BERICHT über das Strategiepapier zur EU-Migrations- und Asylpolitik (9809/2/98 - C40051/99 - 99/0905(CNS))

19. März 1999

Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten
Berichterstatterin: Viviane Reding

Mit Schreiben vom 22. Januar 1999 konsultierte der Ratsvorsitz das Europäische Parlament gemäß Artikel K.6 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union zu einem Strategiepapier zur EUMigrations- und Asylpolitik (9809/2/98 - C4-0051/99 - 99/0905(CNS)).

In der Sitzung vom 8. Februar 1999 gab der Präsident des Europäischen Parlaments bekannt, daß er dieses Dokument an den Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten als federführenden und den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik sowie den Ausschuß für Recht und Bürgerrechte als mitberatende Ausschüsse überwiesen hatte.

Der Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten hatte in seiner Sitzung vom 24. November 1998 Frau Reding als Berichterstatterin benannt.

Er prüfte den Berichtsentwurf in seinen Sitzungen vom 20. Januar 1999, 17. Februar 1999 und 16. März 1999.

In der letztgenannten Sitzung nahm der Ausschuß den Entschließungsantrag einstimmig an.

An der Abstimmung beteiligten sich: die Abgeordneten d'Ancona, Vorsitzende; Reding, stellvertretende Vorsitzende und Berichterstatterin; Andersson (in Vertretung d. Abg. Crawley), Bontempi, Cederschiöld, Ceyhun, Chanterie (in Vertretung d. Abg. Jean-Pierre), Colombo Svevo, De Esteban Martin, Deprez, Elliott, Ford, Hernandez Mollar (in Vertretung d. Abg. Posselt), Lindeperg, Nassauer, Palacio (in Vertretung d. Abg. Mendes Bota), Pirker, Pradier, Sauquillo (in Vertretung d. Abg. Candal), Schaffner, Schmid, Schröder (gemäß Art. 138 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Stewart-Clark, Terrón i Cusí, Van Lancker (in Vertretung d. Abg. Schulz), Voggenhuber (in Vertretung d. Abg. Orlando) und Zimmermann.

Die Begründung wird mündlich im Plenum vorgetragen.

Die Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik ist diesem Bericht beigefügt. Der Ausschuß für Recht und Bürgerrechte hat am 24. Februar 1999 beschlossen, keine Stellungnahme abzugeben.

Der Bericht wurde am 19. März 1999 eingereicht.

Die Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen wird im Entwurf der Tagesordnung für die Tagung angegeben, auf der der Bericht geprüft wird.

A. ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Entschließung zu dem Strategiepapier zur EU-Migrations- und Asylpolitik (9809/2/98 - C40051/99 - 99/0905(CNS))

Das Europäische Parlament,

- in Kenntnis des Strategiepapiers zur EU-Migrations- und Asylpolitik (9809/2/98 - C40051/99 - 99/0905(CNS)),

- gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union und insbesondere Artikel K.1 Absatz 1, 2 und 3, K.2, K.3 und K.6,

- gestützt auf den neuen Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, der mit dem Vertrag von Amsterdam eingefügt wurde, sowie auf das Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands sowie das Protokoll über die Position Dänemarks,

- in Kenntnis der Europäischen Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

- in Kenntnis des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der durch das Protokoll von New York vom 31. Januar 1967 abgeänderten Fassung,

- in Kenntnis der Allgemeinen Menschenrechtserklärung vom 10. Dezember 1948,

- in Kenntnis des Dubliner Übereinkommens vom 15. Juni 1990 über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags,

- in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament KOM(94)23 endg. vom 23. Februar 1994 über die Zuwanderungs- und Asylpolitik,

- in Kenntnis seiner Entschließung vom 21. September 1995 zu der oben angeführten Mitteilung[1],

- in Kenntnis der Entschließung des Rates über Mindestgarantien für Asylverfahren vom 20. Juni 1995[2],

- in Kenntnis des EU-Aktionsplans über den Zustrom von Zuwanderern aus dem Irak und den Nachbargebieten, angenommen vom Rat am 26. Januar 1998 (5573/98 - C4-0124/98),

- in Kenntnis der von der Kommission gemäß Art. K.3 Absatz 2 Buchstabe b) des Vertrags über die Europäische Union vorgelegten Vorschläge für eine Gemeinsame Maßnahme betreffend den vorübergehenden Schutz für Vertriebene (KOM(98)0372 - C4-0505/98 - 97/0081(CNS) und KOM(98)0372 - C4-0506/98 - 98/0222(CNS)),

- in Kenntnis seiner Entschließung vom 10. Februar 1999[3] zur Harmonisierung der den Flüchtlingsstatus ergänzenden zusätzlichen Schutzmaßnahmen in der Europäischen Union,

- in Kenntnis des vom Rat angenommenen (12028/5/98) und auf der Tagung des Europäischen Rats in Wien vom 11. und 12. Dezember 1998 gebilligten EU-Aktionsplans über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, sowie der Mitteilung der Kommission (KOM(98)0459) vom 14. Juli 1998 zum gleichen Thema,

- in Kenntnis des vom Rat am 26. Februar 1999 vorgelegten Dokuments des Rates 5264/2/99 (C4-0133/99),

- in Kenntnis des von der Kommission am 3. März 1999 vorgelegten Dokuments SEK(99)271 endg. vom 3. März 1999,

- gestützt auf Artikel 93 seiner Geschäftsordnung,

- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik (A4-0143/99),

A. in der Erwägung, daß die Migration auf dem europäischen Kontinent eine historische Konstante ist,

B. in der Erwägung, daß die Beitrittsbewerber mit dem Phänomen der Migration in gleicher Weise wie die derzeitigen Mitgliedstaaten konfrontiert sind und daher in die Beratungen über die Festlegung einer kohärenten europäischen Strategie einbezogen werden müssen,

C. in der Erwägung, daß die Europäische Union - durch die weltweite Einführung der neuen einheitlichen Währung noch verstärkt - als Weltwirtschaftsmacht angesehen wird und daher eine attraktive Zielregion für Zuwanderer ist,

D. in der Erwägung, daß die Migration in großem Umfang durch die Entwicklung der modernen Verkehrsmittel zu einem globalen Phänomen geworden ist und diese über den rein europäischen Kontext hinausgehende Dimension in einer kohärenten Politik berücksichtigt werden muß,

E. in der Erwägung, daß die EU bei der Schaffung einer europäischen Strategie für Migrationsund Asylpolitik die vom Europarat in diesem Bereich bereits geleisteten Arbeiten berücksichtigen sollte,

F. in der Erwägung, daß die massiven Wanderungsbewegungen, insbesondere infolge regionaler Konflikte in den Randbereichen der EU, auch eine Folge der Unfähigkeit der Union sind, mit einer Stimme zu sprechen und in der Außenpolitik rasch auf eigene Initiative zu handeln,

G. in der Erwägung, daß einige Unterzeichnerstaaten derzeit das Potential des Genfer Abkommens nicht voll ausschöpfen, insbesondere im Zusammenhang mit den Kriterien für die Definition der Begriffe "Flüchtling" und "Verfolger" (wobei es sich nicht um einen Staat handeln muß) sowie den Fällen, in denen das Abkommen keine Anwendung findet,

H. in der Erwägung, daß der rein vorübergehende Rückgang der Zahl der Asylanträge und der Fälle, in denen der Flüchtlingsstatus anerkannt wird, nicht als Folge einer erheblichen Verringerung des Migrationsdrucks ausgelegt werden kann, da sich diese Tendenz in einigen Mitgliedstaaten seit Ende 1997 umgekehrt hat und man annehmen muß, daß die illegalen Zuwanderungsströme entsprechend zunehmen; ferner in der Erwägung, daß die rückläufige Zahl der Anerkennungen in einigen Mitgliedstaaten ungerechtfertigt ist, weil sich die Umstände im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte in der Welt in keiner Weise verbessert haben,

I. in der Erwägung, daß es nicht genügend vergleichbare Daten zur illegalen Einwanderung gibt und daß aufgrund dieses Mangels an Informationen, die aufgrund der Komplexität des Problems andererseits auch schwer zu erhalten sind, keine richtige Einschätzung des Phänomens möglich ist,

J. in der Erwägung, daß die kriminellen Schlepperorganisationen über erhebliche technische und finanzielle Mittel verfügen, mit deren Hilfe sie die Kontrollen an den Außengrenzen der Union durchaus umgehen können, und in Anbetracht der unerträglich hohen Zahl von Opfern illegalen Menschenhandels, insbesondere an den Grenzen im Mittelmeerraum,

K. in der Erwägung, daß die kriminellen Vereinigungen die illegale Einwanderung im großen Maßstab erheblich erleichtern und fördern; in der Erwägung, daß die von Schleppern eingeschleusten Einwanderer oft dem Menschenhandel zum Opfer fallen und in Prostitution, Drogenhandel oder Schwarzarbeit ausgebeutet werden; in der Erwägung, daß der Kampf gegen diese kriminellen Vereinigungen in der europäischen Einwanderungspolitik als Priorität betrachtet werden muß,

L. in der Erwägung, daß im Rahmen der europäischen Migrationspolitik eine bessere Integration der legalen Einwanderer mit Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet angestrebt werden muß; in der Erwägung, daß in diesem Bereich noch große Fortschritte gemacht werden müssen,

M. in Erwägung des wesentlichen Beitrags der legalen Einwanderer zur europäischen Wirtschaft und zur sozialen Entwicklung Europas; ferner in der Erwägung, daß die demographischen Perspektiven der Union den Gedanken nahelegen, daß die Einwanderung zu Arbeitszwecken mittelfristig die Bedürfnisse der europäischen Wirtschaft ergänzen muß,

N. in der Erwägung, daß man bei allen Überlegungen klar zwischen der Problematik des Asylrechts - einem Grundrecht - und jener der Zuwanderung vor allem aus wirtschaftlichen Gründen unterscheiden muß,

O. in der Erwägung, daß legal ansässige Einwanderer das Recht auf Familienzusammenführung beanspruchen dürfen sollten,

P. in der Erwägung, daß die europäischen Politiken in den Bereichen Einwanderung, Asyl, vorübergehender Schutz und ergänzende Schutzmaßnahmen so konzipiert werden müssen, daß ein kohärentes System entsteht, das auf der Grundlage des neuen rechtlichen und institutionellen Rahmens des Vertrags von Amsterdam (insbesondere Art. 61, 62, 63, 64 und 67 des Vertrags zur Gründung der EG) den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in Europa ermöglicht, und daß auch in den Bereichen, die weiterhin in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen, eine größere Zusammenarbeit wünschenswert ist,

ALLGEMEINES

1. beglückwünscht den Rat zur Eröffnung einer tiefgreifenden Debatte über eine kohärente europäische Strategie in den Bereichen Migrations- und Asylpolitik;

2. stellt fest, daß das Strategiedokument einerseits das Fundament des Teilbereichs sein soll, der im Aktionsplan zur Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und der Gerechtigkeit die Politik im Bereich der Zuwanderung betrifft, und andererseits dazu beitragen soll, Leitlinien für diesen Fünfjahresplan auszuarbeiten;

3. begrüßt, daß im Strategiepapier die Bereiche Asyl, Arbeitsmigration, Bekämpfung der illegalen Einwanderung sowie die Stellung der legalen Einwanderer analysiert werden; betont im übrigen die Bedeutung der sorgfältigen Trennung dieser sehr verschiedenen Komponenten;

4. befürwortet, daß konstruktive Lösungen für die Zuwanderungsproblematik gesucht werden, die neben der zu einer erfolgreichen Integration nötigen Steuerung und Begrenzung auch die Wahrung der Menschenrechte, den Respekt internationaler Rechtsnormen und die Stellung der legal Eingewanderten in der Gesellschaft als Ziele beinhalten;

INSTITUTIONELLE FRAGEN

5. fordert die Kommission auf, im Bemühen um Kohärenz bei der Umsetzung der Bestimmungen des Vertrags von Amsterdam unverzüglich eine neue europäische Migrationsund Asylpolitik vorzuschlagen, die unmittelbar mit den flankierenden Maßnahmen verbunden ist, und das Europäische Parlament in diese Arbeiten voll miteinzubeziehen; betont die Notwendigkeit, eine Ausgewogenheit zwischen der menschlichen Dimension der Migration und den gesetzlichen Maßnahmen anzustreben, die die Wanderungsbewegungen regeln müssen;

6. weist darauf hin, daß im Vertrag von Amsterdam der Bereich Einwanderung, Asyl und Überschreitung der Außengrenzen im ersten (gemeinschaftlichen) Pfeiler untergebracht ist; fordert daher, daß die Kompetenzverteilung dieses Pfeilers soweit wie möglich respektiert wird; unterstreicht, daß die Europäische Kommission im Rahmen des ersten Pfeilers über das legislative Initiativrecht verfügt; fordert den Rat auf - auch wenn die Mitgliedstaaten ihr Initiativrecht in diesen Bereichen behalten -, diese gemeinschaftliche Logik zu respektieren und deshalb den Vorschlägen der Kommission umfassend Rechnung zu tragen und das Europäische Parlament beim Gesetzgebungsverfahren miteinzubeziehen;

7. dringt darauf, daß die Kommission in die Lage versetzt wird, ausreichend qualifiziertes Personal einzustellen, damit sie die Aufgaben, die ihr auf dem Gebiet der Zuwanderung und des Asyls im Vertrag von Amsterdam zugewiesen wurden, auch ordnungsgemäß ausführen kann;

8. begrüßt es, daß der Rat eine hochrangige Arbeitsgruppe Asyl und Migration eingesetzt hat, wobei es insbesondere die interdisziplinäre Zusammensetzung dieser Arbeitsgruppe würdigt; bedauert jedoch, daß die Gruppe nur für einen befristeten Zeitraum eingesetzt, ihr Mandat geographisch begrenzt ist und das Europäische Parlament nicht an der Arbeit dieser Gruppe mitwirkt; empfiehlt, daß die Gruppe ihren Tätigkeitsbereich nicht zu restriktiv auslegt;

9. begrüßt die Tatsache, daß in dem Strategiepapier auch die Möglichkeit geprüft wurde, ein einziges Kommissionsmitglied für alle Fragen im Zusammenhang mit der Politik im Bereich der Zuwanderung zu beauftragen, und vertritt die Ansicht, daß dies eine wichtige Weiterentwicklung wäre, da zur Zeit mehrere Kommissionsmitglieder für verschiedene Bereiche zuständig sind, von den rechtlichen Aspekten der Zuwanderung über die humanitäre Hilfe und die Freizügigkeit bis hin zu den außenpolitischen Aspekten in diesem Bereich;

10. unterstreicht die Notwendigkeit einer offenen und gründlichen Konsultation mit dem UNHCR und Bürgerorganisationen in Fragen der Migrations- und Asylpolitik;

ASYLPOLITIK

11. weist darauf hin, daß das Recht, Asyl zu beantragen, ein Grundrecht ist und daß der Asylbewerber die Möglichkeit haben muß, dieses Recht gemäß dem Übereinkommen von Genf und dem Protokoll von New York sowie dem Rechtsrahmen der Europäischen Union und dem internen Recht der Mitgliedstaaten ungehindert auszuüben; erinnert daran, daß alle Mitgliedstaaten der Union sich an das Genfer Abkommen halten müssen, und daß der Abschluß von europäischen Vereinbarungen dieses Übereinkommen nicht beeinträchtigen darf; bekräftigt in diesem Zusammenhang - und unter Berücksichtigung der gemeinsamen Standpunkte des Rates zum Grundsatz der sicheren Drittländer und der sicheren Herkunftsländer - den Grundsatz der "Nichtzurückweisung" des Asylbewerbers im Sinne des Genfer Abkommens (Artikel 33 und 31);

12. fordert harmonisierte Mindestnormen für die Leistungen und Aufnahmebedingungen, auf die Asylbewerber aufgrund ihrer Rechtsstellung Anspruch haben, weil die großen Unterschiede, die es zur Zeit in den Mitgliedstaaten gibt, zur Folge haben, daß manche Länder sehr viel stärker belastet werden als andere;

13. besteht darauf, daß bei Ablehnung des Asylgesuchs die Zurückweisung ausgesetzt wird, wenn Hinweise bestehen, daß dem Asylbewerber in seinem Herkunftsstaat Gefahr für sein Leben droht;

14. fordert zur Gewährleistung von Transparenz (insbesondere Information über das Verfahren, Zugang zu den Dokumenten, Recht auf Verteidigung, Zusammenarbeit der Behörden) und Schnelligkeit im Interesse des Asylbewerbers und des Aufnahmestaates eine Rationalisierung der Verfahren zur Behandlung von Asylanträgen, wobei die Einspruchsmöglichkeit vor Gericht oder vor einer unabhängigen Behörde gewährleistet sein muß; ist der Ansicht, daß ein Asylbewerber nicht ausgewiesen werden kann, solange sein Recht auf Berufung nicht ausgeschöpft wurde;

15. ist der Auffassung, daß einer besseren Umsetzung der bestehenden internationalen Abkommen im Bereich der Asylpolitik, insbesondere des Genfer Abkommens und des dazugehörigen Protokolls von New York, Vorrang eingeräumt werden muß; lehnt jeden Versuch ab, die bestehenden Abkommen neu auszuhandeln, und fordert daher weniger die Schaffung neuer Instrumente als vielmehr erforderlichenfalls die Ergänzung dieser Abkommen zwecks Anpassung an die neuen Gegebenheiten;

16. erinnert an seine Billigung des im Strategiepapier enthaltenen Vorschlags, auf europäischer Ebene ein System von den Flüchtlingsstatus ergänzenden Schutzmaßnahmen einzurichten; lehnt jeden Versuch ab, der darauf abzielt, den rechtlichen Bezugsrahmen durch ein System mit Ermessensspielraum auf der Grundlage eines "institutionellen Angebots" zu ersetzen, das in das Ermessen jeder Regierung gestellt wird; ist der Ansicht, daß die Mitgliedstaaten im Falle umfangreicher Flüchtlingsströme dennoch die Möglichkeit haben müssen, das System individueller Rechtsgarantien zugunsten von Generalklauseln temporär zurückzustellen; weist darauf hin, daß die Europäische Kommission einen Vorschlag über den befristeten Schutz von Vertriebenen ausgearbeitet hat, und ersucht den Rat, diesen Vorschlag und die Änderungsanträge des Parlaments unverzüglich zu billigen;

17. fordert den Rat auf, gemäß dem Grundprinzip der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zügig auf einen Konsens im Bereich der Verteilung der Flüchtlinge und der Belastungen hinzuarbeiten, die mit dem massenhaften und plötzlichen Zustrom von Flüchtlingen in jene Mitgliedstaaten verbunden sind, die sie aus geographischen oder historischen Gründen aufnehmen;

18. fordert den Rat auf, so schnell wie möglich die von der Kommission vorgelegten Vorschläge für gemeinsame Maßnahmen betreffend den vorübergehenden Schutz für Vertriebene aufgrund bewaffneter Konflikte zu verabschieden;

ARBEITSMIGRATION

19. empfiehlt eine tiefgreifende Debatte über die Aufgabe der Europäischen Union zur Aufnahme von Zuwanderern, die der Festlegung einer kohärenten und gemeinsamen Strategie im Bereich der Zuwanderung vorausgehen muß;

20. fordert die europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, einen aktiven Beitrag zu einer besseren Integration der legalen Einwanderer zu leisten, die spürbar und positiv zur Entwicklung des gesellschaftlichen und des wirtschaftlichen Lebens in Europa beitragen;

21. teilt den Standpunkt des Strategiepapiers, in dem betont wird, daß der Abbau des Migrationsdrucks eine Konzertierung der Politiken voraussetzt, die über die Politik im Bereich des Ausländerrechts, des Asylrechts, der Einwanderung und der Kontrolle an den Grenzen hinausgeht und die internationalen Beziehungen sowie die Entwicklungszusammenarbeit ebenso umfaßt wie eine bessere Wahrung der Menschenrechte;

ILLEGALE EINWANDERUNG

22. verurteilt entschieden die Kriminalität im Zusammenhang mit den Netzen für illegale Einwanderung und Menschenhandel (insbesondere mit Frauen und Kindern) und fordert die Mitgliedstaaten sowie die Beitrittsbewerber auf, gemeinsam mit den Drittstaaten ihre administrative, polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit im Hinblick auf eine effiziente Vermeidung und verstärkte Bekämpfung der Kriminalität zu verbessern und dabei das Potential von Europol voll auszuschöpfen;

23. unterstreicht, daß sich Flüchtlinge oft mit falschen Dokumenten versehen und Schlepperbanden in Anspruch nehmen müssen, und betont, daß man bei der Bekämpfung der organisierten illegalen Einwanderung stets das Recht der Flüchtlinge, Schutz zu suchen, im Auge behalten muß,

24. fordert eine kritische Analyse der Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten illegalen Zuwanderung unter Berücksichtigung des Rechts von Flüchtlingen, Schutz zu suchen;

25. stellt fest, daß die Gründe für die Auswanderung unter anderem in den schlechten sozioökonomischen Bedingungen im Herkunftsland liegen und daß die illegalen Einwanderer nicht selten Opfer der Machenschaften krimineller Vereinigungen werden; weist auf das große Ausmaß von Schwarzarbeit sowohl von europäischen Bürgern als auch von legalen Zuwanderern hin; ist der Ansicht, daß die Bekämpfung der illegalen Arbeit auch bei den Arbeitgebern, die die Anweisungen erteilen, ansetzen muß; betont, daß illegale Zuwanderung das Problem der Schwarzarbeit zwar verschärfen kann, jedoch keinesfalls dessen maßgebende Ursache ist;.

26. empfiehlt, daß der Grundsatz der Hilfe vor Ort in den Herkunftsländern Bestandteil einer europäischen Strategie wird und daß flankierende Maßnahmen eingeführt werden; empfiehlt des weiteren eine Rationalisierung der Verwaltungs- und Gerichtsverfahren für illegale Einwanderer unter voller Achtung der Grundrechte, so daß die Entscheidungsfindung und gegebenenfalls die Rückführung der Betroffenen in ihr Herkunftsland beschleunigt werden können.

27. befürwortet eine vorläufige Aussetzung der Rückübernahmeabkommen in Krisenzonen, sofern eine solche eine Gefahr für die Unversehrtheit der Einwanderer darstellt;

28. weist den Rat und die Mitgliedstaaten darauf hin, daß sie in den bilateralen Abkommen über die unmittelbare Rückübernahme von illegalen Einwanderern, die sie mit benachbarten Ländern, Transitländern oder Herkunftsländern abschließen, die eventuellen aussetzenden Wirkungen des im Genfer Übereinkommen vorgesehenen Asylverfahrens berücksichtigen müssen;

29. fordert die gemeinsame Behandlung der Probleme der illegalen Zuwanderung zwischen der EU und den Drittländern und fordert daher, daß die Behandlung der Zuwanderung ausdrücklich in den Rahmen der internationalen Abkommen einbezogen wird, lehnt jedoch ausdrücklich ab, daß die finanzielle Hilfe im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit von Vereinbarungen im Bereich der Zuwanderung abhängig gemacht wird;* * *

30. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • [1] () ABl. C 269 vom 16.10.1995, S. 156
  • [2] () ABl. C 274 vom 19.09.1996, S. 13
  • [3] () siehe Protokoll der Sitzung vom 10. Februar 1999

STELLUNGNAHME

(Artikel 147 der Geschäftsordnung)

für den Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten

zu dem Strategiepapier zur Migrations- und Asylpolitik (9809/2/98 - C4-0051/99 - 99/0905(CNS)) (Bericht Reding)

Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik

Verfasserin der Stellungnahme: Anna Terrón i Cusí

VERFAHREN

In seiner Sitzung vom 5. Januar 1999 benannte der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik Frau Anna Terrón i Cusí als Verfasserin der Stellungnahme.

Der Ausschuß prüfte den Entwurf einer Stellungnahme in seinen Sitzungen vom 23. Februar und 16. März 1999. In der letztgenannten Sitzung nahm er die nachstehenden Schlußfolgerungen einstimmig an.

Bei der Abstimmung waren anwesend: die Abgeordneten Spencer, Vorsitzender; Terrón i Cusí, Verfasserin der Stellungnahme; André-Léonard, Burenstam Linder, Cars, De Melo, Dillen, Dupuis, Gomolka, Habsburg, Imbeni, Manisco, Newens, Poettering, Schwaiger (in Vertretung d. Abg. Lenz), Theorin und Tindemans.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

- In Anbetracht der Bedeutung der Einwanderungspolitik und der Behandlung, die den legalen Einwanderern in der EU im Rahmen der Beziehungen der EU zu Drittländern zuteil wird,

- in der Erwägung, daß die Erhöhung der Hilfe im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sowie die Stärkung der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte in den Herkunftsländern wesentliche Faktoren zur langfristigen Verringerung des Migrationsdrucks in der EU sind,

- in der Erwägung, daß die Einwanderung als solche auch ein Element der Entwicklungshilfe in Form der direkten Geldüberweisungen der Einwanderer in ihre Herkunftsländer darstellt,

31. nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, daß das Problem der Migration in die internationalen Abkommen der EU mit Drittländern einbezogen werden soll, lehnt jedoch ausdrücklich eine Koppelung der finanziellen Hilfe im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit an die Akzeptanz von Rücknahmeklauseln oder andere diesbezügliche Maßnahmen ab;

32. weist darauf hin, daß die EU die Einreise und den Aufenthalt der Begünstigten von Kooperationsprogrammen mit Drittländern, insbesondere im Bereich der Fortbildung durch Studienaufenthalte, erleichtern muß;

33. ist der Auffassung, daß im Rahmen der GASP europäische Rechtsvorschriften für eine homogene Vorgehensweise der Konsulate der Mitgliedstaaten in Drittländern geschaffen werden sollten, damit eine bestimmte Anzahl von Einwanderungen auf legalem Wege ermöglicht wird und damit die illegale Einwanderung verringert wird;

34. fordert, daß die Migration von der EU und den Drittländern, insbesondere denen Mittel- und Osteuropas, des Mittelmeerraums und Lateinamerikas, gemeinsam gesteuert wird; weist auf die Bedeutung einer Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten der Zuwanderer zur Bekämpfung des Menschenschmuggels hin.