BERICHT über die Prüfung des Mandats von Beniamino Donnici
22.5.2007 - (2007/2121(REG)) - *
Rechtsausschuss
Berichterstatter: Giuseppe Gargani
VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
über die Prüfung des Mandats von Beniamino Donnici
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf den Akt vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments[1],
– gestützt auf die Artikel 3, 4 und 9 sowie auf die Anlage I seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis der offiziellen Mitteilung der zuständigen italienischen Behörde über die Wahl von Beniamino Donnici ins Europäische Parlament,
– in Kenntnis der am 25. März 2007 eingegangenen Anfechtung der Gültigkeit der Wahl von Beniamino Donnici ins Europäische Parlament durch Achille Occhetto,
– in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A6‑0198/2007),
A. in der Erwägung, dass in Artikel 7 Absätze 1 und 2 des Akts vom 20. September 1976 festgelegt ist, welche Ämter mit der Ausübung des Mandats als Mitglied des Europäischen Parlaments unvereinbar sind,
B. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 und Anlage I der Geschäftsordnung die Abgeordneten gehalten sind, eine Erklärung abzugeben, in der ihre beruflichen Tätigkeiten und alle anderen von ihnen gegen Entgelt ausgeübten Funktionen oder Tätigkeiten genau anzugeben sind,
C. in der Erwägung, dass in Artikel 3 Absatz 5 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments Folgendes vorgesehen ist: „Wird ein Mitglied benannt, weil Bewerber derselben Liste zurücktreten, dann vergewissert sich der für Wahlprüfung zuständige Ausschuss, dass ihr Rücktritt gemäß Geist und Buchstaben des Akts vom 20. September 1976 sowie Artikel 4 Absatz 3 dieser Geschäftsordnung erfolgt ist”,
D. in der Erwägung, dass auf der Grundlage von Artikel 6 des Akts vom 20. September 1976, der lautet: „Die Abgeordneten [des Europäischen Parlaments] sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden”, beurteilt werden muss, ob der Rücktritt von Achille Occhetto gemäß Geist und Buchstaben dieses Aktes erfolgt ist, und dass die Freiheit und Unabhängigkeit der Abgeordneten ein echtes Schlüsselprinzip ist,
E. in der Erwägung, dass in Artikel 2 Absatz 1 des Abgeordnetenstatuts (das 2009 in Kraft treten wird) vorgesehen ist, dass die „Abgeordneten [...] frei und unabhängig [sind]”, und dass in Absatz 2, der sich eindeutig aus Absatz 1 ergibt, festgelegt ist, dass „Vereinbarungen über die Niederlegung des Mandats vor Ablauf oder zum Ende einer Wahlperiode [...] nichtig [sind]”,
F. in der Erwägung, dass diese Bestimmungen des Abgeordnetenstatuts lediglich eine Verdeutlichung des Grundsatzes der Freiheit und der Unabhängigkeit darstellen, der bereits im Akt von 1976 verankert ist und durch das Abgeordnetenstatut ausdrücklich zum Schutz des Europäischen Parlaments und seiner Mitglieder bekräftigt wird,
G. in der Erwägung, dass der Anwendungsbereich von Artikel 6 des Akts von 1976 im Interesse des Europäischen Parlaments auch auf Kandidaten ausgedehnt werden muss, die zwar formal noch keine Mitglieder sind, jedoch auf einer Wahlliste stehen, weil diese Abgeordneten Mitglieder des Parlaments werden könnten,
H. in der Erwägung, dass der Rücktritt von Achille Occhetto auf eine Vereinbarung mit dem anderen Teil der Liste „Società civile DI PIETRO-OCCHETTO” zurückgeht, die vor der Bekanntgabe der bei den Wahlen zum Europäischen Parlament am 12. und 13. Juni 2004 gewählten Mitglieder getroffen wurde, und dass dieser Rücktritt daher als mit dem Buchstaben und Geist des Akts von 1976 unvereinbar und somit als nichtig zu betrachten ist,
I. in der Erwägung, dass die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen und die Gültigkeit des Mandats von Beniamino Donnici aufgrund der Tatsache, dass der Rücktritt von Achille Occhetto nichtig ist, nicht erfüllt sind,
J. in der Erwägung, dass das regionale Verwaltungsgericht Latium (Gericht erster Instanz) in seinem Urteil vom 21. Juli 2006 die Ansicht vertrat, der von Achille Occhetto mit Blick auf die Bekanntgabe der Gewählten angekündigte Rücktritt stelle keinen Verzicht auf seinen Listenplatz dar, weil das Wahlergebnis aus Achtung vor dem Willen des Volkes als unantastbar und unveränderlich zu betrachten ist, und habe keine Auswirkungen auf die Entscheidung über eventuelle Ersetzungen im Fall von Unvereinbarkeit, Verlust, Nichtwählbarkeit oder Verzicht der Berechtigten auf die Benennung oder das Amt; in der Erwägung, dass ein Kandidat, der zurückgetreten ist, bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Ersetzung mithin das Recht hat, seinen Rücktritt zu widerrufen, um auf den frei gewordenen Sitz nachzurücken,
K. in der Erwägung, dass der italienische Staatsrat die Benennung von Achille Occhetto zu einem Mitglied des Europäischen Parlaments mit rechtskräftigem Urteil für nichtig erklärt hat,
L. in der Erwägung, dass ein nationales Urteil für das Europäische Parlament nicht bindend ist, wenn es im Widerspruch zu den Grundsätzen des Akts von 1976 steht, wonach dem Europäischen Parlament die Zuständigkeit vorbehalten ist (Artikel 12 erster Teil des Akts: „Das Europäische Parlament [prüft] die Mandate seiner Mitglieder”),
M. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament das Mandat von Beniamino Donnici rechtmäßig für ungültig erklären und dabei die Entscheidung des italienischen Staatsrats außer Acht lassen kann, weil sie dem Buchstaben und dem Geist des Akts von 1976 widerspricht und daher das Mandat von Achille Occhetto nicht berührt,
1. erklärt das Mandat des Mitglieds des Europäischen Parlaments, Beniamino Donnici, dessen Wahl von der zuständigen nationalen Behörde mitgeteilt wurde, für ungültig,
2. bekräftigt die Gültigkeit des Mandats von Achille Occhetto,
3. beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss der zuständigen italienischen Behörde, Beniamino Donnici und Archille Occhetto zu übermitteln.
- [1] ABl. L 278 vom 8.10.1976, S. 5. Akt zuletzt geändert durch den Beschluss 2002/772/EG, Euratom (ABl. L 283 vom 21.10.2002, S. 1).
BEGRÜNDUNG
Der Rechtsausschuss hat in seiner Sitzung vom 2./3. Mai 2007 gemäß Artikel 3 Absätze 4 und 5 der Geschäftsordnung die Gültigkeit des Mandats von Beniamino Donnici geprüft, der von der zuständigen Behörde seines Landes aufgrund eines internen Urteils, mit dem das Mandat von Achille Occhetto rechtskräftig angefochten worden war, als neues Mitglied benannt wurde.
I. Rekonstruktion des Sachverhalts
1. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament vom Juni 2004 war Beniamino Donnici Kandidat auf der Liste „Società civile Di Pietro-Occhetto“ gewesen, die in zwei Wahlkreisen zwei Sitze erlangt hatte. In beiden wurde Antonio Di Pietro gewählt, der sich dann für den Wahlkreis Süditalien entschied.
2. Achille Occhetto, der in beiden Wahlkreisen die höchste Stimmenzahl der nicht Gewählten erlangt hatte, hatte seinen Verzicht auf das Amt eines Mitglieds des Europäischen Parlaments erklärt.
3. Somit war im ersten Wahlkreis Giulietto Chiesa gewählt, der auf der Liste unmittelbar auf Achille Occhetto folgte, und Beniamino Donnici, der im anderen Wahlkreis Dritter geworden war, war auf Platz eins der nicht Gewählten vorgerückt.
4. Im Anschluss an die Wahl in Italien gab Antonio Di Pietro das europäische Mandat auf, weil er zum Mitglied des italienischen Parlaments gewählt worden war.
5. Achille Occhetto beantragte, als Erster der nicht Gewählten im Wahlkreis Süditalien für Antonio Di Pietro nachzurücken, und widerrief dazu seinen Verzicht.
6. Die beim Kassationshof angesiedelte nationale Wahlleitung für die Wahl zum Europäischen Parlament erklärte daher Achille Occhetto als Ersten der im Wahlkreis Süditalien nicht Gewählten auf der Liste „Società civile Di Pietro-Occhetto“ zum gewählten Mitglied des Europäischen Parlaments für diesen Wahlkreis. Diese Anordnung, die somit dem seinerzeit von Achille Occhetto erklärten Verzicht nicht Rechnung trug, wurde damit begründet, dass hier der von Achille Occhetto am 7. Juli 2004 erklärte Verzicht auf den Einzug ins Europäische Parlament im Gegensatz zum ersten Wahlkreis (Nordwestitalien) wirkungslos geblieben sei und daher als widerruflich gelten müsse, weil er noch vor der Einleitung des Verfahrens zur Ersetzung von Antonio Di Pietro durch den Kandidaten, der auf derselben Liste im vierten Wahlkreis (Süditalien) auf ihn folgte, erfolgt sei.
7. Beniamino Donnici focht mittels einer am 30. Mai 2006 beim regionalen Verwaltungsgericht für Latium eingereichten Beschwerde (R.G. Nr. 5258/2006) die Anordnung der nationalen Wahlleitung an, indem er wegen Verstoßes gegen die Artikel 20, 21, 22 und 41 des Gesetzes Nr. 18 vom 24. Januar 1979 und der bei Wahlen geltenden allgemeinen Grundsätze ihre Rechtmäßigkeit in Zweifel stellte und weil Achille Occhetto ja bereits zum gewählten Mitglied erklärt worden war, aber am 7. Juli 2004 auf die Wahl verzichtet hatte und daher nicht mehr auf der Liste der gewählten Kandidaten und möglichen Nachrücker stand, die am 12. November 2004 dem Europäischen Parlament übermittelt wurde.
8. Bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht hatte das Europäische Parlament aufgrund der Erklärung der nationalen Wahlleitung und der vom Rechtsausschuss in seiner Sitzung vom 21. Juni 2006 vorgenommenen Prüfung das Mandat von Achille Occhetto ordnungsgemäß für gültig erklärt (Plenarsitzung vom 3. Juli 2006).
9. Insbesondere hat der Rechtsausschuss, der von der Beschwerde von Beniamino Donnici unterrichtet war, festgestellt, dass sich diese Anfechtung auf mögliche Verstöße gegen das innerstaatliche Verfahren zur Benennung der Gewählten bezog und daher nicht zulässig sei, da gemäß Artikel 12 des Akts vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments das Europäische Parlament „über die Anfechtungen, die gegebenenfalls auf Grund der Vorschriften dieses Akts — mit Ausnahme der innerstaatlichen Vorschriften, auf die darin verwiesen wird — vorgebracht werden könnten“ befindet.
10. Mit dem Urteil Nr. 6232 vom 21. Juli 2006 wies das regionale Verwaltungsgericht die Beschwerde von Beniamino Donnici ab, weil der mit Blick auf die Verkündung der Gewählten geäußerte Verzicht keinen Verzicht auf den Platz in der Rangfolge darstelle, da es die Achtung vor dem Willen des Volkes verlange, die Wahlergebnisse als unverfügbar und unveränderlich zu betrachten, und er habe keine Wirkung bei der Entscheidung über eventuelle Ersetzungen im Fall von Unvereinbarkeit, Aberkennung, Unwählbarkeit oder Verzicht der Berechtigten auf die Ernennung oder das Amt. Insofern besitze der Kandidat, der auf die Wahl verzichtet habe, bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Ersetzung das Recht, seine Verzichtserklärung zurückzuziehen, um auf den zu besetzenden Sitz nachzurücken.
11. Die fünfte Kammer des Staatsrats hat mit der Entscheidung Nr. 7185 vom 6. Dezember 2006 der von Beniamino Donnici eingereichten Beschwerde gegen das Urteil des regionalen Verwaltungsgerichts Latium stattgegeben und dieses aus folgenden Gründen abgeändert:
· Die Unterscheidung zwischen dem Verzicht auf die Wahl und dem Verzicht auf den Platz in der Rangfolge sei unlogisch, weil die Wahl eine Wirkung des Platzes in der Rangfolge sei und daher der Verzicht auf die Wahl für den Betroffenen die Streichung aus der Rangfolge und jede daraus folgende Wirkung nach sich ziehe;
· es sei widersprüchlich zu behaupten, der Verzicht auf die Wahl habe keine Wirkung in Bezug auf Ersetzungen und der verzichtende Kandidat besitze das Recht, den Verzicht zurückzunehmen, wenn eine Ersetzung anstehe;
· der Verzicht auf die Wahl stelle eine unwiderrufliche Erklärung dar (wenn das zuständige Gremium oder Amt, an das der Verzicht gerichtet ist, ihn zur Kenntnis genommen hat), die eine Änderung der der Wahlleitung vorliegenden Rangfolge nach sich ziehe.
12. Der Staatsrat hat daher die Benennung von Achille Occhetto als Mitglied des Europäischen Parlaments aufgehoben.
II. Problematische juristische Aspekte
a) Anzuwendende Vorschriften
1. Ausgangspunkt der Analyse der problematischsten juristischsten Aspekte ist die Bestimmung der in der gemeinschaftlichen Rechtsordnung anzuwendenden Vorschriften, und hier dürften die beiden Fälle des Verzichts auf den Listenplatz und des Verzichts auf das eigene parlamentarische Mandat übereinstimmen.
2. Artikel 3 Absatz 5 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments bestimmt: „Wird ein Mitglied benannt, weil Bewerber derselben Liste zurücktreten, dann vergewissert sich der für Wahlprüfung zuständige Ausschuss, dass ihr Rücktritt gemäß Geist und Buchstaben des Akts vom 20. September 1976 sowie Artikel 4 Absatz 3 dieser Geschäftsordnung erfolgt ist”.
3. Es kann nun korrekterweise angenommen werden, dass der Fall von Achille Occhetto entsprechend den für den Rücktritt geltenden Vorschriften geregelt werden kann.
4. In der Erwägung, dass, da der Wortlaut der Vorschrift, „ weil Bewerber derselben Liste zurücktreten“ sowohl die Niederlegung des derzeitigen Mandats als auch den Verzicht auf das künftige Mandat umfasst, davon auszugehen ist, dass die letztgenannte Situation, unter die eben der Fall von Achille Occhetto fällt, entsprechend den Vorschriften geregelt werden kann, die für die Niederlegung des parlamentarischen Mandats, das der Betreffende bereits innehat, gelten.
5. Dies bedeutet erstens, dass das Europäische Parlament zu überprüfen hat, ob der Verzicht von Achille Occhetto im konkreten Fall gemäß dem Geist und Buchstaben des Akts von 1976 erfolgt ist, und zweitens, ob die formalen Anforderungen des Artikel 4 Absatz 3 der Geschäftsordnung eingehalten wurden.
b) Die Unvereinbarkeit des Verzichts mit dem Akt von 1976
1. Die Übereinstimmung des Verzichts von Achille Occhetto mit dem Geist und Buchstaben des Akts von 1976 muss im Lichte des Artikels 6 dieses Akts bewertet werden, der besagt: „Die Abgeordneten [des Europäischen Parlaments] sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden”. Die Freiheit und Unabhängigkeit der Abgeordneten ist ein echtes Schlüsselprinzip.
2. Es ist davon auszugehen, dass dieser Artikel im Interesse des Europäischen Parlaments auch für Bewerber gilt, die zwar keine Mitglieder sind, jedoch auf einer Wahlliste stehen, weil diese Bewerber Mitglieder des Parlaments werden könnten, deren Freiheit und Unabhängigkeit daher von Anfang an geschützt werden muss.
3. Es ist somit festzustellen, dass die Bekundung des Willens des Mitglieds in keiner Weise Druck und Beeinflussung ausgesetzt war, wie z.B. durch Abkommen oder Vereinbarungen in Bezug auf diese Willensbekundung.
4. Genau diese Situation liegt bei Achille Occhetto vor: Seine Verzichtserklärung geht auf eine Vereinbarung mit dem anderen Teil der Liste „Società civile DI PIETRO-OCCHETTO” zurück und ist daher als unvereinbar mit dem Geist und dem Buchstaben des Akts von 1976 zu betrachten.
5. Im Übrigen ist in Artikel 2 Absatz 1 des Abgeordnetenstatuts (das übrigens 2009 in Kraft treten wird) vorgesehen, dass die „Abgeordneten […] frei und unabhängig“ [sind], und in Absatz 2, der sich eindeutig aus Absatz 1 ergibt, ist festgelegt, dass „Vereinbarungen über die Niederlegung des Mandats vor Ablauf oder zum Ende einer Wahlperiode […] nichtig [sind]“.
6. Diese Bestimmung ist lediglich eine Verdeutlichung des Grundsatzes der Freiheit und der Unabhängigkeit, der bereits in dem Akt von 1976 verankert ist und durch das Abgeordnetenstatut ausdrücklich zum Schutz des Europäischen Parlaments und seiner Mitglieder bekräftigt werden.
c) Die Nichtigkeit des Verzichts wegen eines Formfehlers
1. In Artikel 4 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments ist zur Gewährleistung der größtmöglichen Transparenz in Bezug auf den Willen des Mitglieds vorgesehen, dass die Mitteilung des Rücktritts „in Form eines Protokolls [erfolgt,] das in Gegenwart des Generalsekretärs oder seines Vertreters aufgenommen, von diesem sowie dem betreffenden Mitglied unterzeichnet und unverzüglich dem zuständigen Ausschuss vorgelegt wird.“ Kein anderes Dokument, auch wenn es von dem Mitglied unterzeichnet ist, wird als gültig betrachtet.
2. Die Ratio dieser Bestimmung entspricht genau der von Artikel 6 des Akts, d.h. der Schutz des Willens des Mitglieds vor jeder Beeinflussung: Irrtum, Irreführung, Drohung usw.. Da im Fall von Achille Occhetto bei dem, wie festgestellt wurde, die für den Rücktritt geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, die betreffenden formalen Anforderungen nicht eingehalten wurden und kein Protokoll in Gegenwart des Generalsekretärs oder seines Stellvertreters erstellt wurde, ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass der Verzicht von Archille Occhetto auch unter formalem Gesichtspunkt nichtig ist.
d) Die Stellungnahme des Juristischen Dienstes
1. Der Juristische Dienst, der vom Ausschuss aufgefordert wurde, eine Stellungnahme in dieser Angelegenheit abzugeben, hat sich negativ geäußert in dem Sinne, dass das Urteil eines Mitgliedstaates berücksichtigt werden muss.
2. Der Stellungnahme kann nicht zugestimmt werden, da sie darauf abzielt, die Rolle des Europäischen Parlaments zu schwächen, das in seiner Funktion als Vertretung der europäischen Bürger die untastbaren Grundsätze des Willens des Volkes und seine eigene Unabhängigkeit verteidigen muss, wonach die Nationalstaaten nicht auf seine Zusammensetzung Einfluss nehmen können.
3. Der Rechtsausschuss hat daher die Übereinstimmung der unterbreiteten Frage mit dem Geist und dem Buchstaben der Vorschriften des Europäischen Akts zu überprüfen.
III. Schlussfolgerung
1. Der Rücktritt von Achille Occhetto ist nichtig, weil er eine Voraussetzung für die Gültigkeit des Mandats seines Nachfolgers ist, und das Europäische Parlament muss bei der Prüfung des Mandats von Beniamino Donnici eine negative Stellungnahme abgeben.
2. Da in dieser Angelegenheit ein nationales Urteil vorliegt, wird das Mandat von Beniamino Donnici für ungültig erklärt, die Gültigkeit des Mandats von Achille Occhetto kann jedoch nicht gleichzeitig bestätigt werden.
3. Das Problem liegt in diesem Zusammenhang jedoch nicht darin, dass die Entscheidungen des italienischen Staatsrats nicht befolgt werden, sondern in der Frage, inwieweit ein nationales Urteil, das den Grundsätzen des Akts von 1976 widerspricht, wonach dem Europäischen Parlament die Zuständigkeit vorbehalten ist (Artikel 12 erster Teil des Akts: „Das Europäische Parlament [prüft] die Mandate seiner Mitglieder”), für das Europäische Parlament verbindlich ist,
4. Das Europäische Parlament kann das Mandat von Beniamino Donnici rechtmäßig für ungültig erklären und dabei die Entscheidung des italienischen Gerichts außer Acht lassen, weil diese dem Buchstaben und dem Geist des Akts von 1976 widerspricht und somit das Mandat von Achille Occhetto nicht berührt.
VERFAHREN
Titel |
Prüfung des Mandats von Beniamino Donnici |
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Verfahrensnummer |
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Federführender Ausschuss |
JURI |
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Berichterstatter(in/innen) |
Giuseppe Gargani |
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Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen) |
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Prüfung im Ausschuss |
24.4.2007 |
2.5.2007 |
3.5.2007 |
21.5.2007 |
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Datum der Annahme |
21.5.2007 |
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Ergebnis der Schlussabstimmung |
+ : – : 0 : |
21 5 0 |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Carlo Casini, Giulietto Chiesa, Marek Aleksander Czarnecki, Cristian Dumitrescu, Monica Frassoni, Giuseppe Gargani, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Piia-Noora Kauppi, Klaus-Heiner Lehne, Katalin Lévai, Manuel Medina Ortega, Hartmut Nassauer, Aloyzas Sakalas, Francesco Enrico Speroni, Gary Titley, Diana Wallis, Rainer Wieland, Jaroslav Zvěřina, Tadeusz Zwiefka |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen) |
Sharon Bowles, Mogens N.J. Camre, Jonathan Evans, Jean-Paul Gauzès, Barbara Kudrycka, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Jacques Toubon |
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Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2) |
Vittorio Agnoletto, Alfonso Andria, Luigi Cocilovo, Beniamino Donnici, Giovanni Claudio Fava |
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Datum der Einreichung |
22.5.2007 |
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Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) |
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