BERICHT über den Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Genehmigung der Ergebnisse der WTO-Verhandlungen über Basistelekommunikationsdienste im Namen der Europäischen Gemeinschaft für die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche (KOM(97)0368 endg. - C4-0420/97 - 97/0204(CNS))

9. Oktober 1997

Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen
Berichterstatterin: Frau Luciana Castellina

Mit Schreiben vom 7. August 1997 konsultierte der Rat das Europäische Parlament gemäß Artikel 57, 66, 90, 99, 100, 100a und 113 des EG-Vertrags in Verbindung mit Artikel 228 Absatz 2 und Artikel 228 Absatz 3 Unterabsatz 1 des EG-Vertrags zu dem Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Genehmigung der Ergebnisse der WTO-Verhandlungen über Basistelekommunikationsdienste im Namen der Europäischen Gemeinschaft für die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche.

In der Sitzung vom 15. September 1997 gab der Präsident des Europäischen Parlaments bekannt, daß er diesen Vorschlag an den Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen als federführenden und den Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik sowie den Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit als mitberatende Ausschüsse überwiesen hat.

In seiner Sitzung vom 25. Februar 1997 benannte der Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen Frau Luciana Castellina als Berichterstatterin.

Der Ausschuß prüfte den Berichtsentwurf in seinen Sitzungen vom 25. September 1997 und 7. Oktober 1997.

In der letztgenannten Sitzung nahm der Ausschuß den Entwurf einer legislativen Entschließung einstimmig an und beschloß, das Verfahren ohne Aussprache anzuwenden (Artikel 99 der Geschäftsordnung).

An der Abstimmung beteiligten sich: die Abgeordneten Castellina, Vorsitzende und Berichterstatterin; Sainjon, stellvertretender Vorsitzender; Habsburg-Lothringen, Plooij-van Gorsel, Sonneveld (in Vertretung d. Abg. Porto), Van Dam (in Vertretung d. Abg. Souchet) und Wiersma (in Vertretung d. Abg. Smith).

Die Stellungnahmen des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik und des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit sind diesem Bericht beigefügt.

Der Bericht wurde am 9. Oktober 1997 eingereicht.

A. ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG

Legislative Entschließung mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Genehmigung der Ergebnisse der WTOVerhandlungen über Basistelekommunikationsdienste im Namen der Europäischen Gemeinschaft für die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche (KOM(97)0368 endg.

- C4-0420/97- 97/0204(CNS))

(Verfahren der Konsultation)

Das Europäische Parlament,

- in Kenntnis des Vorschlags für einen Beschluß des Rates KOM (97)0368 - 97/0204 (CNS),

- in Kenntnis des von der Kommission paraphierten Entwurfs eines Abkommens über die Ergebnisse der WTO-Verhandlungen über Basistelekommunikationsdienste (KOM(97)0368 endg.)[1],

- gestützt auf die Artikel 57, 66, 90, 99, 100, 100a, 113 und 228 Abs. 2 des EG-Vertrags,

- vom Rat gemäß Art. 228 Absatz 3 des EG-Vertrags konsultiert (C4-0420/97),

- gestützt auf Artikel 90 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,

- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Außenwirtschaftsbeziehungen sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik und des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit (A4-0305/97),

1. billigt den Abschluß des Abkommens;

2. beauftragt seinen Präsidenten, diese Stellungnahme dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • [1] () ABl. C 267 vom 3.9.1997, S. 80

B. BEGRÜNDUNG

1. Am 15. Juli 1997 hat die Kommission den Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Genehmigung der Ergebnisse der WTO-Verhandlungen über Basistelekommunikationsdienste im Namen der Europäischen Gemeinschaft für die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche mit dem Wortlaut des Vierten GATS-Protokolls (sowie einigen Listen mit den Verpflichtungen, Ausnahmen und Einschränkungen) angenommen, das am 15. Februar 1997 in Genf verabschiedet worden war. Da die Konsultation des Europäischen Parlaments erst am 7. August 1997 offiziell eingeleitet worden ist, drängt die Zeit, denn das Übereinkommen muß bis zum 30. November 1997 unterzeichnet sein wenn vor Ablauf der bereits vorgesehenen Frist für die völlige Freigabe dieses Sektors auf dem Binnenmarkt gehandelt werden soll. Auf den genannten Termin hat sich die Union bereits seit Jahren eingestellt und eine Reihe von (in der Mehrzahl notwendigen) Richtlinien in Anwendung von Art. 90 und 100a des Vertrags verabschiedet, die einen vollständig liberalisierten und harmonisierten Binnenmarkt vorsehen.

Die Ratifizierung des GATS-Übereinkommens bedeutet für die Union, die Öffnung des Binnenmarktes den von der WTO vorgesehenen Regeln zu unterwerfen. Die WTO erlaubt, wie in den Listen festgehalten, immerhin eine den einzelnen Liberalisierungsphasen der Union entsprechende Anwendung. Dies betrifft beispielsweise die Übergangsfrist, die einigen Ländern mit einem noch nicht entwickelten oder zu kleinen Netz - Irland, Luxemburg, Portugal, teilweise auch Griechenland und Spanien - eingeräumt wird.

2. Bevor wir zum Thema selbst kommen, einige Vorbemerkungen zu den institutionellen Aspekten der Verhandlungen, die zu diesem Abkommen geführt haben, übrigens das erste seiner Art, das im neuen Rahmen der Welthandelsorganisation geschlossen wurde. Weitere sollen bald folgen, insbesondere der Vertrag über die Finanzdienstleistungen.

Bekanntlich werden Verhandlungen, die den Außenhandel betreffen, von der Kommission auf der Grundlage eines Mandats des Ministerrats gemäß Art. 113 des Vertrags geführt. Soweit der Dienstleistungsbereich involviert ist, wird die Sache jedoch vertrackt, da dieser teilweise in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt (Tourismus, Kultur, Bildung) teilweise jedoch in die Zuständigkeit der Gemeinschaft, wie beispielsweise der audiovisuelle Sektor (der entsprechend einer Definition des Europäischen Gerichtshofs als "Dienstleistung" anzusehen ist). Allerdings nur eingeschränkt, da einige Aspekte audiovisueller Dienstleistungen - z.B. schöpferische Leistung und Produktion - weiter der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten vorbehalten bleiben.

Deshalb der Kompetenzwirrwarr in bezug auf das hier zu prüfende Übereinkommen. Es umfaßt vier Ebenen: 1) die grenzüberschreitenden Lieferungen (Dienstleistungen, die in dem Hoheitsgebiet erbracht werden, in dem ein Vertragspartner ansässig ist, aber bestimmt sind für in einem anderen Hoheitsgebiet ansässige Vertragspartner - diese fallen in die Zuständigkeit der Gemeinschaft; 2) die Nutzung im Ausland (Dienstleistungen, die im Hoheitsgebiet eines Vertragspartners für Verbraucher aus allen Ländern erbracht werden, beispielsweise touristische Leistungen) - diese fallen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten; 3) Geschäftsniederlassungen (Dienstleistungen, die von Lieferanten eines Vertragspartners innerhalb des Territoriums aller anderen Partner erbracht werden; z.B. Filialen ausländischer Banken) - diese fallen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten; 4) Präsenz natürlicher Personen (Dienstleistungen, die von natürlichen Personen einer Partei auf dem Hoheitsgebiet einer anderen Partei erbracht werden, z.B. Beratungstätigkeiten) - auch diese Leistungen unterliegen der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

Das erklärt, weshalb diese GATS-Verhandlungen als "gemischte Verhandlungen" geführt wurden, d.h sowohl von seiten der Union als auch der Mitgliedstaaten. Kommissar Leon Brittan hat einerseits auf der Grundlage der uneingeschränkten Gemeinschaftsbefugnisse gemäß Art. 113 für die "Ebene" 1 und andererseits im Auftrag der Mitgliedstaaten für die "Ebenen" 2, 3 und 4 verhandelt. Die Europäische Union hat also zweiseitig verhandelt, einmal auf WTO-Ebene mit allen WTO-Mitgliedern und parallel dazu mit den 15 Mitgliedstaaten, um eine gemeinsame Position festzulegen. Die erste Verhandlungsrunde fand in Genf statt, die zweite in Brüssel. Nicht nur das: Auch bei den 15 Mitgliedstaaten mußte wiederum differenziert werden, da 12 Mitgliedstaaten in bezug auf das GATS bestimmte Punkte ausgehandelt hatten, die von den drei erst später der Union beigetretenen Ländern (Schweden, Finnland, Österreich) nicht übernommen wurden, da diese sie nicht als "gemeinschaftlicher Besitzstand" ansahen. Das betrifft beispielsweise die Ausklammerung des Kulturbereichs, die 1993 zu einer Einschränkung des Angebots der Zwölf geführt hatte.

Ich bin deshalb so ausführlich auf diese Verhandlungsdetails eingegangen, weil ich glaube, auf diese Weise nochmals deutlich zu machen, wie außerordentlich kompliziert die Situation aufgrund der institutionellen Defizite des europäischen Aufbauwerks ist und mit welchen Schwierigkeiten derjenige zu kämpfen hat, der die Verhandlungen auf internationaler Ebene führen muß, und daß dies natürlich auch die Transparenz beeinträchtigt.

Der Vertrag dürfte keinen Einfluß auf die die Gemeinschaftsrichtlinien haben. Wie bereits weiter oben festgestellt, wurden fast alle erforderlichen Richtlinien mit Blick auf die Liberalisierung des Binnenmarktes für Basistelekommunikationsdienste verabschiedet, die bis zum 1. Januar 1998 erfolgt sein muß. Angesichts der zahlreichen Listen mit den Ausnahmeregelungen und Einschränkungen wird sich die Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten auf jeden Fall sehr langwierig und kompliziert gestalten. Die Kommission sollte aufgefordert werden, ihren Standpunkt in dieser Sache zu erläutern und ihre Erwartungen formulieren.

3. Es sei darauf hingewiesen, daß den GATS-Übereinkommen drei allgemeine Leitsätze zugrunde liegen: 1) Einem Drittstaat gewährte Vorteile müssen gemäß der Meistbegünstigungsklausel allen WTO-Mitgliedern eingeräumt werden. Dieser Vorteil soll auch auf die Nichtunterzeichner des Abkommens ausgedehnt werden, d.h. auch dann, wenn keine Gegenseitigkeit vorliegt. Das ist der Sinn des multilateralen Prinzips, worauf sich das System gründet. 2) Dieses allgemeine Prinzip wird flankiert und moduliert von einer Reihe spezifischer Verpflichtungen (den bereits erwähnen "Listen" zum Übereinkommen), in denen die Grenzen und Ausnahmen festgelegt werden. 3) Das Prinzip der Transparenz verpflichtet die Staaten, die Regeln und Normen für ihre eigenen Dienstleistungen offenzulegen, damit alle Akteure - unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit - wissen, was sie in dem Gebiet, in dem sie tätig werden wollen, erwartet.

Bemerkenswert ist, daß mit dem Übereinkommen über die Basistelekommunikationsdienste erstmalig weltweit Grundprinzipien festgelegt wurden, an denen sich die nationalen Regelungen auf dem Dienstleistungssektor zu orientieren haben. Und es ist auch das erste Mal, daß in einem multilateralen Übereinkommen Regeln für den Wettbewerb festgeschrieben werden, die Pluralismus garantieren. Dies sind insbesondere: der Universaldienst, die Garantie der Interoperabilität der Netze, der Konsens über die "essential facilities", die Bereitstellung der Ressourcen, z. B. der Frequenzen, und die Schutzklausel gegen den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bzw. den mißbräuchlichen oder unkorrekten Umgang mit Nachrichten im Bereich der Information.

In welchem Maß diese Grundsätze auf WTO-Ebene effektiv angewandt werden, läßt sich schwer sagen. Die Erfahrung lehrt, daß hier, wie sonst auch, stets die Kräfteverhältnisse entscheiden. Die Europäische Union sollte auf der Notwendigkeit ihrer Anwendung beharren und ein eigenes Kontrollverfahren hierfür vorsehen.

4. Das Abkommen wurde von 69 der 130 WTO-Mitglieder unterzeichnet, die allerdings 95% des einschlägigen Weltmarkts abdecken, dessen Volumen mit etwa 600 Mrd. Dollar zu veranschlagen ist, was 2,1% (bei hohen Zuwachsraten) der Bruttoproduktion entspricht.

Der Löwenanteil des Telekommunikationsmarktes entfällt auf die OSZE-Staaten, und dort wiederum auf die am weitesten entwickelten: Fünf Staaten repräsentieren allein 77% des Marktes. Auf den ersten zehn Plätzen der Telekommunikations- Einkommensstatistik sind auch Länder der südlichen Erdhälfte vertreten, wie Z. B. Korea, Brasilien, Mexiko und Argentinien. Eine besondere Rolle spielt das "winzige" Hongkong, das beim Außenhandel Platz fünf belegt.

Bleibt das Riesenproblem der Entwicklungsländer, bei denen zu fürchten steht, daß eine völlige Öffnung der Märkte in einem strategisch so sensiblen Sektor wie diesem, wenn sie ohne jede Gegenleistung erfolgt, schwerwiegende negative Folgen haben könnte. Dies gilt auch für andere Sektoren, weshalb die WTO übrigens schon (wenngleich auch noch mehr als vage) die Grundzüge eines spezifischen Programms formuliert hat.

Was die Europäische Union angeht, so lassen sich die Auswirkungen nur schwer abschätzen, schon weil es nur sehr spärliche einschlägige Daten und Analysen gibt: Wird es zu einem Preisverfall kommen? Wird es eine Expansionsexplosion geben? Ist mehr Wettbewerb zu erwarten oder wird es zu einer weiteren Konzentration kommen? Die Kommission sollte sich dazu äußern.

5. Die allgemeine Anwendung der Meistbegünstigungsklausel (MPF) gemäß Artikel II GATS sieht folgendes vor: "Jede der Vertragsparteien gewährt den Diensten und Anbietern von Dienstleistungen aller anderen Parteien unverzüglich und bedingungslos eine gleich günstige Behandlung wie den Anbietern gleichartiger Dienstleistungen jedes anderen Staates". Zu dieser allgemeinen Verpflichtung wurden von den Vertragsparteien bereits zum Abschluß der GATS-Verhandlungen zahlreiche Ausnahmen (61 Listen mit "article II Exemptions") formuliert, die jedoch nach spätestens 5 Jahren erneut zu prüfen und nach spätestens 10 Jahren endgültig festzuschreiben sind

Beim Abkommen über die Basistelekommunkationsdienste werden die Listen mit den spezifischen Konzessionen für die einzelnen Telekommunikationssektoren und -lieferarten mit den jeweiligen Beschränkungen des Marktzugangs und der Inländerbehandlung angehängt, während 9 Länder (nicht die Union) noch zusätzliche Ausnahmen von Artikel II (MPFKlausel) eingereicht haben.

Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings komplizierter als erwartet, weshalb es eine große Zahl von Beschränkungen im Hinblick auf den Marktzugang und die Inländerbehandlung gibt. Dies gilt vor allem für die Liberalisierung der Investitionen, da viele Parteien befürchteten, die nationale Kontrolle über Sektoren von strategischer Bedeutung zu verlieren. Angefangen bei den Vereinigten Staaten, die eine Begrenzung der ausländischen Direktinvestitionen im Rundfunkbereich auf 20% gefordert haben. Anders die Europäische Union (mit Ausnahme Portugals (Begrenzung auf 25%) und Frankreichs, das im Verhältnis zu den USA Gegenseitigkeit forderte und deshalb seinerseits dieselbe Schwelle von 20% festgesetzt hat). Außerhalb Europas haben auch andere Industrieländer Grenzen gefordert: Kanada (46% bei den "facilities" für ausländische Akteure), Japan (20% für KDD und NTT; Australien (keine Grenze für Investitionen in den neuen Sektoren, während bei den alten die Kapitalmehrheit australisch sein muß); Neuseeland (fordert ein "screening"). Schließlich wurden Restriktionen von weniger industrialisierten Ländern gefordert, nämlich Indien, Ungarn, Polen, Israel, Singapur und zahlreichen lateinamerikanischen Staaten (bis auf Chile, Venezuela, Kolumbien und Argentinien).

Abgesehen von den Investitionen sind weitere Schwierigkeiten im Hinblick auf den Zugang zu bestimmten Märkten aufgetreten. So haben die USA erneut eine eingeschränkte Gegenseitigkeit gefordert, indem sie das Recht der Lizenzvergabe an ausländische Wirtschaftsakteure oder das "benchmarking" (Plafonds für "accounting rates"), also das Recht, je nach "Entgegenkommen" gegenüber den ausländischen Operateuren Gebühren auf den internationalen Telekommunikationsverkehr zu erheben, in das Ermessen ihrer Federal Communication Commission stellen wollten.

Auch auf dieser Ebene scheint es die Europäische Union nicht für erforderlich gehalten zu haben, irgendwelche Restriktionen oder Gegenleistungen als Ausgleich für die mangelnde Gegenseitigkeit in bezug auf das eigene Angebot zu fordern. In diesem Punkt bedarf es weiterer Klarstellungen, wobei, ggf. mittels Einsetzung eines Begleitausschusses, vor allem die sich möglicherweise daraus ergebenden Diskriminierungsfaktoren zu prüfen wären.

6. Der schwierigste Verhandlungspunkt betraf jedoch den audiovisuellen Bereich (broadcasting). Die USA haben darauf bestanden, daß die audiovisuellen Dienstleistungen, insbesondere die neuen, wie Video on demand, pay-TV und DHT (direct to home transmission), die bei den GATS-Verhandlungen von 1993 aus dem Telekommunikationssektor ausgeklammert waren, im Namen der "Konvergenztheorie" nun in das neue Abkommen integriert werden sollen (deshalb die Feststellung, daß nun, wo die Fernsehprogramme über das Telefonnetz übertragen werden, kein Grund mehr bestehe, einen Unterschied zwischen beispielsweise einem Fax und einem Film (fiction) zu machen). Die Union - Kommission wie Mitgliedstaaten

- hat jedoch darauf bestanden, die Unterscheidung zwischen den beiden Sektoren aufrechtzuerhalten und damit Transport und Inhalt zu trennen, wobei ersterer dem Telekommunikationssektor und letzterer den in den übrigen, die audiovisuellen Dienste betreffenden GATS-Übereinkommen festgelegten (finanziellen) Regeln unterliegen würde.

Diese zweite Variante konnte sich durchsetzen, so daß es im Abkommen heißt: "Telekommunkationsdienstleistungen bestehen im Transport elektromagnetischer Signale, d.h. von nicht in einem Programm enthaltenen Tönen, Daten und Bildern, und zwar entweder "point to point" oder "point to multipoint". Vom Abkommen nicht abgedeckt sind"wirtschaftliche Tätigkeiten, die in der Lieferung von Inhalten bestehen, für deren Transport Telekommunikationsdienste erforderlich sind". "Broadcasting" wird also definiert als "ununterbrochene Übertragungsfolge, die für das Ausstrahlen von Rundfunk- und Fernsehprogrammsignalen an das breite Publikum erforderlich ist" (also nicht die Verbindungen im Geschäftsverkehr).

Diese Definition weicht etwas ab von der Definition des "broadcasting", wie sie in der kürzlich verabschiedeten Leitlinie "Fernsehen ohne Grenzen" formuliert wurde, da sie die Beziehungen zwischen den Akteuren ausklammert, die der Ausstrahlung fürs breite Publikum vorausgehen. Deshalb die gemeinsame Erklärung von Kommission und Rat, worin bekräftigt wird, daß die im Genfer Übereinkommen enthaltene Definition des broadcasting nur auf der Ebene der WTO, nicht jedoch innerhalb der Europäischen Union Gültigkeit besitzt (also nicht rechtsverbindlich ist).

Der Grund für den Ausschluß des audiovisuellen Sektors aus dem Übereinkommen über die Basistelekommunikationsdienste ist darin zu suchen, daß die Mitgliedstaaten der Union nicht verpflichtet sind, allen aus anderen Ländern stammenden Programmen Zugang zu gewähren. Ohne diese Beschränkung - Pendant zu der im GATS-Übereinkommen von 1993 festgelegten Ausklammerung des Kultursektors - könnte die bereits geringe Präsenz europäischer Produktionen auf dem europäischen Rundfunk- und Fernsehmarkt (der heute zu 80% von den USA beherrscht wird) noch weiter sinken und damit den kulturellen Pluralismus, d.h. die Wahrung der Identität und der Sprache gefährden. Diese Gefahr ist besonders groß bei den kleinen Ländern.

In den letzten Verhandlungsstunden schließlich haben die Vereinigten Staaten (mit Brasilien im Schlepptau) zur Überraschung aller Beteiligten plötzlich die Freigabe von Satellitenübertragungen für das breite Publikum aus ihrem Angebot herausgenommen (DHT = direct to home transmission, DSB = digital Satellit broadcasting und DAT = digital audio transmission). Ein solcher Schritt wäre allerdings nicht von den WTO-Regeln gedeckt, da keine Partei ihr ursprüngliches Angebot reduzieren darf. Doch - handelte es sich tatsächlich um eine Reduzierung, oder um etwas anderes? Dieser Schachzug der USA erscheint einigen Beobachtern überflüssig, da Satellitenübertragungen bereits im Zuge des Ausschlusses audiovisueller Dienstleistungen aus dem Abkommen verbannt waren. Weshalb sie also nochmals aus dem eigenen Angebot streichen? Die Antwort der Amerikaner lautete: Wir wollen diesen Punkt spezifizieren, da wir diese Dienste als Teil des Telekommunikationssektors ansehen. Die Europäische Union hat in der Befürchtung, Ziel dieser Rücknahme könnte die Infragestellung des generellen Ausschlusses audiovisueller Dienste sein, eine Erklärung abgegeben, in der die amerikanische Position zur Kenntnis genommen und präzisiert wird, diese dürfe keinen Präzedenzfall darstellen. Dies führte in den letzten Verhandlungsstunden zu einer überaus konfusen Debatte über die Definition von broadcasting bzw. Telekommunikation. Eine Debatte, die reichlich politischen und kulturellen Zündstoff bietet und in den nächsten Jahren wohl die Auseinandersetzungen beherrschen dürfte.

7. In den Schlußfolgerungen des Berichts ist folgendes hervorzuheben:

1) der auf dem Gebiet des Außenhandels bestehende Kompetenzwirrwarr und die dringend erforderliche Gesetzesänderung;

2) die Überprüfung der Anwendung der von der WTO festgesetzten allgemeinen Grundsätze;

3) die Bewertung der Auswirkungen der GATS-Übereinkommen auf die Entwicklungsländer (in einigen Bereichen positiv, in anderen ziemlich besorgniserregend) und die Verabschiedung spezifischer Maßnahmen, um die Schwierigkeiten in Grenzen zu halten;

4) die Prüfung der Frage, welche Auswirkungen die von zahlreichen Ländern, allen voran den USA, in vielen Bereichen am Angebot vorgenommenen Einschränkungen haben, die für eklatante "Gegenseitigkeitslücken" im Verhältnis zur Europäischen Union sorgen, deren Angebot als außerordentlich offen bezeichnet werden kann;

5) die Klärung der Verwirrung stiftenden Verhandlungspunkte im Hinblick auf die audiovisuellen Dienstleistungen.

STELLUNGNAHME

(Artikel 147 der Geschäftsordnung)

für den Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen

zu dem Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Genehmigung der Ergebnisse der WTOVerhandlungen über Basistelekommunikationsdienste im Namen der Europäischen Gemeinschaft für die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche (KOM(97)0368 end - C4-0420/97 - 97/0204 CNS); (Bericht Castellina)

Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik

Schreiben des Ausschußvorsitzenden an Frau Luciana Castellina, Vorsitzende des Ausschusses für Außenwirtschaftsbeziehungen

Brüssel, 29. September 1997

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

In seiner Sitzung vom 25. September 1997 prüfte der Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik den obengenannten Bericht.

In der letztgenannten Sitzung nahm er folgende Schlußfolgerungen an:[1]

Die kürzliche Basistelekommunikationsvereinbarung im Rahmen der WTO wurde weit und breit als großer Erfolg sowohl für die Regierungen als auch die Industrie gewertet.

Das Übereinkommen ist potentiell weitreichend in seinem Anwendungsbereich und wird sich auf alle Beteiligten im Telekommunikationssektor auswirken. Das Basistelekommunikationsübereinkommen basiert auf den allgemeinen Handelsgrundsätzen, wie sie im Allgemeinen Übereinkommen über den Dienstleistungsverkehr niedergelegt sind, das die herkömmlichen internationalen Handelsprinzipien der Nichtdiskriminierung und der Meistbegünstigung umfaßt und den WTO-Schlichtungsverfahren unterliegt.

In einer zunehmend globalen Informationswirtschaft dürfte jedes internationale Übereinkommen, das den Telekommunikationsdienstleistungen betrifft, bedeutsam sein.

Ein Übereinkommen zwischen den wichtigen Handelsnationen der Welt, das Verpflichtungen zur Öffnung des Marktes und Regulierungsgrundsätze enthält, wird auf dem Wege zu einer wirklich globalen Informationswirtschaft von entscheidender Bedeutung sein.

Der Wirtschaftsausschuß stellt fest, daß die wichtigen Punkte des Übereinkommens deckungsgleich mit den Vorstellungen auf EU-interner Ebene über den Prozeß der Öffnung der Telekommunikationsmärkte für den Wettbewerb vom 1.1.1998 an sind, sei es im Hinblick auf die Frage der Verhütung wettbewerbsbehindernder Praktiken, die Ungleichbehandlung zur Begünstigung von neu auf den Markt kommenden Anbietern gegenüber marktbeherrschenden Anbietern, die Konzentration auf eine transparente und preisgerechte Zusammenschaltung oder die Erhaltung des Universaldienstes.

Die Bestimmungen bezüglich der Vergabe von Lizenzen und bezüglich der ausländischen Beteiligung am Betreiberkapital sind auf die Erleichterung des freien Handels und der Investitionen gerichtet. In einem derart wettbewerbsorientierten und sich rasch entwickelndem Markt wie dem Telekommunikationsmarkt besteht jedoch die große Gefahr, daß in einigen Ländern mit Verzögerungen operiert wird, um neue Unternehmen, insbesondere ausländische, scheitern zu lassen.

Die genaue Überwachung dieses Übereinkommens ist daher notwendig, insbesondere was den Zugang zum Markt in den Vereinigten Staaten und Japan betrifft. Die "Notice of Proposed RuleMaking on Foreign Participation", die die amerikanische Federal Communications Commission am 4. Juni veröffentlichte, ist für unseren Ausschuß von besonderem Interesse.

Überwachung bedeutet jedoch nicht nur die Überwachung der ausländischen Partner der Union, sondern auch das Verhüten zweifelhafter Verhaltensweisen einiger Mitgliedstaaten, die vom Provozieren ausländischer Partner zu rechtlichen Schritten oder gar zu Vergeltungsmaßnahmen gegen die Union insgesamt reichen.

Abschließend sei festgestellt, daß das Übereinkommen unmittelbare Auswirkungen auf die internationale Telekommunikationsabrechnung nach dem ITU-T-System haben wird, das auf den sogenannten internationalen Verrechnungseinheiten basiert und nicht länger für ein Wettbewerbsumfeld geeignet ist, in dem die Begleichungen Teil von Zusammenschaltungsübereinkommen sind.

Die Kommission sollte aufgefordert werden, sich aktiv mit der Vorbereitung des Abbaus der internationalen Verrechnungseinheiten und mit dessen Auswirkungen auf die internen und externen Politiken der Union zu befassen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

(gez.) Karl von Wogau

  • [1] () Bei der Abstimmung waren anwesend die Abgeordneten: von Wogau, Vorsitzender; Areitio Toledo, Arroni, Barton (in Vertretung d. Abg. Donnelly), Billingham, Camison Asensio (in Vertretung d. Abg. Hoppenstedt), Carlsson, Caudron, Christodoulou, Cox, de Brémond d'Ars, de Rose, Ettl (in Vertretung d. Abg. Paasilinna), Falconer (in Vertretung d. Abg. Imbeni), Fourcans, Friedrich, García Arias, García-Margallo, Gasoliba I Böhm, Glante, Harrison, Hautala, Hendrick, Herman, Ilaskivi, Kestelijn-Sierens, Konrad, Kuckelkorn, Langen, Metten, Miller, Murphy, Pérez Royo, Porto (in Vertretung d. Abg. Mather), Rapkay, Read, Rübig, Schlüter (in Vertretung d. Abg. Peijs), Siso Cruellas (in Vertretung d. Abg. Lulling), Soltwedel-Schäfer, Thyssen, van Velzen (in Vertretung d. Abg. Secchi), Watson, Wibe, Willockx (in Vertretung d. Abg. Torres Marques).

STELLUNGNAHME

(Artikel 147 der Geschäftsordnung)

für den Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen

zu dem Vorschlag für einen Beschluß des Rates über die Genehmigung der Ergebnisse der WTO-Verhandlungen über Basistelekommunikationsdienste im Namen der Europäischen Gemeinschaft für die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche (KOM(97)368 endg., 97/0204 (CNS)) (Bericht Castellina)

Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit

Schreiben des Ausschußvorsitzenden an Frau L. Castellina, Vorsitzende des Ausschusses für Außenwirtschaftsbeziehungen

Brüssel, 8. Oktober 1997

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

in seiner Sitzung vom 25. September 1997 prüfte der Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit den obengenannten Vorschlag.

In der Sitzung vom 8. Oktober 1997 nahm er folgende Schlußfolgerungen an:

Der Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit hat sich mit dem obengenannten Vorschlag eingehend befaßt. Er nimmt zur Kenntnis, daß diese Verhandlungen, bei denen es um die fortschreitende Liberalisierung des Handels mit Basistelekommunikationsnetzen und -diensten geht, sich aus Verpflichtungen ergeben, die zuvor im Rahmen der Schlußakte über die Ergebnisse der multilateralen Handelsgespräche der Uruguay-Runde und der damit verbundenen Übereinkommen, insbesondere des Allgemeinen Übereinkommens über den Dienstleistungsverkehr und des Ministerbeschlusses zu Verhandlungen über Basistelekommunikation eingegangen worden sind.

Der Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit stellt fest, daß dieser Vorschlag für einen Beschluß sich auf im Namen der Europäischen Gemeinschaft eingegangene Verpflichtungen bezieht, die infolgedessen nur für diese selbst und ihre Mitgliedstaaten verbindlich sind. Der Kommission zufolge soll das Übereinkommen den Telekommunikationsunternehmen der Europäischen Union mehr Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bieten als bisher. Dies dürfte den Europäischen Unternehmen und den Europäischen Verbrauchern zugute kommen.

In dieser Beziehung hat der Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit keine Einwände vorzubringen.

Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, daß auch eine Reihe von Entwicklungsländern diesbezügliche Verpflichtungen eingegangen sind, möchte der Ausschuß jedoch bei dieser Gelegenheit betonen, daß eine verstärkte Liberalisierung in diesem Bereich der besonderen Situation der Entwicklungsländer und vor allem der ärmsten unter ihnen in vollem Umfang Rechnung tragen muß. Der Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit weist einmal mehr auf sein ständiges Anliegen hin, nämlich zu vermeiden, daß sie in einem für die künftige wirtschaftliche und soziale Entwicklung besonders wichtigen Bereich noch mehr ausgegrenzt werden.

Der Ausschuß verweist auf die auf der Ministertagung der WTO (Dezember 1996 in Singapur) eingegangene Verpflichtung, 1997 eine Tagung auf hoher Ebene zwischen der WTO, der UNCTAD und dem Welthandelszentrum unter Beteiligung multilateraler Hilfsagenturen zu veranstalten, um festzulegen, mit welchen Instrumenten den am wenigsten fortgeschrittenen Ländern dazu verholfen werden kann, sich die Vorteile einer Liberalisierung des Handels voll zunutze zu machen. Der Ausschuß fordert, daß diese Tagung so bald wie möglich unter aktiver Beteiligung der Europäischen Union veranstaltet wird und daß dabei der gesamte Komplex der mit diesem Telekommunikationsbereich verbundenen Probleme gebührend berücksichtigt wird.

Schließlich möchte der Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit noch darauf hinweisen, daß so gut wie alle afrikanischen Länder sich in einer gemeinsamen Organisation namens RASCOM (Regionales Afrikanisches Satellitenkommunikationssystem) zusammengeschlossen haben, um allen Bewohnern der ländlichen Gebiete Afrikas durch den Einsatz von Satelliten den Anschluß an den Fernsprechverkehr zu ermöglichen. Die Kaufkraft der breiten Masse der Landbevölkerung in Afrika ist nicht so groß, daß ein solches System vollständig über den Markt finanziert werden könnte. Der Ausschuß für Entwicklung fordert den Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen auf, darauf zu achten, daß bei diesem Projekt die Gebühren so fest festgesetzt werden können, wie es einer öffentlichen Versorgungsleistung für die ländlichen Gebiete entspricht, und daß eine Teilsubventionierung der Infrastruktur mit dem Vorschlag für einen Beschluß des Rates vereinbar ist.

Mit vorzüglicher Hochachtung

(gez.) Michel Rocard

An der Abstimmung beteiligten sich: die Abgeordneten Wurtz, stellvertretender und amtierender Vorsitzender; Fassa, stellvertretender Vorsitzender; Aldo, Cunningham, Fernández Martín, Glase (in Vertretung d. Abg. Liese), Günther, Howitt (in Vertretung d. Abg. David), Junker, Kinnock, Lööw, Martens, McGowan, Paasio, Pons Grau, Robles Piquer, Salafranca (in Vertretung d. Abg. Verwaerde), Sauquillo Perez Del Arco und Vecchi.