BERICHT über die Diskriminierung auf Grund des Geschlechts im Gesundheitswesen

25.7.2005 - (2004/2218(INI))

Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter
Berichterstatterin: Eva-Britt Svensson


Verfahren : 2004/2218(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0250/2005
Eingereichte Texte :
A6-0250/2005
Aussprachen :
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zur Diskriminierung auf Grund des Geschlechts im Gesundheitswesen

(2004/2218(INI))

Das Europäische Parlament,

–    unter Hinweis auf den EG-Vertrag und insbesondere dessen Artikel 2, 3 Absatz 2, 13 und 152,

–    unter Hinweis auf den gemeinschaftlichen Besitzstand im Bereich der Rechte der Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter,

–    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 1999 zur gesundheitlichen Situation der Frauen in der Gemeinschaft[1],

–    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juni 2003 zu Brustkrebs[2],

–    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2003 zu der Petition 842/2001 betreffend die Auswirkungen der Diskriminierung von Personen mit Multipler Sklerose in der Europäischen Union[3],

–    in Kenntnis der auf der Vierten Weltfrauenkonferenz in Peking am 15. September 1995 angenommenen Aktionsplattform sowie unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Mai 2000 zu den Folgemaßnahmen im Anschluss an die Aktionsplattform von Peking[4],

–    unter Hinweis auf die Jahresberichte von ONUSIDA,

–    unter Hinweis auf den im November 2004 veröffentlichten Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht,

–    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. März 2005 zu dem Handel mit menschlichen Eizellen[5],

–    unter Hinweis seine Entschließung vom 20. September 2001 zu Genitalverstümmelungen bei Frauen[6],

–    gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–    in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6‑0250/2005),

A.  in der Erwägung, dass gute Gesundheit von zentraler Bedeutung für physisches und seelisches Wohlbefinden ist; in der Erwägung, dass gute Gesundheit für alle sowie gleiche Behandlung und qualitativ hochwertige Gesundheitsfürsorge zu gleichen Bedingungen unabhängig vom Einkommen ein grundlegendes Ziel aller Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist,

B.   in der Erwägung, dass Gesundheit der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens ist, welches das emotionale, soziale und körperliche Wohlbefinden umfasst und welches durch das soziale, politische und wirtschaftliche Lebensumfeld sowie von biologischen Faktoren bestimmt wird,

C.  in der Erwägung, dass es in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union heißt[7], dass jedwede Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft verboten ist (Artikel 21), dass jeder Mensch das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und auf ärztliche Versorgung hat und dass ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt wird (Artikel 35),

D.  in der Erwägung, dass die Gesundheit neben den natürlichen biologischen Unterschieden im Wesentlichen von ethischen und moralischen Prinzipien, durch Umwelt, Zugang zu Bildung, Wissen und Information, sozio-ökonomische Disparitäten und bürokratische Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsfürsorge beeinflusst wird,

E.   in der Erwägung, dass die Chlamydien-Infektion eine häufig auftretende bakterielle, sexuell übertragbare Erkrankung ist, die schätzungsweise bei einem Drittel der Betroffenen zu Unfruchtbarkeit führt und damit die häufigste Ursache für infektionsbedingte Sterilität ist; in der Erwägung, dass die vorzeitige Erkennung und Behandlung der Infektion von großer Bedeutung ist und routinemäßige Untersuchungsangebote (Chlamydien-Screenings) die Prävalenz in der Bevölkerung senken können,

F.   in der Erwägung, dass 46% aller Todesfälle von Frauen in der erweiterten Europäischen Union auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückgehen und die Sterblichkeit damit deutlich über der der Männer (39%) liegt; in der Erwägung, dass beispielsweise mehr Männer einen Herzinfarkt erleiden, aber mehr Frauen an den Folgen eines Herzinfarktes sterben (European Cardiovascular Disease Statistics 2005),

G.  in der Erwägung, dass im Jahr 2004 in der erweiterten Europäischen Union 275 100 Frauen an Brustkrebs erkrankt und 88 400 Frauen daran gestorben sind[8], in der Erwägung, dass Brustkrebs die häufigste Todesursache bei Frauen zwischen 35 und 55 Jahren in der Europäischen Union darstellt,

H.  in der Erwägung, dass qualitätsgesichertes Mammographie-Screening, d.h. die regelmäßige Einladung der weiblichen Bevölkerung zwischen 50 und 69 Jahren zur freiwilligen und kostenlosen Mammographie-Untersuchung und Folgediagnostik im Rahmen eines organisierten bevölkerungsbezogenen regionalen oder nationalen Programms, die Brustkrebs-Mortalität laut Angaben der WHO bei Frauen dieser Alterskategorie um bis zu 35 % senken kann und laut wissenschaftlichen Studien auch bei Frauen zwischen 40 und 49 Jahren um bis zu 20% senken könnte,

I.    in der Erwägung, dass im Jahr 2004 in der erweiterten Europäischen Union 30.400 Frauen an Gebärmutterkrebs litten und 13.500 Frauen daran starben[9]; ferner in der Erwägung, dass der erhebliche Rückgang der Todesfälle durch Gebärmutterkrebs während der letzten Jahrzehnte der Einführung von Untersuchungsprogrammen (PAP test) in den Mitgliedstaaten zugeschrieben werden kann,

J.    in der Erwägung, dass die Weltgesundheitsorganisation 1985 empfohlen hat, die Frequenz von Kaiserschnitten (Sectio) zur Aufrechterhaltung einer geringen Sterblichkeit von Mutter und Kind bei 10-15% zu halten[10]; in der Erwägung, dass die Sectio-Rate in Europa seit Anfang der 1990er Jahre jedoch stark ansteigt und in Deutschland beispielsweise im Jahre 2003 eine Rate von 26,7% erreicht hat,

K.  in der Erwägung, dass psychische Störungen zu großem menschlichem Leid und erheblichen Schäden der Gesundheit führen, wobei Depressionen die häufigste Erkrankungsform darstellen und Frauen hiervon stärker als Männer betroffen sind; in der Erwägung, dass bei jüngeren Frauen als Folge psychischer Störungen die Selbstverletzung weit verbreitet ist und ein erhöhtes Selbstmordrisiko für Frauen zwischen 35 und 55 Jahren besteht,

L.   in der Erwägung, dass der Alkoholkonsum in der Europäischen Union in Form so genannter „Alkopops“ in den letzten Jahren bei den 14-29-Jährigen insgesamt deutlich gestiegen ist; unter Hinweis darauf, dass sich hier insbesondere der Anteil von konsumierenden Mädchen erhöht hat, wobei etwa in Finnland, Irland und im Vereinigten Königreich sogar mehr Mädchen als Jungen „Alkopops“[11] konsumieren,

M. in der Erwägung, dass gute Gesundheit nicht allein das Freisein von Krankheiten oder Gebrechen bedeutet, sondern einen Zustand uneingeschränkten physischen, mentalen und sozialen Wohlergehens voraussetzt, der darauf basiert, dass die Menschen die Möglichkeit haben, über ihr eigenes Leben zu entscheiden und in den verschiedenen Stadien ihres Lebens nach ihren eigenen Vorstellungen am Arbeitsleben und am sozialen Leben teilhaben zu können,

N.  in der Erwägung, dass die Erreichung einer guten Gesundheit für alle sowie der Erhalt des öffentlichen Gesundheitswesens einschließlich der Garantie eines gleichberechtigten Zugangs zu dessen Einrichtungen in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt; in der Erwägung, dass zur Verwirklichung dieses Ziels eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, den Institutionen der EU, internationalen Organisationen, medizinischem Personal und den Bürgern erforderlich ist, in der Erwägung, dass die offene Methode der Koordinierung ein gutes Instrument zur Verstärkung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und zur Förderung des Austauschs von Informationen und bewährten Praktiken ist,

O.  in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen in all ihren Erscheinungsformen und die Verstümmelung der weiblichen Genitalien sowie Krankheiten wie Osteoporose, Brustkrebs, Essstörungen und andere Störungen, der Sexsklavenhandel und Prostitution sowie mangelnde Sicherheit am Arbeitsplatz zu den gravierendsten Gesundheitsproblemen gehören, von denen Frauen betroffen sind,

P.   in der Erwägung, dass Genitalverstümmelungen irreparable physische und psychische gesundheitliche Schäden bei den davon betroffenen Frauen und Mädchen verursachen und sogar zum Tode führen können und dass sie nicht unter Berufung auf die Ausführung eines religiösen Gebotes oder die Einwilligung der Eltern bzw. der Betroffenen zu rechtfertigen sind,

Q.  in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter (Gender Mainstreaming) in alle Bereiche der Arbeitssicherheit und der Gesundheitsstrategie einbezogen werden muss,

R.   in der Erwägung, dass es zur Formulierung einer geschlechterbezogenen Politik notwendig ist, Analysen der Unterschiede in den Beziehungen zwischen Frauen und Männern und ihren jeweiligen Rollen durchzuführen und zu untersuchen, wie sich diese Unterschiede auf Schutz- und Risikofaktoren, den Zugang zu Ressourcen einschließlich Information, Bildung, Technologie und Dienstleistungen, das Auftreten, die Schwere und die Häufigkeit von Erkrankungen, die sozialen und kulturellen Bedingungen einer schlechten Gesundheit und Erkrankung, die Reaktion der Gesundheitssysteme und ‑dienste und die Rolle von Frauen und Männern als formellen und informellen Akteuren der Gesundheitsfürsorge auswirken,

S.   in der Erwägung, dass die wichtigsten Herausforderungen im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter in der Notwendigkeit bestehen, geschlechtsspezifische Statistiken und Indikatoren zu entwickeln, in der Bereitstellung der erforderlichen Mittel und der Umsetzung des Instruments der geschlechtsbezogenen Budgetierung („gender budgeting“),

T.   in der Erwägung, dass Hindernisse für den Zugang von Roma-Frauen zur Gesundheitsfürsorge auf die miteinander verbundenen Auswirkungen von Diskriminierung und Armut zurückzuführen sind,

U.  in der Erwägung, dass die Entnahme von Eizellen unter anderem infolge der Überstimulierung der Eierstöcke Frauen einem hohen medizinischen Risiko für das Leben und die Gesundheit aussetzt,

V.  in der Erwägung, dass ungeachtet der Schwierigkeit, infolge fehlender offizieller Daten präzise Schätzungen vorzunehmen, offensichtlich in den Einwanderergemeinschaften der Mitgliedstaaten die Verstümmelung der weiblichen Genitalien praktiziert und von den Diensten der Gesundheitsfürsorge vernachlässigt wird,

1.   unterstreicht, dass die gute physische und psychische Gesundheit aller ein prioritäres Ziel bei allen wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen darstellen muss, das nur erreicht werden kann, wenn den Strategien zur Verhütung von Krankheiten Priorität eingeräumt wird, wobei diese Strategien eine angemessene Information der Bevölkerung und den garantierten Zugang zu angemessener Gesundheitsfürsorge für alle umfassen müssen;

2.   unterstreicht die Bedeutung der Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei allen Maßnahmen der Gesundheitspolitik und in allen Beschlussfassungsprozessen;

3.   unterstreicht die Bedeutung der Entwicklung der Gleichstellungsperspektive sowohl in den Gesundheitsstrategien der Mitgliedstaaten als auch in der Gesundheitsstrategie der Kommission; fordert die Kommission auf, die Erforschung der gesundheitlichen Situation der Geschlechter in das neue Programm für Gesundheit und Verbraucherschutz (2007‑2013) aufzunehmen und bei der Planung des Siebten Forschungsrahmenprogramms zu berücksichtigen;

4.   betont die Tatsache, dass in dem Untersuchungspapier „Gute Gesundheit für alle“ ein Mainstreaming der Gesundheit in alle Politiken der Europäischen Union vorgeschlagen wird, dass es jedoch auch wichtig ist, an die Verpflichtungen der EU im Bereich des Gender Mainstreaming zu erinnern;

5.   fordert alle Mitgliedstaaten und die Kommission auf, für eine verlässliche, nach dem Geschlecht aufgeschlüsselte Datengrundlage sowohl für die Inanspruchnahme von medizinischen Behandlungen als auch für die Einnahme angeordneter Medikamente zu sorgen;

6.   fordert die EU-Institutionen auf, standardisierte Daten und gemeinsame Indikatoren zu verwenden, um geschlechtsspezifische Disparitäten bei der Inanspruchnahme von Leistungen der Gesundheitssysteme in der EU unter strenger Beachtung des Subsidiaritätsprinzips und der Besonderheiten der Gesundheitsversorgungssysteme der Mitgliedstaaten zu erfassen;

7.   befürwortet die Schaffung eines Europäischen Instituts für die Gleichstellung der Geschlechter;

8.   betont die Bedeutung der Erforschung des Zusammenhangs zwischen biologischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren im Bereich der Gesundheitsfürsorgesysteme; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sozio-ökonomische Faktoren wie etwa ein geringes Einkommen, ein niedriger Bildungsstand oder körperlich schwere bzw. eintönige Arbeit Gesundheitsrisiken in sich bergen; weist darauf hin, dass insbesondere Alleinerziehende, von denen 80% Frauen sind, unter schwerwiegenden seelischen und körperlichen Belastungen, knappen materiellen Ressourcen und einer eingeschränkten sozialen Partizipation leiden, was sich unmittelbar auf ihre Gesundheit auswirkt; fordert daher die Mitgliedstaaten auf, bestehendes EU-Recht zur Gleichstellung von Frauen und Männern schnellstmöglich umzusetzen und anzuwenden und somit zu einem hohen Niveau des Gesundheitsschutzes für beide Geschlechter beizutragen; fordert darüber hinaus gezielte Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Frauen;

9.   fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Geschlechterperspektive in Gesundheits- und Sicherheitsaspekte einzubeziehen, und zwar unter besonderer Berücksichtigung von Schwangeren und Wöchnerinnen und von überwiegend von Frauen ausgeübten Berufen, und folglich weitere Untersuchungen über die Auswirkungen der langfristigen Arbeit am Bildschirm (visual display unit), das Auftreten von Verletzungen aufgrund wiederholter Überanstrengung bei Frauen und die Ätiologie von Rückenverletzungen bei Pflegepersonal durchzuführen; fordert ferner, dass die Kommission eine Bewertung der Auswirkungen der Arbeit in drei Schichten für die Gesundheit von Frauen durchführt;

10. fordert die Kommission auf, vor dem Hintergrund der Resolution A/59/516/Add. I der Vollversammlung der Vereinten Nationen vom 8. März 2005, in der ausdrücklich auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, Gesundheitsrisiken vorzubeugen und die Ausbeutung von Frauen zu verhindern, das Klonen von Menschen von der Unterstützung und Finanzierung im Rahmen aller Programme der Europäischen Union auszunehmen;

11. fordert die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, die Auswirkungen geschlechtsspezifischer Disparitäten im Haushaltsplan und bei Projekten und Programmen im Bereich des Gesundheitswesens zu berücksichtigen; weist darauf hin, dass der Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zur Entwicklung einer wirksamen nationalen Gesundheitspolitik beiträgt;

12. fordert die Mitgliedstaaten auf, Initiativen zu ergreifen beziehungsweise zu unterstützen, die notwendig sind, um vor allem älteren Frauen den Zugang zum Gesundheitswesen zu erleichtern;

13. ist der Auffassung, dass die Bekämpfung der Armut unter Frauen bei der Haushaltsplanung und der Projekt- und Programmplanung Priorität erhalten sollte; weist nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die ärmsten Gruppen der Gesellschaft, einschließlich der Frauen, zu den wichtigsten Partnern bei Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut – einschließlich der Planung, Umsetzung und Bewertung solcher Maßnahmen – zu machen, damit die Gesundheitsversorgungssysteme so eng wie möglich auf die Erfordernisse der am stärksten benachteiligten Gruppen zugeschnitten werden können;

14. verweist insbesondere auf die Notwendigkeit, medizinische Unterstützung und Gesundheitsversorgung für schwangere Frauen, chronisch kranke, behinderte und ältere Frauen und andere verwundbare Gruppen, die in vielerlei Hinsicht in einer besonders schwierigen Situation leben, vorzusehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer nationalen Gesundheitssysteme Diskriminierung zu beseitigen und den Zugang zur Gesundheitsfürsorge für Roma-Frauen zu verbessern, und zwar durch

–  Schaffung von Bedingungen für den gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsfürsorge,

–  Verstärkung der Beteiligung von Roma-Frauen durch Verbesserung ihres eigenen Zugangs zur Gesundheitsfürsorge,

–  Koordinierung der Bemühungen zur Durchsetzung von Rechtsvorschriften zur Beendigung der Praxis von Sterilisationen ohne Zustimmung;

15. ersucht die Kommission um zusätzliche Informationen über die potenziellen Risiken, die unter anderem infolge einer Überstimulierung der Eierstöcke eingegangen werden; fordert daher die Kommission auf, präzise Angaben zur Zahl der Fälle zu machen, in denen Frauen durch die Nebenwirkungen einer Überstimulierung der Eierstöcke geschädigt wurden; fordert die Kommission außerdem auf, diese Informationen in den Mitgliedstaaten zu verbreiten; weist insbesondere nachdrücklich auf die Verpflichtung hin, Frauen über alle mit der Stimulierung der Eierstöcke verbundenen potenziellen Risiken zu informieren;

16. betont, dass sowohl Männer als auch Frauen in den Genuss von Maßnahmen kommen müssten, die es ihnen gestatten, Berufstätigkeit und Elternschaft miteinander in Einklang zu bringen;

17. weist darauf hin, dass viele Frauen neben der Erwerbstätigkeit und Elternschaft zusätzlich häufig noch einen bedeutenden Teil der häuslichen Pflege für die Eltern oder Schwiegereltern übernehmen, die weder gesellschaftlich anerkannt ist noch vergütet wird; ruft daher die Mitgliedstaaten auf, der demographischen Entwicklung durch eine angemessene Ausbildung und Bezahlung von Pflegepersonal Rechnung zu tragen;

18. stellt fest, dass viele der heute durchgeführten Kaiserschnitte aus medizinischer Sicht nicht notwendigerweise erforderlich sind und als Folge eine größere Zahl von „Wunschkaiserschnitten“ zu einem bestimmten Termin vorgenommen wird, obwohl solche Eingriffe für Mutter und Kind mit erheblichen Risiken behaftet sind; stellt ebenso fest, dass sich die steigende Anzahl der Kaiserschnitte in hohen Kosten für die nationalen Gesundheitssysteme niederschlägt; ruft daher die Mitgliedstaaten dazu auf, ausdrücklich auf die Nachteile und Risiken von Kaiserschnitten bei der Geburtsvorbereitung hinzuweisen und Kaiserschnitte nur dann durchführen zu lassen, wenn sie medizinisch notwendig sind; beauftragt darüber hinaus die Kommission, eine Studie zu diesem Thema durchzuführen, um die Ursachen der steigenden Sectio-Rate ausfindig zu machen;

19. stellt fest, dass das Recht von Frauen auf gute Lebensbedingungen sowie ihre Fähigkeit, ihren Unterhalt selbst zu verdienen, einer der wesentlichen Faktoren für gute Gesundheit ist;

20. stellt fest, dass Frauen in absoluten Zahlen deutlich mehr als Männer im Gesundheitssektor arbeiten, aber in Entscheidungsgremien stark unterrepräsentiert sind, wie dies die Europäische NEXT-Studie (Nurses´ Early Exit Study) für den Pflegebereich vom Juni 2005 wieder einmal belegt hat; fordert daher die Mitgliedstaaten auf, auch im Gesundheitsbereich die Gleichstellung der Geschlechter mit Nachdruck zu fördern und Maßnahmen für eine verstärkte Berufung von Frauen in medizinische Führungspositionen zu ergreifen;

21. stellt fest, dass gute Gesundheit im allgemeinen und unbeschränkter Zugang zur sexuellen und reproduktiven Gesundheitsfürsorge und Familienplanung im besonderen wichtige Instrumente für die Befähigung von Frauen zu einer uneingeschränkten Beteiligung an der Gesellschaft und die Bekämpfung der Armut sind;

22. betont, dass Vorurteile aufgrund des Geschlechts und des Alters bei der Interaktion mit Patienten in Kliniken, Gesundheitssystemen, Forschung und Politik eliminiert werden müssen;

23. betont die Notwendigkeit, in der Aus- und Fortbildung des Personals im Gesundheitswesen verpflichtend über geschlechtsspezifische Disparitäten und über ethische und moralische Prinzipien zu informieren;

24. betont die Notwendigkeit des Wissens über und der Entwicklung von Methoden zur Unterstützung und Behandlung von Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind;

25. unterstreicht, dass die Verhütung und das Verbot der Verstümmelung weiblicher Genitalien sowie die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen zu einem prioritären Anliegen in allen einschlägigen Politiken und Programmen der Europäischen Union werden müssen; weist darauf hin, dass sich in der Gemeinschaft ansässige Einwanderer der Tatsache bewusst sein sollten, dass die Verstümmelung der weiblichen Genitalien einen schwerwiegenden Angriff auf die Gesundheit von Frauen darstellt; fordert die Mitgliedstaaten auf, Verwaltungsvorschriften im Hinblick auf Gesundheitszentren und den Arztberuf sowie Verhaltenskodizes, Erlasse und ethische Kodizes anzunehmen, um zu gewährleisten, dass die im Gesundheitswesen Tätigen über ihnen bekannte Fälle oder schutzbedürftige Risikopersonen berichten; fordert die Kommission auf, auf europäischer Ebene ein umfassendes strategisches Konzept auszuarbeiten, um die Praxis der Verstümmelung weiblicher Geschlechtsorgane in der Europäischen Union zu beenden; fordert die Europäische Union auf, den Wunsch afrikanischer NGO zu unterstützen, den 6. Februar zum Internationalen Tag gegen die Verstümmelung von weiblichen Geschlechtsorganen auszurufen, und fordert, dass diese Position auch in den einschlägigen Gremien der Vereinten Nationen eingenommen wird;

26. fordert für diejenigen Ärztinnen und Ärzte, die Genitalverstümmelungen an jungen Frauen und Mädchen vornehmen, zusätzlich zur strafrechtlichen Verfolgung auch den Entzug der Approbation;

27. fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten angesichts der Feminisierung von HIV/AIDS auf, auch weiterhin in die Entwicklung von Mikrobiziden zu investieren, um es Frauen zu ermöglichen, sich gegen HIV/AIDS zu schützen; weist die Mitgliedstaaten auf die Notwendigkeit hin, die Informationskampagnen und die Mittel zur Bekämpfung des HIV/AIDS-Virus in der Bevölkerungsgruppe der 15- bis 25-Jährigen in der Europäischen Union zu verstärken, da aus den 2004 von ONUSIDA veröffentlichten Statistiken eine besorgniserregende Zunahme des Auftretens der Krankheit in dieser Bevölkerungsgruppe hervorging;

28. betont die medizinischen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen der hohen Inzidenz und Mortalität von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, in der Ausbildung von medizinischem Personal ausdrücklich auf die unterschiedlichen klinischen Ausprägungen und Symptome von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen und Männern hinzuweisen und Frauen in laufende und zukünftige Studien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen einzubeziehen; begrüßt in diesem Zusammenhang auch die neue Nichtraucher-Kampagne der Europäischen Union unter dem Motto "Help - Für ein Leben ohne Tabak", die darauf abzielt, mehr Frauen und Männer vom Rauchen abzubringen und damit die Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, insbesondere Herzinfarkt, zu verringern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, das Auftreten von Herzkrankheiten und Schlaganfällen bei Frauen zu verringern, und zwar durch Entwicklung von Vorbeugungsstrategien, diagnostischen Tests, Behandlungs- und Rehabilitationsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse von Frauen abgestimmt sind;

29. kritisiert die Tatsache, dass erst in neun Mitgliedstaaten (Belgien, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Spanien, Ungarn und Vereinigtes Königreich) ein flächendeckendes Screening-Programm entsprechend den Leitlinien der Europäischen Union eingerichtet worden ist, und fordert daher die anderen Mitgliedstaaten auf, schnellstmöglich allen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren ein den europäischen Leitlinien entsprechendes Mammographie-Screening im Abstand von zwei Jahren anzubieten, wie dies in der Empfehlung 2003/878/EG des Rates vom 2. Dezember 2003 zur Krebsfrüherkennung[12] befürwortet wird; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, ein Mammographie-Screening für Frauen im Alter zwischen 40 und 49 Jahren verfügbar zu machen, sobald evidenzgestützte Studien Daten dafür erbracht haben, dass dies die Mortabilität bei Brustkrebs weiter senken kann;

30. fordert, dass jede an Brustkrebs erkrankte Frau das Recht hat, durch ein interdisziplinäres Team behandelt zu werden, und fordert daher die Mitgliedstaaten auf, ein flächendeckendes Netz von zertifizierten, interdisziplinären Brustzentren nach den Kriterien aufzubauen, wie sie in seiner oben genannten Entschließung vom 5. Juni 2003 zu Brustkrebs gefordert worden sind;

31. begrüßt die vorstehend genannte Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2003 zur Krebsfrüherkennung; appelliert an die Kommission, den in der Empfehlung geforderten Zwischenbericht über die Umsetzung dieser Krebsfrüherkennungsprogramme fristgerecht vor Ende 2007 vorzulegen;

32. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Vorbeugung von Endometriose und Eierstockkrebs in künftige gemeinschaftliche Aktionsprogramme für die Volksgesundheit mit dem Ziel aufzunehmen, mehr Untersuchungen über die Ursachen, Prävention und Behandlung von Endometriose und Eierstockkrebs sowie groß angelegte Informationskampagnen zu ermöglichen, die auf die Öffentlichkeit und die medizinischen Berufe ausgerichtet sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, Sensibilisierungskampagnen nationaler Organisationen zu unterstützen;

33. fordert die Kommission auf, die Veröffentlichung europäischer Leitlinien für Gebärmutterkrebs weiterhin zu unterstützen;

34. fordert die Mitgliedstaaten auf, in den nationalen Gesundheitssystemen folgende Maßnahmen besonders zu berücksichtigen und ihnen Vorrang einzuräumen:

a) vorbeugende Maßnahmen, um Frauen vom Rauchen abzuhalten und die Zahl der von Lungenkrebs und anderen mit dem Rauchen verbundenen Krankheiten sowie der verschiedenen Formen von Krebs zu vermindern, unter anderem durch angemessene Informations- und Aufklärungskampagnen;

b) Heilung und Rehabilitationsmaßnahmen bei Nacken-, Rücken- und Schulterbeschwerden für berufstätige Frauen, unter denen dies die häufigste Ursache für krankheitsbedingtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz ist,

c) Bedeutung einer zeitigen Diagnose von Osteoporose bei älteren Frauen, um Brüchen vorzubeugen, unter anderem durch einen verbesserten Zugang zu Untersuchungen zur Messung der Knochendichte; betont, dass das Auftreten von Osteoporose bei Frauen viermal wahrscheinlicher ist als bei Männern; bedauert, dass der Zugang zu Messungen der Knochendichte in zahlreichen europäischen Ländern noch immer nicht optimal ist, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Information und Prävention für diese Erkrankung in ihrem nationalen Gesundheitssystem anzubieten;

35. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, insbesondere in den Bereichen Aufklärung und Vorsorgeuntersuchungen ihre Anstrengungen zu verbessern, um die Verbreitung von Chlamydien zu bekämpfen; fordert in diesem Zusammenhang die Kommission auf, die Notwendigkeit einer gesetzlich einheitlichen Meldepflicht für Chlamydien in allen Mitgliedstaaten zu prüfen;

36. betont die Notwendigkeit der Erforschung der Ursachen von Übergewicht und Essstörungen, insbesondere von Anorexia nervosa („Magersucht“), Bulimia nervosa („Ess-Brechsucht“) und Adipositas („Fettsucht“), und der Bereitstellung einer psychologischen Unterstützung und angemessenen Behandlung für die Erkrankten; unterstreicht die Tatsache, dass Essstörungen keine Suchtkrankheiten im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr psychosomatische Krankheitsbilder sind, die sich als Folge vieler Probleme und widersprechender Anforderungen an Mädchen und jungen Frauen in der Pubertät herausbilden; fordert, dass Menschen mit Essstörungen nicht als Suchtkranke behandelt werden, sondern für sie eine eigene Form der Therapie angeboten wird, die nicht das Essverhalten, sondern die soziale Problemlage der Mädchen und jungen Frauen in den Mittelpunkt stellt; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Erfahrungen auszutauschen und die besten Verfahren zur Behandlung dieser Störungen anzuwenden; fordert die Union und die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zu treffen, um für ein gesundes Essverhalten zu sensibilisieren;

37. fordert die Kommission auf, in der angekündigten Mitteilung zur "seelischen Gesundheit in der Europäischen Union" auf die besondere Situation von Frauen und Männern einzugehen und geschlechtsspezifische Handlungsoptionen abzuleiten; erwartet daher, dass in der Mitteilung der Kommission frauenspezifische Gebiete wie prämenstruelle Spannungen, post-partale Depressionen und Beschwerden in der Menopause berücksichtigt werden;

38. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Mittel zur Bekämpfung armutsbedingter Krankheiten (Tuberkulose, Malaria, usw.) sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in Drittländern aufzustocken;

39. unterstreicht die Tatsache, dass die Hormonersatztherapie zwar die Symptome der Menopause lindern, die Knochenhärte bei Frauen konstant halten und das Risiko einer Darmkrebserkrankung verringern kann; unterstreicht jedoch auch, dass die Hormonersatztherapie das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und einer Erkrankung an Brustkrebs deutlich erhöht; fordert daher die Kommission und die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass auf die Vor- und Nachteile der Hormonersatztherapie bei Menstruations- und Wechseljahrproblemen verstärkt aufmerksam gemacht wird und Alternativen dazu erforscht werden;

40. ist der Auffassung, dass verstärkt klinische Prüfungen für Arzneimittel geschlechterspezifisch durchgeführt werden sollen und dass eine verbesserte Berücksichtigung der unterschiedlichen Kondition und unterschiedlichen Lebensbedingungen von Männern und Frauen in der medizinischen Forschung bei der Entwicklung neuer Medikamente und bei der Verschreibung von Medikamenten selbstverständlich ist;

41. verweist auf den Mangel an Informationen über die unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener Medikationen und betont die Notwendigkeit, mehr Kenntnisse darüber zu erwerben, inwieweit Werbung für Medikamente zur Medikamentenabhängigkeit beiträgt; empfiehlt die Anwendung von Medikamenten entsprechend den ärztlichen Verordnungen und als nächsten Schritt die Bereitstellung von Informationen über die einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Sichtbarmachung dieser Erkenntnisse; bedauert, dass die Tests für neue Medikamente meistens nur an Männern durchgeführt werden, selbst wenn es sich um Medikamente handelt, die speziell für Frauen bestimmt sind;

42. fordert die Einführung geschlechtsspezifischer Hinweise auf den Beipackzetteln von Medikamenten, die über Warnungen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder der Stillzeit hinausgehen; fordert, dass auf den Beipackzetteln auf eine eventuell unterschiedliche Dosierung für Frauen und Männer und eine andersartige Wirkung des Medikaments bei den Geschlechtern ausdrücklich hingewiesen wird;

43. betont die Notwendigkeit einer unabhängigen Grundlagenforschung über geschlechtsspezifische Fragestellungen bei Medikamenten;

44. weist darauf hin, dass Frauen in überproportionaler Häufigkeit Psychopharmaka verschrieben erhalten und insbesondere ältere Frauen vermehrt Beruhigungsmittel verordnet bekommen;

45. stellt fest, dass der Alkohol-, Nikotin- und Drogenkonsum unter Frauen niedriger ist als unter Männern, stellt aber mit Besorgnis fest, dass der Alkohol-, Nikotin- und Drogenkonsum bei Frauen in einigen Mitgliedstaaten in alarmierendem Maße zunimmt; empfiehlt, dass vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden;

46. betont die Notwendigkeit der Erforschung von geschlechtsspezifischen Suchtkrankheiten; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Frauen zwar seltener Alkohol und illegale Drogen wie Heroin, Kokain und Ecstasy konsumieren, bei der Medikamentenabhängigkeit (vor allem von Amphetaminderivaten und Beruhigungsmitteln) jedoch vor den Männern liegen; bedauert die Tatsache, dass bisher sehr wenig Daten zur Suchtabhängigkeit der Geschlechter vorliegen, und begrüßt daher die Absicht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, im nächsten Jahr einen geschlechtsspezifischen Bericht zum Drogenkonsum und zur Drogenabhängigkeit von Frauen und Männern vorzulegen;

47. begrüßt die Annahme einer Strategie zur Drogenbekämpfung für den Zeitraum 2005‑2012 durch den Europäischen Rat von Brüssel im Dezember 2004, und fordert, dass im neuen Aktionsplan der Europäischen Union in diesem Bereich für den Zeitraum 2005-2008, der von der Kommission vorgeschlagen wurde und von den Mitgliedstaaten angenommen werden muss, der Bekämpfung des Konsums von Drogen, einschließlich Cannabis und Ecstasy, unter Jugendlichen und insbesondere jungen Mädchen der Altersgruppe der 15- bis 18-Jährigen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, da der Konsum von Drogen in dieser Altersgruppe seit etwa zehn Jahren stark zugenommen hat, was zu verheerenden Auswirkungen für die Integration der Betroffenen in die Gesellschaft führt;

48. fordert die Kommission auf, Informations- und Aufklärungskampagnen über die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums zu starten und Vorschläge für Maßnahmen zur Reduzierung des Alkohol-, Nikotin- und Drogenkonsums vorzulegen, der zu großen psychischen und sonstigen gesundheitlichen Problemen sowohl bei Männern und Frauen als auch in der jüngeren Bevölkerung führt;

49. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine eingehende Analyse der Ursachen und besten Lösungen für das bei zahlreichen Jugendlichen, insbesondere jungen Mädchen, in der Europäischen Union anzutreffende Gefühl der Entfremdung vorzunehmen, das in einer Zunahme der Selbstmorde und Selbstmordversuche, Ausreißen von Zuhause, Schulabbruch, gegen sich selbst oder Dritte gerichtete Gewaltattacken und der Entwicklung riskanter Verhaltensweisen seinen Ausdruck findet;

50. bedauert die Tatsache, dass es sehr wenig geschlechtsspezifische Suchthilfeeinrichtungen und Beratungsstellen in den Mitgliedstaaten gibt, obwohl die Wirkungsweise von Suchtmitteln bei den Geschlechtern unterschiedlich ist und diese Unterschiede auch unterschiedliche Entgiftungs- und Entwöhnungsprozesse erforderlich machen; betont außerdem die Tatsache, dass solche Einrichtungen Hilfestellung bei der Versorgung von Kindern bieten sollten, um Frauen die Teilnahme an den Programmen zu ermöglichen; ruft daher die Mitgliedstaaten dazu auf, Gender Mainstreaming auch in die Suchtkrankenhilfe aufzunehmen und die geschlechtsspezifische Suchtbehandlung zu erleichtern;

51. weist ausdrücklich darauf hin, dass Strukturfondsmittel für die Prävention im Gesundheitsbereich genutzt werden können; dies beinhaltet sowohl bauliche Maßnahmen als auch die Anschaffung von medizinischen Geräten und die Aus- oder Weiterbildung von Personal; ruft daher die Mitgliedstaaten dazu auf, im Rahmen der spezifischen Vorgaben zur Förderfähigkeit die Strukturfondsmittel stärker als bisher für Investitionen im Gesundheitsbereich zu nutzen;

52. bekräftigt die Bedeutung der Zivilgesellschaft in der öffentlichen Gesundheitsdebatte auf der Ebene der Europäischen Union und auf nationaler Ebene und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Rolle durch einen offenen und transparenten Konsultationsprozess zu verstärken;

53. fordert die Kommission auf, einen Bericht über die gesundheitliche Situation der Frauen auszuarbeiten, der Daten aus den neuen Mitgliedstaaten enthält;

54. verweist darauf, dass aufgrund der schwierigen Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen verkürzte Arbeitszeiten sowie Erholungspausen eingeführt werden sollten, insbesondere für Krankenschwestern und Ärzte, die im Bereitschaftsdienst tätig sind, sowie die Löhne und Gehälter angehoben werden sollten;

55. macht darauf aufmerksam, dass Frauen nach der Geburt eine besondere Fürsorge und Unterstützung garantiert werden muss, was insbesondere für junge und alleinerziehende Mütter gilt;

56. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den berufsständischen Organisationen der Angehörigen der Gesundheitsberufe und den Verbraucherorganisationen zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 175 vom 21.6.1999, S. 68.
  • [2]  ABl. C 68 E vom 18.3.2004, S. 611.
  • [3]  ABl. C 91 E vom 15.4.2004, S. 683.
  • [4]  ABl. C 59 vom 23.2.2001, S. 258
  • [5]  Angenommene Texte P6_TA(2005)0074.
  • [6]  ABl. C 77 E vom 28.3.2002, S. 126.
  • [7]     ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.
  • [8]     „Cancer incidence and mortality in Europe, 2004“ by P. Boyle and J. Ferlay, Annals of Oncology 16: 481‑488, 2005.
  • [9]     bid.
  • [10]    „Appropriate technology for birth“, World Health Organisation, 24(8), The Lancet (1985), S. 436-437).
  • [11]    The European School Survey Project on Alcohol and other Drugs, 2003.
  • [12]  ABl. L 327 vom 16.12.2003, S. 34.

BEGRÜNDUNG

Lange Zeit herrschte die Auffassung, dass es in den Bereichen Behandlung und Vorsorge im Gesundheitssektor keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gebe. Diese Auffassung wurde von den Akteuren im Gesundheitswesen, den für die Beschlussfassung zuständigen Personen und der Öffentlichkeit gleichermaßen geteilt. In den letzten 20 Jahren jedoch hat sich ein Wandel vollzogen, und immer mehr Menschen haben festgestellt, dass Männer und Frauen in diesem Dienstleistungsbereich unterschiedlich behandelt werden. Heute wird erkannt und akzeptiert, dass das Geschlecht auch eine wichtige Rolle für die Gesundheit spielt, ebenso wie soziale, wirtschaftliche und ethnische Hintergründe. Seit den UN‑Konferenzen in Kairo im Jahre 1994 und Peking 1995 stehen die Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Gesundheit auch auf den entsprechenden Tagesordnungen. Trotz dieses internationalen Erfolgs bei der Förderung der Gesundheit von Frauen sind aber bis jetzt weder auf nationaler noch auf EU-Ebene irgendwelche systematischen Reformen oder Folgemaßnahmen erfolgt. Die Kommission hat im Anschluss an die Peking-Plattform gewisse Folgemaßnahmen ergriffen, hat sich aber nicht auf die Entwicklung einer geschlechtsspezifischen Perspektive im Gesundheitssektor konzentriert. Die Gesundheit von Frauen wird häufig gleichgestellt mit sexueller und reproduktiver Gesundheit.

Leider hat das umfassendere Wissen noch nicht in genügendem Maße dazu geführt, dass ein geändertes bzw. verbessertes Umfeld für Frauen und deren spezielle Bedürfnisse im Gesundheitssektor geschaffen wurde. Die Gesamtressourcen des Gesundheitswesens und der medizinischen Dienstleistung im Allgemeinen sind noch nicht umverteilt worden, sodass Männer und Frauen diese gleichermaßen in Anspruch nehmen könnten. Die meisten Mitgliedstaaten verfügen noch immer über keinerlei Statistiken oder Daten, die nach Geschlechtszugehörigkeit aufgeschlüsselt wären. Nach Geschlecht aufgeschlüsselte Statistiken und Daten sind aber notwendig, um die geschlechtsspezifischen Disparitäten bezüglich Diagnose, Behandlung und Ressourcenverteilung aufzuzeigen.

Frauen leben länger als Männer, aber sie fühlen sich eher krank und begeben sich eher in Behandlung. Eine Erklärung dafür mag in einer komplexen Verknüpfung zwischen biologischen und sozialen Faktoren liegen, aber in diesem Bereich ist noch viel Forschung nötig, um Erklärungen dafür zu finden, warum Frauen sich eher krank fühlen/krank sind und mehr medizinische Betreuung benötigen.

Die Tatsache, dass Frauen eine längere durchschnittliche Lebenserwartung haben als Männer, bedeutet, dass die ältere Bevölkerung größtenteils aus Frauen besteht, und zwar vor allem in der Bevölkerungsgruppe der ältesten Menschen. Zusätzlich zu der Tatsache, dass Frauen die größte Gruppe unter den älteren Menschen darstellen, sind ältere Frauen außerdem auch häufiger von altersbedingten Krankheiten wie rheumatischen Schmerzen und Alzheimer betroffen als Männer. Aufgrund ungleicher Einkommensverhältnisse oder Eigentumsverhältnisse in jüngeren Jahren verfügen ältere Frauen häufig über geringere finanzielle Mittel für Pflege und Behandlung. In der Mehrzahl der Mitgliedstaaten erhalten Frauen für ihre Arbeit auf dem Arbeitsmarkt weniger Geld als Männer und haben deswegen auch geringere Ruhegehälter. Dies sind einige der Gründe, warum die Mitgliedstaaten über ein gut entwickeltes und öffentlich finanziertes Gesundheitssystem mit entsprechender geriatrischer Versorgung verfügen müssen. Andernfalls wird eine große Zahl älterer Frauen in den Mitgliedstaaten völlig ohne Versorgung und Behandlung bleiben. Die Mitgliedstaaten müssen den Rechten der Frau und ihrer Fähigkeit, sich selbst zu versorgen, ebenfalls Priorität einräumen.

Armut spielt in Bezug auf Gesundheit eine sehr große Rolle. Frauen sind auch in der Gruppe der ärmeren Bevölkerung in der EU in der Mehrzahl. Ungefähr 120 Millionen Frauen leben in der EU in Armut. Armut macht es Frauen offensichtlich schwer, ihre physische und geistige Gesundheit zu erhalten. Der Kampf gegen die Frauenarmut wird also auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen haben.

Im vorliegenden Bericht wird ein ganzheitlicher Ansatz bezüglich der Geschlechter verwendet. Der Begriff „ganzheitlich“ ist ein akzeptierter und auch medizinischer Begriff und bedeutet Mitberücksichtigung sozialer, psychologischer, kultureller und biologischer Aspekte. Die Geschlechterperspektive bedeutet, dass ein ganzheitlicher Ansatz gewählt wird, um genau zu analysieren, wie die Geschlechterzugehörigkeit die Lebensbedingungen und beispielsweise auch den Zugang zu Macht und Privilegien beeinflusst[1].

Die Schlüsselbegriffe in der Geschlechterforschung sind Konstitution, Hierarchie, Beziehungen und soziale Situation[2]. Frauen gehören in der Geschlechterhierarchie der untergeordneten Gruppe an. Der Begriff „gender bias“ (Verzerrungseffekte in der Wahrnehmung von Problemen aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen) stellt ein weiteres Problem dar, mit dem Frauen und Männer in der Gesundheitsfürsorge zu kämpfen haben. Der „gender bias“ ist auch Folge einer mangelnden Berücksichtigung des Geschlechteraspekts in der Forschung und auf der Beschlussfassungsebene. Das heißt, dass – bei Feststellung geschlechtsspezifischer Disparitäten bezüglich bestimmter Beschwerden, Verhaltensweisen oder Lebensumstände – das Risiko besteht, dass in dem Gespräch mit dem jeweiligen Patienten ein „gender bias“, ein Vorurteil entsteht. Zum Beispiel denken Ärzte bei Frauen mit Magenproblemen nicht so häufig daran, nach Trinkgewohnheiten zu fragen, wie bei Männern mit denselben Symptomen. Der Grund ist höchstwahrscheinlich der, dass alkoholbedingte Gesundheitsbeschwerden bei Männern häufiger sind. Demnach kann dieses Verhalten des Arztes als typisch „gender bias“ betrachtet werden (der individuelle Patient muss einzeln und als einzigartig betrachtet werden und nicht als Vertreter einer Geschlechtsgruppe)[3].

Es ist bekannt, dass das Geschlecht des Patienten ausschlaggebend dafür ist, wie Ärzte oder Pflegepersonal gewisse Symptome verstehen, Diagnosen erstellen oder welche Therapien sie verordnen – und zwar auch dann, wenn die Beschwerden oder Symptome einer Frau exakt dieselben sind wie die eines Mannes und wenn keine biomedizinischen Fakten vorliegen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten. Eine geschlechtsbezogene Perspektive in der Medizin erfordert auch die Erkennung von Krankheitssymptomen, die durch eine unausgewogene Machtverteilung zwischen den Geschlechtern hervorgerufen werden – d.h. auch Gewalt von Männern gegen Frauen. Die medizinische Geschlechterforschung war auch von größter Bedeutung für die Herausstellung der Signifikanz der gesundheitlichen Auswirkungen von Gewalt und Missbrauch, die manche Frauen bei ihren Ehemännern, Partnern oder ihnen nahestehenden Männern – oder aber im Rahmen des Menschenhandels und der Prostitution – erleiden müssen[4].

Trotz der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem darstellt, ist dieses Phänomen in der medizinischen Aus- und Fortbildung und der medizinischen Praxis regelrecht ausgeklammert worden. Patienten werden beispielsweise zu ihren Rauchgewohnheiten befragt, aber die meisten weiblichen Patienten werden nach wie vor nicht gefragt, ob sie Opfer von Gewalt sind – und das trotz der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen gemäß einer Breitbandstudie häufiger vorkommt als z.B. Rauchen[5]. Studien im Rahmen von Umfragen und Interviews mit Frauen, die zu Gewalt befragt wurden, haben gezeigt, dass die große Mehrheit der Frauen die Tatsache befürwortet, dass ihnen diese Frage überhaupt gestellt wurde[6].

Gewalt gegen Frauen führt in den Altersgruppen zwischen 15 und 44 zu höheren Mortalitätsraten als Krebs, Malaria, Verkehrsunfälle oder Krieg. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass wenigstens eine von fünf Frauen in der Welt während ihres Lebens physische oder psychische Gewalt erleiden musste[7].

Der vorliegende Bericht konzentriert sich im Wesentlichen auf zwei verschiedene Bereiche: die Gesundheit von Frauen und die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Gesundheitswesen. Der erste Bereich (A) bezieht sich auf die Diskrepanzen, die in der Gesundheitsversorgung zwischen Männern und Frauen bestehen, die unter ein und derselben Krankheit leiden. Der zweite Schwerpunktbereich (B) bezieht sich auf die Gesundheit von Frauen unter dem Aspekt der so genannten „Frauenleiden“, d. h. Krankheiten, die hauptsächlich bei Frauen auftreten. Als Beispiel sind hier zu nennen gewisse Muskelkrankheiten, z.B. verschiedene Fibromyalgie-Typen, Brustkrebs, Osteoporose sowie Gesundheitsrisiken, die entstehen, wenn Frauen gezwungen werden, sich illegalen Abtreibungen zu unterziehen. Das Recht der Frau auf Selbstbestimmung bezüglich ihrer Sexualität und ihres Körpers ist ein wichtiger Faktor für die Gesundheit der Frau.

Bereich A

Eine vom Danderyd-Krankenhaus in Stockholm (Schweden) durchgeführte Analyse zeigt große Diskrepanzen auf zwischen Männern und Frauen, und zwar bezüglich der verschriebenen Medikamente, der Behandlung und der entstandenen Kosten. Beispielsweise erhielten Männer doppelt so viele Lichtbehandlungen wie Frauen, wenn Exema oder Psoriasis festgestellt wurden, und das trotz der Tatsache, dass die Krankheit in beiden Geschlechtsgruppen gleichermaßen oft auftritt. Die Schlussfolgerung dieser Studie ergibt also bezüglich der Kosten, dass bei angenommener gleich intensiver Behandlung von Frauen die Kosten für die Behandlung von Frauen um 61% ansteigen würden. Wenn hingegen die Intensität der Behandlung von Frauen als Norm betrachtet wird, und im Vergleich dazu also Männer in demselben Maße unterbehandelt wären, wie es derzeit die Frauen sind, würden die Kosten im Gesundheitswesen um 33% sinken[8].

Erkrankungen der Herzkranzgefäße bei Frauen äußern sich häufig anders als bei Männern, und wenn Frauen sich im Krankenhaus in medizinische Behandlung begeben, werden sie nicht so schnell behandelt wie Männer. Frauen mit akuten Herzbeschwerden müssen länger auf Ambulanztransport warten, und wenn sie erst im Krankenhaus sind, werden sie nicht genauso aufgenommen wie Männer; es dauert länger, bis ihr Herz gescannt wird, und sie erhalten auch keine so schnelle Behandlung wie sonst üblich – beispielsweise in Form einer Angioplastie oder einer Bypass-Operation. Frauen erleiden häufiger Nebenwirkungen von Herzmedikamenten, und eine Begründung hierfür könnte darin bestehen, dass sie die falsche Dosierung verschrieben bekommen. Dennoch gibt es keinerlei Forschungsprojekte, die den Grund für diese häufigeren Nebenwirkungen untersuchen[9]. Eine Untersuchung im Bereich der Augenbehandlung zeigt, dass Frauen schlechteren Zugang zu Katarakt-Operationen haben als Männer. Statistiken zeigen außerdem, dass Männer schnelleren Zugang zu neuen Medikamenten und moderner Behandlung erhalten[10].

Medikamente beeinflussen den Körper von Frauen und Männern unterschiedlich. Trotz der Tatsache, dass Frauen mehr Medikamente einnehmen als Männer, stellen Männer immer noch häufig in der medizinischen Forschung und bei der Entwicklung neuer Medikamente die Normgruppe dar.

Bereich B

Osteoporose ist eine alte Krankheit, die bis heute als unweigerliche Konsequenz des Alterungsprozesses, hauptsächlich bei Frauen, betrachtet wurde. Erst vor kurzem, und nur aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Knochenfrakturen und der damit verbundenen Belastung des Gesundheitswesens, haben die medizinische Forschung und die für die Beschlussfassung zuständigen Personen in der ganzen Welt ihre Aufmerksamkeit dieser Krankheit zugewandt. Bis in die späten 90er Jahre war die Osteoporose nur in Ausnahmefällen Teil der medizinischen Grundausbildung. Aktuelle Forschungen zeigen nun, dass auch junge Menschen und Männer mehr als zuvor angenommen davon betroffen sind und dass Osteoporose eine häufige Sekundärfolge von verschiedenen anderen Erkrankungen oder der Behandlungen mit gewissen Medikamenten sein kann. Die Gründe sind komplex und vielschichtig und immer noch unzureichend erforscht, aber es gibt ausreichend Hinweise darauf, dass unter anderem Erbanlagen eine Rolle spielen sowie die Veränderung des Lebensstils und die Tatsache, dass immer mehr ältere Menschen in unserer Gesellschaft leben.

Osteoporose wird heute weltweit als allgemeines Gesundheitsproblem betrachtet, das angeblich zuweilen epidemische Ausmaße annimmt und auf das von internationalen Gremien wie der Weltgesundheitsorganisation und der EU in den vergangenen Jahren bereits mit Besorgnis hingewiesen wurde.

Medizinische und technische Entwicklungen zeigen, dass es gute Möglichkeiten zur Verhütung, Diagnose und Behandlung von Osteoporose im Frühstadium gibt und dass Knochenbrüche dadurch vermieden werden können. Dennoch haben immer noch zu wenige von diesem Problem betroffene Bevölkerungsgruppen ausreichend Kenntnis über die Osteoporose und können daher die gebotenen Möglichkeiten und Behandlungsalternativen nicht in Anspruch nehmen. Der Zugang zu Geräten für die Messung der Knochendichte ist ebenfalls vollkommen unzureichend. Der beste Zugang zu diesen Messvorrichtungen besteht in der EU in Österreich, Belgien, Griechenland und Portugal.

Brustkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten unter Frauen in der EU und in anderen Industrieländern wie den USA und Kanada. Die Zahl der Brustkrebsfälle nimmt in den Mitgliedstaaten immer noch zu, aber das kann auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass die Früherkennung durch Mammographie zur allgemeinen Praxis geworden ist. Bislang wurden nur wenige Forschungsprojekte über die Ursachen und Risikofaktoren für die Entstehung von Brustkrebs durchgeführt. Die derzeitigen Forschungsergebnisse zeigen, dass das Risiko mit dem Alter zunimmt, dass Vererbung ein wichtiger Faktor ist, aber dass viele Frauen ebenfalls Brustkrebs bekommen, ohne dass eine dieser Voraussetzungen gegeben ist.

Chronische Müdigkeit und Fibromyalgie befallen Frauen häufiger als Männer. Bezüglich der Ursachen und Symptome dieser Krankheiten besteht noch große Unsicherheit, was bedeutet, dass Patienten häufig selbst aktiv werden müssen, um Hilfe zu finden. Außerdem besteht die Gefahr, dass sie von medizinischem Personal abgewimmelt werden, wenn sie als problematisch und anspruchsvoll empfunden werden. Die Krankheitswahrnehmung von Frauen wird in Frage gestellt, Krankheitsbeschwerden werden häufig zu Unrecht psychologisiert, oder es werden negative typisierte Diagnosen vorgenommen – je nach den Patientengesprächen, die mit Frauen, die diese Krankheiten haben, bereits geführt wurden. Wenn Patienten mit Symptomen wie chronische Müdigkeit und Fibromyalgie gleichberechtigte Behandlung erhalten sollen, muss die Aufmerksamkeit, die ihnen vom Gesundheitssystem zuteil wird, verbessert werden[11].

Essstörungen, nervöse Bulimie oder Anorexie haben vor allem unter jungen Frauen stark zugenommen. Das wird heute häufig durch die Modeindustrie und die Fixierung der Medien auf Schlankheit und äußeres Erscheinungsbild erklärt. Nur sehr wenig wissenschaftliche Studien wurden über die Probleme der Essstörungen bislang durchgeführt. Einige aber zeigen, dass auch Zusammenhänge mit Missbrauch oder Gewalt in der Familie bestehen[12]. Da in diesem Bereich noch große Unwissenheit besteht, muss geforscht werden, um die Ursachen zu finden und diese Störungen durch angemessene Maßnahmen, mit denen jungen betroffenen Frauen geholfen werden kann, zu verhüten.

Sowohl Männer als auch Frauen sind in den verschiedenen Stadien ihres Lebens auf Zuwendung und Hilfe angewiesen – als Kinder und als Erwachsene, im Alter und wenn sie die letzte Phase ihres Lebens durchleben. Beide Geschlechter müssen nicht nur Fürsorge und Aufmerksamkeit erhalten, sondern auch in der Lage sein, Fürsorge und Aufmerksamkeit zu geben. Es ist höchste Zeit, auch Männer in diese unbezahlte Arbeit mit einzubinden. Dies ist für die Gesundheit von Männern und Frauen von großer Bedeutung. Hoffen wir, dass in naher Zukunft beide Geschlechter diese unbezahlte Arbeit gleichermaßen untereinander aufteilen werden und dass unbezahlte Arbeit nicht weiter als die Verantwortung der Frau erachtet, sondern als menschliche Verantwortung wahrgenommen wird.

  • [1]  Hamberg: „Medicinsk genusforkning“, Vetenskapsrådet, ORD & FORM AB (2004), Seite 26
  • [2]  ibid. Seite 12
  • [3]  ibid. Seite 108-109
  • [4]  Risberg: ”Sexualiserat våld som folkhälsoproblem” („Sexuelle Gewalt als öffentliches Gesundheitsproblem“), Ärzteblatt 1994:91 (50): 4770-71
  • [5]  Lundgren, Heimer, Westerstrand, Kallioski: ”Slagen dam – Gewalt gegen Frauen im Schweden der Gleichberechtigung”, Fritzes 2001
  • [6]  Stensson, Kristina: Men´s violence against Women – a Challenge in Antenatal Care, Uppsala Universitet 2004, Seite 12, Bacchus L, Mezay G, Bewley S: Women´s perception and experiences of routins enquiry for domestic violence in a maternity service, BJOG 2002:109:9-16 och McNutt LA, Carlsson BE, Gagen D; Reproductive violence screening in primary care: Perspectives and experiences of patents and battered women
  • [7]  World Health Organisation: Violence against Women. Fact Sheets WHO/FRHWHD/97.8, 1997
  • [8]  Osika, Ingrid: ”Ett konkret exempel på ojämställd vård” (ein konkretes Beispiel für nicht gleichberechtigte Behandlung), Linköpings Universitet
  • [9]  Asplund. Wigzell: ”Jämställd vård?” (gleichberechtigte Behandlung?), Socialstyrelsen (2004), Seite 55-57
  • [10]  ibid. Seite 4-74
  • [11]  Fachzeitschrift Smärta, nr 2/2004, Åsbring, Pia
  • [12]  WHO Weltreport über Gewalt und Gesundheit 2002, Heise Lori et al Population Report: Ending violence against women, John Hopkins school of Public Health 1999

VERFAHREN

Titel

Diskriminierung auf Grund des Geschlechts im Gesundheitswesen

Verfahrensnummer

2004/2218(INI)

Grundlage in der Geschäftsordnung

Artikel 45

Federführender Ausschuss
  Datum der Bekanntgabe der Genehmigung im Plenum

FEMM
18.11.2004

Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse
  Datum der Bekanntgabe im Plenum

ENVI
18.11.2004

 

 

 

 

Nicht abgegebene Stellungnahme(n)
  Datum des Beschlusses

ENVI
30.11.2004

 

 

 

 

Verstärkte Zusammenarbeit
  Datum der Bekanntgabe im Plenum


0.0.0000

 

 

 

 

In den Bericht aufgenommene(r) Entschließungsantrag / -anträge

 

 

 

Berichterstatter(in)
  Datum der Benennung

Eva-Britt Svensson
25.11.2005

 

Ersetzte(r) Berichterstatter(in)

Eva-Britt Svensson

 

Prüfung im Ausschuss

26.5.2005

14.7.2005

 

 

 

Datum der Annahme

14.7.2005

Ergebnis der Schlussabstimmung

Ja-Stimmen:

Nein-Stimmen:

Enthaltungen:

21

2

5

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Edit Bauer, Nicole Fontaine, María Esther Herranz García, Lívia Járóka, Emine Bozkurt, Hiltrud Breyer, Edite Estrela, Věra Flasarová, Lissy Gröner, Zita Gurmai, Anneli Jäätteenmäki, Piia-Noora Kauppi, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Urszula Krupa, Pia Elda Locatelli, Astrid Lulling, Angelika Niebler, Doris Pack, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Christa Prets, Eva-Britt Svensson, Konrad Szymański, Corien Wortmann-Kool, Anna Záborská

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Jillian Evans, Sophia in 't Veld, Karin Jöns, Christa Klaß, Marta Vincenzi

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

 

Datum der Einreichung – A6

25.7.2005

A6‑0250/2004