BERICHT über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 über die Entwicklung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II)

23.11.2006 - (KOM(2006)0383 – C6‑0296/2006 – 2006/0125(CNS)) - *

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Berichterstatter: Carlos Coelho

Verfahren : 2006/0125(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0410/2006
Eingereichte Texte :
A6-0410/2006
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 über die Entwicklung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II)

(KOM(2006)0383 – C6‑0296/2006 – 2006/0125(CNS))

(Verfahren der Konsultation)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2006)0383)[1],

–   gestützt auf Artikel 66 des EG-Vertrags, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C6‑0296/2006),

–   gestützt auf Artikel 51 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6‑0410/2006),

1.  billigt den Vorschlag der Kommission;

2.  fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

3.  fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, den Vorschlag der Kommission entscheidend zu ändern;

4.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

BEGRÜNDUNG

Einleitung

Mit Schreiben vom 11. September 2006 wurde das Europäische Parlament zu zwei Vorschlägen für das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) konsultiert. Die erste Befassung betrifft den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 über die Entwicklung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), deren Rechtsgrundlage Artikel 66 des EG-Vertrags bildet. Bei der zweiten Befassung handelt es sich um den Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses 2001/886/JI über die Entwicklung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), der sich auf Artikel 30 Absatz 1 Buchstaben a und b, Artikel 31 Absatz 1 Buchstaben a und b und Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c des EG-Vertrags als Rechtsgrundlagen stützt.

Ziel der Vorschläge

Ziel der Vorschläge ist die Verlängerung des Mandats, das der Rat der Kommission im Bezug auf die Entwicklung des SIS II erteilt hat und das am 31. Dezember 2006 ausläuft. Die Kommission schlägt daher eine Verlängerung des Mandats bis Dezember 2007 vor. Außerdem möchte die Kommission sicherstellen, dass die für die Realisierung des SIS II erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. Das derzeitige Schengener Informationssystem wird durch das künftige SIS II ersetzt werden, über dessen Rechtgrundlage im LIBE-Ausschuss am 5. Oktober 2006 und im Plenum am 25. Oktober 2006[1] abgestimmt wurde.

Das Schengener Informationssystem

Das SIS ist eine umfangreiche Datenbank, die den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten als ein gemeinsames Informationssystem dient und es ihnen ermöglicht, zusammenzuarbeiten und Informationen auszutauschen, die erforderlich sind, um einen Raum ohne Binnengrenzkontrollen zu schaffen. Somit können diese Behörden in das System eingegebene Informationen zu Personen- und Sachfahndungsausschreibungen abfragen. Diese Informationen werden insbesondere bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sowie bei Personenkontrollen an den Außengrenzen oder im nationalen Hoheitsgebiet und bei der Erteilung von Visa und Aufenthaltstiteln herangezogen.

Anmerkungen des Berichterstatters

Der Berichterstatters unterstützt vorbehaltlos die Schaffung des neuen SIS II, da die Kapazitäten des derzeitigen Systems auf eine Höchstzahl von 18 Mitgliedstaaten ausgelegt wurden. Deshalb wurde die Entwicklung eines neuen Systems unerlässlich, um es den neuen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, den Schengen-Besitzstand in vollem Umfang anzuwenden und ihre Kontrollen an den Binnengrenzen zu den anderen Schengen-Staaten abzuschaffen. Gleichzeitig sollen durch das SIS II eine Verbesserung der Sicherheit und ein wirksamerer Einsatz der Daten erreicht werden. Ferner sollen neue Funktionen geschaffen und die neuesten technologischen Entwicklungen genutzt werden. Es soll ein belastbares und flexibles Instrument werden, das in der Lage ist, sich rasch verändernden Anforderungen gerecht zu werden.

1998 wurde eine erste Studie durchgeführt, mit der mögliche Entwicklungen und Verbesserungen des SIS-Systems bewertet werden sollten. Als die skandinavischen Länder Schengen beitraten, wurde eine aktualisierte Version des SIS entwickelt (SIS 1+), mit der es u.a. möglich wurde, zwei oder drei zusätzliche Länder an das System anzubinden. Durch diese Weiterentwicklung sollten auch die Leistung des SIS verbessert und die Verwaltung und Instandhaltung erleichtert werden.

Am 6. Dezember 2001 erteilte der Rat der Kommission ein Mandat zur Entwicklung des SIS II, das – im Gegensatz zum derzeitigen SIS – aus dem EU-Haushalt finanziert werden wird. Im Oktober 2004 begann die Kommission mit der technischen Durchführung. Sie unterzeichnete einen Vertrag mit einer Mittelausstattung von 40 Millionen Euro zur Entwicklung des SIS II und des VIS (Visa-Informationssystem), die eine gemeinsame technische Plattform haben. Das vorgegebene Stichdatum für den Betriebsbeginn des SIS II war März 2007.

Gleichzeitig mit der technischen Durchführung standen Diskussionen über die neuen Anforderungen an das SIS auf der Tagesordnung des Rates, der 2003 und 2004 einige Schlussfolgerungen zu den Funktionen des SIS II annahm. Das Europäische Parlament leistete ebenfalls einen Beitrag zur Debatte und brachte seine Ansichten Ende 2003 zum Ausdruck.[2]

Für das SIS II war ein geeigneter Rechtsrahmen erforderlich, mit dem der Betrieb und die Nutzung des Systems im Detail erläutert werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass verschiedene Politikbereiche betroffen sind, legte die Kommission am 1. Juni 2005 drei Legislativvorschläge vor. Da bei SIS zwei Säulen ineinander greifen, stützt sich der erste Vorschlag auf Titel IV des EG-Vertrags (Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr) und der zweite Vorschlag auf Titel VI des EU-Vertrags (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen). Mit einem dritten Vorschlag auf der Grundlage von Titel V (Verkehr), der die beiden anderen Vorschläge ergänzt, sollen die in den Mitgliedstaaten für die Ausstellung von Zulassungsbescheinigungen für Fahrzeuge zuständigen Behörden Zugang zum SIS II erhalten. Es liegen zwar drei Rechtstexte vor, für die verschiedene Verfahren (Mitentscheidung und Konsultation) zur Anwendung kommen, dennoch handelt es sich um ein unlösbar miteinander verbundenes Paket, da das SIS II wie ein einziges Informationssystem arbeitet.

Es ist zu bedauern, dass diese Vorschläge dem Europäischen Parlament erst mit Verspätung übermittelt wurden und dass ferner verschiedene Elemente fehlten, wie eine Begründung zu den Vorschlägen, die sehr technisch und komplex waren. Der Berichterstatter beschloss aber, dieses Paket als Gesamtheit zu behandeln, die Verhandlungen zu beschleunigen und zu versuchen, einen Kompromiss zu diesen drei Vorschlägen in erster Lesung zu erzielen, um nicht als Hemmschuh für die effektive Erweiterung des Schengen-Raums zu wirken.

Die Verhandlungen gestalteten sich äußerst komplex und wurden erschwert, weil sich der Rat nicht an den im informellen Trilog auf hoher Ebene am 17. Mai 2006 in Straßburg erzielten Kompromiss gehalten hat. Dennoch einigten sich Parlament, Kommission und Rat am 27. September 2006 endgültig auf einen Kompromisstext. Dieser Kompromiss wurde am 5. Oktober 2006 fast einstimmig im LIBE-Ausschuss angenommen. Dieses Ergebnis wurde am 25. Oktober 2006 im Plenum mit großer Mehrheit bestätigt.

Das Europäische Parlament hat zwar seinen Teil des Verfahrens zur Annahme der Rechtsinstrumente von SIS II relativ erfolgreich beschleunigt, der Berichterstatter bedauert aber alle Verzögerungen, die dieses ehrgeizige Projekt bislang hinnehmen musste, insbesondere:

- Gerichtsverfahren, die von Bietern angestrengt wurden, die in den Ausschreibungsverfahren zum Aufbau des neuen SIS nicht den Zuschlag erhielten;

- ferner Probleme der Kommission mit den Unternehmen, die sie damit beauftragt hatte, die Schengen-Datenbank einzurichten und sie betriebsbereit zu machen;

- erstmals im Juni 2006 angekündigte Verzögerungen des Zeitplans des Projektes aufgrund von Verzögerungen bei den Vorbereitungen der Zentraleinheit in Straßburg, wo die Datenbank ihren Sitz haben soll. Die Kommission musste einräumen, dass die geplante Zentrale in Straßburg nicht rechtzeitig fertig gestellt werden konnte, um die Lieferung der für das SIS II erforderlichen Ausrüstung dem Zeitplan gemäß zu gewährleisten.

Da alle von der Kommission in die Projektplanung eingebauten Möglichkeiten für Verzögerungen im Projekt bereits aufgebraucht wurden und es keinen weiteren Spielraum mehr gibt, kann der für die Inbetriebnahme des SIS II angepeilte Termin März 2007 schlicht und einfach nicht eingehalten werden. Eine Verzögerung von mindestens 15 Wochen für die Installation und Inbetriebnahme des Zentralsystems in Straßburg wurde angekündigt.

Folglich musste der Zeitplan für das Projekt insgesamt geändert werden, um diesen Verzögerungen Rechnung zu tragen und zu versuchen, das Ausmaß der Folgen für die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen zu den neuen EU-Mitgliedstaaten, die die Voraussetzungen für den Beitritt zum Schengen-Raum erfüllen, zu minimieren.

Auf der Grundlage des so genannten „Global SIS II Rescheduling document“ ist vorgesehen, dass die für die Inbetriebnahme des SIS II erforderlichen Tests im April 2008 erfolgreich abgeschlossen werden können, woran sich der Beschluss des Rates anschließen wird, mit dem der Termin festgelegt wird, an dem das SIS II in den Mitgliedstaaten in Betrieb genommen wird, die in vollem Umfang am SIS 1+ teilnehmen. Danach sowie nach der anschließenden Migration der Mitgliedstaaten, die derzeit an das SIS 1+ angeschlossen sind, zum SIS II wird die Aufnahme der neuen Mitgliedstaaten folgen. Die für die technische Integration der „neuen“ SIS II-Nutzer veranschlagte Zeitspanne wird 12 Wochen betragen.

Schlussfolgerung des Berichterstatters

Für den Berichterstatter steht außer Zweifel, dass das Mandat der Kommission aufgrund der eingetretenen Verzögerungen verlängert werden muss. Er unterstreicht jedoch mit einiger Verwunderung, dass das Ersuchen um Verlängerung des Mandats bis Ende 2007 nicht im Einklang mit dem oben dargelegten Zeitplan steht, wonach die technische Entwicklung des SIS II 2007 nicht abgeschlossen sein wird. Informationen, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten im Umlauf sind und dem Berichterstatter übermittelt wurden, legen nahe, dass die Verzögerung weit größer sein könnte als derzeit von der Kommission und vom Rat angenommen.

Andererseits sollte auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Verlängerung des Mandats der Kommission gleichzeitig so ausgelegt sein muss, dass sie auch eine Ausweitung seines Umfangs ermöglicht, damit die Vorbereitung der technischen Integration der neuen Mitgliedstaaten in das SIS II eingeschlossen werden kann.

VERFAHREN

Titel

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2424/2001 über die Entwicklung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II)

Bezugsdokumente – Verfahrensnummer

KOM(2006)0383 – C6-0296/2006 – 2006/0125(CNS)

Datum der Konsultation des EP

11.9.2006

Federführender Ausschuss
  Datum der Bekanntgabe im Plenum

LIBE
26.9.2006

Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse
  Datum der Bekanntgabe im Plenum

 

 

 

 

 

Nicht abgegebene Stellungnahme(n)
  Datum des Beschlusses

 

 

 

 

 

Verstärkte Zusammenarbeit
  Datum der Bekanntgabe im Plenum

 

 

 

 

 

Berichterstatter(-in/-innen)
  Datum der Benennung

Carlos Coelho
13.9.2006

 

Ersetzte(r) Berichterstatter(-in/-innen)

 

 

Vereinfachtes Verfahren – Datum des Beschlusses

 

Anfechtung der Rechtsgrundlage
  Datum der Stellungnahme JURI

 

 

 

Änderung der Mittelausstattung
  Datum der Stellungnahme BUDG

 

 

 

Konsultation des Eur. Wirtschafts- und Sozialausschusses durch das EP – Datum des Beschlusses des Plenums

 

Konsultation des Ausschusses der Regionen durch das EP – Datum des Beschlusses des Plenums

 

Prüfung im Ausschuss

6.11.2006

22.11.2006

 

 

 

Datum der Annahme

22.11.2006

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

37

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Alexander Alvaro, Edit Bauer, Johannes Blokland, Mihael Brejc, Giusto Catania, Carlos Coelho, Fausto Correia, Panayiotis Demetriou, Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Kinga Gál, Elly de Groen-Kouwenhoven, Lilli Gruber, Lívia Járóka, Timothy Kirkhope, Ewa Klamt, Magda Kósáné Kovács, Barbara Kudrycka, Claude Moraes, Inger Segelström, Ioannis Varvitsiotis, Donato Tommaso Veraldi, Manfred Weber, Stefano Zappalà, Tatjana Ždanoka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(-innen)

Bárbara Dührkop Dührkop, Ignasi Guardans Cambó, Sophia in 't Veld, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Vincent Peillon, Marie-Line Reynaud

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Pilar Ayuso, Iratxe García Pérez, Esther Herranz García, Mary Honeyball, Ana Mato Adrover, Manolis Mavrommatis, Alejo Vidal-Quadras

Datum der Einreichung

23.11.2006

 

Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar)

 

  • [1]  Das so genannte “Schengener Paket” besteht aus dem Beschluss des Rates über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS II (A6-0353/2006), der Verordnung über den Zugang von für die Ausstellung von Kfz-Zulassungsbescheinigungen zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten zum SIS II (A6-0354/2006) und der Verordnung über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS II (A6-0355/2006), die am 25. Oktober 2006 mit großer Mehrheit angenommen wurden.
  • [2]  Vgl. Bericht Coelho, A5-0436/2002.