BERICHT über Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Artikel 11 Absatz 2 der Charta der Grundrechte) in der EU, vor allem in Italien
(2003/2237(INI))

5. April 2004

Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten
Berichterstatterin: Johanna L.A. Boogerd-Quaak


Verfahren : 2003/2237(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A5-0230/2004
Eingereichte Texte :
A5-0230/2004
Aussprachen :
Angenommene Texte :

GESCHÄFTSORDNUNGSSEITE

In der Sitzung vom 1. September 2003 gab der Präsident des Europäischen Parlaments bekannt, dass er den Entschließungsantrag von Sylviane H. Ainardi und 37 anderen zu der Gefahr eines schwerwiegenden Verstoßes gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in Italien (B5-0363/2003) gemäß Artikel 48 der Geschäftsordnung an den Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten als federführenden Ausschuss überwiesen hat.

Der Präsident des Europäischen Parlaments forderte den Ausschuss im Namen der Konferenz der Präsidenten am 6. November 2003 auf, seinen Antrag auf Genehmigung zur Ausarbeitung eines Berichts mit folgendem neuen Titel: "Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Artikel 11 Absatz 2 der Charta der Grundrechte) in der EU, vor allem in Italien" erneut zu stellen.

Der Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten beschloss in seiner Sitzung vom 25. November 2003, einen Bericht gemäß Artikel 48 und 163 über dieses Thema auszuarbeiten.

In der Sitzung vom 4. Dezember 2003 gab der Präsident des Europäischen Parlaments bekannt, dass der Ausschuss die Genehmigung zur Ausarbeitung eines Berichts erhalten hat und dass der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt, der Ausschuss für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport und der Ausschuss für konstitutionelle Fragen als mitberatende Ausschüsse befasst wurden.

Der Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten benannte in seiner Sitzung vom 25. November 2003 Johanna L.A. Boogerd-Quaak als Berichterstatterin.

Er prüfte den Berichtsentwurf in seinen Sitzungen vom 22. Januar 2004, 19. Februar 2004, 17. März 2004 und 30. März 2004.

In der letztgenannten Sitzung nahm er den Entwurf einer Entschließung mit 28 Stimmen bei 19 Gegenstimmen und 1 Enthaltung an.

Bei der Abstimmung waren anwesend: Jorge Salvador Hernández Mollar, Vorsitzender; Robert J.E. Evans, stellvertretender Vorsitzender; Giacomo Santini, stellvertretender Vorsitzender; Johanna L.A. Boogerd-Quaak, Berichterstatterin und stellvertretende Vorsitzende; Generoso Andria (in Vertretung von Bernd Posselt gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Mary Elizabeth Banotti, Maria Berger (in Vertretung von Sérgio Sousa Pinto), Sergio Berlato (in Vertretung von Niall Andrews gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Mario Borghezio, Alima Boumediene-Thiery, Giuseppe Brienza, Giorgio Calò (in Vertretung von Baroness Ludford gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Marco Cappato (in Vertretung von Maurizio Turco), Carmen Cerdeira Morterero, Gérard M.J. Deprez, Giuseppe Di Lello Finuoli, Rosa M. Díez González (in Vertretung von Joke Swiebel), Koenraad Dillen, Francesco Fiori (in Vertretung von Marcello Dell'Utri gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Monica Frassoni (in Vertetung von Pierre Jonckheer), Georges Garot (in Vertretung von Martine Roure gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Ruth Hieronymi (in Vertretung von Hartmut Nassauer gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Renzo Imbeni (in Vertretung von Michael Cashman gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Margot Keßler, Heinz Kindermann (in Vertretung von Adeline Hazan gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Timothy Kirkhope, Eva Klamt, Ole Krarup, Lucio Manisco (in Vertretung von Fodé Sylla), Manuel Medina Ortega (in Vertretung von Gerhard Schmid), Cristiana Muscardini (in Vertretung von Roberta Angelilli gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Pasqualina Napoletano (in Vertretung von Martin Schulz gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Bill Newton Dunn, Marcelino Oreja Arburúa, Elena Ornella Paciotti, Paolo Pastorelli (in Vertretung von Thierry Cornillet), Hubert Pirker, Guido Podestà (in Vertretung von Charlotte Cederschiöld gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), José Ribeiro e Castro, Giorgio Ruffolo (in Vertretung von Ozan Ceyhun gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Heide Rühle, Francesco Rutelli, Ilka Schröder, Patsy Sörensen, Anna Terrón i Cusí, Ian Twinn, Gianni Vattimo (in Vertretung von Walter Veltroni), Christian Ulrik von Boetticher und Stefano Zappalà (in Vertretung von Carlos Coelho gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung).

Die Stellungnahmen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt, des Ausschuss für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen sind diesem Bericht beigefügt.

Der Bericht wurde am 5. April 2004 eingereicht.

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Artikel 11 Absatz 2 der Charta der Grundrechte) in der EU, vor allem in Italien (2003/2237(INI))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Entschließungsantrags

von Sylviane H. Ainardi und 37 anderen zu der Gefahr eines schwerwiegenden Verstoßes gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in Italien (B5-0363/2003),

–   gestützt auf Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–   gestützt auf Artikel 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 22, 43, 49, 83, 87, 95 und 151 des EG-Vertrags,

–   unter Hinweis auf seine Entschließungen zur Medienkonzentration[1], zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse[2], zum Fernsehen ohne Grenzen[3] sowie zur Lage der Grundrechte[4],

–   unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften[5] und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte[6],

–   unter Hinweis auf die Empfehlungen und Entschließungen des Europarates zu dieser Frage[7],

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Zukunft der europäischen Regulierungspolitik im audiovisuellen Bereich[8], das Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse[9], den Bericht über die Umsetzung des EU-Reformpakets für den Telekommunikationssektor[10] sowie den vierten Bericht über die Anwendung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ (89/552/EWG)[11],

–   unter Hinweis auf das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten und die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk[12],

–   unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Netzes unabhängiger Grundrechtsexperten (2003), der Jahresberichte der Reporter ohne Grenzen und ihrer Ausführung über den "Interessenkonflikt in den Medien: Italienische Anomalie"(2003), die Berichte des italienischen Journalistenverbandes über das Thema "Der europäische Medienbesitz" (2003) und "Krise bei den Kommunikationsmedien in Italien: wie eine unangemessene Politik und unvollständige Rechtsvorschriften den Journalismus unter Druck gesetzt haben"(2003 und der Angaben über die Konzentration des italienischen Fernseh- und Werbemarktes, die u.a. von der Regulierungsbehörde im Kommunikationsbereich veröffentlicht wurden,

–   unter Hinweis auf das vom Europäischen Medieninstitut verfasste Gutachten mit dem Titel „Die Information der Bürger in der EU: Pflichten der Medien und der Institutionen im Hinblick auf das Recht des Bürgers auf umfassende und objektive Information“,

–   unter Hinweis auf das öffentliche Seminar vom 19. Februar 2004 zum Thema „Gefahren für den Pluralismus – Notwendigkeit von Maßnahmen auf europäischer Ebene“,

–   unter Hinweis auf folgende Petitionen:

  • Petition 356/2003 von Federico Orlando und drei weiteren Unterzeichnern (italienische Staatsangehörige), im Namen der Vereinigung „Articolo 21 liberi di“, betreffend die Anwendung von Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union zum Schutz der Informationsfreiheit in Italien sowie
  • Petition 1256/2003 von Ornella Erminio und Petition 35/2004 von Marco Canepari und 3286 anderen zum Verstoß Italiens gegen die Medienfreiheit und den Medienpluralismus, die durch Artikel 6 garantiert werden,

–   gestützt auf die Artikel 48 und 163 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt, des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A5‑0230/2004),

Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit – Recht auf freie und pluralistische Medien

A.   in der Erwägung, dass freie und pluralistische Medien eine wesentliche Voraussetzung für die uneingeschränkte Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit sind und dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Verpflichtung der Staaten bekräftigt, den Medienpluralismus zu schützen und gegebenenfalls Maßnahmen zu seinem Schutz zu ergreifen,

B.   unter Hinweis auf folgende Aussage: ".....'Politischer' Pluralismus bedeutet die Notwendigkeit, dass im Interesse der Demokratie eine Vielfalt an politischen Meinungen und Standpunkten in den Medien zum Ausdruck kommen. Die Demokratie wäre bedroht, wenn eine einzige Stimme, die über die Macht verfügt, einen einzigen Standpunkt zu verbreiten, zu große Dominanz erlangen würde“, und dass „‚kultureller‘ Pluralismus die Notwendigkeit betrifft, dass eine Vielzahl von Kulturen, die die Vielfalt innerhalb einer Gesellschaft widerspiegelt, in den Medien zum Ausdruck kommt. Die kulturelle Vielfalt und der soziale Zusammenhalt sind möglicherweise bedroht, wenn die Kultur und die Werte aller Gruppen innerhalb der Gesellschaft (die beispielsweise eine bestimmte Sprache oder ethnische Zugehörigkeit oder einen bestimmten Glauben gemeinsam haben) in den Medien nicht widergespiegelt werden[13]",

C.   in er Erwägung, dass der politische und kulturelle Pluralismus in den Kommunikationsmedien voraussetzt, dass ein breitgefächertes Spektrums politischer Meinungen, Theorien und Positionen auch im kulturellen, künstlerischen, universitären und schulischen Bereich geäußert werden kann,

D.   unter Hinweis darauf, dass freie und pluralistische Medien den Grundsatz der Demokratie stärken, auf dem die Union beruht (Artikel 6 EUV), und in der Europäischen Union, wo die Bürger das Recht haben, in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, aktiv und passiv an den Gemeindewahlen und Europawahlen teilzunehmen, von wesentlicher Bedeutung sind,

E.   unter Hinweis darauf, dass die Europäische Gemeinschaft gemäß Artikel 151 Absatz 4 des EG-Vertrags bei ihrer Tätigkeit der Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen Rechnung zu tragen hat,

F.   in der Erwägung, dass der Schutz der Menschenrechte durch Artikel 6 und 7 des EU-Vertrags, mit der Annahme der Charta der Grundrechte, der Annahme der Kopenhagener Kriterien für die Beitrittsländer, der Stärkung der Rechtsvorschriften über die Unionsbürgerschaft, der Entwicklung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie der Maßnahmen zur Förderung der Transparenz und zum Schutz der Privatsphäre und zur Verhütung von Diskriminierung zu einem vorrangigen Ziel der Europäischen Union geworden ist und dass in Artikel II-11 (2) des Verfassungsentwurfs des Europäischen Konvents die Aufnahme der Charta der Grundrechte in die Verfassung der Europäischen Union vorgesehen ist,

G.   mit der Feststellung, dass der Europäische Konvent in Artikel I-2 seines Verfassungsentwurfes den Pluralismus als Grundwert der Europäischen Union bezeichnet hat und in Artikel I-3 (3) des Entwurfes die Bewahrung der kulturellen Vielfalt als Ziel der Europäischen Union festschreibt,

1.   ist der Ansicht, dass dort, wo die Mitgliedstaaten versagen, weil sie entweder nicht in der Lage oder nicht willens sind, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die EU eine politische, moralische und rechtliche Verpflichtung hat, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten sicherzustellen, dass die Rechte der EU-Bürger auf freie und pluralistische Medien respektiert werden, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass im Fall von Verstößen gegen das Gebot des Medienpluralismus für Einzelpersonen nicht die Möglichkeit besteht, bei den Gerichten der Gemeinschaft Beschwerde einzureichen;

2.   bedauert den bruchstückhaften Charakter des Regelungsrahmens der EU in Bezug auf die Medien und betont, dass die Europäische Union ihre Zuständigkeiten (im audiovisuellen Bereich, in der Wettbewerbs- und Telekommunikationspolitik sowie im Bereich der staatlichen Beihilfen, der Verpflichtungen des öffentlichen Diensts und der Bürgerrechte) nutzen sollte, um Mindestbedingungen festzulegen, die von den Mitgliedstaaten eingehalten werden müssen, um ein ausreichendes Maß an Medienpluralismus zu gewährleisten;

Audiovisuelle Politik und Medienpolitik

3.   stellt fest, dass der audiovisuelle und der Mediensektor Schlüsselbereiche für Wirtschaftswachstum und für die Verwirklichung der Agenda von Lissabon sind, dass jedoch häufig grenzübergreifende Eigentumskonzentration und Beschränkungen des Marktzugangs das Potential der europäischen Industrie einschränken und dass der Schutz des Medienpluralismus deshalb von entscheidender Bedeutung für die harmonische Entwicklung des audiovisuellen und des Mediensektors ist, obgleich kleinere und spezifischere Märkte möglicherweise nicht die wirtschaftliche Grundlage für mehr als einen Akteur bieten;

4.   bekräftigt die Gültigkeit des Grundsatzes, auf den sich die Richtlinie 89/552/EG „Fernsehen ohne Grenzen“ stützt: freier Verkehr der europäischen Fernsehsendungen, freier Zugang zu wichtigen Ereignissen, Förderung unabhängiger und in jüngster Zeit produzierter europäischer Werke, Schutz von Minderjährigen und der öffentlichen Ordnung, Verbraucherschutz durch eindeutige Kennzeichnung und Transparenz in der Werbung sowie das Recht auf Gegendarstellung, die Grundpfeiler für die Gewährleistung der freien Meinungsäußerung und Informationsfreiheit sind;

5.   unterstreicht, dass die Ausstrahlung von Hörfunk und Fernsehen komplex und in stetiger Weiterentwicklung begriffen sind und dass diese Dienste in allen Mitgliedstaaten je nach den kulturellen Traditionen und geografischen Bedingungen unterschiedlich organisiert sind;

6.   betont, dass das Konzept der Medien durch Konvergenz, Interoperabilität und Globalisierung derzeit neu definiert wird, dass technologische Konvergenz und die Zunahme des Angebots durch Internet, digitale Übertragung, Satelliten- und Kabelübertragung und andere Mittel jedoch nicht zu einer „Konvergenz“ hinsichtlich des Inhalts führen dürfen; ist der Auffassung, dass mehr noch als Pluralismus hinsichtlich des Eigentums oder Angebots die Wahlfreiheit der Verbraucher und inhaltlicher Pluralismus die entscheidenden Punkte sind;

7.   stellt fest, dass elektronische Medien nicht automatisch eine größere Auswahl garantieren, weil die gleichen Medienunternehmen, die bereits die nationalen und globalen Medienmärkte dominieren, auch die marktbeherrschenden Inhaltsportale im Internet kontrollieren, und weil die Förderung elektronischer und technischer Kompetenz entscheidende Fragen für die Entwicklung eines dauerhaften Medienpluralismus sind, und äußert Besorgnis über die Abschaltung analoger Frequenzen in einigen Teilen der Union;

8.   weist erneut darauf hin, dass in den europäischen Rechtsvorschriften für den audiovisuellen Sektor die Übermittlung gleicher oder ähnlicher Inhalte mittels verschiedener Übertragungswege nicht angemessen berücksichtigt wird und damit die Dienste der Informationsgesellschaft mit Ausnahme des Fernsehens und des Radios unabhängig von ihrem Inhalt den Vorschriften der eCommerce-Richtlinie (Richtlinie 2001/31/EG) unterliegen;

9.   fordert deshalb erneut eine grundlegende Fortentwicklung des bisherigen Rechtsrahmens zu einem Rahmenpaket für audiovisuelle Inhalte mit abgestufter Regulierungsdichte je nach Meinungsrelevanz der Inhalte, wobei der Charakter einer Richtlinie mit Mindestvorschriften gewahrt werden soll;

10.   nimmt den Beitrag lokaler und regionaler Medien zur Förderung des Pluralismus der Informationsquellen und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt sowie die besondere Aufgabe zur Kenntnis, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in diesem Bereich zukommt, wo kommerzielle Medien diese Rolle aus wirtschaftlichen Gründen (zu kleine Märkte) nicht übernehmen können;

11.   bedauert, dass der Schutz des Pluralismus nicht mehr zu den Prioritäten der strategischen Mitteilungen der Kommission über den audiovisuellen Sektor zählt und nicht einmal als eines der Themen genannt wird, das im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ behandelt werden muss;

12.   erkennt an, dass die Vielzahl der von den Mitgliedstaaten entwickelten Modelle für die Regulierung der Medienmärkte die unterschiedlichen politischen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse widerspiegelt, befürchtet jedoch, dass sehr unterschiedliche Vorgehensweisen Hindernisse für die freie Erbringung von Dienstleistungen im audiovisuellen und Medienbereich in der EU schaffen könnten;

13.   bedauert, dass der gemäß der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ eingesetzte Kontaktausschuss zum größten Teil aus Vertretern der Ministerien der nationalen Regierungen und nicht aus Mitgliedern unabhängiger Medienaufsichtsbehörden zusammengesetzt ist;

14.   begrüßt, dass in einigen Mitgliedstaaten eine Überwachungsbehörde eingesetzt wurde, die die Aufgabe hat, den Medienbesitz zu überwachen und befugt ist, in eigener Initiative Untersuchungen durchzuführen, hebt hervor, dass diese Behörden auch die wirksame Einhaltung der Gesetze, den gleichen Zugang für die verschiedenen sozialen, kulturellen und politischen Akteure zu den Medien, die Objektivität und die Korrektheit der gelieferten Informationen überwachen sollten;

15.   stellt fest, dass die Vielfalt der Medieneigentümern und der Wettbewerb zwischen den Betreibern nicht ausreicht, um die Vielfalt der Medieninhalte zu gewährleisten, und dass der zunehmende Rückgriff auf Presseagenturen zu gleichen Titeln und Inhalten führt;

16.   ist der Ansicht, dass der Pluralismus in der EU dadurch bedroht ist, dass politische Einrichtungen oder Personen und bestimmte kommerzielle Organisationen wie beispielsweise Werbeagenturen Einfluss auf die Medien nehmen und dass nationale, regionale oder lokale Regierungen ihre Stellung grundsätzlich nicht missbrauchen sollten, indem sie Einfluss auf die Medien nehmen, und dass darüber hinaus noch strengere Schutzmechanismen vorgesehen werden sollten, für Fälle, in denen ein Mitglied der Regierung spezifische Interessen im Mediensektor unterhält;

17.   erinnert daran, dass im Grünbuch mögliche Bestimmungen zur Verhütung solcher Interessenskonflikte erörtert wurden, einschließlich Vorschriften über den Ausschluss von Personen, die nicht als Medienbetreiber tätig werden dürfen, und Bestimmungen über die Anteilsübertragung oder Änderungen hinsichtlich desjenigen, der den Medienbetreiber kontrolliert;

18.   ist der Auffassung, dass mit Blick auf die Öffentlichkeit der Grundsatz der Vielfalt innerhalb jedes einzelnen Senders verwirklicht werden kann und muss, wobei jedoch die Unabhängigkeit und Professionalität der Mitarbeiter und der so genannten Meinungsbildner zu achten ist;

bekräftigt, dass hierfür redaktionelle Statuten geschaffen werden müssen, die der Einmischung der Eigentümer oder Aktionäre sowie äußerer Institutionen wie etwa der Regierungen in den Informationsinhalt vorbeugen;

19.   begrüßt die geplante Untersuchung der Kommission über die Auswirkungen von Kontrollmaßnahmen auf die Märkte für Fernsehwerbung, ist jedoch weiterhin besorgt über das Verhältnis von Werbung und Pluralismus in den Medien, da große Medienkonzerne den Vorteil haben, dass sie längere Werbeaufträge erhalten;

20.   betont ausdrücklich, dass kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen keine Dienstleistungen im herkömmlichen Sinne sind und daher auch nicht Gegenstand von diesbezüglichen Liberalisierungsverhandlungen im Rahmen internationaler Handelsabkommen, z. B. im Rahmen des GATS, sein dürfen;

21.   begrüßt den Vorschlag des Europäischen Konvents in Artikel III-217 seines Verfassungsentwurfes zur Beschlussfassung bei der Aushandlung und dem Abschluss von Abkommen im Bereich des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen;

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

22.   registriert in den letzten 20 Jahren grundlegende Änderungen des Umfelds, in dem öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten tätig sind, die auf den Wettbewerb seitens internationaler und kommerzieller Medien und den technologischen Wandel zurückzuführen sind;

23.   stellt fest, dass es zur Förderung der kulturellen Vielfalt im digitalen Zeitalter besonders wichtig ist, dass die Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks das Publikum über so viele Verbreitungsnetze und -systeme wie möglich erreichen und dass es deshalb für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten von entscheidender Bedeutung ist, dass sie neue Mediendienste entwickeln; stellt ferner fest, dass nach dem Protokoll von Amsterdam den Mitgliedstaaten die Befugnis überlassen bleibt, die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu definieren, und dass es in der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom 15. November 2001 heißt: "Auch könnte der öffentlich-rechtliche Auftrag Dienste (wie Online-Informationsdienste) umfassen, die keine "Programme" im traditionellen Sinne sind, sofern diese - auch unter Berücksichtigung der Entwicklung und Diversifizierung der Tätigkeiten im digitalen Zeitalter - den selben demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft dienen";

24.   betont deshalb, dass sich das Konzept des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der konvergierenden Informationsgesellschaft weiter entwickelt und dass die Entwicklung neuer Mediendienste zusätzlich zu den herkömmlichen Fernseh- und Radiosendern immer wichtiger wird, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner Aufgabe gerecht wird, vielfältige Inhalte zu anzubieten;

25.   betont die Bedeutung des Medienpluralismus zur Förderung der kulturellen, sozialen und politischen Vielfalt und verweist insbesondere auf die Pflicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Bürgern einen qualitativ hochwertigen Dienst zu bieten und den Zugang zu vielfältigen, korrekten, objektiven, neutralen und verlässlichen Informationen und Inhalten zu gewährleisten, um Glaubwürdigkeit, Vielfalt, Identität, Partizipation und kulturelle Innovation zu garantieren, wie im Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Anhang zum Vertrag von Amsterdam anerkannt wird;

26.   betont die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass in allen Mitgliedstaaten der EU der öffentlich-rechtliche Rundfunk völlig unabhängig und frei von jeglicher Einmischung funktionieren kann, damit die Finanzierung aus öffentlichen Geldern nicht dazu benutzt wird, die amtierende Regierung an der Macht zu halten oder Kritik an dieser Regierung zu unterbinden, und dass im Falle einer Einmischung seitens der Regierung die Möglichkeit besteht, vor Gericht zu gehen, oder einen unabhängigen Schiedsrichter einzuschalten;

27.   stellt fest, dass die Mitteilung der Kommission und das Urteil in der Rechtssache Altmark zwar Kriterien für die Vertragskonformität staatlicher Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bieten, eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, für eine angemessene Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten zu sorgen, jedoch nicht vorgesehen ist; ist deshalb der Ansicht, dass die Verpflichtung der Bürger, eine Gebühr zu bezahlen, um das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu unterstützen, nur Sinn macht, wenn dies eine besondere Rolle für die Bürger auf dem Gebiet der korrekten, objektiven, vollständigen vielfältigen und qualitativ hochwertigen Information über soziale, politische, kulturelle und institutionelle Themen spielt; stellt besorgt fest, dass dagegen die Tendenz einer Verschlechterung der Qualität der Inhalte besteht, und dass folglich die Zahlung der Gebühr für öffentliche Dienste Gefahr läuft, sich in eine reine Marktverzerrung aufgrund des Wettbewerbsvorteils umzuwandeln, den die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegenüber den kommerziellen Medien erworben haben, die inhaltlich und qualitativ im wesentlichen die gleichen Informationen wie die öffentlich-rechtlichen Anstalten liefern;

28.   nimmt die Untersuchung zur Kenntnis, die die Europäische Kommission zur Klärung der Frage durchgeführt hat, ob die niederländische Regierung den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den Niederlanden mehr staatliche Beihilfen gewährt hat, als zur Finanzierung ihres öffentlichen Auftrags nötig waren, und ob die durch diese Beihilfen Begünstigten die überschüssigen Gelder zur Finanzierung ihrer neben ihrem öffentlichen Auftrag betriebenen kommerziellen Aktivitäten benutzt haben, und verweist auf die früheren Untersuchungen im Zusammenhang mit der Finanzierung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Italien, Spanien und Dänemark;

29.   begrüßt die in einigen Mitgliedstaaten bestehenden Verpflichtungen, wonach Kabelbetreiber öffentlich-rechtliche Programme übertragen müssen und einige digitale Übertragungskapazitäten für öffentlich-rechtliche Anstalten reserviert werden müssen;

Kommerzielle Medien

30.   begrüßt den Beitrag kommerzieller Medien zur Innovation, zum Wirtschaftswachstum und Pluralismus; stellt jedoch fest, dass die Zunahme der Medienkonzentration, einschließlich multinationaler Multimedien-Konzerne und des grenzüberschreitenden Medienbesitzes den Medienpluralismus bedroht;

31.   stellt fest, dass die Kommission zwar die größten Unternehmenszusammenschlüsse im Rahmen der Verordnung über Unternehmenszusammenschlüsse untersucht, die Auswirkungen von Fusionen auf den Pluralismus in den Medien jedoch nicht speziell untersucht, und dass genehmigte Fusionen aus Gründen des Pluralismus von den Mitgliedstaaten nachträglich untersucht und blockiert werden können;

32.   ist der Ansicht, dass sogar Unternehmenszusammenschlüsse mittlerer Größe erhebliche Auswirkungen auf den Pluralismus haben können und dass Unternehmenszusammenschlüsse im Mediensektor, wie von der OECD vorgeschlagen, entweder von einer Wettbewerbsbehörde oder einer eigens zu diesem Zweck geschaffenen Behörde systematisch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Pluralismus geprüft werden sollten, ohne die Freiheit der Herausgeber bzw. Programmverantwortlichen durch staatliche oder behördliche Intervention zu beeinträchtigen;

33.   verweist auf die Vielzahl der Methoden, um das Ausmaß der horizontalen Medienkonzentration (Einschaltquoten; Anteil der Lizenzinhaber; Einnahmenaufteilung/Frequenzzuteilung und Kapitalanteil/Rundfunk), der vertikalen Integration und der „diagonalen oder gekreuzten“ Konzentration in den Medien festzustellen;

34.   äußert seine Besorgnis angesichts der Tatsache, dass in einigen Mitgliedstaaten Betreiber bereits mittels proprietärer Systeme den Zugang zu ihren Angeboten und den Zuschauern exklusiv kontrollieren (Schaffung eines sog. "Bottlenecks") und andere Betreiber bzw. Nutzer hiervon ausschließen (sog. "Gate Keeper Position");

35.   betont, dass zur Gewährleistung eines freien Informationsflusses und der Wahlfreiheit der Nutzer den offenen, interoperablen Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) eine Schlüsselbedeutung zukommt und verweist auf die in Artikel 18 der Rahmenrichtlinie des Telekompakets (Richtlinie 2002/21/EG) enthaltene Forderung zur umfassenden Interoperabilität im digitalen Fernsehen;

36.   bedauert, dass die Europäische Kommission die Vorschläge und Forderungen des Europäischen Parlamentes zur rechtzeitigen Definition und Unterstützung der geforderten Interoperabilität nicht aufgegriffen hat;

37.   fordert die Kommission auf, zur Vermeidung der Mandatierung eines Standards für das digitale Fernsehen den Mitgliedstaaten mitzuteilen, welche Maßnahmen zur Förderung der Migration zu einem offenen interoperablen Standard beihilferechtlich erlaubt sind und die Kriterien zu definieren, anhand derer sie die Gewährleistung von Interoperabilität und Wahlfreiheit der Nutzer überprüfen wird, bevor sie gemäß Artikel 18 (3) der Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2002/21/EG) bis zum 25. Juli 2004 ihren Bericht über die Gewährleistung von Interoperabilität und der Wahlfreiheit der Nutzer in den Mitgliedstaaten vorlegt;

38.   weist mit Sorge auf den zunehmenden Einfluss von Elektronischen Programmführern (EPGs), der Bündelung von Programmen und Internet-Suchmaschinen auf die Meinungsbildung und die in diesem Bereich festzustellenden grenzüberschreitenden vertikalen und horizontalen Konzentrationsbewegungen hin;

39.   unterstreicht, dass das Problem des Pluralismus in den Medien neben den die Eigentumsverhältnisse betreffenden Aspekten auch Aspekte im Zusammenhang mit den Inhalten und dem Recht der Bürger auf korrekte, objektive und umfassende Information umfasst; Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass die verschiedenen Akteure im sozialen, kulturellen und politischen Bereich die Möglichkeit des gleichen und nicht diskriminierenden Zugangs zu den Medien haben;

Vom Europäischen Parlament durchgeführte Untersuchung

40.   erinnert daran, dass das Europäische Parlament aufgefordert wurde, zu prüfen, ob gegen die italienische Regierung wegen Verletzung des Rechts der Bürger auf eine freie und pluralistische Presse ein Verfahren gemäß Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet werden sollte;

41.   betont, dass die Gründe für die Initiative des Europäischen Parlaments zu den Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in der Europäischen Union und insbesondere in Italien eine wichtige Rolle spielen, da sie die Besorgnis widerspiegeln, die in der europäischen Öffentlichkeit in Bezug auf Medienkonzentration und Interessenskonflikt herrscht;

42.   begrüßt das vorbereitende Gutachten des Europäischen Medieninstituts im Rahmen einer umfassenderen Untersuchung „Die Information der Bürger in der EU: Pflichten der Medien und der Institutionen im Hinblick auf das Recht des Bürgers auf umfassende und objektive Information“, in der eine Reihe von Ländern untersucht wird, darunter auch größere und kleinere Mitgliedstaaten und Beispiele aus Skandinavien, Südeuropa und Osteuropa, und die darauf angelegt ist, einen Überblick über die verschiedenen Systeme zu geben, wobei die verschiedenen Traditionen der Mediennutzung reflektiert werden, und dass die endgültige Studie, die im Juni vorgelegt werden soll, abschließende vergleichende Schlussfolgerungen ausgehend von der Situation in allen 25 derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten sowie endgültige Empfehlungen enthalten wird;

43.   nimmt zur Kenntnis, dass in jedem der acht untersuchten Länder (Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Niederlande, Polen, Schweden und Vereinigtes Königreich) bestimmte Aspekte weiterer Untersuchungen bedürfen, und erwartet die vollständige Untersuchung, damit Vergleiche zwischen allen Mitgliedstaaten gezogen werden können;

44.   weist ferner – auf der Grundlage umfassender Untersuchungen, die bereits von unabhängigen Einrichtungen, auch in der Europäischen Union, durchgeführt wurden und die zu zahlreichen Erklärungen internationaler Organisationen, nationaler Behörden und des Europäischen Parlaments geführt haben, welche von der italienischen Regierung ignoriert wurden – darauf hin, dass in Italien Gefahren einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit bestehen könnten;

45.   hebt hervor, dass im Vertrag das Funktionieren gemeinwohlorientierter Dienste, wie z.B. Rundfunk und Fernsehdienste nicht als Gemeinschaftsziel erwähnt wird und der Gemeinschaft auch keine spezifischen Befugnisse im Bereich der gemeinwohlorientierten Dienste übertragen werden;

46.   ist der Auffassung, dass der Bericht des Europäischen Instituts für Medien die Grundlage für einen Jahresbericht zum Pluralismus liefert, in dem der Grad der Konzentration auf der Angebotsseite (horizontal, vertikal und Überkreuzbeteiligung), auch im Zusammenhang mit der Aufteilung der Werberessourcen, der redaktionellen Unabhängigkeit, der inhaltlichen Vielfalt (der inneren und der äußeren) und der Nachfrage, d. h. der Präferenzen der Öffentlichkeit, untersucht werden soll;

Lage in den Mitgliedstaaten

47.   nimmt zur Kenntnis, dass 2002 in Frankreich:

  • einige schwere Verstöße gegen die Pressefreiheit zu verzeichnen waren (z. B. die Vernichtung der Auflage einer neuen kostenlosen Tageszeitung durch die Gewerkschaften sowie die Tatsache, dass von der Polizei Druck auf Journalisten ausgeübt wurde);
  • französische Gerichte bei Klagen wegen Verleumdung aufgrund der veralteten Rechtsvorschriften des Landes in diesem Bereich und auf Schutz vertraulicher Quellen oft gegen Journalisten entscheiden und
  • der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil befunden hat, dass ein Pariser Appellationsgericht gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen hat[14];

48.   nimmt zur Kenntnis, dass in Irland:

  • im Zusammenhang mit der Aktualisierung der Verleumdungsrechtsvorschriften die „National Newspapers of Ireland“ die Schaffung eines unabhängigen Presserates und des Amtes eines Presseombudsmans vorgeschlagen hat, dass die Rechtsberatungsgruppe jedoch bestrebt ist, ein rechtliches Modell zu schaffen, das aus von der Regierung benannten Personen besteht, die eigene Standards ausarbeiten sollen und über umfassende gerichtliche Befugnisse verfügen, um diese Standards durchzusetzen,
  • keine gleichen Wettbewerbsbedingungen bestehen, da irische Zeitungen mehrwertsteuerpflichtig sind, Zeitungen aus dem Vereinigten Königreich, die ca. 25 % des irischen Marktes abdecken, jedoch nicht,
  • „Independent Newspapers“ auf dem irischen Markt anscheinend eine marktbeherrschende Stellung innehat, die unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen 50-80% liegen soll, und dass die Wettbewerbsbehörde zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass eine ausreichende Vielfalt der Herausgeber besteht und der Pluralismus der Medien somit nicht gefährdet ist;

49.   nimmt zur Kenntnis, dass in Deutschland:

  • der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass die Überwachung der Telekommunikation, d. h. das Abhören von Telefongesprächen von Journalisten, keinen Verstoß gegen die verfassungsmäßig garantierten Freiheiten darstellt, wie in den Artikeln 10 und 19 des Grundgesetzes festgelegt, in denen das Fernmeldegeheimnis garantiert wird,
  • der Bundesrat im September 2003 eine Gesetzesvorlage eingebracht hat, durch die Einzelpersonen besser davor geschützt werden sollen, gegen ihren Willen fotografiert zu werden, und nach dem Verstöße mit Haftstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen geahndet werden sollen,
  • kein Gesetz über den Zugang zu Dokumenten staatlicher Stellen auf nationaler Ebene (d. h. auf Bundesebene) besteht und dass nur vier Bundesländer entsprechende Gesetze erlassen haben;

50.   nimmt zur Kenntnis, dass in Polen:

  • der Verlag Agora, in dessen Eigentum sich die auflagenstärkste Tageszeitung sowie 20 lokale Radiosender und 11 Zeitschriften befinden, angeblich Schmiergeld für Lobbying-Aktivitäten bezahlen sollte, damit ein günstigeres Mediengesetz erlassen wird, das es dem Verleger ermöglicht, einen privaten Fernsehsender zu kaufen,
  • Schätzungen zufolge ausländische Investitionen in Printmedien 40 % des Sektors ausmachen und dass dies Probleme für die Freiheit der Journalisten mit sich bringt, da ausländische Investoren weniger gute Arbeitsbedingungen als für ihre eigenen Unternehmen gewährleisten, was einem professionellen Arbeiten abträglich ist,[15]
  • nach Artikel 10 des Pressegesetzes Beschränkungen der internen Pressefreiheit bestehen, in dem festgelegt ist, dass der Journalist den allgemeinen Prinzipien seines Herausgebers zu folgen hat,
  • im Medienrecht derzeit keine Vorschriften und keine erkennbaren Pläne zur Einführung von Vorschriften über Medienkonzentration und für den Schutz des Pluralismus bestehen;

51.   nimmt zur Kenntnis, dass in den Niederlanden:

  • ein hoher Grad an Konzentration sowohl beim Fernsehen als auch bei der Presse besteht, wobei die drei größten Anbieter mindestens 85 % des Marktes kontrollieren, und dass in den Niederlanden zwar europaweit die größte Verbreitung des Kabelfernsehens zu verzeichnen ist, dass jedoch auch dieser Markt von drei großen Anbietern dominiert wird;

52.   nimmt zur Kenntnis, dass in Schweden:

  • der Medienbereich durch einen recht hohen Grad an Überkreuzbeteiligungen gekennzeichnet ist sowie durch ineinander verzahnte Eigentümerstrukturen zwischen großen Akteuren im Bereich der audiovisuellen Dienste und Kooperationsvereinbarungen zwischen der Presse und Rundfunk und Fernsehen, wobei Unternehmen beider Sektoren vom selben Konzern kontrolliert werden, und
  • eine Studie zu den besonderen Bedingungen des Pressemarktes kritisiert wurde, da eine Untersuchung der Zeitungsverlage unter Nichtbeachtung der anderen Medien unter den gegenwärtigen Marktbedingungen nicht angemessen sei;

53.   nimmt zur Kenntnis, dass im Vereinigten Königreich:

  • nach dem Hutton-Bericht über die Umstände des Todes des Wissenschaftlers und Regierungsberaters, David Kelly, der Kritik der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten an den von der Regierung angegebenen Gründen für die Beteiligung am Irak-Krieg, dem Rücktritt des Direktors und des Vorsitzenden des Verwaltungsrates und den möglichen Auswirkungen auf den investigativen Journalismus eine rege Diskussion stattfindet und dass getrennt davon viel über die Prüfung der BBC-Charta und der diesbezüglichen Vereinbarung, die als Modell für andere Systeme gilt, diskutiert wird;

54.   nimmt zur Kenntnis, dass in Spanien:

  • die Arbeitnehmer des spanischen staatlichen Fernsehsenders TVE einen Bericht veröffentlicht haben, in dem sie die schlechten Berufspraktiken kritisiert haben, die sich in den Nachrichten vom 28. Februar bis 5. März in einer unausgewogenen, einseitigen bzw. manipulierten Berichterstattung über die militärische Intervention im Irak niederschlugen. Sie waren der Ansicht, dass TVE in seiner Berichterstattung einseitig die Position derjenigen in den Vordergrund stellte, die den militärischen Einsatz befürworteten, und diejenigen, die für eine Fortsetzung der Inspektionen und gegen den Einsatz von Streitkräften waren, kaum zu Wort kommen ließ,[16]
  • keine unabhängige Kontrollbehörde für die audiovisuellen Medien besteht,
  • die NRO 'Reporter ohne Grenzen' (RSF) in ihrem Jahresbericht 2003 (mit den Zahlen für 2002) ihre Besorgnis äußert über die terroristischen Drohungen und Attentate der ETA gegen Journalisten im Baskenland (drei gegen Journalisten gerichtete Sprengsätze wurden in diesem Jahr entschärft) sowie über ein von einer italienischen Anarchistengruppe gegen eine Zeitung in Madrid verübtes Attentat. RSF berichtet ferner über die Behinderung der journalistischen Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Verbot der Partei Batasuna und der durch den Öltanker Prestige ausgelösten Umweltkatastrophe;
  • dass der Druck der Regierung auf die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt TVE dazu geführt hat, dass offenkundig verzerrte Informationen darüber, wer für die furchtbaren Anschläge vom 11. März 2004 verantwortlich ist, verbreitet bzw. Informationen unterschlagen wurden;

55.   stellt fest, dass die Beitrittsstaaten erhebliche Fortschritte bei der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands erzielt haben; ist jedoch besorgt darüber, dass einige Beitrittsländer, die wenig oder gar keine Tradition unabhängiger Medien haben, besondere Herausforderungen im Hinblick auf die Gewährleistung von Pluralismus in den Medien zu bewältigen haben, und bezweifelt, dass diese Länder den Medienpluralismus als Priorität erkennen und geeignete Maßnahmen ergreifen werden, um ihn zu fördern;

Lage in Italien

56.   weist darauf hin, dass der Grad der Konzentration des audiovisuellen Marktes in Italien derzeit der höchste in ganz Europa ist und dass im italienischen Fernsehen zwölf landesweite und zehn bis fünfzehn regionale und lokale Sender angeboten werden, dass der Markt durch das Duopol von RAI und MEDIASET gekennzeichnet ist, wobei beide Anbieter zusammen fast 90 % des gesamten Zuschaueranteils erreichen und 96,8 % der Werberessourcen (im Vergleich zu 88% in Deutschland, 82% in Großbritannien, 77% in Frankreich und 58% in Spanien) abdecken;

57.   weist darauf hin, dass der Mediaset-Konzern, dem Silvio Berlusconi vorsteht, der wichtigste private Konzern im Bereich Kommunikation und Rundfunkmedien in Italien und einer der größten weltweit ist, der u.a. den Senderverbund (RTI SpA) und ein Werbeunternehmen (Publitalia '80) kontrolliert, und dass die Regulierungsbehörde im Kommunikationsbereich (Beschluss 226/03) für beide förmlich eine beherrschende Stellung festgestellt hat, die gegen die nationalen Rechtsvorschriften (Gesetz 249/47) verstößt[17],

58.   weist darauf hin, dass einer der Bereiche, in denen der Interessenskonflikt am deutlichsten zum Vorschein kommt, der Bereich der Werbung ist, angesichts der Tatsache, dass der Mediaset-Konzern im Jahr 2001 2/3 der TV-Werberessourcen im Wert von 2500 Millionen Euro auf sich vereinen konnte, und dass die wichtigsten italienischen Unternehmen einen Großteil ihrer Werbeausgaben von den Printmedien auf die Mediaset-Sender und von RAI auf Mediaset verlagert haben[18];

59.   weist darauf hin, dass der Interessenskonflikt um Silvio Berlusconi seit seiner Bestellung zum Präsidenten des italienischen Ministerrats im Jahr 2001 noch nicht gelöst wurde, obwohl er sich ausdrücklich dazu verpflichtet hatte, sondern dass er ganz im Gegenteil seine Kontrollbeteiligung am Mediaset-Konzern noch ausgebaut hat (von 48,639% auf 51,023%), wodurch sich sein Finanzierungssaldo drastisch durch eine deutliche Erhöhung der Werbeeinnahmen auf Kosten der Einnahmen (und Ratings) der Konkurrenz und insbesondere der Werbeausgaben in den Printmedien reduziert hat;

60.   bedauert die wiederholten und belegten Fälle, in denen sich die Regierung eingemischt hat, Druck ausgeübt und auf die Struktur und die Programmplanung der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt RAI Einfluss genommen hat (sogar auf satirische Programme): den Anfangspunkt bildete die Entlassung von drei bekannten Mitarbeitern von RAI (Enzo Biagi, Michele Santoro und Daniele Luttazzi), nachdem der Ministerpräsident dies in aufsehenerregender Weise im April 2002 öffentlich gefordert hatte – wobei die Mitglieder der Regierungspartei die absolute Mehrheit im Verwaltungsrat der RAI und im zuständigen Kontrollorgan des Parlaments innehaben; danach wurde der Druck auch auf andere Medien, die nicht in seinem Eigentum stehen, ausgeweitet, und eine der Folgen war die Entlassung des Direktors des Corriere della Sera, Ferruccio de Bortoli, im Mai 2003;

61.   nimmt daher zur Kenntnis, dass das italienische System auf Grund der einzigartigen Konzentration von wirtschaftlicher, politischer und Medienmacht in den Händen eines Mannes, nämlich des derzeitigen Präsidenten des italienischen Ministerrates, Silvio Berlusconi, sowie der Tatsache, dass die italienische Regierung direkt oder indirekt alle nationalen Fernsehsender kontrolliert, eine Besonderheit darstellt;

62.   nimmt zur Kenntnis, dass die Rundfunk- und Fernsehanstalten in Italien seit Jahrzehnten in einem rechtlichen Vakuum agieren, was wiederholt vom Verfassungsgerichtshof beanstandet wurde, und dass die Bemühungen des Gesetzgebers und der zuständigen Einrichtungen im Hinblick auf die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Systems gescheitert sind; RAI und Mediaset kontrollieren weiterhin je drei analoge terrestrische Fernsehsender, obwohl der Verfassungsgerichtshof mit seinem Urteil Nr. 420 aus dem Jahr 1994 befunden hatte, dass es unzulässig ist, dass ein einziges Unternehmen mehr als 20% der Fernsehprogramme auf terrestrischen Frequenzen im Inland ausstrahlt (d.h. mehr als zwei Programme); der Verfassungsgerichtshof befand ferner, dass die im Gesetz Nr. 223/90 vorgesehene Regelung im Widerspruch zur italienischen Verfassung steht, obwohl es sich lediglich um eine "vorübergehende Regelung" handelt; auch im Gesetz Nr. 249/97 (Einrichtung der Garantiebehörde im Bereich der Kommunikation und Schaffung von Bestimmungen über Telekommunikations- sowie Rundfunk- und Fernsehsysteme) waren die Vorschriften des Verfassungsgerichtshofs nicht umgesetzt worden; der Verfassungsgerichtshof erklärte daher in seinem Urteil Nr. 466/02 Artikel 3 Absatz 7 dieses Gesetzes als verfassungswidrig, da keine unumstößliche und nicht verlängerbare Frist gesetzt wird – bis spätestens 31. Dezember 2003 –, innerhalb derer die Programme der Rundfunksender, die die in Artikel 3 Absatz 6 festgelegten Grenzwerte überschreiten, ausschließlich über Satellit oder Kabel ausgestrahlt werden dürfen";

63.   stellt fest, dass der italienische Verfassungsgerichtshof im November 2002 (Rechtssache 466/2002) erklärt hat, die Entstehung des bestehenden landesweiten privaten italienischen Fernsehsystems in Analogtechnik gehe auf Situationen bloßer faktischer Besetzung von Frequenzen (Betreiben von Anlagen ohne Ausstellung von Konzessionen und Genehmigungen) jenseits jeder Logik der Ausweitung des Pluralismus bei der Zuteilung von Frequenzen und der tatsächlichen Planung des Äthers zurück; die beschriebene faktische Situation gewährleiste daher nicht die Verwirklichung des Grundsatzes des externen Pluralismus der Information, der eine der unerlässlichen Voraussetzungen darstelle, die sich aus der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ergäben; in diesem Rahmen erforderten das Andauern der (im Übrigen verschlimmerten) Lage, die schon durch das Urteil Nr. 420 aus dem Jahre 1994 für rechtswidrig erklärt worden sei, und das Fortbestehen der vom Gesetzgeber von 1997 noch als „überzählig“ eingestuften Netze im Interesse der Vereinbarkeit mit den Verfassungsgrundsätzen, dass ein absolut sicherer, endgültiger und folglich unausweichlicher Schlusspunkt festgesetzt werde; stellt ferner fest, dass dennoch die Frist für die Reform des audiovisuellen Sektors nicht eingehalten worden ist und dass das Gesetz zur Reform des audiovisuellen Sektors vom Präsidenten der Republik zur erneuten Prüfung an das Parlament zurückverwiesen worden ist, weil die vom Verfassungsgerichtshof erklärten Grundsätze nicht eingehalten wurden[19];

64.   nimmt ferner zur Kenntnis, dass die vom parlamentarischen Lenkungs- und Überwachungsausschuss der Rundfunk- und Fernsehanstalten festgelegten Leitlinien für den einzigen Konzessionsinhaber des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie die zahlreichen Beschlüsse der Garantiebehörde (zuständig für die Überwachung der Einhaltung der Gesetze im Rundfunk- und Fernsehbereich), die Verstöße der Sendeanstalten gegen das Gesetz aufzeigen, von den Sendeanstalten selbst nicht eingehalten werden, die weiterhin – sogar in Wahlkampfzeiten – weitgehend willkürlich Zugang zu den nationalen TV-Medien gewähren;

65.   hofft, dass die im Gesetzesentwurf über die Reform des audiovisuellen Sektors (Gesetz Gasparri, Artikel 2 Buchstabe G) enthaltene rechtliche Definition des "integrierten Kommunikationssystems" als einziger relevanter Markt nicht im Widerspruch zu den Gemeinschaftsvorschriften im Bereich Wettbewerb im Sinne von Artikel 82 des EG-Vertrags sowie von zahlreichen Entscheidungen des Gerichtshofs[20] steht und eine klare und eindeutige Definition des Referenzmarktes nicht unmöglich macht;

66.   hofft ferner, dass das im Gesetzesentwurf Gasparri vorgesehene "System für die Zuweisung von Frequenzen" nicht nur eine bloße Legitimierung der tatsächlichen Situation darstellt und dass es nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen insbesondere der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG, zu Artikel 7 der Genehmigungs-Richtlinie 2002/20/EG und zu der Richtlinie 2002/77/EG steht, die u.a. vorsehen, dass die Zuweisung der Radio-Frequenzen für die elektronischen Kommunikationsdienste auf objektiven, transparenten, nicht diskriminierenden und verhältnismäßigen Kriterien beruhen muss;

67.   betont seine tiefe Sorge über die nicht erfolgte Anwendung des Gesetzes und den ausgebliebenen Vollzug der Urteile des italienischen Verfassungsgerichts, was gegen das Legalitäts- und das Rechtsstaatsprinzip verstößt, sowie über die Unfähigkeit Italiens, seinen audiovisuellen Sektor zu reformieren, was dazu geführt hat, dass das Recht der italienischen Bürger auf vielfältige Informationen, das auch in der EU-Charta der Grundrechte anerkannt wird, seit Jahrzehnten erheblich eingeschränkt ist;

68.   ist besorgt, dass auch in anderen Mitgliedstaaten und in den Beitrittsländern eine Situation wie in Italien eintreten könnte, wenn Medienmogule wie Rupert Murdock politisch tätig werden;

69.   bedauert, dass das italienische Parlament noch immer kein Gesetz zur Lösung des Interessenskonflikts des Präsidenten des Ministerrats verabschiedet hat, wie dies Silvio Berlusconi für die ersten hundert Tage seiner Regierung versprochen hatte;

70.   ist der Ansicht, dass die Verabschiedung einer allgemeinen Reform im audiovisuellen Sektor erleichtert werden könnte, wenn sie spezifische und geeignete Schutzmechanismen beinhaltet, um gegenwärtige und zukünftige Interessenskonflikte der Entscheidungsträger auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene zu verhindern, die erhebliche Interessen im privaten audiovisuellen Sektor unterhalten;

71.   hofft außerdem, dass die Gesetzesvorlage Frattini über den Interessenskonflikt sich nicht auf eine praktische Anerkennung des Interessenkonflikts des Ministerpräsidenten beschränkt, sondern entsprechende Maßnahmen beinhaltet, damit dieser Situation ein Ende gemacht wird;

72.   stellt mit Bedauern fest, dass die derzeitige Lage in Italien möglicherweise hätte vermieden werden können, wenn die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung des Medienpluralismus nach Erscheinen des Grünbuchs zum Pluralismus im Jahr 1992 konkret definiert worden wären;

Empfehlungen

73.   stellt fest, dass die Europäische Gemeinschaft derzeit bereits Zuständigkeiten in einer Reihe von Politikbereichen hat und über Instrumente verfügt, die direkte Auswirkungen auf den Medienpluralismus haben, wie die Bestimmungen über den freien Zugang von Mediengesellschaften zu wichtigen Ereignissen gemäß der Richtlinie über Fernsehen ohne Grenzen, die Bestimmungen über den fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Zugang zu Anwendungsprogramm-Schnittstellen (API) und elektronischen Programmführern (EPG) gemäß der Zugangsrichtlinie, über 'Must Carry'-Programme im Rahmen der Richtlinie über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, über die Verwendung einer offenen API für digitale interaktive Fernsehdienste und -Plattformen und die Harmonisierung der Normen, um die vollständige Interoperabilität des Digitalfernsehens auf Ebene der Verbraucher zu realisieren, gemäß der Rahmenrichtlinie;

74.   betont, dass diese Instrumente als Schlüsselelemente der Politik der Gemeinschaft zur Sicherung des Medienpluralismus verstanden werden müssen und deshalb von der Kommission angewandt, interpretiert und weiter entwickelt werden müssen, um sie zu verstärken und wirksam zur Bekämpfung der horizontalen und vertikalen Medienkonzentration auf den traditionellen wie den neuen Medienmärkten einsetzen zu können;

75.   fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission deshalb auf, den Pluralismus in den Medien zu bewahren und entsprechend ihrer Kompetenzen zu gewährleisten, dass die Medien in allen Mitgliedstaaten frei, unabhängig und pluralistisch sind;

76.   fordert die Kommission auf, so rasch wie möglich eine Mitteilung über den Stand des Medienpluralismus in der EU herauszugeben und dabei folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • (a)Überblick über die auf nationaler und europäischer Ebene bestehenden Maßnahmen und Praktiken zur Förderung des politischen und kulturellen Pluralismus redaktionsintern bzw. zwischen einzelnen Redaktionen, u.a. in Bezug auf Inhalte, und der Analyse etwaiger Mängel unter Anerkennung der großen wirtschaftlichen Anstrengungen, die mit der Gewährleistung eines pluralistischen Angebots auf kleineren und spezifischeren Märkten wie lokalen oder kleinen regionalen Märkten verbunden sind,
  • (b)sorgfältige Prüfung der Möglichkeiten für ein Tätigwerden der Kommission auf der Grundlage ihrer Zuständigkeiten und ihrer Verpflichtung, für den umfassenden Schutz der Menschenrechte zu sorgen,
  • (c)Prüfung der Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten, sowie der Maßnahmen, die von den europäischen Organen ergriffen werden sollten,
  • (d)Prüfung des Einsatzes geeigneter Instrumente, einschließlich der Verwendung nicht verbindlicher Instrumente in einer ersten Phase, auf die die Annahme verbindlicher Instrumente folgen könnte, wenn die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen sich als unzulänglich erweisen, und
  • (e)ein Konsultationsverfahren über einen möglichen Aktionsplan für Maßnahmen, die auf EU-Ebene oder von den Mitgliedstaaten ergriffen werden sollen, um für ein ausreichendes Maß an Medienpluralismus in der gesamten Europäischen Union zu sorgen;

77.   fordert die Kommission auf, ein Richtlinienvorschlag zum Schutz des Medienpluralismus in Europa vorzulegen, um den Regelungsrahmen, wie in seiner Entschließung vom 20.11.2002 gefordert, zu ergänzen;

78.   ist der Ansicht, dass der Schutz der Medienvielfalt zur Priorität der Gesetzgebung der Union auf dem Gebiet des Wettbewerbs werden sollte und dass die beherrschende Stellung eines Medienunternehmens auf dem Markt eines Mitgliedstaats als Hindernis für den Medienpluralismus in der Union angesehen werden muss;

79.   stellt nachdrücklich fest, dass auf europäischer Ebene eine Rechtsvorschrift angenommen werden sollte, die es Politikern und Personen, die sich für politische Ämter bewerben, verbietet, erhebliche wirtschaftliche Interessen in den Medien zu unterhalten, und dass Rechtsinstrumente geschaffen werden müssen, um jegliche Interessenskonflikte auszuschließen; fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen um zu gewährleisten, dass Regierungsmitglieder ihre Medienanteile nicht für politische Zwecke nutzen können;

80.   fordert die Kommission deshalb auf, darüber hinaus die Aufnahme folgender Maßnahmen in einen Aktionsplan zur Förderung des Pluralismus in allen Tätigkeitsbereichen der Europäischen Union zu prüfen:

  • (a) Überarbeitung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, um die Verpflichtung der    Mitgliedstaaten zur Förderung des politischen und kulturellen Pluralismus,    redaktionsintern bzw. zwischen einzelnen Redaktionen, zu klären unter    Berücksichtigung der Notwendigkeit eines einheitlichen Ansatzes für alle    Kommunikationsdienste und Medienkategorien,
  • (b) Aufstellung EU-weiter Mindestbedingungen, um sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wie vom Europarat empfohlen, unabhängig und frei von Einmischung durch die Regierung ist,
  • (c)Förderung des politischen und kulturellen Pluralismus bei der Ausbildung zum Journalisten, damit die Ansichten, die in der Gesellschaft vertreten sind, redaktionsintern oder zwischen den verschiedenen Redaktionen widergespiegelt werden,
  • (d)Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine unabhängige Regulierungsbehörde (wie die Telekommunikations- oder Wettbewerbsregulierungsbehörden) mit der Überwachung des Medienbesitzes und des gleichen Zugangs zu betrauen; diese Behörde sollte auch befugt sein, in eigener Initiative Untersuchungen durchzuführen,
  • (e)Einsetzung einer europäischen „Arbeitsgruppe“ aus unabhängigen nationalen Medienregulierungsbehörden (siehe z.B. die Datenschutzgruppe gemäß Artikel 29),
  • (f)Bestimmungen, die die Transparenz des Medienbesitzes insbesondere bei grenzüberschreitendem Besitz sowie die Veröffentlichung von Informationen über erhebliche Interessen im Mediensektor vorschreiben,
  • (g)eine Vorschrift, wonach auf den nationalen Märkten erhobene Informationen über Medienbesitz zu Vergleichszwecken an eine europaweite Einrichtung wie die Europäische Audiovisuelle Beobachtungsstelle übermittelt werden,
  • (h)Prüfung der Frage, ob unterschiedliche nationale Regelungsmodelle die Funktionsweise des Binnenmarktes behindern und ob die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Beschränkung der horizontalen, vertikalen und gekreuzten Beteiligungen an Medien harmonisiert werden müssen, um gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen und insbesondere eine ausreichende Überwachung grenzüberschreitender Beteiligungen zu gewährleisten,
  • (i)Prüfung der Frage, ob es notwendig ist, in die EU-Verordnung über Fusionen einen Test für „Pluralismus“ aufzunehmen und niedrigere Schwellen für Medienzusammenschlüsse vorzusehen, oder ob solche Bestimmungen in die nationalen Rechtsvorschriften aufgenommen werden sollten,
  • (j)Leitlinien dafür, wie die Kommission bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts auf Medienzusammenschlüsse öffentlichen Anliegen wie dem Pluralismus Rechnung tragen will,
  • (k)Prüfung der Frage, ob der Markt für Medienwerbung zu einer Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen im Mediensektor führt und ob spezifische Kontrollen in diesem Markt erforderlich sind, um gleiche Zugangsbedingungen zu gewährleisten,
  • (l)Überprüfung der Übertragungsverpflichtungen, die Telekommunikationsbetreiber gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den Mitgliedstaaten haben, Überprüfung der Marktentwicklungen und Prüfung der Frage, ob weitere Maßnahmen zur Förderung der Verbreitung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erforderlich sind,
  • (m)Einführung eines allgemeinen Rechts der EU-Bürger auf Gegendarstellung bei    Fehlinformation, das auf alle Medien anwendbar ist, wie vom Europarat empfohlen,
  • (n)Prüfung der Notwendigkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern ausreichende digitale Übertragungskapazität zu sichern,
  • (o)wissenschaftliche Untersuchung über die Auswirkungen der neuen Kommunikationstechnologien und –dienste auf Medienkonzentration und Pluralismus,
  • (p)eine vergleichende Untersuchung der nationalen Bestimmungen über die Informationspolitik – insbesondere bei Wahlen oder Referenden – und den gleichberechtigten, unterschiedslosen Zugang der verschiedenen Gruppierungen, Bewegungen und Parteien zu den Medien, sowie die Ermittlung der besten Praktiken zum Schutz der Informationsfreiheit des Bürgers, die den Mitgliedstaaten empfohlen werden können,
  • (q)eventuell spezifische Maßnahmen, die ergriffen werden können, um die Entwicklung des Pluralismus in den Beitrittsländern zu fördern,
  • (r)Einsetzung einer unabhängigen Behörde, wie etwa eines Presserates in den Mitgliedstaaten, der sich aus externen Sachverständigen zusammensetzt, zur Regelung von Streitigkeiten über die Berichterstattung von Medien und Journalisten,
  • (s)Maßnahmen, um Medienorganisationen zu ermutigen, publizistische und journalistische Unabhängigkeit sowie hohe qualitative und ethische Standards durch Statuten oder selbstregulierende Maßnahmen zu stärken,
  • (t)Förderung von Arbeitsräten in Medienorganisationen und insbesondere in den in den Beitrittsländern gegründeten Unternehmen;

81.   verweist darauf, dass die Kommission sich bei ihrem Vorgehen in jedem Fall nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft richten muss, demzufolge die Maßnahmen der Gemeinschaft nicht über das für die Erreichung der Ziele dieses Vertrags erforderliche Maß hinausgehen dürfen;

82.   fordert die Kommission auf, einen Jahresbericht zum Thema Pluralismus auszuarbeiten, in dem die inhaltliche Vielfalt (nach innen und nach außen) den politischen und kulturellen Präferenzen der Öffentlichkeit gegenübergestellt wird, die redaktionelle Unabhängigkeit bewertet wird, und analysiert wird, wie sich die Eigentumskonzentration auf die Vielfalt auswirkt, und fordert, dass der Pluralismus der Medien in den Jahresbericht des EU-Netzes unabhängiger Sachverständiger für Menschenrechte gesondert aufgenommen wird;

83.   fordert die Kommission auf, die Auswirkungen des Urteils in der Rechtssache Altmark auf den Rundfunksektor zu klären und im Verfahren der Mitentscheidung einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Bedingungen für die Genehmigung staatlicher Beihilfen auf den Weg zu bringen;

84.   stellt fest, dass jedes rechtliche oder behördliche Vorgehen eines Mitgliedstaats, das nachteilige Auswirkungen auf den Medienpluralismus oder die Meinungs- und Informationsfreiheit hat, sowie das Untätigbleiben eines Mitgliedstaats, wo es um den Schutz dieser Grundrechte geht, in den Anwendungsbereich von Artikel 7 Absatz 1 oder Artikel 7 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union fallen könnte;

85.   vertritt die Auffassung, dass das Parlament, wenn es politische Bedenken bezüglich des Medienpluralismus bzw. der Medienvielfalt in einem der EU-Mitgliedstaaten hat, die Möglichkeit haben sollte, in eigener Initiative Verfahren einzuleiten, die es ihm ermöglichen, in der jeweiligen Sache Untersuchungen anzustellen, bevor es als letzter Schritt von seinem Initiativrecht gemäß Artikel 7 Absatz 1 Gebrauch macht;

86.   fordert die Aufnahme einer spezifischen Bestimmung über die Notwendigkeit, Pluralismus in den Medien zu gewährleisten, in die europäische Verfassung;

87.   dringt bei den Mitgliedstaaten darauf, in den einzelstaatlichen Verfassungen die Verpflichtung niederzulegen, dass die Achtung der Freiheit und des Medienpluralismus gewährleistet und gefördert wird, damit konkreter ausformuliert wird, was in diesem Zusammenhang bereits in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Dezember 2000 in Nizza festgelegt wurde; ist der Auffassung, dass ein unabhängiges Gericht in der Lage sein muss, die einschlägigen Rechtvorschriften an den genannten verfassungsrechtlichen Bestimmungen zu messen, damit dieser Verpflichtung Genüge getan wird;

88.   fordert das italienische Parlament auf,

  • -in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des italienischen Verfassungsgerichts und des Staatspräsidenten unter Berücksichtigung der von diesen im Gesetzesentwurf Gasparri festgestellten Unvereinbarkeiten mit dem Gemeinschaftsrecht seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Reform des audiovisuellen Sektors zu intensivieren,
  • -eine wirkliche, angemessene Lösung für das Problem eines Interessenskonflikts des Präsidenten des Ministerrats zu finden, der auch direkt den Hauptbetreiber des Privatfernsehens und indirekt das Staatsfernsehen, den wichtigsten Konzessionsinhaber im Werbebereich sowie zahlreiche andere mit dem audiovisuellen und dem Medienbereich verbundene Aktivitäten kontrolliert, und
  • -Maßnahmen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu ergreifen;

89.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europarat und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer zu übermitteln.

  • [1] ABl. C 25 vom 29.1.2004, S. 28
  • [2] ABl. C 140 E vom 13.6.2002, S. 27.
  • [3] ABl. 200 vom 30.6.1997, S. 4.
  • [4] P5_TA(2003)0376.
  • [5] Familiapress, EUGH, 26. Juni 1997, Urteil Kommission/Niederlande vom 25. Juli 1991, Rechtssache C-535/89
  • [6] Informationsverein Lentia/Österreich (1993) und Demuth gg. die Schweiz (2002)
  • [7] Empfehlung Nr. R(96) 10 zur Garantie der Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks, Entschließung (74)26 zum Recht auf Gegendarstellung – die Stellung von Einzelpersonen gegenüber der Presse, Empfehlung Nr. R(94) 13 zu Maßnahmen zur Erhöhung der Medientransparenz, Empfehlung Nr. R (99) 1 zu Maßnahmen zur Förderung des Medienpluralismus, Empfehlung 1589 (2003) zur freien Meinungsäußerung in den europäischen Medien und Empfehlung 1641 (2004) zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
  • [8] Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht
  • [9] Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht
  • [10] Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht
  • [11] ABl. C 87 E vom 11.4.2002, S. 156.
  • [12] ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5
  • [13] Gillian Doyle (2003): Media Ownership: the economics and politics of concentration in the UK and European media. London: Sage, S. 12.
  • [14] Urteil Colombani u.a. vom 25. Juni 2002.
  • [15] Es sei jedoch darauf verwiesen, dass verschiedene ausländische Unternehmen, die in Polen tätig sind, insbesondere der norwegische Konzern Orkla und der Springerverlag freiwillig interne Regelungen eingeführt haben, um ihre Mitarbeiter vor äußerem Druck zu schützen und die Verantwortungsbereiche des Führungspersonals und der Redakteure zu trennen (OSZE).
  • [16] laut Informationen von ABC vom 11. März 2003.
  • [17] Der Mediaset-Konzern kontrolliert:
    - Fernsehsender (Canale 5, Italia 1 und Rete 4 in Italien und Telecinco-Konzern in Spanien)
    - Kabelfernsehnetze (Telepiù)
    - Satellitenfernsehnetze (unter Mediadigit) und terrestrische digitale Fernsehsender
    - Werbung (Pubitalia '80 in Italien und Publiespana in Spanien)
    - Unternehmen in Verbindung mit den Rundfunkmedien (Videotime, RTI Music, Elettronica industriale, Mediavideo)
    - Unternehmen, die TV-Produkte herstellen und verteilen (Mediatrade, Finsimac, Olympia)
    - feste Telekommunikationsnetze (Albacom)
    - Internet-Portale (Jumpy s.p.a.)
    - Kinovertrieb (Medusa – dieses Unternehmen kontrolliert das Verleihunternehmen Blockbusters)
    - Unternehmen im Bereich Investitionen und Finanzdienstleistungen (Mediaset Investment in Luxemburg und Trefinance)
    - ein Versicherungsunternehmen (Mediolanum)
    - eine Baufirma (Edilnord 2000)
    - eine Fußballmannschaft (AC Milan)
    - den Verlag Arnoldo Mondadori Editore, der das größte italienische Verlagshaus für Bücher und zahlreiche Zeitschriften beinhaltet
    - die Tageszeitung "Il Giornale" (gehört seinem Bruder, Paolo Berlusconi) und die Tageszeitung "Il Foglio"(gehört seiner Gattin, Veronica Lario),
  • [18] Im Jahr 2003 gab Barilla beispielsweise 86,8% weniger für Werbung in den Tageszeitungen aus und investierte gleichzeitig 20,6% mehr für Fernsehspots in den Mediaset-Sendern, Procter & Gamble gab 90,5% weniger für Tageszeitungen und 37% mehr für die Mediaset-Sender aus, und sogar ein öffentliches Unternehmen wie die Telekommunikationsgesellschaft Wind kürzte ihre Ausgaben für Zeitungswerbung um 55,3% und erhöhte ihre Ausgaben für die Berlusconi-Sender um 10%; außerdem verlor RAI im Jahr 2003 8% der Werberessourcen an Mediaset und musste Verluste in Höhe von 80 Millionen Euro einstecken. Quelle: Corriere della Sera, 24. Juni 2003.
  • [19] Siehe die Urteile des Verfassungsgerichtshofs vom 10. Juli 1974 (Nrn. 225 und 206) und 28. Juli 1976 (Nr. 202) zu dem Gesetz Nr. 103 vom 14. April 1975 (GURI [Amtsblatt der Italienischen Republik], 17 April 1975, Nr. 102), das negative Gutachten des Verfassungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 21 Juli (Nr. 148), in dem der Mangel an kartellrechtlichen Bestimmungen und die daraus folgende faktische und rechtliche Schaffung von Monopolen und Oligopolen bemängelt werden. Verfassungsgerichtshof, Urteil Nr. 826/88, Urteil von 1994 (Nr. 420, GURI Nr. 51, 14. Dezember 1994) und Urteil 466/2002.
  • [20] Im Zusammenhang mit der Substituierbarkeit des Referenzmarktes vgl. die Urteile Continental Can, Rechtssache 6/72, Hoffman La-Roche, Rechtssache 85/76, Ambulanz Glöckner, Rechtssache C-475/99; im Zusammenhang mit dem Fehlen einer ausreichenden Substituierbarkeit des Referenzmarktes vgl. die Urteile United Brands, Rechtssache 27/76, Ahmed Saeed, Rechtssache 66/86.

EXPLANATORY STATEMENT

The rapporteur welcomes this opportunity for the Parliament to reexamine the issue of pluralism in the media. It should be recalled that the protection of pluralism in the media has been a recurrent concern of the EP, especially during the adoption of the directive on 'television without frontiers'.[1]

This time, the EP, having been called upon to examine the issue of pluralism in Italy[2], decided to look more broadly at pluralism in the EU. The rapporteur agrees that it is not possible to make valid conclusions concerning the situation in one Member State without first examining the situation in all the Member States.

For many years, the Parliament has been suggesting to the Commission that there is a need for EU intervention to ensure an adequate level of pluralism. The Commission, after an overview of the state of affairs in the Community (see its Green Paper on pluralism)[3], prepared a draft directive on the protection of pluralism. Unfortunately, and despite some real gestures of encouragement by the Commissioner concerned[4], as well as favourable opinions from the EP[5], the Economic and Social Committee[6] and even the Council[7], the Commission decided in 1997 to suspend the proposal on the grounds that it was dubious whether a sufficient legal basis existed (strong German resistance no doubt also played its part).

Almost ten years on, the Commission continues to be reluctant to act: the protection of pluralism is no longer included among the priorities of its strategic communications on the audiovisual sector, nor does it even appear as one of the subjects to be dealt with under the revision of the directive on 'television without frontiers'[8].

The EP, and the rapporteur, by contrast, considers the issue to be of ever-increasing importance, and, on 4 September 2003, Parliament raised the issue of pluralism once again, calling for the 1992 Green Paper to be updated by early 2004.[9]

Definition of pluralism

Although many definitions of pluralism exist, the rapporteur considers that the following text provides a clear definition “..‘Political’ pluralism is about the need, in the interests of democracy, for a range of political opinions and viewpoints to be expressed in the media. Democracy would be threatened if any single voice, with the power to propagate a single viewpoint, were to become too dominant', and that "‘Cultural’ pluralism is about the need for a variety of cultures, reflecting the diversity within society, to find expression in the media. Cultural diversity and social cohesion may be threatened unless the cultures and values of all groupings within society (for example those sharing a particular language, race, or creed) are reflected in the media.”[10]

It should be noted that, not withstanding the importance of "cultural" pluralism, Although both equally important, this report focuses primarily on the respect of "political" pluralism and does not for example examine the extent to which cultural diversity is protected by the television without frontiers directive.

Need for review

Various factors point to a need to update the legal framework to ensure the protection of pluralism in the Member States. Member States should themselves be expected to take the measures necessary to ensure pluralism, and they need to have adequate tools to do so. Nonetheless, not all matters of concern can be solved as, for example, commercial pressure, issues of supply and demand and the need for advertising revenue.

So far, the issue of pluralism in the media has only been dealt with indirectly, as the Community's legislators have taken the view that it was not for them to intervene on the matter without a specific provision in the Treaties.[11] However, with the Amsterdam and Nice Treaties the Union's constitutional framework has changed, the protection of fundamental rights is now one of the defining elements and priority objectives of both the Union and the Community (the Community being the Union's more structured core)[12]. There is consequently a need to review the existing competences and legislation of the Union in the light of the obligation of the EU to ensure the respect of fundamental rights within its internal legal system.[13]

Secondly, there is a need to update the legal framework for the media market, especially that for 'television without frontiers'[14], in order to respond to a number of economic, legal and institutional challenges:

-   the exponential growth, in Europe[15] and generally, of services related to the information society[16];

-   the accelerating globalisation of the markets[17];

-   media convergence (as intensified by the progress of digital technology);

-   the increasing concentration of media ownership[18];

-   restrictions on the freedom of journalists[19]; and

-   the enlargement of the European Union to the central and eastern countries, countries which do not have a tradition of a free and pluralist media.

Thirdly, the question arises whether pluralism is adequately protected in the Member States and whether there is pluralism is adequately protected from possible abuse, such as, for example, a single significant provider which uses all its media sources to present a single viewpoint or a government which influences the media to present its viewpoint. A preliminary investigation by the European Institute for the Media has highlighted that in each of the Member States and accession countries it has examined there are issues which could be the subject of further investigation. In particular, of course, there is the situation in Italy[20] which presents an anomaly due to a unique combination of economic, political and media power in the hands of Silvio Berlusconi and as a result the Italian Government seems to be, directly or indirectly, in control of all national television channels. Although the situation is unique, it could nonetheless arise in other Member States and therefore the EU should act now to ensure that adequate safeguards are in place in the Member States.

Right of freedom of expression and information

Article 11 of the Charter[21] (Freedom of Expression and Information) reads:

'1. Everyone has the right to freedom of expression. This right shall include freedom to hold opinions and to receive and impart information and ideas without interference by public authority and regardless of frontiers.

2.   The freedom and pluralism of the media shall be respected.'

This is the most recent formulation of a fundamental right which was proclaimed for the first time in Article 11 of the Declaration of the Rights of Man and the Citizen of 26 August 1789[22], and subsequently in Article 19 of the Universal Declaration of Human Rights adopted by the UN General Assembly on 10 December 1948[23], and, as far as Europe is concerned, in the Final Act of the Helsinki Conference of 1 January 1975 and, above all, in Article 10 of the European Convention on the Protection of Human Rights[24].

Content of the right

On the level of content, Article 11 sets out not only the 'active' freedom to express oneself but also the 'passive' freedom to be informed - a concept which is only implicit in the recognition of the individual's right to information that appears in Article 10 of the European Convention on Human Rights[25].

Like all other rights, the right to freedom of expression and information (and therefore, indirectly, the right to pluralism deriving therefrom) is limited by restrictions that are defined by the Charter itself, the Treaties, the ECHR or the case-law of the European Courts. The latter have evolved a wealth of case-law which has made it possible to specify more clearly the relationships of this fundamental right with other criteria such as the protection of public morality[26], the independence of the judiciary[27], the reputation and rights of others[28], the right to political criticism[29], the right of reply[30], and the fight against racism[31].

The Courts have also, on various occasions, ruled on the relationship between economic factors and issues of pluralism, as well as on the question of the legitimate limits on the activities of broadcasting organs.

In the judgment in the case of Demuth v. Switzerland [32], for example, the European Court of Human Rights referred to “the legitimate need for the quality and balance of programs in general” (...). In view of their strong impact on the public, "domestic authorities may aim at preventing a one-sided range of commercial television programs on offer” (§ 43).

In the judgment in the case of Informationsverein Lentia and others v. Austria, the European Court of Human Rights stressed the fundamental role of freedom of expression in a democratic society, "in particular, where, through the press, it serves to impart information and ideas of general interest, which the public is moreover entitled to receive .... Such an undertaking cannot be successfully accomplished unless it is grounded in the principle of pluralism, of which the State is the ultimate guarantor." (§ 38)[33]

The Court of Justice of the European Communities has given similar rulings. In two judgments of 25 July 1991 concerning the Dutch Mediawet the Court of Justice acknowledged that the maintenance of the pluralism “is connected with freedom of expression, as protected by Article 10 of European Convention on Human Rights and Fundamental Freedoms, which is one of the fundamental rights guaranteed by the Community legal order[34].

Protection of the right in the EU

On the formal level, the Charter is, above all, a politico-institutional document whose role is to increase the visibility of the fundamental rights referred to in Article 6 of the TEU. The rights set out in the Charter are not binding on jurisdictions in the Community, but they nonetheless form an obvious point of reference for the institutions, among them the European Parliament, that proclaimed the Charter in Nice in December 2000. In the Commission Communication[35] issued immediately after the proclamation of the Charter of Fundamental Rights, the institutions of the EU undertook a commitment to respect the rights and principles in the Charter and said that all the legislation of the EU will be brought in line with these rights.

It should be noted that once the Community/Union has intervened in a particular field, then it is clear that it has competence. The question is then whether, in exercising these powers, the Community/Union fully respects the Charter of Fundamental Rights. It is not sufficient that the rights and principles of the Charter are not violated. It should also be ensured that, in a field in which the Community/Union has intervened, it does not tolerate such violations by the Member States which act as a decentralized European administration. According to the European Court of Human Rights, a State whose internal legal order does not prohibit violations of the rights and freedoms protected by that instrument when they are committed by federated entities or private parties, in fact is violating the European Convention on Human Rights, because such violations have at least their indirect source in the failure of the legislator, a State organ, to take appropriate measures[36]. Although the Union is not itself a signatory to the ECHR, the Charter of Fundamental Rights of the European Union as an instrument for the protection of human rights, should give rise to similar obligations for the EU.

Consequently, once the European legislator has intervened in a particular field it should be verified whether it has adopted all the measures which could reasonably prevent the risk of a violation of fundamental right in the field in question, taking account of course of the principles of subsidiarity and proportionality.

Notwithstanding any measures which are adopted by the EU to prevent the risk of a violation of a fundamental right, in the event that the behaviour of a Member State seems to be acting contrary to the principles in the Charter of Fundamental rights Article 7 of the EU Treaty provides a mechanism for determining the existence of a clear risk of a breach or a serious and persistent breach of fundamental rights. As regards the existence of a clear risk of a breach of fundamental rights, this mechanism can be initiated by the European Parliament on, for example, the basis of information received in a petition, after of course having followed its internal procedures.

Role in a proper functioning democracy

Freedom of expression and information is also vital for the exercise of other fundamental rights, including freedom of opinion and freedom of association, that are crucial to the proper functioning of a democracy[37]. There are three interlocking sets of rights: the right of voters to make an informed choice, the right of candidates to put their policies across and the right of the media to report and express their views on matters of public interest.[38] It follows that the fuller and more diverse are the available sources of information, the more the expression of the will of the people will be solidly grounded, above all at the moment of voting - be it at local, regional, national, or European level[39].

On this basis, it is clear that the protection of pluralism is a vital criterion for the EU, in the context of reinforcing the idea of European citizenship and the democracy principle set out in Article 6(1) of the EU Treaty, all the more so due to the right of EU citizens to stand and vote and to stand as a candidate in municipal and European Parliament elections by citizens of the Union residing in a Member State of which they are not nationals[40].

Protection of pluralism in the Member States and the accession countries

In order to assist with the preparation of this report the EP commissioned the European Institute for the Media (EIM) to prepare a comparative study entitled: "“the information of the citizen in the EU: obligations for the media and the Institutions concerning the citizen’s right to be fully and objectively informed”, covering all the Member States and the accession countries. A preliminary expertise was presented by the EIM on 5th March 2004 covering France, Germany, Ireland, Italy, Netherlands, Poland, Sweden, and United Kingdom.

This study sets out the legislative and regulatory framework in each country examined, including not only the rules on the ownership of the media, but also the existence of codes of conduct of journalists. The report then describes the "main players in the media landscape" in which the institute analyses the number of channels/titles and the ownership of the titles. Finally, the report sets out conclusions and issues of concern. This report aims to examine the issues in an objective manner and to provide data which can be used as parameters to measure the level of pluralism in the Member States.

This preliminary study analyses the situation in a selection of Member States including larger Member States, smaller Member States and examples from Scandinavia, Southern Europe and an accession country to give an overview of different systems reflecting different traditions of media use in an objective manner. The complete study due in June will contain final comparative conclusions based on the situation on all 25 current and new EU Member States and complete recommendations.

The rapporteur considers that there is a need for an annual report on pluralism examining, for example, the level of concentration on the supply side, (horizontal, vertical and cross-ownership), editorial independence, diversity of content (internal and external) and demand, i.e. public preferences and suggests that the report of the European Institute for the Media provides a good basis.

She notes that in each of the eight countries examined (France, Germany, Ireland, Italy, Netherlands, Poland, Sweden, and United Kingdom) there are issues which require further investigation, and strongly considers that there are sufficient concerns to warrant a detailed examination of the situation by the European Commission. Furthermore, having examined in particular the work of the Council of Europe in this field and many other reports into the situation in the media in the EU[41] she considers that there is an urgent need for further action to ensure the protection of pluralism.

Existing instruments at EU level

The current EU regulatory framework concerning the media is currently very fragmented, being contained in the television without frontiers directive, in the competition rules and in the telecommunications package. In the case of the television without frontiers directive and the merger regulation, the EU rules permit the Member States to adopt stricter rules in order to ensure the protection of pluralism.

a)   Audiovisual policy

The first category concerns the directive on 'television without frontiers'[42], i.e. Directive 89/552/EC of 3 October 1989 (as amended by Directive 97/36/EC of 30 June 1997), [43]. This directive harmonises the provisions regarding advertising, sponsorship, the protection of minors and the right of reply which had been frequently invoked by the Member States in ways that blocked the free movement of broadcast content. It proposes the creation of a European audiovisual area and an obligation on broadcasters to include a quota of European programmes in their schedules.

This directive does not seek to ensure the protection of pluralism, but leaves it to the Member States “to require television broadcasters under their jurisdiction to comply with more detailed or stricter rules in the areas covered by this Directive”.[44] The Preamble of Directive 97/36/EC specifies that the Member States may exercise this right with a view to adopting rules concerning “the need to safeguard pluralism in the information industry and the media, and the protection of competition with a view to avoiding the abuse of dominant positions and/or the establishment or strengthening of dominant positions by mergers, agreements, acquisitions or similar initiatives; whereas such rules must be compatible with Community law” (44th recital).

It does not, however, regulate individualised on‑demand services, nor does it set minimum standards for the protection of pluralism, for the role of universal service and the means of paying for it (licences/fees/advertising revenue), for the status of public-sector broadcasters and the terms for provision of services, or for relations with other media, notably the press.

b)   Competition policy

A similar situation exists in relation to Community law in the field of concentrations. Council Regulation (EEC) No 4064/89 of 21 December 1989 on the control of concentrations between undertakings[45], provides in Article 21 § 3 for an exception to the principle of the exclusive authority of the European Commission to adopt decisions relating to the compatibility of Community-wide concentrations with the Common Market rules. This provision states, “Member States may take appropriate measures to protect legitimate interests other than those taken into consideration by this Regulation and compatible with the general principles and other provisions of Community law”, and it provides that shall in any case be regarded as legitimate interests “public security, plurality of the media and prudential rules”.

Member States may therefore prohibit, in the name of media pluralism, any concentration between undertakings, even where this has been authorized in advance by the Commission.

c)   Telecommunications package

The 'telecommunications package' which entered into force on 24 July 2003[46] seeks to regulate the convergence of communications services, media and information technology[47]. The package contains common rules for fixed and mobile telephone networks and cable and satellite TV networks, on the basis of the technological neutrality of communications service provision. It introduces competition into areas which have traditionally been subject to monopolies or oligopolies. It also establishes a number of common rules, concerning: scope and principles; basic definitions; National Regulatory Authorities; the concept of 'dominant market position'; and the procedures for allocating, on the basis of criteria that are objective, transparent, non-discriminatory and proportionate, such resources as radio frequencies, numbers and transit rights.[48] It gives the Member States the possibility to impose obligations on the cable operators to carry the public service broadcaster.[49]

Possible future measures

The European Union has used its powers to intervene in areas relating to the media, but in mergers and in the television without frontiers directive it has left it to the Member States to take measures to ensure the protection of pluralism.

This creates the impression that the Member States, when they take action in accordance with the exception provided, they will by definition be acting in conformity with the requirements of fundamental rights. Unfortunately this is not always the case.

Instead of leaving the current ambiguous situation, the rapporteur considers that these instruments need to be revised to define the obligations of the Member States to ensure the protection of pluralism. As mentioned above, once the European legislator has intervened in particular field it should be verified whether it has indeed adopted all the measures which could reasonably prevent the risk of a violation of fundamental in the field in question.

The rapporteur therefore urges the Commission to make a thorough review of the existing powers (the internal market (Article 95 EC), competition law (Articles 81-89), cultural policy (Article 151)[50], the right of establishment (Articles 43-48), the freedom to provide services (Articles 49-55), the rights of citizens (Articles 19-22) and the monitoring of public broadcasting (protocol to the Treaty of Amsterdam)[51]) to assess the measures which could be adopted to ensure the protection of pluralism.

The rapporteur is of the opinion that for the Member States to be able to intervene better, their legal framework should be strengthened by the adoption at EU level of specific measures that guarantee pluralism. This is particularly important given the opportunities and the threats that the information society poses, especially regarding new offerings, such as digital services.

It should also be acknowledged that the private sector is strongly driven by economic factors, but just as, for example, in relation to the protection of the environment, good corporate behaviour should be expected from market operators. Furthermore, it is of the utmost importance that in the public sector there are high standards and the promotion of pluralism so that this sector can provide an example to the private sector.

In the draft resolution, she has made suggestions based on Council of Europe resolutions and recommendations, practices in the Member States, and suggestions received from experts and contributions at the seminar on pluralism in the media. Of course, the principle relevant instrument is the television without frontiers directive, and it is essential that the protection of pluralism be included in the next revision of this directive.

9.   Juli 2003

  • [1] Council Directive of 3 October 1989, 89/552/EEC - OJ L 298, p. 23; amended by EP and Council Directive of 30 June 1997, 97/36/CE (OJ L 202, p. 60)
  • [2] Due to a petition from the Italian Article 21 Group.
  • [3] Communication to the EP and the Council on audiovisual policy (COM(1990) 78); Commission Green Paper of 23 December 1992 (COM(1992) 480), followed by Commission communication of 5 October 1994: 'Follow-up to the consultation process relating to the Green Paper on pluralism and media concentration in the internal market - an assessment of the need for Community action' (COM(1994) 353). It may be noted how technological development is permitting the ever-greater proliferation of interactive services (pay-TV), to the point where this will soon become a mass phenomenon. This may render obsolete the Commission's distinction between mass communication and individual communication (cf. its text on audiovisual policy and creating favourable conditions for the expansion of the European programme industry's companies - COM(1994) 523).
  • [4] On 26 September 1995 Mario Monti, then Commissioner for the internal market, told the EP's Committee on Culture:'I have to repeat once again that there is no contradiction between the objective of pluralism and that of the internal market. Indeed, the internal market cannot operate smoothly unless an equivalent level of protection of pluralism obtains throughout the Community. In the absence of common rules, Member States will always be free to erect legal barriers and thus discharge themselves of their responsibility to protect pluralism at Community level'.
  • [5] A3-0435/93, OJ C 44, 20.1.1994
  • [6] Opinion 93/C304/07, OJ C 304,10.11.1993; ESC Opinion 195/95 of 22 February 1995
  • [7] Informal Culture Council (1995)
  • [8] See the Commission's fourth report (COM(2002) 778) on the implementation of the directive on 'television without frontiers' (89/552/CEE) for the period 2001-2002, adopted on 6 January 2003: http://www.europa.eu.int/comm/avpolicy/regul/twf/applica/comm2002_778final_en.pdf
  • [9] See paragraphs 38-41 of the Perry resolution of 4 September 2003 (P5_TA-PROV(2003)0381- A5-0251/2003 - EP resolution on 'television without frontiers' (2003/2033(INI)):
    '38. Expresses its concern that growing concentration of ownership or control of broadcasting and other media, whether 'horizontal' or 'vertical', may subvert pluralism and democracy; 39. Believes that a commitment to diversity of ownership and/or control of broadcasting, and of broadcasting and other media, should be incorporated in any future Directive, without prejudice to the other initiatives to be undertaken by the Commission as requested by the European Parliament in its aforementioned resolution of 20 November 2002; hopes that the amendment of Directive 89/552/EEC or the new Directives on audiovisual content will include rules on ownership of televisual media that will ensure pluralism in the field of information and culture; 40. Believes that clear limits must be placed on the ownership and control of management of audiovisual communications media; 41. Calls on the Commission to monitor levels of media concentration in Europe and to draw up an updated Green Paper on this issue by the beginning of 2004.'
  • [10] Gillian Doyle (2003): Media Ownership: the economics and politics of concentration in the UK and European media. London: Sage. pp 12.
  • [11] The Draft Constitution prepared by the European Convention states that pluralism is a fundamental value of the European Union.
  • [12] It is not possible for a country to be a member of the Community without also being a member of the Union (Article 48 TEU).
  • [13] The European Court of Human rights considers that a state whose internal legal order does not prohibit violations may itself be violating the Convention of Human Rights.
  • [14] This applies both at Union and at Council of Europe level. The latter's Convention on Transfrontier Television of 5 May 1989 is a major reference point for the EU Member States.
  • [15] The Commission's most recent report on the audiovisual sector in Europe (COM(2001) 9) stated that at the beginning of 2000 there were in the EU, including land-based, satellite and cable channels, over 580 channels of national coverage (there are now probably about 1000, if one considers the numbers for 2000 as compared 1998 - + 58% - and 1996 - + 170%). At the same time, the turnover of the radio and TV broadcasting sector in the EU was estimated to be EUR 62 bn, while TV advertising revenue accounted for a market in the region of EUR 22 bn. The Commission noted the paradox that the exponential growth of networks and media has not been accompanied by an increase or diversification in content or by significant changes in user habits: there has been no increase in time dedicated to the new media rather than the television; users continue to favour a limited number of programmes; and the respective market shares of private and public networks have not changed.
  • [16] The development of interactive services is rendering obsolete the restriction of the directive to 'mass communications' and its exclusion of on-demand services (e.g. pay-per-view television). Cf. the comments of the EBU (European Broadcasting Union) when consulted on the revision of the directive on 'television without frontiers'.
  • [17] In the audiovisual sector, not only films but also television programmes are now distributed via more than one type of broadcasting technique (analog, digital, satellite and cable) and on several national markets.
  • [18] Of the ten leading groups at world level, 4 are European. The process of concentration is intensified by the circumstance that, unlike their public-sector counterparts, private broadcasters derive their revenue essentially from advertising, thus draining resources that were previously available for other economic sectors. Concentration among economic operators also feeds on the need for ever higher levels of investment on the part of newcomers if they are to obtain a significant audience share. The chances are thus reduced of newcomers being able to obtain sufficient advertising revenues to compensate for the capital invested, even in the long term.
  • [19] See the judgements of the Constitutional Court of 10 July 1974 (Nos 225 and 206) and 28 July 1976 (No 202) on Law No 103 of 14 April 1975 (GURI, 17 April 1975, No 102), the negative opinion from the Constitutional Court, in its judgement of 21 July (No 148), which criticised the lack of anti-trust legislation and the resultant de facto and de jure creation of monopolies and oligopolies. The Constitutional Court, Judgement No 826/88, Judgement of 1994 (No 420, GURI No 51, 14 December 1994) and Judgement 466/2002.
  • [20] See for example, "The impact of media concentration on professional journalism" OSCE Representative on freedom of the media.
  • [21] European Charter of Fundamental Rights, proclaimed by the Union institutions at Nice in December 2000 (http://ue.eu.int/df/default.asp?lang=en).
  • [22] 'The free communication of ideas and opinions is one of the most precious of the rights of man; every citizen can then freely speak, write, and print, subject to responsibility for the abuse of this freedom in the cases is determined by law.'
  • [23] This article reproduces Article 19(2) of the International Pact on Civil and Political Rights of 16 December 1966.
  • [24] The remarks attached to Article 11 of the Charter are as follows: '1. Article 11 corresponds to Article 10 of the European Convention on Human Rights, which reads as follows: '1. Everyone has the right to freedom of expression. This right shall include freedom to hold opinions and to receive and impart information and ideas without interference by public authority and regardless of frontiers. This Article shall not prevent States from requiring the licensing of broadcasting, television or cinema enterprises.
    2. The exercise of these freedoms, since it carries with it duties and responsibilities, may be subject to such formalities, conditions, restrictions or penalties as are prescribed by law and are necessary in a democratic society, in the interests of national security, territorial integrity or public safety, for the prevention of disorder or crime, for the protection of health or morals, for the protection of the reputation or rights of others, for preventing the disclosure of information received in confidence, or for maintaining the authority and impartiality of the judiciary.'
    Pursuant to Article 52(3) of the Charter, the meaning and scope of this right are the same as those guaranteed by the ECHR. The limitations which may be imposed on it may therefore not exceed those provided for in Article 10(2) of the Convention, without prejudice to any restrictions which Community competition law may impose on Member States' right to introduce the licensing arrangements referred to in the third sentence of Article 10(1) of the ECHR.
    2. Paragraph 2 of this Article spells out the consequences of paragraph 1 regarding freedom of the media. It is based in particular on Court of Justice case-law regarding television, particularly in case C-288/89 (judgement of 25 July 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda and others [1991] ECR I-4007), and on the Protocol on the System of Public Broadcasting in the Member States annexed to the EC Treaty, and on Council Directive 89/552/EC (particularly its 17th recital).'
  • [25] A corollary of this principle is the positive correlation between the amount of information available and the effective protection of the right to information. Conversely, a de facto or de jure limitation on access to the media (e.g. in the wake of excessive concentration) can entail the liability of a Member State, inter alia vis-à-vis the Strasbourg judges.
  • [26] Judgment of 7 December 1976, Handyside, and judgment of 29 October 1992, Open Door and Dublin Well Woman, Series A No 246
  • [27] Judgment of 22 February 1988, Sunday Times and Barfod
  • [28] Decision of the Commission on Human Rights of 5 March 1990 on Appeal 1463/89 (Times Newspapers Ltd)
  • [29] Judgment of 8 July 1986, Lingens, Series A No 103 and judgment of 23 May 1991, Oberschlick, Series A No 204
  • [30] Decision of the Commission on Human Rights of 12 May 1988 on Appeal 12194/86 (Kuhner)
  • [31] Judgment of 23 September 1994, Jersild, Series A No 298
  • [32] Judgment of 5 November 2002
  • [33] ECHR Judgment of 24/11/1993 on the Austrian radio monopoly, EuGRZ 1994, 549 - Lentia Informationsverein
  • [34] ECJ, 25 July 1991, Commission v. Netherlands, 353/89, ECR, p. 4089 (pt. 30); ECJ, 25 July 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda et al. v. Commissariaat voor de Media, 288/89, ECR, p. 4007 (pt. 23); also ECJ, 3 February 1993, Vereniging Veronica Omroep Organisatie v. Commissariaat voor de Media, 148/91, ECR, p. 513 (Recitals 9 and 10), see also ECJ, 26 June 1997, Familiapress, C-368/95, ECR, p. I-3689 (Recitals 18 and 24); Judgment Sacchi of 30 April 1974, Case 155/73, ECR 1974 p… , in which the European Court of Justice ruled that televised messages, including commercials, should be considered as 'services' rather than as 'goods' under competition law; Judgment Van Binsbergen of 3 December 1974, Case 33/74, ECR 1974 p.…, in which the ECJ ruled that Articles 59 and 60 of the EC Treaty have direct effect and can be invoked before national courts, at least insofar as they require the removal of all forms of discrimination against service providers arising from their nationality or from their residence in a Member State other than that in which the services is provided; Judgment CBEM c. CLT, Case C-311/84, ECR 1985, which defines the actions falling within the concept of abuse of a dominant position; Judgment Cynèthèque of 11 July 1985, Cases C-60 and 61/84, ECR 1985, concerning the obligation of the national courts to determine compliance with ECHR Article 10; Judgment Bond van Adwerteerders of 26 April 1988, Case C-352/85, ECR 1988 … , Judgment Groppera of 28 March 1990, Series A No 173 and Judgment Ert of 18 June 1991 Case C-260/89, ECR 1991, which oblige national legislative bodies to take account of ECHR Article 10 when imposing restrictions on broadcasting and to avoid creating dominant positions for public broadcasters; Judgment Grogan of 4 October 1991, Case C-159/90, ECR 1991, on the dissemination of information on countries in which abortion is practised; Judgment 5/10/94 TV10 of 5 October 1994, Case C-23/93, ECR 1994, which recognises the right of a Member State to restrict broadcasting by a company located outside its territory where the sole intention is to escape the jurisdiction of the Member State receiving the broadcasts (principle confirmed by Judgment Leclerc of 9 February 1995, Case C-412/93, ECR 1995).
  • [35] Commission Communication of February 2001.
  • [36] See, e.g., Eur. Ct HR, Young, James et Webster v. United Kingdom judgment of 13 August 1981, Series A n° 44, § 89 ; Eur. Ct. HR, X and Y v. the Netherlands judgment of 26 March 1985, Series A n°91, § 23 ; Eur. Ct. HR, Lopez Ostra v. Spain judgment of 9 December 1994, Series A n° 303-C, § 51 ; Eur. Ct. HR, A v. the United Kingdom judgment of 23 September 1998.
  • [37] In this connection, see the case-law of the Italian and German Constitutional Courts (BVerfGE 57,295,319 e BVerfGE 83, 238,295; 87,181, 197).
  • [38] "Media and elections: case studies", the European Institute for the Media.
  • [39] Under the 'functional' approach, it is for the State to take appropriate measures to ensure that the choice of media available offers as much diversity and balance as is possible (German Federal Constitutional Court, N° 73, 118, 159 et seq.; BVerfGE N° 97, 228 258,266 et seq.; N° 95, 163, 172 et seq.).
  • [40] Enshrined in the Treaty and detailed arrangements are laid down in Council Directive 96/30/EC of 13 May 1996 amending Directive 94/80/EC laying down detailed arrangements for the exercise of the right to vote and to stand as a candidate in municipal elections by citizens of the Union residing in a Member State of which they are not nationals, Directive 93/109/EC - Voting rights of EU citizens living in a Member State of which they are not nationals in European Parliament elections.
  • [41] "Television and the concentration of the media", European Audiovisual Observatory, 2001 (new report is expected mid February 2004); Media diversity in Europe, Council of Europe, Advisory panel on media concentrations, pluralism and diversity questions 2002; "The impact of media concentration on professional journalism", OSCE Representative on Freedom of the Media; Report of the network of independent experts on the situation of fundamental rights in the EU; the reports of the European Federation of Journalists.
  • [42] In, respectively, OJ L 298, 17.10.1989, and OJ L 302, 30.7.1997
  • [43] and the provisions for the promotion of the European programmes (MEDIA I and II), which sketch out an outline for an EU cultural policy (this objective comes from the Treaty of Maastricht, which entered into force in 1994 in parallel to Directive 89/552)In addition to introducing a new Article 151 on cultural policy, the Treaty of Maastricht gave official recognition to public aids for the promotion of culture (Article 92, third paragraph (d) EC).
  • [44] Article 26
  • [45] OJ L 257 of 21/09/1990, p. 13 (amended version)
  • [46] Directive 2002/21/EC of the European Parliament and of the Council of 7 March 2002 on a common regulatory framework for electronic communications networks and services (Framework Directive), OJ L 108/33, 24 April 2002; Directive 2002/19/EC of the European Parliament and of the Council of 7 March 2002 on access to, and interconnection of, electronic communications networks and associated facilities (Access Directive), OJ L 108/7, 24 April 2002; Directive 2002/20/EC of the European Parliament and of the Council of 7 March 2002 on the authorisation of electronic communications networks and services (Authorisation Directive) OJ L 108/21, 24 April 2002; Directive 2002/22/EC of the European Parliament and of the Council of 7 March 2002 on universal service and users' rights relating to electronic communications networks and services (Universal Service Directive), OJ L 108/51, 24 April 2002 and Directive 2002/58/EC of the European Parliament and of the Council of 12 July 2002 concerning the processing of personal data and the protection of privacy in the electronic communications sector (Directive on privacy and electronic communications), OJ L 201/37, 31 July 2002, all available at: http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/ maindocs/index_en.htm#directives.
  • [47] An initial report on the incorporation of the EU Electronic Communications Regulatory Package was recently forwarded to the EP and the Council (COM(2003) 715 - SEC(2003) 1342, 19 November 2003).
  • [48] It is presumed that an enterprise having significant market power enjoys a position of economic strength enabling it to act to a large extent independently of competitors, clients and consumers in general. With a view to ensuring the free flow of information, media pluralism and cultural diversity, the providers of interactive digital TV services are encouraged to make their platforms available to the Community public and to use open APIs.
  • [49] Article 31 of the Universal Service Directive.
  • [50] Cf. the new wording of Article 151(4) EC (post-Amsterdam), which makes the protection of culture a matter for the Community and the Member States.
  • [51] This is referred to in the resolution of the Council and the Member State government representatives adopted on 25 January 1999 - see OJ C 30, 5.2.1999.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG B5–0363/2003

eingereicht gemäß Artikel 48 der Geschäftsordnung

von Sylviane H. Ainardi und anderen

zu der Gefahr eines schwerwiegenden Verstoßes gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in Italien

Das Europäische Parlament,

A.   in der Erwägung, dass die Achtung der durch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) garantierten Grundrechte das Fundament der Union bildet,

B.   in der Erwägung, dass in Artikel 10 der EMRK das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung garantiert wird, das auch die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt,

C.   in der Erwägung, dass die kritische Situation, die sich in Italien entwickelt hat, wo Berlusconi als Ministerpräsident und Geschäftsmann das gesamte Spektrum des öffentlichen und privaten Rundfunks und Fernsehens, Zeitungen, Verlagshäuser und Werbebüros kontrolliert, von mehreren Seiten, sowohl von öffentlicher Seite (Europäisches Parlament, Europarat, Vereinte Nationen) als auch von privater Seite (EU-Netz unabhängiger Sachverständiger für Menschenrechte, Europäischer Journalistenverband, Reporter ohne Grenzen, Articolo 21 Liberi di und internationale Presse) angeprangert wurde,

D.   in der Erwägung, dass diese Situation, die von mehreren Zwischenfällen gekennzeichnet war, die gegen die Bestimmungen der freien Meinungsäußerung verstoßen, von dem betreffenden parlamentarischen Ausschuss geprüft wurde, sowie in der Erwägung, dass hinreichende Gründe dafür vorliegen, das Verfahren gemäß Artikel 7 Absatz 1 des EU-Vertrags einzuleiten,

1.   schlägt dem Rat vor, zu prüfen, ob möglicherweise ein Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit gemäß Artikel 10 der EMRK und Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (über die Pluralität der Information), die von den Organen der EU im Dezember 2000 in Nizza verabschiedet wurde, vorliegt.

STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR RECHT UND BINNENMARKT

19.März 2004

für den Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten

zu den Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Artikel 11 Absatz 2 der Charta der Grundrechte) in der EU, vor allem in Italien (2003/2237(INI)

Verfasser der Stellungnahme Klaus-Heiner Lehne

VERFAHREN

Der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt benannte in seiner Sitzung vom 27. Januar 2004 Klaus-Heiner Lehne als Verfasser der Stellungnahme.

Der Ausschuss prüfte den Entwurf einer Stellungnahme in seinen Sitzungen vom 8. und 17. März 2004.

In der letztgenannten Sitzung nahm er die nachstehenden Vorschläge mit 16 Stimmen bei 15 Gegenstimmen an.

Bei der Abstimmung waren anwesend: Giuseppe Gargani, Vorsitzender; Willi Rothley und Ioannis Koukiadis, stellvertretende Vorsitzende; Paolo Bartolozzi, Maria Berger, Bert Doorn, Raina A. Mercedes Echerer (in Vertretung von Uma Aaltonen), Giovanni Claudio Fava (in Vertretung von Carlos Candal gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Francesco Fiori (in Vertretung von Klaus-Heiner Lehne gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Marie-Françoise Garaud, Malcolm Harbour, Piia-Noora Kauppi (in Vertretung von Janelly Fourtou), Kurt Lechner, Giorgio Lisi (in Vertretung von Marianne L.P. Thyssen gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Sir Neil MacCormick, Toine Manders, Lucio Manisco (in Vertretung von Michel J.M. Dary gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Arlene McCarthy, Manuel Medina Ortega, Pasqualina Napoletano (in Vertretung von Bill Miller gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Marcelino Oreja Arburúa (in Vertretung von José María Gil-Robles Gil-Delgado), Barbara O'Toole (in Vertretung von Evelyne Gebhardt), Elena Ornella Paciotti (in Vertretung von Fiorella Ghilardotti), Anne-Marie Schaffner, Francesco Enrico Speroni (in Vertretung von Alexandre Varaut), Bruno Trentin (in Vertretung von François Zimeray gemäß Art. 153 Abs. 2 der Geschäftsordnung), Ian Twinn (in Vertretung von Lord Inglewood), Diana Wallis, Rainer Wieland, Joachim Wuermeling und Stefano Zappalà.

KURZE BEGRÜNDUNG

1.   Einleitung

Pluralismus und freie Meinungsäußerung in einem demokratischen System mit einem freien Markt, wie es in allen EU-Mitgliedstaaten der Fall ist, bedeuten, dass allen Bürgern und allen kulturellen, gesellschaftlichen und gebietsbezogenen Äußerungen unter gleichen Bedingungen die rechtliche Möglichkeit garantiert sein muss, die Kommunikationsmedien zu benutzen oder Zugang zu ihnen zu erhalten.

Aber der Zugang erfolgt in den Grenzen der Verfügbarkeit der für die Wahrnehmung dieser Freiheit notwendigen Räume und Mittel unter Berücksichtigung anderer verfassungsmäßig garantierter Rechte. Und die Freiheit zeichnet sich dadurch aus, dass es keine Vorabkontrollen und Zensoren gibt.

Der freie Markt, auch derjenige im Informationssektor, entzieht sich der Kontrolle der Politik. Und in einem demokratischen System kann der Pluralismus nicht per Dekret erzwungen werden, es sei denn, man schränkt die Freiheit der Presse und der Meinungsäußerung ein.

Der Schutz der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Europa muss ferner unter dem Blickwinkel der derzeitigen tief greifenden und rapiden technologischen Entwicklung gesehen werden.

In der Welt der Information sind zu dem klassischen Angebot (Fernsehen, Rundfunk, Presse) innerhalb weniger Jahre neue digitale Rundfunkdienste (terrestrisch, über Satellit, über Kabel) und Netzdienste (Internet, Multimedia) hinzugekommen, welche die Auswahlmöglichkeiten der europäischen Öffentlichkeit erheblich erweitern. Diese Entwicklung des Panoramas der Medien ging mit der Konvergenz der Branchen einher. Analog dazu findet eine starke Integration der Märkte durch Bündnisse und Fusionen zwischen Eignerunternehmen von Medien, Telekommunikationsbetreibern und Protagonisten der Computerindustrie statt.

Die technologische Konvergenz, die durch das Breitband und den plattformübergreifenden Zugang, d. h. die Möglichkeit, nicht nur mit dem Computer, sondern auch mit Geräten wie dem digitalen Fernseher und den mobilen Kommunikationssystemen der dritten Generation ins Internet zu gehen, möglich wurde, führt dazu, dass die Systeme und Dienste interoperabel und austauschbar werden.

Die Digitaltechnik macht die Leistungen und Merkmale der auf verschiedenen Technologien beruhenden Netzdienste einander immer ähnlicher. Dies vervielfacht diese Möglichkeiten für die Demokratie, die Verbreitung von Ideen und Gedanken.

Die Europäische Union hält den Übergang von der analogen zur digitalen Technik für so wichtig, dass sie ihn zu einem der strategischen Elemente des Lissabonner Programms für die wissensbasierte Wirtschaft erhebt.

Im „Aktionsplan eEurope 2005“ werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis 2003 die Aktionspläne für den Übergang zur digitalen Ausstrahlung zu veröffentlichen und dabei auch einen möglichen Termin für die Aufgabe der analogen Technik anzugeben.

2.   Wettbewerbsregeln und freie Meinungsäußerung

Eines der Instrumente zur Verteidigung der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit ist die Anwendung der Regeln des freien Wettbewerbs (Verbot von Absprachen und Missbräuchen marktbeherrschender Stellungen) in einem oder mehreren einzelstaatlichen Märkten oder in ein und demselben Sprachraum.

Nun werden jedoch effiziente Unternehmen mit dem Ziel betrieben, die Märkte zu erobern, und müssen auch sehr starke Marktstellungen erreichen können. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass das Innehaben einer beherrschenden Stellung an sich nicht zu verurteilen ist, wenn es das Ergebnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist. Nur wenn das Unternehmen die eigene Macht benutzt, um den Wettbewerb einzuschränken oder zu umgehen, indem es beispielsweise unangemessen hohe Einkaufs- oder Verkaufspreise verlangt oder bestimmten Kunden einseitige Vorteile (und Treuerabatte, nicht kostendeckende Preise) verschafft, um deren Verhalten bestimmen oder Mitbewerbern den Marktzugang verwehren zu können, ist dies eine als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung einzustufende wettbewerbswidrige Vorgehensweise.

In diesem Fall werden die europäischen oder innerstaatlichen Kartellbehörden gegen die missbräuchliche Vorgehensweise einschreiten.

Dies trifft in einem Maße zu, dass die Kommission in ihren „Leitlinien zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste“[1] erklärt, die entsprechenden Märkte würden „stets vorausschauend bewertet, da die NRB [nationalen Regulierungsbehörden] die künftige Entwicklung des Marktes in ihre Bewertungen einbeziehen. … Ausgangspunkt für die Durchführung einer Marktanalyse für die Zwecke ihrer Definition ist weder das Bestehen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen oder aufeinander abgestimmter Verhaltensweisen […] noch das Bestehen von Unternehmenszusammenschlüssen [noch] die Vermutung einer missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung […] Ausschlaggebend ist vielmehr eine generelle vorausschauende Analyse der Struktur und des Funktionierens des in Frage stehenden Marktes“.

Im Übrigen sehen die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten generell die Transparenz der Eigentumsverhältnisse der Medien vor, um der Bildung von Monopolen oder Oligopolen vorzubeugen.

Und die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten jetzt schon die Möglichkeit, derartige Informationen auszutauschen, um im Rahmen der internationalen Entwicklung das Problem der finanziellen Beteiligungen, der technischen oder handelsbezogenen Absprachen zwischen den Gruppen des audiovisuellen Sektors oder zwischen den Betreibern des Zugangs zu den verschiedenen Netzen, u. a. des Internet, zu prüfen.

Im Rahmen der Konvergenz wird es notwendig sein, zwischen digitalen Rundfunkdiensten, auf welche die herkömmlichen Vorschriften über das Medieneigentum angewandt werden, sofern sie vorhanden sind, und Online-Diensten, für die ohne jedwede Einschränkung die Regeln eines wettbewerbsorientierten Marktes gelten müssen, zu unterscheiden, um den Betreibern einen gerechten Zugang zu den Netzen und Systemen und den Verbrauchern das Recht auf Informationsvielfalt zu gewährleisten.

3.   Die Informationsvielfalt

Bei der Anwendung des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts im Bereich der Informationsgesellschaft muss neben rein wirtschaftlichen Aspekten die Sicherung der Informationsvielfalt unter Wahrung der in den Verfassungen der Mitgliedstaaten anerkannten Freiheit der Presse und der Meinungsäußerung Berücksichtigung finden.

Was die Vorschriften über das Medieneigentum anbelangt, sind Parameter festzulegen, die den derzeit geltenden einzelstaatlichen Kriterien gemeinsam sind, und weitere Parameter wie die Kriterien der Einschaltquote oder die Kontrolle der Mittel hinzuzufügen.

Auch bei diesen Parametern muss den in den rechtlichen Traditionen insbesondere auf Verfassungsebene sowie in den kulturellen Traditionen aller Mitgliedstaaten feststellbaren Unterschieden Rechnung getragen werden.

Im Übrigen müssen die geltenden einzelstaatlichen Vorschriften im Bereich Medieneigentum (Lizenzvergabesystem, Frequenzbereichszuweisung, Marktanteilsobergrenzen, Kapitalbeteiligung usw.) auf die neuen digitalen Rundfunkdienste (terrestrisch, über Satellit und über Kabel) ausgeweitet werden, um eventuelle Risiken eines Missbrauchs bei Unternehmenszusammenschlüssen zu bekämpfen; das Ganze muss durch eine echte Koordinierung auf europäischer Ebene integriert werden.

Das Phänomen der „Portale“, das die verfügbaren Informationen konzentrieren und standardisieren soll, darf nicht zu einer Methode werden, um sich die Zugänge zu verschiedenen Informationsquellen oder zu Werbegeldern zu sichern. Das Überangebot an schwer identifizierbaren Informationsquellen im Internet ruft in der Öffentlichkeit außerdem Verwirrung hervor. Daher müssen schnelle Lösungen gefunden werden, die es der Öffentlichkeit ermöglichen, die verfügbaren Informationen zu identifizieren. Eine erste Lösung könnte beispielsweise darin bestehen, ein „europäisches Zeichen“ für Informationsqualität und Berufsethik durch Selbstregulierung der Branche selbst für die Sites einzuführen, die Informationen und Unterhaltung bereitstellen, um die Vielfalt und Unabhängigkeit der Information zu gewährleisten sowie rechtswidrige Inhalte zu bekämpfen. Hinsichtlich der redaktionellen Verantwortung für die Medien sei an die am 19. Januar 1989 vom Europarat formulierten Empfehlungen erinnert. Es wird betont, dass die redaktionelle und journalistische Unabhängigkeit der Medien mittels eines „redaktionellen Statuts“, das eine mögliche Einmischung der Eigentümer oder Aktionäre sowie äußerer Institutionen wie etwa der Regierungen in den Inhalt der Informationen verhindern soll, in den einzelnen Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Weise gelöst wird: mal mit Verfassungsvorschriften, mal mit Selbstregulierungsvereinbarungen. Um die Qualität der Information zu gewährleisten, ist es wünschenswert, dass die Akteure der Branche (Eignerunternehmen, Herausgeber und Journalisten) Standesregeln (beispielsweise einen Verhaltenskodex für den Berufsstand oder berufsethische Grundregeln) annehmen.

Auf jeden Fall kann und muss mit Blick auf die Öffentlichkeit der Grundsatz der Vielfalt innerhalb jedes einzelnen Senders verwirklicht werden, wobei jedoch die Unabhängigkeit und Professionalität der Mitarbeiter und der so genannten Meinungsbildner zu achten ist.

Auch das Vorhandensein und die Entwicklung der Lokalsender stellen ein wichtiges Element für die Ermöglichung der kulturellen und territorialen Vielfalt dar.

Der Übergang zur Digitaltechnik wird sich auf den Pluralismus und die Informationsvielfalt der Lokalsender auswirken, weil die Betreiber höhere Investitionen tätigen müssen. Es gilt also, die Lokalsender zu unterstützen, um ihr Überleben zu sichern.

4.   Der Fall Italiens

In Italien sind etwa 20 landesweite Sender entstanden, von denen gut die Hälfte inzwischen über entsprechende Konzessionen oder Rechte verfügen. Diese Menge ist mehr als ausreichend, um Wettbewerb und Pluralismus sicherzustellen. Unternehmensgruppen mit beträchtlichem Finanzvolumen (wie Fiat in den 80er-Jahren) und insbesondere hoch angesehene Verlagsgruppen (wie Rizzoli, Rusconi, Mondadori) haben versucht, landesweite Fernsehdienste ins Leben zu rufen. Die Erfolglosigkeit ihrer Initiativen war sicherlich nicht auf Geldmangel zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Unfähigkeit, der Öffentlichkeit einen Dienst bereitzustellen, der in der Lage war, gegen den traditionellen Hang des Publikums zum öffentlich-rechtlichen Dienst anzugehen und gegen dessen Konkurrenz zu bestehen.

Eine Erhebung über den Pluralismus im Hörfunk- und Fernsehsektor wäre unvollständig und würde zu bloßen Teilergebnissen führen, wenn sie sich auf die inländischen Sender beschränkte. Die Besorgnis erregende Fähigkeit der nationalen Sendungen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung schwindet oder schwächt sich entscheidend ab, wenn gewährleistet ist, dass die vorhandenen Kulturen und die Ausrichtungen zum Ausdruck kommen, die in den Lokalsendern wiedergegeben werden, die kein Faktor des Einflusses, sondern vielmehr des Anreizes und des freien Denkens sind.

Für den externen Pluralismus spielt nicht nur die Anzahl der landesweiten Sender eine Rolle, sondern auch der zahlreichen Lokalsender; wie die Garantiebehörde in den Mitteilungen zum Abschluss einer Erhebung über das Fortbestehen beherrschender Stellungen hervorhebt, äußert sich der externe Pluralismus in der für alle Bürger bestehenden konkreten Möglichkeit der Auswahl aus einer Vielzahl von Informationsquellen, die nicht wirksam wäre, wenn die Bürger nicht in der Lage wären, im öffentlich-rechtlichen Sektor wie auch im privaten über eine Vielzahl an Programmen zu verfügen, die den Ausdruck verschiedener Tendenzen gewährleisten (Entscheidung Nr. 365 vom 13. Juni 2000, Ziffer 4.3.2.3, worin ausgeschlossen wurde, dass in der Branche beherrschende, wettbewerbswidrige oder den Pluralismus beeinträchtigende Stellungen fortbestehen).

Es ist sicherlich ein schwerer Fehler davon auszugehen, dass für den Pluralismus nur die Auswahl der von landesweiten Sendern und Fernsehanstalten ausgestrahlten Programme relevant sind, denn ohne Lokalsender wäre das Informationssystem auf ein Niveau reduziert, das den Interessen und dem Geschmack des landesweiten Durchschnitts entspricht.[2]

In jeder Provinzhauptstadt (als Exponential des Gebiets jeder Provinz) kann der Benutzer unter mindestens 15 landesweiten Programmen und 10 lokalen Programmen wählen, die von Ort zu Ort variieren. Diese Situation widerspricht dem Pluralismus nicht, sondern unterstreicht ihn sogar, indem sie die Benutzer mit Informationen über die verschiedenen örtlichen Gegebenheiten und die Ausrichtungen, die dort zum Ausdruck kommen, versorgt.

Das Auswahlspektrum für den einzelnen Benutzer ist bei den landesweiten Programmen einheitlich, bei den Lokalprogrammen jedoch von Ort zu Ort verschieden. Dies verringert jene Fähigkeit zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, mit der Vorsorgemaßnahmen im Bereich des Fernsehfunks rechtfertigt werden, sicherlich auf ein Minimum.

Der Grundsatz des Pluralismus der Information jedenfalls stellt die Anforderung der Vielfalt der Informationsquellen, welche die freie Äußerung verschiedener Gegebenheiten und Tendenzen darstellen.

Die Regionalsender können sich durch Verbindungen zwischen den Anlagen und Netzen in Zubringernetzen (Syndizierung) zu landesweiten Sendern zusammenschließen, ohne zusätzliche Frequenzen zu belegen. Ferner sollte berücksichtigt werden, dass das Gesetz 66/2001 den Lokalsendern den Erwerb von Frequenzen zum Erproben von Übertragungen in Digitaltechnik gestattet hat. Mediaset, Rai und alle bestehenden größeren Sendeanstalten haben die eigene Sendekapazität erhöht, um der gesamten Bevölkerung des Landes auch während des Übergangszeitraums, in dem die gleichzeitige Übertragung der bestehenden Netze in Analog- und Digitaltechnik vorgesehen ist, den Zugang zu den eigenen Programmen zu gewährleisten. Anschließend wird nach der Abschaltung der Analogtechnik die überschüssige Sendekapazität (40%) von den Netzbetreibern auf der Grundlage gerechter Vertragsbedingungen Drittanbietern von Inhalten zur Verfügung gestellt. Diese Maßnahme gewährleistet den Zugang neuer Anbieter von Inhalten, die sich der Infrastruktur der Netzbetreiber bedienen können, ohne die dafür notwendigen ungeheuren Investitionen auf sich nehmen zu müssen.[3]

Die Sender, die für die Aufgaben, die sich aus der Konzession ergeben, weniger empfänglich sind, haben in Anbetracht der Kosten der Installation und Unterhaltung der Anlagen kein Interesse daran, das Sendegebiet über eine gewisse Grenze hinaus zu erweitern. Daher muss anerkannt werden, dass sich das derzeitige System landesweiter Programme, die über eine Konzession verfügen oder rechtmäßig betrieben werden, durch einen lebhaften Wettbewerb auszeichnet und pluralistische Entwicklungen ermöglicht.

Einer tatsächlichen Durchsetzung des externen Pluralismus (der Unternehmen, der Quellen) stehen keinerlei Hindernisse im Weg.

Hinzu kommt, dass das Gesetz Nr. 28/00 über gleiche Wettbewerbsbedingungen für den Pluralismus in der politischen Kommunikation Voraussetzungen geschaffen hat, indem es Regeln für die Gleichheit des Zugangs der politischen Subjekte zu allen Sendungen vorschrieb, in denen Orientierungen und Meinungen geäußert werden.

Es wird allgemein anerkannt, dass die Fernsehnetze der Mediaset-Gruppe (an der Mailänder Börse seit 1996 notierte Aktiengesellschaft, an der die Holdinggesellschaft Fininvest der Familie Berlusconi beteiligt ist), die der jüngsten Lehre des Verfassungsgerichtshofs zufolge im Bereich der Information und Kultur eine gewisse Tendenz zum Ausdruck bringen könnten, an der Allgemeinheit ausgerichtete Programme ausstrahlen, bei denen die Regeln der Unparteilichkeit und Vollständigkeit beachtet werden und die sich auf die Mitarbeit von Moderatoren und Journalisten aller politischen Richtungen stützen. Nur bei Retequattro zeigt der Programmdirektor offen eine eindeutig regierungsfreundliche Tendenz.

Es ist übrigens ein Irrtum zu behaupten, der Präsident des Ministerrats könne „einen erheblichen Einfluss auf das italienische staatliche Fernsehen“ haben.

Seit dem so genannten Reformgesetz des Gesetzes über öffentliche Versorgungsleistungen wurde das Lizenznehmerunternehmen der Regierungskontrolle entzogen und in den Zuständigkeitsbereich des Parlaments integriert. Der parlamentarische Lenkungs- und Überwachungsausschuss übt Leitungs- und Kontrollfunktionen aus. Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden vom Parlament ernannt (vgl. Verfassungsgerichtshof, 24. März 1993, Nr. 112 § 9).

Im Übrigen besteht keine Verbindung mehr, die es der Regierung ermöglichen könnte, irgendeinen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Dienstes auszuüben, und auf jeden Fall wurde diese Art der Einflussnahme dem Präsidenten des Ministerrats nie zugeschrieben.

Die prekäre Lage der überzähligen Netze lässt sich der analogen Technologie zuordnen, auf die sich die jüngste Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs hierzu bezieht. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch darauf hingewiesen, dass seine Entscheidung keinesfalls den verschiedenen künftigen Fortschritten vorgreift, die auf der Grundlage der Digitaltechnik in dem System erzielt werden könnten (Urteil vom 20. November 2002, Nr. 466).

In dem Gesetzentwurf über „Grundregeln für Neuerungen des Rundfunk- und Fernsehsystems und des Unternehmens RAI-Radiotelevisione italiana S.p.a. und Übertragung der Befugnis zum Erlass der Rundfunk- und Fernsehordnung an die Regierung“, den das italienische Parlament gerade erörtert, wird unter Berücksichtigung der Bürgerinteressen ein offener und wettbewerbsorientierter Markt für die elektronischen Kommunikationsnetze und ‑dienste und die zugehörigen Infrastrukturen geschaffen. Insbesondere wird in dem Gesetzentwurf anerkannt, dass es Unternehmen gibt, die eine erhebliche Macht auf dem Markt besitzen, und versucht zu verhindern, dass sie diese Macht benutzen können, um den Wettbewerb einzuschränken oder zu verfälschen.

Der entsprechende Markt wird unter korrekter Berücksichtigung der durch das digitale System entstehenden Möglichkeiten definiert, für deren rasche und umfassende Verbreitung der Gesetzentwurf die Bedingungen festlegt.

Es handelt sich um eine Definition, die mit einigen möglichen Präzisierungen den von der Europäischen Gemeinschaft in der Richtlinie 2002/21/EG und in den Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse genannten Parametern entspricht.

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für Recht und Binnenmarkt ersucht den federführenden Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Bericht zu übernehmen:

1.   geht davon aus, dass der Grundsatz des freien Informationsflusses und der Pluralismus der Medien ein Grundrecht darstellt, das mit der demokratischen Funktionsweise unserer Gesellschaften verknüpft ist; erachtet es daher als notwendig, das Recht aller Bürger auf freie Meinungsäußerung in den Fernsehdiensten und allgemein in den Diensten der Informationsgesellschaft zu gewährleisten;

2.   ist der Auffassung, dass sich die EU dafür einsetzen muss, die kulturelle Vielfalt in den Medien zu schützen und die Freiheit der Meinungsäußerung, die Meinungsvielfalt, den Pluralismus, die Kreativität sowie das Recht auf freien Zugang zur Information aufrechtzuerhalten;

3.   unterstreicht, dass die Ausstrahlung von Hörfunk und Fernsehen komplex und in stetiger Weiterentwicklung begriffen sind und dass diese Dienste in allen Mitgliedstaaten je nach den kulturellen Traditionen und geografischen Bedingungen unterschiedlich organisiert sind;

4.   bekräftigt die Gültigkeit des Grundsatzes, auf den sich die Richtlinie 89/552/EG „Fernsehen ohne Grenzen“ stützt: freier Verkehr der europäischen Fernsehsendungen, freier Zugang zu wichtigen Ereignissen, Förderung unabhängiger und in jüngster Zeit produzierter europäischer Werke, Schutz von Minderjährigen und der öffentlichen Ordnung, Verbraucherschutz durch eindeutige Kennzeichnung und Transparenz in der Werbung sowie das Recht auf Gegendarstellung; erachtet diese als Grundpfeiler für die Gewährleistung der freien Meinungsäußerung und Informationsfreiheit;

5.   bekräftigt die fundamentale Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips, dem zufolge es in erster Linie den zuständigen gesamtstaatlichen, regionalen und örtlichen Körperschaften der Mitgliedstaaten zusteht, nach freiem Ermessen über den Auftrag, die Organisation und die Finanzierungsregelungen für Hörfunk- und Fernsehdienste zu entscheiden;

6.   ist der Auffassung, dass unbeschadet möglicher weiterer Initiativen der Kommission ein Bemühen um Diversifizierung des Eigentums und/oder der Kontrolle des Fernsehens und anderer Medien in einer eventuellen künftigen Richtlinie vorgesehen werden sollte; wünscht, dass bei einer Überprüfung der Richtlinie 89/552/EG oder in neuen Richtlinien über die Inhalte audiovisueller Medien eine Vorschrift über das Eigentum von Fernsehmedien aufgestellt wird, die einen Pluralismus in Information und Kultur gewährleistet;

7.   hält die Anwendung der Regeln des freien Wettbewerbs (Verbot von Absprachen und Missbräuchen marktbeherrschender Stellungen) für eines der Instrumente zur Verteidigung der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit; geht jedoch davon aus, dass effiziente Unternehmen mit dem Ziel betrieben werden, die Märkte zu erobern, und auch in der Lage sein müssen, wirklich sehr starke Marktstellungen zu erreichen; weist darauf hin, dass das Innehaben einer beherrschenden Stellung an sich nicht zu verurteilen ist, wenn es das Ergebnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens ist; geht nur dann, wenn das Unternehmen seine Macht ausnutzt, um den Wettbewerb zu behindern, von einem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung aus, die von den zuständigen Kartellbehörden verfolgt werden muss;

8.   ist der Auffassung, dass mit Blick auf die Öffentlichkeit der Grundsatz der Vielfalt innerhalb jedes einzelnen Senders verwirklicht werden kann und muss, wobei jedoch die Unabhängigkeit und Professionalität der Mitarbeiter und der so genannten Meinungsbildner zu achten ist;

bekräftigt, dass hierfür redaktionelle Statuten geschaffen werden müssen, die der Einmischung der Eigentümer oder Aktionäre sowie äußerer Institutionen wie etwa der Regierungen in den Informationsinhalt vorbeugen;

9.   betont, dass das digitale System und die technologische Konvergenz, die durch das Breitband und den plattformübergreifenden Zugang möglich wurde, die Leistungen und Merkmale der auf verschiedenen Technologien beruhenden Netzdienste einander immer ähnlicher macht und so die Möglichkeiten für die Demokratie, die Verbreitung von Ideen und Gedanken vervielfacht; stellt fest, dass zu Fernsehen, Rundfunk und Presse innerhalb weniger Jahre neue digitale Rundfunkdienste (terrestrisch, über Satellit, über Kabel) und Netzdienste (Internet, Multimedia) hinzugekommen sind, welche die Auswahlmöglichkeiten der europäischen Öffentlichkeit erheblich erweitern; fordert daher, die Interoperabilität weiter zu fördern, um den Benutzern einen möglichst umfassenden Zugang zum digitalen Fernsehen zu ermöglichen;

10.   unterstreicht, dass die Digitaltechnik ein sehr breites Spektrum an Frequenzen und somit eine echte Informationsvielfalt ermöglicht, dass jedoch vermieden werden muss, dass die digitale Ausstrahlung letztlich nur von wenigen Gruppen gesteuert wird, die dieses Instrument internationaler Reichweite finanzieren können; fordert, dass bei der Zuweisung von Frequenzen nicht diejenigen bevorzugt werden, die sie als Erste beantragt haben, und auch nicht die Macht von Betreibern gestärkt wird, die sehr große Marktanteile kontrollieren;

11.   weist darauf hin, dass das Phänomen der „Portale“, das die verfügbaren Informationen konzentrieren und standardisieren soll, nicht zu einer Methode werden darf, um sich die Zugänge zu verschiedenen Informationsquellen oder zu Werbegeldern zu sichern; hält die Ausweitung der Zuständigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden auf diese neuen Dienste für eine Möglichkeit, besser für eine pluralistische und vielfältige Informationslandschaft zu sorgen;

12.   geht davon aus, dass in Italien sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich tatsächlich Bedingungen des Wettbewerbs, des Pluralismus der Informationsmedien und der Freiheit der Meinungsäußerung vorliegen:

  • (a)es gibt 20 landesweite Sender (und weitere Sender können ohne besonderen Verwaltungsaufwand gegründet werden), von denen nur 3 (Mediaset-Gruppe) unmittelbar oder mittelbar vom Präsidenten des Ministerrats kontrolliert werden; die Mediaset-Gruppe garantiert die vollkommene Unabhängigkeit der Mitarbeiter und Meinungsbildner;
  • (b)Fälle von Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung seitens der Mediaset-Gruppe sind bisher nicht festgestellt worden;
  • (c)der Lizenznehmer des öffentlich-rechtlichen Dienstes (RAI) wurde der Regierungskontrolle entzogen und in den Zuständigkeitsbereich des Parlaments integriert; der parlamentarische Lenkungs- und Überwachungsausschuss übt Leitungs- und Kontrollfunktionen aus; die Mitglieder des Verwaltungsrats werden vom Parlament ernannt (vgl. Verfassungsgerichtshof, 24. März 1993, Nr. 112 § 9); im Übrigen besteht keine Verbindung mehr, die es der Regierung ermöglichen könnte, irgendeinen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Dienstes auszuüben;
  • (d)das Gesetz Nr. 28/00 über gleiche Wettbewerbsbedingungen schafft für den Pluralismus in der politischen Kommunikation über das notwendige Maß hinaus Voraussetzungen, indem es Regeln für die Gleichheit des Zugangs der politischen Subjekte zu allen Sendungen vorschreibt, in denen Orientierungen und Meinungen geäußert werden, und so die stärksten politischen Akteure einschränkt;
  • (e)die Voraussetzungen für Pluralismus und freie Meinungsäußerung werden mit der Annahme des Gesetzentwurfs über Neuerungen des Rundfunk- und Fernsehsystems, den das italienische Parlament gerade erörtert und der eine umfassende Verbreitung des digitalen Systems vorsieht (bereits heute gilt ein Erlass, der eine Senkung der Preise für Decoder vorsieht), noch weiter verstärkt;
  • [1] ABl. Nr. C 165 vom 11.7.2002.
  • [2] In einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs heißt es sinngemäß: Ein Informationssystem zu entwickeln, das geeignet ist, den spezifischen örtlichen Gegebenheiten Gehör zu verschaffen, ist Teil der unverzichtbaren Aufgabe, den Institutionen Ausdruck zu verleihen, die das Gefüge des Landes bilden; dies erfordert unweigerlich, dass für eine angemessene Verfügbarkeit von Frequenzen und Werbemitteln gesorgt wird (Verfassungsgerichtshof, Urteil 826/88, Randnr. 20).
  • [3] Art. 2-a (Digitale Hörfunk- und Fernsehübertragungen auf terrestrischen Frequenzen. Terrestrische audiovisuelle Breitbandsysteme). - 1. Um den Start der Märkte für digitale Fernsehprogramme auf terrestrischen Frequenzen zu ermöglichen, sind die Personen, die rechtmäßig Fernsehfunkübertragung auf terrestrischen Frequenzen, über Satellit und über Kabel betreiben, grundsätzlich befugt, im Einzugsgebiet oder einem Teil davon Fernsehübertragungen und Dienste der Informationsgesellschaft in Digitaltechnik zu erproben. Hierzu können die antragstellenden Sender Konsortien bilden oder aber Übereinkünfte für das Betreiben der zugehörigen Anlagen und die Ausstrahlung von Programmen und Multimedia-Diensten treffen. An den genannten Konsortien und Übereinkünften können sich auch Herausgeber von Multimedia-Produkten und ‑Diensten beteiligen. Die Fernsehübertragungen in Digitaltechnik werden auf rechtmäßig betriebenen Kanälen sowie auf Kanälen, die sich gegebenenfalls aus dem Erwerb gemäß Absatz 2 ergeben, ausgestrahlt. Jeder Inhaber einer oder mehrerer Fernsehkonzessionen muss in jedem in Digitaltechnik ausgestrahlten Block von Programmen und Diensten Chancengleichheit gewährleisten und auf jeden Fall mindestens vierzig Prozent der Sendekapazität desselben Blocks von Programmen und Diensten zu gerechten, transparenten und nicht diskriminierenden Bedingungen der Erprobung durch andere Personen vorbehalten, die keine kontrollierenden, kontrollierten oder verbündeten Gesellschaften im Sinne von Artikel 2 Absätze 17 und 18 des Gesetzes Nr. 249 vom 31. Juli 1997 sind, einschließlich derjenigen, die bereits über Satellig oder Kabel tätig sind, und der mit einer Konzession ausgestatteten Sender, die noch nicht die Mindestverbreitung im Sinne von Artikel 3 Absatz 5 desselben Gesetzes Nr. 249 vom 31. Juli 1997 erreicht haben. Die Genehmigung wird innerhalb von sechzig Tagen ab der Einreichung des mit einem Durchführungsplan und einem Funkplan versehenen Antrags vom Ministerium für Kommunikation erteilt.

STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR KULTUR, JUGEND, BILDUNG, MEDIEN UND SPORT

29.März 2004

für den Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten

zu den Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Artikel 11 Absatz 2 der Charta der Grundrechte) in der EU, vor allem in Italien (2003/2237(INI)

Verfasserin der Stellungnahme: Ruth Hieronymi

VERFAHREN

In seiner Sitzung vom 26. November 2003 benannte der Ausschuss für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport Ruth Hieronymi als Verfasserin der Stellungnahme.

Der Ausschuss prüfte den Entwurf einer Stellungnahme in seinen Sitzungen vom 15. und 29. März 2004.

In der letztgenannten Sitzung nahm er die nachstehenden Vorschläge einstimmig an.

Bei der Abstimmung waren anwesend: Vasco Graça Moura, amtierender Vorsitzender; Ruth Hieronymi, Verfasserin der Stellungnahme; Pedro Aparicio Sánchez, Geneviève Fraisse, Lucio Manisco, Doris Pack, Sabine Zissener, Nuala Ahern (in Vertretung von Eurig Wyn), Giuseppe Di Lello Finuoli (in Vertretung von Alexandros Alavanos), Phillip Whitehead (in Vertretung von Lissy Gröner), Hélène Flautre (in Vertretung von Raina A. Mercedes Echerer gemäß Artikel 153 Absatz 2 der Geschäftsordnung), Pasqualina Napoletano (in Vertretung von Barbara O'Toole gemäß Artikel 153 Absatz 2 der Geschäftsordnung), Elena Ornella Paciotti (in Vertretung von Gianni Vattimo gemäß Artikel 153 Absatz 2 der Geschäftsordnung), Luigi Vinci (in Vertretung von Konstantinos Alyssandrakis gemäß Artikel 153 Absatz 2 der Geschäftsordnung).

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für Kultur, Jugend, Bildung, Medien und Sport ersucht den federführenden Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.   betont, dass Pluralismus in den Medien eine wesentliche Voraussetzung für Demokratie, gesellschaftlichen Pluralismus und kulturelle Vielfalt ist und die Sicherung des freien Informationsflusses, der Meinungsfreiheit und des Medienpluralismus deshalb Grundlagen jeder Medienpolitik sind,

2.   weist darauf hin, dass die Sicherung des Medienpluralismus gemäß dem Subsidiaritätsprinzip bisher vorrangig in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, sofern nicht die Dienstleistungsfreiheit gem. Artikel 49 ff. EGV betroffen ist bzw. die Bestimmungen des europäischen Wettbewerbs- und Kartellrechts (Artikel 81 ff EGV) Anwendung finden;

3.   weist darauf hin, dass in Artikel 6 und 7 des VEU der Schutz der Grundrechte als prioritäres Ziel der Europäischen Union definiert wird und gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union die Informationsfreiheit u.a. im Sinne von Medienpluralismus und Freiheit von behördlichen Eingriffen geschützt wird;

4.   betont, dass die Gründe für die Initiative des Europäischen Parlaments zu den Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in der Europäischen Union und insbesondere in Italien eine wichtige Rolle spielen, da sie die Besorgnis widerspiegeln, die in der europäischen Öffentlichkeit in Bezug auf Medienkonzentration und Interessenskonflikt herrscht;

5.   weist darauf hin, dass die Europäische Gemeinschaft gemäß Artikel 151 (4) EG-Vertrag bei ihrer Tätigkeit der Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen Rechnung zu tragen hat;

6.   unterstreicht, dass der Europäische Konvent in Artikel I-2 seines Verfassungsentwurfes den Pluralismus als Grundwert der Europäischen Union bezeichnet hat und in Artikel I-3 (3) des Entwurfes die Bewahrung der kulturellen Vielfalt als Ziel der Europäischen Union festschreibt;

7.   weist darauf hin, dass die Europäische Union ihr Eintreten für den Medienpluralismus und die Informationsfreiheit in der Charta der Grundrechte (Artikel 11 Absatz 2) bekräftigt hat, deren Aufnahme in die Verfassung der Europäischen Union in Artikel II-11 (2) des Verfassungsentwurfs des Europäischen Konvents vorgesehen ist;

8.   fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission deshalb auf, den Pluralismus in den Medien zu bewahren und entsprechend ihrer Kompetenzen zu gewährleisten, dass die Medien in allen Mitgliedstaaten frei, unabhängig und pluralistisch sind;

9.   stellt fest, dass die Medienmärkte noch immer weitgehend nationale Märkte sind;

10.   stellt ferner fest, dass bis zu 90% des italienischen Fernsehangebots der direkten oder der indirekten Kontrolle des Ministerratspräsidenten unterliegt, der, wie die italienische Behörde für den Schutz der Kommunikationen festgestellt hat, auch in der Werbung eine beherrschende Position innehat, und dass mit den elektronischen Medien (Streichung) grenzüberschreitende Angebote entstanden sind, die eine unverzügliche Anpassung der europäischen Rechtsvorschriften im Sinne einer Festlegung von Mindestvoraussetzungen erfordern, damit solche horizontalen bzw. vertikalen, nationalen oder grenzüberschreitende Konzentrationen verhindert werden und gewährleistet ist, dass öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten ohne behördliche Eingriffe arbeiten können;

11.   ist der Auffassung, dass öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten eine wichtige Rolle bei der Sicherung von Medienpluralismus spielen, deren Arbeit gemäß dem Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im EG-Vertrag und den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zu gewährleisten ist, so dass diese ohne behördliche Eingriffe unter Einhaltung einer transparenten und angemessenen Finanzierung zur Wahrnehmung des ihnen übertragenen Auftrages in der Lage sind und auch den sich aus diesem Auftrag ergebenden Aufgaben beim Übergang von der analogen zur digitalen Technologie gerecht werden können;

12.   begrüßt die in Artikel 31 der Universaldienstrichlinie des Telekompakets (Richtlinie 2002/22/EG) getroffene Regelung zu den Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, den Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkdiensten genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, Übertragungspflichten aufzuerlegen (sog. "must carry");

13.   stellt fest, dass durch die zunehmende Konvergenz der Übertragungswege und durch die Digitalisierung neue Technologien entstanden sind, die den Zugang zu Informationen und Medien wesentlich verändern und durch vertikale und horizontale Konzentrationsbewegungen zu einer Gefährdung des Pluralismus, der Demokratie und der kulturellen Vielfalt führen können;

14.   äußert seine Besorgnis angesichts der Tatsache, dass in einigen Mitgliedstaaten Betreiber bereits mittels proprietärer Systeme den Zugang zu ihren Angeboten und den Zuschauern exklusiv kontrollieren (Schaffung eines sog. "Bottlenecks") und andere Betreiber bzw. Nutzer hiervon ausschließen (sog. "Gate Keeper Position");

15.   betont, dass zur Gewährleistung eines freien Informationsflusses und der Wahlfreiheit der Nutzer den offenen, interoperablen Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) eine Schlüsselbedeutung zukommt und verweist auf die in Artikel 18 der Rahmenrichtlinie des Telekompakets (Richtlinie 2002/21/EG) enthaltene Forderung zur umfassenden Interoperabilität im digitalen Fernsehen;

16.   bedauert, dass die Europäische Kommission die Vorschläge und Forderungen des Europäischen Parlamentes zur rechtzeitigen Definition und Unterstützung der geforderten Interoperabilität nicht aufgegriffen hat;

17.   fordert die Kommission auf, zur Vermeidung der Mandatierung eines Standards für das digitale Fernsehen den Mitgliedstaaten mitzuteilen, welche Maßnahmen zur Förderung der Migration zu einem offenen interoperablen Standard beihilferechtlich erlaubt sind und die Kriterien zu definieren, anhand derer sie die Gewährleistung von Interoperabilität und Wahlfreiheit der Nutzer überprüfen wird, bevor sie gemäß Artikel 18 (3) der Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2002/21/EG) bis zum 25. Juli 2004 ihren Bericht über die Gewährleistung von Interoperabilität und der Wahlfreiheit der Nutzer in den Mitgliedstaaten vorlegt;

18.   weist erneut darauf hin, dass in den europäischen Rechtsvorschriften für den audiovisuellen Sektor die Übermittlung gleicher oder ähnlicher Inhalte mittels verschiedener Übertragungswege nicht angemessen berücksichtigt wird und damit die Dienste der Informationsgesellschaft mit Ausnahme des Fernsehens und des Radios unabhängig von ihrem Inhalt den Vorschriften der eCommerce-Richtlinie (Richtlinie 2001/31/EG) unterliegen;

19.   fordert deshalb erneut eine grundlegende Fortentwicklung des bisherigen Rechtsrahmens zu einem Rahmenpaket für audiovisuelle Inhalte mit abgestufter Regulierungsdichte je nach Meinungsrelevanz der Inhalte, wobei der Charakter einer Richtlinie mit Mindestvorschriften gewahrt werden soll;

20.   weist mit Sorge auf den zunehmenden Einfluss von Elektronischen Programmführern (EPGs), der Bündelung von Programmen und Internet-Suchmaschinen auf die Meinungsbildung und die in diesem Bereich festzustellenden grenzüberschreitenden vertikalen und horizontalen Konzentrationsbewegungen hin;

21.   fordert die Kommission erneut auf, einen Konsultationsprozess einzuleiten, um die Entwicklung neuer Technologien und neuer Kommunikationsdienste, die Auswirkungen von Fusionen, Bündnissen und Joint Ventures auf den Binnenmarkt und den Medienpluralismus sowie auf das Recht zur freien Meinungsäußerung und den Zugang aller Bürgerinnen und Bürger zu den Diensten der Informationsgesellschaft zu bewerten und die Kohärenz der einschlägigen nationalen und europäischen Rechtsvorschriften zu prüfen;

22.   fordert die Kommission erneut auf, das bereits in der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Medienkonzentration vom 20.11.2002 geforderte aktualisierte Grünbuch zu erstellen, in dem die hier angesprochenen Fragen aufgegriffen und die derzeitige Rechtsauffassung in den bisherigen und zukünftigen Mitgliedstaaten sowie wahrscheinliche künftige Entwicklungen dargelegt werden;

23.   fordert die Kommission auf, zügig die Existenz einer Rechtsgrundlage sowie die politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen eines europaweiten ordnungspolitischen Rahmens bzw. anderer ordnungspolitischer Optionen zu prüfen, durch die die Meinungsfreiheit und der Pluralismus in den Medien bewahrt und die kulturelle Vielfalt geschützt und gefördert, sowie ein fairer Wettbewerb auf dem Werbemarkt gewährleistet werden können;

24.   betont ausdrücklich, dass kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen keine Dienstleistungen im herkömmlichen Sinne sind und daher auch nicht Gegenstand von diesbezüglichen Liberalisierungsverhandlungen im Rahmen internationaler Handelsabkommen, z. B. im Rahmen des GATS, sein dürfen;

25.   begrüßt den Vorschlag des Europäischen Konvents in Artikel III-217 seines Verfassungsentwurfes zur Beschlussfassung bei der Aushandlung und dem Abschluss von Abkommen im Bereich des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen;

26.   begrüßt die Entscheidung der Generalversammlung der UNESCO vom 16.10.2003, ein normatives Instrument zum Schutz der kulturellen Vielfalt auszuarbeiten.

27.   ist der Auffassung, dass in Italien tatsächlich Gefahren einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Informationsfreiheit bestehen, und zwar wegen

  • a)der Konzentration der Kommunikationsmedien in den Händen des Ministerratspräsidenten in einem Maße, das, wie die italienische Behörde für den Schutz der Kommunikationen festgestellt hat, sowohl auf dem TV-Markt als auch in der Werbung die im italienischen Recht festgeschriebenen Marktquoten übersteigt und, wie der italienische Verfassungsgerichtshof in verschiedenen Urteilen dargelegt hat, keine Gewähr für die Umsetzung des Grundsatzes des Informationspluralismus bietet;
  • b)der wiederholten Einmischung, Einflussnahme und Zensur seitens des Ministerratspräsidenten bei Programmgestaltung und personeller Besetzung des italienischen Staatsfernsehens RAI;
  • c)der umfassenden Dokumentation, die verschiedene internationale, unabhängige Gremien nicht zuletzt auf Betreiben der Europäischen Union zu Punkt a) und b) vorgelegt haben und auf die bereits klare internationale Stellungnahmen (u.a. auch eine Stellungnahme des Europäischen Parlaments) folgten, ohne dass es dadurch jedoch in den strittigen Punkten zu einem Kurswechsel der italienischen Regierung gekommen wäre.

KURZE BEGRÜNDUNG

Informationsfreiheit, Meinungsvielfalt und Pluralismus in den Medien sind von grundlegender Bedeutung für die demokratischen und kulturellen Grundlagen jeder Gesellschaft. Artikel 151 des EG-Vertrages erteilt der Europäischen Gemeinschaft den Auftrag, einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt zu leisten. Darüber hinaus bestätigt die Europäische Union den Grundsatz des Pluralismus in ihrer Grundrechtscharta und im Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents.

Die Sicherung des Medienpluralismus fällt bislang primär in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Eine unmittelbare Zuständigkeit der europäischen Ebene ist aber gegeben, wenn die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 ff. EG-Vertrag) oder das europäische Wettbewerbs- und Kartellrecht (Artikel 81 ff EG-Vertrag) betroffen sind. Da der Mediensektor vorwiegend durch nationale Märkte gekennzeichnet ist, war die Dienstleistungsfreiheit hinsichtlich vieler Medien lange nicht betroffen. Die Entwicklung der elektronischen Medien hat jedoch zunehmend grenzüberschreitende Tatbestände geschaffen. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, wurde mit der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" (Richtlinie 89/552/EWG geändert durch Richtlinie 97/36/EG) ein angemessener europäischer Rechtsrahmen für das grenzüberschreitende Fernsehen geschaffen.

Die Entwicklung und Liberalisierung des Telekommunikationssektors schaffen weitere neue grenzüberschreitende Tatbestände, denen die Europäische Union im Jahre 2002 mit dem sog. "Telekompaket" zur Schaffung eines Rechtsrahmens für die Übertragungswege im Telekommunikationssektor Rechnung getragen hat. Artikel 18 der Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2002/21/EG) schreibt zur Gewährleistung von Informationsfreiheit und Pluralismus das Prinzip der Interoperabilität im digitalen Fernsehen vor, um neben horizontalen auch vertikale Konzentrationen zu verhindern. Bereits heute gibt die Art der Verwendung proprietärer Systeme in einigen Mitgliedstaaten Anlass zur Besorgnis. In diesem Bereich verfügt die Europäische Gemeinschaft über eine Rahmenkompetenz, der sie allerdings bislang nicht ausreichend nachgekommen ist. Entgegen den Aufforderungen des Europäischen Parlaments (vor allem in der Resolution vom 26.9.2002 zur erfolgreichen Einführung des digitalen Fernsehens) ist die Kommission nicht tätig geworden, um die Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung einer Interoperabilität wirksam zu unterstützen. So hat die Kommission noch immer nicht bekannt gegeben, welche Maßnahmen zur Förderung der Migration zu einem offenen interoperablen Standard beihilferechtlich erlaubt sind und anhand welcher Kriterien sie die Überprüfung des Vorliegens von Interoperabilität prüfen wird. Aus diesem Grund bildet die Prüfung, inwiefern die Europäische Union dieser wichtigen Aufgabe zur Sicherung von Medienpluralismus gerecht wird, einen Schwerpunkt der Stellungnahme.

Die Digitalisierung betrifft auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die eine wichtige Rolle bei der Sicherung von Informationsfreiheit und Medienpluralismus spielen. Dies wird im Protokoll des EG-Vertrags über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausdrücklich anerkannt. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sollten daher entsprechend ihrem besonderen Auftrag auch an der digitalen Entwicklung teilhaben können, wobei die gemeinschaftsrechtlich geforderte Transparenz und Angemessenheit bei der Finanzierung der den Anstalten übertragenen Aufgaben eingehalten werden muss.

Ein weiterer Bereich von großer Bedeutung zur Sicherung des Medienpluralismus ist die Förderung der kulturellen Vielfalt in den Mitgliedstaaten, der die Europäische Gemeinschaft gem. Artikel 151 (4) EG-Vertrag Rechnung trägt und die im Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents als ein Ziel der Europäischen Union bestimmt wird (Artikel I-3 (3) des Verfassungsentwurfes). Die Verhandlungsposition der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen zum GATS ist von entscheidender Bedeutung zur Sicherung von Informationsfreiheit, Meinungsvielfalt und Pluralismus. Für den Fall der Liberalisierung audiovisueller Dienstleistungen würden gesonderte Maßnahmen zur Förderungen der kulturellen Vielfalt auf längere Sicht Zug und Zug ausgeschlossen.

Neben diesen Handlungsfeldern für die europäische Ebene, auf denen die Europäische Union insbesondere zur Sicherung einer Interoperabilität im digitalen Fernsehen und zur Förderung der kulturellen Vielfalt Maßnahmen ergreifen kann und muss, sollte die Europäische Kommission verstärkt die Entwicklung des Medienpluralismus in den Mitgliedstaaten beobachten. Dabei sind neben horizontalen vor allem auch vertikale Konzentrationsbewegungen zu untersuchen. Das Europäische Parlament hatte bereits in seiner Resolution vom 20.11.2002 die Kommission aufgefordert, einen umfassenden Konsultationsprozess einzuleiten und ein aktualisiertes Grünbuch zu diesem wichtigen Thema vorzulegen.

STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR KONSTITUTIONELLE FRAGEN

17.März 2004

für den Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten

zu den Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit (Artikel 11 Absatz 2 der Charta der Grundrechte) in der EU, vor allem in Italien (2003/2237(INI)

Verfasser der Stellungnahme: Johannes Voggenhuber

VERFAHREN

In seiner Sitzung vom 24. November 2003 benannte der Ausschuss für konstitutionelle Fragen Johannes Voggenhuber als Verfasser der Stellungnahme.

Der Ausschuss prüfte den Entwurf einer Stellungnahme in seiner Sitzung vom 16. März 2004.

In dieser Sitzung nahm er die nachstehenden Vorschläge mit 10 Stimmen bei 6 Gegenstimmen an.

Bei der Abstimmung waren anwesend: Giorgio Napolitano, Vorsitzender; Jo Leinen, stellvertretender Vorsitzender; Johannes Voggenhuber, Verfasser der Stellungnahme; Georges Berthu, Jens-Peter Bonde, Giorgio Calò, Richard Corbett, Jean-Maurice Dehousse, Giorgos Dimitrakopoulos, Andrew Nicholas Duff, José María Gil-Robles Gil-Delgado, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Hans-Peter Martin, Iñigo Méndez de Vigo, Ana Miranda de Lage (in Vertretung von Enrique Barón Crespo) und Françoise Veyrinas (in Vertretung von Teresa Almeida Garrett).

EINLEITUNG

Seit dem Vertrag von Maastricht und mit den Verträgen von Amsterdam und Nizza ist der Schutz der Grundrechte ein wesentlicher Bestandteil und ein vorrangiges Ziel sowohl der Union als auch der Gemeinschaft. Jahrzehntelang oblag seine Auslegung als Zuständigkeit der Mitgliedstaaten dem Luxemburger Gerichtshof. Heute jedoch steht der Grundrechtsschutz im Mittelpunkt der Unionspolitiken, festgeschrieben durch Artikel 6 und 7 des VEU und ergänzt durch die Annahme der Kopenhagener Kriterien für die Beitrittsländer, die Verstärkung der Bestimmungen über die europäische Staatsbürgerschaft und insbesondere die neuen Maßnahmen zugunsten der Entwicklung der Union zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

GRUNDSATZ DER DEMOKRATIE

Der Grundsatz der Demokratie, der in Artikel 6 Absatz 1 des EU-Vertrags niedergelegt ist, bezieht sich auf die Verwirklichung der grundlegenden Werte von Freiheit und Gleichheit durch Übertragung der legislativen Gewalt auf das Volk. Besonders wichtig ist dabei der Schutz derjenigen Grundrechte, die der Förderung der Demokratie dienen, in erster Linie also des Wahlrechts und des Rechts auf freie Meinungsäußerung[1].

Die Mitgliedschaft in der Europäische Union gilt nicht länger als automatische Garantie für staatsinterne Demokratie. Die Europäische Union hat mittlerweile den Punkt erreicht, dass ihr Länder beitreten, deren Demokratie noch jung und wahrscheinlich noch anfällig ist. Doch auch in den derzeitigen EU-Mitgliedstaaten kann das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit verletzt werden[2]. Deshalb muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass freie und unabhängige Medien ein wichtiger Indikator für die demokratische Reife einer Gesellschaft sind. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit hängt eng mit dem Recht der Bürger, informiert zu werden, zusammen, das wiederum die Voraussetzung einer informierten Entscheidungsfindung ist. Die Möglichkeit, Ideen und Meinungen frei zu äußern, fördert den öffentlichen Dialog und regt so die Entwicklung demokratischer Prozesse in der Gesellschaft an.

Je vollständiger und umfangreicher somit die verfügbaren Informationsquellen sind, desto fundierter ist die Willensäußerung des Volkes, insbesondere zum Zeitpunkt der Wahlen, seien es nun lokale, regionale, nationale oder, wie heute, europäische Wahlen. Damit wird der Schutz der Pluralität eindeutig zu einem unverzichtbaren Kriterium für die EU im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Konzepts der europäischen Staatsbürgerschaft und des in Artikel 6 Absatz 1 des EU-Vertrags niedergelegten Grundsatzes der Demokratie.

Nach Artikel 7 VEU kann der Rat das Vorliegen einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung von in Artikel 6 Absatz 1 VEU niedergelegten Grundsätzen feststellen. Wie viele Grundsätze verletzt sein müssen, wird nicht gesagt. Sofort ausgeschlossen werden kann jedoch, dass alle Grundsätze verletzt sein müssen, um eine entsprechende Feststellung durch den Rat zu begründen. Artikel 7 des EU-Vertrags dient eindeutig dazu, eine Reihe unveräußerlicher Grundlagen der Union sicherzustellen. Denn eine Gefährdung der Demokratie wirkt sich in der Regel auch auf die Grundrechte und vor allem auf das Recht auf demokratische Beteiligung aus. Eine Gefährdung der Grundrechte bedeutet auch Gefahr für den Grundsatz der Freiheit und damit für das Recht auf freie Meinungsäußerung. Damit rechtfertigt schon allein die Verletzung eines der vier Grundsätze ein Vorgehen nach Artikel 7 Absatz 1 bzw. Artikel 7 Absatz 2 des EU-Vertrags.

Charta der Grundrechte

Auf der Regierungskonferenz von Nizza wurde beschlossen, die Charta der Grundrechte noch nicht rechtsverbindlich zu machen, aber alle Mitgliedstaaten sowie das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission akzeptierten das Dokument auf politischer Ebene. Die Charta ist damit für die Zwecke ihrer Anwendung politisch verbindlich.

Der Konvent für die Zukunft Europas hat mit sehr großer Mehrheit beschlossen, die Grundrechtecharta in den Verfassungsentwurf zu integrieren. Obwohl die Regierungskonferenz noch keine umfassende Einigung erzielen konnte, wird diese Integration bislang nicht in Frage gestellt. Eine Beurteilung der etwaigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 6 Absatz 1 genannten Grundsätze muss somit auf der Grundlage der Grundrechtecharta erfolgen.

Artikel II-11, Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, lautet in der vom Konvent vorgeschlagenen Fassung folgendermaßen:

1.   Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

2.   Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.

Nach Artikel II-52 Absatz 3 des Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa haben diese Rechte die gleiche Bedeutung und Tragweite, die ihnen auch in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verliehen wird.

Aus all dem ließe sich schlussfolgern, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit ein Erfordernis der Demokratie und durch Artikel 6 Absatz 1 des EU-Vertrags geschützt ist. Rechtshandlungen bzw. deren Unterlassung durch die Mitgliedstaaten, die die Pluralität der Medien und das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit aufheben oder einschränken, könnten damit die Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 bzw. Artikel 7 Absatz 2 begründen, um festzustellen, dass „eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung“ von in Artikel 6 Absatz 1 des EU-Vertrags genannten Grundsätzen durch einen Mitgliedstaat vorliegt.

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen ersucht den federführenden Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.   Rechts- oder Verwaltungshandlungen eines Mitgliedstaats, die die Pluralität der Medien oder das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit beeinträchtigen, sowie das Unterlassen der entsprechenden Handlungen zum Schutz dieser Grundrechte könnten die Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 bzw. Artikel 7 Absatz 2 des EU-Vertrags begründen.

2.   Wenn das Europäische Parlament politische Bedenken im Hinblick auf die Medienvielfalt bzw. Pluralität in einem Mitgliedstaat hat, sollte es eigenständig ermitteln können, bevor es schlussendlich nach Artikel 7 Absatz 1 von seinem Initiativrecht Gebrauch macht.

3.   Der Schutz der Medienvielfalt sollte zu einer vorrangigen Regel des europäischen Wettbewerbsrechts werden. Die marktbeherrschende Stellung eines Medienbetriebs in einem Mitgliedstaat sollte als Beeinträchtigung der Medienvielfalt in der Union gelten.

  • [1] Stefan Griller und andere (1998) "The Treaty of Amsterdam – Facts, Analysis, Prospects"
  • [2] Verhoeven Amaryllis (1998) 23 E.L.R., Juni