BERICHT über den Antrag auf Schutz der Immunität und der Vorrechte von Gabriele Albertini
27.10.2006 - (2006/2122(IMM))
Rechtsausschuss
Berichterstatterin: Diana Wallis
VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
über den Antrag auf Schutz der Immunität und der Vorrechte von Gabriele Albertini
Das Europäische Parlament,
– befasst mit einem von Gabriele Albertini am 28. April 2006 übermittelten und am 15. Mai 2006 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Schutz seiner Immunität im Zusammenhang mit einem vor dem Bezirksgericht in Mailand anhängigen Strafverfahren,
– nach Anhörung von Gabriele Albertini gemäß Artikel 7 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,
– gestützt auf die Artikel 9 und 10 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments,
– in Kenntnis der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Mai 1964 und vom 10. Juli 1986[1],
– unter Hinweis auf Artikel 68 der Verfassung der Italienischen Republik,
– gestützt auf Artikel 6 Absatz 3 und Artikel 7 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A6‑0383/2006),
A. in der Erwägung, dass Gabriele Albertini bei der sechsten Direktwahl vom 10. bis 13. Juni 2004 ins Europäische Parlament gewählt wurde und sein Mandat vom Parlament am 14. Dezember 2004[2] geprüft wurde,
B. in der Erwägung, dass während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht, dass aber bei Ergreifung eines Mitglieds auf frischer Tat die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden kann, und in der Erwägung, dass dies der Befugnis des Europäischen Parlaments nicht entgegensteht, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben[3],
C. unter Hinweis darauf, dass auf diesen Fall Artikel 68 Unterabsatz 2 der italienischen Verfassung anwendbar ist, der die Einleitung von Strafverfahren gegen Mitglieder des Parlaments ohne besondere Formalitäten zulässt, da in ihm vorgeschrieben wird, dass ohne die Zustimmung der Kammer, der das Mitglied angehört, kein Mitglied des Parlaments einer Leibesvisitation oder Hausdurchsuchung unterzogen werden darf und ein Mitglied nicht verhaftet oder auf andere Weise seiner persönlichen Freiheit beraubt oder in Haft gehalten werden darf, es sei denn, um ein rechtskräftiges Urteil zu vollstrecken oder falls das Mitglied beim Begehen einer Tat überrascht wird, für die im in flagranti-Fall die Festnahme verbindlich vorgeschrieben ist,
D. unter Hinweis darauf, dass die gegen Gabriele Albertini von der Staatsanwaltschaft des Bezirksgerichts in Mailand vorgebrachten Anklagepunkte sich auf die Einreichung von Blanko-Änderungsanträgen im Rahmen des Haushaltsverfahrens des Stadtrats von Mailand beziehen, um diese später in Kenntnis der von der Opposition eingereichten Änderungsanträge auszufüllen, und so die Einreichung von Änderungsanträgen nach Fristablauf zu vermeiden, die unzulässig wären,
E. in Erwägung der Tatsache, dass die Einreichung von Blanko-Änderungsanträgen als ein Aspekt der Politik und des politischen Lebens angesehen werden kann und solche Änderungsanträge – solange der endgültige Akt, auf den sie sich beziehen, nicht angenommen worden ist – rein verfahrensinterne Akte ohne Außenwirkung darstellen, insbesondere und vor allem vom strafrechtlichen Standpunkt aus, da die Einreichung solcher Änderungsanträge auf eine „unmögliche“ und auf jeden Fall nicht existente Straftat hinausläuft,
F. in der Erwägung, dass in einem anderen Verfahren (Rechtssache Nr. 9384/03 R.G.N.R.) eben dieses Bezirksgericht in Mailand, das damit befasst worden war, ähnliche, damals jedoch von Gabriele Albertini selbst gegen seine politischen Gegner vorgebrachte Anschuldigungen wie die gegen Gabriele Albertini erhobenen zu prüfen, befand, dass es keinen Grund für eine Verhandlung gebe und das Verfahren einstellte,
G. unter Hinweis darauf, dass genau dasselbe Gericht in zwei im Wesentlichen vergleichbaren Fällen eine völlig gegensätzliche Haltung einnahm, was einer unangemessenen Ungleichbehandlung gleichkommt und darauf hindeutet, dass Herr Albertini unrechtmäßig verfolgt wird,
H. in der Erwägung, dass es sich hier um ein äußerst heikles Problem handelt und seine Auswirkungen auf die Vorrechte des Europäischen Parlaments nicht hinnehmbar sind, da es keinen Grund für eine Ungleichbehandlung von Gabriele Albertini gibt, was die Frage von „fumus persecutionis“ aufwirft,
I. unter Hinweis darauf, dass jeder Fall politischer Verfolgung eines seiner Mitglieder ein Angriff auf die Integrität des Europäischen Parlaments als von den Völkern Europas demokratisch gewählter politischer Institution ist und auf eine Missachtung des Parlaments hinausläuft,
J. unter Hinweis darauf, dass die diskriminierende Haltung des italienischen Gerichts Gabriele Albertini schadet,
K. in der Erwägung, dass – wenn das Statut für die Mitglieder des Europäischen Parlaments bereits in Kraft getreten wäre, was jedoch noch nicht der Fall ist, obwohl das Europäische Parlament es zweimal in seiner Entschließung vom 5. Dezember 2002[4] und vom 17. Dezember 2003[5] gebilligt hat – das Verfahren gegen Gabriele Albertini hätte eingestellt werden können,
1. bedauert, dass das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 in der jetzigen Fassung dem Europäischen Parlament nicht die Mittel an die Hand gibt, eine rechtsverbindliche Maßnahme zum Schutz von Gabriele Albertini zu ergreifen und beschließt deshalb, seine Immunität nicht zu schützen;
2. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses im Zusammenhang mit der Strafsache Nr. 8629/05 R.G. unverzüglich der Staatsanwaltschaft beim Bezirksgericht in Mailand zu übermitteln.
- [1] Rechtssache 101/63, Wagner/Fohrmann und Krier, Slg. 1964, S. 195, und Rechtssache 149/85, Wybot/Faure und andere, Slg. 1986, S. 2391.
- [2] Beschluss des Europäischen Parlaments über die Prüfung der Mandate (ABl. C 226 E vom 15.9.2005, S. 51).
- [3] Artikel 10 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965.
- [4] ABl. C 27 E vom 30.1.2004, S. 139.
- [5] ABl. C 91 E vom 15.4.2004, S. 230.
BEGRÜNDUNG
I. SACHVERHALT
Es wurde ein Strafverfahren gegen Herrn Albertini in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Mailand vor dem Gericht in Mailand (Verfahren Nr. 8629/05: Urkundenfälschung und Amtsmissbrauch) wegen Beteiligung an mittelbarer Falschbeurkundung, versuchten Amtsmissbrauchs sowie versuchter Urkundenfälschung eingeleitet.
Die betreffenden Vorkommnisse ereigneten sich alle am 13. März 2003 in Mailand in Verbindung mit der Feststellung des Haushaltsplans der Stadt Mailand für das Jahr 2003. Herr Albertini wurde kurz gesagt beschuldigt, sich an der Einreichung von von Vertretern der politischen Mehrheit unterzeichneten falschen Änderungsanträgen zur Prüfung durch den Stadtrat beteiligt zu haben; durch diese Änderungsanträge sollte die Erörterung von so vielen von der Opposition eingereichten Änderungsanträgen wie möglich widerrechtlich verhindert werden.
Hierzu war es notwendig, den Inhalt der von der Opposition eingereichten Änderungsanträge zu kennen. Tatsächlich wäre eine gezielte Änderung der Haushaltsvorschläge mittels Änderungsanträgen der Mehrheit erst nach einer Analyse der Änderungsanträge der Minderheit möglich gewesen.
So wurde eine Alternative ersonnen, um die in Artikel 59 der Gemeindeordnung vorgesehene Regelung zu umgehen: es wurden Blanko-Änderungsanträge (rechtzeitig) eingereicht, die nachträglich von Vertretern der Mehrheit ausgefüllt werden sollten, sobald der Inhalt der Änderungsanträge der Opposition bekannt wäre, also nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen. All dies wurde diskutiert, um sicherzustellen, dass die von der Minderheit eingereichten Änderungsanträge en masse hinfällig würden.
Die gleichen Vorfälle, aufgrund derer Strafanzeige gegen Herrn Albertini erstattet worden ist, waren Gegenstand einer anderen Strafanzeige, die Herr Albertini selbst in seiner Eigenschaft als Bürgermeister dieser Stadt gegen die politische Opposition bei der Staatsanwaltschaft Mailand erstattete.
Dieser Fall wurde jedoch mit der Begründung abgewiesen, dass „sich der Änderungsantrag zum Haushaltsplan einer Gebietskörperschaft rechtlich gesehen nach dem Verwaltungsverfahren richtet und sich sicherlich darin einfügt, das die Willensbildung des Ratsorgans der Körperschaft selbst regelt, in diesem Fall die Beschlussfassung zur Feststellung des Haushaltsplans für 2003. Der Änderungsantrag ist deshalb ein verfahrensinterner Akt mit Informationscharakter, aber ohne Außenwirkung. Er ist jedoch eindeutig ein Akt, der nicht im Zusammenhang mit der Beschlussfassungsrolle des Organs steht, das von Gesetz wegen dazu bestimmt ist, den Willen der Körperschaft mit Außenwirkung auszudrücken.“
Dass die Änderungsanträge verfahrensinterne Akte und daher nicht öffentlich waren, wurde den Staatsanwälten mitgeteilt, die in der Sache, der Herr Albertini beschuldigt war, ermittelten; diese setzten jedoch, ohne darauf einzugehen, die Ermittlungen fort, die zur Anklageerhebung gegen Herrn Albertini führten.
Es ist klar, dass die Mailänder Justiz Herrn Albertini völlig unterschiedlich behandelte, je nachdem, ob er als Beschuldigter oder als Geschädigter angesehen wurde. Es scheint deshalb ganz legitim zu sein, davon auszugehen, dass dies als ein Fall von „fumus persecutionis“ angesehen werden kann: Einerseits wurde ein Beschluss zur Einstellung des Verfahrens gefasst, als Herr Albertini Geschädigter war, und andererseits wurde der Antrag auf Einstellung abgelehnt und die Sache ans Gericht verwiesen, als gegen ihn ermittelt wurde.
Herr Albertini informierte den Rechtsausschuss darüber, dass die Art und Weise, in der sein Name in Verbindung mit den oben geschilderten Vorfällen gebracht wurde, äußerst verdächtig war, da es der erste Beschuldigte (der verantwortlich dafür gemacht wird, die Blanko-Änderungsanträge persönlich vorbereitet zu haben) war, der ihn der Staatsanwaltschaft gegenüber nannte, aber erst, nachdem er langem psychologischen Druck während eines sehr harten Polizeiverhörs ausgesetzt worden war. Diese Tatsache kann als weiterer Beleg für „fumus persecutionis“ gegenüber Herrn Albertini angesehen werden.
Die Staatsanwaltschaft stellte am 9. Dezember 2004 Antrag auf Eröffnung des Verfahrens im Zusammenhang mit den in der Anklage genannten Straftaten, woraufhin das Büro des Untersuchungsrichters den Termin für die Vorverhandlung auf den 9. Februar 2005 festsetzte. Im Anschluss an die Vorverhandlung verfügte der Untersuchungsrichter am 4. Mai 2005, dass der Termin für die Eröffnung der Verhandlung vor dem Gericht in Mailand auf den 12. Januar 2006 festgesetzt wird. Das Verfahren wurde dann mit der Verhandlung am 16. März fortgesetzt, in der die Vorfragen bezüglich der Erhebung einer Nebenklage behandelt wurden und das Verfahren auf den Verhandlungstermin am 2. Mai 2006 vertagt wurde.
II. RECHTSVORSCHRIFTEN UND ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN ZUR IMMUNITÄT DER MITGLIEDER DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
A. Verfahren
1. Die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung sind Artikel 6 und 6a, insbesondere Artikel 6 Absätze 1 und 3:
1. Bei der Wahrnehmung seiner Befugnisse hinsichtlich der Vorrechte und Immunitäten ist es vorrangiges Ziel des Parlaments, seine Integrität als demokratische gesetzgebende Versammlung zu wahren und die Unabhängigkeit seiner Mitglieder bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sicherzustellen.
3. Jeder an den Präsidenten gerichtete Antrag eines Mitglieds oder eines ehemaligen Mitglieds auf Schutz der Immunität und der Vorrechte wird dem Plenum mitgeteilt und an den zuständigen Ausschuss überwiesen.
2. Da der Präsident des Parlaments der Ansicht war, dass Herr Gabriele Albertini das Verfahren zum Schutz seiner Immunität gemäß den vorerwähnten Artikeln der Geschäftsordnung eingeleitet hatte, wurde der Antrag dem Plenum mitgeteilt.
3. Die förmlichen Anforderungen wurden somit erfüllt, sodass der Fall an den Rechtsausschuss überwiesen werden konnte.
B. Anwendbare Vorschriften
Artikel 9 und 10 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (PVB)[1] lauten folgendermaßen:
Artikel 9
Wegen einer in Ausübung ihres Amtes erfolgten Äußerung oder Abstimmung dürfen Mitglieder des Europäischen Parlaments weder in ein Ermittlungsverfahren verwickelt noch festgenommen oder verfolgt werden.
Artikel 10
Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments
a) steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zu;
b) können seine Mitglieder im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.
Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments.
Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben.
Was die Anwendbarkeit von Artikel 9 angeht, ist anzumerken, dass die gegen Herrn Albertini erhobenen Anklagen sich nicht auf in Ausübung seines Amtes als Mitglied des Europäischen Parlaments erfolgten Äußerungen oder Abstimmungen beziehen, und dies aus dem einfachen Grund, dass ein Blanko-Änderungsantrag – da er letztendlich keine Äußerungen enthält – nicht mit einer „Äußerung“ gleichgesetzt werden kann.
Im Zusammenhang mit Artikel 10 und in Anbetracht der Tatsache, dass die Anklage gegen Herrn Albertini sich auf Vorfälle in Italien beziehen, dessen Staatsangehörigkeit er zu diesem Zeitpunkt besaß, ist der einzige anwendbare Teil folgender: „Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments a) steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zu“.
Die parlamentarische Immunität in Italien ist in ihrem Umfang derjenigen, die der Funktionsweise des EP zugrunde liegt und auf dem PVB fußt, sehr ähnlich.
Artikel 68 Absatz 2 der italienischen Verfassung hat folgenden Wortlaut:
Artikel 68 Absatz 2
„Ohne die Zustimmung seiner Kammer darf kein Mitglied des Parlaments einem Strafverfahren unterzogen werden; es darf nicht verhaftet oder auf andere Weise der persönlichen Freiheit beraubt werden, keiner Leibesvisitation oder Hausdurchsuchung unterzogen werden, es sei denn, es wird beim Begehen einer Tat überrascht, für die die Festnahme in flagranti verbindlich vorgeschrieben ist.“
III. BEGRÜNDUNG FÜR DEN VORGESCHLAGENEN BESCHLUSS
Aufgrund des oben genannten Sachverhalts und der vorliegenden Unterlagen ist der Schluss zu ziehen, dass rechtlich gesehen der Fall von Herrn Albertini nicht als Immunitätsfall betrachtet werden kann, der vom Europäischen Parlament zu schützen ist. Letztendlich fällt Herrn Albertinis Fall vollständig in den Rahmen der italienischen Rechtsvorschriften.
Beim derzeitigen Stand des gegen Herrn Albertini eingeleiteten Strafverfahrens kann der oben genannte Artikel 68 Unterabsatz 2 der italienischen Verfassung seine Vorrechte als Parlamentarier nicht gefährden: Wie die Mitglieder des italienischen Parlaments genießt er keine Unverletzlichkeit im Zusammenhang mit Strafverfolgung.
Es könnte sich jedoch die Frage der Ungleichbehandlung von Herrn Albertini als gewähltem Politiker stellen, da das Einreichen von Blanko-Änderungsanträgen als Aspekt der Politik und des politischen Lebens angesehen werden kann und da – solange der endgültige Akt, auf den sie sich beziehen, nicht verabschiedet wurde – solche Änderungsanträge einfach verfahrensinterne Akte ohne Außenwirkung darstellen, insbesondere und vor allem vom strafrechtlichen Standpunkt aus, da das Einreichen solcher Änderungsanträge eine „unmögliche“ und auf jeden Fall nicht existente Straftat darstellt.
Die Ungleichbehandlung würde darin bestehen, dass laut der dem Rechtsausschuss von Herrn Albertini unterbreiteten Belege das gleiche Bezirksgericht in Mailand, das damit befasst war, in einem anderen Verfahren (Rechtssache Nr. 9384/03 R.G.N.R.) vergleichbare, damals aber von Herrn Albertini selbst gegen seine politischen Gegner vorgebrachte Anschuldigungen zu prüfen wie die gegen Herrn Albertini erhobenen, die Auffassung vertrat, dass es keinen Grund für ein Verfahren gebe, und den Fall abwies.
Dass genau dasselbe Gericht folglich eine völlig gegensätzliche Haltung in zwei ähnlichen Fällen einnahm, zeigt die unangemessene Ungleichbehandlung. Da es schwierig ist, einen objektiven Grund für dieses Verhalten zu finden, wirft dies die Frage von „fumus persecutionis“ auf.
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 10 Buchstabe a des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen in seiner jetzigen Form, dadurch dass er den Schutz der Mitglieder abhängig von ihren eigenen nationalen Rechtsvorschriften macht, das Europäische Parlament nicht mit den Mitteln ausstattet, rechtsverbindliche Maßnahmen zu ergreifen, um Herrn Albertini im oben genannten Fall zu schützen.
IV. SCHLUSSFOLGERUNGEN
Auf der Grundlage der oben genannten Erwägungen ist der Rechtsausschuss nach Anhörung von Herrn Albertini und nach Prüfung der Gründe für und gegen den Schutz seiner Immunität bedauerlicherweise der Ansicht, dass das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 in der jetzigen Fassung dem Europäischen Parlament nicht die Mittel an die Hand gibt, eine rechtsverbindliche Maßnahme zu ergreifen, um Gabriele Albertini zu schützen.
- [1] Die den ursprünglichen Verträgen beigefügten Protokolle sind Teil des primären Gemeinschaftsrechts und haben den gleichen rechtlichen Wert wie die Verträge selbst. Aus einer Rechtssache, die die Immobiliensteuer für Beamte der Gemeinschaften betraf, ergibt sich, dass ein Verstoß gegen die PVB einen Verstoß gegen die sich aus den aus den Verträgen ergebenden Pflichten darstellt (Urteil vom 24. Februar 1988, Kommission gegen Belgien, Rechtssache 260/86, Slg. S. 66).
VERFAHREN
Titel |
Antrag auf Schutz der Immunität und der Vorrechte von Gabriele Albertini |
|||||
Verfahrensnummer |
||||||
Antrag auf Schutz der Immunität |
|
|||||
Federführender Ausschuss |
JURI |
|||||
Berichterstatter(in/innen) |
Diana Wallis |
|||||
Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen) |
|
|||||
Prüfung im Ausschuss |
11.7.2006 |
11.9.2006 |
2.10.2006 |
24.10.2006 |
|
|
Datum der Annahme |
24.10.2006 |
|||||
Ergebnis der Schlussabstimmung
|
+: –: 0: |
17 |
||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Maria Berger, Carlo Casini, Giuseppe Gargani, Klaus-Heiner Lehne, Alain Lipietz, Hans-Peter Mayer, Aloyzas Sakalas, Gabriele Stauner, Diana Wallis, Tadeusz Zwiefka |
|||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen) |
Jean-Paul Gauzès, Kurt Lechner, Eva Lichtenberger, Manuel Medina Ortega, Marie Panayotopoulos-Cassiotou |
|||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
Guido Podestà, Riccardo Ventre, Stefano Zappalà |
|||||
Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) |
|
|||||