BERICHT über die Rolle der „Euroregionen“ bei der Entwicklung der Regionalpolitik
19.10.2005 - (2004/2257(INI))
Ausschuss für regionale Entwicklung
Berichterstatter: Kyriacos Triantaphyllides
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu der Rolle der „Euroregionen“ bei der Entwicklung der Regionalpolitik
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf Artikel 87 Absatz 3 des EG-Vertrags,
– gestützt auf Artikel 158 des EG-Vertrags,
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit allgemeinen Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (KOM(2004)0628),
– in Kenntnis des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (KOM(2004)0495),
– in Kenntnis des Vorschlags für eine Verordnung des Rates mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (KOM(2004)0492),
– in Kenntnis des Vorschlags für eine Verordnung des Rates zur Errichtung des Kohäsionsfonds (KOM(2004)0494),
– in Kenntnis des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ) (KOM(2004)0496),
– in Kenntnis des Europäischen Rahmenübereinkommens des Europarates über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften (Madrid, 21. Mai 1980) und seiner Zusatzprotokolle sowie der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung des Europarates (Straßburg, 15. Oktober 1985),
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für regionale Entwicklung (A6‑0311/2005),
A. in der Erwägung, dass die Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai 2004 auf 25 Mitgliedstaaten zu größeren Unterschieden zwischen den Euroregionen geführt hat; in der Erwägung, dass die bevorstehenden Erweiterungen diese Unterschiede noch weiter vergrößern können; in der Erwägung, dass dies auch zu einer erheblichen Erhöhung der Zahl der betroffenen Grenzregionen geführt hat; in der Erwägung, dass die Euroregionen entscheidend dazu beigetragen haben, Grenzen in Europa zu überwinden, gut nachbarschaftliche Beziehungen aufzubauen, Menschen von beiden Seiten der Grenze zusammenzubringen und Vorurteile abzubauen, insbesondere durch die Zusammenarbeit auf kommunaler und regionaler Ebene über die Staatsgrenzen hinweg,
B. in der Erwägung, dass diese regionalen Ungleichheiten in der erweiterten Union mit einer effizienten Kohäsionspolitik angegangen und verringert werden müssen zugunsten einer harmonischen Entwicklung innerhalb der EU,
C. in der Erwägung, dass zu einer effizienten Kohäsionspolitik und der europäischen Integration auch gehört, den nachhaltigen Ausbau der grenzübergreifenden Zusammenarbeit sicherzustellen und die bisherigen Schwierigkeiten bei der Finanzierung gemeinsamer Projekte, die Kommunen und Regionen auf beiden Seiten einer Grenze gleichermaßen dienen, endlich zu überwinden,
D. in der Erwägung, dass Euroregionen und ähnliche Strukturen wichtige Instrumente der grenzübergreifenden Zusammenarbeit sind, die allerdings weiter entwickelt und verbessert werden müssen, und dass sie einen gewissen Rechtsstatus besitzen sollten,
E. in der Erwägung, dass das Ziel der Euroregionen letztendlich darin liegt, in Bereichen wie Kultur, Bildung, Fremdenverkehr und Wirtschaftsfragen und anderen Aspekten des Alltags die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Grenzregionen oder kommunalen Verwaltungseinheiten und regionalen Behörden sowie den Sozialpartnern und allen anderen Akteuren zu fördern, die nicht unbedingt Mitgliedstaaten sein müssen,
F. in der Erwägung, dass die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen mehrere Berichte über den Stand der grenzübergreifenden Zusammenarbeit in Europa vorgelegt und Studien über ein grenzübergreifendes Rechtsinstrument für die dezentralisierte Zusammenarbeit der Europäischen Kommission und des Ausschusses der Regionen vorbereitet hat,
1. ist der Auffassung, dass die grenzübergreifende Zusammenarbeit für die europäische Kohäsion und Integration von grundlegender Bedeutung ist und daher in großem Umfang unterstützt werden muss;
2. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Einsatz von Euroregionen als eines der Mittel zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu fördern;
3. stellt fest, dass eine Euroregion oder eine ähnliche Struktur folgende wichtige grenzübergreifende Aufgaben erfüllt:
- Anlaufstelle für Informationen und Dienstleistungen für Bürger, Institutionen sowie regionale und örtliche Behörden,
- Zentralstelle für gemeinsame Werte, Ziele und Strategien,
- treibende Kraft für die Lösung grenzübergreifender Probleme,
- Sprachrohr für alle grenzübergreifenden Fragen;
4. stellt fest, dass Euroregionen eine Drehscheibe für alle grenzübergreifenden Beziehungen, Kontakte, den Wissenstransfer, operationelle Programme und Projekte sind und dass sie einen gewissen Rechtsstatus haben müssen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können;
5. betont, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit einen geeigneten Ansatz bietet, um Alltagsprobleme auf beiden Seiten der Grenze zu lösen, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Kultur und Umwelt;
6. betont, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit einen beträchtlichen Beitrag zur Umsetzung der Strategie von Lissabon leistet durch:
- gemeinsame Innovationen und Forschung,
- grenzübergreifende Netzwerke für Forschung und Entwicklung,
- den Austausch von „bewährten Praktiken” und Erfahrungen;
7. stellt fest, dass Euroregionen durch die lokalen Begegnungsprojekte mit dem Austausch bewährter Praktiken nachbarschaftliche Kontakte fördern; hält es deshalb für besonders wichtig, dass die Förderform von Mikroprojekten, wie sie in der derzeit geltenden Interreg-Verordnung[1] vorgesehen ist, im Rahmen der Strukturfonds weiter bestehen bleibt;
8. weist auf die legislative Arbeit am Europäischen Verbund für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ) hin, dessen Ziel die Vereinfachung der Instrumente der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (Erleichterung ihrer Maßnahmen, Straffung der Verfahren und Senkung der operationellen Kosten) ist, wodurch eine Grundlage für die Entwicklung der Euroregionen geschaffen wird;
9. unterstreicht, dass der Beseitigung von Ungleichheiten zwischen den Regionen in den neuen und den alten Mitgliedstaaten Priorität eingeräumt werden muss;
10. betont, dass das Konzept der Euroregionen und ähnlicher Strukturen, auch wenn sie nicht unbedingt rechtliche Zuständigkeiten haben, auf zahlreiche Aspekte der Zusammenarbeit ausgeweitet werden muss, wobei Beispiele für mögliche Gebiete gemeinsamen Interesses im Bereich der Förderung der Kultur, Bildung, des Fremdenverkehrs und wirtschaftlicher Fragen sowie gegebenenfalls bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Drogenhandels und von Betrugsdelikten in Partnerschaft mit den zuständigen nationalen Einrichtungen sein könnten;
11. weist auf die Notwendigkeit hin, die in Ländern mit gemeinsamen Grenzen ausgearbeiteten Projekte zu integrieren;
12. begrüßt die Bemühungen der Kommission, die Instrumente für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu vereinfachen;
13. fordert, dass Euroregionen und ähnliche Strukturen, wie im Rechtsrahmen des EVGZ vorgeschlagen, ermächtigt werden, grenzübergreifende EU-Programme in der EU sowie Programme, die im Einklang mit dem Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument und dem Instrument für Heranführungshilfe (IPA) stehen, ab dem Jahr 2007 in Partnerschaft mit nationalen Einrichtungen zu erarbeiten, durchzuführen und zu verwalten;
14. unterstreicht die Bedeutung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit und der Euroregionen für Mitgliedstaaten mit natürlichen Beeinträchtigungen, einschließlich kleiner Inselstaaten;
15. unterstreicht, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Einrichtung von Euroregionen, einschließlich der Regionen in sensiblen Gebieten wie dem Nahen Osten, unterstützt werden muss, um freundschaftliche Beziehungen, Stabilität, Sicherheit und wirtschaftliche Interessen in gegenseitigem Respekt und zum gegenseitigen Nutzen zu fördern;
16. weist auf Ziffer 1 Buchstabe xxvii der Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Errichtung des Kohäsionsfonds[2] hin, die am 6. Juli 2005 angenommen wurde, und fordert die Kommission auf, in analoger Weise Modalitäten für die Festlegung eines Prämiensystems in Form einer „leistungsgebundenen Gemeinschaftsreserve” zu erarbeiten, das insbesondere Anreize für Maßnahmen bietet, die grenzüberschreitende Auswirkungen haben oder in der Lage sind, sich in die bereits existierende Infrastruktur der Euroregionen zu integrieren;
17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
- [1] Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten vom 2. September 2004 über die Leitlinien für eine Gemeinschaftsinitiative betreffend die transeuropäische Zusammenarbeit zur Förderung einer harmonischen und ausgewogenen Entwicklung des europäischen Raums — INTERREG III (ABl. C 226, 10.9.2004, S.2).
- [2] Angenommene Texte, P6_TA(2005)0278.
BEGRÜNDUNG
DEFINITION DER EUROREGIONEN – Ein vom Europarat entwickeltes Konzept
Bestehende Euroregionen sind Initiativen von Grenzregionen oder sonstigen kommunalen Verwaltungseinheiten mehrerer Länder (nicht notwendigerweise Mitgliedstaaten der EU) und verfügen über keinen definierten Status im Rahmen der Europäischen Union. In den meisten Fällen besitzen Euroregionen keine Rechtspersönlichkeit und sind eher klein. Die Bezeichnung „Euroregion“ ist nicht geschützt. In Euroregionen liegt der Schwerpunkt auf der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, wobei kulturelle Aspekte sowie die Förderung des Fremdenverkehrs und anderer Formen wirtschaftlicher Tätigkeit von zentraler Bedeutung sind.
Der Rechtsstatus von Euroregionen kann unterschiedliche Formen annehmen: Es kann sich um eine Interessengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, eine Europäische Wirtschaftsinteressengruppierung, eine Vereinigung ohne Gewinnzweck, eine Arbeitsgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder um einen Zweckverband handeln.
Euroregionen und sonstige Strukturen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit schaffen keine neue Verwaltungsform auf grenzüberschreitender Ebene. Sie haben keine politische Macht, und ihre Tätigkeit ist beschränkt auf die Zuständigkeitsbereiche der Kommunal- und Regionalbehörden, aus denen sie bestehen. Im Rahmen der geographischen Grenzen der Zusammenarbeit sind grenzübergreifende Strukturen Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bereichen der Kommunal- oder Regionalverwaltung über die Grenzen hinweg, um gemeinsame Interessen zu fördern und den Lebensstandard der Grenzbevölkerung zu verbessern.
Die Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen legt folgende Kriterien für die Identifizierung von Euroregionen fest:
- ein Verband von Kommunal- und Regionalbehörden auf beiden Seiten der Staatsgrenze, manchmal mit einer parlamentarischen Versammlung;
- ein grenzübergreifender Verband mit einem ständigen Sekretariat und einem Team für Technik und Verwaltung mit eigenen Mitteln;
- privatrechtliche, nicht auf Gewinn ausgerichtete Verbände oder Stiftungen auf beiden Seiten der Grenze gemäß dem jeweils geltenden nationalen Recht;
- öffentlich-rechtlicher Art, auf der Grundlage zwischenstaatlicher Abkommen, die u.a. mit der Beteiligung von Gebietskörperschaften funktionieren.
Heute gibt es in Europa mehr als 70 grenzübergreifende Regionen, die als Euroregionen, Euroregios oder Arbeitsgemeinschaften auftreten. Der Anfang einiger dieser Initiativen reicht zwar in die 50er Jahre zurück, doch wurde in den 90er Jahren eine starke Zunahme an grenzübergreifenden Regionen in ganz Europa verzeichnet. Es gibt heute in Grenzregionen praktisch keine kommunale oder regionale Behörde, die nicht in irgendeiner Weise in grenzübergreifende Zusammenarbeit einbezogen ist.
Rechtlich lässt sich der Gedanke einer Verwaltungseinrichtung für ein grenzübergreifendes Gebiet unterhalb der staatlichen Ebene nur schwer verwirklichen. Den ersten grenzübergreifenden Regionen lagen Abkommen mit unterschiedlichem Formalitätsgrad zugrunde, und die meisten verließen sich auf den guten Willen.
1980 unterzeichnete eine Reihe europäischer Länder auf Initiative des Europarats einen internationalen Vertrag, die sogenannte Madrider Konvention, als ersten Schritt in Richtung Strukturen zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit auf öffentlich-rechtlicher Basis. Die Konvention wurde von 20 Ländern unterzeichnet und vor kurzem durch zwei Zusatzprotokolle ergänzt. Sie stellt einen Rechtsrahmen für den Abschluss von Abkommen zwischen zwei oder mehreren Ländern über grenzübergreifende Zusammenarbeit nach öffentlichem Recht zwischen den Regionalverwaltungen dar. Ein Beispiel für derartige Abkommen ist der Deutsch-Niederländische Staatsvertrag aus dem Jahr 1991, der seit 1993 ein grenzübergreifender öffentlich-rechtlicher Zweckverband ist. Die Entscheidungen derartiger Stellen sind jedoch nur für die Behörden innerhalb des betreffenden grenzübergreifenden Gebiets verbindlich.
GrenzüberGREIFende Zusammenarbeit der EU: bis 2006
Das auffälligste Merkmal der grenzübergreifenden Aktivitäten der EU besteht darin, dass sie in erster Linie finanzieller Art sind. Viele grenzüberschreitende Initiativen sind im Rahmen der von der Europäischen Kommission im Jahr 1990 ins Leben gerufenen Gemeinschaftsinitiative Interreg als Interreg III im Jahr 1999 förderungswürdig. Für den Zeitraum 2000-2006 steht ein Budget von 4,875 Mrd. Euro zur Verfügung, was ungefähr 2,3 Prozent des Kohäsionsbudgets entspricht. Das für grenzübergreifende Zusammenarbeit maßgebliche Programm heißt Interreg IIIA; hier ist festgelegt, dass sämtliche an Außen- und Binnenlandgrenzen liegenden Gebiete sowie einige Seegebiete förderungswürdig sind.
Durch die Gemeinschaftsinitiative INTERREG IIIA finanziert der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Aktivitäten im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in den Regionen der NUTS-III-Ebene, die auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden. Ganze Länder, die zur NUTS-I-Ebene zählen, gehören nicht zu den Euroregionen und kämen nie für eine EFRE-Kofinanzierung im Rahmen von INTERREG IIIA in Betracht. In ihren Vorschlägen für Programme, die im Rahmen von INTERREG kofinanziert werden sollen, empfehlen die EU-Mitgliedstaaten, in welchem Maß Euroregionen an der Umsetzung von INTERREG-III-A-Programmen beteiligt werden sollen. Beispielsweise treten manche als leitende Behörde eines Programms oder als Projektinhaber für spezifische Projekte auf; andere dienen als Anlaufstelle für INTERREG.
Symptomatisch für den Weg zur europäischen Integration in der Nachkriegszeit ist die Tatsache, dass die vom Europarat bevorzugte legalistischere Herangehensweise - in der grenzübergreifende Regionen als formale politisch-administrative Einheiten vorgesehen waren - später zu Gunsten einer pragmatischeren und wirtschaftlich orientierten Herangehensweise im Rahmen der EU-Regionalpolitik aufgegeben wurde.
Man kann darüber streiten, ob die Europäische Union als treibende Kraft hinter dem Entstehen und der Zunahme der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa betrachtet werden sollte. Auf den ersten Blick könnte die EU als ein wichtiger kausaler Faktor gesehen werden, vor allem durch die sinkende Bedeutung der Grenzen, die zunehmende Darstellung der Regionen auf supranationaler Ebene sowie das Interreg-Programm. Der Einfluss der EU wird jedoch häufig überbewertet, da außer Acht gelassen wird, dass grenzüberschreitende Zusammenarbeit von unten nach oben entsteht. An den ersten Initiativen waren Länder beteiligt, etwa die Schweiz, die kein Mitglied der EU sind. Im deutschen Teil des Oberrheins stammen 80 % der ausländischen Direktinvestitionen aus der Schweiz, und ein grenzüberschreitender Arbeitsmarkt ist entstanden. Ähnliche Strukturen sind in der Umgebung von Genf zu erkennen.
Das rasante Wachstum der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit seit 1988 hängt sicherlich mit der Einführung von EU-Maßnahmen zur Unterstützung der grenzüberschreitenden Initiativen in Westeuropa und seit den frühen 90er Jahren vermehrt in Ost- und Mitteleuropa zusammen. Von anfänglich 26 Initiativen im Jahr 1988, als das Generaldirektorat die ersten Pilotprojekte ins Leben rief, hat sich ihre Zahl auf mehr als 70 im Jahr 1999 beinahe verdreifacht. Qualitative Nachweise zeigen, dass die neu gegründeten Euroregionen, beispielsweise an der ost- und süddeutschen Grenze, tendenziell stark in die Interreg-Umsetzung einbezogen werden. Vor dem Beitritt Österreichs zur EU gab es an der deutsch-österreichischen Grenze keine Euroregionen, doch wurden im Zeitraum von 1994 - 1998 fünf neue Euroregionen eingerichtet. Ähnliche Beispiele können für viele ost- und mitteleuropäische grenzüberschreitende Initiativen angeführt werden.
Seit ihrer Einrichtung haben viele Arbeitsgemeinschaften bezüglich politischer Bedeutung und Budget stagniert, kleinere Euroregionen beginnen jedoch teilweise aufzublühen, da sie stärker in das Interreg-Programm eingebunden sind, das nur für kleine Grenzgebiete gilt. Es scheint, dass die Euroregion als institutionelle Form besser geeignet ist, eine aktive Rolle bei der Umsetzung von politischen Maßnahmen der EU zu übernehmen als die größeren Arbeitsgemeinschaften.
Grenzübergreifende Zusammenarbeit der EU 2007 - 2013
1) Ein Binneninstrument
Gemäß der Logik ihres Dritten Kohäsionsberichts hat die Europäische Kommission ihre Prioritäten auf drei Ziele beschränkt: Konvergenz, regionale Wettbewerbsfähigkeit und territoriale Zusammenarbeit. Die Gemeinschaftsinitiativen wurden entsprechend angepasst.
Um den Bedürfnissen der erweiterten Europäischen Union gerecht zu werden, hat die Kommission die Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ) vorgeschlagen und schafft so den Rahmen für eine grenzübergreifende Behörde zur Verwaltung der Programme zur Zusammenarbeit. Dieser Vorschlag ist Teil des Kohäsionsgesetzespakets, das aus einer allgemeinen Verordnung, einer Verordnung für den Europäischen Sozialfonds (ESF), den Kohäsionsfonds und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) besteht. Ziel der neuen Vorschläge ist es, die Verfahren zu rationalisieren und die Umsetzung der grenzübergreifenden und regionalen Zusammenarbeit zu vereinfachen.
Der EVGZ zeichnet sich durch zwei Aspekte aus. Zunächst ist er ein Hilfsmittel bei der grenzübergreifenden Zusammenarbeit, wobei nur die Regierungen jene Stelle nennen können, die über die Fördermittel verfügen kann. Diese können nur die Begünstigten der Fördermittel sein, nicht ihre Verwalter. Er stellt auch ein neues Rechtsinstrument dar, das es Gemeinschaften ermöglicht, ohne Strukturfondsunterstützung zusammenzuarbeiten[1].
Die territoriale Zusammenarbeit setzt eine regionale und lokale Mitwirkung ohne die Beteiligung der Mitgliedstaaten voraus. Die Mitglieder können den EVGZ in Form eines eigenständigen Rechtsgebildes gründen oder seine Aufgaben einem der Mitglieder anvertrauen. Er würde einem Abkommen der Mitglieder unterliegen, in dem seine Funktionen, Aufgaben, Dauer und die Bedingungen für seine Auflösung sowie seine Befugnisse geregelt sind. Das Abkommen würde den entsprechenden Mitgliedstaaten sowie dem Ausschuss der Regionen notifiziert werden. Des Weiteren würden die Mitgliedstaaten mit Gerichtsbarkeit, in deren Recht das Abkommen aufgenommen wird, die Verwaltung der öffentlichen Fördermittel[2] überwachen und die anderen betroffenen Mitgliedstaaten über das Ergebnis der Überwachung in Kenntnis setzen.
Der EVGZ würde seine Geschäftsordnung im Rahmen des Abkommens festlegen. Die Geschäftsordnung würde enthalten: eine Liste seiner Mitglieder, die Beschreibung seiner Ziele und Aufgaben, seinen Namen und seine Hauptadresse, seine konstituierenden Organe einschließlich der Mitgliederversammlung und des Vorstands, die Vertretung und Art der Vertretung des EVGZ, die Verfahren zur Entscheidungsfindung, die Festlegung der Arbeitssprache(n), die Modalitäten für sein Arbeiten, vor allem im Hinblick auf Personalführung, Einstellungsverfahren, die Art der Mitarbeiterverträge, Garantie für die Stabilität der Aktionen der Zusammenarbeit, Regelungen über die finanziellen Beiträge der Mitglieder sowie die anzuwendenden Buchhaltungs- und Haushaltsregeln, die Benennung einer unabhängigen Organisation zur Finanzaufsicht sowie externe Behörden zur Buchprüfung.
Bestehende zweiseitige Abkommen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und/oder regionalen oder lokalen Behörden, beispielsweise das Karlsruher Abkommen, bleiben in Kraft.
23 der 25 Mitgliedstaaten haben hinsichtlich dieses Instruments Bedenken. Diese Länder sind skeptisch gegenüber supranationalen Strukturen, die in ihren Länder geschaffen werden. Diese Angst ist darauf zurückzuführen, dass die regionalen und lokalen Behörden nicht einer Genehmigung durch eine zentrale Regierung bedürfen, um einen EVGZ zu errichten.
Angesichts der heiklen Frage des EVGZ und der Bande der Nähe, die durch ihn stärker werden, ist die Entwicklung dieses Instruments, insbesondere im Hinblick auf die fortschreitende Erweiterung, jedoch geboten. Instrumente dieser Art sind von größter Wichtigkeit für neue Mitgliedstaaten, die einen Nutzen aus dem Austausch bewährter Praktiken ziehen können.
Das Konzept der Euroregionen kann auf zahlreiche Aspekte der Zusammenarbeit ausgedehnt werden. Die Unterzeichnung der „Maastricht-Entschließung“ durch die Rhein-Maas-Euroregion zeigt eindeutig das Maß der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in sensiblen Angelegenheiten wie Drogen und organisiertem Verbrechen auf. Auf diese Weise müssen mehrere Mitgliedstaaten eine aktive Rolle bei der Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit übernehmen. Zypern beispielsweise, eine Insel mit direkten Verbindungen zum Nahen Osten, könnte ein Grundpfeiler des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI) werden und eine aktive Rolle im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenschmuggel übernehmen.
Ein weiterer vielversprechender Aspekt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist das Bildungswesen. Die Ausweitung des ehemaligen Studierendenaustauschs zwischen benachbarten Regionen würde die Kulturverträglichkeit benachbarter Regionen erheblich verbessern.
2) Ein Instrument der Außenbeziehungen
Das neue Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) wird die bestehenden geographischen und thematischen Programme der betroffenen Länder ersetzen. Ein besonderes Merkmal des ENPI ist die Komponente der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. So wird das ENPI „gemeinsame Programme“ finanzieren, bei denen Regionen der Mitgliedstaaten und Partnerländer, die eine gemeinsame Grenze haben, zusammengeführt werden. Man wird auf eine Herangehensweise zurückgreifen, die hauptsächlich auf den Grundsätzen der Strukturfonds aufbaut, etwa mehrjährige Programmgestaltung, Partnerschaften und Kofinanzierung, die so angepasst werden, dass die Besonderheiten der Außenbeziehungen Berücksichtigung finden. Die Komponente der grenzübergreifenden Zusammenarbeit des ENPI wird vom EFRE kofinanziert. Die für dieses Instrument in Frage kommenden Partnerländer sind solche, die derzeit keine Aussicht auf einen Beitritt haben und an die sich die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) richtet.
VERFAHREN
Titel |
Die Rolle der „Euroregionen“ bei der Entwicklung der Regionalpolitik | ||||||
Bezugsdokumente – Verfahrensnummer |
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Grundlage in der Geschäftsordnung |
Artikel 45 | ||||||
Federführender Ausschuss |
REGI | ||||||
Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse |
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Nicht abgegebene Stellungnahme(n) |
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Verstärkte Zusammenarbeit |
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Sonstige(r) in den Bericht aufgenommene(r) Entschließungsantrag/-anträge |
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Berichterstatter(-in/-innen) |
Kyriacos Triantaphyllides |
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Ersetzte(r) Berichterstatter(-in/-innen) |
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Prüfung im Ausschuss |
11.7.2005 |
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Datum der Annahme |
6.10.2005 | ||||||
Ergebnis der Schlussabstimmung |
Ja-Stimmen: Nein-Stimmen: Enthaltungen: |
42 2 0 | |||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Elspeth Attwooll, Jean Marie Beaupuy, Rolf Berend, Jana Bobošíková, Graham Booth, Bernadette Bourzai, Bairbre de Brún, Gerardo Galeote Quecedo, Iratxe García Pérez, Eugenijus Gentvilas, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Ambroise Guellec, Gábor Harangozó, Marian Harkin, Konstantinos Hatzidakis, Jim Higgins, Alain Hutchinson, Carlos José Iturgaiz Angulo, Mieczysław Edmund Janowski, Gisela Kallenbach, Tunne Kelam, Miloš Koterec, Constanze Angela Krehl, Sérgio Marques, Francesco Musotto, Lambert van Nistelrooij, Jan Olbrycht, Markus Pieper, Francisca Pleguezuelos Aguilar, Christa Prets, Elisabeth Schroedter, Grażyna Staniszewska, Catherine Stihler, Margie Sudre, Kyriacos Triantaphyllides, Oldřich Vlasák, Vladimír Železný | ||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(-innen) |
Giusto Catania, Jillian Evans, Louis Grech, Stanisław Jałowiecki, Toomas Savi, Thomas Ulmer, Manfred Weber | ||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
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Datum der Einreichung – A6 |
19.10.2005 |
A6-0311/2005 | |||||