BERICHT über die Ergebnisse der Arbeiten der Paritätischen Versammlung AKP-EU 1995

22. Februar 1996

Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit
Berichterstatter: Herr Blaise Aldo

Mit Schreiben vom 3. Oktober 1995 bat der Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit um Genehmigung, einen Bericht über die Arbeiten der Paritätischen Versammlung AKP-EU 1995 vorlegen zu dürfen.

In der Sitzung vom 17. November 1995 gab der Präsident des Europäischen Parlaments bekannt, daß die Konferenz der Präsidenten dem Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit die Genehmigung erteilt habe, einen diesbezüglichen Bericht auszuarbeiten.

In seiner Sitzung vom 17. Oktober 1995 benannte der Ausschuß Herrn Aldo als Berichterstatter.

In seiner Sitzung vom 23. Januar 1996 prüfte er den Berichtsentwurf.

In der Sitzung vom 21. Februar 1996 nahm er den Entschließungsantrag einstimmig an.

An der Abstimmung beteiligten sich: die Abgeordneten Stasi, stellvertretender und amtierender Vorsitzender; Wurtz und Fassa, stellvertretende Vorsitzende; Aldo, Berichterstatter; Corrie, Cunningham, Kinnock, McGowan, Martens, Pons Grau und Sandbæk (in Vertretung d. Abg. van der Waal).

Der Bericht wurde am 22. Februar 1996 eingereicht.

Die Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen ist dem Entwurf der Tagesordnung für die Tagung zu entnehmen, auf der der Bericht geprüft wird.

A. ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

zu den Ergebnissen der Arbeiten der Paritätischen Versammlung AKP-EU 1995

Das Europäische Parlament,

- in Kenntnis der von der Paritätischen Versammlung auf ihren Tagungen von Dakar (Januar-Februar 1995) und Brüssel (September 1995) angenommenen Ent-

schließungen[1],

- gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit (A3-0045/95),

A. in der Erwägung, daß der demokratische Charakter der Paritätischen Versammlung ihr eine hervorragende Rolle beim Ausbau und der Stärkung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und ihren AKPPartnern verleiht,

B. in der Erwägung, daß das Europäische Parlament seiner Entwicklungspolitik größte Bedeutung beimißt, insbesondere der Vertiefung der Zusammenarbeit AKP-EU sowie der Stärkung der Menschenrechte und Menschenwürde weltweit,

C. in der Erwägung, daß das Jahr 1995 mit der Halbzeitbilanz des Lomé IV-Abkommens und der Festlegung seiner neuen Haushaltsausstattung für den Zeitraum 1995 bis 2000 eine wichtige Etappe bei der Zusammenarbeit AKP-EU bedeutet,

1. verzeichnet formal eine bessere Qualität der Verhandlungen über die Halbzeitbilanz des Lomé IVAbkommens und der Vereinbarung über die Festlegung des 8. Europäischen Entwicklungsfonds;

2. betont, daß die Paritätische Versammlung, indem sie in den verschiedenen Verhandlungsphasen konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der Effizienz des Abkommens eingebracht hat, einen wichtigen positiven Beitrag zum Erfolg dieser Verhandlungen geleistet hat;

3. ist insbesondere der Ansicht, daß der Beschluß des AKP-EU-Ministerrats, einer Delegation der Paritätischen Versammlung die Genehmigung zu erteilen, als Beobachter an den

Ministerverhandlungen teilzunehmen, eine verdiente Anerkennung ihrer wesentlichen Rolle bei dem Dialog zwischen den Partnern und bei der Vertiefung der Kooperation AKP-EU darstellt;

4. ist zutiefst besorgt über die Tatsache, daß die Gesamtausstattung des 8. EEF zur Erreichung der Kooperationsziele AKP-EU unzureichend ist; weist insbesondere darauf hin, daß dieser Betrag keinem der objektiven Kriterien entspricht, deren Beachtung die Versammlung bei der Festlegung der Höhe empfohlen hatte;

5. begrüßt die steten Bemühungen der Paritätischen Versammlung um einen Beitrag zur Förderung der Menschenrechte und der Demokratie und zur Lösung der gravierenden Konfliktsituationen in bestimmten AKP-Ländern;

6. ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, daß die Entsendung von Delegationen der Partitätischen Versammlung - wie die drei Missionen, die 1995 Burundi, Zaire, Ruanda, Sudan, Eritrea und Äthiopien sowie Mali aufgesucht haben - sich als wirksames Instrument erwiesen hat, um zur Beilegung von Konfliktsituationen beizutragen und die Kooperation zugunsten der betroffenen Bevölkerung wirksamer zu gestalten;

7. verurteilt erneut die derzeitige politische Lage in Nigeria; bedauert, daß die Paritätische Versammlung sich auf ihrer Tagung von Brüssel zu diesem Thema nicht äußern konnte;

8. ist der Auffassung, daß die Entsendung einer Delegation der Paritätischen Versammlung in dieses Land einen maßgeblichen Beitrag bei der Suche nach Mitteln und Wegen leisten kann, um die Lage positiv zu beeinflussen, und fordert unter diesen Bedingungen, daß einer Delegation die Genehmigung erteilt wird, unverzüglich nach Nigeria zu reisen;

9. begrüßt die Beteiligung einer parlamentarischen Delegation Südafrikas an den Arbeiten der Versammlung als Beobachter und unterstreicht in diesem Zusammen-

hang die weiterhin herausragende Rolle der Paritätischen Versammlung bei der Festlegung der künftigen Beziehungen zwischen Südafrika, den AKPPartnern und der EU; erinnert in diesem Zusammenhang daran, daß die Paritätische Versammlung sich klar für den Beitritt Südafrikas zum Lomé-Abkommen ausge-

sprochen hat;

10. nimmt mit Interesse die wichtige Entschließung zu den Infrastrukturen in den AKP-Ländern zur Kenntnis, die von der Versammlung im Rahmen ihres Gesamtberichts angenommen wurde;

11. betont, daß die Grundinfrastrukturen eine wesentliche Vorbedingung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der AKP-Länder sind, daß ihre Planung und Verwirklichung aus regionaler Perspektive und in einem regionalen Rahmen erfolgen müssen und daß unbedingt darauf geachtet werden muß, daß diese Infrastrukturen umweltfreundlich sind und dem Bedarf und den Kenntnissen der Bevölkerungen, die sie nutzen sollen, angepaßt sind, und ersucht darum, die erforderlichen Mechanismen im Hinblick auf eine dauerhafte Wartung vorzusehen;

12. hält es insbesondere für notwendig, daß bei Katastrophen in AKP-Ländern parallel zu den unabdingbaren humanitären Soforthilfeaktionen Hilfen für den Wiederaufbau mit spezifischen Aktionen zur Wiederherstellung der Infrastruk-

turen vorgesehen werden;

13. begrüßt es, daß immer mehr eingesehen wird, wie wichtig es ist, Aktionen im Bereich des AIDS-Virus angesichts der Verbreitung dieser Epidemie und ihres offenkundigen Zusammenhangs mit der Armut einzuleiten, und weist auf die Notwendigkeit hin, eine allgemeine Politik der Bildung im Bereich der Gesundheit und somit auch der Verhütung zu fördern;

14. wiederholt seine dringende Aufforderung an die Europäische Union, die Herstellung, den Verkauf und die Lagerung von Antipersonenminen zu verbieten und die auf ihrem Territorium bestehenden Bestände zu vernichten, und unterstützt das Ersuchen um Gründung eines speziellen Fonds zur Weiterfinanzie-

rung der Entminung und zur Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer; es fordert außerdem die rasche Einsetzung eines Sonderfonds im Haushaltsplan der Europäischen Union, um Programme der NRO zu finanzieren, die bislang in unterschiedlichen Haushaltslinien untergebracht waren, und zwar in allen Ländern, die unter dem Einsatz von Minen gelitten haben;

15. wünscht, daß die Paritätische Versammlung sich künftig stärker Problemen im Zusammenhang mit der Erzeugung und dem Verbrauch von Drogen in bestimm-

ten AKP-Ländern widmet;

16. wünscht, daß bei politischen Risiken und Krisen in bestimmten AKP-Ländern nicht systematisch die Gemeinschaftshilfen seitens der europäischen Partner als Mißfallensbezeigung eingefroren werden, da dies zusätzliche Schwierigkeiten für die Bevölkerung mit sich bringen kann;

17. nimmt die wichtigen Debatten und Schlußfolgerungen der Paritätischen Versammlung hinsichtlich der Ergebnisse - und der Durchführung im Rahmen der Kooperation AKP-EU - der großen internationalen Konferenzen wie der Konferenz von Kairo über Bevölkerung und Entwicklung, der Weltfrauenkonferenz von Peking und dem Sozialgipfel von Kopenhagen zur Kenntnis;

18. wartet mit Interesse auf die Schlußfolgerungen der drei Arbeitsgruppen der Versammlung, die sich den Themen Industrialisierung, Flüchtlinge und Ver-

triebene und städtische Entwicklung widmen; betont, daß die Paritätische Versammlung einen wesentlichen Beitrag in diesen drei essentiellen Bereichen der AKP-EU-Kooperation leisten kann;

19. betont, daß auf den letzten beiden Tagungen eine beträchtliche Erhöhung der Zahl der an den Rat und die Kommission gerichteten Fragen stattgefunden hat, daß daher für diese Art von Tätigkeiten erhebliche Zeit aufgewandt wurde und daß zahlreiche Entschließungen von der Paritätischen Versammlung eingereicht, erörtert und angenommen wurden;

20. ist der Auffassung, daß dieser Zustand die Paritätische Versammlung veranlassen sollte, ihre Arbeitsmethoden gründlich zu überdenken wie auch die Auswirkungen der Botschaft, die sie an die anderen Organe, aber auch an die Öffentlichkeit in den AKP-Staaten und in der EU richten will;

21. ist der Auffassung, daß es im Sinne einer stärkeren Effizienz erforderlich ist, die Tätigkeiten der Paritätischen Versammlung auf der Grundlage von Prioritäten konzentrierter zu gestalten, die sie selbst festlegen muß, ohne aber dadurch die Freiheit der Mitglieder der Versammlung einzuschränken, die von ihnen für wichtig erachteten Fragen aufzuwerfen;

22. stellt mit Genugtuung fest, daß die Parlamente in den AKP-Delegationen stark vertreten sind, was den demokratischen Charakter des Organs, seine Auto-

rität und seine Legitimität stärkt und Ausdruck des wachsenden Engagements der AKP-Staaten im Bereich der Demokratie ist;

23. wiederholt seinen Wunsch, die institutionelle Autonomie der Paritätischen Versammlung und folglich auch ihre Finanzautonomie anzuerkennen, indem die Verantwortung für ihre Verwaltung den in ihrer Geschäftsordnung im Rahmen der Haushaltsressourcen der EU vorgesehenen Organen übertragen wird; ist der Auffassung, daß diese Autonomie ihr die Möglichkeit geben dürfte, ihre Aufgaben verantwortungsbewußt und wirksamer wahrzunehmen;

24. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem AKP-EU-Ministerrat, den Parlamenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dem AKP-Botschafterausschuß sowie der Europäischen Kommission zu übermitteln.

  • [1] ABl. C 245 vom 21.9.1995, AP/1615-1617-1618, 28.9.1995

B. BEGRÜNDUNG

Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden alljährlich über die Tätigkeiten der Paritätischen Versammlung unterrichtet. Sie können sich dann eine Vorstellung von dem Stand der Durchführung des LoméAbkommens, von den jüngsten Ereignissen in den AKP- Ländern, ihren Problemen und Sorgen machen, aber auch natürlich von den Entscheidungen der Paritätischen Versammlung.

Das Jahr 1995 war für die AKP-EU-Zusammenarbeit und insbesondere für die Paritätische Versammlung besonders wichtig, da im ersten Halbjahr die Verhandlungen über die Halbzeitbilanz von Lomé IV zu Ende gegangen sind und die Höhe der Ausstattung des 8. EEF beschlossen wurde.

Zu den Tätigkeiten der Paritätischen Versammlung und ihrer wichtigsten Organe gehörten u.a.:

- Die Kontaktgruppe im Anschluß an die Arbeitsgruppe über die Überprüfung von Lomé IV hat als Beobachter an einem Teil der Verhandlungen des AKP-EU-Rates teilgenommen. Die Paritätische Versammlung war somit zum ersten Mal vollständig an den

Ministerverhandlungen über das Lomé-Abkommen beteiligt.

- Eine Delegation des Präsidiums hat Ende Mai/Anfang Juni 1995 die Hauptstädte der drei am stärksten an der Erneuerung des EEF beteiligten Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich) besucht, um für eine erhöhte Finanzausstattung des 8. EEF zu plädieren.

- Es wurden Missionen in einer Reihe von AKP-Ländern von Delegationen des Präsidiums unternommen, so u.a. in Burundi, Zaire, Ruanda, Sudan, Eritrea, Äthiopien und Mali.

- Fortsetzung der Tätigkeiten der drei Arbeitsgruppen betreffend Industrialisierung, Flüchtlinge bzw. städtische Entwicklung. Es sei betont, daß die Einsetzung von Arbeitsgruppen der Paritätischen Versammlung die Möglichkeit gibt, wesentliche Fragen im Hinblick auf die Fortsetzung und die Zukunft der AKP-EU-Zusammenarbeit gründlich zu prüfen und in diversen Bereichen konkrete Aktionsvorschläge vorzulegen.

- Der Besuch des Generalberichterstatters in einer Reihe von AKP-Staaten der Region des südlichen Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums im Rahmen der Ausarbeitung seines Gesamtberichts.

- Die Organisation des Besuchs von Fischereianlagen nach der diesbezüglichen Debatte auf ihrer Tagung in Dakar; eine Debatte, in der die Notwendigkeit einer Förderung der handwerklichen Fischerei der AKP-Länder herausgestrichen wurde.

- Die Organisation eines Seminars mit den NRO auf ihrer Tagung in Brüssel, auf dem mehr als 40 NRO-Vertreter versammelt waren.

Im übrigen sei erwähnt, daß eine Delegation Südafrikas als Beobachter an den zwei Tagungen von Dakar und Brüssel teilgenommen hat und auch in den Debatten über die Zukunft der Beziehungen zwischen der Europäischen Union, den AKP und Südafrika Beiträge geliefert hat.

In diesem Jahr wurde auch der Commonwealth-Organisation Beobachterstatus eingeräumt.

Überdies hat der Präsident der Republik São Tomé und Príncipe auf der Tagung von Brüssel vor der Versammlung gesprochen. Die Versammlung hatte außerdem die Gelegenheit, den Direktor der

Weltgesundheitsorganisation für Afrika sowie den Vertreter der Vereinten Nationen in Angola zu hören.

Folgendes waren die wichtigsten Themen dieses Jahr:

- die Weiterverfolgung der Verhandlungen im Hinblick auf die Halbzeitüberprüfung von Lomé IV und die Festlegung des Betrags des 8. EEF. Er soll jetzt endgültig bei 12 Milliarden 967 Millionen ECU liegen, was allerdings sehr enttäuschend ist. Vor allem dann, wenn man bedenkt, daß parallel dazu ein Schuldenerlaß für die AKP-Länder abgelehnt wurde, wenn auch die Schulden-

erleichterung oder die Umschuldung nach den Worten des amtierenden Ratspräsidenten Bernard Debré unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht der Union fällt. Ich hatte damals die französische Präsidentschaft und die anderen Länder der Union unterstützt, die die Auffassung vertraten, daß die Stärkung der Kooperation zwischen der Union, den osteuropäischen Ländern, den Ländern des Mittelmeerraums und Südamerikas nicht auf Kosten der AKP-Länder erfolgen dürfte, die zu den ärmsten Ländern der Welt gehören. Ich wies seinerzeit darauf hin, daß es hier um die politische Glaubwürdigkeit der Union selber gehe.

- Das Thema der Infrastrukturen, vor allem im Bereich Kommunikation, Energie, Wasser und Telekommunikation, das Gegenstand des von Frau MaijWeggen vorgelegten Gesamtberichts war, in dem diese die mangelhafte regionale Zusammenarbeit ausführlich dargestellt und die Notwendigkeit einer Verbesserung der Entwicklung und Unterhaltung der Infrastrukturen hervorgehoben hat. Der Ausbau der Grundinfrastrukturen ist eine notwendige Vorbedingung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Was die von verschiedenen Naturkata-

strophen betroffenen AKP-Länder und -Regionen anbelangt, so erscheint es außerdem vordringlich, die humanitären und Soforthilfen durch Wiederaufbauhilfen zu ergänzen, die auch eine speziell für die Wiederher-

stellung von Infrastrukturen vorgesehene Hilfe umfassen.

- Die Überwachung der Menschenrechtssituation, vor allem im Wege der Entsendung von spezifischen Missionen in bestimmte Länder und der Weiterverfolgung einer Reihe von präzisen Fällen im Rahmen des vom Präsidium angewandten Verfahrens sowie der Prüfung der Lage in bestimmten AKP-Ländern auf den Tagungen der Versammlung.

- Die weitere Verfolgung der Situation im südlichen Afrika und Prüfung der künftigen Beziehungen zwischen Südafrika und der Kooperation AKP-EU.

- Es gab mehrere Abstimmungen über Grunderzeugnisse. Als Beispiel möchte ich nennen Zucker, wo die AKPErzeuger unter Hinweis darauf, daß die Zucker-

lieferungen seit 1975 unverändert sind, den Wunsch ausgedrückt haben, Zucker zum Garantiepreis zu liefern, um das Defizit der Union zu decken. Bei Bananen hat Bernard Debré, damaliger amtierender Präsident des Rates, auf den vorläufigen Charakter der Bananenregelung hingewiesen. Die Union hat angesichts der von Amerika angedrohten kommerziellen Vergeltung geltend gemacht, daß jede Maßnahme der Vereinigten Staaten mit den im Rahmen der WTO eingegangenen Verpflichtungen konform sein muß.

- Die Ergebnisse der Frauenkonferenz von Peking waren Gegenstand eines Berichts, in dem Frau Junker die Notwendigkeit hervorhob, die Länder des Südens in eine Lage zu versetzen, daß sie die Rolle der Frau in ihren Gesellschaften verbessern können, wobei sie darauf hinwies, daß die Frauen häufig die ersten Opfer von Kriegen und Krisen sind.

- Die Ergebnisse des Sozialgipfels von Kopenhagen, der nach Auffassung der Paritätischen Versammlung bestimmte Fortschritte mit sich gebracht hat, indem er die Entwicklungsstrategie in eine neue Bahn gelenkt hat. In diesem Zusammenhang fordert die Versammlung eine stärkere Hinwendung der Entwicklungshilfe zum sozialen Sektor.

Was die Arbeitsmethoden und die Bewertung der Ergebnisse der Tätigkeiten der Versammlung anbelangt, so sind hier zwei spezifische Fragen besonders wichtig: einerseits Durchführung des Verfahrens der Anfragen an Rat und Kommission und zum andern die Zahl der von der Versammlung angenommenen Entschließungen.

In diesem Jahr hat sich die Zahl der Anfragen an Rat und Kommission beträchtlich erhöht. Auf der Tagung von Dakar gab es lediglich 18 Anfragen an den Rat und 33 an die Kommission. In Brüssel hat sich die Zahl der Anfragen an den Rat auf 33 und die an die Kommission auf 54 erhöht. Unter diesen Bedingungen war es nicht möglich, den Mitgliedern Zusatzfragen zu genehmigen. Man muß sich fragen, ob es richtig ist, so viel Zeit für diese Tätigkeit aufzuwenden, wo doch die Debatten der Versammlung strikt begrenzt sind.

So mußte die Abstimmung über bestimmte individuelle Entschließungsanträge zu bestimmten AKP-Ländern auf der Tagung von Brüssel auf die nächste Tagung der Versammlung verschoben werden, da diese Entschließungsanträge vorher nicht ausreichend debattiert werden konnten.

44 Entschließungen wurden in Dakar und 31 in Brüssel angenommen. Diese Entschließungen erstrecken sich auf die verschiedensten Bereiche der AKP-EU-Zusam-

menarbeit. Es ist zu befürchten, daß eine so hohe Zahl von Entschließungen zu so unterschiedlichen Themen die Prioritäten der Paritätischen Versammlung untergräbt und ihre Botschaft bei den anderen Organen, aber auch in der Öffentlichkeit, verwässert.

Man mag insbesondere bedauern, daß die Versammlung zu einund demselben Thema zuweilen mehrere Entschließungen verabschiedet. Dies war insbesondere in Brüssel der Fall, wo sie 3 Entschließungen zu Bananen angenommen hat. Auch in Dakar hat sie 2 Entschließungen mit einem identischen Titel und einem teilweise gleichlautenden Inhalt angenommen. Es handelte sich damals um Entschließungen zur Einbeziehung der Jugend in den dezentralisierten Kooperationsprozeß.

Im übrigen mag es befremden, daß die Paritätische Versammlung sich das Recht nimmt, über ihre Kompetenzen, die ja klar im Rahmen des Lomé IV-Abkommens umrissen sind, hinauszugehen. So hat sie auf der Tagung von Brüssel die Frage der französischen Kernwaffentests im Pazifischen Raum geprüft und eine diesbezügliche Ent-

schließung nach einer eintägigen Debatte angenommen.

Die Frage der demokratischen Repräsentativität der AKPDelegationen in der Paritätischen Versammlung war lange eine Quelle von Kontroversen. Seit einigen Jahren hat sich diese Repräsentativität eindeutig gebessert. So bestanden auf der Tagung von Dakar 38 der 51 anwesenden AKP-Delegationen aus gewählten Abgeordneten. Auf der Tagung von Brüssel bestanden 41 AKP-Delegationen von den anwesenden 54 aus gewählten Abgeordneten.

Somit kann man sagen, daß das Lomé-Abkommen zwei Gebote unter einen Hut bringen muß.

Die Pflicht der Solidarität der Union gegenüber den Ländern, die von der europäischen Kolonisation betroffen waren, und die Wahrung der Handelsinteressen auf einem Planeten, wo der Handelskrieg heute heftiger denn je tobt.

Bei der Halbzeit des Lomé IV-Abkommens 1995 hat die Paritätische Versammlung ihre 20. Tagung in Dakar vom 30. Januar bis 3. Februar abgehalten und ihre 21. Tagung vom 25. bis 29. September in Brüssel. In den feierlichen Sitzungen dieser Tagungen und bei den verschiedenen anderen Gelegenheiten war allgemein der Wille erkennbar, die juristischen und materiellen Mittel zur Stärkung der Dauerhaftigkeit der Kooperation zwischen der EU und den Ländern des Südens über das Lomé-Abkommen zu nutzen, dennoch war aber auch spürbar, daß die Mitglieder der AKPLänder der Versammlung von Furcht und Sorge ergriffen waren.

Diese Gefühle entstehen in den AKP-Ländern nicht von ungefähr, bedenkt man die konkreten und objektiven Elemente, die sich vor allem auf folgendes erstrecken:

- die finanzielle Ausstattung des 8. EEF. Trotz der formellen Qualität der Verhandlungen, die zu dieser Ausstattung geführt haben, muß man feststellen, daß die AKP-Länder mit Recht den aufrichtigen Willen der EU bezweifeln, die Kooperation voranzubringen und "Lomé" festzuschreiben.

In diesem Sinne muß man die Entschlossenheit der französischen Präsidentschaft des Ministerrates würdigen, die vom Präsidenten des Europäischen Parlaments unterstützt wurde und die klar den Wunsch ausgedrückt hat, daß der Betrag des 8. EEF gegenüber dem 7. konstant bei 14,6 Millionen bleibt, die von 12 Mitgliedstaaten bereitgestellt werden. In keinem Fall, so meinten Alain Juppé und Klaus Hänsch, dürfe dieser Betrag, der 1995 von 15 Staaten für die Ausstattung des 8. EEF getragen wurde, unter 13,3 Milliarden liegen.

Leider wurden die Logik und die Stichhaltigkeit dieser These nicht einmütig aufgenommen, und die für den 8. EEF bewilligten 12,967 Milliarden reichen schon jetzt nicht aus, um die programmierbaren Hilfen zu verwirklichen und die Beibehaltung und das Funktionieren der Preisstützungsmechanismen (STABEX, Sysmin) zu gewährleisten, die nur bei bestehender entsprechender Mittelbindung garantiert werden können. Muß man in diesem finanziellen Rückzugsgefecht die Vorläufer einer schrittweisen Aufgabe der Kooperation sehen?

Andererseits war während der gesamten Debatten in den Sitzungen der Paritätischen Versammlung von der Einführung der "Demokratieklausel" in dem geänderten Artikel 5 des Lomé-Abkommens die Rede, wodurch die Einhaltung der Menschenrechte und der Demokratie zu einer wesentlichen Bedingung des Abkommens gemacht werden soll und eine eventuelle Aussetzung bei ernsten und wiederholten Verstößen möglich wird, wobei die Bedingungen für die Durchführung der Suspensivklausel in dem neuen Artikel 366a des Abkommens niedergelegt sind.

Ich bin der Auffassung, daß die Bestimmungen dieses Artikels 366a ein ausgezeichnetes Rechtsinstrument darstellen, um Verstöße gegen die demokratischen Grundsätze der Menschenrechte oder der Rechtsstaatlichkeit zu ahnden, wobei jede auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung die Durchführung von Begleitmaßnahmen bei allen Verfahrensphasen erfordert. Von der Konsultierung bis zur Untersuchung, und schließlich Konzertierung im Hinblick auf die Aufhebung der Suspensivsanktionen.

Im Hinblick auf Nigeria und die dortige Situation kann die Versammlung einen wichtigen Beitrag dazu leisten, positive Entwicklungen zu fördern, insbesondere im Bereich der Menschenrechte und der Demokratie in diesem Land. Eine Delegation der Paritätischen Versammlung, die groß genug sein sollte, um die verschiedenen politischen Strömungen innerhalb des Europäischen Parlaments widerspiegeln zu können, sollte alsbald in dieses Land entsandt werden, um die von ihr für erforderlich gehaltenen Besuche und Zusammenkünfte durchzuführen. Es muß betont werden, daß solche Reisen in der Vergangenheit zu einer Annäherung der Standpunkte bzw. in einigen AKP-Ländern auch zur Krisenbewältigung beigetragen haben.

Auf einer allgemeineren Ebene vertritt die Paritätische Versammlung die Überzeugung, daß institutionelle Mechanismen zur Konfliktverhütung eingerichtet werden müssen. In diesem Sinne hat sie eine Entschließung angenommen, in der sie die Einführung von politischen Kooperationsstrukturen fordert, die mit ausreichenden materiellen Mitteln ausgestattet sind, um wirksam Konflikte verhüten zu können.

Wenngleich die Union und die einzelnen Mitgliedstaaten unbestreitbar derzeit die wichtigste Quelle der öffentlichen Entwicklungshilfe für die Länder des Südens sind, sei bemerkt, daß die im Rahmen des Lomé IV-Abkommens getroffenen Maßnahmen schon jetzt unzureichend sind, um die in den einzelnen Abkommensprotokollen niedergelegten Ziele zu erreichen. Es steht zu hoffen, daß diese Mängel entgegen den Befürchtungen der AKP-Länder nur konjunktureller und umständebedingter Art sind und sich etwa erklären lassen durch:

- die den Mitgliedstaaten der Union aufgelegte Verpflichtung, ihr öffentliches Defizit im Hinblick auf die Einführung der einheitlichen Währung 1999 abzu-

bauen;

- die Verknüpfung des Unionsaufbauwerks mit den zu harmonisierenden sozioökonomischen Parametern. Jedes Mitgliedsland müßte Anstrengungen unternehmen, um ein optimales Entwicklungsniveau zu erreichen und sich so seinen Platz in der Union zu verdienen. Die Wachstumsraten und das BIP müssen ständig steigen.