BERICHT über den Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Antidumping-, Antisubventions- und Schutzmaßnahmen von Drittländern gegen die Gemeinschaft (2004)
13.7.2006 - (2006/2136(INI))
Ausschuss für internationalen Handel
Berichterstatterin: Cristiana Muscardini
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zum Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Antidumping-, Antisubventions- und Schutzmaßnahmen von Drittländern gegen die Gemeinschaft (2004)
Das Europäische Parlament,
– in Kenntnis des Jahresberichts der Kommission an das Europäische Parlament über die Antidumping-, Antisubventions- und Schutzmaßnahmen von Drittländern gegen die Gemeinschaft (2004) (KOM(2005)0594),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Oktober 2002 zu dem Neunzehnten Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Antidumping- und die Antisubventionsmaßnahmen der Gemeinschaft – Überblick über die Überwachung der Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen sowie der Schutzmaßnahmen von Drittländern[1],
– unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 14. Dezember 1990 zur Antidumpingpolitik der Europäischen Gemeinschaft[2] und vom 25. Oktober 2001 zu Offenheit und Demokratie im Welthandel[3],
– in Kenntnis der Erklärung der 4. WTO-Ministerkonferenz von Doha (Katar), wonach laut Ziffer 28 über die Reform des Abkommens über die Anwendung von Artikel VI des GATT von 1994 Verhandlungen zu führen sind und die Bestimmungen über Disziplinen näher erläutert und verbessert werden sollen,
– in Kenntnis von Ziffer 30 dieser Erklärung, wonach die Vereinbarung über Streitbeilegung (DSU – „Dispute Settlement Understanding“) einer Verbesserung und Klarstellung bedarf,
– in Kenntnis der Ministererklärung vom 18. Dezember 2005 über die Entwicklungsagenda von Doha und insbesondere der Ziffern 28 und 34 sowie der Anlage D,
– in Kenntnis des 23. Jahresberichts der Kommission an das Europäische Parlament über die Antidumping-, Antisubventions- und Schutzmaßnahmen der Gemeinschaft (2004) (KOM(2005)0360),
– gestützt auf Artikel 45 und Artikel 112 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für internationalen Handel (A6‑0243/2006),
A. in der Erwägung, dass die Europäische Union einer der Hauptakteure des internationalen Handels und weiterhin eine Wirtschaftsgroßmacht ist, die im Jahr 2004 bei den Exporten weltweit führend war,
B. in der Erwägung, dass infolge der Entwicklung des internationalen Handels der Zugang zu ausländischen Märkten ebenso große Bedeutung erlangt wie der Schutz der eigenen Märkte vor unlauteren Handelspraktiken,
C. in der Erwägung, dass die Liberalisierung des Handels und das gestiegene Handelsvolumen dem internationalen Wettbewerb zwar durchaus förderlich sind, dass dadurch aber auch die Gefahr zunimmt, dass die Exporte eines bestimmten Landes unter Handelsschutzmaßnahmen fallen können, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen der Gemeinschaft beeinträchtigt,
D. in der Erwägung, dass die Gemeinschaft sich gemäß der kürzlich überarbeiteten „Agenda von Lissabon“ zum Ziel gesetzt hat, die europäische Wirtschaft dadurch zu stärken, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft in der Weltwirtschaft erhöht wird,
E. in der Erkenntnis, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft eng mit der Schaffung eines möglichst offenen und korrekt gehandhabten Welthandelssystems zusammenhängt,
F. in der Erwägung, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der EU darunter zu leiden hat, dass ihr sowohl innerhalb der Gemeinschaft als auch außerhalb tarifäre und nichttarifäre Hemmnisse in den Weg gelegt werden, die nicht auf den WTO-Regeln basieren,
G. in der Erkenntnis, dass die Gemeinschaft in dem Ruf steht, die Instrumente zum Schutz des Handels „moderat“ zu handhaben, und somit jegliches Interesse daran hat, dass ihre internationalen Partner Vorschriften und Vorgehensweisen entwickeln, die weitestgehend den WTO-Regeln entsprechen,
1. ist besorgt über den ungewöhnlichen Anstieg der Fälle handelspolitischer Schutzmaßnahmen nicht nur von den Staaten, die „traditionell“ zu derartigen Maßnahmen greifen, sondern auch von anderen WTO-Mitgliedern, die zu den Schwellenländern gehören; ist der Auffassung, dass die Regeln und die Rechtsprechung der WTO in vielen Fällen teilweise oder gänzlich missachtet werden und der Industrie der Gemeinschaft so nicht hinnehmbarer Schaden zugefügt wird;
2. fordert die Handelspartner der Gemeinschaft auf, die geltenden Abkommen und die Rechtsprechung der WTO in Bezug auf handelspolitische Schutzmaßnahmen in Geist und Buchstaben stärker zu respektieren und auf protektionistische Maßnahmen zu verzichten; fordert insbesondere, dass die Untersuchungen über Antidumping-, Antisubventions- und Schutzmaßnahmen transparent und objektiv durchgeführt werden;
3. ist erfreut über die Unterstützung, die die Kommission den Mitgliedstaaten und der europäischen Industrie in den Fällen leistet, in denen von Drittländern handelspolitische Schutzmaßnahmen ergriffen wurden; fordert die Kommission auf, die von Drittländern eingeleiteten Verfahren ständig im Auge zu behalten, um festzustellen zu können, ob sie angemessen und korrekt sind;
4. ermuntert die Kommission, gemeinsam mit den betroffenen Mitgliedstaaten Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaftsindustrie zu ergreifen, wenn feststeht, dass die Regeln des internationalen Handels nicht eingehalten werden;
5. hält es für möglich, dass viele der durch die Anwendung handelspolitischer Schutzmaßnahmen ausgelösten Konflikte zur gegenseitigen Zufriedenheit der Betroffenen gütlich beigelegt werden könnten; ist der Auffassung, dass die Kommission keinesfalls zögern sollte, das Streitbeilegungsgremium der WTO anzurufen, um eine Kontroverse aus der Welt zu schaffen, wenn in absehbarer Zeit kein Kompromiss gefunden werden kann;
6. gibt seiner Genugtuung über den Erfolg des Streitbeilegungssystems der WTO Ausdruck, wodurch eine konsequentere Anwendung der multilateralen Regeln des internationalen Handels möglich und das System somit sicherer und berechenbarer geworden ist;
7. fordert die Kommission jedoch auf, sich nachdrücklich dafür einzusetzen, dass die Beschlüsse des Streitbeilegungsgremiums der WTO schneller und wirksamer umgesetzt werden, damit ungerechtfertigte Verzögerungstaktiken unterbunden werden und die Anwendung des internationalen Handelsrechts sicherer wird;
8. fordert die Kommission auf, innerhalb der WTO entschlossen die Verhandlungen fortzuführen, mit denen bei handelspolitischen Schutzmaßnahmen anderer WTO-Mitglieder mehr Wirkung erzielt werden und weniger Willkür herrschen soll, und dabei vor allem auf folgende Themenbereiche einzugehen:
a) strengste Maßstäbe bei den alle fünf Jahre stattfindenden Überprüfungen, damit eine Verlängerung der Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen die Ausnahme bleibt;
b) Vereinfachung der Antidumpingmaßnahmen und Senkung der damit verbundenen Kosten für die Unternehmen, die mit der Ermittlungsbehörde zusammenarbeiten;
c) Prüfung des öffentlichen Interesses und der Folgenabschätzung der Maßnahmen nach dem Vorbild der in der Gemeinschaft üblichen Analyse des Gemeinschaftsinteresses;
d) mehr Transparenz bei den Ermittlungen, damit Missbrauch unterbunden und gewährleistet wird, dass die Betroffenen Rechtsbeistand in Anspruch nehmen können;
e) Beschränkung der Maßnahmen auf das zur Beseitigung von schädlichem Dumping unerlässliche Maß;
f) Bildung einer Ad-hoc-Schiedsinstanz aus ausgewiesenen Experten, die die Einleitung von Antidumping-Ermittlungen beschließen und bei Verstößen die unverzügliche Einstellung der Untersuchung anordnen kann, wobei für die einschlägigen Kenntnisse der Mitglieder dieser Ad-hoc-Schiedsinstanz klare Leitlinien gelten müssen;
9. bedauert, dass dieser Punkt trotz der festgestellten Unzulänglichkeiten bei der Anwendung der Schutzmaßnahmen nicht in die Entwicklungsagenda von Doha aufgenommen wurde;
10. fordert folglich die Kommission auf, bei der WTO auf eine tief greifende Reform der Regeln für die Verhängung von Schutzmaßnahmen zu dringen, damit diese Abhilfemaßnahmen nicht im Übermaß und ungerechtfertigt in Anspruch genommen werden;
11. fordert die Kommission auf, zu eruieren, ob im Rahmen der WTO eine gründliche Überprüfung der Regeln für die Inanspruchnahme handelspolitischer Schutzmaßnahmen (Antidumping, Antisubventionen) angezeigt ist;
12. ermahnt die Mitgliedstaaten, bei diesen Themenbereichen einen „Gemeinschaftsansatz” beizubehalten, mit dem derartige Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene besser abgestimmt und die gegen die Gemeinschaft gerichteten Maßnahmen zahlenmäßig dadurch verringert werden könnten, dass auf politischer wie auf technischer Ebene auf WTO-Mitglieder, die handelspolitische Schutzmaßnahmen in Erwägung ziehen, beständig Druck ausgeübt wird und sie für das Thema sensibilisiert werden; vertritt jedoch die Auffassung, dass „Gemeinschaftsmaßnahmen“ kein Vorwand für die Unterstützung unlauterer Handelspraktiken einzelner Mitgliedstaaten sein dürfen;
13. unterstreicht, dass mit einem einheitlichen „Gemeinschaftsansatz“ die legitimen Interessen der kleinen und mittelständischen europäischen Exportunternehmen, die sich mit protektionistischen Praktiken der Importländer auseinandersetzen müssen, wirksam geschützt werden können;
14. empfiehlt der Gemeinschaft, Handelspartnern, die sich nicht an die Regeln und die Rechtsprechung der WTO halten, keine Präferenzbehandlung einzuräumen, wenn dadurch die europäische Industrie Schaden nimmt; ermahnt die Kommission zudem, bei der Behandlung der von diesen Partnern getroffenen handelspolitischen Schutzmaßnahmen den Grundsatz der Gegenseitigkeit zu beherzigen;
15. unterstreicht, dass die neuen Regeln des internationalen Handels entsprechend dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft transparent und konsequent angewandt werden müssen, wenn sie die Unterstützung der Öffentlichkeit bekommen sollen;
16. spricht sich dafür aus, dass den ärmsten Entwicklungsländern, die am Beginn ihrer Industrialisierung stehen, Präferenz eingeräumt wird, damit diese ihre im Entstehen begriffenen Industriezweige („infant industries“) vor der Gefahr eines übermäßigen Wettbewerbs von außen schützen können, vorausgesetzt, diese Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der WTO ist befristet und stellt einen echten Vorteil für die am wenigsten entwickelten Länder der Welt dar;
17. unterstützt die Durchführung von Programmen für die technische Ausbildung im Bereich der Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen für die beitrittswilligen Länder und die Entwicklungsländer, die sie beantragen; ermahnt die Kommission, den Entwicklungsländern, die sich ein System handelspolitischer Schutzmaßnahmen zulegen, das mit den WTO-Regeln vereinbar ist, Unterstützung und Hilfe angedeihen zu lassen;
18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
BEGRÜNDUNG
Die Europäische Gemeinschaft ist einer der Hauptakteure des Welthandels und nach wie vor eine große Wirtschaftsmacht. 2004 wurden 18 % des internationalen Warenverkehrs mit europäischen Erzeugnissen abgewickelt. Die Gemeinschaft war 2004 der wichtigste Exporteur weltweit und rangierte bei den Importeuren an zweiter Stelle hinter den USA.
Aufgrund der Entwicklung des Welthandels erlangt der Zugang zu Außenmärkten die gleiche Bedeutung wie der Schutz der eigenen Märkte gegen unlautere Handelspraktiken wie zum Beispiel Fälschungen und die Einfuhr von Waren, die nicht den EU-Qualitätsstandards entsprechen. Durch die Liberalisierung des Handels und das gestiegene Handelsvolumen entfaltet sich zwar der internationale Wettbewerb, doch wächst zugleich auch die Gefahr, dass gegen die Ausfuhren eines bestimmten Landes Handelsschutzmaßnahmen (Antidumping-, Antisubventions- oder Schutzmaßnahmen) ergriffen werden.
Selbstverständlich hat die Europäische Gemeinschaft nichts dagegen, dass Regierungen anderer WTO-Länder ihre Ausfuhren zum Gegenstand von Untersuchungen machen. Allerdings hält sie es für erforderlich zu überprüfen, ob diese Untersuchungen den geltenden internationalen Regeln entsprechen und nicht in protektionistische Maßnahmen münden, die darauf abzielen, den Marktzugang für europäische Erzeugnisse widerrechtlich zu beschränken.
Die Kommission veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht an das Europäische Parlament über die von Drittländern gegen die Europäische Gemeinschaft eingeleiteten Handelsschutzmaßnahmen. Der Bericht für das Jahr 2004 bietet dem Europäischen Parlament Gelegenheit, seinen Standpunkt zu den von der Kommission hierzu ergriffenen Initiativen darzulegen.
Ziel des vorliegenden Berichts ist es, anhand der Prüfung einiger besonders markanter Fälle zu analysieren, auf welche Schwierigkeiten die europäische Industrie bei diesen Untersuchungen gestoßen ist, welche Abhilfemaßnahmen die Kommission zum Schutz der europäischen Industrie ergriffen hat und wie es um die zukünftigen Entwicklungsaussichten dieses relativ jungen handelspolitischen Instruments der Gemeinschaft bestellt ist.
Überblick
In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der Fälle, in denen es um Handelsschutzmaßnahmen ging (hauptsächlich Antidumpingmaßnahmen, aber nicht nur), stark erhöht. Zu den Ländern, die „traditionell“ solche Maßnahmen anwenden, wie USA, Kanada und Australien, kamen neue Schwellenländer wie Indien, Brasilien und Südafrika hinzu.
Was die entwickelten Länder (insbesondere die Vereinigten Staaten, die allein mehr als 25 % aller gegen die Gemeinschaft ergriffenen Maßnahmen verhängen) betrifft, so entstehen die Hauptprobleme durch eine zu streng den Buchstaben des Gesetzes folgende, einseitige und bisweilen zu wenig auf die Regeln und die Rechtsprechung der WTO bedachte Anwendung. In manchen Ländern ermöglicht die von der Ermittlungsbehörde angewandte Verfahrensweise quasi automatisch die Einleitung einer Antidumpinguntersuchung, während sie die Aufhebung völlig unzeitgemäßer Maßnahmen verhindert.
In ihrem Bericht weist die Kommission indessen darauf hin, dass bestimmte „Schwellen“-Länder Ausgleichszölle erheben, mit denen nicht etwa unlauteren Handelspraktiken entgegengetreten, sondern vielmehr bestimmten Bereichen ihrer Industrie ein „zusätzlicher“ Schutz gegen Waren aus dem Ausland geboten werden soll. In vielen Fällen sind die Untersuchungsstandards niedrig oder zumindest dergestalt, dass sie Zweifel an ihrer vollständigen Vereinbarkeit mit den WTO-Regeln aufkommen lassen.
Einige symptomatische Fälle
Vereinigte Staaten, der Fall des „Zeroing“ (Ds 294)
Unter „Zeroing“ oder Nullwertbestimmung versteht man eine Methode zur Berechung der Dumpingspanne, die im gewogenen Mittel der einzelnen Spannen zwischen dem normalen Durchschnittswert und jedem einzelnen Ausfuhrpreis besteht, der für die untersuchte Transaktion ermittelt wurde. Diese Methode führt zu einer höheren Dumpingspanne.
2001, nach einem Panel gegen die Antidumpingmaßnahmen der Gemeinschaft für Baumwollbettwäsche aus Indien, hatte die WTO die Praktik des Zeroing für rechtswidrig erklärt. Die USA haben sich stets geweigert, diese Entscheidung anzuerkennen, und behauptet, sie gelte nur zwischen den beteiligten Parteien. Diese Weigerung der USA machte eine weitere Anrufung der WTO erforderlich, die hätte vermieden werden können, wenn die Vereinigten Staaten den Entscheid der WTO akzeptiert hätten.
Die indischen Antidumpingfälle
Die Indische Union hat sich in den letzten Jahren eine Spitzenposition unter den Anwendern von Handelsschutzinstrumenten erobert. Ende 2004 waren auf dem Konto Indiens 36 Antidumpingmaßnahmen gegen die Europäische Gemeinschaft zu verbuchen.
Die indischen Fälle stehen oft „auf schwachen Füßen“, was die Schadensfeststellung und den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Schädigung der inländischen Industrie und den ausländischen Ausfuhren anbelangt.
In vielen dieser Fälle führte die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen zum Ausschluss jedweden Wettbewerbs auf dem indischen Markt, was unserer Industrie, aber auch der indischen Wirtschaft, die für die heimliche Abschottung ihrer Märkte einen hohen Preis in punkto Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz bezahlt, schweren Schaden zugefügt hat.
Die südamerikanischen und australischen Fälle im Agrarsektor
Viele WTO-Mitglieder fechten die den Landwirten der Gemeinschaft durch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) garantierten Subventionen an. Daher erstaunt es keineswegs, dass in den letzten Jahren die von Drittländern gegen europäische Agrarerzeugnisse angestrengten Untersuchungen zugenommen haben.
Die Europäische Kommission bestreitet nicht, dass die europäischen Landwirte im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) Beihilfen erhalten. Das gibt den anderen WTO-Mitgliedern jedoch nicht das Recht, auf Handelschutzmaßnahmen zurückzugreifen, die gegen geltende Abkommen verstoßen.
In dem fraglichen Fall stellen die den Olivenbauern der Gemeinschaft gewährten Einkommensbeihilfen nur eine „Restkomponente“ des Olivenöl-Endpreises dar, die sich kaum auf den Preis des ausgeführten Endproduktes auswirkt. Den Rückschluss zu ziehen, die den Landwirten gewährten Hilfen würden in vollem Umfang an die Verarbeiter weitergegeben, ist wirtschaftlicher Nonsens und dient als Vorwand für die Einführung überhöhter Ausgleichzölle.
Zudem ist der festgestellte Schaden in vielen der in dem Bericht untersuchten Fälle eher potenzieller Natur, weil man den Markt gegen ausländische Ausfuhren abzuschotten versuchte, um eine Industrie zu begünstigen, die die wachsende Binnennachfrage weder qualitativ noch quantitativ zu befriedigen vermag.
Der „extensive“ Gebrauch von Schutzmaßnahmen
Schutzmaßnahmen sind ein „potentes“ und gleichzeitig leicht zu handhabendes Instrument. Denn im Unterschied zu Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen muss die Untersuchungsbehörde bei Schutzmaßnahmen nicht das Vorhandensein einer unfairen Handelpraxis (unfair trade) nachweisen.
Durch das WTO-Übereinkommen über Schutzmaßnahmen werden höhere formale und inhaltliche Standards als die für Antidumpingmaßnahmen geltenden eingeführt und es wird darauf hingewiesen, dass sie als äußerstes Mittel betrachtet werden und eher die Ausnahme sein sollten.
Viele Länder betrachten die Schutzmaßnahmen als die praktischste und schnellste Methode, um den Zugang ausländischer Waren zu ihren Märkten zu beschränken.
Auch die USA haben Schutzmaßnahmen ergriffen, um ihren Markt gegen ausländische Erzeugnisse abzuschirmen. Es sei bemerkt, dass viele der US-amerikanischen Schutzmaßnahmen (und ganz besonders die für Stahl) eindeutig protektionistischen Zwecken dienten, denn die erlassenen Maßnahmen sollten nicht den durch die Einfuhren verursachten Schaden beheben, sondern den Markt abschotten, und zwar ungeachtet der tatsächlichen Ursachen für die Schwierigkeiten, in denen sich die US-amerikanische Stahlindustrie befand.
Viele dieser Maßnahmen sind daher unrechtmäßig, denn sie berücksichtigen weder die Mindestanforderungen des Übereinkommens über Schutzmaßnahmen noch die Rechtsprechung der WTO.
USA – Die Antidumping-Falle
Man kann zwar sehr leicht in eine Antidumping- (oder Antisubventions-)Untersuchung hineingeraten, doch ist es sehr schwer, wieder herauszukommen.
Gemäß den WTO-Übereinkommen müssen diejenigen, die die Einleitung einer Untersuchung beantragen, zumindest den Ansatz eines Beweises dafür erbringen, dass Dumping vorliegt und dies zu einer Schädigung der innerstaatlichen Erzeuger geführt hat. Danach obliegt es der Untersuchungsbehörde zu entscheiden, ob die vom Kläger vorgelegten Angaben ausreichen, um ein Verfahren einzuleiten. Die Schwelle für die Zulassung von Klagen ist jedoch sehr niedrig.
Ist ein Antidumpingfall erst einmal eröffnet, läuft alles wie von selbst. Der Hersteller muss den Nachweis erbringen, dass seine Ausfuhren nicht gedumpt sind. All dies kostet enorm viel Zeit und Geld. Es wäre daher wünschenswert, solche ungerechtfertigten Ausgaben zu vermeiden, indem gefordert wird, dass diese im Falle einer endgültigen Verurteilung durch die WTO von der Ermittlungsbehörde zumindest zum Teil erstattet werden müssen.
Ein anderer negativer Aspekt der US-Praktiken sind die so genannten „Sunset Reviews“, in Europa als „Expiry Reviews“ bekannt. Dabei handelt es sich um die in den WTO-Übereinkommen vorgesehenen fünfjährlichen Überprüfungen der Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen. Bei diesen Überprüfungen muss die Untersuchungsbehörde nachweisen, dass das Dumping und die Beeinträchtigung, die bei der ursprünglichen Untersuchung festgestellt wurden, wahrscheinlich fortbestehen. Die offizielle Bezeichnung könnte den Anschein erwecken, als liefen diese Maßnahmen in der Regel nach fünf Jahren aus und würden nur in seltenen Fällen verlängert. In Wirklichkeit werden jedoch mehr als 60 % der US-amerikanischen Maßnahmen verlängert, gegenüber nur 20 bis 25 % der europäischen Maßnahmen.
Zukunftsaussichten
Die Europäische Gemeinschaft sollte eingedenk ihrer Zuständigkeit für den internationalen Handel den Handelsschutz aufrechterhalten und sogar ausbauen, denn nur so kann die oftmals missbräuchliche Anwendung der betreffenden WTO-Regeln verhindert werden.
Dies setzt eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den in die Untersuchungen von Drittstaaten verwickelten Ländern voraus sowie eine systematische Anrufung des WTO-Streitbeilegungsgremiums, sofern es im Falle schwerer Verstöße gegen die internationalen Regeln nicht möglich sein sollte, den Streit auf diplomatischem Wege zu schlichten.
In diesem Zusammenhang seien die Bemühungen der Kommission im Rahmen der Entwicklungsagenda von Doha erwähnt. Die Kommission hat sich erklärtermaßen vorgenommen, das Streitbeilegungssystem berechenbarer und transparenter zu gestalten. Im Rahmen des „dispute settlement“ wäre es wünschenswert, dass die WTO-Entscheidungen schneller und wirksamer umgesetzt werden und die Anwendung von Verzögerungstaktiken möglichst vermieden wird.
Es wurden einige bedeutende Änderungen am Antidumpingübereinkommen vorgeschlagen, die zum Teil auf der schon jetzt in den Untersuchungen der Gemeinschaft praktizierten Verfahrensweise beruhen.
Nachstehend sind einige der wichtigsten Vorschläge aufgeführt:
1) Einführung strikterer Regeln für die fünfjährlichen Überprüfungen, wodurch die Verlängerung von Antidumpingmaßnahmen zur Ausnahme wird;
2) Vereinfachung der Antidumpingverfahren und Senkung der damit verbundenen Kosten für die mit der Untersuchungsbehörde kooperierenden Unternehmen;
3) Prüfung des öffentlichen Interesses und Folgenabschätzung für die betreffenden Maßnahmen nach dem Vorbild der in der Gemeinschaft üblichen Analyse des „Gemeinschaftsinteresses“;
4) mehr Transparenz bei den Untersuchungen, um missbräuchliche Praktiken zu vermeiden und das Verteidigungsrecht der beteiligten Parteien zu gewährleisten;
5) generelle Anwendung der „lesser duty rule“, d. h. der Beschränkung der Maßnahmen auf das zur Dumpingbeseitigung unbedingt notwendige Maß;
6) Lösung des Zeroing-Problems auf dem Verhandlungsweg;
7) Einsetzung einer speziellen Schiedsinstanz, der die Entscheidungen über die Einleitung von Antidumpinguntersuchungen übertragen werden. Dieses Schiedsgericht sollte künftig prüfen, ob die im WTO-Übereinkommen vorgeschriebenen Mindestanforderungen erfüllt sind, und im Falle eines Pflichtversäumnisses die Untersuchung umgehend einstellen.
Erstaunlich ist allerdings, dass trotz der mitunter gravierenden Missstände, die bei der Anwendung von Schutzmaßnahmen festgestellt wurden, zu diesem Punkt keine Festlegungen in der Agenda von Doha getroffen wurden. Dies ist bedauerlich, und es sollte versucht werden, diese Problematik erneut auf die Tagesordnung zu setzen.
Fazit
Handelsschutzmaßnahmen sind im Welthandelssystem die Ausnahme von der Regel des freien Handels zwischen Staaten, die sich zu den WTO-Regeln bekennen.
Die Anwendung einheitlicher und klarer Handelsschutzregeln wird die Liberalisierung der Märkte fördern. Zudem sind offenkundige illegale Handelsschutzmaßnahmen ein praktisches Handelshindernis, das beseitigt werden muss, um ein reibungsloses Funktionieren des WTO-Systems zu gewährleisten.
Empfehlenswert erscheint daher nicht ein Verbot dieser Instrumente, sondern deren korrekte und vorschriftsmäßige Anwendung. Hierfür sind jedoch klare internationale Standards vonnöten und muss der WTO die Möglichkeit gegeben werden, rechtzeitig und wirksam gegen jeden etwaigen Missbrauch einzuschreiten.
Oberstes Ziel ist es sicherlich, fortdauernde Verstöße gegen die Regeln des internationalen Handels zu vermeiden und die Urteile der WTO-Schiedsgerichte nicht systematisch abzulehnen. Werden die internationalen Regeln erwiesenermaßen verletzt und entstehen der europäischen Wirtschaft dadurch erhebliche Schäden, sollte die Union entschlossen eingreifen und Handelspartner, die gegen die Regeln der WTO verstoßen, nicht länger fördern.
VERFAHREN
Titel |
Jahresbericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Antidumping-, Antisubventions- und Schutzmaßnahmen von Drittländern gegen die Gemeinschaft (2004) | ||||||||||
Verfahrensnummer |
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Federführender Ausschuss |
INTA | ||||||||||
Mitberatender Ausschuss |
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Nicht abgegebene Stellungnahme(n) |
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Verstärkte Zusammenarbeit |
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Berichterstatter(-in) |
Cristiana Muscardini |
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Ersetzte(r) Berichterstatter(-in) |
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Prüfung im Ausschuss |
29.5.2006 |
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Datum der Annahme |
12.7.2006 | ||||||||||
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+ - 0 |
24 1 2 | |||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Francisco Assis, Jean-Pierre Audy, Enrique Barón Crespo, Daniel Caspary, Françoise Castex, Giulietto Chiesa, Christofer Fjellner, Béla Glattfelder, Jacky Henin, Syed Kamall, Sajjad Karim, Alain Lipietz, Helmuth Markov, Javier Moreno Sánchez, Georgios Papastamkos, Godelieve Quisthoudt-Rowohl, Bogusław Rogalski, Peter Šťastný, Robert Sturdy, Gianluca Susta, Johan Van Hecke und Zbigniew Zaleski. | ||||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(-innen) |
Margrietus van den Berg, Eugenijus Maldeikis, Antolín Sánchez Presedo und Mauro Zani. | ||||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
Anne Ferreira | ||||||||||
Datum der Einreichung |
13.7.2006 | ||||||||||
Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) |
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