BERICHT über die Umsetzung, die Folgen und die Auswirkungen der geltenden Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt
23.3.2006 - (2004/2224(INI))
Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz
Berichterstatterin: Arlene McCarthy
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu der Umsetzung, den Folgen und den Auswirkungen der geltenden Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 5. Juni 2005 über Folgenabschätzung (KOM(2002)0276),
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 5. Juni 2002 über den Aktionsplan „Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds“ (KOM(2002)0278),
– unter Hinweis auf die am 16. Dezember 2003 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission geschlossene Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung[1],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. April 2004 zu den Auswirkungen der gemeinschaftlichen Rechtsetzung und der Konsultationsverfahren,[2]
– in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Tagung des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ vom 25. und 26. November 2004,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 16. März 2005 „Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union“(KOM(2005)0097),
– in Kenntnis des Berichts der Kommission vom 21. März 2005 „Bessere Rechtsetzung 2004“ (KOM(2005)0098),
– in Kenntnis der Leitlinien der Europäischen Kommission vom 15. Juni 2005 zur Folgenabschätzung und der dazugehörigen Anlagen (SEK(2005)791),
– in Kenntnis der Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 28. September 2005 zu einer besseren Umsetzung der Rechtsvorschriften der EU und einer besseren Regulierung,
– in Kenntnis des 2005 veröffentlichten zweiten Berichts der Kommission über die Umsetzung der Binnenmarktstrategie 2003-2006,
– in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 19. Oktober 2005 „Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Eine Strategie zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds“ (KOM(2005)0535),
– unter Hinweis auf die am 22. und 23. März 2005 vorgenommene Neubelebung der Lissabon-Strategie,
– in Kenntnis der Binnenmarktanzeiger,
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und der Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A6–0083/2005),
A. in der Erwägung, dass sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission in der am 16. Dezember 2003 abgeschlossenen Interinstitutionellen Vereinbarung auf die Agenda für eine bessere Rechtsetzung verpflichtet haben,
B. in der Erwägung, dass die Kommission in der neu belebten Strategie von Lissabon eine bessere Rechtsetzung zu einem zentralen Thema der Bemühungen um die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Erzielung von Wachstum in der Europäischen Union macht,
C. in der Erwägung, dass Deregulierung und eine Verringerung des bürokratischen Aufwands aufgrund von Rechtsvorschriften der EU wichtige Vorbedingungen für die Verwirklichung der Zielvorgaben von Lissabon sind,
D. in der Erwägung, dass eine verbesserte europäische Rechtsetzung zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Weltwirtschaft, zu fairen Wettbewerbsbedingungen zwischen den Unternehmen, zur Stimulierung des Wachstums und zur Verstärkung des sozialen Zusammenhalts führen muss,
E. in der Erwägung, dass die Verfolgung des Ziels einer besseren Rechtsetzung nicht dazu führen darf, dass die Standards auf dem Gebiet des Umweltschutzes, der sozialen Absicherung oder des Schutzes der Verbraucher untergraben werden,
F. in der Erwägung, dass Bürger und Unternehmen Nutzen aus guten, klaren und einfachen Rechtsvorschriften im Bereich des Binnenmarkts, die die Umsetzung und Inkraftsetzung erleichtern, ziehen werden,
G. in der Erwägung, dass die betroffenen Akteure ihre Besorgnisse über Schwierigkeiten geäußert haben, mit denen sie aufgrund von unklaren und unvollständigen Begriffen, Definitionen oder Bestimmungen in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft konfrontiert waren,
H. in der Erwägung, dass Probleme bei Umsetzung und Durchführung oft auf mangelhaft verfasste Legislativtexte zurückzuführen sind; ferner in der Erwägung, dass den europäischen Rechtsetzungsbehörden hierbei eine wichtige Verantwortung zukommt und dass sie deshalb bei Verhandlungen von komplizierten und undeutlichen Kompromissen absehen müssen,
I. in der Erwägung, dass Zweideutigkeiten in den Texten zu Rechtsunsicherheiten und ‑abweichungen bei der Umsetzung von Texten in nationales Recht führen, weshalb es zu Wettbewerbsverzerrungen und einer Zersplitterung des Binnenmarkes kommen kann,
J. in der Erwägung, dass die aufeinander folgenden Berichte über den Binnenmarktanzeiger darauf hindeuten, dass Umsetzung und Durchführung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft ungeachtet von Verbesserungen in einigen Mitgliedstaaten weiterhin ein Problem darstellen,
K. in der Erwägung, dass auf der Agenda zur besseren Rechtsetzung die Durchführung und Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften Vorrang erhalten müssen, um Abweichungen zu vermeiden, die die Wettbewerbsfähigkeit Europas, die Rechte von Arbeitnehmern und Verbrauchern, die organisatorische Gestaltung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und die Fähigkeit von Verbrauchern und Unternehmen untergraben, die Vorteile des Binnenmarktes voll auszuschöpfen,
L. in der Erwägung, dass die Binnenmarktanzeiger immer wieder verdeutlicht haben, dass die Umsetzung von Rechtsvorschriften in mehreren Mitgliedstaaten weiterhin ein ernsthaftes Problem darstellt,
M. in der Erwägung, dass eine bessere Rechtsetzung sowohl Ex-ante- als auch Ex-post-Folgenabschätzungen erforderlich macht, um zu prüfen, ob die Zielvorgaben verwirklicht werden können bzw. verwirklicht worden sind,
N. in der Erwägung, dass Parlament, Rat und Kommission die Notwendigkeit anerkannt haben, in geeigneten Fällen und dann, wenn im EG-Vertrag der Einsatz eines Rechtsakts nicht spezifisch vorgeschrieben wird, auf alternative Regulierungsmechanismen zurückzugreifen,
O. in der Erwägung, dass solche Mechanismen gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung nicht anwendbar sind, wenn es um Grundrechte oder wichtige politische Optionen geht oder wenn die Vorschriften einheitlich in sämtlichen Mitgliedstaaten angewandt werden müssen,
P. in der Erwägung, dass kein formeller Mechanismus vorhanden ist, um das Parlament über Alternativen zum Erlass von Rechtsvorschriften zu unterrichten, ehe deren Einsatz vorgeschlagen wird, oder das Parlament zu den Maßnahmen zu konsultieren, die im Wege einer alternativen Regulierung getroffen werden, und dass dieses Fehlen von Kontrollen und Gleichgewichten die demokratischen Vorrechte des Parlaments unterläuft,
Q. in der Erwägung, dass alle drei Organe unbedingt Ressourcen und Personal mobilisieren sollten, um Arbeitsgruppen zur besseren Rechtsetzung ins Leben zu rufen,
1. betont die Notwendigkeit eines gemeinsamen Ansatzes im Hinblick auf eine bessere Rechtsetzung, der sich auf zentrale Regulierungsgrundsätze stützt, zu denen insbesondere Verhältnismäßigkeit, Rechenschaftspflicht, Kohärenz, Transparenz und Zielgerichtetheit gehören; unterstreicht, dass dieser Ansatz nicht die Rechte der Sozialpartner ignorieren darf und die Grundsätze der partizipatorischen Demokratie respektieren muss;
2. unterstreicht die Notwendigkeit, dass das Parlament, der Rat und die Kommission Arbeitsgruppen zur besseren Rechtsetzung einsetzen und eine interinstitutionelle Arbeitsgruppe ins Leben rufen, die die Ausbildung, die einschlägigen Fertigkeiten und die Qualitätskontrolle weiterentwickeln und dafür sorgen soll, dass optimale Praktiken auf dem Gebiet einer besseren Rechtsetzung verbreitet und als Leistungsvergleiche festgelegt werden;
3. fordert die Kommission dringend auf, einen kurzen und klaren Leitfaden zum Prozess der besseren Rechtsetzung vorzulegen, in dem die Schlüsselschritte der Bewertung zu skizzieren sind, die bei der Entwicklung und Umsetzung von Rechtsvorschriften der EU erfolgen sollten; weist darauf hin, dass im Leitfaden auch die Grundsätze der besseren Rechtsetzung zusammengefasst werden sollten, an die sich alle Beteiligten im Rechtsetzungsprozess halten sollten;
4. besteht darauf, dass allen Vorschlägen der Kommission eine „Checkliste zur besseren Rechtsetzung“ beigegeben wird, in der die Schritte zusammenzufassen sind, die der Vorschlag durchlaufen sollte, und dass die Checkliste nach Abschluss jeder Stufe aktualisiert wird, wobei Querverweise auf einschlägige Studien und Folgenabschätzungen zu liefern sind;
5. betont, dass ein strategischer Regulierungsansatz und ein stabiler Rahmen optimale Ergebnisse liefern werden, indem die betreffenden Bereiche in die Lage versetzt werden, Rechtsvorschriften auf die wirksamste Weise zu planen und umzusetzen, und lobt die Kommission für die Initiative CARS 21, die ein gutes Beispiel für einen strategischen Ansatz im Bereich der Regulierung ist;
6. fordert, dass die Kommission sowohl Ex-ante- als auch Ex-post-Folgenabschätzungen zu Rechtsvorschriften vornimmt, um Hilfestellung bei der Prüfung der Frage zu geben, ob politische Schlüsselziele verwirklicht worden sind, und den Prozess der Überprüfung der Rechtsvorschriften zu unterstützen;
7. fordert die Kommission auf, ein unabhängiges Audit-Gremium einzusetzen, um die Qualität und Unabhängigkeit wirtschaftlicher Folgenabschätzungen für die Rechtsvorschriften der EU zu strukturieren und zu gewährleisten;
8. halt es im Interesse einer einheitlichen Anwendung von Folgenabschätzungen durch die Kommission für wesentlich, dass die Qualität dieser Bewertungen einer bei der Kommission eigens zu diesem Zweck eingerichteten Qualitätskontrolle unterliegt; betont, dass es keine Vorschläge prüfen wird, die nicht von einer Qualitäts-Folgenabschätzung begleitet sind;
9. ist der Ansicht, dass Folgenabschätzungen einem verbindlichen Prozess der Peer Review unterliegen sollten und dass das Parlament in die Benennung und Auswahl der für die Peer Review zuständigen Gremien und die Festlegung von Bewertungsmaßstäben einbezogen werden sollte;
10. besteht darauf, dass sämtliche dem Parlament übermittelten Legislativvorschläge eine Zusammenfassung der Folgenabschätzungen enthalten;
11. unterstreicht, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass sie durch Auferlegung zusätzlicher nationaler Anforderungen bei der Umsetzung von Rechtsvorschriften der Gemeinschaft („Vergoldung“) keine neuen Umsetzungsprobleme verursachen, und dies mit Hilfe einer formellen Erklärung gegenüber der Kommission bestätigen sollten;
12. besteht darauf, dass die Kommission die Konsolidierung, Vereinfachung und Kodifizierung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft fortsetzt, um die Zugänglichkeit und Lesbarkeit zu verbessern;
13. fordert die Kommission auf, neue Vorschläge für eine effektivere Konsultation der beteiligten Akteure zu unterbreiten; ist der Auffassung, dass die Sozialpartner gleichberechtigt darin einbezogen werden müssen und dass Verbraucher- und Umweltorganisationen zu konsultieren sind;
14. fordert die Kommission mit Nachdruck auf, die Wirksamkeit der präventiven Prüfung von nationalen Entwürfen von technischen Vorschriften gemäß der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften zu verbessern, insbesondere durch Verbesserung des öffentlichen Zugangs zu Einsprüchen, die von der Kommission und anderen Mitgliedstaaten erhoben werden;
15. besteht darauf, dass die Kommission ein transparentes und zügiges Verstoßverfahren für Testfälle im Bereich des Binnenmarktes einführt und das Parlament darüber unterrichtet, wie die vorrangigen Kriterien der Kommission für die Behandlung von Verstößen - wie in ihrer Mitteilung zur besseren Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts (KOM(2002)0725 endg.) angekündigt - in der Praxis überprüft und den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht werden;
16. fordert den Rat und die Kommission nachdrücklich auf, die Möglichkeit der Errichtung einer Agentur mit Zuständigkeit für die Umsetzung und Inkraftsetzung in Erwägung zu ziehen, bei der Verbesserung der Umsetzungsquoten mitzuwirken, den Austausch vorbildlicher Verfahrensweisen zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern und für den Fall einer Nichteinhaltung Strafmaßnahmen einzuführen; fordert ebenfalls, dass sich die Durchführungsberichte der Kommission nicht auf eine juristische Analyse der Umsetzungsinstrumente beschränken, sondern dass auch die praktische Anwendung der Richtlinie bewertet wird;
17. besteht darauf, dass dem Parlament ein Verzeichnis der Maßnahmen vorgelegt wird, bei denen die Kommission auf alternative Regulierungsmechanismen zurückgegriffen hat, einschließlich einer Bewertung des Erfolgs oder Misserfolgs solcher Maßnahmen, ihrer Auswirkungen auf die konkrete Situation und insbesondere auf die Rechte von Arbeitnehmern und Verbrauchern sowie auf den sozialen Zusammenhalt, den fairen Wettbewerb, die Stimulierung des Wachstums und die Wettbewerbsposition der Union sowie vorbildlicher Verfahrensweisen und der Erfahrungen, die aus dem Prozess gezogen worden sind; betont, dass diese Informationen in den Jahresbericht der Kommission über bessere Rechtsetzung aufgenommen werden müssen;
18. erkennt an, dass die klassische Methode der Regulierung nicht immer der zweckmäßigste Weg zur Erreichung einer politischen Zielvorgabe ist;
19. unterstreicht ebenfalls die zentrale Rolle des Europäischen Parlaments und insbesondere des verantwortlichen Berichterstatters bei der Kontrolle der Umsetzung und Einhaltung europäischer Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten und der darüber von der Europäischen Kommission ausgeübten Aufsicht;
20. besteht darauf, dass die Kommission im Jahresarbeitsprogramm ein Verzeichnis der Vorschläge liefert, die Gegenstand einer alternativen Regulierung sein könnten;
21. betont, dass alternative Regulierungsvorschläge klar festgelegte Zielvorgaben und Termine für die betreffenden Maßnahmen sowie mögliche Strafen für den Fall einer Nichteinhaltung enthalten müssen;
22. schlägt vor, dass die Ausschüsse des Parlaments solide Mechanismen zur Auswertung und Überwachung der Umsetzung und des Einsatzes alternativer Regulierungsformen einführen, um Rechtshilfe für die Verbraucher zu gewährleisten, wenn Unternehmen ihren aus solchen alternativen Regulierungsvorschlägen resultierenden Verpflichtungen nicht nachkommen;
23. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
BEGRÜNDUNG
Die zügige Umsetzung der Agenda zur besseren Rechtsetzung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Europäische Union in die Lage versetzt wird, das Ziel von Lissabon zu verwirklichen und Arbeitsplätze zu schaffen, ihr Wachstumspotential auszuschöpfen und erfolgreich auf dem immer aggressiver werdenden Weltmarkt zu konkurrieren. Bessere Rechtsetzung darf dabei jedoch nicht mit Deregulierung gleichgesetzt werden. Sie eröffnet keine Wahlmöglichkeiten zwischen wirtschaftlichen und sozialen Standards. Regulierungsmechanismen spielen eine Schlüsselrolle für die Effizienz der Märkte, und selbstverständlich sind EU-Rechtsvorschriften notwendig, wenn die im Vertrag formulierten Ziele nicht von einem Mitgliedstaat allein erreicht werden können oder ein gemeinsames politisches Handeln der EU einen Zusatznutzen bewirkt.
Bessere Rechtsetzung im Bereich des Binnenmarktes dient der Sicherung hoher Qualitätsstandards und der Durchsetzung effizienter Rechtsvorschriften, ohne dabei Innovationen zu behindern oder unnötige Belastungen und Kosten zu verursachen, insbesondere für KMU, staatliche Stellen oder ehrenamtlich tätige Gruppen.
Es versteht sich von selbst, dass das Vertrauen der Bürger, Verbraucher und Unternehmen in die EU von ihren Erfahrungen mit und ihrer Wahrnehmung der EU-Rechtsvorschriften sowie deren Auswirkungen auf ihren Alltag abhängt. Rechtsvorschriften für den Binnenmarkt müssen Möglichkeiten für Handel und Unternehmen eröffnen und Verbrauchern und Bürgern mehr Wahlmöglichkeiten bieten. Gleichzeitig dürfen der Umweltschutz sowie Sozialstandards und die Rechte der Verbraucher nicht vernachlässigt werden.
Alle drei Organe der EU haben sich in der Interinstitutionellen Vereinbarung von 2003 auf die Agenda zur besseren Rechtsetzung verpflichtet. Zwar wurden mit Hilfe einer Reihe von neuen Vorschlägen der Kommission und Initiativen der EU-Präsidentschaft Fortschritte erzielt, doch sind nach wie vor Verbesserungen notwendig, um die Erfahrungen sämtlicher Akteure auf dem Gebiet der Regulierung zu fördern. Rat, Kommission und Parlament sollten im Hinblick auf eine bessere Rechtsetzung einen Katalog einschlägiger Leitgrundsätze vereinbaren, wie z.B. Verhältnismäßigkeit, Rechenschaftspflicht, Kohärenz, Transparenz und Zielgerichtetheit.
In einer Erklärung hat sich Kommissionspräsident Barroso dazu verpflichtet, Legislativvorschläge, die offensichtlich keine Daseinsberechtigung mehr haben, zu streichen, und gegen „absurde“ Rechtsvorschriften vorzugehen. Im Rahmen des Prozesses für eine bessere Rechtsetzung muss dafür gesorgt werden, dass das Aufkommen von „absurden“ Rechtsvorschriften vermieden wird.
Dies kann durch eine Verbesserung des Prozesses der Ausarbeitung, eine bessere Konsultation mit den betreffenden Akteuren, guten Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzungen, bewährte Umsetzungsverfahren und eine sorgfältige und gute Inkraftsetzung auf der Ebene der Mitgliedstaaten erreicht werden. Die Einführung eines Systems der Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzung für Rechtsvorschriften der EU kann zu einem besseren Rechtsetzungszyklus führen und versetzt den Gesetzgeber in die Lage, nachzuprüfen und zu bewerten, inwiefern die gesteckten Ziele mit den entsprechenden Rechtsvorschriften erreicht wurden. Das Europäische Parlament muss vollständig in diesen Prozess eingebunden werden. Ferner benötigt das Parlament ausreichende Mittel, damit seine Ausschüsse eine Prüfung der Rechtsvorschriften der EU vornehmen können.
Folgenabschätzungen sollten einem verbindlichen Prozess der Peer Review unterliegen, und das Parlament muss in die Benennung und Auswahl der für die Peer Review zuständigen Gremien und die Festlegung der Auflagen für solche Gremien einbezogen werden.
Aus den jeweiligen Binnenmarktanzeigern geht hervor, dass Umsetzung und Durchführung der Rechtsvorschriften trotz einschlägiger Verbesserungen in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor ein Problem darstellen. Die Mitgliedstaaten weisen jedoch darauf hin, dass eine präzisere Ausarbeitung von Rechtsvorschriften eine effiziente Umsetzung fördern würde. Die Mitgliedstaaten sollten ebenso der Versuchung widerstehen, Rechtsvorschriften der EU durch zusätzliche nationale Anforderungen zu vermehren oder zu „vergolden“.
Die drei Organe der EU haben sich in der Interinstitutionellen Vereinbarung dazu verpflichtet, von alternativen Regulierungsmethoden Gebrauch zu machen. Da auf diesem Gebiet keinerlei demokratische Kontrolle besteht, ist es unbedingt notwendig, dass das Parlament nicht nur von diesbezüglichen Vorschlägen in Kenntnis gesetzt wird, sondern aktiv in den Beschlussfassungsprozess eingebunden wird.
Wenn sich solche Regulierungsmodelle als erfolgreich erweisen und Vertrauen wecken sollen, müssen solide und transparente Kontrollmechanismen geschaffen und Strafen für den Fall einer Nichteinhaltung eingeführt werden. Die Agenda zur besseren Rechtsetzung ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Im vorliegenden Bericht werden das Engagement für den Prozess und die entsprechenden Vorschläge unterstrichen. Es gibt eine ganze Reihe von Handlungsfeldern, auf denen sämtliche drei Organe die Agenda zur besseren Rechtsetzung voranbringen können. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Maßnahmen einer umfassenden demokratischen Kontrolle unterliegen.
STELLUNGNAHME des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (20.2.2006)
für den Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz
über Umsetzung, Folgen und Auswirkungen der geltenden Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt
(2004/2224(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Eoin Ryan
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung ersucht den federführenden Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. vertritt die Auffassung, dass die EU sowohl für Investoren als auch für die betroffenen Parteien attraktiver werden muss, um die Zielsetzungen von Lissabon II, insbesondere Schaffung von Arbeitsplätzen und Wettbewerbsfähigkeit, zu erreichen; weist auf den unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer gesunden und zielgerichteten Regulierung und Wachstum hin; ist der Überzeugung, dass die Auswirkungen aller Vorschläge für Rechtsvorschriften zur Wettbewerbsfähigkeit geprüft werden sollten und unterstützt deshalb die derzeitige Initiative des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission im Hinblick auf eine sorgfältige Reform der Rechtsvorschriften;
2. erinnert daran, dass nach der Einführung der Eurozone mit Hilfe der Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt in erster Linie dafür Sorge getragen werden soll, dass der Binnenmarkt ohne grenzüberschreitende Behinderungen funktionieren kann, um zum Wachstum der Industrie und zu umfangreichen Einsparungen im Hinblick auf eine mögliche Erleichterung von Zusammenschlüssen und Erwerbungen beizutragen; ist deshalb der Ansicht, dass das europäische Regelungswerk unkompliziert und geradlinig sein muss; ist ferner der Überzeugung, dass ein zunehmender Wettbewerb aufgrund einer Reform der Rechtsvorschriften jenen Anreiz darstellt, den Europa zur Steigerung seiner Produktivität braucht;
3. vertritt die Ansicht, dass der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen ein geeignetes Verfahren gewesen ist, um auf das Ziel der Schaffung eines Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen hinzuarbeiten; vertritt die Auffassung, dass der Aktionsplan in verfahrenstechnischer Hinsicht ein Erfolg gewesen ist und erhebliche Einsparungen ermöglicht hat, wodurch Kapital zur Finanzierung der europäischen Wirtschaft freigesetzt wurde; begrüßt die in Ausarbeitung befindliche Beurteilung der Rechtsvorschriften zu Finanzdienstleistungen; stellt fest, dass bislang eine Umsetzung weder zügig noch konsistent erfolgt ist, dass viele Pläne noch umgesetzt werden müssen und dass an den Verfahren zur Durchsetzung der Vorschriften weiter gearbeitet werden muss; stellt fest, dass in manchen Bereichen die Mitgliedstaaten dazu übergehen, die Rechtsvorschriften der Union zu „vergolden“, und schlägt vor, diesen Vorgang unbedingt sorgfältig zu beobachten, um sicher zu stellen, dass dadurch nicht neue grenzüberschreitende Behinderungen entstehen oder Anschuldigungen einer übermächtigen EU laut werden; ist der Ansicht, dass der weltweite Wettbewerb an Schärfe zunimmt, und dass dieser Umstand bei der Prüfung der Auswirkungen der Rechtsvorschriften berücksichtigt werden muss;
4. unterstützt die von der Generaldirektion MARKT eingeführte Praxis einer Konsultation der Industrie mit Hilfe der Testgruppe Europäischer Unternehmen, wodurch anhand von bilateralen Sitzungen zu Umsetzungs-Paketen und von multilateralen Expertengruppen eine Beschlussfassung erleichtert und die Umsetzung gestrafft wird; fordert eine Prüfung der Auswirkungen dieser Initiativen, damit sie nach Möglichkeit auch von anderen Generaldirektionen eingesetzt werden können; betont, dass diese Initiativen die Beteiligung aller einschlägigen betroffenen Parteien gewährleisten müssen; fordert eine sorgfältige Prüfung von Alternativen für die Einführung von Rechtsvorschriften nach Maßgabe der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung und eine verbesserte Anwendung der Wettbewerbspolitik; fordert ferner die Einführung einer Revisionsklausel, damit die europäischen Rechtsvorschriften verstärkt auf Änderungen eingehen können;
5. weist nachdrücklich darauf hin, dass die Möglichkeit bestehen muss, Finanzprodukte grenzüberschreitend zu verwenden; fordert in diesem Zusammenhang die Beseitigung aller verbliebenen Schranken, beispielsweise im Privatkundengeschäft oder im Versicherungsbereich; vertritt die Ansicht, dass stärkeres Gewicht darauf gelegt werden sollte, zu gewährleisten, dass die bestehenden Rechtsvorschriften für den Finanzsektor in allen Mitgliedstaaten tatsächlich umgesetzt werden, um gleiche Wettbewerbsbedingungen herbeizuführen; vertritt die Ansicht, dass zwar die Lamfalussy-Vereinbarungen ordnungsgemäß funktionieren, dass aber weitere Maßnahmen wie etwa eine stärkere Konsultation und geeignete Verfahren zur beschleunigten Beilegung von Rechtsstreitigkeiten eingeführt werden müssen, um die Effizienz des legislativen Reformprozesses weiter zu begünstigen; fordert in diesem Zusammenhang die unionsweite Einführung eines Rechtsmittel-Mechanismus oder eines entsprechenden Bürgerbeauftragten im Hinblick auf eine wirksame und zügige Lösung von Rechtsstreitigkeiten zu Bestimmungen des Binnenmarkts; bekräftigt, dass gewährleistet werden muss, dass das Parlament im Rahmen des Lamfalussy-Prozesses über ein umfassendes Evokationsrecht verfügt;
6. weist insbesondere darauf hin, dass die einzelstaatliche Umsetzung im Bereich von Strafmaßnahmen in allen Mitgliedstaaten möglichst vergleichbar sein muss; weist darauf hin, dass Rechtsvorschriften, mit denen ausgelaufene Rechtsvorschriften ersetzt werden sollen, nicht als zusätzliche Rechtsvorschriften eingeführt werden sollten; weist ferner darauf hin, dass die Regulierungsausschüsse unbedingt erkennen müssen, dass weniger Regelungen günstiger sein können und ihre Zahl im Laufe der Zeit nicht zwangsläufig zunehmen muss.
VERFAHREN
Titel |
Umsetzung, Folgen und Auswirkungen der geltenden Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt |
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Verfahrensnummer |
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Federführender Ausschuss |
IMCO |
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Stellungnahme von |
ECON |
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Verstärkte Zusammenarbeit – Datum der Bekanntgabe im Plenum |
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Verfasser(in) der Stellungnahme |
Eoin Ryan |
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Ersetzte(r) Verfasser(in) der Stellungnahme: |
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Prüfung im Ausschuss |
28.11.2005 |
24.1.2006 |
13.2.2006 |
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Datum der Annahme |
20.2.2006 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+: –: 0: |
25 2 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Zsolt László Becsey, Pervenche Berès, Sharon Bowles, Udo Bullmann, Ieke van den Burg, David Casa, Jonathan Evans, José Manuel García-Margallo y Marfil, Jean-Paul Gauzès, Robert Goebbels, Gunnar Hökmark, Karsten Friedrich Hoppenstedt, Sophia in 't Veld, Wolf Klinz, Guntars Krasts, Astrid Lulling, Cristobal Montoro Romero, John Purvis, Karin Riis-Jørgensen, Dariusz Rosati, Peter Skinner, Margarita Starkevičiūtė, Sahra Wagenknecht |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen) |
Harald Ettl, Klaus-Heiner Lehne, Thomas Mann, Corien Wortmann-Kool |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
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Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) |
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VERFAHREN
Titel |
Bericht über die Umsetzung, die Folgen und die Auswirkungen der geltenden Rechtsvorschriften zum Binnenmarkt |
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Verfahrensnummer |
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Federführender Ausschuss |
IMCO 18.11.2004 |
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Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse |
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JURI 18.11.2004 |
ECON 29.9.2005 |
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Nicht abgegebene Stellungnahme(n) |
JURI 24.11.2005 |
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Verstärkte Zusammenarbeit |
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Berichterstatterin |
Arlene McCarthy 30.11.2004 |
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Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen) |
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Prüfung im Ausschuss |
15.3.2005 |
12.12.2005 |
15.9.2005 |
24.1.2006 |
21.03.2006 |
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Datum der Annahme |
21.3.2006 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+ |
30 3 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Charlotte Cederschiöld, Mia De Vits, Bert Doorn, Janelly Fourtou, Małgorzata Handzlik, Malcolm Harbour, Christopher Heaton-Harris, Anna Hedh, Edit Herczog, Pierre Jonckheer, Henrik Dam Kristensen, Kurt Lechner, Lasse Lehtinen, Arlene McCarthy, Toine Manders, Manuel Medina Ortega, Zita Pleštinská, Guido Podestà, Giovanni Rivera, Zuzana Roithová, Heide Rühle, Leopold Józef Rutowicz, Andreas Schwab, Eva-Britt Svensson, József Szájer, Marianne Thyssen, Jacques Toubon, Bernadette Vergnaud, Barbara Weiler, Glenis Willmott |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen) |
Šarūnas Birutis, Joseph Muscat, Alexander Stubb |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
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Datum der Einreichung |
23.3.2006 |
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Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) |
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