BERICHT über Sozialschutz und soziale Eingliederung
8.2.2006 - (2005/2097(INI))
Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten
Berichterstatterin: Edit Bauer
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu Sozialschutz und sozialer Eingliederung
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission: Entwurf des gemeinsamen Berichts über Sozialschutz und soziale Eingliederung (KOM(2005)0014),
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen: Anhang zum Entwurf des gemeinsamen Berichts über Sozialschutz und soziale Eingliederung (SEK(2005)0069),
– unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur sozialen Eingliederung in den neuen Mitgliedstaaten: Eine Synthese der gemeinsamen Memoranden zur sozialen Eingliederung (SEK(2004)0848),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Brüssel vom 22./23. März 2005,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2005 zur Halbzeitüberprüfung der Lissabon-Strategie[1],
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Santa Maria da Feira vom 19./20. Juni 2000, insbesondere der Vereinbarung, dass Indikatoren als gemeinsame Bezugswerte bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Beseitigung der Armut festgelegt werden sollten,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zur sozialpolitischen Agenda (KOM(2005)0033,
– unter Hinweis auf die Entscheidung des Rates 2005/600/EG vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten[2],
– unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 50/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Dezember 2001 zur Einführung eines Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Förderung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung[3],
– unter Hinweis auf Artikel 27 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention, wonach die vertragschließenden Staaten „das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard anerkennen“,
– unter Hinweis auf Artikel 27 Absatz 2 und Absatz 3 der UN-Kinderrechtskonvention, worin die vorrangige Verantwortung der Eltern in diesem Punkt hervorgehoben wird, während den Regierungen die Rolle zufällt, „geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Eltern und anderen für das Kind verantwortlichen Personen bei der Verwirklichung dieses Rechts zu helfen, und bei Bedürftigkeit materielle Hilfs- und Unterstützungsprogramme insbesondere im Hinblick auf Ernährung, Bekleidung und Wohnung vorzusehen“,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die „Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz“ (KOM(2003)0261),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Modernisierung des Sozialschutzes für die Entwicklung einer hochwertigen, zugänglichen und zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege: Unterstützung der einzelstaatlichen Strategien durch die „offene Koordinierungsmethode" (KOM(2004)0304),
– unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission mit dem Titel „Angesichts des demografischen Wandels - eine neue Solidarität zwischen den Generationen“ (KOM(2005)0094),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Juni 2002 zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Entwurf zum Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung[4],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juni 2003 zur Anwendung der offenen Methode der Koordinierung[5],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. September 2003 zu dem Gemeinsamen Bericht der Kommission und des Rates über angemessene und nachhaltige Renten[6],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2005 zur Modernisierung des Sozialschutzes und zur Entwicklung einer hochwertigen Gesundheitsversorgung[7],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Mai 2005 zur sozialpolitischen Agenda für den Zeitraum 2006-2010[8],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2005 zu der sozialen Eingliederung in den neuen Mitgliedstaaten[9],
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6‑0028/2006),
A. in der Erwägung, dass auf der Tagung des Europäischen Rates von Lissabon im März 2000 ein neues strategisches Ziel der Europäischen Union festgelegt wurde, in dessen Rahmen langfristiges Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, sozialer Zusammenhalt und nachhaltige Entwicklung in einer auf technischem Know-how und Innovation basierenden Gesellschaft erreicht werden sollen; in der Erwägung, dass die Ziele der Strategie nach fünf Jahren bei weitem noch nicht erreicht sind,
B. in der Erwägung, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Tagung des Europäischen Rates von Nizza 2000 vorgenommen haben, bis 2010 eine deutliche und messbare Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu erreichen,
C. in der Erwägung, dass soziale Eingliederung die menschliche Würde tangiert und damit ein Grundrecht darstellt,
D. in der Erwägung, dass soziale Eingliederung unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar und auf wirksame Art und Weise zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung beitragen kann,
E. in der Erwägung, dass soziale Eingliederung eine Frage des sozialen Zusammenhalts ist und damit einen Grundwert der Europäischen Union und ein Instrument zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung darstellt, d.h. dass sie es ermöglicht, die Verschwendung menschlicher Ressourcen und die gravierenden Folgen des demografischen Wandels zu bekämpfen,
F. in der Erwägung, dass statistischen Angaben der OECD zufolge der Altersdurchschnitt der Bevölkerung der dieser Organisation angehörenden Staaten steigt – gegenwärtig entfallen auf 100 Beschäftigte 38 Rentner – und sich dieses Verhältnis bei einer unveränderten Beschäftigungspolitik noch verschlechtern könnte, sodass dann bis zu 70 Rentner auf 100 Beschäftigte entfallen würden,
G. in der Erwägung, dass die Modernisierung des Sozialschutzes nicht nur bedeuten sollte, die finanzielle Tragbarkeit zu gewährleisten, sondern vielmehr, die von den einzelnen Menschen nicht allein zu meisternden Risiken gemeinsam zu tragen und das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung zu fördern, um sie nachhaltig zu machen,
H. unter erneutem Hinweis darauf, dass der Sozialschutz auf der Grundlage der Universalität, der Gleichheit und der Solidarität ein grundlegendes Element des europäischen Sozialmodells bildet,
Allgemeines
1. begrüßt den ersten gemeinsamen Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung auf der Ebene von 25 Mitgliedstaaten, der sich mit den Fortschritten befasst, die von den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwirklichung der vom Europäischen Rat von Lissabon vereinbarten Ziele erreicht wurden; stellt fest, dass auf der Grundlage des Berichts wichtige Erfolge bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Beseitigung der Armut bis 2010 erzielt und die Mitgliedstaaten außerdem bei der Reform ihrer sozialen Sicherungssysteme unterstützt werden sollen, um deren Fähigkeit zur Erbringung hochwertiger Dienstleistungen und ihre Angemessenheit und Nachhaltigkeit auch in Zukunft sicherzustellen;
2. stellt fest, dass die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in dem gemeinsamen Bericht nach wie vor als größte Herausforderung für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten bezeichnet wird, da die anhand des Einkommens ermittelten Zahlen zu Armut und sozialer Ausgrenzung in der gesamten Union signifikant hoch sind und belegen, dass mehr als 68 Millionen Menschen oder 15 Prozent der EU-Bevölkerung dem Armutsrisiko ausgesetzt sind;
3. stellt fest, dass trotz der erheblichen strukturellen Verbesserungen, die in den letzten zehn Jahren auf den EU-Arbeitsmärkten erreicht wurden, Beschäftigungsniveau und Erwerbsbeteiligungsquote nach wie vor unzureichend sind und die Arbeitslosigkeit in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiterhin hohe Werte erreicht, vor allem bei bestimmten Gruppen, wie jungen Menschen, älteren Arbeitskräften, Frauen und besonders benachteiligten Personen; stellt außerdem fest, dass die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt außer einer nationalen Dimension auch eine lokale oder regionale Dimension besitzt;
4. weist darauf hin, dass der jüngste Wirtschaftsabschwung, mit dem ein Anstieg der Arbeitslosigkeit und eine Abnahme der Beschäftigungsmöglichkeiten einherging, mehr Menschen dem Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung aussetzt und die Position des bereits benachteiligten Personenkreises zusätzlich schwächt; dies gilt vor allem für einige Mitgliedstaaten, die von Langzeitarbeitslosigkeit oder Nichterwerbstätigkeit betroffen sind;
5. betont, dass Erwerbstätigkeit als wirksamster Schutz gegen die Armut gesehen werden muss und dass daher der finanzielle Vorteil einer Erwerbstätigkeit durch Anreizmaßnahmen zur Förderung der Frauenerwerbstätigkeit und die Festlegung qualitativer Ziele für die angebotenen Stellen aufrechterhalten werden muss;
Soziale Eingliederung
6. ist in dieser Hinsicht der Auffassung, dass Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung unterstützt und ausgedehnt werden müssen, um die Lage der am stärksten von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen – Gelegenheitsarbeiter, Arbeitslose, (meist von Frauen geführte) Einelternhaushalte, ältere Alleinlebende, Frauen, Familien mit mehreren unterhaltsberechtigten Personen, benachteiligte Kinder sowie ethnische Minderheiten, kranke oder behinderte Menschen, Wohnungslose, Opfer von Menschenhandel sowie Opfer von Drogen- und Alkoholabhängigkeit – zu verbessern;
7. hält es für entscheidend, anzuerkennen, dass benachteiligte Menschen, darunter Behinderte, Angehörige ethnischer Minderheiten und Menschen mit Migrationshintergrund, große Schwierigkeiten haben, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden oder ihren Platz dort zu behalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Eingliederung von benachteiligten Menschen zu unterstützen, um soziale Ausgrenzung zu vermeiden bzw. zu bekämpfen, die Ausbildung voranzutreiben und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Fortbildung und beruflichen Aufstieg, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sowie das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung und auf eine angemessene Unterkunft zu fördern und die Nachhaltigkeit der Sozialschutzsysteme sicherzustellen; weist darauf hin, dass mehr vergleichbare Daten erforderlich sind;
8. betont, dass die Bekämpfung von Nachteilen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Verbesserung der Qualifizierung der Arbeitskräfte – ungeachtet ihres Alters und Geschlechts – sowie ethnischer und nationaler Minderheiten wichtige Instrumente sind, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen; hebt ferner hervor, dass es besonders wichtig ist, sich mit diesen Ungleichheiten auseinandersetzen, wenn die Ziele von Lissabon im Hinblick auf Beschäftigung, Arbeitsplatzqualität und soziale Eingliederung erreicht werden sollen;
9. betont in diesem Zusammenhang, dass es im Falle der Roma-Minderheit erstrebenswert ist, jeden erdenklichen Anreiz zu schaffen, um das Interesse der Mitglieder dieser Minderheit für die weitere Ausbildung ihrer Kinder, die Entfaltung der positiven Eigenschaften und Fähigkeiten ihrer Kinder sowie für die Darstellung dieser Eigenschaften und Fähigkeiten in der Öffentlichkeit zu wecken; ist der Auffassung, dass am Beispiel erfolgreicher Roma aufgezeigt werden kann, dass die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit in einer demokratischen Gesellschaft keinen Nachteil darstellt;
10. fordert die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren auszutauschen, um das frühzeitige Verlassen der Bildungssysteme zu verhindern, das Bildungsniveau – insbesondere in Sprachen und neuen Technologien – zu erhöhen, den Übergang von der Schule ins Erwerbsleben zu erleichtern, den Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung für benachteiligte Gruppen zu erhöhen, wobei auch weniger qualifizierte und ältere Arbeitnehmer einzubeziehen sind und das Fundament für den Zugang aller zum lebenslangen Lernen gelegt werden muss; hebt hervor, dass diese Strategien alle beteiligten Parteien, einschließlich der Sozialpartner, aber auch die Zivilgesellschaft und die Bildungsanbieter einbinden sollten;
11. empfiehlt den Mitgliedstaaten, um die Ausgrenzung von Personen über fünfzig zu verringern und deren Verbleib auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern, der Gefahr eines Ausschlusses aus der Arbeitswelt durch den Zugang zu lebensbegleitender Fortbildung vorzubeugen;
12. ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass eine stärkere Einbindung der Arbeitgeber in den Prozess des lebenslangen Lernens in Anbetracht der Tatsache, dass qualifizierte Arbeitskräfte einen Vorteil für den Arbeitgeber darstellen, selbstverständlich sein sollte;
13. weist jedoch darauf hin, dass in einer Reihe von Fällen weder ein ausreichendes Bildungsniveau noch wiederholte Umschulungen eine Garantie für den Erhalt eines Arbeitsplatzes sind; betont daher die Notwendigkeit, gemeinnützige öffentliche Dienstleistungen stärker zu nutzen;
14. hebt hervor, dass in den Neunzigerjahren die Kinderarmut in 14 der 17 Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen[10], zugenommen hat; macht darauf aufmerksam, dass anhaltende Kinderarmut hauptsächlich Einelternfamilien betrifft bzw. Familien mit drei oder mehr unterhaltsberechtigten Kindern, ferner Zuwanderer, Angehörige ethnischer Minderheiten sowie arbeitslose oder unterbeschäftigte Eltern; betont, dass sowohl auf nationaler wie auf EU-Ebene besondere Anstrengungen unternommen werden sollten, um zu verhindern, dass sich Armut von einer Generation auf die nächste vererbt, und dass einschlägige Bemühungen angemessen finanziell auszustatten sind (wie z.B. durch verstärkte Verwendung der Strukturfonds, insbesondere des Europäischen Sozialfonds); betont, dass bei den Indikatoren die Perspektive der Kinder und der allein lebenden Personen zu berücksichtigen ist, obwohl die Kinderarmut bekanntlich nicht verringert werden kann, wenn die Armut der Familien nicht verringert wird und der Zugang aller zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen nicht gewährleistet ist;
15. weist auf die Tatsache hin, dass nach Angaben von Eurostat ein Drittel der Kinder in der Europäischen Union außerehelich geboren wird und sich diese Zahl von Jahr zu Jahr erhöht; ist der Auffassung, dass dieser Trend von der Notwendigkeit zeugt, nach einem wirksamen Mechanismus zu suchen, der das Funktionieren der unterschiedlichen Typen von Familie als Institution unterstützt;
16. ist der Auffassung, dass die für die Kinderbetreuung zuständigen sozialen Dienste eine wichtige Vorbedingung für die Verhütung und Verringerung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung sind, da sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern; betont die Notwendigkeit, allen Kindern einen leichten und gleichberechtigten Zugang zur Bildung zu garantieren; erkennt die wichtige Rolle von Privatpersonen an, um diese Art von Dienstleistungen zu erbringen;
17. fordert die Kommission auf, ein Grünbuch zur Kinderarmut vorzulegen, in dem klare Ziele und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Kinderarmut und Schritte für die soziale Integration armer Kinder formuliert werden;
18. ersucht die Kommission, ihre Arbeiten zur Einführung eines „Paktes für die Kinder“ zu beschleunigen, mit dem Ziel, Fortschritte in Bezug auf die Förderung der Rechte des Kindes im Rahmen der Innen- und Außenpolitik der Europäischen Union zu erreichen;
19. weist auf die Bedürfnisse junger Menschen hin, die Schwierigkeiten mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Eingliederung haben und stärker als andere Gefahr laufen, Opfer der sozialen Ausgrenzung zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, zu gewährleisten, dass als eigenständige Priorität spezielle Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit getroffen werden, und zwar in Form spezieller politischer Maßnahmen und Ausbildungsangebote, indem unter anderem zu Eigeninitiative und der Entwicklung von Unternehmergeist ermutigt wird;
20. ersucht die Mitgliedstaaten, umfassende Strategien zur Förderung der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Entwicklung der entlegenen und unterentwickelten Inselregionen bzw. städtischen und ländlichen Regionen zu entwickeln, um die Probleme von Ausgrenzung und Armut zu bewältigen und zu verhindern, dass diese von Generation zu Generation weitergegeben werden;
21. betont die Notwendigkeit, Frauen stärker in die Beschäftigung einzubeziehen, indem die Hindernisse für den Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt beseitigt und insbesondere ältere Frauen ermutigt werden, länger erwerbstätig zu bleiben;
22. empfiehlt den Mitgliedstaaten, eine Politik des Wachstums und der Frauenerwerbstätigkeit durch die Erleichterung des Zugangs von Frauen zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen und die Förderung der Gleichbehandlung im Bereich des Arbeitsentgelts zu unterstützen;
23. betont, dass die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit nicht nur als notwendiger Schutz gegen das Armutsrisiko, dem vor allem Frauen ausgesetzt sind, sondern auch als Mittel zur Aufrechterhaltung des durch die Überalterung der Bevölkerung bedrohten Gleichgewichts zwischen der Zahl der Erwerbstätigen und der Nichterwerbstätigen gesehen werden muss;
24. fordert die Mitgliedstaaten daher auf, ihre Aufmerksamkeit auf die Beseitigung der Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt zu konzentrieren, wie geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, atypische Arbeitsverhältnisse, Geschlechtertrennung nach Branchen und Berufen, das Lohngefälle und den unterschiedlichen Status von Männern und Frauen sowie die beschränkte Berufung von Frauen in Führungspositionen; ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten persönliche Entscheidungen betreffend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen Betreuungsangeboten für Kinder und andere Anspruchsberechtigte auf diese Weise erleichtern sollten; ist außerdem der Ansicht, dass es sicherzustellen gilt, dass bei allen Maßnahmen und Programmen der Geschlechteraspekt berücksichtigt wird;
25. ersucht die Mitgliedstaaten ferner, Maßnahmen in dem Sinne zu ergreifen, dass sich Unterbrechungen der Berufstätigkeit wegen Mutterschaft und Elternurlaub nicht länger nachteilig auf die Berechnung der Rentenansprüche von Frauen auswirken;
26. fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihrem Kampf gegen die hohen Ausgrenzungsrisiken für ethnische Minderheiten und Migranten neben allgemeinen Maßnahmen auch Sensibilisierungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, um diese Zielgruppen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, die effektive Anwendung der Rechtsvorschriften gegen Menschenhändler und der Antidiskriminierungsvorschriften zu verstärken und die soziale Eingliederung der Betroffenen durch spezifische Bestimmungen und umfassende Programme für spezielle Bildungsangebote zu erleichtern und für menschenwürdige Lebens- und Wohnbedingungen zu sorgen, da dies eine Vorbedingung für die soziale Eingliederung darstellt;
27. fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, mit denen geeignete gesetzliche Grundlagen geschaffen werden sollen, um die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und die Chancengleichheit und vollständige Beteiligung dieser Menschen am Arbeitsmarkt, an der Gesellschaft und der Politik zu fördern, insbesondere einen Vorschlag für eine Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 13 des EU-Vertrags für die noch nicht abgedeckten Bereiche;
28. betont die Notwendigkeit, die Wohnsituation, insbesondere die Zugänglichkeit, für die benachteiligten Gruppen zu verbessern, die besonders von Armut betroffen sind, wie benachteiligte Menschen oder ältere Personen, die nicht für sich selbst sorgen können; fordert, den Wohnungslosen mehr Aufmerksamkeit zu widmen mittels Betreuungsangeboten, der Vermittlung von Kernqualifikationen und der Förderung ihrer sozialen Integration, was staatliche Maßnahmen, vor allem in Bezug auf Wohnung, Gesundheit und Bildung erfordert, um sicherzustellen, dass die Menschen Zugang zu diesen Angeboten haben;
29. ist in diesem Zusammenhang ferner der Auffassung, dass die gesamte europäische Gesellschaft permanent, und dies ab der Grundschule, solche Kernqualifikationen erlernen sollte, deren Vermittlung nicht nur auf die Förderung der Fähigkeit ausgerichtet ist, für sich selbst zu sorgen, sondern auch zur Solidarität gegenüber benachteiligten Personenkreisen erzieht;
30. unterstützt uneingeschränkt die Absicht der Kommission, 2007 zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle zu erklären; ist der Ansicht, dass dies dazu beitragen sollte, die Bedeutung dieses Themas hervorzuheben, den EU-weit erreichten Fortschritt zu bewerten und die Grundlagen für weitere politische Maßnahmen und Initiativen zu schaffen, um die Antidiskriminierungsvorschriften der EU in den Vordergrund zu rücken, die sich gegen mittelbare und unmittelbare Diskriminierung wenden, und die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen einzubeziehen;
31. begrüßt die Erkenntnis, dass die sozial am stärksten benachteiligten Personen im Allgemeinen den ungünstigsten sozioökologischen Bedingungen ausgesetzt sind und dass dies bei der Behandlung der sozialen Ausgrenzung gebührend berücksichtigt werden sollte;
32. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu verklagen, die die auf Artikel 13 des EG-Vertrags basierenden Antidiskriminierungsrichtlinien nicht anwenden oder nicht fristgerecht umgesetzt haben;
33. bekräftigt die Notwendigkeit einer verbesserten und harmonisierten Datenerfassung und der Entwicklung gemeinsamer Indikatoren, die den Alters- und Geschlechtsunterschieden Rechnung tragen, da diese Indikatoren eine wichtige Rolle bei der Überwachung und Bewertung von Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung spielen;
34. ist der Auffassung, dass das Thema soziale Eingliederung durchgängige Berücksichtigung bei der Politikgestaltung finden sollte, und zwar durch systematische vorherige wie nachherige Bewertung auf nationaler wie auf EU-Ebene;
35. betont, dass der Prozess der sozialen Eingliederung auch tatsächlich die Hauptakteure auf lokaler bzw. regionaler Ebene einbeziehen sollte, so die für die soziale Eingliederung zuständigen Behörden, die Sozialpartner, die NRO und die Menschen, die Armut und soziale Ausgrenzung erleben;
36. unterstützt die Absicht der Kommission, der Aufgabe der Armutsbekämpfung besondere Aufmerksamkeit zu widmen, indem man das Europäische Jahr der Bekämpfung von Ausgrenzung und Armut veranstaltet;
Sozialschutz
37. vertritt die Auffassung, dass der rasche Wandel im Zuge der Globalisierung und die breite Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien die Bedrohung durch soziale Risiken erhöht und wirksame soziale Schutzmaßnahmen erfordert, um das Recht aller auf soziale Absicherung zu garantieren;
38. weist darauf hin, dass Sozialversicherungs- und Sozialleistungssysteme oft nur langsam auf flexiblere Formen von Beschäftigung und Selbständigkeit reagieren und keine angemessene Unterstützung bieten und dass sich dies als ein Hindernis für Personen erweisen kann, die eine Beschäftigung aufnehmen; ist daher der Auffassung, dass dies bei der Modernisierung der Systeme berücksichtigt werden sollte;
39. vertritt die Auffassung, dass die gegenwärtigen demografischen Trends – alternde Arbeitskräfte und Abnahme der Erwerbsbevölkerung – mittel- und längerfristig eine Herausforderung für die finanzielle Nachhaltigkeit der Sozialschutzsysteme darstellen;
40. verweist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit, die Entwicklung und Verwirklichung umfassender Strategien des Alterns zu fördern, um Beschäftigte in die Lage zu versetzen, länger erwerbstätig zu bleiben, und Arbeitgeber zu ermuntern, ältere Arbeitskräfte einzustellen bzw. weiterzubeschäftigen;
41. fordert die Kommission dringend auf, Vorschläge zu unterbreiten, um einen geeigneten Rechtsrahmen auszuarbeiten, um die Diskriminierung von Personen aufgrund des Alters zu beseitigen;
42. ist diesbezüglich der Ansicht, dass dem Europäischen Sozialfonds bei der Eingliederung und Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt und genereller bei der sozialen Eingliederung von Schutzbedürftigen bzw. sozial ausgeschlossenen Gruppen eine wichtige Rolle zukommen kann;
43. vertritt die Auffassung, dass mit Blick auf die finanzielle Nachhaltigkeit der Altersversorgungssysteme Wirtschaftswachstum und eine hinlängliche Produktivität ebenso notwendig sind wie hohe Beschäftigungsquoten und die aktive Förderung des lebenslangen Lernens, der Arbeitsplatzqualität und einer gesunden und sicheren Arbeitsumgebung;
44. empfiehlt, dass die Rentensysteme nicht nur ein breites Angebot verschiedener Sozial- und Zusatzversicherungen (gesetzlich und privat) beinhalten, sondern auch ein Höchstmaß an sozialer Gerechtigkeit im Bereich der Renten gewährleisten;
45. ist der Ansicht, dass es gilt, bei Reformen der staatlichen Altersversorgungssysteme einen Anstieg der steuerlichen Gesamtbelastung des Faktors Arbeit zu vermeiden, um negative Auswirkungen auf die Beschäftigung zu verhindern; gleichzeitig gilt es jedoch, das Verhältnis der Steuern auf Arbeit und der Steuern auf andere Einnahmequellen ausgewogen zu gestalten;
46. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre administrativen und institutionellen Kapazitäten zu erhöhen, was auch die Verbesserung der Chancengleichheit beim Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen einschließt, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit und der Langzeitpflege, der sozialen Sicherheit und der sozialen Dienste, aber auch die Beratung in Bezug auf soziale Rechte, spezielle Angebote für Kinder, Transport- bzw. Mobilitätsdienste, Wiedereingliederungsmöglichkeiten mit dem Schwerpunkt Integration in den Arbeitsmarkt sowie Berufsbildungsangebote;
47. erwartet das Dokument der Kommission über Mindesteinkommen als potenziell nützlichen Beitrag zu der Debatte über soziale Eingliederung und sozialen Schutz;
48. begrüßt den Beschluss des Rates zur Anwendung der offenen Koordinierungsmethode im Bereich Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege; weist darauf hin, dass die Gesundheitspflege im Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten ist und bleiben sollte; bekräftigt seine Zustimmung für die drei grundsätzlichen Ziele der Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege - allgemeiner Zugang unabhängig von Einkommen oder Vermögen, hochwertige Qualität und langfristige Finanzierbarkeit;
49. betont, dass besondere Aufmerksamkeit Personen gelten muss, die langfristiger oder kostspieliger Pflege bedürfen, sowie solchen, die besondere Schwierigkeiten mit dem Zugang zur Pflege haben; betont, dass Gesundheitssysteme, um die Gesundheit zu fördern und zu schützen, nicht nur das Versicherungs-, sondern auch das Solidaritätsprinzip berücksichtigen müssen;
50. ist der Auffassung, dass auch diejenigen sozialen Dienste verstärkt werden müssen, die für die Betreuung von abhängigen Personen notwendig sind, d.h. von Menschen, die nicht in der Lage sind, elementare Handlungen des täglichen Lebens selbst auszuführen;
51. stellt fest, dass staatliche Altersversorgungssysteme zwar auch weiterhin einen großen Anteil am Rentnereinkommen ausmachen sollen, die private Vorsorge mittels betrieblicher oder privater Modelle jedoch eine ergänzende Rolle beim Erwerb zusätzlicher Rentenleistungen spielen kann;
52. betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, für die Koordinierung verständlicher Informations- und Überwachungssysteme zu sorgen, die aufzeigen, welche Folgen sich für Einkommen und den Lebensstandard ergeben;
53. betont die Bedeutung einer kontinuierlichen Bewertung der Effizienz von Pensionssystemen im Hinblick auf finanzielle Nachhaltigkeit und die Erreichung sozialer Ziele;
54. fordert den Europäischen Rat auf, zur Straffung und Vereinfachung der offenen Koordinierungsmethode auf dem Frühjahrsgipfel 2006 einen integrierten Rahmen in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung zu beschließen und eine einheitliche Liste gemeinsamer Ziele in den Bereichen soziale Eingliederung, Renten, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege anzunehmen;
55. sieht in der Schaffung eines integrierten Rahmens und einer Straffung der Koordinierung in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung die Möglichkeit, im Rahmen des Lissabon-Prozesses die eigenständige sozioökonomische Bedeutung der sozialen Dimension des Sozialschutzes gegenüber den wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungen zu stärken;
56. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, im Rahmen der offenen Methode im Bereich Sozialschutz und soziale Eingliederung künftig verstärkt auch Fragen der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zu behandeln, wobei besonderes Augenmerk auf den Zugang zur Kinderbetreuung, die Einkommenssituation von Familien und die Beschäftigungsraten von Müttern zu legen ist;
57. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Potenzial der offenen Koordinierungsmethode als Instrument der Politikgestaltung in den Bereichen Beschäftigung, Sozialschutz, soziale Eingliederung, Altersversorgung und Gesundheit optimal zu nutzen;
58. fordert die Mitgliedstaaten – besonders die neuen Mitgliedstaaten – auf, ihre Altersversorgungssysteme zu revidieren und dabei der wesentlich kürzeren mittleren Lebenserwartung von Männern und den erheblichen Unterschieden beim Arbeitsentgelt von Männern und Frauen Rechnung zu tragen, die sich in der Höhe der Renten von verwitweten Rentnerinnen und Rentnern niederschlagen, sodass diese häufig unterhalb der Armutsgrenze leben müssen;
59. betont, dass die Weiterentwicklung und Bewahrung der sozialen Sicherungssysteme in engem Zusammenhang mit den Lissabon-Zielen steht und einen wichtigen Beitrag zu mehr Beschäftigung und Wachstum, zu größerer Solidarität und zur besseren sozialen Eingliederung leisten kann;
60. bekräftigt seine Überzeugung, dass seine Rolle bei der Anwendung der offenen Koordinierungsmethode – in seiner Eigenschaft als das Organ, das die Bürger Europas direkt vertritt – geklärt und verstärkt werden muss, damit der Prozess demokratische Legitimität erhält;
61. fordert den Rat und die Kommission auf, Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über eine interinstitutionelle Vereinbarung aufzunehmen, in der die Regeln für die Auswahl der Politikbereiche festgelegt werden, in denen die offene Koordinierungsmethode zur Anwendung kommt, und eine kohärente Anwendung der Methode mit der uneingeschränkten und gleichberechtigten Mitwirkung des Europäischen Parlaments vorgesehen wird;
62. unterstreicht, dass eine derartige interinstitutionelle Vereinbarung Regeln für die Mitwirkung des Europäischen Parlaments an der Aufstellung von Zielvorgaben und Indikatoren sowie den Zugang zu Dokumenten, die Teilnahme an Sitzungen, die Beobachtung und Überprüfung der Fortschritte, die Information über Berichte und bewährte Verfahren sowie ein Verfahren für die Weiterentwicklung der offenen Koordinierungsmethode zur Gemeinschaftsmethode beinhalten muss;
°
° °
63. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss für Sozialschutz, den Mitgliedstaaten und den Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Beitrittsländern und den Kandidatenländern zu übermitteln.
- [1] ABl. C 320E vom 15.12.2005, S. 164.
- [2] ABl. L 205 vom 6.8.2005, S. 21.
- [3] ABl. L 10 vom 12.1.2002, S.1.
- [4] ABl. C 261E vom 30.10.2003, S. 136.
- [5] ABl. C 68E vom 18.3.2004, S. 604-605.
- [6] ABl. C 77E vom 26.3.2004, S. 251.
- [7] angenommene Texte, P6_TA(2005)0152.
- [8] angenommene Texte, P6_TA(2005)0210.
- [9] angenommene Texte, P6_TA(2005)0244.
- [10] UNICEF Report Card Nr. 6 Child Poverty in Rich Countries 2005.
BEGRÜNDUNG
I. Hintergrund und Überblick
Die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist eine strategische Priorität der Europäischen Union, seit der Europäische Rat von Lissabon die offene Koordinierungsmethode im Bereich der sozialen Eingliederung (OKM) angenommen hat. Die Europäische Union will Armut und soziale Ausgrenzung bis 2010 beseitigen. Die OKM basiert auf einem Katalog gemeinsamer Ziele, die von den Mitgliedstaaten mittels zweijähriger nationaler Aktionspläne (NAP) umzusetzen sind. Ab 2006 wird die OKM/soziale Eingliederung in einem moderneren Rahmen weiterentwickelt, der die Renten und möglicherweise auch das Gesundheitswesen umfasst.
Das Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung 2002-2006, das mit zunächst 75 Millionen Euro dotiert ist, soll Unterstützung für eine Zusammenarbeit bieten, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, Effektivität und Effizienz der Maßnahmen gegen soziale Ausgrenzung zu erhöhen.
Der gemeinsame Bericht der Europäischen Kommission vom 27. Januar 2005[1] zeigt, dass sich die Mitgliedstaaten verstärkt darum bemühen, die Armut zu bekämpfen und sicherzustellen, dass die Altersversorgungssysteme den Rentnerinnen und Rentnern auch weiterhin ein angemessenes Einkommen bieten können. Nach Ansicht der Kommission konzentrieren sich die Mitgliedstaaten klarer auf Schlüsselthemen wie die Beseitigung von Kinderarmut, Verbesserung der Wohnbedingungen und die Qualifizierung von Schulabgängern.
Alles in allem stellt der Bericht fest, dass im Jahr 2002 mehr als 68 Millionen Menschen, also 15% der EU-Bevölkerung, dem Armutsrisiko ausgesetzt waren (d.h., ihr Einkommen betrug weniger als 60 Prozent des nationalen Durchschnittseinkommens), wobei Arbeitslose, Wohungslose und Frauen (Alleinerziehende und ältere Alleinstehende) gewöhnlich am stärksten gefährdet sind. Der Anteil der von Armut bedrohten Menschen reicht von 10% oder darunter in der Tschechischen Republik, Schweden, Dänemark, Ungarn und Slowenien bis zu 20% oder mehr in Irland, der Slowakischen Republik, Griechenland und Portugal.
Die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission haben eine Reihe von schwerwiegenden Risikofaktoren identifiziert, die die Wahrscheinlichkeit, in die Armutsfalle zu geraten, erhöhen:
· Langzeitarbeitslosigkeit,
· unqualifizierte Beschäftigung,
· geringe Qualifizierung und Schulabbruch,
· Aufwachsen in einer von sozialer Ausgrenzung bedrohten Familie, Behinderung,
· schlechter Gesundheitszustand, Drogenmissbrauch und Alkoholismus,
· Leben in mehrfach benachteiligten Gebieten, Wohnungslosigkeit und unzureichende Wohnverhältnisse,
· Einwanderung, ethnischer Hintergrund und Gefahr von Rassendiskriminierung.
Das bedeutet, dass nicht in erster Linie persönliches Versagen in die Armutsfalle führt.
II. Politische Prioritäten
Der Bericht befasst sich mit den Fortschritten der Mitgliedstaaten bei der Erreichung der vom Europäischen Rat im Jahr 2000 vereinbarten Ziele. Auf seiner Grundlage sollen wichtige Erfolge bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Beseitigung der Armut bis 2010 erzielt werden; außerdem sollen die Mitgliedstaaten bei der Reform ihrer sozialen Sicherungssysteme unterstützt werden, um deren Angemessenheit und Nachhaltigkeit auch in Zukunft sicherzustellen.
Die Kommission betont, dass die Modernisierung der Wirtschaft Hand in Hand gehen sollte mit den Anstrengungen zur Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, sich in den nächsten zwei Jahren auf folgende sieben Prioritäten zu konzentrieren:
· Förderung von Investitionen in aktive und maßgeschneiderte Beschäftigungsmaßnahmen, um den Personen mit den größten Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gerecht zu werden,
· Modernisierung der Sozialschutzsysteme,
· Verbesserung des Zugangs der am stärksten gefährdeten und vom Risiko der sozialen Ausgrenzung am meisten betroffenen Menschen zu menschenwürdigen Wohnverhältnissen, hochwertigen Gesundheitsdiensten und lebenslangen Lernangeboten; konkrete gemeinsame Anstrengungen, um Schulabbruch zu verhindern und einen reibungslosen Übergang von der Schule ins Erwerbsleben zu fördern,
· Verbesserung des Zugangs zu Qualitätsdienstleistungen,
· verstärkte Bemühungen, Kinderarmut zu beseitigen, um mit diesem wichtigen Schritt die Vererbung von Armut zu beenden,
· Abbau von Bildungsnachteilen,
· Maßnahmen zur Verringerung der Armut und der sozialen Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund und ethnischen Minderheiten.
Die Mitgliedstaaten verpflichten sich daher zu folgenden Maßnahmen:
· Verlängerung der Lebensarbeitszeiten und Hebung des Beschäftigungsniveaus als treibende Kräfte für die Modernisierung des Sozialschutzes,
· stärkere Konzentration auf die Umsetzung und die Synergien im Zusammenhang mit der für nächstes Jahr geplanten Ausweitung des Sozialschutzes und der sozialen Eingliederung auf das Gesundheitswesen,
· weitere vorrangige Berücksichtigung vielseitiger Ansätze und Strategien; zu den Prioritäten zählen dabei die Verhinderung von Kinderarmut, die Förderung der Pflegekapazitäten von Familien, die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Benachteiligungen, die Beseitigung der Wohnungslosigkeit und das Aufzeigen neuer Wege für die Eingliederung von ethnischen Minderheiten und Menschen mit Migrationshintergrund,
· Nachdenken über eine Steigerung der Effizienz nationaler Strategien,
· Wiedereingliederung von Menschen in den Arbeitsmarkt und Aufrechterhaltung von Beschäftigungsverhältnissen,
· mit Blick auf die Altersversorgung: Weiterbeschäftigung älterer Arbeitskräfte.
III. Das Engagement der Mitgliedstaaten
Die Mitgliedstaaten bekämpfen soziale Ausgrenzung und Armut auf unterschiedliche Weise[2]. Irland, Dänemark und das VK unternehmen beispielsweise eine Menge gegen Kinderarmut. Die Kommission hebt hervor, wie wichtig die Beseitigung der Kinderarmut ist, um zu verhindern, dass Armut auf die nachfolgenden Generationen vererbt wird. Das VK hat eine der höchsten Raten von Kinderarmut, vor allem wegen der großen Zahl von Einelternhaushalten.
In einigen Ländern, wie Belgien, dem VK und der Tschechischen Republik, ist die Zahl der Haushalte sehr hoch, in denen niemand eine Beschäftigung hat, weshalb die Betroffenen auf Sozialleistungen angewiesen sind.
In den Niederlanden zum Beispiel liegt der Schwerpunkt der Armutsbekämpfung darin, mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. Die Kommission begrüßt dies, weist jedoch darauf hin, dass auch Menschen mit Beschäftigung unter Armut leiden können.
Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnsituation gewinnen an Bedeutung, beispielsweise in Frankreich, den baltischen Staaten und in den mittel- und osteuropäischen Ländern. In einigen neuen Mitgliedstaaten ist der Wohnungsbestand alt und unzureichend. Die Kommission dringt auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit in der gesamten EU.
Die Bekämpfung von Bildungsnachteilen ist ebenfalls ein EU-weites Anliegen. Polen, Malta und Spanien sind drei Länder mit hohen Schulabbrecherquoten. Die neuen Mitgliedstaaten weisen im Allgemeinen einen guten Stand bei der Grundbildung auf, haben aber Lücken bei der tertiären Bildung und dem lebenslangen Lernen (z.B. Qualifizierung und Requalifizierung).
Ganz allgemein sollte den neuen Mitgliedstaaten besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch wenn Fortschritte zu verzeichnen sind, sind verstärkte Anstrengungen erforderlich. Bessere und präzisere Prioritäten und Ziele müssen gesetzt, die Sozialschutzsysteme weiter modernisiert werden; die Vernetzung mit den übergeordneten nationalen wirtschafts- und haushaltspolitischen Maßnahmen ist zu stärken.
Das durchschnittliche Armutsrisiko in der EU-10 (15%) ist praktisch dasselbe wie für die EU-25. Gleichzeitig schwankt die Zahl innerhalb der EU-10 heftig, von 8% in der Tschechischen Republik bis 21% in der Slowakei.
Einige Merkmale gilt es hervorzuheben:
· Armut und materielle Deprivation sowie Leben am Rand des Existenzminimums sind in der EU-10 wegen des deutlich niedrigeren Durchschnittseinkommens weit verbreitet,
· Langzeitarbeitslosigkeit ist ein großes Problem, vor allem in Polen, der Slowakei und den baltischen Staaten,
· das negative natürliche Bevölkerungswachstum ist ebenfalls ein großes Problem,
· schlechte Wohnverhältnisse und unzureichende Gesundheitsversorgung sind weit verbreitet.
Abgesehen von Slowenien liegt das Niveau für Ausgaben im Sozialschutzbereich, gemessen am BIP, in den neuen Mitgliedstaaten signifikant unter dem EU-Durchschnitt. In ihrem Bericht über die soziale Eingliederung in den 10 neuen Mitgliedstaaten[3] nennt die Kommission sechs Herausforderungen, denen sich die EU-10-Staaten in den nächsten zwei Jahren stellen müssen:
· Ausweitung der aktiven Arbeitsmarktpolitik und Entwicklung kohärenter und umfassender Strategien des lebenslangen Lernens zur Verbesserung der Integration in den Arbeitsmarkt,
· Sicherstellung eines ausreichenden Versicherungsschutzes und entsprechender Leistungen der Sozialschutzsysteme, um allen ein menschenwürdiges Mindesteinkommen zu garantieren,
· Stärkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinder- und Familienarmut und zum Schutz der Kinderrechte,
· Verbesserung des Zugangs zu menschenwürdigen Wohnungen und Bekämpfung der Wohnungslosigkeit,
· mehr und wirksamere Investitionen zur Verbesserung der Qualität der wichtigsten öffentlichen Dienste und des Zugang zu ihnen (vor allem Gesundheits- und Sozialdienste, ferner allgemeine und berufliche Bildung sowie Verkehr),
· weitere Anstrengungen zur Überwindung der überaus weit reichenden Ausgrenzung und Diskriminierung einiger ethnischer Gruppen, vor allem Roma, sowie von Menschen mit Behinderungen.
IV. Wichtige politische Herausforderungen
Zu guter Letzt halten wir lebenslanges Lernen, die technologische Kluft und regionale Ungleichheiten für die drei wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen.
Lebenslanges Lernen
Investitionen in Wissen müssen in den Mitgliedstaaten ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt werden. Lebenslanges Lernen kann ein sehr starkes Instrument zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, aber auch ein wesentlicher Faktor für die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und der Demokratie sein. Es darf im Hinblick auf das lebenslange Lernen und den Zugang zur Fortbildung nicht zu Diskriminierungen kommen, um allen die Chance eines Neuanfangs einzuräumen. Die Schere zwischen anspruchsvollen Arbeitsplätzen und Billigjobs öffnet sich weiter, wobei Frauen und Zuwanderer hauptsächlich auf den unteren Rängen der Lohnskala zu finden sind. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um den gleichen Zugang zum lebenslangen Lernen sicherzustellen; außerdem müssen Menschen mit Behinderungen gezielt gefördert werden.
Technologische Kluft
Gesellschaftliche Veränderungen können für besonders gefährdete Gruppen neue Risiken im Hinblick auf Armut und soziale Ausgrenzung bergen, wenn keine geeigneten Gegenmaßnahmen entwickelt werden. Diese Veränderungen beziehen sich sowohl auf Arbeitsmarktreformen im Zuge der Globalisierung als auch auf das rasante Wachstum der wissensbasierten Gesellschaft sowie der Informations- und Kommunikationstechnologien.
Regionale Ungleichheiten
Die Chancen der sozialen Eingliederung sind insbesondere bei Kindern und Jugendlichen räumlich höchst ungleich verteilt. Vor- wie Nachteile wirken kumulierend. So sind Gebiete, in denen Kinder in armen und benachteiligten Haushalten aufwachsen, meist auch solche, in denen die Schulen von schlechterer Qualität und weit entfernt sind. Auch die Transportmöglichkeiten sind unzureichend, was negative Auswirkungen auf die menschlichen Ressourcen und das regionale Entwicklungspotenzial hat. Diese Kumulierungseffekte entstehen teilweise von allein, sie können sich jedoch durch staatliche Maßnahmen noch gravierend verstärken.
- [1] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Entwurf des gemeinsamen Berichts über Sozialschutz und soziale Eingliederung (KOM(2005)0014).
- [2] Gemeinsamer Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung, Technischer Anhang (SEK(2005)0069).
- [3] Bericht über soziale Eingliederung 2005 - Eine Analyse der nationalen Aktionspläne zur sozialen Eingliederung in den 10 neuen Mitgliedstaaten 2004-2006.
STELLUNGNAHME des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (24.1.2006)
für den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten
zu Sozialschutz und sozialer Eingliederung
(2005/2097(INI))
Verfasserin der Stellungnahme: Věra Flasarová
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ersucht den federführenden Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes auf der Tagung des Europäischen Rates vom 19. und 20. Juni 2000 in Santa Maria da Feira, insbesondere der Vereinbarung, dass Indikatoren als gemeinsame Bezugswerte bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Beseitigung der Armut festgelegt werden sollten,
A. in der Erwägung, dass statistischen Angaben der OECD zufolge der Altersdurchschnitt der Bevölkerung der dieser Organisation angehörenden Staaten steigt - gegenwärtig entfallen auf 100 Beschäftigte 38 Rentner - und sich dieses Verhältnis bei einer unveränderten Beschäftigungspolitik bis zum Jahr 2050 noch verschlechtern könnte, so dass dann bis zu 70 Rentner auf 100 Beschäftigte entfallen würden,
B. in der Erwägung, dass es im Jahresbericht 2005 des UN-Bevölkerungsfonds unter anderem heißt, dass die Bemühungen zur Bekämpfung der Armut im Weltmaßstab nicht erfolgreich sein werden, wenn nicht rasch Maßnahmen gegen die Ungleichbehandlung aufgrund des Genders, die Banalisierung der sexuellen Gewalt gegen Frauen und die Straffreiheit für die Täter getroffen werden,
C. in der Erwägung, dass die Bekämpfung der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen auch weiterhin eine Priorität in den Sozialpolitiken der Europäischen Union darstellen muss,
D. in der Erwägung, dass in den Mitgliedstaaten der Prozentsatz der von sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen und Risikogruppen, deren Bedingungen für eine Eingliederung in die Gesellschaft im Allgemeinen schlechter sind als die anderer Bevölkerungsgruppen, zunimmt,
E. in der Erwägung, dass die Frauen in den politischen Beschlussfassungsgremien EU-weit unterrepräsentiert sind und dass in einigen Mitgliedstaaten und Beitrittsländern der Anteil der Parlamentarierinnen unter dem weltweiten Durchschnitt von 15,6 % liegt,
1. empfiehlt die systematische Anwendung des Grundsatzes des Gender Mainstreaming (Berücksichtigung der Gleichstellungsproblematik in allen Politiken) bei der Umsetzung der Prioritäten in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung;
2. betont, dass die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit nicht nur als notwendiger Schutz gegen das Armutsrisiko, dem vor allem Frauen ausgesetzt sind, sondern auch als Mittel zur Aufrechterhaltung des durch die Überalterung der Bevölkerung bedrohten Gleichgewichts zwischen der Zahl der Erwerbstätigen und der Nichterwerbstätigen gesehen werden muss;
3. bekräftigt die Notwendigkeit, nicht nur vergleichbare, zuverlässige und nach Möglichkeit nach Alter und Geschlecht aufgeschlüsselte Daten und Statistiken über die Armut und die soziale Ausgrenzung, insbesondere diejenige, die die benachteiligten Bevölkerungsgruppen trifft, sowie über die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern zu sammeln, sondern auch zu analysieren; empfiehlt, den Bewertungen, die das künftige Institut für Gleichstellungsfragen auf der Grundlage dieser Daten und Statistiken vornehmen könnte, erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken;
4. empfiehlt den Mitgliedstaaten, eine Politik des Wachstums und der Frauenerwerbstätigkeit durch die Erleichterung des Zugangs von Frauen zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen und die Förderung der Gleichbehandlung im Bereich des Arbeitsentgelts zu unterstützen;
5. appelliert an die Mitgliedstaaten und die Kommission, Maßnahmen zur Beseitigung der Kinderarmut einzuleiten, um zu verhindern, dass Armut an die nächste Generation weitergegeben wird, und die Kinderrechte einschließlich des Rechts auf Ausbildung und angemessene Gesundheitsversorgung zu fördern; weist mit Nachdruck darauf hin, dass Kinder aus Einelternfamilien oder Kinder, deren Eltern nicht erwerbstätig bzw. arbeitslos sind, sowie Kinder, die zahlreiche Geschwister haben, besonders gefährdet sind und dass daher die Mitgliedstaaten aufzufordern sind, Strategien zur Abschaffung der sozialen Ausgrenzung, der Kinder ausgesetzt sind, zu entwickeln;
6. weist auf die Tatsache hin, dass nach Angaben von Eurostat ein Drittel der Kinder in der Europäischen Union außerehelich geboren wird und diese Zahl von Jahr zu Jahr zunimmt; ist der Auffassung, dass dieser Trend von der Notwendigkeit der Suche nach einem wirksamen Mechanismus zeugt, der das Funktionieren der unterschiedlichen Typen von Familie als Institution unterstützt;
7. weist darauf hin, dass das Armutsrisiko für Arbeitslose, Alleinerziehende (in der Mehrheit Frauen), allein lebende ältere Menschen (ebenfalls speziell Frauen) und Familien mit mehreren pflegebedürftigen Angehörigen erheblich höher ist; betont, dass für Kinder, die in Armut aufwachsen, die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass sie weniger gesund sind, in der Schule schlechter abschneiden und mehr als andere Gefahr laufen, arbeitslos zu werden;
8. empfiehlt den Mitgliedstaaten, eine konsequente Beschäftigungspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, die Flexibilität zu unterstützen, die Qualität der Beschäftigung aufrechtzuerhalten und die Achtung der Kriterien für die Gleichstellung von Frauen und Männern bei Einstellungen, beim Zugang zu Fortbildungsmaßnahmen und bei Beförderungen zu gewährleisten;
9. fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer Sozial- und Wirtschaftspolitik spezielle Maßnahmen zu ergreifen, um die soziale Eingliederung von benachteiligten Personen einschließlich Einelternfamilien, kinderreicher Familien, Behinderter, ethnischer Minderheiten und Einwanderern zu fördern, wobei diese Maßnahmen insbesondere die Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung, die Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung, Fortbildung und beruflichem Aufstieg, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben und das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung und auf eine angemessene Unterkunft umfassen sollten;
10. fordert die Kommission auf, Folgemaßnahmen zu der Empfehlung aus dem Jahre 1992 über ein garantiertes Mindesteinkommen zu ergreifen, das von den sozialen Sicherungssystemen der Mitgliedstaaten im Rahmen einer Gesamtpolitik zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Eingliederung der Empfänger der betreffenden Leistung zu gewähren ist;
11. betont, dass die Beschäftigung als wirksamster Schutz gegen die Armut gesehen werden muss und dass daher der finanzielle Vorteil der Arbeit durch Anreizmaßnahmen zur Förderung der Frauenerwerbstätigkeit und die Festlegung qualitativer Ziele für die angebotenen Stellen aufrechterhalten werden muss;
12. weist darauf hin, dass zur Sicherung der künftigen Finanzierung der Sozialschutzsysteme einschließlich Renten die höhere Lebenserwartung einerseits mit Strategien zur Förderung des aktiven Alterns der Arbeitnehmer und andererseits mit einer Verbesserung der Lebensqualität für alle einhergehen sollte, die ihren Ausdruck u.a. in einer Anpassung des Arbeitsrhythmus und der Arbeitsqualität, einem gleichberechtigten Zugang zu den Dienstleistungen, insbesondere der Gesundheitsversorgung und der sozialen Sicherheit, sowie zur Bildung und zur beruflichen Ausbildung finden würde;
13. empfiehlt den Mitgliedstaaten, um die Situationen der Ausgrenzung der über Fünfzigjährigen zu verringern und deren Verbleib auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern, der Gefahr eines Ausschlusses aus der Arbeitswelt durch die Schaffung eines Zugangs zu lebensbegleitender Fortbildung vorzubeugen;
14. empfiehlt, dass die Rentensysteme nicht nur ein breites Angebot verschiedener Sozial- und Zusatzversicherungen (gesetzlich und privat) beinhalten, sondern auch ein Höchstmaß an sozialer Gerechtigkeit im Bereich der Renten gewährleisten;
15. bekräftigt, wie wichtig es ist, alle betreffenden Akteure auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, die Sozialpartner, nichtstaatliche Organisationen und die Zivilgesellschaft am Prozess der sozialen Eingliederung zu beteiligen, und ermutigt die Mitgliedstaaten, die durch das Verfahren der offenen Koordinierungsmethode in diesem Bereich gebotenen Möglichkeiten auszuschöpfen;
16. unterstreicht ferner, dass die Jugendlichen aufgrund der Schwierigkeiten, vor die sie sich beim Übergang von der Schule zur Arbeitswelt gestellt sehen, der Gefahr der sozialen Ausgrenzung in besonderem Maße ausgesetzt sind; empfiehlt daher den Mitgliedstaaten, Maßnahmen auszuarbeiten, die sich speziell an die Jugendlichen richten, insbesondere diejenigen, die Probleme beim Übergang von der Ausbildung ins Erwerbsleben haben, diejenigen, die außerhalb des Bildungswesens stehen, und diejenigen, die über keine Ausbildung verfügen;
17. verweist darauf, dass die Umsetzung einer aktiven Sozialpolitik und die Erhaltung des Sozialstaats zu den Grundzielen gehören, die die Europäische Union im Kontext der Globalisierung und des weltweiten wirtschaftlichen Wettbewerbs verfolgen muss;
18. empfiehlt den Mitgliedstaaten, Anstrengungen zu unternehmen, um die Einrichtung eines sozialen Auffangdienstes zu gewährleisten, der als Anlauf-, Informations- und Beratungsstelle für Menschen in großer Not fungieren und Unterkunftsmöglichkeiten anbieten könnte;
19. schlägt vor, sich eingehender mit den Fragen der sozialen Eingliederung zu befassen, vor allem der Eingliederung von Zuwanderern, die aus anderen Kulturkreisen der Welt stammen und deren kulturelle Werte und Traditionen in mancher Hinsicht nicht den in den EU-Staaten vorherrschenden Vorstellungen entsprechen; weist darauf hin, dass infolge dieser Unterschiede Reibungspunkte und Missverständnisse entstehen können, die die soziale Eingliederung gerade dieser Bevölkerungsgruppen erschweren, was, wie die aktuellen Ereignisse in Europa zeigen, insbesondere für die jüngere Generation gilt.
VERFAHREN
Titel |
Sozialschutz und soziale Eingliederung | |||||
Verfahrensnummer |
||||||
Federführender Ausschuss |
EMPL | |||||
Stellungnahme von |
FEMM | |||||
Verstärkte Zusammenarbeit |
nein | |||||
Verfasserin der Stellungnahme |
Věra Flasarová | |||||
Prüfung im Ausschuss |
28.11.2005 |
24.1.2006 |
|
|
| |
Datum der Annahme der Vorschläge |
24.1.2006 | |||||
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
19 0 0 | ||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Edit Bauer, Věra Flasarová, Claire Gibault, Lissy Gröner, Zita Gurmai, Piia-Noora Kauppi, Urszula Krupa, Pia Elda Locatelli, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Teresa Riera Madurell, Raül Romeva i Rueda, Amalia Sartori, Anna Záborská | |||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(-innen) |
Mary Honeyball, Christa Klaß, Zita Pleštinská, Zuzana Roithová, Heide Rühle, Bernadette Vergnaud | |||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
| |||||
VERFAHREN
Titel |
Sozialschutz und soziale Eingliederung | ||||||||||
Verfahrensnummer |
|||||||||||
Grundlage in der Geschäftsordnung |
Art. 45 | ||||||||||
Federführender Ausschuss |
EMPL | ||||||||||
Mitberatender Ausschuss |
FEMM |
|
|
|
| ||||||
Berichterstatterin |
Edit Bauer |
| |||||||||
Prüfung im Ausschuss |
22.11.2005 |
25.1.2006 |
|
|
| ||||||
Datum der Annahme |
26.1.2006 | ||||||||||
Ergebnis der Schlussabstimmung |
Ja-Stimmen: Nein-Stimmen: Enthaltungen: |
40 0 1 | |||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Jan Andersson, Roselyne Bachelot-Narquin, Emine Bozkurt, Iles Braghetto, Philip Bushill-Matthews, Milan Cabrnoch, Derek Roland Clark, Luigi Cocilovo, Jean Louis Cottigny, Harlem Désir, Harald Ettl, Richard Falbr, Carlo Fatuzzo, Joel Hasse Ferreira, Roger Helmer, Stephen Hughes, Karin Jöns, Jan Jerzy Kułakowski, Sepp Kusstatscher, Jean Lambert, Bernard Lehideux, Elizabeth Lynne, Thomas Mann, Ana Mato Adrover, Maria Matsouka, Ria Oomen-Ruijten, Csaba Őry, Siiri Oviir, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Pier Antonio Panzeri, Jacek Protasiewicz, José Albino Silva Peneda, Kathy Sinnott, Gabriele Zimmer | ||||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Edit Bauer, Lasse Lehtinen, Jamila Madeira, Marianne Mikko, Leopold Józef Rutowicz, Elisabeth Schroedter, Patrizia Toia, Tadeusz Zwiefka | ||||||||||
Datum der Einreichung – A6 |
8.2.2006 |
A6-0028/2006 | |||||||||