BERICHT über die Initiative der Republik Österreich im Hinblick auf die Annahme eines Beschlusses des Rates zur Änderung des Beschlusses 2002/348/JI des Rates vom 25. April 2002 über die Sicherheit bei Fußballspielen von internationaler Bedeutung

5.3.2007 - (10543/2006 – C6‑0240/2006 – 2006/0806(CNS)) - *

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Berichterstatter: Giusto Catania

Verfahren : 2006/0806(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0052/2007
Eingereichte Texte :
A6-0052/2007
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu der Initiative der Republik Österreich im Hinblick auf die Annahme eines Beschlusses des Rates zur Änderung des Beschlusses 2002/348/JI des Rates vom 25. April 2002 über die Sicherheit bei Fußballspielen von internationaler Bedeutung

(10543/2006 – C6‑0240/2006 – 2006/0806(CNS))

(Verfahren der Konsultation)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Initiative der Republik Österreich (10543/2006)[1],

–   gestützt auf Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c des EU-Vertrags,

–   gestützt auf Artikel 39 Absatz 1 des EU-Vertrags, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C6‑0240/2006),

–   gestützt auf die Artikel 93 und 51 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6‑0052/2007),

1.  billigt die Initiative der Republik Österreich in der geänderten Fassung;

2.  fordert den Rat auf, den Text entsprechend zu ändern;

3.  fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

4.  fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, die Initiative der Republik Österreich entscheidend zu ändern;

5.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

Von der Republik Österreich vorgeschlagener TextÄnderungen des Parlaments

Änderungsantrag 1

ARTIKEL 1 NUMMER 1 BUCHSTABE A

Artikel 2 Absatz 2 (Beschluss 2002/348/JHA)

2. Die nationale Fußballinformationsstelle hat im Einklang mit den diesbezüglichen nationalen und internationalen Vorschriften Zugriff auf die Informationen über die personenbezogenen Daten von Risikofans.

2. Die nationale Fußballinformationsstelle hat im Einklang mit den diesbezüglichen nationalen und internationalen Vorschriften Zugriff auf die Informationen über die personenbezogenen Daten von Risikofans. Diese Daten werden ausschließlich bei Fußballspielen verarbeitet und können nicht für etwaige sonstige Tätigkeiten verwendet werden.

Änderungsantrag 2

ARTIKEL 1 NUMMER 1 A (neu)

Artikel 3 Absatz 3 (Beschluss 2002/348/JHA)

 

1a) Artikel 3 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

 

3. Der Austausch personenbezogener Daten erfolgt in Übereinstimmung mit den geltenden nationalen und internationalen Rechtsvorschriften unter Berücksichtigung der Grundsätze des Übereinkommens Nr. 108 des Europarats vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten und gegebenenfalls der Empfehlung R(87) 15 des Ministerkomitees des Europarats vom 17. September 1987 zur Regelung der Benutzung personenbezogener Daten durch die Polizei. Der Austausch erfolgt mit Blick auf die Ausarbeitung und Durchführung angemessener Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung bei einer Fußballveranstaltung. Er kann insbesondere Informationen über Einzelpersonen betreffen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen oder darstellen können.

  • [1]  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

BEGRÜNDUNG

In den letzten Jahren ist es bei Fußballspielen immer wieder zu anhaltenden Gewalttätigkeiten gekommen, die den Unterhaltungscharakter dieser Sportveranstaltungen verändert haben.

Der Wandel eines der beliebtesten und von der europäischen Bevölkerung am intensivsten verfolgten Sportarten ist gekennzeichnet von zu vielen gewalttätigen Zwischenfällen, zahlreichen Bekundungen von Intoleranz sowie explizit fremdenfeindlichem und rassistischem Verhalten.

Hierbei handelt es sich leider nicht um vereinzelte Vorkommnisse, sondern um ein Merkmal der allgemeinen Veränderung des Fußballs, der inzwischen zu einem großen Geschäft mit börsennotierten Fußballunternehmen geworden ist, bei dem astronomisch hohe Kapitalbeträge im Spiel sind.

Dies hat zu einer langsamen und unerbittlichen Veränderung der Sportveranstaltungen geführt, bei der sie mit einer Konnotation befrachtet wurden, die dem sportlichen Wettbewerb fremd ist und die infolgedessen barbarischen Zurschaustellungen der eigenen Zugehörigkeit zu einer Fangemeinschaft Nahrung gibt. Der Fußball ist ein sehr populärer Sport und besitzt gegenwärtig einen so hohen Unterhaltungswert, dass sich Telekommunikationsunternehmen dazu veranlasst sahen, umfangreiche Investitionen zu tätigen, um Senderechte an Fußballspielen zu erwerben.

Jedoch gehört zu der „Verwandlung des Fußballs in ein Medienspektakel“ ein Element, das untrennbar mit dem Entstehen der Fußballspiele selbst verbunden ist, und zwar die Anwesenheit des Publikums in den Stadien, ohne das die sportliche Bedeutung neben dem offensichtlichen Unterhaltungswert eines zwingenden und notwendigen Bestandteils beraubt würde.

Angesichts solcher Überlegungen ist es unerlässlich, sich damit abzufinden, dass Fußballspiele immer vor einem Publikum ausgetragen werden. Daher müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um zu gewährleisten, dass die Fußballmannschaften in größtmöglicher Ruhe gegeneinander spielen und Gewalttätigkeiten und rassistisches Verhalten unterbleiben.

Die jüngsten dramatischen Ereignisse bei einer Begegnung in der ersten italienischen Liga (Serie A) zwischen Catania und Palermo im Rahmen der italienischen Fußballmeisterschaft, bei der ein Dienst habender Polizeibeamter der Ordnungskräfte im Stadion ums Leben kam, zeigen, dass die Gewalt der extremen Flügel der mutmaßlichen Fans sich auch gegen die Ordnungskräfte richtet und nicht nur gegen die Fans der gegnerischen Mannschaft. Diese Gewalttätigkeiten sind keine Seltenheit, und am Ende eines Fußballspiels wirkt die Berichterstattung häufig wie die von einem Kriegsschauplatz.

Im Februar 2007 kam es in Madrid anlässlich des Lokalderbys zwischen Atlético und Real zu entsetzlichen Szenen und zeitweise zu regelrechter Panik: eine Gruppe von Ultras begann damit, Flaschen, Steine und Stangen auf die Ordnungskräfte zu werfen, die mit dem Einsatz von Schlagstöcken und Gummigeschossen reagierten.

Am selben Tag forderten Ausschreitungen beim Belgrader Derby zwischen Roter Stern und Partizan zahlreiche Verletzte, und beim Spiel zwischen Arsenal und Chelsea waren in eine Schlägerei Fußballspieler verwickelt, die es an Professionalität hatten fehlen lassen. Im Übrigen sind von Vorfällen dieser Art nicht nur die obersten, sondern zunehmend auch die unteren Spielklassen betroffen.

Vorbeugende Maßnahmen bei Fußballspielen haben Priorität und müssen an die Stelle repressiver Maßnahmen und der Militarisierung der Stadien treten, die heute in der Auseinandersetzung mit der Gewalt in den Stadien zur verfestigten Praxis zu werden scheint.

Am 25. April 2002 hat der Rat den Beschluss 2002/348/JI[1]angenommen, der in jedem Mitgliedstaat die Einrichtung einer nationalen Fußballinformationsstelle vorsieht, die als eine Kontaktstelle für den polizeilichen Informationsaustausch bei internationalen Fußballspielen fungiert. Dieser Beschluss legt die Aufgaben und die Verfahren fest, die jede nationale Fußballinformationsstelle durchführen muss.

Angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre, beispielsweise bei der Europameisterschaft 2004, und auf der Grundlage der Bewertung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit bei dieser Meisterschaft durch Fachleute sowie infolge der engen polizeilichen Zusammenarbeit bei internationalen Begegnungen europäischer Mannschaften hat der Rat entschieden, den Beschluss zu überprüfen und zu aktualisieren.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Fans, die zu Spielen ins Ausland fahren, konstant angestiegen. Daher müssen nach Auffassung des Rates die zuständigen Stellen ihre Zusammenarbeit verstärken und den Informationsaustausch professioneller gestalten, um Behinderungen der Ordnungskräfte vorzubeugen und es jedem Mitgliedstaat zu gestatten, eine wirksame Risikobewertung durchzuführen.

Die vorgeschlagenen Änderungen sind das Ergebnis der Erfahrungen, die von verschiedenen nationalen Fußballinformationsstellen bei ihrer alltäglichen Arbeit gesammelt wurden und die es ihnen ermöglichen dürften, strukturierter und professioneller zu arbeiten und den Austausch hochwertiger Informationen zu gewährleisten.

Allerdings kann eine der drei vom Rat vorgeschlagenen Änderungen nach Auffassung des Berichterstatters nicht gebilligt werden. Die nationalen Fußballinformationsstellen, die die Aufgabe haben, die Fans in den Stadien zu beobachten und Informationen über die Art der organisierten Fanaktionen zu sammeln, sind ein nützliches und grundlegendes Instrument, das jedoch ausschließlich in Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften und unter Einhaltung der europäischen Richtlinien und der internationalen Übereinkommen zum Schutze personenbezogener Daten eingesetzt werden darf.

Es ist nicht hinnehmbar, dass Stadien in einen „rechtsfreien“ Raum verwandelt werden. Es gilt, Missbräuche bei der Kontrolle aller Bürger zu verhindern, die als Fans einer Fußballmannschaft Gefahr laufen, als potenzielle Kriminelle eingestuft zu werden, und gleichzeitig zu vermeiden, dass die Straftaten, die innerhalb des Stadions oder in unmittelbarer Umgebung verübt werden, zu Erscheinungen exzessiven Fanverhaltens in einem „entkriminalisierten Kontext“ herabgestuft werden.

Die Notwendigkeit, sich ausschließlich an die geltenden Rechtsvorschriften zu halten, ist für alle eine Garantie, mit der die Anwendung von Regeln oder Normen vermieden wird, die nicht denselben Schutz der Menschenrechte und der individuellen Freiheiten bieten.

In diesem Geiste vertritt der Berichterstatter die Auffassung, dass die von den nationalen Stellen bei internationalen Fußballspielen erlangten Daten aufzubewahren und ausschließlich bei Fußballspielen zu nutzen sind und den Justizbehörden nicht für andere Ermittlungen, die nicht im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen stehen, zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich die Aufgabe der nationalen Stellen weg von einem Präventionsinstrument gegen Gewalttätigkeiten in den Stadien hin zu einem gesellschaftlichen Kontrollinstrument entwickelt, das unterschiedslos tätig würde.

Die Erfahrungen der nationalen Informationsstellen könnten auch auf lokaler Ebene nutzbar gemacht werden und auf diese Weise eine Spezialisierung der Polizeikräfte, die in den Stadien als Ordnungskräfte eingesetzt werden, fördern.

Allerdings können ernsthafte Maßnahmen gegen die Gewalt in den Stadien nicht nur Gegenstand der polizeilichen Zusammenarbeit sein. Der Berichterstatter vertritt die Auffassung, dass vorrangig kulturelle und gesellschaftliche Maßnahmen nötig sind, die in erster Linie auf die Prävention und die Sensibilisierung für die interkulturellen Werte des Sports abzielen.

  • [1]  ABl. L 121 vom 8.5.2002, S. 1.

VERFAHREN

Titel

Sicherheit bei Fußballspielen

Bezugsdokumente - Verfahrensnummer

10543/2006 - C6-0240/2006 - 2006/0806(CNS)

Datum der Konsultation des EP

14.7.2006

Federführender Ausschuss

               Datum der Bekanntgabe im Plenum

LIBE

5.9.2006

Berichterstatter(-in/-innen)

               Datum der Benennung

Giusto Catania

13.9.2006

 

 

Prüfung im Ausschuss

27.11.2006

27.2.2007

 

 

Datum der Annahme

28.2.2007

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

-:

0:

45

0

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Alexander Alvaro, Edit Bauer, Philip Bradbourn, Mihael Brejc, Giuseppe Castiglione, Giusto Catania, Mladen Petrov Chervenyakov, Carlos Coelho, Fausto Correia, Panayiotis Demetriou, Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Bárbara Dührkop Dührkop, Kinga Gál, Patrick Gaubert, Roland Gewalt, Lilli Gruber, Jeanine Hennis-Plasschaert, Lívia Járóka, Magda Kósáné Kovács, Barbara Kudrycka, Henrik Lax, Sarah Ludford, Edith Mastenbroek, Claude Moraes, Javier Moreno Sánchez, Martine Roure, Luciana Sbarbati, Inger Segelström, Søren Bo Søndergaard, Manfred Weber, Tatjana Ždanoka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Simon Busuttil, Marco Cappato, Charlotte Cederschiöld, Gérard Deprez, Giorgos Dimitrakopoulos, Genowefa Grabowska, Sophia in ‘t Veld, Ona Juknevičienė, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Tchetin Kazak, Marian-Jean Marinescu, Hubert Pirker, Marie-Line Reynaud, Luca Romagnoli, Eva-Britt Svensson