BERICHT über die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit der Ukraine

16.10.2007 - (2007/2022(INI))

Ausschuss für internationalen Handel
Berichterstatter: Zbigniew Zaleski

Verfahren : 2007/2022(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0396/2007
Eingereichte Texte :
A6-0396/2007
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit der Ukraine

(2007/2022(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments,

–   unter Hinweis auf den Zehn-Punkte-Plan für die Ukraine von Ferrero-Waldner/Solana, den der Rat am 21.Februar 2005 gebilligt hat,

   unter Hinweis auf die Mitteilung an die Kommission von Kommissarin Ferrero-Waldner vom 22. November 2005 mit dem Titel „Umsetzung und Förderung der Europäischen Nachbarschaftspolitik“ (SEC(2005)1521),

   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (KOM(2006)0726),

   unter Hinweis auf das Länderstrategiepapier 2007-2013 der Kommission und das Nationale Richtprogramm 2007-2010 für die Ukraine,

  unter Hinweis auf die am 1. Dezember 2005 unterzeichnete gemeinsame Absichtserklärung über die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU im Energiebereich,

   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Schaffung eines gemeinsamen Luftverkehrsraums mit der Ukraine (KOM(2005)0451) vom 27. September 2005,

   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission – Europäische Nachbarschaftspolitik – Strategiepapier (KOM(2004)0373),

   unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen – Begleitdokument zur Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik: ENP-Fortschrittsbericht Ukraine (KOM(2006)0726) (SEK(2006)1505),

   unter Hinweis auf das am 5. Mai 1993 unterzeichneten Abkommen zwischen der Ukraine und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit Textilwaren, das am 9. März 2005 verlängert und geändert wurde,

   unter Hinweis auf das am 14. Juni 1994 unterzeichneten Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine[1], das am 30. März 2004 verlängert und geändert wurde,

   unter Hinweis auf das am 22. November 2004 unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der ukrainischen Regierung über den Handel mit bestimmten Stahlerzeugnissen,

   unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen über ein ziviles globales Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine und das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Ukraine über bestimmte Aspekte von Luftverkehrsdiensten, die beide am 1. Dezember 2005 unterzeichnet wurden,

   unter Hinweis auf die Ergebnisse der letzten Gipfeltreffen EU-Ukraine, einschließlich des Gipfels in Helsinki am 27. Oktober 2006,

   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2006 über die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP)[2],

   unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2007 zu Europa im Zeitalter der Globalisierung – externe Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit[3],

–   unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 12. Juli 2007 zu dem Verhandlungsmandat für ein neues verbessertes Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits [4],

   unter Hinweis auf die Tätigkeit der Delegation des Europäischen Parlaments im Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU-Ukraine,

   in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 22. Januar 2007 betreffend die Verhandlungen über ein neues verbessertes Abkommen,

   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für internationalen Handel (A6-0396/2007),

A. in der Erwägung, dass die Ukraine für die EU ein Nachbarstaat von strategischer Bedeutung ist, der eine natürliche Brücke zwischen der EU und Russland bzw. Zentralasien bildet; in der Erwägung, dass die Ukraine aufgrund ihrer Größe, ihrer natürlichen Ressourcen, ihrer Einwohnerzahl und ihrer geographischen Lage eine besondere Stellung in Europa einnimmt und ein maßgeblicher regionaler Akteur ist,

B.  in der Erwägung, dass nach der EU-Erweiterung im Jahre 2004 die EU zum größten Handelspartner der Ukraine wurde und dass durch den EU-Beitritt von Nachbarstaaten der Ukraine die Handelsbeziehungen mit der EU ausgebaut wurden und sich neue Möglichkeiten für den regionalen Handel, die industrielle Zusammenarbeit und das Wirtschaftswachstum ergaben,

C. in der Erwägung, dass eines der Hauptziele des Parlaments im Bereich der Außenpolitik die Verbesserung und Förderung der ENP ist, die dazu dient, die Entwicklung von Demokratie und Marktwirtschaft in den Nachbarländern der EU zu unterstützen und die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen dieser Länder mit der EU und ihren Mitgliedstaaten zu stärken,

D. in der Erwägung, dass im Sinne der Entwicklung einer wirkungsvollen Nachbarschaftspolitik dem Multilateralismus Priorität eingeräumt werden muss und daher das künftige Freihandelsabkommen, über das am 5. März 2007 Verhandlungen begonnen haben, ein Schlüsselelement der ENP sein wird,

E.  in der Erwägung, dass der Beitritt der Ukraine zur WTO sowie die Ratifizierung des Beitrittsvertrags durch das ukrainische Parlament die notwendige Voraussetzung dafür sind, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, Verhandlungen über die Errichtung einer Freihandelszone mit der EU im Rahmen der ENP zu beginnen, damit sie so eng wie möglich an die EU-Wirtschaft angebunden und allgemein ihre Leistungsfähigkeit in den Bereichen Handel und Wirtschaft verbessert wird,

F.  in der Erwägung, dass die EU und die Ukraine im Bereich des Handels gemeinsame Interessen verfolgen und beide von einer stärkeren Integration ihrer jeweiligen Märkte profitieren würden und dass in diesem Zusammenhang die allmähliche Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes durch die Ukraine einen bedeutenden Schritt in Richtung der von der Ukraine angestrebten allmählichen wirtschaftlichen Integration und Vertiefung der politischen Zusammenarbeit mit der EU darstellen würde,

G. in der Erwägung, dass die vorgeschlagene Freihandelszone zwischen der Ukraine und der Europäischen Gemeinschaft zunächst negative Auswirkungen zeitigen kann, die hauptsächlich die wirtschaftlich und sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen treffen; in Anbetracht der Notwendigkeit, durch die Aufstockung der Wirtschaftsbeihilfen für die Bevölkerung Übergangsmechanismen zu schaffen, was zu einer abgestuften, ausgewogenen Integration führen und so zur nachhaltigen Entwicklung des Landes beitragen wird,

H. in der Erwägung, dass die Bemühungen der Europäischen Union nicht nur auf die wirtschaftliche Integration der Ukraine konzentriert sein dürfen, sondern auch Grundlagen sozialer Unterstützung schaffen müssen, wodurch etwa ein gerechterer und ausgewogenerer Zugang zu Altersrenten sowie Beihilfen für die Ärmsten, kinderreiche Familien und die Landbevölkerung ermöglicht und finanzielle und andere Möglichkeiten zur Integration von Minderheiten eröffnet werden; in der Erwägung, dass mit diesen Maßnahmen die soziale und politische Stabilität gefördert werden soll, die für den Erfolg der wirtschaftlichen Integration der Ukraine in die WTO und die engere Partnerschaft mit der EU vonnöten ist,

I.   in der Erwägung, dass die EU und die Ukraine fest entschlossen sind, bei der angestrebten Errichtung einer gemeinsamen Freihandelszone zügig voranzukommen, sobald für die Ukraine der Prozess des Beitritts zur WTO abgeschlossen ist und sobald das Parlament der Ukraine diesen Beitritt ratifiziert hat, wie bei den letzten hochrangigen Zusammenkünften und Gipfeltreffen bekräftigt wurde,

J.   in der Erwägung, dass dem Land Raum und Zeit dafür gelassen werden müssen, seine Fähigkeit zur Bewältigung der Herausforderungen der Globalisierung auszubauen; in der Erwägung, dass unter Berücksichtigung der Stärken und Schwächen der Wirtschaft des Landes sowie seiner inneren Positionen und seiner regionalen Besonderheiten der ukrainischen Markt schrittweise geöffnet werden muss, was mit einer gewissen Flexibilität vonstatten gehen sollte, damit nicht zwangsweise ein bestimmtes Wirtschaftsmodell aufgedrängt wird,

K. in der Erwägung, dass die EU und die Ukraine sich mit den gleichen handels- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen konfrontiert sehen, die mit der Globalisierung und dem Aufstieg neuer starker wirtschaftlicher Akteure im Zusammenhang stehen, und dass durch die verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der EU die Möglichkeit besteht, den notwendige Reformprozess zu beschleunigen und zusammen mit einem besseren Investitionsklima ausländische Direktinvestitionen durch internationale Finanzinstitutionen und aus der Privatwirtschaft zugunsten der ukrainischen Volkswirtschaft anzulocken,

L.  in der Erwägung, dass die verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Ukraine auch für die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten positive Wachstumsaspekte bereithält und bewirkt, dass sie besser in den Binnenmarkt der EU eingebunden werden,

M. in der Erwägung, dass die neuen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen in Osteuropa eine Herausforderung darstellen, auf die alle Beteiligten gemeinsam und koordiniert reagieren müssen,

Beitritt zur WTO

1.  befürwortet einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über den Beitritt zur WTO; fordert die Ukraine auf, die noch bestehenden legislativen und technischen Hindernisse zu beseitigen, die zu den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit ihrem Beitritt zur WTO beigetragen haben;

2.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zusätzliche politische und diplomatische Unterstützung für den Beitritt der Ukraine zur WTO anzubieten und dem Land bei der Erfüllung der notwendigen Anforderungen weiterhin behilflich zu sein; fordert die Kommission auf, die Ukraine dabei zu unterstützen, die ihr eingeräumten Übergangsfristen uneingeschränkt dazu zu nutzen, den mit der WTO‑Mitgliedschaft verbundenen hohen Anforderungen nachzukommen;

3.  begrüßt die Entscheidung der EU, der Ukraine den Status einer Marktwirtschaft zu verleihen und so die großen Anstrengungen der Regierung der Ukraine zu würdigen, eine gut funktionierende Marktwirtschaft im Land aufzubauen; fordert die Regierung der Ukraine auf, diesen Erfolg zu konsolidieren, indem sie dafür sorgt, dass adäquat gegen schwerwiegende Marktverzerrungen vorgegangen wird;

Errichtung einer Freihandelszone EU/Ukraine

4.  begrüßt, dass die laufende Folgenabschätzung im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Handels, die unter der Federführung der Kommission durchgeführt wird, bis zum Beginn der offiziellen Verhandlungen über das Freihandelsabkommen abgeschlossen sein wird, wobei diese Verhandlungen nach dem Beitritt der Ukraine zur WTO sowie nach der Ratifizierung des Beitrittsvertrags durch das ukrainische Parlament eröffnet werden; fordert die Kommission und ukrainische Regierung auf, die Ergebnisse dieser Folgenabschätzung gebührend zu berücksichtigen, wenn sie die Bestimmungen des Freihandelsabkommens festlegen;

5.  fordert die Vertragsparteien auf, die Schaffung eines soliden und effizienten institutionellen Rahmens in Erwägung zu ziehen, mit dem die Einrichtung und Bevollmächtigung gemeinsamer Überwachungsausschüsse ermöglicht wird, die zur Abgabe von Empfehlungen befugt sind, mit denen die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Seiten verbessert werden und die Einrichtung eines funktionierenden Streitbeilegungsmechanismus vorangebracht wird;

6.   fordert die Kommission und die ukrainische Regierung auf, ein Forum für nachhaltige Entwicklung zu gründen, das den Vertretern der Zivilgesellschaft offen steht und sich auch intensiv mit dem Klimawandel befasst, und zwar noch vor Abschluss der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen;

7.  geht davon aus, dass sich eine Freihandelszone mit der Ukraine langfristig sicherlich positiv auswirken wird, dass aber bei den negativen Auswirkungen, die es kurz- und mittelfristig auf die östlichen Mitgliedstaaten der EU haben könnte, unbedingt Abhilfe geschaffen werden muss;

8.  fordert die Ukraine auf, weitere Zollvorschriften, die den internationalen und den EU-Normen entsprechen, auszuarbeiten und umzusetzen und die Arbeit der Zolldienstellen an den Grenzen und im Inland mit vereinfachten und modernisierten Zollverfahren zu verbessern; fordert die Kommission auf, der Ukraine bei ihren Bemühungen in diesem Bereich zusätzliche technische Hilfe zu leisten und sie mit zweckgebundenen Mitteln finanziell zu unterstützen;

9.  weist darauf hin, dass sich das Allgemeine Präferenzsystem ungeachtet der Tatsache, dass die wettbewerbsfähigsten Erzeugnisse, die aus der Ukraine in die EU importiert werden, nicht hierunter fallen, als außerordentlich hilfreich für die Produzenten der Ukraine, die Zutritt zu den Gemeinschaftsmärkten haben wollen, erwiesen hat; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der Ukraine gegebenenfalls eine weitere Liberalisierung zuzugestehen, indem ihr die Inanspruchnahme bestimmter Präferenzvorkehrungen im Rahmen der so genannten „Arbeitsrechtsklausel“ (die Ländern wie der Ukraine, die die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über grundlegende Arbeitnehmerrechte umgesetzt haben, eine Vorzugsbehandlung einräumt) ermöglicht wird;

Industriepolitik

10. fordert die Ukraine mit Nachdruck auf, zusätzliche interne Reformen durchzuführen, mit denen die dauerhafte Integration in die weltweiten Märkte und Wertschöpfungsketten ermöglicht wird; betont, dass die Diversifizierung der Ausfuhren in erster Linie mit einer Stärkung des Inlandsmarktes einhergehen muss, wenn sich der Export zu einem zuverlässigen Impulsgeber für das künftige Wirtschaftswachstum in der Ukraine entwickeln soll;

11. fordert die Ukraine auf, das reibungslose Funktionieren der öffentlichen Dienste und ihre gute Erreichbarkeit für aller Bürger zu fördern und sich stärker auf die Liberalisierung des Marktes zu konzentrieren, indem sie für die erfolgreiche Durchführung des Privatisierungsprozesses, die Zerschlagung von Monopolen und die Unabhängigkeit der ukrainischen Nationalbank sorgt;

12. hält es für wesentlich, dass kommerzielle Dienstleistungen von den öffentlichen Dienstleistungen unterschieden werden, wobei Letztere nicht der Liberalisierung unterliegen sollten, damit die Grundbedürfnisse der Bevölkerung gedeckt werden und für einen guten Zugang zu den wesentlichen öffentlichen Gütern wie Gesundheit, Bildung, Trinkwasser und Energie gesorgt ist;

13. fordert die Ukraine auf, ein Gegengewicht zu den infolge der WTO-Mitgliedschaft weiterreichenden Rechten der Anteilseigner und Investoren zu schaffen, indem der Zugang aller Bürger zu Unternehmensinformationen verbessert wird, die strikte Achtung der sozialen und wirtschaftlichen Rechte sowie der Menschenrechte gewährleistet wird und die internationalen Normen in Bezug auf die soziale Verantwortung von Unternehmen sowie für die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung in Unternehmen übernommen werden; betont nachdrücklich, dass die ukrainischen Zivil- und Handelsgerichte eine wichtigere Rolle bei der Bekämpfung von Diskriminierung und Missständen spielen müssen;

14. fordert die Ukraine mit Nachdruck auf, ein kohärentes und effizientes Steuersystem aufzubauen, das mit den Vorschriften und Verfahren der EU in Einklang steht; weist darauf hin, dass die Bereitstellung solider und effektiver Finanzdienstleistungen eine notwendige Voraussetzung für jegliches Wirtschaftwachstum in der Ukraine ist; betont, dass die Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung auf den neuesten Stand gebracht werden müssen und ihr Anwendungsbereich auszuweiten ist; fordert die Ukraine eindringlich auf, der steuerlichen Diskriminierung von ausländischen Unternehmen unverzüglich ein Ende zu machen;

15. stellt mit Besorgnis fest, dass trotz entsprechender Anstrengungen der ukrainischen Regierung im Land die Korruption immer noch weit verbreitet ist und das Wirtschaftswachstum und den Zufluss ausländischen Kapitals erheblich hemmt; fordert die ukrainische Regierung nachdrücklich auf, geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption zu ergreifen und sich insbesondere mit den ihr zugrunde liegenden Ursachen zu befassen;

16. stellt fest, dass die Erzeugnisse der Gusseisen- und Stahlindustrie den Großteil der ukrainischen Ausfuhren von Industriegütern ausmachen und das Land mit ihnen die größten Handelserlöse erzielt; begrüßt den Abschluss des Stahlabkommens am 18. Juni 2007, mit dem es möglich sein wird, die Menge der in die Gemeinschaft eingeführten ukrainischen Stahlerzeugnisse deutlich zu erhöhen und eine effizientere, wenngleich schrittweise Liberalisierung des Warenhandels zwischen der Ukraine und der EU zu fördern; ist der Ansicht, dass dieses Abkommen in beträchtlichem Maße zur Förderung der Ziele des Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit beitragen und den Weg für stärker integrierte Märkte im Rahmen der WTO-Regelungen bereiten wird, wenn die mengenmäßigen Beschränkungen aufgehoben werden;

17. fordert die Ukraine auf, die unlauteren Handel verursachenden Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen und dadurch einen Beitrag zur Schaffung harmonischer Handelsbeziehungen zu leisten; fordert desgleichen die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass handelspolitische Schutzinstrumente nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Wettbewerbsverzerrungen auf schädlichen Dumpingmethoden und Subventionen beruhen;

18. fordert die ukrainische Regierung auf, der ukrainischen Exportwirtschaft keine unzulässige Subventionen bereitzustellen, die gegen die Vorschriften der WTO verstoßen, und Marktverzerrungen zu verhindern;

19. stellt fest, dass die derzeitigen Handelsströme der Ukraine, die erheblich an Umfang zugenommen haben und noch zunehmen werden, auf lange Sicht nicht nachhaltig sein könnten, weil sie überwiegend durch vorübergehende und zyklische Faktoren bedingt sind, wie etwa den dramatischen Anstieg des weltweiten Stahlverbrauchs und der Preise;

20. befürwortet die Annäherung und die Konvergenz der Normen in der Landwirtschaft, der Industrie und im Dienstleistungsbereich und fordert die Kommission auf, die erforderliche finanzielle und technische Hilfe zu leisten, damit sie mit den Normen der Gemeinschaft in Einklang gebracht werden;

21. bringt seine Besorgnis über die Arbeitsbedingungen und die geringen Löhne im Bergbau sowie über die steigende Zahl von Arbeitsunfällen in den Minen der Ukraine zum Ausdruck; fordert die Regierung der Ukraine eindringlich auf, zu gewährleisten, dass die Grundrechte der Arbeitnehmer in Bezug auf Sicherheit und Mindestlohn ordnungsgemäß umgesetzt werden;

Energie und Transit

22. fordert einen verstärkten Energiedialog zwischen hochrangigen Vertretern der Ukraine und der EU, damit die gemeinsame Absichtserklärung über die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU im Energiebereich voll und ganz umgesetzt wird;

23. hält angesichts der Tatsache, dass für die Bekämpfung des Klimawandels ein nachhaltigerer Handel notwendig ist, den Zugang zu Energieressourcen für eine Frage, die im Rahmen multilateraler Vereinbarungen zu regeln ist, wobei diese jedoch nicht durch bilaterale Handelsabkommen, die miteinander um die günstigsten Zugangsbedingungen konkurrieren, unterlaufen werden dürfen;

24. fordert die Ukraine auf, für den Energiebereich ein einheitliches Konzept zu entwickeln, um die Diversifizierung und Sicherheit der über ukrainisches Hoheitsgebiet verlaufenden Energieversorgungsverbindungen, die nukleare Sicherheit, eine Reform des ukrainischen Energiemarktes, den Ausbau und die Modernisierung der Infrastrukturen im Energiesektor (einschließlich Pipelines), die effiziente Verwendung von Energie und die bessere Nutzung erneuerbarer Energieträger zu gewährleisten;

25. hält ein sicheres, transparentes und verlässliches Energietransitsystem zwischen der Ukraine und der EU für überaus wichtig;

26. unterstützt nachdrücklich die schrittweise Einbeziehung der Ukraine in die transeuropäischen Verkehrsnetze und hält diese Integration für einen ausschlaggebenden Faktor für das reibungslose Funktionieren des Freihandelsabkommens zwischen der EU und der Ukraine;

Rechte an geistigem Eigentum

27. fordert die ukrainischen Behörden nachdrücklich auf, im Zuge ihres Beitritts zur WTO und im Rahmen der jeweiligen bilateralen Abkommen mit der EU ihre Gesetze zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum mit dem Besitzstand der Gemeinschaft, den WTO-Regeln, besonders dem Übereinkommen über die handelsbezogenen Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS), und anderen einschlägigen internationalen Normen in Einklang zu bringen und dafür Sorge zu tragen, dass diese umfassend, konsequent und dauerhaft umgesetzt werden, damit Fälschungen und Piraterie wirksam bekämpft werden können; fordert den Gesetzgeber der Ukraine auf, sich mit der EU und den relevanten Akteuren, vor allem mit den Vertretern von Rechteinhabern, zu einem frühen Zeitpunkt im Gesetzgebungsverfahren und vor etwaigen Änderungen am Gesetz über Urheberrechte ins Benehmen zu setzen, vor allem was die Einführung oder Änderung digitaler Rechte, die Regelung für die Verwertung von Rechten und die Durchsetzung der Bestimmungen betrifft;

28. fordert die ukrainischen Behörden auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Quellen illegaler Tätigkeiten wirksam ausgeschaltet werden können, etwa Fabriken, in den auf MO-Disks Raubkopien von Copyright-Erzeugnissen gezogen werden, bzw. Internetseiten, die illegal Copyright-Materialien enthalten, sowie die Märkte, wie beispielsweise den Petrovka-Markt in Kiew, von Piraterieprodukten zu säubern; stellt fest, dass zu diesen Maßnahmen auch wiederholte und unangekündigte Inspektionen in Zusammenarbeit den Rechteinhabern gehören;

29. hält es für dringend notwendig, dass die Justiz reformiert wird, damit die Rechte am geistigen Eigentum wirksam geschützt, kürzere Strafverfahren sichergestellt und alle Personen, die in den illegalen Handel verwickelt sind, verurteilt werden, d. h. Hersteller und Händler; hält fest, dass an die ukrainische Justiz und die Gerichte die Anweisung ergehen sollte, offensichtlich nachgeahmte und gefälschte Materialien generell zu beschlagnahmen und zu vernichten;

30. drängt die ukrainischen Behörden, das Hologramm-System für Copyright-Erzeugnisse in enger Absprache mit den Rechteinhabern einer Überprüfung zu unterziehen;

31. fordert die ukrainischen Zollbehörden auf, ihre Maßnahmen gegen den Import von in Russland schwarz gebrannten CDs zu verschärfen und ihre Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft zu verbessern;

Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Bildung

32. fordert die Ukraine eindringlich auf, mit mehr Nachdruck ein Wirtschaftsmodell zu entwickeln, das auf einer wissensbasierten Wirtschaft beruht, und einen wesentlich größeren Teil des BIP für die wissenschaftliche Forschung und den Austausch von Wissenschaftlern aufzuwenden; fordert die Kommission auf, hierbei finanzielle und technische Hilfe zu leisten;

33. hält eine Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Technologie für ausschlaggebend für die Entwicklung der ukrainischen Wirtschaft und die Schaffung eines investitions- und innovationsfreundlichen Klimas; ist der Auffassung, dass zu diesem Zweck sowohl die bilateralen Beziehungen der EU-Mitgliedstaaten als auch die gemeinsame Politik der EU gegenüber der Ukraine weiter ausgebaut werden müssen;

34. fordert die Kommission und die Regierung der Ukraine auf, die Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Bildung, Ausbildung, Programme für den Erwerb von Wissen in Schulen und Hochschulen, etwa im Rahmen der Programme Erasmus Mundus und Jean Monnet, zu verbessern; spricht sich dafür aus, dass grenzüberschreitend engere kulturelle Verbindungen zwischen Universitäten und Forschungszentren geknüpft werden und diese enger zusammenarbeiten;

35. betont, dass die Europäische Union das ukrainische Bildungssystem durch die Auflegung von Programmen unterstützen muss, mit denen sich die wissenschaftliche und technologische Forschung durch Beihilfen und finanzielle Anreize weiterentwickeln lässt, was zu einem höheren, nachhaltigeren Wirtschaftswachstum sowie zur kulturellen und wissenschaftlichen Aufwertung des Landes beitragen wird;

Landwirtschaft und Umwelt

36. begrüßt, dass vor kurzem eine gemeinsame Absichtserklärung über einen strukturierten Dialog über agrarpolitische Themen unterzeichnet wurde; hebt hervor, dass die Landwirtschaft wichtige Aufgaben erfüllt, was den Erhalt der Umwelt, die Nahrungsmittelsouveränität und den sozialen Ausgleich für das starke Entwicklungsgefälle zwischen ländlichen und städtischen Gebieten betrifft, und dass dies höhere Zölle im Agrarsektor als für nichtlandwirtschaftliche Güter rechtfertigen könnte;

37. fordert, dass die in der Landwirtschaft tätige und die Landbevölkerung unterstützt wird, indem ihre wirtschaftliche und gesundheitliche Situation verbessert wird und die ländlichen Gebiete weiterentwickelt werden; betont, dass diese Unterstützung auf finanzieller und Infrastrukturebene geleistet werden muss, indem Kleinerzeugern der Zugang zu Krediten eröffnet und ein System der Gewichtung von Beihilfen eingeführt wird, mit dem sich Klein- und Jungunternehmer bevorzugt fördern und Berufsbildungsprogramme einrichten lassen; hält zudem die Schaffung eines engmaschigen Verkehrsnetzes zwischen ländlichen und städtischen Gebieten und einen besseren Zugang ländlicher Gebiete zu Information für dringend notwendig;

38. fordert die Kommission auf, Gespräche über eine anzustrebende Regulierungszusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit und Pflanzenschutz zu beginnen; fordert sie ferner auf, mit der Ukraine Verhandlungen über den Schutz geografischer Angaben zu eröffnen und die Ergebnisse dieser Verhandlungen in das künftige Freihandelsabkommen einzubeziehen;

39. fordert die Ukraine mit Nachdruck auf, die im Oktober 2006 festgesetzten restriktiven Exportquoten für Weizen umgehend abzuschaffen, die nicht nur dem Agrarsektor der Ukraine schwer geschadet haben, sondern auch die Gefahr bergen, aufgrund des intransparenten Lizenzsystems der Korruption Vorschub zu leisten;

40. betont, wie wichtig es ist, dass die Ukraine im Anschluss an die Annahme der „Nationalen Umweltstrategie“ (1998-2008) und der Ratifikation des Kyoto-Protokolls Umweltprogramme entwickelt, damit die Umweltsicherheit der Region gewährleistet ist, wozu unter anderem auch die Kernenergie, das Trinkwasserversorgungsnetz und der Schutz des Schwarzen Meeres vor Verschmutzung gehören;

41. weist darauf hin, dass gleichzeitig mit der Aufnahme der Ukraine in die Freihandelszone der Europäischen Union Vorschriften zur Zertifizierung von Importeuren, Exporteuren und Transporten angenommen werden sollten und dass die Gesundheits- und Pflanzenschutzvorschriften verschärft werden sollten, damit eine Annäherung an die in der Europäischen Union geltenden Standards erfolgt;

Wirtschaftsbeziehungen zu benachbarten Partnern (einschließlich Russland)

42. nimmt zur Kenntnis, dass die Ukraine dem „Einheitlichen Wirtschaftsraum“ mit Russland und anderen früheren Sowjetrepubliken unter Vorbehalt beigetreten ist; macht darauf aufmerksam, dass einige der Bestimmungen dieses Abkommens, wenn sie uneingeschränkt in die Tat umgesetzt werden, einem funktionierenden Freihandelsabkommen mit der EU im Weg stehen dürften; fordert die Ukraine auf, ihre Wirtschaftsbeziehungen zur Russischen Föderation so auszubauen, dass eine fortschreitende und stärkere Einbindung des Landes in den EU-Binnenmarkt nicht behindert wird;

43. fordert, dass die Kommission einen Trilog zwischen der Ukraine, Russland und der Europäischen Union fördert, so dass ein von Sicherheit und Frieden in der Region geprägtes Umfeld begünstigt wird; durch diesen Trilog soll die Ukraine in die Lage versetzt werden, ihre eigene, unabhängige Identität zu wahren, ohne sich jedoch dabei zu isolieren; betont die Notwendigkeit, zum Dialog über gemeinsame Interessen anzuregen, insbesondere im Sicherheits- und Verteidigungsbereich, im Energiesektor und bei der Entwicklung eines quantitativ und qualitativ leistungsfähigeren Verkehrsnetzes sowie in anderen weltpolitischen Fragen;

Fazit (u. a. Europäische Nachbarschaftspolitik)

44. hat die Erklärung des ukrainischen Parlaments zur Eröffnung der Verhandlungen zwischen der Ukraine und der EU im Hinblick auf den Abschluss eines neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens mit der EU vom 27. Februar 2007 wohlwollend zur Kenntnis genommen;

45. ist erfreut darüber, dass die Ukraine sich an der Stabilisierung ihrer Region beteiligen will, und befürwortet eine stärkere Rolle der Ukraine beim Zustandekommen von Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit, insbesondere mit den benachbarten Ländern der Schwarzmeerregion;

46. misst der raschen Durch- und Umsetzung des Abkommens mit der Ukraine über Visa-Erleichterungen und Rückführung große Bedeutung bei;

47. spricht sich für eine internationale, vor allem aber eine grenzüberschreitende interregionale Zusammenarbeit im wirtschaftlichen und in anderen Bereichen aus, beispielsweise bei der Organisation von EURO 2012 mit Polen;

48. fordert die Ukraine auf, für ein für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) günstiges Umfeld zu sorgen und Unternehmergeist und Eigenverantwortung zu fördern;

49. fordert die Kommission und die Regierung der Ukraine auf, die (anhand der Ergebnisse einer ordnungsgemäßen Bewertung festzulegenden) Maßnahmen zur Beobachtung des Einflusses, den die jüngste EU-Erweiterung auf den Handel zwischen der EU und der Ukraine gehabt hat, weiter auszubauen; hält es für wichtig, dass ein Dialog zur Bewertung der Frage aufgenommen wird, welchen Einfluss die Erweiterung von 2007 auf die Entwicklung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen genommen hat, in dessen Rahmen geeignete Maßnahmen zum Auffangen etwaiger Verluste konzipiert werden können;

50. betont die strategische Bedeutung der Ukraine und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den künftigen bilateralen Beziehungen eine neue und kohärentere Gestalt zu geben, die auf umfassender Zusammenarbeit und Solidarität beruht und den Status der privilegierten Beziehungen wahrt, die von nachbarschaftlichem Zusammenleben und der Geschichte geprägt sind, vor allem, was Russland betrifft;

51. ist besorgt darüber, dass es keine klare Definition und Perspektive für die Europäische Nachbarschaftspolitik gibt und eine langfristige strategische Vision für die Entwicklung und Stabilisierung Osteuropas fehlt; betont, dass die Integration der Ukraine zu einem wirklich vorrangigen Thema auf der politischen Tagesordnung der EU gemacht werden muss;

52. erinnert daran, dass es immer wieder gefordert hat, dass der Rat im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik die Menschenrechts- und Demokratieklausel systematisch bei allen Beteiligten anwendet; fordert den Rat auf, zu erläutern, wie er diese Klausel bei den Verhandlungen über ein neues verbessertes Abkommen mit der Ukraine anwenden will;

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53. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie der Regierung und dem Parlament der Ukraine zu übermitteln.

BEGRÜNDUNG

Die Ukraine als Partner der EU

Die EU hat ein eindeutiges Interesse daran, die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zur Ukraine zu stärken und fortzuentwickeln. Die Ukraine, die vom kürzlich im Land erfolgten Demokratisierungsschub erheblich profitieren konnte, ist zu einem der vielversprechendsten Handelspartner der EU geworden.

Die Größe des Landes, seine gut ausgebildete Bevölkerung, seine günstige geographische Lage als Kreuzungspunkt zwischen Europa und Asien und seine natürlichen Ressourcen werden auf jeden Fall eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des künftigen internationalen Status der Ukraine und der Stärkung ihrer Beziehungen zur EU spielen.

Von einem (post)sowjetischen zu einem demokratischen Staat

Die stereotype Vorstellung von der Ukraine als einem postsowjetischen Staat ist nicht mehr haltbar und muss angesichts der neuen und sich rapide ändernden Gegebenheiten im Land rasch geändert werden. Diese falsche Wahrnehmung des Landes könnte schwerwiegende Auswirkungen auf die Bemühungen der Ukraine um den Aufbau einer besser strukturierten Marktwirtschaft und einer pluralistischen Gesellschaft haben und die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine erschweren.

Die Heranführung der Ukraine an die EU ist eine Aufgabe, die sich weder in kurzer Zeit noch mühelos durchführen lässt. Sie erfordert vielmehr Anstrengungen, die von beiden Seiten in verschiedenen Bereichen unternommen werden müssen: Politik, Wirtschaft. Kultur und Wissenschaft.

Die Wahlen in den Jahren 2005 und 2006 haben gezeigt, dass die Demokratie in der ukrainischen Gesellschaft feste Wurzeln schlägt. Obgleich es immer noch Mentalitätsunterschiede zwischen der Westukraine und der Ostukraine gibt, befinden sich der Demokratisierungsprozess und ein weit verbreitetes Bewusstsein für Bürgerrechte im stetigen Aufschwung.

Die zwei Seelen der Ukraine

Es steht außer Frage, dass die Ukraine zwei Seelen besitzt: Die eine betrachtet Russland als Schutzmacht und fühlt sich diesem Land kulturell (sprachlich) am engsten verbunden, die andere hingegen ist davon überzeugt, dass die Zukunft der Ukraine in der EU liegt.

Diese gegensätzlichen Kräfte werden voraussichtlich der ukrainischen Regierung Schwierigkeiten bereiten, wenn sie nicht angemessen vorgeht. Bei den anstehenden Verhandlungen zwischen der EU und der Ukraine soll das Land fest an den gemeinschaftlichen Binnenmarkt gebunden und seine prowestliche Haltung abgesichert werden. Diese Möglichkeit würde eine Zollunion mit Russland ausschließen, hätte aber keinerlei Auswirkungen auf die traditionellen Handelsbeziehungen zwischen Russland und der Ostukraine. Allerdings muss die Ukraine eine unumkehrbare Entscheidung treffen. In diesem Zusammenhang wird das Land nur mit einer kohärenten und ehrgeizigen Strategie von einer stärkeren Integration in die europäische Wirtschaft und die Weltwirtschaft profitieren können. Je freier diese Entscheidung getroffen wird, desto besser wird dies für die Zukunft des Landes sein. Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Handel sind von anderen Bereichen nicht zu trennen. Sie bilden vielmehr die Voraussetzung für das Vertrauen in Politik und Gesellschaft.

Freie Marktwirtschaft

Die Ukraine darf sich diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen, die eigene Entwicklung voranzubringen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Dafür muss die ukrainische Regierung den Beitritt zur WTO beschleunigen. Mit der WTO-Mitgliedschaft kann offiziell der Nachweis erbracht werden, dass die nach der Unabhängigkeit von diesem Land unternommenen großen Anstrengungen erfolgreich waren und sich die staatlich kontrollierte Wirtschaft der Ukraine zu einer reibungslos funktionierenden Marktwirtschaft entwickelt hat. Die EU ist zwar bereit, die Ukraine bei der Erfüllung aller Erfordernisse weiterhin zu unterstützen, die ihrem Beitritt zur WTO immer noch im Wege stehen, doch muss auch die ukrainische Regierung ihren Beitrag leisten.

Je früher dieses Ziel erreicht wird, desto besser wird dies für die bilaterale Zusammenarbeit im Bereich Handel und Wirtschaft sein. Die Übernahme verlässlicher WTO-Normen und die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens werden die Investitionstätigkeit der Gemeinschaft und anderer ausländischer Investoren in der Ukraine fördern.

Modernisierung

Das Land benötigt neue industrielle Technologien und moderne Managementmethoden. Die ukrainischen Banken und Versicherungen können noch nicht mit denen im Westen Schritt halten. Die hart arbeitenden und gut ausgebildeten ukrainischen Arbeitnehmer müssen in der Anwendung moderner Technologien geschult werden. Die Einhaltung von Umweltnormen und die Entwicklung einer effizienteren und umweltfreundlicheren Landwirtschaft sollte stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Erreichung dieser Ziele, die der gesamten Wirtschaftsentwicklung des Landes sicherlich einen starken Auftrieb geben wird, wird schwieriger, wenn nicht gar unmöglich sein, falls die Ukraine sich nicht bald stärker in die Weltwirtschaft integriert. Das Land sollte sich auch verstärkt darum bemühen, eine diversifizierte und exportorientierte Wirtschaft aufzubauen, bei der traditionelle Sektoren wie Stahl- und Energieerzeugung nicht den Löwenanteil ausmachen.

Es steht allerdings außer Frage, dass eine abrupte und wenig behutsame Öffnung der ukrainischen Märkte höchstwahrscheinlich erhebliche Störungen der ukrainischen Wirtschaft zur Folge haben wird und sich sogar auf die politische Stabilität des Landes auswirken könnte. Es wäre deshalb lobenswert, wenn die EU und ihre Mitgliedstaaten, wie auch andere internationale Organisationen und Finanzinstitutionen, die die wirtschaftliche Entwicklung des Landes aktiv begleiten, nicht in Versuchung geraten, Konzepte anzuwenden, die die wirtschaftlichen Besonderheiten und die Bedürfnisse der Ukraine in unzureichendem Maße berücksichtigen.

Die Rolle Russlands

Die Absicherung der prowestliche Haltung der Ukraine bedeutet nicht zwangsläufig, dass alle traditionellen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Russland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken abgebrochen werden müssen. Wie bereits erwähnt, sollte die Ukraine eine wichtige Rolle bei der politischen und wirtschaftlichen Integration des Schwarzmeerraumes spielen. Langfristig betrachtet, wäre es wichtig, die Grundlagen für eine bessere Integration der Schwarzmeer-Anrainerstaaten zu schaffen. Dies würde sich auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der gesamten Region sicherlich positiv auswirken und könnte, unter bestimmten Voraussetzungen, die traditionell freundschaftlichen Beziehungen zwischen diesen Ländern stärken und damit mögliche lokale Auseinandersetzungen und Konflikte verhindern. In diesem Zusammenhang sollte die EU zusammen mit Russland, den Vereinigten Staaten und anderen Mächten in der Region aktiver nach Verhandlungslösungen für die latenten Konflikte suchen, in die Länder wie Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Moldau noch immer verwickelt sind.

Russland sollte bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Ukraine eine wichtige Rolle spielen. Allerdings weist das vor kurzem von Moskau vorgeschlagene Abkommen über einen gemeinsamen Wirtschaftsraum offenkundig in die falsche Richtung. Sollte es uneingeschränkt umgesetzt werden, wäre die Ukraine im Wirtschaftsbereich nicht wirklich souverän und die Unabhängigkeit des Landes wäre grundlegend in Frage gestellt. Deshalb sollte unbedingt eine Lösung gefunden werden, bei der legitime russische Forderungen nicht von vornherein zurückgewiesen werden, ohne dass dadurch die Entscheidungsfreiheit der Ukraine beschnitten wird. Es wäre ratsam, dass die Kommission dieses Ziel bei den kommenden Verhandlungen mit der russischen Föderation aktiv verfolgt. Im Übrigen ist zu beachten, dass die Ukraine jetzt ein uneingeschränkt unabhängiges Land mit eigenen Rechten und Vorrechten ist. Bei den künftigen bilateralen Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine sollten daher die Rechte der jeweils anderen Seite genau und bedingungslos eingehalten werden.

Die Ukraine muss neben Russland eine wichtige Rolle bei der Lösung des Transnistrien-Problems in der Republik Moldau spielen. Es liegt im Interesse der Ukraine und der EU, dass dieser potenzielle Nährboden für wirtschaftliche und politische Instabilität an den Grenzen der EU beseitigt wird. Die in diesem Zusammenhang von der Ukraine eingeleiteten Initiativen sind sehr zu begrüßen. Schließlich wird eine engere Partnerschaft zwischen der Ukraine und der EU wahrscheinlich auch den Demokratisierungsprozess in Belarus fördern.

Notwendiger Mentalitätswandel

Nach 50 Jahren kommunistischer Herrschaft ist für die erfolgreiche Einführung einer reibungslos funktionierenden Marktwirtschaft und die Entstehung kleiner privater Unternehmen bei der Bevölkerung eine Änderung der Mentalität erforderlich. Es müssen daher spezielle Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt werden, damit die Modernisierung des Landes beschleunigt wird. In diesem Sinne weist die Gründung des EPP-Instituts zur Schulung gewählter Mitglieder kommunaler Körperschaften, von Verwaltungsmitarbeitern und von Gemeindevertretern in die richtige Richtung. Die Förderung von Bildung und die Umsetzung bewährter Verfahren gehören zu den wirksamsten Mitteln, mit denen sich die Ukraine einer EU-Mitgliedschaft annähern kann.

Der neue Homo Oeconomicus

Obgleich in diesem Bericht Handel und Wirtschaft im Mittelpunkt stehen, muss auch der Faktor Mensch berücksichtigt werden. Die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung erfolgt keineswegs automatisch und ist auch kein Selbstläufer.

Vielmehr wird sie von Menschen getragen und gestaltet. Daher wären ein verstärkter Austausch von Menschen und Gruppen an Universitäten, in wissenschaftlichen Einrichtungen, in nichtstaatlichen Organisationen und im kulturellen Bereich sowie im „normalen“ Tourismus sehr sinnvoll. Dies würde gemeinsame Anstrengungen der EU und der Ukraine erfordern.

Lokale grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Die Partnerschaften zwischen Gemeinden in der Ukraine und der EU sollten gefördert werden, insbesondere zwischen solchen, die von ihrer wirtschaftlichen Struktur her vergleichbar sind. Nur durch bessere Kenntnisse und eine intensivere Zusammenarbeit wird es den EU-Bürgern und den Ukrainern möglich sein, mehr übereinander zu erfahren und dabei zu entdecken, wie sehr sich ihre Kulturen und Werte und ihr soziales Leben ähneln. In diesem Zusammenhang sollten die Medien bei der Annäherung zwischen den ukrainischen Bürgern und den EU-Bürgern eine aktivere Rolle übernehmen.

Noch zu erfüllende Anforderungen

Zweifellos muss noch viel unternommen werden, um den Lebensstandard in der Ukraine auf westliches Niveau zu heben und für einen angemessenen Wohlstand zu sorgen, der dazu beitragen könnte, die ärmeren Bevölkerungsgruppen der Ukraine zu schützen. Die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft, die Übernahme der WTO-Normen und die Beseitigung der Hindernisse für den Zugang zum gemeinschaftlichen Binnenmarkt sind nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, sondern auch für weitere soziale und politische Fortschritte notwendige Voraussetzungen.

Verkehr

Der Verkehrssektor in der Ukraine ist verbesserungsfähig. Dies sollte besondere Beachtung finden. Die Ukraine könnte ihre strategisch günstige Lage besser nutzen, wenn ihr Verkehrsystem modern, effizient und mit den Verkehrsnetzen der Nachbarstaaten gut verbunden wäre. Zur Erreichung dieses Ziels werden massive Investitionen erforderlich sein. Die Kommission ist sich der Bedeutung des Verkehrssektors bewusst und hat daher damit begonnen, die Maßnahmen zur Verbesserung des ukrainischen Verkehrsnetzes zu fördern. Dennoch sind umfangreichere Investitionsmittel notwendig, die nur von den internationalen Kapitalmärkten bereitgestellt werden können.

Energie

Ähnliche Überlegungen gelten auch für den Energiesektor. Die Ukraine sollte ihr System zur Beförderung und Verteilung von Erdgas verbessern und für die Sicherheit ihrer Kernkraftwerke Sorge tragen. Es sollte auch ein Energieplan aufgestellt werden, mit dem der Energieverbrauch verringert werden soll, damit unnötige Energieverschwendung und ein steigender Anteil der Energie an den Produktionskosten bei der Herstellung ukrainischer Industriegüter vermieden werden. Dies kann nur erreicht werden, wenn die Ukraine besser an die Energienetze der Gemeinschaft angeschlossen wird und in der Lage ist, das westeuropäische Know-how zu nutzen.

Zusammenarbeit an den Grenzen

Die im Rahmen des kleinen Grenzhandels zwischen der Ukraine und Polen angewandten Verfahren (einschließlich der Verfahren aus der Zeit, als Polen noch Beitrittskandidat war) können für die Abfertigung des großmaßstäblichen Überlandverkehrs an den Grenzen als Vorbild dienen. Die Tätigkeit der nationalen Zollbehörden muss auf Führungsebene und an den Grenzen verbessert werden. Verlässliche und schnelle Abfertigungsverfahren an den Grenzübergangsstellen sind in ihrer Bedeutung für den Handel nicht zu unterschätzen. Im Zusammenhang mit dem Finanzinstrument der Europäischen Nachbarschaftspolitik und dem künftigen Aktionsplan der Ukraine sollte dieses Thema eingehend behandelt und dabei dafür gesorgt werden, dass innerhalb eines angemessenen Zeitraums deutliche Fortschritte erzielt werden. Gleiches gilt für die Bekämpfung der Korruption, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes immer noch erheblich beeinträchtigt.

Die von der Ukraine angestrebte Mitgliedschaft in der EU

Es darf nicht übersehen werden, dass die Ukraine ihren Wunsch nach Beitritt zur EU deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Obgleich die Zeit für einen Beitritt noch nicht reif ist, wird das langfristige Projekt der verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit dazu beitragen, dass die Ukraine EU-Standards entwickeln und sich damit der Gemeinschaft annähern wird. Die EU sollte sich weniger vage und zögernd äußern, wenn es darum geht, die europäische Bestimmung der Ukraine anzuerkennen, der dortigen Regierung eine realistische Perspektive für den EU-Beitritt aufzuzeigen und eine angemessene finanzielle Unterstützung bereitzustellen.

Die Osteuropapolitik der EU

Leider war die im Jahr 2003 in Gang gesetzte Europäische Nachbarschaftspolitik nicht immer erfolgreich. Es wäre zu begrüßen, wenn die Kommission zusammen mit dem Rat und dem Europäischen Parlament damit beginnen könnte, das gesamte gegenüber Osteuropa angewandte Konzept zu überdenken, um Lösungen zu finden, die den berechtigten Erwartungen der dortigen Bevölkerung besser entsprechen.

Latente Gefahren?

Es ist damit zu rechnen, dass es in der Ukraine zu Verwerfungen kommen wird, da dies in einer junge Demokratie fast schon selbstverständlich ist. Dennoch sollten alle Lösungsansätze unterstützt werden, die mit dem Recht, den Menschenrechten und der Freiheit der Bürger in Einklang stehen. Die derzeitige Polarisierung zwischen pro-europäischen und pro-russischen Parteien in der Ukraine hat auch einen nützlichen pädagogischen Aspekt: Die ukrainischen Bürger lernen dabei zwangsläufig, die Politik, die Programme, die Zukunftsprojekte und die Partnerschaften mit anderen Staaten kritisch zu hinterfragen, was sie schließlich dazu bringt, als Wähler eine aktive Rolle bei den Entscheidungen zu übernehmen. Solche Krisen können für den Aufbau einer gefestigten Demokratie produktiv sein, wenn sie adäquat gemeistert werden.

Die Ukraine als Partner vor schwierigen Aufgaben

Für den Abschluss eines erfolgversprechenden Abkommens ist die uneingeschränkte Zusammenarbeit der Ukraine erforderlich. Um „Wildwest-Methoden“ zu vermeiden, muss die EU verdeutlichen, dass genaue Vorschriften und ihre Umsetzung ein notwendiges Erfordernis für die effektive Errichtung einer Freihandelszone mit der Ukraine sind, die unter fairen Bedingungen erfolgen muss. Diese Voraussetzung gilt unabhängig von der politischen Ausrichtung der amtierenden Regierung, sei sie sozialdemokratisch, kommunistisch oder liberal. Diese Werte werden nicht durch Regierungsprogramme abgesichert, sondern durch die Erkenntnis der Bevölkerung, dass Handel und Wirtschaft, wenn sie gefestigt sind und auf festen Regeln beruhen, großen Nutzen bringen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

9.10.2007

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

25

0

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Kader Arif, Carlos Carnero González, Daniel Caspary, Christofer Fjellner, Glyn Ford, Béla Glattfelder, Ignasi Guardans Cambó, Eduard Raul Hellvig, Jacky Henin, Sajjad Karim, Caroline Lucas, Marusya Ivanova Lyubcheva, Erika Mann, Helmuth Markov, David Martin, Georgios Papastamkos, Vural Öger, Robert Sturdy, Daniel Varela Suanzes-Carpegna, Zbigniew Zaleski

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen)

Jean-Pierre Audy, Vasco Graça Moura, Eugenijus Maldeikis, Zuzana Roithová

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Kathalijne Maria Buitenweg, Jean Louis Cottigny, Yannick Vaugrenard