BERICHT über die Zuwanderung von Frauen: Rolle und Stellung der Migrantinnen in der Europäischen Union
27.9.2006 - (2006/2010(INI))
Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter
Berichterstatterin: Rodi Kratsa-Tsagaropoulou
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zur Zuwanderung von Frauen: Rolle und Stellung der Migrantinnen in der Europäischen Union
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Richtlinie des Rates 2004/81/EG vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren[1],
– unter Hinweis auf Artikel 13 des EG-Vertrags zur Bekämpfung von Diskriminierungen,
– unter Hinweis auf Artikel 63 des EG-Vertrags, mit dem der Gemeinschaft Befugnisse und Zuständigkeiten in den Bereichen Einwanderungs- und Asylpolitik übertragen werden,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Tampere vom 15./16. Oktober 1999, des Europäischen Rates von Laeken vom 14./15. Dezember 2001, des Europäischen Rates von Sevilla vom 21./22. Juni 2002 und des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 19./20. Juni 2003, in denen die Notwendigkeit des Ausbaus der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs im Rahmen der kürzlich eingesetzten Gruppe nationaler Kontaktstellen zu Integrationsfragen insbesondere im Hinblick auf eine bessere Koordinierung der einschlägigen politischen Maßnahmen auf nationaler und auf Unionsebene unterstrichen wurde,
– unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission „Über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration“ (KOM(2004)0811),
– unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission „Über die Zukunft des europäischen Migrationsnetzes“ (KOM(2005)0606),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über „Einwanderung, Integration und Beschäftigung“ (KOM(2003)0336),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zur Aufstellung eines Rahmenprogramms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ 2007-2013 (KOM(2005)0123),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Migration und Entwicklung: konkrete Leitlinien“ (KOM(2005)0390),
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008‑2013 innerhalb des Rahmenprogramms „Solidarität und Steuerung der Migrantenströme“ (KOM(2005)0123 – 2005/0046(COD)),
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung des Außengrenzenfonds für den Zeitraum 2007-2013 innerhalb des Rahmenprogramms „Solidarität und Steuerung der Migrantenströme“ (KOM(2005)0123 – 2005/0047(COD)),
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung des Europäischen Integrationsfonds für Staatsangehörige aus Drittländern für den Zeitraum 2007-2013 innerhalb des Rahmenprogramms „Solidarität und Steuerung der Migrantenströme“ (KOM(2005)0123 – 2005/0048(CNS)),
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung des Europäischen Rückkehrfonds für den Zeitraum 2008-2013 innerhalb des Rahmenprogramms „Solidarität und Steuerung der Migrantenströme“ (KOM(2005)0123 – 2005/0049(COD)),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Eine gemeinsame Integrationsagenda – ein Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union“ (KOM(2005)0389),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Strategischer Plan zur legalen Zuwanderung“ (KOM(2005)0669),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Vorrangige Maßnahmen zur Lösung von Migrationsproblemen: Erste Folgemaßnahmen nach Hampton Court“ (KOM(2005)0621),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission „Thematisches Programm für die Zusammenarbeit mit Drittländern in den Bereichen Migration und Asyl“ (KOM(2006)0026),
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft[2],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung[3],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen[4],
– unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes[5],
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz (KOM(2005)0375 – 2005/0156/(COD)),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Oktober 2005 zur Integration von Einwanderern durch mehrsprachige Schulen und Unterricht in mehreren Sprachen[6],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2005 zu den Zusammenhängen zwischen legaler und illegaler Migration und Integration der Migranten[7],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 2004 zu der Mitteilung der Kommission über Einwanderung, Integration und Beschäftigung[8],
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2004 zur Situation von Frauen, die Minderheiten in der Europäischen Union angehören[9],
– unter Hinweis auf das Haager Programm, das der Europäische Rat am 4. November 2004 gebilligt hat und in dem die Ziele für den Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht für den Zeitraum 2005 bis 2010 festgelegt sind,
– unter Hinweis auf das informelle Ministertreffen in Groningen am 9. November 2004, auf dem die für Integration zuständigen Minister zum ersten Mal zusammengekommen sind,
– unter Hinweis auf die gemeinsamen Grundprinzipien für die Politik der Integration, die auf der Ratstagung am 19. November 2004 gebilligt wurden, die ein kohärentes Paket von Empfehlungen darstellen, die die Grundlagen der Integrationspolitik der Europäischen Union bilden müssen,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 18, 20, 21 und 22,
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6-0307/2006),
A. in der Erwägung, dass die Zahl der Migrantinnen in der EU kontinuierlich steigt und sich auf ca. 54 % der Gesamtzahl der Migranten beläuft und ein immer breiteres Spektrum an Gruppen umfasst (Wirtschaftsmigration, Katastrophenmigration, Familienzusammenführung, Migration aus politischen Gründen, wegen bewaffneter Konflikte, irreguläre Einwanderung, Asylsuchende),
B. in der Erwägung, dass keine echte organisierte und koordinierte europäische Migrationspolitik existiert, und in der Erwägung, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten eine Regelungspolitik für die Migration in Zusammenarbeit mit den Drittländern schaffen müssen,
C. in der Erwägung, dass Migrantinnen bei der Integration in der Regel auf erhebliche Probleme stoßen, vor allem Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, eine niedrige Beschäftigungsquote und hohe Arbeitslosigkeit, befristete Beschäftigung im Niedriglohnsektor ohne jeglichen sozialen oder wirtschaftlichen Schutz oder in der Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit, eingeschränkte sprachliche Fähigkeiten, geringe Beteiligung an der Grundbildung und vor allem an der Hoch- und Fachschulbildung, eingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen, gewerkschaftlichen und kulturellen Leben des Aufnahmelandes, Armut und soziale Ausgrenzung; unter Hinweis dennoch darauf, dass eine nicht unwesentliche Zahl junger Frauen, die in ihrem Land ein Hochschulstudium absolviert haben, in der Europäischen Union Stellen innehaben, die eine geringe Qualifizierung erfordern, beispielsweise als Hausangestellte, da die betreffenden Löhne höher sind als diejenigen, die sie in ihrem Land für eine ihren Qualifizierungen entsprechende Stelle beanspruchen könnten,
D. in der Erwägung, dass Migrantinnen oft in erheblichem Maße diskriminiert werden, und zwar auf Grund ihrer Abhängigkeit vom rechtlichen Status ihres Ehemannes, wie dies in Richtlinie 2003/86/EG zum Ausdruck kam (kein eigener Rechtsstatus, beschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt, unsichere Wohnbedingungen im Falle einer Witwenschaft, Scheidung usw.), sowie aus Gründen der Mentalität und negativer Stereotype und Praktiken, die aus den Herkunftsländern mitgebracht wurden und in den Gastländern ebenfalls vorherrschen; in der Erwägung, dass sie in einigen Einwanderergemeinschaften erheblichen Problemen wie Ausgrenzung, Zwangsheiraten, weiblichen Genitalverstümmelungen und Ehrenverbrechen ausgesetzt sind,
E. unter Betonung der Tatsache, dass von der Integration der Migrantinnen in die Gesellschaft sehr oft die Integration der Angehörigen der zweiten und dritten Generation zugewanderter Bürger abhängt,
F. in der Erwägung, dass Migrantinnen in größerem Maße psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind, entweder weil sie wirtschaftlich und rechtlich abhängig sind oder weil Migrantinnen ohne eigenen Rechtsstatus häufiger Gefahr laufen, Opfer von Misshandlungen und sexueller Ausbeutung am Arbeitsplatz oder von Schlepperbanden zu werden; in der Erwägung, dass Migrantinnen, die sich in einer rechtswidrigen Situation befinden, aufgrund des Fehlens eines Rechtsstatus in ihrem Wohnsitzstaat in besonderem Maße Gefahr laufen, dass ihnen ihre Grundrechte verweigert werden, und dass sie im täglichen Leben verstärkt Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind,
G. in der Erwägung, dass Integration ein Prozess bilateraler Prozess ist, der sowohl die Bereitschaft der Zuwanderinnen voraussetzt, die Verantwortung für die Integration in ihre Aufnahmegesellschaft zu übernehmen, als auch die Bereitschaft der EU-Bürger, die Migrantinnen zu akzeptieren und zu integrieren; hierbei müssen zur Beeinflussung der Verhaltensmuster sowohl der Zuwanderer als auch der Aufnahmegesellschaften auf allen relevanten Ebenen sowie zur Mobilisierung von Ressourcen integrierte Maßnahmen auf beiden Seiten erarbeitet und umgesetzt werden; ferner in der Erwägung, dass dieser bilaterale Prozess ein gegenseitiges Engagement erfordert, das aus Rechten und Pflichten für die Aufnahmegesellschaft und für die Zuwanderer besteht,
H. in der Erwägung, dass der Aspekt des Geschlechts weder bei der Umsetzung von Maßnahmen noch bei der Erhebung von Daten systematisch berücksichtigt wird, wie aus den jüngsten Berichten zur Bewertung der nationalen Maßnahmen zur Integration von Migranten hervorgeht,
I. in der Erwägung, dass Menschenrechtsverletzungen gegen Migrantinnen in Form von so genannten Ehrenverbrechen, Zwangsehen, Genitalverstümmelungen oder sonstigen Verletzungen nicht durch kulturelle oder religiöse Gründe gerechtfertigt werden können und unter keinen Umständen toleriert werden sollten,
J. in der Erwägung, dass der neue Finanzrahmen 2007-2013 nicht nur auf die Stärkung bestehender Programme und Fonds für die Integration von Migrantinnen abzielt, sondern auch auf die Förderung neuer Initiativen wie beispielsweise das Rahmenprogramm “Solidarität und Steuerung der Migrationsströme” (das auch einen Fonds für die Integration von Drittstaatangehörigen, den Außengrenzenfonds und den Flüchtlingsfonds beinhaltet), in denen die Geschlechterdimension und eine bestmögliche soziale Integration von Migrantinnen mit eingeschlossen sein müssen,
K. unter Hinweis darauf, dass es zahlreiche Verbindungen zwischen Frauenhandel und wirtschaftlich begründeter Migration gibt,
1. ist der Auffassung, dass im Rahmen der Politik der Europäischen Union im Bereich Entwicklung und sozialer Zusammenhalt effiziente Maßnahmen zur Aufnahme und Integration von Migranten und vor allem von Migrantinnen umgesetzt werden müssen, zumal letztere inzwischen die Mehrzahl der Einwanderer stellen und aus immer vielfältigeren Gründen in die EU kommen (Wirtschaftsmigration, Flüchtlinge, Asylsuchende, Familienzusammenführung); begrüßt die Initiative der Kommission, Leitlinien für eine „Gemeinsame Integrationsagenda – ein Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union“ zu erstellen, und betont, dass geschlechtsbedingten Besonderheiten und der Lage der Frauen bei allen Maßnahmen Rechnung getragen werden muss;
2. weist auf die Schwierigkeiten hin, denen Migranten, insbesondere Migrantinnen, nach ihrer Ankunft im Aufnahmeland gegenüberstehen, da sie aufgrund einer doppelten Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft und des Geschlechts die schwächste Gruppe darstellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Strukturen und sozialen Dienste für die problemlose Eingliederung und die Information über Rechte und Pflichten gemäß ihren Grundsätzen und Rechtsvorschriften zu verstärken;
3. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Finanzierungen für eigens für Frauen bestimmte Programme vorzusehen, die Informationen über die Einreise- und Aufenthaltsformalitäten für Einwanderer in die Europäische Union bieten; fordert ferner, dass die konsularischen und diplomatischen Strukturen verstärkt werden, um die Einwanderungserfordernisse besser handhaben zu können;
4. fordert Migrantenorganisationen auf, insbesondere die weiblichen Mitglieder, aber auch ihre Familien anzuregen, aktiv an ihrer Integration zu arbeiten und die Integrationsangebote der Aufnahmeländer anzunehmen, um so die Integrationsbemühungen der Aufnahmegesellschaften zu unterstützen;
5. betont, dass Richtlinie 2003/86 ΕG noch nicht von allen Mitgliedstaaten in zufrieden stellender Weise umgesetzt wurde, wodurch ein beträchtlicher Spielraum für diskriminierende Behandlung von Migrantinnen bestehen bleibt; fordert die Kommission auf, im Rahmen des von ihr vorzulegenden Evaluierungsberichts Vorschläge zur Änderung der einschlägigen Artikel vorzubringen, mit dem Ziel, den Zeitraum, der für einen Partner zur Erlangung eines von ihrem Ehegatten unabhängigen Rechtsstatus notwendig ist, zu verkürzen (möglichst binnen einem Jahr nach ihrer Einreise) und dafür zu sorgen, dass sie diesen auch behalten, wenn die Beziehung zu dem Ehepartner zerbricht (Trennung, Scheidung, Tod des Ehepartners usw.), und mögliche Einschränkungen bezüglich des Zugangs zum Arbeitsmarkt und allen sozialen Dienstleistungen zu beseitigen;
6. fordert die Mitgliedstaaten auf im Rahmen ihrer nationalen Rechtsvorschriften und der Internationalen Konventionen, Migrantinnen, ob sie sich in einer rechtswidrigen Situation befinden oder nicht, die Achtung ihrer Grundrechte und insbesondere den Zugang zur Justiz, zu gerichtlichem Beistand, zu Aufnahmestrukturen und zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten;
7. fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer nationalen Rechtsvorschriften und der Internationalen Konventionen Migrantinnen, die sich in einer rechtswidrigen Situation befinden und deren Kinder regelmäßig eine Schule besuchen, Anspruch auf Familienleistungen (Familienzulagen, Recht auf Wohnung) zu gewähren;
8. fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen der bilateralen Arbeitsabkommen für die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen und anderer Vereinbarungen zu gewährleisten, dass Migrantinnen einen gesicherten rechtlichen und arbeitsrechtlichen Status in den Aufnahmeländern genießen und – wie im gemeinschaftlichen Besitzstand vorgesehen – weder aus Gründen des Geschlechts noch der Herkunft nicht diskriminiert werden;
9. fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Formen von Gewalt gegen Migrantinnen effizient zu bekämpfen, insbesondere durch Bereitstellung ausreichender medizinischer, rechtlicher und sozialer Unterstützung der Opfer von Gewalt durch die Umsetzung von Programmen zur gesellschaftlichen Wiedereingliederung von Opfern, durch garantierten Zugang von Opfern des sexuellen Menschenhandels zu entsprechenden Hilfseinrichtungen, um somit dem Bedarf der Opfer an Sicherheit und Schutz zu entsprechen, sowie durch Bereitstellung vorsorglicher Informationen für Frauen von Migranten betreffend ihre Rechte im Gastland;
10. fordert die Mitgliedstaaten auf, gemäß Richtlinie 2004/81/EG zu gewährleisten, dass bei der Prüfung von Anträgen auf Zuerkennung eines eigenen Rechtsstatus die Lebensumstände von Migrantinnen, die Opfer von Gewalt geworden sind, angemessen berücksichtigt werden, insbesondere bei Opfern physischer und psychischer Gewalt oder der anhaltenden Praxis von Zwangsehen oder arrangierten Ehen, und dass alle zum Schutz dieser Frauen dienenden Verwaltungsmaßnahmen getroffen werden, einschließlich Zugang zu Unterstützungs- und Schutzmechanismen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verfahren für die Bewilligung einer Aufenthaltserlaubnis für Opfer des Sexhandels zu vereinfachen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um in außergewöhnlichen Fällen Sonderaufenthaltsgenehmigungen zu erteilen, damit ausländischen Opfern ohne Rechtsstatus die Möglichkeit gegeben wird, der Gewalt zu entkommen;
11. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass bilaterale Abkommen mit Drittländern auf der Grundlage der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und/oder Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ausgehandelt und abgeschlossen werden – insbesondere im Hinblick auf den Status von Personen in der Ehe, bei Scheidung, Sorgerecht, Verstoßung oder Vielehe;
12. fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der den Migrantinnen das Recht auf einen eigenen Pass und eine eigene Aufenthaltserlaubnis garantiert und die Möglichkeit der strafrechtlichen Belangung für die Wegnahme dieser Dokumente vorsieht;
13. fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen ihrer nationalen Aktionspläne für Beschäftigung und soziale Eingliederung Maßnahmen zu ergreifen, die folgenden Zielen dienen: Förderung der Beteiligung von Migrantinnen am Arbeitsmarkt, Bekämpfung von Schwarzarbeit, Wahrung der sozialen Rechte von Frauen (gleiche Entlohnung, soziale Sicherheit, Rentenansprüche usw.), Stärkung des Unternehmertums, garantierter Schutz älterer Migrantinnen vor den Leiden der Armut und Ausgrenzung, Förderung des Stellenwerts der Sozialpartner und Gewerkschaften beim Prozess der sozialen und wirtschaftlichen Integration von Frauen;
14. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Migrantinnen angemessene und ausreichende Bildung erhalten in Form von Sprachunterricht und Information über Grundrechte, politische und soziale Rechte und demokratische Grundsätze im Aufnahmeland, da dies ihre reibungslose soziale Eingliederung im Aufnahmeland erleichtern und sie vor Diskriminierung in Familie und Gesellschaft schützen wird;
15. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang junger Migrantinnen zu den Systemen der schulischen und beruflichen Bildung in den Aufnahmeländern sowie deren Beteiligung an dem integrierten Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens 2007-2013, das die Programme Erasmus, Leonardo Da Vinci, Comenius und Grundtvig beinhaltet, sowie an den Programmen Socrates, Kultur 2007-2013 und Jugend in Aktion 2007-2013 zu fördern; ist der Auffassung, dass es besonders wichtig ist, die beruflichen Qualifikationen und Fähigkeiten (vor allem wissenschaftliche Abschlüsse) der Frauen anzuerkennen und ihnen den Zugang zur Sprachausbildung zu gewährleisten, da dies ihrer besseren Integration dient;
16. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang der Migrantinnen zur Beschäftigung zu fördern und für eine angemessene Berufsausbildung zu sorgen, durch Verabschiedung positiver Maßnahmen zur Bekämpfung der zweifachen Diskriminierung von Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt und durch Schaffung günstiger Bedingungen für ihren Zugang zum Arbeitsmarkt und für die Vereinbarung von Berufs- und Familienleben, insbesondere durch Schaffung zugänglicher Kinderbetreuungseinrichtungen;
17. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich aufgeschlossen für die Frage zu zeigen, wie Migrantinnen angeregt werden können, sich im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und den daraus erwachsenden Möglichkeiten am sozialen und politischen Leben zu beteiligen;
18. verweist darauf, dass es nicht toleriert oder aus kulturellen oder religiösen Gründen entschuldigt werden darf, wenn Eltern von zugewanderten Mädchen diese daran hindern, am Sport- und Schwimmunterricht sowie an Schulklassen teilzunehmen; fordert Schulen und Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die Mädchen am Schulunterricht teilnehmen und die Schulpflicht im Einklang mit nationalen Vorschriften durchzusetzen;
19. betont, dass lokale und regionale Behörden sich um die Integration von Migrantinnen bemühen, und fordert die Mitgliedstaaten sowie die Europäische Union auf, diese Bemühungen sowohl finanziell als auch durch Informationsaustausch zu unterstützen, damit insbesondere Probleme wie Wohnraum, Ghettoisierung, Kriminalität, Zugang zu öffentlichen und sozialen Dienstleistungen, zu Gesundheitsfürsorge, zu Kinderbetreuung usw. angegangen werden können; betont, wie wichtig auch organisierte Migrantengemeinschaften und nichtstaatliche Organisationen sind, die Beratung, Aufklärung und Unterstützung für Migrantinnen anbieten;
20. fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, damit die Rechte von zuwandernden Frauen und Mädchen geschützt werden und ihre Diskriminierung in ihrer Herkunftsgemeinde zu bekämpfen durch Zurückweisung aller Formen des kulturellen und religiösen Relativismus, der die Grundrechte der Frauen verletzen könnte;
21. fordert die Mitgliedstaaten auf, entweder spezifische Rechtsvorschriften betreffend weibliche Genitalverstümmelungen umzusetzen oder jeden, der Genitalverstümmelungen vornimmt, strafrechtlich zu verfolgen;
22. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verpflichtung für medizinisches Personal einzuführen, sämtliche Fälle von Genitalverstümmelungen an Frauen, auch aktuelle Fälle und solche, in denen eine Genitalverstümmelung zu befürchten ist, zu melden;
23. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich gegen traditionsgestützte Gewalt gegen Frauen auszusprechen, familiär bedingte Verletzungen der Menschenrechte von zugewanderten Frauen und Mädchen zu verurteilen und zu prüfen, welche Gesetze Anwendung finden können, um insbesondere bei so genannten Ehrenverbrechen Familienmitglieder zur Rechenschaft ziehen zu können;
24. fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Herkunftsländer auf, ihre Bevölkerung systematisch und verantwortungsbewusst über migrationspolitische Maßnahmen und Problemstellungen in der EU sowie über die Möglichkeiten und Verpflichtungen der Migrantinnen und Migranten in den Aufnahmeländern zu informieren, damit negative Folgen der illegalen Einwanderung sowie Marginalisierung und Ausbeutung von Migrantinnen, insbesondere jede Form der sexuellen Ausbeutung, in den Aufnahmeländern vermieden werden können;
25. ersucht die Kommission, im Rahmen der vorgeschlagenen Verordnung betreffend die Gemeinschaftsstatistik im Bereich der Zuwanderung und des internationalen Schutzes verlässliche und vergleichbare Indikatoren und Daten über Migrantinnen einzubinden, um einen konkreten Eindruck von ihrer Lage und ihren Problemen zu erhalten;
26. fordert die Kommission auf, eine qualitative und quantitative Bewertung der Maßnahmen durchzuführen, die im Rahmen der existierenden Finanzierungsinstrumente und Programme (Europäischer Sozialfonds, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, Europäischer Flüchtlingsfonds, Initiative EQUAL, Daphne-Programm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen, europäische Programme in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und Diskriminierung) für Migrantinnen umgesetzt wurden;
27. begrüßt die Initiative der Kommission, wonach sie im Rahmen des gemeinsamen Rahmenprogramms zur Integration von Drittstaatenangehörigen in die EU entsprechende Leitlinien für die Integrationspolitiken festschreiben will, die die Mitgliedstaaten zu befolgen haben und stellt ferner ausdrücklich fest, dass bei allen zu ergreifenden Maßnahmen die Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Geschlecht oder der Lage von Frauen, Jugendlichen und den Kindern von Migranten unbedingt berücksichtigt werden müssen;
28. fordert die Kommission auf, geschlechtsspezifische Daten über Zuwanderungsströme in die EU zu erheben und die Analyse dieser Daten von dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen durchführen zu lassen, um die besonderen Bedürfnisse und Probleme von Migrantinnen und die am besten geeigneten Methoden für ihre Eingliederung in die Gesellschaften der Aufnahmeländer herauszukristallisieren;
29. begrüßt die Tatsache, dass eines der wichtigsten spezifischen Ziele des Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen der Aufbau von Stellen ist, die entsprechende Dienste anbieten, mit denen die Versorgung der einzelnen Gruppen von Drittstaatsangehörigen, darunter Frauen und Kinder, nach ihrem jeweiligen Bedarf, verbessert wird; fordert, dass innerhalb dieses Aktionsbereichs kostenlose Beratungsdienste finanziert und den Migrantinnen zur Verfügung gestellt werden, die die Rechte der Frau, die sexuellen und reproduktiven Gesundheitsrechte, die Beschäftigung und damit zusammenhängende sonstige Bereiche betreffen;
30. begrüßt die Bezugnahme auf die oben genannte Mitteilung der Kommission zu den gemeinsamen Grundsätzen und ersucht den finnischen Ratsvorsitz, die gemeinsamen Grundsätze als vorrangigen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen;
31. begrüßt, dass das Jahr 2007 zum Europäischen Jahr der Gleichstellung für alle und dass das Jahr 2008 zum Jahr des interkulturellen Dialogs erklärt wurde, und ist der Auffassung, dass diese Gelegenheiten für die Sensibilisierung in Fragen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen (Verletzung von Grundrechten) sowie für die generelle Aufklärung der Gesellschaft über die Stellung und Rolle von Migrantinnen, ihre Kultur und ihre Bestrebungen in den Aufnahmeländern genutzt werden sollten; stellt fest, dass es notwendig ist, die Bereitstellung von Informationen und die Teilnahme von Migrantinnen an europäischen sozialen Veranstaltungen parallel voranzutreiben;
32. betont, dass nationale, regionale und lokale Behörden einen stärkeren offenen Dialog pflegen sollen, um so Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Gemeinschaften und Netzen von Migranten zu verbessern, damit Praktiken, die zu Lasten von Frauen gehen, verhindert und bekämpft und proaktive Maßnahmen zu ihrer Eingliederung gefördert werden können;
33. verurteilt Zwangsehen und fordert die Mitgliedstaaten und im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Kommission auf, alle erforderlichen Schritte zu ergreifen, um die Verantwortlichen zu bestrafen, auch dann, wenn die Zwangsehen durch EU-Gebietsansässige außerhalb des EU-Hoheitsgebiets geschlossen werden;
34. fordert den Rat und die Kommission nachdrücklich auf, im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Einwanderungs- und Asylpolitik die weibliche Genitalverstümmelung als einen Grund für die Inanspruchnahme des Asylrechts aufzunehmen;
35. ermutigt die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, alle Formen der Gewalt gegen Frauen und Kinder, insbesondere Zwangsehen, Polygamie, so genannte Ehrenverbrechen und Genitalverstümmelungen bei Frauen, in ihren Strafgesetzbüchern mit wirksamen und abschreckenden Strafen zu belegen und Polizei und Gerichte für diese Erscheinungen zu sensibilisieren;
36. fordert die Kommission auf, eine Mitteilung über die Migration von Frauen vorzulegen, in der vergleichende qualitative und quantitative Statistiken bezüglich der Stellung und der Rolle von Migrantinnen in der EU enthalten sind, und fordert ferner die Vorlage spezifischer Vorschläge und Maßnahmen, mit denen die Integration von Migrantinnen in den Aufnahmeländern verbessert und effizienter gestaltet werden kann;
37. fordert die Mitgliedstaaten auf, Politikmaßnahmen durchzusetzen, die die Gleichheit aller Menschen gewährleisten, wie z.B. die Flüchtlingskonvention aus dem Jahre 1951, damit von den Mitgliedstaaten gegen die illegale Zuwanderung ergriffene Maßnahmen uneingeschränkt vereinbar sind mit den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung;
38. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- [1] ABl. 261 vom 6.8.2004, S. 19.
- [2] ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.
- [3] ABl. L 251 vom 3.10.2003, S. 12.
- [4] ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44.
- [5] ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12.
- [6] Angenommene Texte, P6_TA(2005)0385.
- [7] Angenommene Texte, P6_TA(2005)0235.
- [8] ABl. C 92 E vom 16.4.2004, S. 390.
- [9] ABl. C 102 vom 28. 4. 2004, S. 35.
BEGRÜNDUNG
Dass es Zuwanderung in die EU gibt, ist eine historische Tatsache, an der sich auch in Zukunft sicher nichts ändern wird. Ob wir unsere Ziele, nämlich Entwicklung und sozialer Zusammenhalt, verwirklichen können, hängt deshalb unmittelbar davon ab, ob es gelingt, die Migrationsströme zu steuern, dieses Potential zu nutzen und die Migranten in unsere Gesellschaften zu integrieren.
Die sozialen Unruhen, die in vielen europäischen Städten zu verzeichnen waren, haben auch damit zu tun, dass die Forschung und die Politik in diesem Bereich unzureichend sind. Insbesondere die Lage und die Probleme von Migrantinnen wurden viel zu wenig berücksichtigt. Die Berichterstatterin will Aspekte und Chancen der Einwanderung von Frauen sowie die Instrumente der europäischen Politik für den Schutz der Rechte von Migrantinnen und die bessere Nutzung ihres Potentials aufzeigen.
A. ÜBERBLICK ÜBER DIE ZUWANDERUNG VON FRAUEN IN DIE EU
a) allgemeine quantitative Daten
Sowohl in den einzelnen Mitgliedstaaten als auch auf EU-Ebene bereitet es erhebliche Schwierigkeiten, Daten und Zahlen zur Einwanderung nach Europa, vor allem von Frauen, zu erheben.[1] Den Angaben der Internationalen Migrationsorganisation (IMO) zufolge sind 45 % der Migranten in den entwickelten Ländern Frauen.
Die Zahl der Migrantinnen in der EU ist nach der Erweiterung ständig gestiegen und liegt derzeit bei ca. 54 % der Gesamtzahl der Migranten.[2] Nach den neuesten verfügbaren Daten[3] beläuft sich der Anteil der Migrantinnen, die sich legal in der EU aufhalten, auf 4 % der EU-Gesamtbevölkerung.
b) qualitative Daten
Die Migrantinnen in der EU gehören einem breiten Spektrum von Gruppen an. Dazu zählen beispielsweise:
– Familienzusammenführung
– Wirtschaftsmigration
– Flüchtlinge
– illegale Einwanderung
Gegenwärtig leben trotz zahlreicher Maßnahmen, die in der EU ergriffen wurden, zahlreiche Migrantinnen am Rande der Gesellschaft. Ihr Zugang zum öffentlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben ist nach wie vor außerordentlich beschränkt. Angaben des Europarats zufolge werden Migrantinnen doppelt diskriminiert, wegen ihres Geschlechts und wegen ihrer ethnischen Herkunft. Dies betrifft zwei Bereiche: einerseits die Gesellschaft des Aufnahmelandes und andererseits die Gemeinschaft der Migranten, in der sie leben.[4]
Im Rahmen der Migrationspolitik müssen deshalb das Geschlecht und die Unterschiede berücksichtigt werden, die zwischen den Migrantengemeinschaften existieren, denn Probleme und Diskriminierung treten nicht überall bzw. nicht in demselben Ausmaß auf. In einigen, vor allem muslimischen Gemeinschaften, bleiben Migrantinnen nach der Eheschließung in der Regel zu Hause und haben nicht die Möglichkeit, die Gesellschaft des Aufnahmelandes kennenzulernen und deren Sprache zu lernen, was ihre Isolation verstärkt. Wenn sie berufstätig sind, dann auf so genannten schlechten Arbeitsplätzen oder im Rahmen nicht angemeldeter Erwerbsarbeit oder der Schattenwirtschaft (Landwirtschaft, Gastronomie, Reinigung, Hausarbeit), was ihnen weder wirtschaftliche Unabhängigkeit noch Sicherheit bringt.
Die Beschäftigungsquote von legal aufhältigen Migrantinnen liegt bei nur 44 %, die Arbeitslosenquote bei 19 %.[5] Der Unterschied in der Beschäftigungsquote von Migrantinnen aus Drittländern und Migrantinnen aus EU-Ländern ist mit 16,9 % recht hoch, während er bei den Männern bei nur 11 % liegt. Bei den hochqualifizierten Migrantinnen liegt der Unterschied in der Beschäftigungsquote zwischen Frauen aus Drittländern und Frauen aus den Mitgliedstaaten bei beträchtlichen 23,2 %.[6]
Im Jahr 2000 waren die Einkommen von Migrantinnen aus Drittländern um 10 % geringer als die entsprechenden Einkommen von Migrantinnen aus EU-Mitgliedstaaten. Bei den Männern lag dieser Unterschied bei nur 4 %.
Eines der Hauptprobleme der Migrantinnen ist nach wie vor die Bildung. 50 % der Migrantinnen verfügen lediglich über die Pflichtschulbildung, und nur 17 % haben eine Hoch- oder Fachschulbildung.[7]
Die Lage der Migrantinnen hängt vielfach vom rechtlichen Status ihres Ehepartners ab, d. h. sie gelten juristisch als abhängige Personen, was sich im Fall einer Scheidung oder des Todes des Ehepartners negativ auswirkt, vor allem in Fällen von Polygamie. Die Frauen sind dann zur Schwarzarbeit gezwungen und gehen ihres sozialen Schutzes und ihrer Würde verlustig.
In einigen Gemeinschaften führen negative Stereotype über das weibliche Geschlecht in der Regel zu erheblichen Diskriminierungen dieser Frauen bis hin zu häufiger psychischer und körperlicher Gewalt und Verbrechen aus Gründen der Ehre. Nach Angaben nichtstaatlicher Organisationen werden 5000 Frauen jährlich Opfer von Verbrechen aus Gründen der Ehre, viele davon sind Frauen aus muslimischen Migrantengemeinschaften in Europa. Der Kommission liegen keine zuverlässigen statistischen Daten zum Ausmaß solcher Erscheinungen in Europa vor, doch hat sie sich verpflichtet, demnächst eine Mitteilung zur Schaffung eines Systems vergleichbarer statistischer Daten zu solchen Verbrechen und zur Strafjustiz vorzulegen.
B. GEMEINSCHAFTLICHE MIGRATIONSPOLITIK – FRAUEN
a) Rechtsgrundlage
Die Förderung der Grundrechte, die Beseitigung von Diskriminierung und die Chancengleichheit für alle sind wesentliche Aspekte von Integrationsmaßnahmen. Die Rechtsvorschriften der EU umfassen wichtige Bestimmungen für die Gleichbehandlung, die sich auf Artikel 13 des EG-Vertrags stützen. Artikel 63 EGV räumt der Europäischen Gemeinschaft Zuständigkeiten und Befugnisse in den Bereichen Einwanderungs- und Asylpolitik ein.
b) Gemeinschaftliche Rechtsvorschriften und Initiativen
Auf dem Europäischen Rat von Tampere (1999) wurde ein strategischer Rahmen für die erforderliche wirksame Steuerung der Migrationsströme geschaffen, begleitet von einer entschlossenen Politik der Integration jener Drittstaatsangehörigen, die rechtmäßig ihren Wohnsitz in der Union haben.
Die wichtigsten legislativen Akte und Initiativen in diesem Zusammenhang sind:
Richtlinie 2000/43/EG, in der direkte und indirekte Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft definiert und verboten wird, und Richtlinie 2003/109/EG, in der der Status und gleiche Rechte für langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörigen festgelegt werden.
Richtlinie 2003/86/EG regelt eine wichtige Frage, die Migrantinnen ganz direkt betrifft, nämlich das Recht auf Familienzusammenführung, und trägt der Verpflichtung zum Schutz der Familie und zur Achtung des Familienlebens Rechnung. Der Ehepartner/die Ehepartnerin desjenigen, der die Familienzusammenführung beantragt, hat nunmehr einen Anspruch darauf. Außer dem Aufenthaltstitel, der für den gleichen Zeitraum ausgestellt wird wie der Aufenthaltstitel des Zusammenführenden, haben die Familienmitglieder Zugang zu Bildung, Beschäftigung und beruflicher Bildung. Spätestens nach Ablauf von fünf Jahren haben der Ehegatte oder der nichteheliche Lebenspartner und das volljährig gewordene Kind Anspruch auf einen eigenen Aufenthaltstitel.
Anfang 2005 legte die Kommission ein Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration vor und im Dezember 2005 eine Mitteilung „Strategischer Plan zur legalen Zuwanderung“, in der mit einer Reihe von Richtlinienvorschlägen (Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von hochqualifizierten Arbeitnehmern, von Saisonarbeitnehmern, von innerbetrieblich versetzten Arbeitnehmern und von bezahlten Auszubildenden) u. a. die Grundlagen gelegt werden.
Wie bereits dargestellt, stellen Wirtschaftsmigrantinnen eine wichtige Gruppe der Migrantinnen dar. Deshalb muss die Politik der EU in diesem Bereich diesen Aspekt sorgfältig berücksichtigen. Positiv zu werten ist, dass in der Mitteilung der Kommission vom September 2005 „Eine gemeinsame Integrationsagenda – ein Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union“ ausdrücklich betont wird, dass geschlechtsspezifische Besonderheiten sowie die Situation von Frauen, Jugendlichen und Kindern von Migranten bei den umzusetzenden Maßnahmen berücksichtigt werden müssen.
Darüber hinaus müssen die Möglichkeiten, die die Instrumente zur Finanzierung von Maßnahmen für oder von Migrantinnen bieten (Europäischer Sozialfonds, EQUAL, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, Europäisches Aktionsprogramm Bildung), richtig genutzt werden.
Die Vorschläge der Kommission, das Jahr 2007 zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle und das Jahr 2008 zum Jahr des interkulturellen Dialogs zu erklären, sind wichtige Initiativen zur Sensibilisierung, die dazu beitragen, dass die Ziele des gegenseitigen Verständnisses, der Integration und der Förderung der Gleichstellung von Migrantinnen verwirklicht werden können.
c) Situation heute
2003 legte die Kommission eine umfassende Mitteilung zu Migration, Integration und Beschäftigung vor, und 2004 folgte der erste jährliche Fortschrittsbericht. Danach tragen die meisten Mitgliedstaaten geschlechtsspezifischen Fragen im Zusammenhang mit der Migration offenbar nicht systematisch Rechnung, und zwar weder was die Maßnahmen noch was die Erhebung von Daten betrifft. Dies geht aus der Auswertung der nationalen integrationspolitischen Maßnahmen hervor (Berichte der nationalen Kontaktstellen für Integration, nationale Aktionspläne für Beschäftigung, nationale Aktionspläne für soziale Integration). Doch lohnt es sich, einige Aktionen und innovative Maßnahmen, die vor allem Frauen betreffen, hervorzuheben:
Die meisten Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen zur Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten (vor allem bei neu angekommenen Migranten). Es werden besondere Anstrengungen zur Verbesserung der Berufsorientierung unternommen. Die Beteiligung und das Engagement der Sozialpartner in diesem Bereich werden gefördert. Es wird mehr Gewicht auf die staatsbürgerliche Bildung gelegt, indem Aufklärung über Grundrechte und -pflichten von Migranten, einschließlich der Gleichstellung von Männern und Frauen, sowie über die Regeln und Werte in den Aufnahmeländern betrieben wird. Bei Problemen wie Arbeitslosigkeit, Armut und sozialer Ausgrenzung, von denen Migrantinnen in besonderem Maße betroffen sind, haben viele Länder offenbar noch nicht gründlich die Faktoren analysiert, die zu diesen Problemen beitragen.
Einige Mitgliedstaaten bemühen sich, erschwinglichen Wohnraum anzubieten und den negativen Auswirkungen der Ghettoisierung zu begegnen, die in städtischen Problemvierteln, in denen vor allem Migranten wohnen, sichtbar werden.
Die Förderung der Beteiligung an der Entscheidungsfindung ist ein Prozess, der sich in ständiger Entwicklung befindet und von den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten abhängig ist. Die meisten der 25 Mitgliedstaaten haben Migranten bereits Wahlrecht auf lokaler Ebene eingeräumt (eine Art der Gewährung von Bürgerrechten).
C. VORSCHLÄGE FÜR KÜNFTIGE AKTIONEN
1. Bewertung – Bilanz der bereits umgesetzten Maßnahmen
Aus den Berichten der Kommission sowie den sozialen Problemen, die viele Migrantengemeinschaften in zahlreichen Ländern haben, wird deutlich, dass die bereits umgesetzten Maßnahmen gründlich evaluiert werden müssen und dass eine Bilanz der Ausschöpfung und Nutzung der Gemeinschaftsmittel gezogen werden muss.
2. Vorbereitung der Migranten
Die Berichterstatterin ist der Auffassung, dass die europäischen Länder eine Reihe von Maßnahmen ergreifen müssen, die darauf abzielen, dass die Migranten die Grundwerte und -regeln der Gesellschaften der Aufnahmeländer besser kennen und sich zu eigen machen und die Sprache des Aufnahmelandes lernen.
3. Angestrebte Integrationsmaßnahmen
Der wichtigste Aspekt ist nach Auffassung der Berichterstatterin der Zugang zum Arbeitsmarkt und zur beruflichen Bildung für Migrantinnen, die gleiche Rechte am Arbeitsplatz (in Bezug auf Entlohnung, Versicherung und Rentenansprüche) genießen müssen, da dies ihre Unabhängigkeit gewährleistet. Dabei tragen die Mitgliedstaaten die Verantwortung, den Zugang der Frauen zum Arbeitsmarkt und die Achtung ihrer Rechte als Arbeitnehmerinnen sowie die Rolle der Sozialpartner und die Rolle der Kommission bei der Kontrolle der Einhaltung des gemeinschaftlichen Besitzstandes zu fördern.
4. Integration ins Bildungssystem
Die besonderen Probleme junger Migrantinnen müssen bei den Maßnahmen, die dem Problem des Schulabbruchs begegnen sollen, berücksichtigt werden. Gleichzeitig könnte die Verbesserung des Zugangs junger Migrantinnen zur Hoch- und Fachschulbildung durch positive Diskriminierung vielleicht einen Anreiz für diese Zielgruppe darstellen.
Was die berufliche Bildung betrifft, so sollten die geltenden Rechtsvorschriften ergänzt werden, indem neue Formen der Anerkennung beruflicher Qualifikationen, Ausbildungen und/oder Berufserfahrungen der neu ankommenden Migranten geschaffen werden.
5. Gesellschaftliche Teilhabe – Vernetzung
Die Stärkung der Teilhabe von Migrantinnen an allen Formen des gesellschaftlichen Lebens befreit diese Frauen aus ihrer Isolation innerhalb der Gesellschaft des Aufnahmelandes. Ihre Teilhabe an der Gesellschaft muss auf allen Ebenen und mit allen Möglichkeiten, die die nationalen Rechtsvorschriften bieten, gefördert werden. Auch die Verbesserung des Dialogs zwischen den verschiedenen Gruppen von Drittstaatsangehörigen und den Behörden, den Sozialpartnern und den nichtstaatlichen Organisationen in den Gesellschaften der Aufnahmeländer ist ein wichtiger Faktor für die soziale Integration.
Dies gilt auch für die Förderung der Tätigkeit von Migrantenorganisationen, die Neuankömmlingen Informationen und Beistand geben können, sowie die Teilnahme ihrer Vertreter an den Programmen als Lehrkräfte. Vor allem Migrantinnen sind geeignet, Frauen nach ihrer Ankunft im Aufnahmeland zu betreuen. Darüber hinaus sollten diese Organisationen einen Dialog mit den Gesellschaften der Aufnahmeländer führen, weshalb die Beteiligung von Frauen daran so wichtig ist.
6. Sensibilisierung der Gesellschaft des Aufnahmelandes
Um diese unsere Ziele verwirklichen zu können, ist eine positive Einstellung der Gesellschaft des Aufnahmelandes und deren Mitarbeit erforderlich. Deshalb müssen Maßnahmen gefördert werden, durch die die europäischen Völker für die Bedeutung der Migration, die Rolle der Migrantinnen, ihre besonderen Probleme und deren Lösung sensibilisiert werden.
7. Austausch bewährter Verfahren
In den Mitgliedstaaten der EU wurden verschiedene Erfahrungen im Bereich der Migration gemacht und unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Bei ihrem Bemühen, eine europäische Migrationspolitik auf der Grundlage gemeinsamer Ziele und als Antwort auf gemeinsame Herausforderungen umzusetzen, muss die EU den Austausch bewährter Verfahren und Problemlösungen fördern, bei denen auch geschlechtsspezifische Fragen eine Rolle spielen.
- [1] Siehe Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz (KOM(2005)0375 endg.) – noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
- [2] Arbeitskräfteerhebung für die Europäische Gemeinschaft (Eurostat).
- [3] Eurostat, Statistics in Focus, Thema 3-2/2003, S. 1.
- [4] Siehe Resolution 1487(2006) zur Integration von Migrantinnen in Europa, Ziffer 1.
- [5] Eurostat, Statistics in Focus, Thema 3-2/2003, S. 1.
- [6] Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Gleichstellung von Frau und Mann 2005 (KOM(2005) 44 endg., vom 14. 2. 2005), S. 6.
- [7] Eurostat, Statistics in Focus, Thema 3-2/2003, S. 1.
VERFAHREN
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Titel |
Zuwanderung von Frauen: Rolle und Stellung der Migrantinnen in der Europäischen Union |
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Verfahrensnummer |
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Federführender Ausschuss |
FEMM |
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Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse |
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Nicht abgegebene Stellungnahme(n) |
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Verstärkte Zusammenarbeit |
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Berichterstatterin |
Rodi Kratsa-Tsagaropoulou |
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Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen) |
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Prüfung im Ausschuss |
21.6.2006 |
13.9.2006 |
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Datum der Annahme |
13.9.2006 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+ - 0 |
21 0 3 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Edit Bauer, Edite Estrela, Věra Flasarová, Claire Gibault, Lissy Gröner, Zita Gurmai, Anneli Jäätteenmäki, Piia-Noora Kauppi, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Urszula Krupa, Astrid Lulling, Siiri Oviir, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Christa Prets, Marie-Line Reynaud, Raül Romeva i Rueda, Amalia Sartori, Eva-Britt Svensson, Britta Thomsen, Anna Záborská |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen) |
José Manuel García-Margallo y Marfil, Ana Maria Gomes, Zita Pleštinská, Karin Resetarits |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
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Datum der Einreichung |
27.9.2006 |
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Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) |
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