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn beigetragen wurde, wodurch das Land gemäß den einschlägigen Indizes zu einem hybriden System der Wahlautokratie geworden ist; ist besorgt angesichts mehrerer Anträge des zentralen Ermittlungsbüros der Staatsanwaltschaft Ungarns, die Immunität von Mitgliedern des Europäischen Parlaments aufzuheben;

 

7. bekräftigt die Auffassung, die es seit Langem vertritt, dass weitere Reformen und Anpassungen des EU-Wahlrahmens erforderlich sind, um die Wahl zum Europäischen Parlament demokratischer, widerstandsfähiger, inklusiver und wahrhaft europäisch zu machen; weist in diesem Zusammenhang auf mehrere anhängige politische Initiativen hin und fordert den Rat der Europäischen Union und den Europäischen Rat erneut auf, konstruktiv mit dem Parlament zusammenzuarbeiten, um politische Lösungen zu finden, die im Interesse der Unionsbürger funktionieren;

 

Institutionelle Reform und Wahlreform

8. ist überzeugt davon, dass der Rechtsrahmen für die Wahl zum Europäischen Parlament überarbeitet und modernisiert werden muss, um den Fußabdruck der Bürger bei den Wahlen zu erhöhen und die regulatorische Fragmentierung zwischen den 27 Mitgliedstaaten zu verringern, unter anderem durch einen einzigen gemeinsamen Wahltag sowie ein einheitliches Mindestwahlalter; weist erneut darauf hin, dass davon ausgegangen wird, dass der Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates wichtige positive Schritte in diesem Sinne zur Folge haben wird, ebenso wie verschiedene Vorlagen aus dem anhängigen Vorschlag vom 3. Mai 2022 für ein neues Wahlgesetz; fordert den Rat erneut auf, konstruktiv mit dem Parlament zusammenzuarbeiten, damit der Vorschlag rasch gebilligt werden kann; weist erneut darauf hin, dass 26 der 27 Mitgliedstaaten die Revision von 2018 bereits ratifiziert haben, und verpflichtet sich, kritisch zu bewerten, warum sich ihre Umsetzung in verschiedenen Mitgliedstaaten verzögert hat;
 

9. bedauert, dass die vorgeschlagenen neuen Vorschriften für das aktive und passive Wahlrecht „mobiler Bürger“ bei der Wahl zum Europäischen Parlament nicht rechtzeitig vor der Wahl 2024 vom Rat angenommen wurden; weist darauf hin, dass die uneingeschränkte Ausübung des Wahlrechts, das die Verträge mobilen Bürgern bei der Wahl zum Europäischen Parlament gewähren, immer noch durch ungerechtfertigte Hindernisse behindert wird, die ihrer demokratischen Teilhabe entgegenstehen, darunter eine mangelnde Kenntnis der geltenden Bedingungen und Vorschriften; nimmt zur Kenntnis, dass mit dem noch anhängigen Entwurf einer Richtlinie des Rates einige dieser Hindernisse beseitigt würden; bedauert jedoch, dass der Rat formal zwar Artikel 22 Absatz 2 AEUV folgt, sich inhaltlich jedoch nicht wirklich mit der Stellungnahme des Parlaments auseinandergesetzt hat; bekräftigt insbesondere seine Vorschläge, die Eintragung in das Wählerverzeichnis zu ermöglichen, sobald die Wähler ihren Wohnsitz registrieren, die Sprach- und Informationsanforderungen für die lokalen Behörden zu stärken, die Ausübung des Wahlrechts durch unterrepräsentierte Wählergruppen zu erleichtern und die Sensibilisierungskampagnen der Mitgliedstaaten unter aktiver Beteiligung der Zivilgesellschaft auszubauen; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass ihre im Ausland lebenden Bürger an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen können, indem sie unter anderem die konsularischen Dienste stärken und die Briefwahl ermöglichen; betont, dass alle Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen barrierefreien Zugang zu Wahllokalen haben;

 

10. unterstützt nachdrücklich die Bemühungen der politischen Parteien, die Umsetzung des Spitzenkandidatenverfahrens weiterzuentwickeln, um eine Verbindung zwischen der Wahl, der Zusammensetzung des Parlaments und der Ernennung des Präsidenten der Kommission herzustellen, damit die Ernennung der Exekutive der EU für die Bürger transparenter wird; hebt hervor, dass die Bürger die Ernennung des Präsidenten der Kommission durch diesen Prozess tatsächlich beeinflussen können, was einen bedeutenden Fortschritt darstellt und es den Bürgern ermöglicht, eine direkte Rolle in diesem Zusammenhang zu spielen; begrüßt, dass die europäischen politischen Parteien ihre Kandidaten lange vor der Wahl nominiert haben; stellt fest, dass dieser Prozess diesmal relativ erfolgreich war, da die Präsidentin der Kommission zwar nicht direkt durch eine Abstimmung gewählt werden konnte, aber als Spitzenkandidatin für die Fraktion kandidierte, die die meisten Stimmen erhielt; weist darauf hin, dass die Wahl des Präsidenten der Kommission im Wege der Wahl zum Europäischen Parlament seine Rechenschaftspflicht und demokratische Legitimität erhöht; ist jedoch nach wie vor davon überzeugt, dass mehrere wichtige Erfolgsfaktoren – wie die Weiterentwicklung und Konsolidierung des europäischen demokratischen Raums – immer noch fehlen, wodurch verhindert wird, dass das Potenzial dieses informellen und unregulierten politischen Prozesses vollständig ausgeschöpft wird;

 

11. betont die wichtige Aufgabe der europäischen politischen Parteien dabei, einen Beitrag zur Debatte über europapolitische Fragen zu leisten und ein europäisches politisches Bewusstsein zu schaffen; ist der Ansicht, dass diese Parteien ein dringend benötigtes Gegengewicht zur Verbreitung von Desinformation und Fehlinformationen im Vorfeld der Wahlen bieten können; begrüßt die erzielte Einigung über die Neufassung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen, durch die noch bestehende Schlupflöcher geschlossen werden, für Rechtsklarheit gesorgt wird und dazu beigetragen wird, die europäischen politischen Parteien von Einschränkungen zu befreien und sie in die Lage zu versetzen, die ihnen durch die Verträge zugewiesene Rolle zu übernehmen, unter anderem indem sie ihre Sichtbarkeit in den Mitgliedstaaten während des Wahlkampfs und bei der Förderung von Spitzenkandidaten erhöhen;

 

12. fordert die Mitgliedstaaten auf, ein Verbot ausländischer Spenden, einschließlich Sach- und Geldspenden sowie Sach- und Geldleistungen, und eine Obergrenze für Spenden an politische Parteien und Kandidaten einzuführen; ist der Auffassung, dass politische Akteure, denen ein ausländischer Akteur eine Geld- oder Sachspende angeboten hat und/oder die eine Spende dieser Art angenommen haben, verpflichtet sein müssen, dies den zuständigen Behörden zu melden, und dass diese Informationen wiederum auf Unionsebene gemeldet werden sollten, um eine unionsweite Überwachung zu ermöglichen;

 

13. betont, dass die Rolle und die Sichtbarkeit europäischer politischer Stiftungen im europäischen demokratischen Raum gestärkt werden müssen; weist darauf hin, dass diese Stiftungen eine wichtige Rolle dabei spielen, die politische Debatte, die politische Forschung und die staatsbürgerliche Bildung über Grenzen hinweg zu fördern, und so zur Bildung einer wahrhaftig europäischen öffentlichen Meinung beitragen; fordert die Bereitstellung angemessener Instrumente und Ressourcen, damit sie die europäischen politischen Parteien in ihren Bemühungen, die Bürger einzubeziehen, unterstützen, die europäischen Werte fördern und sich konstruktiv an künftigen Wahlkampagnen beteiligen können; weist darauf hin, dass im anstehenden Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen (Neufassung ausstehend) besonderes Augenmerk auf die Vorschriften für die Finanzierung europäischer politischer Stiftungen gelegt werden sollte und bei Bedarf Änderungen an der Verordnung vorgeschlagen werden sollten;

14. betont, dass weitere institutionelle Arbeit geleistet werden muss, um den Einfluss der europäischen Wähler auf die politische Struktur der EU zu stärken; verweist in diesem Zusammenhang auf das anhängige Vertragsänderungsverfahren, das infolge der Konferenz zur Zukunft Europas eingeleitet wurde; hebt seinen Vorschlag hervor, die Rollen des Rates und des Parlaments bei der Ernennung und Bestätigung des Präsidenten der Kommission umzukehren, damit den Ergebnissen der Wahlen zum Europäischen Parlament genauer Rechnung getragen wird; hebt außerdem seinen Vorschlag hervor, dem Parlament das Initiativrecht zu gewähren, dessen Umsetzung eine direkte Verbindung zwischen den von den Bürgern für die Mitglieder des Parlaments abgegebenen Stimmen und den politischen Ergebnissen auf Unionsebene schaffen würde; hebt ferner seinen Vorschlag hervor, das Untersuchungsrecht des Parlaments zu modernisieren, um die demokratische Kontrolle über die Exekutive der EU zu stärken; fordert den Europäischen Rat auf, die Verträge einzuhalten und unverzüglich über die Einberufung des Konvents abzustimmen, um diese Vorschläge zu erörtern;

Institutionelle Resilienz

15. betont, dass die Verbindung zwischen lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Angelegenheiten gestärkt werden muss; begrüßt in diesem Zusammenhang die aktive und positive Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an europäischen Themen und Debatten, insbesondere im Vorfeld der Wahl, unter anderem durch die Arbeit des Ausschusses der Regionen sowie seine Netzwerke und Kampagnen;

16. weist darauf hin, dass am wirksamsten auf der Ebene, die den Bürgern am nächsten ist, gegen antidemokratische Rhetorik vorgegangen werden kann, indem unter anderem die lokalen und regionalen Entscheidungsträger einbezogen werden; betont in diesem Zusammenhang insbesondere für Regionen mit wirtschaftlicher Stagnation, in denen durch die seit Langem bestehenden Ungleichheiten die Unterstützung euroskeptischer Parteien verstärkt wird, die positive Rolle der Kohäsionspolitik der EU, bei der den wesentlichen regionalen Bedürfnissen Vorrang eingeräumt und sichergestellt werden muss, dass niemand zurückgelassen wird;

 

17. ist zutiefst besorgt über die wachsende Zahl interner und externer Bedrohungen, die das Gefüge der europäischen Demokratie untergraben; verurteilt, dass der Wahlkampf einiger Kandidaten, einschließlich derer von Regierungsparteien in Mitgliedstaaten, offen auf falschen und aus dem Ausland geförderten Narrativen über die EU beruhte und sie gleichzeitig die ablehnende Haltung gegenüber der EU geschürt haben;

 

18. bekräftigt seine tiefe und seit Langem bestehende Besorgnis über den anhaltenden Trend der böswilligen Einflussnahme auf die demokratischen Prozesse in Europa, auch durch Desinformation; bringt seine tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Regierungen einiger Mitgliedstaaten aktiv zur Verbreitung von Desinformation beitragen; verurteilt insbesondere die Online-Desinformationskampagnen, die von russischen und anderen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren aus Drittstaaten gefördert werden, um die europäischen Wähler zu polarisieren und Misstrauen zu säen; stellt fest, dass die Einflussnahme aus dem Ausland vor Wahlen erfolgt und in der Vorwahlphase ihren Höhepunkt erreicht; verurteilt, dass sich mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments bereitwillig mit der Medienplattform Voice of Europe, die Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen ist, zusammengetan haben, um vom Kreml geförderte Narrative über den Angriffskrieg in der Ukraine zu verbreiten;

 

19. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung von Einflussnahme aus dem Ausland und Desinformation durch eine mehrschichtige, koordinierte und bereichsübergreifende Strategie, die mit angemessenen Finanzmitteln unterstützt wird, zu verstärken, um die EU und ihre Mitgliedstaaten mit geeigneten Strategien für Vorausschau und Resilienz und mit Abschreckungsinstrumenten auszustatten; fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, die strategische Reaktion der Union auf Desinformation und Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland weiter zu verstärken, und weist auf zahlreiche politische Anstrengungen der EU in den letzten Jahren hin, etwa das Gesetz über digitale Dienste, den gestärkten Verhaltenskodex für den Bereich der Desinformation und die Initiativen im Rahmen des Aktionsplans für Demokratie; nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass Online-Plattformen einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf den öffentlichen Diskurs ausüben; nimmt mit Besorgnis Berichte über politisch motivierte Entscheidungen bestimmter Plattformen zur Kenntnis, die das Recht auf freie Meinungsäußerung und den demokratischen Pluralismus gefährden könnten;

 

20. betont, dass ein ausgewogenes und freies Medienumfeld in den Mitgliedstaaten als wesentlicher Pfeiler der europäischen Demokratie wichtig ist, insbesondere in Wahlzyklen; nimmt zur Kenntnis, dass die EU zwar bei der Medienfreiheit weltweit führend ist und 2024 der Europäische Rechtsakt zur Medienfreiheit angenommen wurde und die Richtlinie zum Schutz kritischer Stimmen vor Einschüchterung[15] in Kraft trat, der zunehmende interne und externe Druck auf das Medienumfeld der EU jedoch eine weitere Stärkung der Medienfreiheit in der EU erfordert, auch im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament; weist darauf hin, dass die Angriffe auf Journalisten in einigen Mitgliedstaaten im Jahr 2024 zugenommen haben;

 

21. verurteilt alle Formen politischer Gewalt aufs Schärfste; ist zutiefst besorgt über eine Reihe von Vorfällen, die sich im Vorfeld der Wahl 2024 ereignet haben; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der Prävention politischer Gewalt Vorrang einzuräumen, indem sie Gesetze, Rahmen und Strategien stärken, die Politiker, politische Kandidaten, Aktivisten, Journalisten und Bürger während des Wahlzeitraums vor Gewalt und Belästigung schützen; betont, dass ein umfassender Ansatz verfolgt werden muss, der Prävention, Schutz und Bildung umfasst, um politische Gewalt zu verringern, insbesondere durch die Förderung des Bewusstseins für die Gefahren politischer Gewalt und die Förderung einer Kultur der Toleranz und der Achtung unterschiedlicher politischer Meinungen; betont, dass Wahlbetrug nicht am Wahltag beginnt, sondern mit dem Rückbau der Rechtsstaatlichkeit, der demokratischen Grundsätze, der Pressefreiheit und des Rechts auf freie Meinungsäußerung sowie der Verbreitung ausländischer Desinformation und Propaganda; stellt mit Besorgnis fest, dass systemische Probleme Auswirkungen darauf haben könnten, inwiefern in allen Mitgliedstaaten freie und faire Wahlen durchgeführt werden;

 

22. ist zutiefst besorgt über den Aufstieg und den Wahlerfolg von systemfeindlichen und offen EU-feindlichen Parteien bei der Wahl 2024; weist darauf hin, dass diese Veränderung zu einer Radikalisierung des politischen Diskurses und einer weiteren Polarisierung des Parlaments führt und dass darüber hinaus dadurch eine breitere Plattform für die Verbreitung ausländischer Desinformation und Propaganda geboten wird; verurteilt jede Form politischer Rhetorik, die Hetze, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit oder Gewalt fördert, und fordert alle politischen Akteure nachdrücklich auf, einen konstruktiven, faktenbasierten Dialog zu führen, bei dem die demokratischen Werte, die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit geachtet werden; verpflichtet sich, die Funktionsweise der Europäischen Union weiter zu reformieren und zu verbessern, um den Erwartungen der Bürger besser gerecht zu werden; fordert alle relevanten Akteure auf, den positiven Beitrag der EU zum Alltag und zur Sicherheit aller Unionsbürger durch ihre Politik proaktiver zu kommunizieren;

23. verpflichtet sich, diese Rahmen von seinem Sonderausschuss für den Europäischen Schutzschild für die Demokratie bewerten zu lassen, der gemäß seinem vom Plenum erteilten Mandat unter anderem Maßnahmen zur Bekämpfung von Eingriffen in demokratische Prozesse ergreifen sowie Maßnahmen zur Wahrung der Fairness und Integrität von Wahlen und Maßnahmen, mit denen zu demokratischen Prozessen in der EU beigetragen wird, umsetzen soll; betont, dass der Ausschuss somit als wichtiges Instrument zur Verhinderung böswilliger Eingriffe dient, indem mögliche Schlupflöcher, Lücken und Überschneidungen ermittelt werden, die ausgenutzt werden könnten; fordert die Kommission gleichzeitig auf, diese Regulierungsrahmen vollständig und unverzüglich durchzusetzen, insbesondere im Falle der Plattformen, die sich weiterhin offen den Regulierungsbehörden der EU widersetzen;

 

24. stellt fest, dass der Cybersicherheit und der Cyberinfrastruktur große Bedeutung beim Schutz der Integrität der Wahl zum Europäischen Parlament zukommt; warnt vor den potenziellen Risiken von KI-gestützten Aktivitäten zur Einflussnahme;

25. weist darauf hin, dass die Ergebnisse der nationalen Wahlen auch indirekt die Zusammensetzung der EU-Organe beeinflussen, etwa durch die Ernennung der designierten Kommissionsmitglieder oder die Teilnahme der amtierenden nationalen politischen Mehrheiten an den Tagungen des Rates; betont in diesem Zusammenhang den Stellenwert des demokratischen Charakters von Parlamentswahlen in jedem Mitgliedstaat;

 

26. kommt zu dem Schluss, dass die europäische Demokratie nur gedeihen kann, solange die europäischen demokratischen Prozesse und Wahlprozesse gestärkt und verteidigt werden; betont in diesem Zusammenhang, dass es wichtig ist, freie und faire Wahlen zu fördern und gleichzeitig ihre Integrität vor internen und externen Bedrohungen der Demokratie der EU zu schützen; stellt mit Besorgnis fest, dass die Verbreitung von Desinformation und der Einfluss einiger Social-Media-Plattformen nach wie vor unkontrolliert sind; betont, dass es äußerst wichtig ist, den gesamten derzeit geltenden Rechtsrahmen durchzusetzen, um die Integrität des gesamten Wahlprozesses zu wahren;

 

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27. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


 

BEGRÜNDUNG

Derzeit gelten für die Wahl zum Europäischen Parlament nationale Gesetze, die gemeinsamen europäischen Grundsätzen unterliegen. Das Europäische Parlament legt gemäß Artikel 223 AEUV einen Legislativvorschlag für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments im Einklang mit einem in allen Mitgliedstaaten geltenden einheitlichen Wahlverfahren oder mit allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen vor. Dieser Vorschlag bedarf der Einstimmigkeit im Rat und der Billigung durch alle Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Verfahren. Der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments, der dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 beigefügt ist und später geändert wurde, ist die derzeit geltende Unionsvorschrift für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments. In Artikel 1 des Akts ist vorgesehen, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments in allgemeiner unmittelbarer Wahl „nach dem Verhältniswahlsystem auf der Grundlage von Listen oder von übertragbaren Einzelstimmen“ gewählt werden. Außerdem können die Mitgliedstaaten Vorzugsstimmen zulassen. Der Europäische Wahlakt[16] ebnet somit seit 1976 den Weg für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in allgemeiner unmittelbarer Wahl, und das Europäische Parlament hat seitdem kontinuierlich Reformen des europäischen Wahlrechts und Schritte hin zu einem einheitlichen europäischen Wahlverfahren gefordert. Der Vertrag von Lissabon stellt einen Fortschritt dar, da das Recht des Europäischen Parlaments bestätigt wurde, Vorschläge zur Änderung des Wahlakts sowie für seine Zusammensetzung auf den Weg zu bringen. Der Rat hat die erforderlichen Bestimmungen für die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren in dem Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates[17] festgelegt. Die Wahl des Europäischen Parlaments beruht jedoch nach wie vor auf nationalen Vorschriften, die den gemeinsamen Grundsätzen des Europäischen Wahlakts von 1976[18] entsprechen, und nicht auf einem einheitlichen EU-Wahlsystem. Der Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates[19] diente zwar dazu, Änderungen am Europäischen Wahlakt vorzunehmen, er wurde jedoch bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2024 nicht angewandt, da ein Mitgliedstaat (Spanien) ihn immer noch nicht ratifiziert hatte. Am 3. Mai 2022 stimmte das Europäische Parlament dafür, ein neues Wahlgesetz[20] auf der Grundlage von Artikel 223 AEUV vorzuschlagen, das vom Rat noch einstimmig gebilligt werden muss. Die letzte Wahl zum Europäischen Parlament fand vom 6. bis zum 9. Juni 2024 in den 27 Mitgliedstaaten der EU statt. Das Europäische Parlament hat derzeit 720 Sitze – gegenüber 751 (der nach den EU-Verträgen zulässigen Höchstzahl) zwischen 2014 und Januar 2020. Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU am 31. Januar 2020 und dem Verlust der 73 britischen Mitglieder des Europäischen Parlaments traten im Einklang mit den Bestimmungen zur Besetzung dieser Sitze, die bei der Wahl im Juni 2019 getroffen worden waren, weitere 27 Mitglieder aus 14 Mitgliedstaaten dem Parlament bei. Damit hatte das Parlament nun 705 Sitze. Die 720 Mitglieder des Parlaments werden im Einklang mit nationalen Wahlsystemen gewählt, wobei jedoch bestimmte, im Unionsrecht verankerte gemeinsame Grundsätze beachtet werden müssen, insbesondere das Verhältniswahlrecht. Nach dem Verhältniswahlrecht können die Wähler politische Parteien, einzelne Kandidaten oder beide wählen. In einigen Mitgliedstaaten können die Wähler lediglich für eine Liste stimmen und haben keine Möglichkeit, die Reihenfolge der Kandidaten zu ändern (geschlossene Liste). In anderen Mitgliedstaaten hingegen können sie einem oder mehreren Kandidaten bevorzugt Stimmen geben (Vorzugsstimmen). Manche Mitgliedstaaten verwenden keine Listen, sondern übertragbare Einzelstimmen nach dem Verhältniswahlrecht. Ziel der derzeitigen Reform des Verfahrens für die Wahl des Europäischen Parlaments ist es, die demokratische und transnationale öffentliche Debatte und Dimension der Wahl zum Europäischen Parlament sowie die demokratische Legitimität des Entscheidungsprozesses der Union zu stärken. Ebenso sollen die Unionsbürgerschaft gestärkt sowie die Funktionsweise des Europäischen Parlaments und die politische Struktur der EU verbessert werden, die Arbeit des Europäischen Parlaments soll legitimer und legislativer gestaltet werden, indem ihm ein echtes Initiativrecht gewährt wird, und die Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit sollen gestärkt werden.

Wahlalter für die Wahl zum Europäischen Parlament[21]

Den EU-Mitgliedstaaten steht es frei, das in ihrem Land geltende Mindestalter für die Wahl zum Europäischen Parlament festzulegen. Dieses Alter wurde in Österreich, Belgien, Deutschland und Malta auf 16 Jahre, in Griechenland auf 17 Jahre und in den übrigen Mitgliedstaaten auf 18 Jahre festgelegt. Die für die Wahl zum Europäischen Parlament geltenden Vorschriften beruhen auf einer Kombination aus den gemeinsamen Grundsätzen des Europäischen Wahlakts von 1976 in der durch den Beschluss 2002/772/EG, Euratom des Rates geänderten Fassung und den verschiedenen nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Grundsätze. Gemäß Artikel 8 des Europäischen Wahlakts können die Mitgliedstaaten das Mindestalter für die Stimmabgabe in ihren nationalen Rechtsvorschriften festlegen. Im Mai 2022 legte das Parlament einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments vor, die den geltenden Europäischen Wahlakt von 1976 ersetzen würde (2022/0902(APP)). Ziel des Vorschlags ist es, eine Reihe von Vorschriften für die Wahl zum Europäischen Parlament, darunter das Wahlalter, zu harmonisieren. Gemäß Erwägung 17 der vorgeschlagenen Verordnung sollte in der gesamten Union „ein einheitliches harmonisiertes Alter für das aktive […] Wahlrecht eingeführt werden, um Gleichheit zu gewährleisten und Diskriminierung […] zu vermeiden“. In Artikel 4 Absatz 1 der vorgeschlagenen Verordnung wird das Wahlalter auf 16 Jahre festgelegt, wobei jedoch für geltende Verfassungsordnungen, die ein Mindestwahlalter von 18 bzw. 17 Jahren vorsehen, Ausnahmen gelten. Damit die Verordnung in Kraft treten kann, bedarf sie der einstimmigen Zustimmung des Rates und der Billigung durch alle Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Mindestalter für das passive Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament[22]

Der Europäische Wahlakt von 1976 ermöglicht es den EU-Mitgliedstaaten, das Mindestalter für das passive Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament festzulegen. Das Parlament schlug im Mai 2022 zwar ein einheitliches Mindestalter von 18 Jahren vor, für die Wahl im Jahr 2024 galten jedoch nach wie vor die bisherigen Vorschriften. Das Mindestalter variierte daher zwischen den Mitgliedstaaten und reichte von 18 Jahren (in den meisten Ländern) bis 25 Jahre (Italien und Griechenland).

Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten

Die geltenden Vorschriften für die Wahl zum Europäischen Parlament beruhen auf einer Kombination aus den gemeinsamen Grundsätzen des Europäischen Wahlakts von 1976 in der durch den Beschluss 2002/772/EG, Euratom des Rates geänderten Fassung und den verschiedenen nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Grundsätze. Das Mindestalter für das passive Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament wird gemäß Artikel 8 des Europäischen Wahlakts von jedem Mitgliedstaat einzeln festgelegt. Es variiert in der EU daher derzeit wie folgt: In 15 Mitgliedstaaten liegt das Mindestalter bei 18 Jahren, in neun Mitgliedstaaten (Bulgarien, Zypern, Tschechien, Estland, Irland, Litauen, Lettland, Polen und der Slowakei) bei 21 Jahren, in einem Mitgliedstaat (Rumänien) bei 23 Jahren und in zwei Mitgliedstaaten (Italien und Griechenland) bei 25 Jahren. Belgien hat das Mindestalter durch ein 2021 verabschiedetes Gesetz von 21 Jahren auf 18 Jahre gesenkt, und dieses neue Mindestalter galt bereits für die Wahl 2024.

Das Parlament schlägt ein harmonisiertes Alter von 18 Jahren für Kandidaten vor

Im Mai 2022 legte das Parlament einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die allgemeine unmittelbare Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments vor, die den geltenden Europäischen Wahlakt ersetzen würde (2022/0902(APP)). Mit dem Vorschlag wird eine Reihe von Vorschriften für die Wahl zum Europäischen Parlament harmonisiert, darunter das Mindestalter für das passive Wahlrecht bei der Wahl zum Europäischen Parlament. Gemäß Erwägung 17 der vorgeschlagenen Verordnung sollte in der gesamten Union „ein einheitliches harmonisiertes Alter für das […] passive Wahlrecht eingeführt werden, um Gleichheit zu gewährleisten und Diskriminierung bei der Wahrnehmung dieser grundlegenden staatsbürgerlichen und politischen Rechte zu vermeiden“. In Artikel 5 Absatz 1 der vorgeschlagenen Verordnung wird das Alter auf 18 Jahre festgelegt. Im Gegensatz zum aktiven Wahlrecht sind hierfür keine Ausnahmen vorgesehen. Damit die Verordnung in Kraft treten kann, bedarf sie der einstimmigen Zustimmung des Rates und der Billigung durch alle Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Sperrklausel für die Wahl zum Europäischen Parlament[23]

In der Sperrklausel für die Sitzvergabe ist der Mindestprozentsatz der Stimmen festgelegt, die eine politische Partei oder eine Koalition sammeln muss, um einen Sitz in der gesetzgebenden Versammlung zu erhalten. Sperrklauseln sollen ein besseres Gleichgewicht zwischen Regierbarkeit und Repräsentativität ermöglichen, indem sie die Bildung stabiler Mehrheiten begünstigen und eine übermäßige Fragmentierung der gesetzgebenden Versammlung verhindern. Die in Sperrklauseln festgelegten Schwellenwerte werden manchmal gesetzlich vorgeschrieben, können aber in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Anforderung das Ergebnis der Größe des Wahlkreises und des einschlägigen Wahlgesetzes sein, in dem die Verteilung der Sitze auf die Wahlkreise festgelegt ist. Sperrklauseln sind in Verhältniswahlsystemen üblich, die dazu neigen, das Mehrparteiensystem zu begünstigen. Solche Sperrklauseln können jedoch problematisch sein, wenn sie beispielsweise die Vertretung regionaler Parteien und ethnischer und sprachlicher Minderheiten einschränken oder behindern. Der derzeitige Europäische Wahlakt enthält verschiedene gemeinsame Grundsätze, die durch die einzelnen nationalen Gesetze, die für die Wahl des Europäischen Parlaments gelten, gewahrt werden müssen. Der ursprüngliche Wahlakt von 1976 enthielt keine Bestimmungen über Sperrklauseln. Nach den 2002 eingeführten Änderungen können die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 einen Schwellenwert für die Sitzvergabe festlegen. Dieser darf 5 % der abgegebenen Stimmen jedoch nicht überschreiten. In einem vom Europäischen Parlament im Mai 2022 angenommenen Entwurf eines Gesetzgebungsakts, mit dem der Wahlakt von 1976 aufgehoben werden soll, wird vorgeschlagen, Artikel 3 zu ändern. Den Mitgliedstaaten stünde es weiterhin frei, einen Schwellenwert von nicht mehr als 5 % der abgegebenen gültigen Stimmen festzulegen, sie wären jedoch verpflichtet, einen Schwellenwert von nicht weniger als 3,5 % und nicht mehr als 5 % für nationale Wahlkreise festzulegen, die mehr als 60 Sitze umfassen. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2019 lagen die in Sperrklauseln festgelegten Schwellenwerte zwischen 5 % der abgegebenen gültigen Stimmen in neun Mitgliedstaaten (Tschechien, Frankreich, Kroatien, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Rumänien und der Slowakei) und 1,8 % in Zypern. 14 Mitgliedstaaten hatten keinen Schwellenwert festgelegt. In Italien, Österreich und Schweden galt ein Schwellenwert von 4 %, in Griechenland ein Schwellenwert von 3 %. Diese Schwellenwerte galten weiterhin für die Wahl zum Europäischen Parlament 2024.

Die Spitzenkandidaten[24]

Das Spitzenkandidatenverfahren stützt sich auf den unklaren Wortlaut der für die Ernennung des Präsidenten der Kommission geltenden Vertragsbestimmung (Artikel 17 Absatz 7 EUV), die ein solches Verfahren weder ausdrücklich vorsieht noch ausschließt. Das Verfahren beruht auf einer Lesart der Bestimmung, die sich an den durch den Vertrag von Lissabon eingeführten Neuerungen orientiert, wonach sich das Gesamtergebnis der Wahl zum Europäischen Parlament politisch in der Wahl des Präsidenten der Exekutive niederschlagen sollte. In der Erklärung Nr. 6 zu Artikel 15 Absätze 5 und 6, Artikel 17 Absätze 6 und 7 und Artikel 18 EUV heißt es, dass bei der Auswahl der Personen, die das Amt des Präsidenten der Kommission ausüben sollen, gebührend zu berücksichtigen ist, dass die geografische und demografische Vielfalt der Union und ihrer Mitgliedstaaten angemessen geachtet werden muss. In der Erklärung Nr. 11 wird klargestellt, dass die Auswahl des Kandidaten das Ergebnis von Konsultationen zwischen dem Europäischen Rat und dem Parlament ist. Das Spitzenkandidatenverfahren ist ein politischer Prozess, bei dem die europäischen politischen Parteien vor der Wahl zum Europäischen Parlament die Person benennen müssen, die sie als Präsident der Kommission vorschlagen würden oder die eine parlamentarische Mehrheit erreichen könnte. Diese Person betreibt daraufhin den Wahlkampf in den Mitgliedstaaten und stellt das politische Programm ihrer eigenen politischen Partei vor. Mit dem Spitzenkandidatenverfahren soll eine politische Verbindung zwischen Parlament und Exekutive hergestellt werden. Die EU ist das Ergebnis eines tiefgreifenden Integrationsprozesses, der ein höheres Maß an demokratischer Legitimation für ihre Organe und ein für die Bürger verständlicheres System erfordert.

Nationale Bestimmungen für die Stimmabgabe aus dem Ausland in den EU-Mitgliedstaaten[25]

In vier Mitgliedstaaten (Belgien, Bulgarien, Griechenland und Luxemburg) gilt die Wahlpflicht. Im Falle Griechenlands ist die Stimmabgabe für Wähler mit Wohnsitz im Ausland jedoch nicht obligatorisch. 23 Mitgliedstaaten erkennen das Recht ihrer Bürger auf Stimmabgabe aus dem Ausland bei der Wahl zum Europäischen Parlament an, wobei einige Unterschiede bestehen. So erkennen beispielsweise zwei Mitgliedstaaten (Bulgarien und Italien) das Recht ihrer Bürger auf Stimmabgabe aus dem Ausland nur an, wenn sie ihren Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat (d. h. nicht in einem Drittstaat) haben. Vier Mitgliedstaaten (Tschechien, Irland, Malta und die Slowakei) erkennen das Recht ihrer Bürger auf Stimmabgabe aus dem Ausland bei der Wahl zum Europäischen Parlament nicht an, weshalb ihre Bürger in ihr „Heimatland“ zurückkehren müssen, um wählen zu können. Irland erlaubt jedoch einigen bestimmten Kategorien von Personen (z. B. Militärangehörigen und dem Personal diplomatischer Vertretungen), aus dem Ausland zu wählen. 19 Mitgliedstaaten erkennen das Recht ihrer Bürger auf persönliche Stimmabgabe in diplomatischen und/oder konsularischen Vertretungen an. Zwischen diesen Mitgliedstaaten bestehen jedoch Unterschiede: So gewährt Ungarn das persönliche Wahlrecht nur denjenigen Bürgern, die ihren Wohnsitz in Ungarn haben, aber ihr Wahlrecht im Ausland ausüben möchten. Ungarische Staatsbürger, die keine Anschrift in Ungarn haben und außerhalb der EU leben, können nur per Briefwahl abstimmen. Darüber hinaus können einige Mitgliedstaaten (z. B. Belgien, Zypern, Polen, Rumänien und Spanien) unter bestimmten Bedingungen Wahllokale an anderen Orten als in diplomatischen und konsularischen Vertretungen einrichten. 14 Mitgliedstaaten gestatten die Briefwahl, wobei Dänemark den Begriff „Briefwahl“ auch für das verwendet, was in der Praxis eine vorgezogene Stimmabgabe ist. Einige dieser Mitgliedstaaten übernehmen die Kosten für die postalische Stimmabgabe auf dem normalen Postweg (z. B. Österreich, Ungarn) oder erstatten sie (Spanien), während andere vorsehen, dass die Portokosten vom Wähler getragen werden (z. B. Estland, Deutschland und die Niederlande). Nur drei Mitgliedstaaten (Belgien, Frankreich und die Niederlande) erlauben die Stimmabgabe durch Bevollmächtigte, wobei in allen drei Mitgliedstaaten auch andere Formen der Stimmabgabe anerkannt werden, d. h. die persönliche Stimmabgabe und die Briefwahl. In einigen Mitgliedstaaten, wie Deutschland, ist die Stimmabgabe durch Bevollmächtigte ausdrücklich verboten. Nur ein Mitgliedstaat (Estland) gestattet seinen Bürgern die elektronische Stimmabgabe.

Europäischer Schutzschild für die Demokratie[26]

Mit der im Juli 2024 erstmals als Teil der politischen Leitlinien der Kommission 2024-2029 angekündigten Initiative „Schutzschild für die Demokratie“ werden die bestehenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland mit der Umsetzung wichtiger Rechtsvorschriften und Initiativen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Informationsbereichs verknüpft. Zur Initiative gehören die Regulierung von Online-Plattformen und Suchmaschinen im Gesetz über digitale Dienste, einschließlich des 2022 gestärkten Verhaltenskodex, damit Online-Plattformen mehr tun, um Informationsmanipulation und Hetze einzudämmen, und die Arbeit der Europäischen Beobachtungsstelle für digitale Medien und ihrer regionalen Zweigstellen. Sie umfasst auch die Verordnung über künstliche Intelligenz mit ihrem risikobasierten Ansatz zur Regulierung von künstlicher Intelligenz, einschließlich generativer KI-gestützter Informationsmanipulation wie Deepfakes, das Europäische Medienfreiheitsgesetz und die Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung.


 

ANLAGE: ERKLÄRUNG ZU BEITRÄGEN

Gemäß Anlage I Artikel 8 der Geschäftsordnung erklärt die Berichterstatterin, dass sie in ihren Bericht Beiträge zu Angelegenheiten, die den Gegenstand des Dossiers betreffen, aufgenommen hat, die sie bei der Vorbereitung des Berichts bis zu dessen Annahme im Ausschuss von den folgenden Interessenvertretern, die in den Anwendungsbereich der Interinstitutionellen Vereinbarung über ein verbindliches Transparenz-Register[27] fallen, oder den folgenden Vertretern der Behörden von Drittländern, einschließlich ihrer diplomatischen Vertretungen und Botschaften, erhalten hat:

1. Interessenvertreter, die in den Anwendungsbereich der Interinstitutionellen Vereinbarung über ein verbindliches Transparenz-Register fallen

 

2. Vertreter der Behörden von Drittländern, einschließlich ihrer diplomatischen Vertretungen und Botschaften

 

Für die vorstehende Liste ist ausschließlich die Berichterstatterin verantwortlich.

Wenn natürliche Personen in der Liste namentlich, mit ihrer Funktion oder mit beidem genannt werden, erklärt die Berichterstatterin, dass sie den betroffenen natürlichen Personen die Erklärung zum Datenschutz Nr. 484 des Europäischen Parlaments (https://www.europarl.europa.eu/data-protect/index.do) vorgelegt hat, in der die Bedingungen für die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten und die mit dieser Verarbeitung verbundenen Rechte dargelegt sind.

ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

16.7.2025

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

20

8

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

François-Xavier Bellamy, Brando Benifei, Gabriele Bischoff, Salvatore De Meo, Vasile Dîncu, Nikolas Farantouris, Daniel Freund, Charles Goerens, Sandro Gozi, Ľubica Karvašová, Emmanouil Kefalogiannis, Juan Fernando López Aguilar, Nicola Procaccini, Thijs Reuten, Bartłomiej Sienkiewicz, Sven Simon, Anthony Smith, Stanisław Tyszka, Alexandre Varaut, Adrián Vázquez Lázara, Sabine Verheyen, Charlie Weimers

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Marieke Ehlers, Borja Giménez Larraz, Fabrice Leggeri, Idoia Mendia, Ana Miguel Pedro, Gheorghe Piperea

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder gemäß Art. 216 Abs. 7 der Geschäftsordnung

Elisabeth Dieringer

 


NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

20

+

PPE

Salvatore De Meo, Borja Giménez Larraz, Emmanouil Kefalogiannis, Ana Miguel Pedro, Bartłomiej Sienkiewicz, Sven Simon, Sabine Verheyen, Adrián Vázquez Lázara

Renew

Charles Goerens, Sandro Gozi, Ľubica Karvašová

S&D

Brando Benifei, Gabriele Bischoff, Vasile Dîncu, Juan Fernando López Aguilar, Idoia Mendia, Thijs Reuten

The Left

Nikolas Farantouris, Anthony Smith

Verts/ALE

Daniel Freund

 

8

-

ECR

Gheorghe Piperea, Nicola Procaccini, Charlie Weimers

ESN

Stanisław Tyszka

PfE

Elisabeth Dieringer, Marieke Ehlers, Fabrice Leggeri, Alexandre Varaut

 

1

0

PPE

François-Xavier Bellamy

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+ : dafür

- : dagegen

0 : Enthaltung

 

 

Letzte Aktualisierung: 2. September 2025
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